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Nr 9 / November 2016

notabene Zeitschrift für die Mitarbeitenden der Zürcher Landeskirche

Neue Taufgottesdienste /

Mehr Spielraum beim Taufen Seite 10

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Grosser Bahnhof

Religion im Stadt-Dschungel

Wie und wo das Reformationsjubiläum 2017 in Zürich ins Rollen kommt

Religiöse Artenvielfalt statt Kirchenplantage: Ein Plädoyer für kirchliche Biodiversität 1


Editorial / Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserin, lieber Leser Kinder von Alleinerziehenden werden selten zur Taufe gebracht. Statistisch gesichert ist dieser Befund nicht, oder noch nicht – aber mancherorts offensichtlich. In Uster ist es dem Pfarrteam jedenfalls schon länger aufgefallen, dass sie mit ihren klassischen Tauffeiern im Sonntagmorgengottesdienst vornehmlich Familien mit gutbürgerlicher Zusammensetzung ansprechen. Alleinerzie-

«Ist die Taufe nur für Bilderbuchfamilien?» hende Väter oder Mütter und Eltern mit Patchwork-Familienstrukturen klopften hingegen kaum einmal beim Pfarrteam an, um ihre Töchter und Söhne zur Taufe anzumelden. Auch Kinder von Eltern mit wenig gefestigten Beziehungen oder in prekärer sozialer oder finanzieller Situation wurden bisher kaum zum Taufstein gebracht. Warum das? Sind solch unkonventionelle Familien besonders kirchenfern? Bedeutet ihnen die Taufe ihrer Kinder weniger als anderen? Sind sie weniger religiös? Man kann viel spekulieren darüber, ob und warum solchen Müttern und Vätern der Wunsch fehlt, ihren Kindern Gottes Segen in der Taufe zusprechen zu lassen. Oder man kann ein klein wenig an den Rahmenbedingungen schrauben, die uns routinierten Kirchgängern bei der Taufe so selbstverständlich erscheinen. In Uster hat man Letzteres getan – 2

und schnell gemerkt, dass bei den besagten Familien von mangelnder Religiosität und Kirchenferne nicht die Rede sein kann. Lesen Sie dazu den Bericht ab Seite 7. Die Rahmenbedingungen der Taufe gibt die Kirchenordnung vor. Sie hält fest, dass die Taufe in der Regel im Gemeindegottesdienst stattfindet. Und genau das kann zur Hürde werden für die, die «nicht so dazugehören», für die, die zur Taufe eben nicht mit der Bilderbuchfamilie aufmarschieren können. Man kann sich als unkonventionelle Tauffamilie vermutlich ziemlich verloren und ausgestellt vorkommen, wenn man sich vor einer Gottesdienstgemeinde präsentieren muss, die die gängigen Konventionen mehrheitlich erfüllt. Dann lässt man es wohl eben eher bleiben. Die Kirchgemeinde Uster hat diese Schwierigkeit erkannt und für einmal einen Taufgottesdienst so geplant und ausgeschrieben, dass sich die bisher fehlenden Tauffamilien wirklich eingeladen und willkommen fühlten: mit einer speziellen Feier, einer etwas anderen Gottesdienstgemeinde und mit einem gemeinsamen, kostengünstigen Tauffest im Anschluss an die kirchliche Feier. Wenn man sich der Barrieren bewusst wird, die einigen Menschen den Weg zur Taufe versperren, gelingt es leicht, sie auch wegzuräumen. Spielraum ist genug da. Man braucht nicht einmal die Bestimmungen der Kirchenordnung anzutasten, sondern einfach die Tür zur Taufe etwas weiter aufzustossen.

Aktuell

Nachrichten 3–6 Gastkolumne «Liebe Reformierte»

Mit Monika Schmid 5 «Abc der Reformation»

R wie Raiffeisen 6 Schwerpunkte

Taufen mit mehr Spielraum 7–9

Grosser Bahnhof für das Reformationsjubiläum 10 – 11

Niklaus von Flüe: Jubilar der Ökumene 11

Die unsichtbare Seite der Religion 12 Rubriken

Themen und Termine 13 – 14

Porträt: «Curlende» Katechetin 15

Impressum / Bischof zeichnet 16

Christian Schenk Redaktor «notabene» notabene

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KirchGemeindePlus / Start

zur Vernehmlassung und Stimmen aus den Kirchgemeinden mo. Mit einer Konferenz im Kirchgemeindehaus Zürich Neumünster startete am 24. September die Vernehmlassung zum weiteren Prozess von KirchGemeindePlus. Kirchgemeinden und Berufsgruppen sind eingeladen, bis Januar 2017 zum geographischen Reformplan, zu den Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Kirchgemeinden und zum Zeitplan Stellung zu nehmen. An der Konferenz diskutierten rund 300 Kirchenpflegerinnen und Kirchenpfleger die Vorlagen des Kirchenrates. Dessen Präsident, Michel Müller, skizzierte die Zielsetzung von KirchGemeindePlus vor dem Hintergrund kirchlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen: «Der Prozess will dazu beitragen, dass die Landeskirche ihren

Auftrag auch künftig gut erfüllen kann. Es soll der Weg eröffnet werden, gemeinsam eine nahe, vielfältige und profilierte Kirche zu entwickeln.» In den Diskussionen sprachen die Kirchenpflegerinnen und Kirchenpfleger auch über die künftige interne Organisation der Kirchgemeinden. Der Kirchenrat stellte dazu zwei Ansätze vor, weil diese Frage die Form der Kooperation zwischen den Gemeinden tangiert. Insgesamt brachten die Behördenmitglieder trotz noch vieler offener Fragen eine hohe Zustimmung zur Notwendigkeit des Prozesses zum Ausdruck. Und sie zeigten sich motiviert, ihn zielorientiert weiterzuführen ‒ auch wenn es zu schmerzen beginnt, wenn es konkret wird, wie es Matthias Käser, Vizepräsi-

dent der Kirchenpflege Zürich Hirzenbach im Bezug auf den Zusammenschluss in der Stadt Zürich, betonte (Lesen Sie dazu auch den Bericht auf Seite 4). Abgesehen von technischen Fragen zum Verfahren wurden auch Sorgen zur zukünftigen Situation der Kirchen geäussert und dass neben den strukturellen Fragen auch die theologischen im Fokus stehen müssten. Projektleiter Thomas Schaufelberger bestätigte dazu: «KirchGemeindePlus ist keine Verwaltungsreform. Der Prozess eröffnet den Weg in die Zukunft und fragt nach der Bedeutung der Kirchen für die Menschen zu Beginn dieses Jahrtausends.» Infos: www.kirchgemeindeplus.ch

Fotos: sch

Susanne Müller Keller, Präsidentin Kirchenpflege Laufen am Rheinfall «Die Grenzen, die um unsere Kirchgemeinden gezogen sind, sind nicht ganz einfach zu verwischen und zu überschreiten. Da braucht es viel Vertrauen, um die Schritte zu wagen. Wichtig wird dabei sein, Netzwerke aufzubauen – und zwar nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch mit anderen Organisationen. Eine wichtige Frage im ganzen Prozess ist für mich: Was brauchen eigentlich unsere Mitglieder? Tun wir etwas, das ihnen dient, das ihnen die Gemeinschaft der Kirche näher bringt?»

Rolf Werner, Präsident Kirchenpflege Bonstetten «Die Nähe der Kirche ist mir am wichtigsten. Wir müssen den Menschen sagen, dass trotz des Zusammenschlusses die Nähe erhalten bleibt. Die Menschen müssen nicht spüren, dass wir neue Strukturen haben, sondern dass wir mit den Zusammenschlüssen grössere Möglichkeiten und Ressourcen schaffen. Ich bin sehr positiv. Wir müssen den Weg gehen, solange wir noch den Raum und die Mittel haben.»

Erna Brüngger, Präsidentin Kirchenpflege Turbenthal «Mit der Nachbargemeinde Wila sind wir gut unterwegs und können uns einen Zusammenschluss vorstellen. Wir sind auch mit den anderen Kirchgemeinden im Gespräch, spüren dort aber noch Zurückhaltung. Wir sind offen für einen grösseren Zusammenschluss, so wie es der Reformplan in unserer Region skizziert. Ich glaube, der Prozess bringt unserer Kirche Schwung und gibt uns die Chance, mit den Mitgliedern über die Inhalte unserer Kirche ins Gespräch zu kommen.»

