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Nr 8 / Oktober 2016

notabene Zeitschrift für die Mitarbeitenden der Zürcher Landeskirche

Da sein für Menschen am Rand Seelsorge in Institutionen /

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Aufeinander zugehen

Religion am Radio

Start zur Vernehmlassung zu KirchGemeindePlus

Wie die Kirche in den Privatradios zu Wort kommt 1


Editorial / Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserin, lieber Leser Fluchtgründe, Personalien, Familienverhältnisse, Reiseroute, politische und religiöse Praxis – wenn es zügig voranging, schafften es der Beamte der Fremdenpolizei und sein Dolmetscher, einen Asylsuchenden in weniger als zwei Stunden abzuklären und dessen Fall gesetzeskonform zu protokollieren. Als Vertreter eines Hilfswerks habe ich solche Anhörungen in den 90er Jahren als neutraler Beobachter oft miterlebt. Besonders reibungslos klappte eine An-

«Von Menschen und Gesuchstellern.» hörung dann, wenn die Befragten nur das beantworteten, was der Beamte tatsächlich wissen wollte. Nicht alle waren so. Es gab Gesuchsteller – so nennt man sie im Verfahren –, die kamen in den spartanisch eingerichteten Befragungszimmern ins Erzählen, redeten sich ins Feuer, schweiften ab, berichteten wirr, stockend oder sprudelnd von ihrem Leben, von einschneidenden Erlebnissen und Ängsten – von so vielen Sachen, die der Beamte eigentlich gar nicht hören wollte oder zu wissen brauchte. Solche Gesuchsteller waren sich nicht bewusst, dass sie in diesem Büro nichts anderes als Gesuchsteller zu sein hatten.

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Sie verstanden nicht, dass es dem Mann, der vor ihnen sass und eilig und später immer genervter die Computertastatur bearbeitete, nur darum ging, die Glaubwürdigkeit des Falls zu prüfen und die für das Verfahren relevanten Fakten herauszufiltern. Punkt für Punkt, so wie es das Gesetz verlangt. Mit den Gesuchstellern ins Gespräch kommen, ihre Geschichte kennen und verstehen lernen, gar auf ihre Gefühle oder Ängste eingehen oder antworten, dafür war der Beamte nun wirklich nicht zuständig. Ausserdem sassen im Wartezimmer noch zwei andere, die an diesem Vormittag befragt werden mussten... Im Asylverfahren sind die Rollen klar verteilt. Daran lässt sich nicht rütteln. Die meisten Gesuchsteller merken es bald und lenken ein. Das Bedürfnis, einem echten Gegenüber zu erzählen, was alles geschehen ist, was man fürchtet und hofft, das bleibt gleichwohl stark. Seelsorgerinnen und Seelsorger, die in Asylunterkünften arbeiten, begegnen keinen Gesuchstellern. Sie begegnen Menschen. Und sie haben die Zeit und die Kraft zum Zuhören. Wie wichtig und wertvoll diese ganz menschliche Zuwendung ist und wo sie in unserer Gesellschaft und vor allem an deren Rändern sonst noch gefragt ist, davon ist in diesem Heft die Rede.

Aktuell

Nachrichten 3–5 «Abc der Reformation»

Q wie Quäker 4 Gastkolumne «Liebe Reformierte»

Mit Michael Meier Schwerpunkte

Religion am Radio 6

Mit Seelsorge Grenzen und Mauern überwinden 7–9

Weiter aufeinander zugehen: Vernehmlassung zu KirchGemeindePlus 10 – 11

Rubriken

Themen und Termine 12 – 14

Porträt: Jodeln berührt 15

Impressum / Bischof zeichnet 16

Christian Schenk Redaktor «notabene»

notabene

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Weltausstellung / Auf

nach Wittenberg!