Hansjörg Gloor, Präsident Kirchenpflege Dietikon «Schlieren, Weiningen und Dietikon wollen im Bereich Verwaltung verbindlich zusammenarbeiten. Auch eine Zusammenarbeit in Bereichen wie Erwachsenenbildung, Musik, Kirchenzeitung können wir uns vorstellen. Eine Fusion der Kirchgemeinden streben wir aber nicht an. Die Kirchgemeinde würde aus unserer Sicht zu gross, sie zählte dann über 11 000 Mitglieder. Wir fürchten, dass bei dieser Grösse eine Professionalisierung der Arbeiten erfolgen müsste und dadurch die Kosten explodieren.» notabene

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Stadt Zürich / Eine

mit

Kirchgemeinde mit

der BVK

zehn Kreisen

kom. In Übereinstimmung mit den Personalvertretungen hat der Kirchenrat beschlossen, den neuen Anschlussvertrag der BVK per 1. Januar 2017 zu unterzeichnen. Die Pensionskasse hatte angekündigt, ihre Grundlagen an das veränderte wirtschaftliche Umfeld und die steigende Lebenserwartung anzupassen: mittels Senkung des technischen Zinssatzes und der Umwandlungssätze sowie der Erhöhung der Sparbeiträge. Der Kirchenrat hat daraufhin den Auftrag erteilt, den Anschluss bei der BVK zu überprüfen. Die Marktabfrage bei verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen hat gezeigt, dass ein Wechsel durch die dabei fällige Ausfinanzierung der Deckungslücke und des Rentnervermögens mit hohen Kosten verbunden wäre. Den Entscheid für den Verbleib bei der BVK begründet der Kirchenrat auch damit, dass die Leistungen der BVK bei Invaliden-, Witwen-, Waisenrenten überdurchschnittlich sind.

km. Der Zusammenschluss der Kirchgemeinden der Stadt Zürich und Oberengstringen gewinnt weiter an Gestalt. Zwei Jahre nachdem das Stimmvolk der Vereinigung zugestimmt hat, verabschiedete die Zentralkirchenpflege am 21. September die Rahmenorganisation der künftigen Kirchgemeinde mit zehn Kirchenkreisen. Der darauf aufbauende Zusammenschlussvertrag soll im Frühling 2017 allen Kirchgemeinden zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Kirchgemeinde Zürich wird als Parlamentsgemeinde organisiert und erhält ein Kirchgemeindeparlament, das eine Kirchenpflege, bestehend aus sieben Mitgliedern, wählt. Die Kirchgemeinde erfüllt ihre Aufgabe im Zusammenwirken mit den zehn Kirchenkreisen sowie mit Institutionen von gesamtkirchgemeindlicher Bedeutung. In den Kirchenkreisen werden Kommissionen gebildet, wobei es sich um Milizgremien handelt. Die Mitglieder der Kirchge-

Flughafenkirche / Happy

Infos zum Refomprozess der Stadtgemeinden auf: www.kirchenreform-zh.ch

Landing bei der Flughafenterrasse

sp. Am 9. September hat die Flughafenkirche nach mehreren Jahren in einem Provisorium ihre neuen Räumlichkeiten im Herzen des Flughafens beim Durchgang zur Zuschauerterrasse bezogen. Nebst einem Andachts- und einem Meditationsraum befinden sich im Seelsorgezentrum auch die Gesprächs- und Büroräume des Seelsorgeteams. Der neue Standort mit den hellen Räumlichkeiten wird am 6. November feierlich eingeweiht und zieht bereits heute viele Menschen an, von denen manche auf dem Weg zur Zuschauerterrasse auch spontan vorbeischauen. Der Andachts- und der Meditationsraum sind rund um die Uhr geöffnet und stehen Menschen aller Religionen und Konfessionen zur Verfügung. Auf eine religiöse Symbolik innerhalb der Räume wurde bewusst verzichtet – die Symbole der fünf grossen Weltreligio4

meinde Zürich können an den Versammlungen ihres Kirchenkreises teilnehmen. Zentrale Dienstleistungen wie Finanzen, Personal und Immobilien werden von der städtischen Geschäftsstelle erbracht. Die Umsetzung zu einer neuen Kirchgemeinde Zürich passt grundsätzlich gut in den Prozess KirchGemeindePlus. Gemäss Andreas Hurter, Präsident des Reformierten Stadtverbandes Zürich, sind die Arbeiten zwischen der Landeskirche und dem Reformprozesss in der Stadt Zürich aufeinander abgestimmt. Wichtig sei nun die termingerechte Revision der Kirchenordnung, die der Kirchensynode obliegt. Damit werden wichtige rechtliche Voraussetzungen geschaffen für die noch zu erarbeitende Kirchgemeindeordnung auf städtischer Ebene.

nen an den Eingangstüren weisen auf die interreligiöse Offenheit hin. Gleichzeitig weist der neue Name «Flughafenkirche» (vormals Flughafenpfarramt) darauf hin, dass das ganze Angebot von den drei anerkannten Kirchen getragen wird – mit Unterstützung durch verschiedene Flughafenfirmen. In den Räumen können die Besucher eine Kerze anzünden oder im Anliegenbuch Gebete für sich und ihre Lieben hineinschreiben. Es liegen auch heilige Schriften verschiedener Religionen auf, und es gibt Gebetsteppiche. Menschen, die ein Gespräch suchen, finden ein offenes Ohr beim Seelsorgeteam. Zum diesem gehören Stephan Pfenninger (reformierten Pfarrer), Jacqueline Lory (reformierte Sozialdiakonin), Andrea Thali (katholische Pastoralassistentin) und Melanie Handschuh (christkatholische Pfarrerin).

Foto: Stephan Pfenninger

2. Säule / Weiter

Steht Reisenden und Angestellten jederzeit offen: die neue Flughafenkirche.

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Landeskirche startet Blog / «Kirche

gibt mir

Halt und Atem» Liebe Reformierte

Eintauchen in tiefgründige Diskussionen: im Diesseits-Blog der Reformierten.

kom. Seit Anfang Oktober sorgt der neue Blog der Zürcher Landeskirche im Web für Gesprächsstoff. Auf «diesseits. ch» diskutieren und kommentieren verschiedene Autorinnen und Autoren das Zeitgeschehen und Themen aus den Bereichen Ethik, Spiritualität, Glauben und Gesellschaft. Für den Blog schreiben unter anderen Kirchenratspräsident Michel Müller, die Sprecherin des Wortes zum Sonntag Catherine McMillan und ihre Vorgängerin Sibylle Forrer. Zum Blogger-Team gehören auch der Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist und der Theologe Ralph Kunz. In gut reformatorischer Manier soll mit dem Blog die offene Diskussion innerhalb der Mitglieder der Kirche gefördert,

aber auch in die weitere Öffentlichkeit getragen werden. Regelmässig kommen auch weitere Personen des öffentlichen Lebens auf «diesseits.ch» mit einer Carte Blanche zu Wort. Den Anfang machte der Zürcher Regierungspräsident Mario Fehr. Unter dem Titel «Kirche ist wichtig» schreibt der Politiker ganz persönlich: «Die Kirche gibt mir Halt. Sie gibt mir Atem. Sie unterstützt mich und hilft mir, politisch und auch persönlich. Ich bin immer dafür eingetreten, dass sie öffentlich-rechtlich anerkannt bleibt. Das werde ich selbstverständlich auch in Zukunft tun.» Mitlesen und mitdiskutieren auf: www.diesseits.ch

Lehrplan 21 / Kirchenrat

macht sich stark für eigenständiges Fach Religion

sch. Das Fach Religion und Kultur mit dem zusätzlichen Themenfeld Ethik soll auf der Primarstufe weiterhin als eigenständiges Fach unterrichtet werden. Dies fordert der Kirchenrat in seiner Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung zum Lehrplan 21. Er lehnt damit den Vorstoss ab, die Lektionen für den Fachbereich Religionen, Kulturen, Ethik in den Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft eingehen zu lassen. Ein solides Orientierungswissen für ein multireligiöses Umfeld zu vermitteln, wäre in einem übergreifenden Themenfeld nicht mehr gewährleistet, argumentiert der Kirchenrat. Auch die notabene

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Anstrengungen bei der Ausbildung der Lehrpersonen würden in Frage gestellt, wenn das Fach auch von Lehrpersonen unterrichtet würde, die sich keine Kompetenzen im Fach Religion und Kultur erworben haben. Aus Sicht des Kirchenrates gehört es zum Grundauftrag staatlicher Schulen, eine breites Wissens über Inhalte verschiedener Kulturen und Religionen zu vermitteln. Der Kirchenrat verweist auch darauf, dass sich das Zürcher Stimmvolk 2006 im Rahmen einer Volksinitiative nach der Abschaffung des Unterrichts in Biblischer Geschichte klar für ein eigenständiges Fach Religion und Kultur ausgesprochen hat.

Offizielle Lehre und die Praxis des «Fussvolkes» klaffen beim Thema eucharistische Gastfreundschaft bedenklich auseinander. Am Elternabend für die Eltern von Kindern, die sich auf die Erstkommunion vorbereiten, ist mir dies wieder einmal klar geworden. Eine Mutter meldete sich zu Wort: «Wissen Sie, ich bin reformiert, mein Mann katholisch. Die Kinder werden katholisch erzogen. Können Sie mir den Unterschied zwischen Eucharistie und Abendmahl erklären?» Zwischenfrage: Kann man katholisch erziehen oder reformiert?

«Kann man katholisch erziehen oder reformiert?» Wie ich so in die Runde der Mütter und Väter blicke, denke ich, vielleicht wäre es gut, wenn wir die Kinder einfach nur im christlichen Geist ins Erwachsenenleben begleiten würden. Natürlich weiss ich, was die Mutter gemeint hat, und die eigentliche Frage war eine andere. Uff! Der Unterschied zwischen Abendmahl und Eucharistie? Ich setze an zu einer theologischen Begründung. Mitten im Satz halte ich inne, ich sehe in die Gesichter dieser Mütter und Väter, ein buntes Gemisch von reformierten und katholischen Christen, obwohl man es ihnen nicht ansieht. Sie folgen treuherzig meinen theologischen Ausführungen zu Eucharistie und Abendmahl und verstehen doch einfach nur Bahnhof. Nicht weil sie zu dumm sind, und nicht, weil meine Ausführungen unverständliches Geschwafel sind. Die Menschen stehen an einem ganz anderen Ort, und wenn ich ehrlich bin, ich auch. War da nicht einer, er hiess Jesus und er sagte: Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat! Monika Schmid ist Pfarreibeauftragte der römisch-katholische Pfarrei St. Martin in Illnau-Effretikon

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Wintersession Kirchensynode / 750 000

für Zusammenschlüsse und ein Zustupf für den Zwinglifilm

Aus dem Abc der

Reformation R wie Raiffeisen

Nein, eine reformierte Bank gibt es nicht, aber Friedrich Wilhelm Raiffeisen erfand sie: die Bank der kleinen Leute. Er lebte 1818 bis 1888 und war ein Mann des 19. Jahrhunderts: seiner Probleme und Errungenschaften. Er wuchs im reformierten Siegerland (Region Südwestfalen) auf. Weil sein Vater 1821 als Bürgermeister einen Griff in die Kasse getan hatte, wurde er seines Amtes enthoben. Den Sohn vertraute man dem reformierten Ortspfarrer zur Erziehung an. 1845 wurde er selbst Bürgermeister und bekämpfte die Ursachen der Armut: schlechte Schulbildung, fehlende Infrastrukturen, frühindustrielle Ausbeutung. Als es auch noch zu einer Hungersnot kam, gründete er 1847 den Weyerbuscher Brodverein, um Armen den Kauf staatlich zugeteilter Mehlrationen zu finanzieren. Zum Urdatum der Raiffeisenbank wurde 1849 die Gründung des Flammersfelder Hülfsvereins: erstmals mit Solidarhaftung aller Vereinsmitglieder und Vergabe langfristiger und zinsgünstiger Kleinkredite. Mittlerweise im dritten Bürgermeisteramt wurde sein dritter Verein, der Heddesdorfer Wohltätigkeitsverein, 1864 in den ersten Darlehenskassen-Verein überführt. Im Ruhestand publizierte er 1866 ein Buch mit Musterstatuten für Darlehenskassen, das zur Verbreitung dieser reformierten Errungenschaft des 19. Jahrhunderts beitrug. Nicht mehr von der Hand in den Mund sollten die einfachen Leute leben, sondern Rücklagen bilden können. Das Armengesetz habe «nur einen Paragraphen», und der sage «mehr als hundert Paragraphen des ausgearbeitetsten rechtlichen Armengesetzes». Er heisst: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.» Was für ein Banker! Matthias Krieg, Stabsstelle Theologie, klärt wichtige, vergessene oder selten gehörte Begriffe der Reformation.

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sch. An ihrer ordentlichen Versammlung vom 29. November und einer allfälligen zusätzlichen Sitzung am 10. Januar berät die Kirchensynode hauptsächlich Budget- und Finanzfragen. Auf der Traktandenliste stehen das Budget der Zentralkasse, Beitragssatz und Finanzausgleich für das Jahr 2017 sowie der nachgeführte Finanzplan für die kommenden Jahre. Die bei Redaktionsschluss noch nicht vorliegenden Unterlagen sind jetzt auf www.zh.ref.ch/ kirchensynode publik. Das Kirchenparlament entscheidet in der Wintersession ebenfalls über die Projektbeiträge, die den Kirchgemeinden im Rahmen ihrer Arbeiten zu KirchGemeindePlus zugesprochen werden. Nachdem die Kirchensynode für das Jahr 2016 dafür einen Kredit von einer halben Million Franken gesprochen hatte, beantragt der Kirchenrat für 2017 einen Rahmenkredit von 750 000 Franken. Der Kirchenrat geht dabei von der Annahme aus, dass die Prozesse im Rahmen des Projekts KirchGemeindePlus pro Jahr und Mitglied Kosten von 5 bis 7 Franken verursachen. Der Kirchenrat stützte sich bei der Berechnung der Zusammenschlusskosten auf Werte, die bei Zusammenschlüssen von politischen Gemeinden erhoben wurden. Bei rund 450 000 Mitgliedern der Landeskirche ergibt dies jährliche Kosten von rund 3 Mio. Franken. Die Kostenbeteiligung der Zentralkasse soll einen Drittel betragen. Dies wären eine Million Franken für den Fall, dass sich alle Kirchgemeinden in einem Zusammenschlussprojekt befänden. Der Kirchenrat geht davon aus, dass 2017 etwa drei Viertel der Kirchgemeinden Teil eines solchen Projekts sein werden.

Zusatzkredit für Zwinglifilm Um mit dem Reformationsjubiläum auch die nötige Breitenwirkung zu erzielen, will der Kirchenrat die Produktion eines Spielfilms über Zwingli mit einem

Zusatzkredit von 200 000 Franken unterstützen. Die Landeskirche hat das Projekt von C-Films zum Zürcher Reformator von Beginn an begleitet und mit einem Entwicklungsbeitrag von 50 000 Franken angestossen («notabene» berichtete in der Ausgabe 1/16). Inzwischen wurden ein Drehbuch erarbeitet, Recherchen und Castings durchgeführt sowie Drehorte gesucht.

Grosses Kino für den Reformator Der Aufwand für einen historischen Film ist gross. Die Produzenten gehen von Kosten in der Höhe von 5,2 Mio. Franken aus, sehen den Film aber dafür auch als eines der grössten Filmevente der Schweizer Filmgeschichte. Nachdem die Eckpfeiler des Projekts stehen, bemüht sich das C-Films nun darum, die Finanzierung des Films sicherzustellen. Zu diesem Zweck stellt sie Anträge bei verschiedenen Filmförderstellen wie dem Bundesamt für Kultur und der Zürcher Filmstiftung sowie Koproduzenten (Schweizer Fernsehen, Teleclub) und versucht, Sponsoren und Gönner für das Projekt zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ersuchte C-Films auch die Landeskirche um eine weitere finanzielle Unterstützung. Weil diese ausserhalb der bereits bewilligten Beiträge für das Reformationsjubiläum liegt, bedarf es der Bewilligung durch die Kirchensynode.

Weitere Traktanden • Wahlen: Vizepräsidium, Mitglieder für Finanz- und Geschäftsprüfungskommission • Vernehmlassung des Kirchenrates zur Verfassungsrevision SEK • Orientierung betreffend Organisationsmodelle KirchGemeindePlus 29. November, 8.15 Uhr Gottesdienst im Fraumünster; 9.15 Uhr Sitzungsbeginn im Rathaus www.zh.ref.ch/kirchensynode

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Foto: © epd/bild

Spezielle Taufgottesdienste (hier in Lohmen, D) sorgen für mehr Betrieb am Taufstein.