Synode / Reformiert

trifft Katholisch

kom. Vom 20. Mai bis zum 10. September 2017 findet in Wittenberg im Rahmen des Reformationsjubiläums die Weltausstellung «Tore der Freiheit» statt. Zusammen mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund beteiligt sich auch die Zürcher Landeskirche an der Ausstellung in der Lutherstadt, die sich in den Sommermonaten als grosse Bühne präsentiert. Neben den Pavillons wird die Weltausstellung ein reichhaltiges Kulturprogramm anbieten. Ein Teil wird zentral vorbereitet, ein grösserer Teil ist fürs Mitmachen offen. Gruppen oder Einzelne aus

Interreligiöser Dialog / Was

Kirchgemeinden sind eingeladen, Angebote zu machen, um in diesem Programm aufzutreten, ähnlich wie beim Kirchentag. Es sind Beiträge in den Bereichen Musik, Theater, Kleinkunst, Bläser- und Sängerchöre oder Andachten möglich und gefragt. Ein Auftritt lässt sich gut mit einem Besuch an der Ausstellung und einem Gemeindeausflug verbinden. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in Berlin, 40 Minuten ICE-Zugfahrt entfernt. Auftritte registrieren auf: https://r2017.org /mitmachen/weltausstellung

feiert ihr da?

kom. Die Mitglieder der Kirchensynoden der reformierten und katholischen Kirchen im Kanton Zürich tagten für einmal gemeinsam. Hauptziel des Treffens, das am 20. September in Winterthur stattfand, war laut den Organisatoren, die verschiedenen Kirchenkulturen kennen zu lernen und voneinander zu lernen. In sieben themenbezogenen Gruppen wurde rege ausgetauscht und diskutiert. Themen waren unter anderem: Organisation der beiden Synoden, die kirchliche Bildung, Seelsorgeräume und KirchGemeinePlus, Reformationsjubiläum, Mitgliederverlust und Mitgliederwerbung. Mit Mitgliedern aus der Geschwisterkirche zu diskutieren wurde allgemein als bereichernd geschätzt.

«reformiert.» / Neuer

Verlagsleiter sch. Neujahr könnte man ein Dutzend Mal pro Jahr feiern. Die Religionsgemeinschaften der Welt setzen den Beginn ihres Kalenderjahres und natürlich auch ihre eigenen Festtage ganz unterschiedlich. Wer im interreligiösen Bereich arbeitet, persönliche oder berufliche Kontakte über den ganzen Globus geknüpft hat, ist froh um einen Kalender, der all die religiösen Feiertage zusammenführt. Das tut der Kalender, der seit Jahren bei der Editions Agora erscheint und mit einem zugehörigen Dossier Hintergundwissen und starke Bilder zu den religiösen Riten und Feiern mitliefert – diesmal zum Thema sakrale Objekte. Die Macher zählen dabei auf die Mitarbeit von Iras Cotis, der Interessengemeinschaft der in der Schweiz vertretenen Religionsgemeinschaften.

Während der «Woche der Religionen» findet Anfang November eine Reihe von Anlässen statt, die das religiöse Leben in Zürich widerspiegeln. Es diskutieren Vertreter aus verschiedenen Gemeinschaften über Stereotypen, erörtern Fragen zur Tierethik oder feiern und beten gemeinsam. Mit neuem Namen, neuem Standort und Programm setzt sich auch das «Zürcher Institut für Interreligiösen Dialog» (ehemals «Lehrhaus») ein für die Verständigung über die Religionsgrenzen hinweg. Das ZIID definiert sich als Bildungsinstitution, in der sich Menschen verschiedenster Herkunft mit jüdischer, christlicher und islamischer Kultur und Religion auseinandersetzen. Ende September fand die Neueinweihung an der Pfingstweidstrasse 16 in Zürich statt.