Gottesdienst /

Taufen mit mehr Spielraum Taufen im Sonntagmorgen-Gottesdienst um 10 Uhr? Die traditionelle Art der reformierten Taufe entspricht längst nicht allen Familien – und schreckt einige davon ab, ihre Kinder überhaupt zur Taufe zu bringen. Kirchgemeinden wie Uster oder Höngg gehen deshalb neue Wege. Von Christian Schenk

Die grosse Osterkerze flackert auf einem Pult neben dem weissen Marmortaufstein. Acht bunt verzierte Kerzen stehen daneben bereit. Sie sollen ebenfalls bald entfacht werden. Es ist ein Samstag Vormittag Anfang Juli, und um den Taufstein in der Ustermer Kirche herrscht notabene

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feierliche Betriebsamkeit. Acht Kinder kommen heute zur Taufe, begleitet von ihren Vätern, Müttern, Paten, Grosseltern und Freunden. Fast 120 Kinder und Erwachsene sitzen in den Bänken um den Taufstein. Auch einzelne Mitglieder der Kirchenpflege sind auszuma-

chen. Bei den Meisten der heutigen Gottesdienstgemeinde ahnt man hingegen, dass sie kaum routinierte Kirchgänger sind. «Enorm andächtig und gleichzeitig quirlig und dicht» sei die Stimmung gleichwohl – oder gerade deshalb – ge7


Fotos: zVg Kirchgemeinde Uster

Acht Täuflinge kamen zur «unkonventionellen Tauffeier» in die Kirche in Uster. Nach dem Gottesdienst feierten die Tauffamilien gemeinsam im Kirchgemeindehaus.

wesen, sagt Pfarrer Matthias Rüsch, wenn er auf den speziellen Taufgottesdienst zurückblickt.

Unkonventionell taufen Als «unkonventionelle Tauffeier» hatte er den Gottesdienst im «reformiert.lokal» ausgeschrieben und explizit Kinder aus Patchworkfamilien oder Kinder Alleinerziehender zur Taufe eingeladen – und zwar an einem Samstag und mit anschliessendem gemeinsamen Grillfest im Kirchgarten. «Wir haben festgestellt,

dass Kinder aus solchen Familienverhältnissen kaum zur Taufe gebracht werden», sagt Pfarrer Rüsch. Warum, das sei schwierig zu sagen. Er vermute, dass für Familien mit «nicht so gut bürgerlichen Verhältnissen» die Hürde gross sei, sich im traditionellen Sonntagmorgen-Gottesdienst vor die Gemeinde hinzustellen. Deshalb habe man sich in Uster dazu entschlossen, diese etwas andere, «fröhlich farbige Tauffeier» auszuschreiben, auch mit dem Hinweis auf ein kostengünstiges und kinderfreundliches gemeinsames Fest im Anschluss an

Was die Taufe bedeutet – Auszüge aus der Kirchenordnung Art. 45 ff: «In der Taufe wird Gottes Ja zum einzelnen Menschen bezeugt. Sie ist Ausdruck für dessen Zugehörigkeit zur Gemeinde Jesu Christi. Die Taufe von Kindern oder Erwachsenen erfolgt gemäss dem Zeugnis des Neuen Testamentes auf den Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Die Taufe wird nur einmal vollzogen. Die in einer anderen Kirche empfangene Taufe wird anerkannt. Die Taufe wird von einer Pfarrerin oder einem Pfarrer vollzogen. Die Taufe findet in der Regel in einem Gemeindegottesdienst statt. Die Gemeinde bezeugt durch ihre Anwesenheit ihre Mitverantwortung für das Leben der Getauften und nimmt sie in ihre Fürbitte auf. Eltern, die ihr Kind nicht taufen lassen wollen, können es zur Bitte um Gottes Segen in den Gemeindegottesdienst bringen.» Grundlagendokumente und Taufurkunden zum Download auf: www.zh.ref.ch/a-z Stichwort «Taufe»

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den Gottesdienst. Neun Familien haben sich dann innert kurzer Zeit gemeldet – eine davon zog sich wegen familiärer Probleme in letzter Minute noch zurück. Mit kaum einer davon hatte Pfarrer Rüsch oder sonst jemand von der Kirchgemeinde davor je Kontakt gehabt. Eine freudige Überraschung sei es gewesen, dass das neue Taufangebot so gut angekommen sei. Die Vorbereitungen und Taufgespräche seien dann etwas aufwändiger gewesen als gewohnt. «Die Leute leben zum Teil in schwierigen und instabilen Verhältnissen», sagt Matthias Rüsch.

Newcomer in der Kirche An diesem Taufmorgen in Uster tritt dies in den Hintergrund. Jetzt stehen die acht Täuflinge im Mittelpunkt. Nur zwei von ihnen sind noch so klein, dass sie Pfarrer Rüsch in die Arme nehmen kann, um ihnen mit dem Taufwasser sachte das Kreuzzeichen auf der Stirne zu machen. Die anderen Mädchen und Buben sind alle im Primarschulalter, stehen auf eigenen Beinen beim Taufstein, flankiert von sichtlich stolzen Eltern und engagierten Angehörigen: Ein Grossvater spielt während der Feier Flöte, ein Geschwister trägt ein Stück am Klavier vor, ein Täufling singt allein notabene

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Foto: © epd/bild

An speziellen Tauffeiern bleibt mehr Zeit und Raum für Beteiligung der Angehörigen. Themenbild: Evangelische Tauffeier in Niedersachsen.

ein Lied. Den Blumenschmuck in der Kirche haben Grosseltern mitgebracht. «Eine selten grosse Beteiligung bei der Gestaltung der Feier – von Menschen, bei denen die traditionelle Kirche im Leben sonst kaum vorkommt», resümiert Pfarrer Rüsch.

Taufe um halbzwölf Während in Uster nach dem so erfolgreichen Start die Fortführung des neuen Taufformats für die nächsten drei Jahre bereits beschlossene Sache ist, experimentiert man auch in anderen Kirchgemeinden mit neuen Spielarten der Taufe. Zum Beispiel in Zürich Höngg. Dort bietet das Pfarrteam seit diesem Jahr drei Termine für eine «Tauffeier um halbzwölf». Diese findet im Anschluss an den üblichen Sonntagsgottesdienst statt und versteht sich als «reine Tauffeier für möglichst mehrere Familien». Pfarrer Matthias Reuter charakterisiert das Angebot als neuen Weg, um auf die Menschen zuzugehen und jungen Familien in diesen Feiern mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung zu geben. Er führt aber auch ganz praktische Gründe an. In Höngg habe man so viele Taufen, dass die regulären Sonntagsgottesdienste bisweilen mit Taufen überfrachtet waren: «Das ist anstrengend und unnotabene

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befriedigend sowohl für die Eltern als auch für die regelmässigen Gottesdienstbesucher, die wegen der Predigt in die Kirche kommen.» Die «Tauffeier um halbzwölf» mache es nun möglich, sich voll auf die Familien mit kleinen Kinder nauszurichten. Das biete in der Gestaltung viel mehr Möglichkeiten – für die Tauffamilien und den Pfarrer. Mit dem späteren Start der Feier am Sonntagmorgen kommt man dabei auch zeitlich den Bedürfnissen junger Familien entgegen. Gehen diese neue Spielarten der Taufe bereits in Richtung Privattaufe oder Taufe im Familien- und Freundeskreis, wie sie etwa bei Katholiken oder Lutheranern an der Tagesordnung sind? Matthias Reuter winkt ab: «Privatfeiern wollen wir nicht. Wir feiern die Taufe nach wie vor als öffentlichen Gottesdienst – und zwar in der Kirche.» Damit sieht der Höngger Pfarrer auch die Normen gewahrt, die die Kirchenordnung vorgibt. In Artikel 46 heisst es: «Die Taufe findet in der Regel in einem Gemeindegottesdienst statt.» Und eine Gemeinde bilden schliesslich auch die 50 bis 60 Personen, die an einer solchen speziellen Tauffeier teilnehmen, sagt Reuter. Und vielleicht würde man eben diese in der Kirche sonst gar nie antreffen.

2935 reformierte Taufen im Kanton Zürich Im letzten Jahr wurden in der Zürcher Landeskirche 2903 Kinder und 32 Erwachsene getauft. 40 Kinder und Erwachsene wurden gesegnet. 2014 waren es 2816 Taufen und 43 Segnungen. Im langjährigen Trend sind die Taufzahlen rückläufig. Zwischen 2000 und 2010 wurden jährlich 3300 Kinder getauft. 1990 waren es noch über 5000. Der Rückgang hat zum grössten Teil mit der hohen Altersstruktur und der rückläufigen Geburtenzahlen der Reformierten zu tun, heisst es in einem Bericht des Statistischen Amtes des Kantons Zürich. Bei den Reformierten sind junge Erwachsene – potentielle Eltern von Kindern – untervertreten. Aber auch damit, dass die Bereitschaft der Eltern sinkt, ihre Kinder taufen zu lassen.

Tauffeier öffnen? Für eine Öffnung der Taufpraxis hat sich unlängst Kirchenrat Andrea Marco Bianca ausgesprochen. Gegenüber «ref.ch» sagte der Küsnachter Pfarrer, dass die in der Theorie überzeugende Idee von der Taufe in der Gemeinschaft in der Praxis des Gottesdienstes oftmals Schiffbruch erleide. Ausserdem bestehe die Gefahr, dass immer mehr Eltern wegen der mangelnden Flexibilität der reformierten Kirche private Ritualbegleiter aufsuchten. Er plädiert deshalb für einen Paradigmenwechsel. Bianca verweist dabei auch auf die Bibel, wo die Vielfalt der Taufverständnisse gross und Taufen nicht auf Gemeindegottesdienste beschränkt seien. Ausserdem zeige die reformierte Kirchengeschichte, dass die heutige Praxis eher jüngeren Datums sei. Noch lange nach Einführung der Reformation wurden Kinder kurz nach der Geburt zu Hause getauft. Für Hochzeiten und Taufen wurden Pfarrer später in die Häuser des Grossbürgertums berufen. Erst 1905 stoppte man diese Praxis. Von nun an waren Taufen im familiären Kreis zwar noch gestattet – sie fanden aber in der Kirche nach dem Gemeindegottesdienst statt. Den ganzen Artikel mit den Gegenargumenten von Kirchenrätin Esther Straub finden Sie auf www.ref.ch unter dem Titel «Die reformierte Taufe reformieren».

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500 Jahre Reformation /

Grosser Bahnhof fürs Jubiläum Mit einem Auftritt eines Bundesrats am Grossmünster und einer zweitägigen Veranstaltung im HB startet am 5. bis 7. Januar das Reformationsjubiläum. Mit von der Partie: ein vielstimmiger Kirchenchor, ein Truck aus Deutschland und viele Gesichter der Zürcher Kirche. Von Christian Schenk Foto: sch

Weite. Raum. Noch am Morgen türmten sich hier Bänke und Tische vom Oktoberfest, und bald schon sucht man sich hier einen Weg durch ein Labyrinth aus Lebkuchenhäuschen. In der Bahnhofshalle jagt ein Event den nächsten. Nur selten präsentiert sich die Kathedrale der Mobilität so imposant und aufgeräumt. Und wohl erstmalig nimmt sie die Kirche für zwei Tage in Beschlag: Am 6. und 7. Januar 2017 starten die Zürcher Reformierten hier vielstimmig und diskussionsfreudig, aber auch reformiert zurückhaltend den Beginn der Reformation vor 500 Jahren.

Kirchenchor XXL und Druckerei Über vierhundert Sängerinnen und Sänger verschiedener Kirchenchöre werden das Jubiläum einsingen. Pfarrerinnen und Pfarrer, Kirchenpfleger und Kirchenpflegerinnen, Mitglieder und Mitarbeitende aus den Zürcher Kirchgemeinden laden am Freitag und Samstag zu Tischgesprächen, Podiumsdiskussionen und zu Lesungen biblischer Geschichten. Sie servieren Tee und Kuchen, lassen die Geschichte und die Aufbruchsstimmung der Reformation aufleben und schreiben an einem offenen Redaktionstisch weiter an ihr. Eine installierte Druckerei erinnert an den Druck der Froschauerbibel und das Aufkommen des Buchdrucks und macht erlebbar, dass diese damals bahnbre10

chende Art der Kommunikation den Ideen der Reformation, ihrer Rückbesinnung auf das Wort, zum Durchbruch verholfen hat. Zusammen mit Szenografinnen, Musikern und Autoren aus der freien Zürcher Kunst- und Kulturszene wird diese vielfältige Bühne mit Darbietungen und Einladungen an das Publikum geschaffen und bespielt. Mit dabei sind auch Mitglieder der MennonitenGemeinden, die ihren Ursprung ebenfalls in der Reformationzeit vor 500 Jahren haben. Friederike Osthof, Pfarrerin und Projektleiterin des Auftritts im HB, hofft auf viele gute Begegnungen und auf provokante und kühne Diskussionen an diesem ungewöhnlichen Standort der Kirche. Zustellen – wie all die anderen Eventveranstalter – will sie die Halle an diesen Tagen bewusst nicht. Statt eine glitzernde Konsumwelt sollen die Passanten hier eine stilvolle Installation und vor allem eine echte und von Menschen getragene Kirche erleben. «Wir sind nicht virtuell präsent, sondern ganz echt als Menschen, die die Kirche von heute gestalten.» Wie Kirche und Gesellschaft der Zukunft sein sollen, welche Aufbrüche und Reformen heute angesagt sind, das wolle man zusammen mit all den Kirchenleuten untereinander und mit den Gästen vor Ort diskutieren und so etwas vom Mut zur Veränderung der Reformationszeit in die Gegenwart bringen.

Reformation auf Achse Wichtige Impulse für die Reformation kamen ab 1517 auch aus Deutschland und ganz Europa nach Zürich. Sinnbildlich dafür parkt deshalb zur selben Zeit auch ein spezieller Lastwagen in der Bahnhofshalle: Der Truck (lanciert von EKD, GEKE und SEK) tourt auf einem Europäischen Stationenweg als reformatorisches Geschichtenmobil seit Anfang November und bis Mai 2017 durch über 60 europäische Städte der Reformation und bringt auch in Zürich Passantinnen und Pendlern die Botschaften, die Geschichten und Gesichter der vielgestaltigen Reformationsbewegungen näher.

Bundesrat und Schattenwurf Dass die Reformation in Zürich vor 500 Jahren nicht nur ein lokales und kirchliches Ereignis war, sondern für die Stadt, den Kanton, die ganze Schweiz von grosser Bedeutung ist, das wird der Öffentlichkeit bereits einen Tag vor der Veranstaltung im Hauptbahnhof rund um das Grossmünster bewusst gemacht. Angekündigt ist für den 5. Januar als prominentester Gast Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Für Würdigungen und Einordnungen dessen, was Ulrich Zwingli in der Limmatstadt und weit darüber hinaus ins Rollen gebracht hat, sorgen auch Vertreterinnen von Kantons- und Stadtregierung und an einer notabene

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Pressekonferenz der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller, Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist und SEK-Ratspräsident Gottfried Locher. Ulrich Zwingli selbst steht am selben Abend übrigens auch noch künstlerisch im Rampenlicht. Lichtkünstler Gerry Hofstetter wirft Licht auf das ZwingliMonument bei der Wasserkirche und inszeniert so auch den «Schattenwurf» des Reformators.

Bild: Gemälde aus dem 16. Jahrhundert (Foto: wikipedia.org)

Friederike Osthof in der zugigen Halle des Zürcher HB: Am 6. und 7. Januar weht hier ein reformierter Geist.

600 Jahre Niklaus von Flüe /

Jubilar der Ökumene Im Reformationsjahr 2017 jährt sich auch der Geburtstag von Niklaus von Flüe zum 600. Mal. Der Einsiedler und Mystiker ist so etwas wie der Schweizer Nationalheilige. Entsprechend ökumenisch wird er gefeiert.