Dialog in Zürich

www.ir-kalender.ch www.woche-der-religionen.ch www.ziid.ch

Die Vielfalt des religiösen Lebens kann man auch im Hier und Jetzt miterleben: notabene

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kom. Die Zeitung «reformiert.zürich» hat einen neuen Verlagsleiter. Hans Ramseier tritt die Nachfolge von Kurt Blum an, der in Pension geht. Hans Ramseier war bisher vor allem in Buchverlagen tätig, zuletzt leitete er den Rüegger-Verlag. In seiner neuen Funktion führt er auch den Verlag von «reformiert.» Aargau und ist Mitglied der Geschäftsleitung. Kurt Blum hatte die Leitung des Verlags seit 2011 inne und zeichnete für eine Reorganisation der Verlagsstrukturen verantwortlich. Die Zeitung «reformiert.» erscheint seit 2008 als Kooperationsprodukt des Aargauer, Bündner und Zürcher «Kirchenboten» sowie des Berner «saemann» in einer Gesamtauflage von über 700 000 Expemlaren. In Zürich geht die Zeitung zweiwöchentlich an über 230 000 Adressaten. http://reformiert.info http://reformiert.info/zuerich

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Theologie / Wer

oder was ist Gott? Und wenn ja, wozu?

Aus dem Abc der

Reformation Q wie Quäker

Nein, sie sind nicht reformiert und sollen nicht vereinnahmt werden. Sie stehen für jene der semper reformanda, denen das beständige Sichreformieren der Reformierten zu wenig war und die sich deshalb abgespalten haben. Nicht umsonst haben die Reformierten weltweit so viele verschiedene Namen: Der reformierte Eifer, so biblisch wie möglich zu sein, hat zu immer neuen Denominationen geführt. Entstanden ist die Bewegung 1640 – 60 während der englischen Religionszwiste. Das Königshaus war katholisch, das Parlament presbyterianisch und puritanisch, die offizielle Kirche anglikanisch. Die strengen Puritaner waren bereits 1620 nach Neuengland ausgewandert. Von den kompromissbereiten Puritanern Altenglands spaltete sich 1650 eine Gruppe um George Fox ab, weil sie ihnen zu wenig urchristlich waren. Sie nun betonte den Heiligen Geist und die direkte Inspiration. Die Religious Society of Friends erhielt früh den Spottnamen «Quaker», weil sie im Moment des Inspiriertseins bebten. Ihr wirksamster Vertreter war William Penn, der ihnen 1667 als puritanischer Dissenter, also Abweichler, beitrat und 1681 von König Charles II. die Konzession zur Errichtung einer amerikanischen Kolonie erhielt. Er nannte sie das Heilige Experiment, weil er erstmals volle Religionsfreiheit, Gleichstellung der Indianer, Schutz vor Alkohol, liberale Wahlen und die breite Aufnahme europäischer Glaubensflüchtlinge durchsetzte. Der Bundesstaat Pennsylvania ist daraus hervorgegangen. Hundert Jahre nach Gründung der Quaker spalteten sich die «Shaker» von ihnen ab … Matthias Krieg, Stabsstelle Theologie, klärt wichtige, vergessene oder selten gehörte Begriffe der Reformation.

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kom. Die Evangelische Gesellschaft stellt mit einer Veranstaltungsreihe ab Anfang November die Gottesfrage. Sie wolle mit dem St. Anna-Forum einen Ort der offenen Diskussion über grundlegende Fragen des christlichen Glaubens eröffnen, die viele kritisch denkende, aber in dieser Hinsicht oft schweigende Zeitgenossinnen und Zeitgenossen heute bewegen», schreibt die Vorbereitungsgruppe, der auch die ehemalige Kirchenrätin Irene Gysel angehört. Dass Gott eine Person sei, das bezweifelten viele Christinnen und Christen seit langem, heisst es im Ausschreibungstext. Dann aber stelle sich die

Frage, wie man über die transzendente Dimension reden könne: «Als grosses Geheimnis? Als Macht der Liebe?» Auch Theologinnen und Theologen stellten sich dieser Diskussion – allerdings eher im Verborgenen. Mit der Veranstaltungsreihe soll diesen Fragen öffentlich Raum gegeben werden. Denn: «Die Vorstellung, die Menschen von Gott haben, beeinflusst das Denken und Handeln nach wie vor oder gerade heute wieder vermehrt.» 6. November, 20. November und 4. Dezember. Jeweils 18 Uhr. St. Anna-Kapelle, St. Annagasse 11, Zürich. www.stiftung-eg.ch