Was sonst noch anrollt Nach den Startveranstaltungen im Januar sind über 100 Projektideen in Planung und werden im Laufe der Jubiläumsjahre, die sich bis über 2019 erstrecken, umgesetzt: Die Zürcher Landeskirche unterstützt unter anderem Filme und Publikationen, verschiedene Veranstaltungen wie Musicals, Theaterproduktionen und Tagungen. Bereits bekannt und gesetzt sind folgende Highlights im 2017: • 20. Mai: Start der Weltausstellung zur Reformation in Wittenberg – mit Schweizer Beteiligung • 16. Juni: Akte Zwingli – Mysterienspiel vor dem Grossmünster • 7. September: Wissensfestival «Reformationen des Denkens», an der Stauffacherstrasse 60 in Zürich 5. November: Landeskirchlicher Festgottesdienst zum Reformationsjubiläum am Reformationssonntag in der Zürcher Pauluskirche Infos: www.zh.ref.ch/jubilaeum • Auch der Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» befindet sich mit über 40 Projekten in den Startlöchern und wartet auf den Entscheid des Kantonsrates über den Lotteriefondsbetrag. www.zuercher-reformation.ch

Schweizweite Kampagne im Herbst 2017 «Quer denken – frei handeln – neu glauben»: Im Rahmen des Reformationsjubiläums plant der SEK eine schweizweite Öffentlichkeitskampagne. Diese findet von Mitte Oktober bis Mitte November 2017 statt. Der Kirchenbund ist für die Entwicklung der Kampagne verantwortlich, ist aber darauf angewiesen, dass sich möglichst viele Kirchgemeinden beteiligen und die Kampagne lokal multiplizieren. www.kirchenbund.ch

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phd. Niklaus von Flüe gehört seit Jahrhunderten zu den Leitfiguren der Schweiz. Auch die Reformatoren Ulrich Zwingli und Heinrich Bullinger haben mit Hochachtung von «Bruder Klaus» gesprochen. So galt und gilt Bruder Klaus über alle konfessionellen Grenzen hinweg als der Schweizer Nationalheilige. 2017 wird sein 600. Geburtstag gefeiert und nach der spirituellen und gesellschaftlichen Bedeutung dieser Persönlichkeit gefragt. Wer war dieser seltsame Bergler, der im Alter von 50 Jahren seine Frau und seine zehn Kinder verliess und als Einsiedler in der Ranftschlucht Gott suchte? Und wie wurde er zum vielgefragten Seher und Mittler? Was von ihm ist heute wegweisend? Unter dem Motto «Mehr Ranft» will der Trägerverein «600 Jahre Niklaus von Flüe» mit Kernprojekten und mit der Unterstützung einer Vielzahl von Mitmachinitiativen in allen Landesteilen das Leben und Wirken von Niklaus von Flüe zeitgemäss näher bringen. Auch die Schweizerische Bischofskonferenz und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund laden am 1. April 2017 zu einem nationalen ökumenischen Gedenkund Feiertag in Zug ein.

Theaterstück für Gemeinden Teil dieser Jubiläums-Initiativen ist auch ein Theaterprojekt mit dem Titel «Nimm mich mir!», das die Zürcher Landeskirche, zusammen mit der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, den refor-

mierten und katholischen Stadtverbänden von Zürich und der Christkatholischen Kirchgemeinde Zürich ermöglicht hat. Das Drei-Personen-Stück, unter der Regie von Hannes Glarner und der Produktionsleitung von Philippe Dätwyler, bedient sich in der Jetztzeit sowohl der monologischen Form als auch des direkten Dia- und Trialogs. Für Szenen aus der Zeit von Niklaus von Flüe kommen Spielformen des Erzähltheaters zum Einsatz, wobei die Ausstellungsobjekte und verschiedene Schriften als thematische Sprungbretter dienen. Die Szenen entstehen aus Stille und aus dem Geiste der live gespielten Musik. Kirchgemeinden und andere Veranstalter können das Stück in verschiedenen Zeitfenstern ab Juni 2017 bis Januar 2018 buchen. Sowohl ideell als auch von den Kosten her gedacht, wird empfohlen, die Aufführungen ökumenisch und unter Beizug von kulturellen Institutionen zu planen. Kontakt: philippe.daetwyler@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 65

Mehr Bruder Klaus und mehr Ranft Unter dem Projektdach von «Mehr Ranft» entsteht auch ein MusikTheater, das den Spuren des Menschen und Mystikers Niklaus von Flüe folgt. Es wird im September 2017 im Kloster Kappel uraufgeführt. Alle Projekte im Jubiläumsjahr auf: www.mehr-ranft.ch

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Gespür für religiöse Spuren im Grossstadt-Dschungel: Matthias Krieg am Letten in Zürich.

Tagung /

Ab in den Dschungel!

Auf der freien Wildbahn des Glaubens lebt mehr, als man in den «Plantagen» der Religionsgemeinschaften für möglich hält, sagt Matthias Krieg. Der Theologische Sekretär lädt mit der Tagung «blue religion» zur Entdeckungsreise in den religiösen Dschungel. Interview: Christian Schenk Wie soll das gehen?

sich ja auch stark machen?

Wir leben im Zeitalter des Individualismus und einer riesigen religiösen Biodiversität. Etwas haben aber alle Menschen gemeinsam: Alle haben Lebens- und Sinnfragen, können sie aber nicht allein beantworten. Alle brauchen Nähe und Gemeinschaft, erleben aber eine Welt voller Einsamkeit. In diesem Sinn sind alle Menschen religiös, alle wollen durchaus etwas glauben. Auftrag der Religionsgemeinschaften und der Kirchen wäre es eigentlich, sich damit auseinanderzusetzen und mit den Menschen in ihrer Vielfalt nach Antworten zu suchen.

Wir leben in einer Zeit der Krise der Institution. Nicht nur die Kirchen sind davon betroffen, auch das Monopol von Staaten, Parteien, Ehe, Familie bröckelt. Diese Institutionen müssen sich neu formieren, sonst gehen sie unter. Die Grundbedürfnisse der Menschen bleiben, aber die institutionalisierten Lebensformen verlieren an Kraft. Die Kirche muss darauf reagieren. Sie muss die Vielfalt der religiösen Formen der Menschen und ihren Wunsch zur Vergemeinschaftung zulassen. Es braucht neue, spielerische Formen, um darauf zu antworten: Beten – also mit Gott reden kann man auf ganz verschiedene Weise. Auch von Gott erzählen kann man nicht nur mit einer viertelstündigen Predigt.

Die Vielfalt schliesst das Gemeinsame nicht aus. Das Evangelium ist für alle gut. Es ist nicht nur für die Reichen und Gebildeten da, es soll nicht nur in deren Ausdrucksformen erlebbar sein. Auch andere Formen sind möglich. Kirche und ihre Repräsentanten brauchen mehr Integrationskraft, statt einfach zu fordern, «werdet so wie wir».

Und was züchten wir denn Ihrer Meinung nach stattdessen auf den Plantagen der Kirche?

Kirche hat aber den Anspruch, Standards zu setzen, gerade im Bereich der Verkündigung. Wollen Sie das ändern?

Kirche ist dann eine Plantage, wenn überall zur gleichen Zeit die gleiche Art von Gottesdienst mit den gleichen, gutbürgerlichen Leuten, genau gleich gefeiert wird. Plantage ist Vieles vom Selben. Auf dem Territorium wachsen nur definierte Nutzpflanzen. Alles andere hat keinen Platz. Das hat Vorteile, ist gut zu leiten. Das hat aber auch entscheidende Nachteile: Was, wenn jemand die Früchte nicht verträgt, die auf dieser Plantage gezogen werden?

Nein. Aber wir müssen das vermehrt mit den Menschen tun, und nicht nur für diese vorgeben. In England machen Pionier-Pfarrer gute Erfahrungen mit dem Erarbeiten gemeinsamer Formen von Gottesdiensten und Abendmahlsfeiern. Die Theologen setzen dabei natürlich auch Grenzen, schaffen einen Rahmen, aber mit den Menschen, nicht für sie. Viele Formen sind möglich. Und der Heilige Geist kennt keine Hitliste.

Matthias Krieg, Sie rufen dazu auf, die Kirchenplantage zu verlassen und sich im Dschungel nach dem Glauben der Menschen umzusehen. Was wächst denn in der freien Natur?

Sie plädieren dafür, dass sich die Kirche auf diese Vielfalt besser einlässt.

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Steht diese Betonung der Vielfalt nicht im Widerspruch zur Suche nach einem verbindenden Bekenntnis, für das Sie

«blue religion» Impulstag zur anderen Seite der Religion Referate, Plenargespräche, Workshops (Streetart, Popmusik, Ritual, Fresh Expression u. a.), Jazzduo. 23. November, 13 bis 20 Uhr Offener St. Jakob, Zürich. Anmeldung: sara.ejiro@zh.ref.ch

Artenvielfalt: Auch an Kappeler Kirchentagung Unter dem Titel «Herausfordernde Vielfalt» widmet sich auch die nächste Kirchentagung in Kappel (ab 20. Januar) der Pluralität von Glaubens- und Teilnahmeformen der Mitglieder. Kirchenpflegerinnen und Kirchenpfleger sowie Mitarbeitende aus allen Kirchgemeinden suchen nach Wegen, um mit Mitgliedern den Kontakt aufrechtzuerhalten, die die bestehenden Angebote der Kirchen kaum nutzen. Infos und Anmeldung: www.zh.ref.ch/kirchentagung

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Themen und Termine

27. November, ab 10.30 Uhr Lobpreis, 11 bis 12.30 Uhr Gottesdienst mit Abendmahl, anschliessend internationaler Apéro Riche Zentrum für Migrationskirchen Rogengartenstr. 1, Zürich

Lehrgang «Theologie kompakt» 2017 – 2018 Informationsabend. Einführung in das Programm des Lehrgangs, der im April 2017 startet. Zielgruppe sind kirchliche Mitarbeitende (aber nicht nur), die sich theologisch weiterbilden möchten.

Lebenswelten auf Distanz II – Wo Kirche ankommt

19. Januar, 19 bis 20.30 Uhr Hirschengraben 50, Zürich Anmeldung: Chantal Hürlimann Tel. 044 258 92 17, www.wtb.ref.ch

Wie gelingt die kirchliche Kommunikation mit Menschen, in deren Alltag die Kirche (bislang) kaum eine Rolle spielt? Welche Chancen bieten persönliche Begegnungen mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen? Gibt es Ideen für besondere Veranstaltungen? Welche Rolle können die modernen Medien spielen? Was lässt sich von alldem lernen für die kirchliche Praxis?

Gemeindeaufbau & Leitung Diakonie & Seelsorge Aufbau und Gestaltung eines interkuleturellen Treffpunkts Die Teilnehmenden lernen bestehende Angebote kennen und setzen sich mit den Herausforderungen eines kirchlichen Treffpunktes für Migrantinnen und Migranten auseinander. Leitung: Gabriela Bregenzer 16. November, 13.45 bis 16.45 Uhr Hirschengraben 50, Zürich Anmeldung: monika.hein@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 37

Werktag Kirchenbasar Der Werktag gibt vielfältige Impulse und Anregungen in Theorie und Praxis für die Basararbeit in den Kirchgemeinden.

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Die Kurse umfassen ein bis drei Kursabende und starten ab Mitte Januar 2017. Infos und Anmeldung auf: www.vpk-zh.ch

19. November, 9.15 bis 15.45 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich, Tel. 044 258 92 56; marcel.lehmann@zh.ref.ch, www.zh.ref.ch/lwe-auf-distanz

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langue française, Schanzengasse 25, Zürich. Info: Secrétariat de l’église française, 044 251 25 18 église@zh.ref.ch, www.erfz.ch

Von & für Gemeinden Referat und Austausch mit der Theologin Lytta Basset Lytta Basset, Theologin und Autorin, spricht über ihr Buch «Oser la bienveillance: un autre regard sur l’être humain». Darin setzt sie sich mit dem christlichen Menschenbild auseinander, das lange Zeit von der Lehre der Erbsünde geprägt war. Die Veranstaltung findet in französischer Sprache statt.

Jazz-Konzert und «InSpiration» in Zürich Saatlen Rahmenprogramm zur Kunstausstellung In-Spiration. Jazz-Trio mit «Klanglandschaften aus der Cool-Jazz-Ära»: Allegra Zumsteg, Gesang/Komposition; Thomas Goralski, Klavier; Stefanie Kunckler, Kontrabass 12. November, 19 Uhr, Reformierte Kirche Saatlen, Saatlenstrasse 240, Zürich

10. November, 18.30 bis 20.30 Uhr Église réformée zurichoise de

Foto: Lytta Basset, ZVG

Foto: flickr.com/zhrefch

22. März, 8.30 bis 16.30 Uhr Hirschengraben 50, Zürich Anmeldung: christine.lehni@mission-21.org Tel. 061 260 22 36

KirchGemeindePlus konkret Themen-Workshops Im Zusammenhang mit dem Prozess KirchGemeindePlus stellen sich Fragen zu unterschiedlichsten Themen. Mit einer Reihe von Workshops helfen Landeskirche und Verband des Personals Zürcherischer Evangelisch-reformierter Kirchgemeindeverwaltungen (VPK) den Beteiligten, sich auf allfällige Zusammenlegungen von Kirchgemeinden vorzubereiten. Dies vor allem in den Bereichen Projektmanagement, Finanzen, Liegenschaften, Personal, Kommunikation, Informationsund Kommunikations-Technologie, Protokoll und Datenablage. Die Workshops richten sich an Behörden, Pfarrpersonen, Verwaltungsangestellte und weitere Interessierte.

Ging es an der ersten Tagung «Lebenswelten auf Distanz» darum zu verstehen, wer die Distanzierten sind und warum sich die Kirche für sie interessieren sollte, so steht diesmal die Praxis im Zentrum. Mit Frank Lorenz, Thomas Grossenbacher, Pascale Huber, Patrick Rohr, Nicolas Mori, Jeannette Behringer, Stephan Jütte, Brigitte Becker. Leitung: Stefan Grotefeld, Thomas Schlag

Foto: Jazz-Konzert, ZVG

Adventsgottesdienst der Migrationskirchen Acht Migrationskirchen und die Kirchgemeinde Wipkingen feiern gemeinsam Advent. Der Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes Gottfried Locher spricht ein Grusswort.

Bildung & Spiritualität

Foto: zVG

Verkündigung & Gottesdienst

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Kloster Kappel Dem Advent behutsam begegnen Leitung: Angela Römer 25. bis 27. November

Adventskranz selber machen Schmücken im Advent Leitung: Jovanna Zollinger 26. November

Ausstellung Lieblingskrippen und «LICHT»bilder Weihnachtskrippen verschiedener Herkunft und Art sind als Leihgaben dem Kloster Kappel für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt worden. Ergänzt wird die Krippenausstellung mit Fotogemälden vunter dem Titel «LICHTbilder» von Brigitta M. Andermatt Vernissage: 27. November, 15.30 Uhr. Ausstellung bis 10. Januar täglich geöffnet von 8 bis 22 Uhr

Mit Musik und Wort in die Vorfreude des Advents Musik für Violine, Horn und Klavier. Lesungen: Pfr. Markus Sahli 27. November, 17.15 Uhr

KlosterTage im Advent Leitung: Pfrn. Elisabeth WyssJenny, Pfr. Markus Sahli

ein: Geschichten hören, Lebkuchen verzieren und weitere Kreativ-Angebote. Die Klosterküche sorgt für das leibliche Wohl 4. Dezember

Ikonenmalen zu Weihnachten Meditatives Malen mit Edelsteinpigmenten und Gold – ein Einblick in die byzantinische Maltechnik. Leitung: Nina Gamsachurdia 9. bis 11. Dezember

Krippenfiguren und Engel aus Ton Weihnachtliche Figuren – individuell gestaltet. Leitung: Myrta Arnold 10. bis 11. Dezember

Adventliches Fondue-Essen im Kreuzgang mit anschliessendem Konzert in der Klosterkirche mit der Schola Jubilate 15. Dezember, 19 Uhr 18 Uhr Abendmahlsfeier

«Nichts kann uns trennen» Adventsretraite mit Paulus. Leitung: Jutta Wurm und Andreas Fischer 16. bis 18. Dezember Auskunft / Anmeldung: Tel. 044 764 88 30 www.klosterkappel.ch

1. bis 3. Dezember oder 15. bis 17. Dezember

Adventliches Fondue-Essen im Kreuzgang mit anschliessendem Konzert in der Klosterkirche mit dem Frauenchor CelLolitas, Zug 1. Dezember, 19 Uhr 18 Uhr Abendmahlsfeier

Mehr Zeit mit Zen Achtsamkeit, Konzentration. Leitung: Hans-Peter Dür 2. bis 4. Dezember

Foto: flickr.com/zhrefch

Adventszauber Das Kloster Kappel lädt mit einem abwechslungsreichen Programm für die ganze Familie zur Feier des zweiten Advents

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Buchtipp: Widerständiger Geist Kaum ist die Biografie über den Zürcher Reformator von Peter Opitz erschienen, doppelt Franz Rueb mit einer zweiten nach. Hier und Jetzt heisst der Verlag,

im Hier und Jetzt werden Biografien geschrieben. Sie sind Ausdruck ihrer Zeit und vor allem aus dem Blickwinkel der Autorinnen und Autoren. Der Autor Franz Rueb will den Reformator vom Sockel holen und das Bild hinter dem angestaubten Image freilegen: Wer war Zwingli als politisches Wesen hinter der von Geschichtsschreibung, Stereotypen und Klischees gezeichneten Karikatur? Der Autor – Journalist, Filmschaffender und Politiker – legt den Fokus auf die Reformationspolitik, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Zwingli war Politiker mit Instinkt und Geschick, geerdeter Bauernsohn, kein Hohepriester der Lustfeindlichkeit, sondern leidenschaftlicher Mensch und hat – nicht ungewöhnlich – auch Prostituierte besucht. Ulrich wusste durchaus zu leben, er hat seine Frau und Musik geliebt und für soziale Gerechtigkeit gekämpft. Bisweilen vermisst man zwar die Fussnoten, wenn man das eine oder andere genauer wissen oder die Quellen kennen möchte. Wie der «SäntisGalöri» in seinen jungen Jahren zum Reformator wurde, wissen wir auch nach dieser Biografie nicht. Das Wesen eines widerständigen Geistes nachzuzeichnen, liegt wohl auch in der Biografie des ehemaligen PdA-Politikers begründet. So fragt man sich, wo der Autor in dieser Mission der Rehabilitation selbst durchscheint. Rueb ist weder Historiker noch Theologe, der Kirche gegenüber in kritischer Distanz: Bewundern darf man darum durchaus seinen Mut und seine Offenheit Stoff und Person gegenüber. Das Buch ist leicht zu lesen und lohnt sich allemal, wenn man sich dem Reformator in seinen verschiedenen Facetten nähern möchte. Michael Mente Franz Rueb: Zwingli. Widerständiger Geist mit politischem Instinkt. Hier und Jetzt, Baden, 2016. 256 Seiten, Fr. 39.–. Der Autor steht für Lesungen zur Verfügung. Anfragen für Veranstaltungen sowie Buchbestellungen an: Verlag Hier und Jetzt: m.bundi@hierundjetzt.ch

Weihnachtstipp: «Frauen Forum»

Die Ausgabe des «Frauen Forum» kommt auch 2016 zum Jahresende als speziell gestaltete Weihnachtsnummer mit Adventskalender und Doppelkunstkarte zu ihren Leserinnen. Diesmal erscheint die Nummer der evangelischen Zeitschrift «von Frauen und für Frauen» mit dem Titel «Es ist ein Ros entsprungen» und Bildern und Illustrationen von Alice ArnLerch. In den vier Adventswochen geht es diesmal um Weihnachtslieder und die Bilder, die dazu gehören: Blume, Schiff, Tier und Krippe. In Gedichten, Geschichten und Betrachtungen werden diese Stichwörter aufgenommen – «Botschaften für die Vorbereitung auf unser schönstes und liebstes Fest». Die Texte regen aber auch dazu an, die Spannungen zwischen unseren Erwartungen und der oft beängstigenden Realität ernst zu nehmen und ihnen mit Vertrauen und Hoffnung zu begegnen. Das Heft eignet sich gut als Geschenk für die Adventszeit. Karten und Abos bestellen unter: www.zeitschrift-frauenforum.ch

Stellen im Web Offene Pfarrstellen, Stellen in den Gesamtkirchlichen Diensten und den Kirchgemeinden finden Sie auf: www.zh.ref.ch/stellen

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Foto: Peter P. Hürlimann

Teamgeist auf Eis Porträt /

Daniela Perlmutter ist Lehrerin, Katechetin und passionierte Curlerin. Ein Gespräch über schwere Steine, taktisches Wischen und gelebten Teamgeist auf Glatteis und im Unti-Zimmer. Von Viviane Schwizer Höchste Konzentration: Daniela Perlmutter bei der Steinabgabe.

Auf Eis ist sie in ihrem Element. Schon als Kind habe sie Curling dank ihres Vaters spielen und lieben gelernt, erzählt Daniela Perlmutter. Mit ihm schob sie in ihrer Heimat Wildhaus die ersten Steine übers Eis und wischte nach anfänglichen Vorbehalten das Prädikat «Altherrensport», das dem Curling manchmal nachgesagt wird, für sich endgültig beiseite. «Curling ist wie Schach auf Eis», sagt sie heute und gibt kompetent Auskunft, wenn man sie nach den Geheimnissen ihrer Sportart fragt, die eher selten im medialen Rampenlicht steht. Wichtig seien Präzision, vorausschauendes Planen und vor allem die Zusammenarbeit im Team. Gespielt wird zu viert in einer Mannschaft. Diese versucht in gemeinsamer Präzisionsarbeit, die 20 kg schweren Curlingsteine auf der rund 40 Meter langen Eisbahn (Rink) näher als die gegnerische Mannschaft an den Mittelpunkt der Zielkreise (Haus) zu spielen. Um die Steine steuern zu können, gibt man ihnen einen Drall, so dass die Steine auf dem präparierten Eis mehr oder weniger stark drehen oder eben «curlen».

Faszinierende Sportart Daniela Perlmutter erklärt, wie die Mannschaft gemeinsam versucht, die notabene

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Bahn der Curlingsteine geschickt zu beeinflussen. Die Kapitänin einer Mannschaft, Skip genannt, ist dabei verantwortlich für die Spieltaktik. Sie steht nach ihrer Steinabgabe nahe beim Ziel und gibt ihren Mitspielerinnen genaue Anweisungen, wie die Steine ins Haus befördert werden sollen. Die Wischerinnen versuchen, die Eisoberfläche mit dem Curlingbesen so zu bearbeiten, dass der Stein dem Ziel möglichst nahe kommt. Daniela Perlmutter kennt alle Finessen, hat sie unzählige Mal trainiert und in Meisterschaftsspielen umgesetzt. Heute spielt sie als Mutter von drei Kindern nicht mehr so oft. Aber immer noch erteilt sie Kurse, um Neulinge in diese Sportart einzuführen.

Fähigkeiten einbringen Unbestritten ist, dass der schulische Religionsunterricht eine ganz andere Welt als der Curling-Rink ist. Und doch gibt es Parallelen, die Daniela Perlmutter ganz wichtig sind: Es ist vor allem der gelebte Teamgeist. Diesen möchte sie als Katechetin auch bei ihren Zweit-, Dritt-

und Viertklässlern im Unti fördern und einüben. Sie sagt: «Alle sind wichtig, können ihre persönlichen Fähigkeiten einbringen und sind für den Erfolg des Teams verantwortlich.» Mit kindgerecht erzählten biblischen Geschichten, mit

«Alle sind für den Erfolg des Teams verantwortlich.» Spielen und in Familiengottesdiensten möchte sie die Bedeutung der Gruppe, die gemeinsam einen Weg geht, immer wieder unterstreichen. Zusammenarbeit ist für Daniela Perlmutter auch im Team der vier Stäfner Katechetinnen wichtig. Gefragt seien alle Fähigkeiten: Die einen könnten besser singen und basteln, andere besser organisieren, den Überblick behalten oder Details ausarbeiten. Wenn jede ihre Talente zum Glänzen bringen kann, sei dies sowohl im Religionsunterricht wie im Curling ein Gewinn für die ganze Gemeinschaft. 15


AZB CH-8001 Zürich P. P. / Journal Post CH AG

Autorinnen und Autoren Stephan Pfenninger (sp), Karin Müller (km), Philippe Dätwyler (phd) Druck Robert Hürlimann AG, Zürich Auflage 7000 Exemplare. Erscheint monatlich mit Doppelnummern im Juli und Dezember . Nächste Ausgaben Nr. 10/2016 (Dezember/Januar, Woche 49) Nr. 1/2017 (Februar, Woche 5) Redaktionsschluss: am 15. des Vormonats «notabene» im Web www.zh.ref.ch / notabene

Titelbild Seegottesdienst mit Taufe in Stäfa Foto: zVg KG Stäfa

Absender: notabene Evang.-ref. Landeskirche des Kantons Zürich Hirschengraben 7, 8024 Zürich

Adressberichtigung melden an: Evang.-ref. Landeskirche, Kommunikation Hirschengraben 7, Postfach 673, 8024 Zürich

Impressum «notabene» ist die Zeitschrift aller, die beruflich, ehrenamtlich oder regelmässig freiwillig als Mitglieder in der Zürcher Landeskirche mitarbeiten. Herausgeberin Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Abteilung Kommunikation (kom), Hirschengraben 7, 8001 Zürich Redaktion und Gestaltung Christian Schenk (sch), Tel. 044 258 92 97, notabene@zh.ref.ch Redaktionssekretariat franziska.schellenberg@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 13


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