Leserbriefe / «Taurige

Verunsicherung statt Selbstbewusstsein» «notabene» 7/16: «Was man im Pfarrberuf können muss» Trotz mannigfachen Anstrengungen, für das Theologiestudium zu werben, bleibt der Nachwuchs an der Theologischen Fakultät rar. Offensichtlich erscheint der Pfarrberuf jungen Menschen nicht mehr erstrebenswert. Die Gründe werden vielfältig sein. Es mag vielleicht auch daran liegen, dass Kirche heute stark als Grossbaustelle wahrgenommen wird. Seit Jahren sind grosse Energien auf allen kirchlichen Ebenen durch permanente Strukturfragen gebunden. Das macht Kirche nicht attraktiv, ausser für Berater und Organisatoren. Die spannenden Fragen der Theologie, Fragen nach dem Wesen des Menschen, nach Gottes Dienst am Menschen, der Kirche – nicht ihrer Struktur –, diese bleiben aussen vor. Ein Selbstbewusstsein vermittelt die Kirche nicht, nur traurige Verunsicherung. Nun lese ich von einer neuen Stufe der Umstrukturierung des Pfarramts: «Das Einzelpfarramt verschwindet.» Der

Bankrotterklärung eines über Jahrhunderte erfolgreichen Modells wird gleich die Zukunftsvision nachgeschoben: «Also weg von der Monokultur hin zur Biodiversität.» Das nenne ich mal eine schmeichelnde Aussage über die heutige Kirche und die in ihr amtierenden Pfarrpersonen! Ich hoffe, unser Gott spricht gnädiger mit uns. Und den Menschen, die wir uns im Pfarramt wünschten. Matthias Rüsch, Pfr. Uster

Evangelium hat Vorrang «notabene» 7/16: «Was man im Pfarrberuf können muss» Thomas Schaufelberger beschreibt die theologische Deutungskompetenz als Fähigkeit, die Welt und das Leben vom Evangelium her zu deuten. Ich sehe das eher umgekehrt. Ausgangspunkt ist doch das Evangelium. Dieses gilt es in der heutigen Welt aus der theologischen Perspektive zu deuten und zu erhellen – zum Zweck der Lebenshilfe und Sinngebung für die Gottesdienstbesucher. Werner Glatz, Hinwil notabene

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Foto: «Tages-Anzeiger»

Ferien für Flüchtlinge / Durchatmen

auf Sesseli-Lift und Rutschbahn

gb/kom. Wenn sich Schulkinder nach den Ferien wieder in der Klasse treffen und von ihren tollen Erlebnissen erzählen, haben Flüchtlingskinder oft wenig zu berichten. Die meisten von ihnen verbringen ihre Ferien zuhause, können sich Abwechslung in den «schönsten Wochen des Jahres» kaum leisten. Bereits zum zweiten Mal organisierte deshalb die Landeskirche gemeinsam mit dem Solidaritätsnetz und neu auch mit Unterstützung der katholischen Kirche ein Sommerferienlager für Flüchtlingsfamilien. 40 Erwachsene und 64 Kinder fuhren am 6. August in Begleitung eines Teams von 15 Freiwilligen mit Zug und Bus nach Churwalden, um dort sechs unbeschwerte Tage zu verbringen, reich gefüllt mit Attraktionen und Ausflügen. Ein Höhepunkt war dabei zweifellos die Bergfahrt auf einem Sessellift mit anschliessender Talfahrt auf einer Rutschbahn. Dank dem ehrenamtlichen Ein-

satz des Küchen- und Betreuungsteams hielten sich die Kosten im Rahmen. Fast für jede Familie wurden Geldgeber gefunden: Kirchgemeinden, Pfarreien, Sozialdienste und Privatpersonen. Die restlichen Ausgaben konnten mit Spenden gedeckt werden. Das Ferienangebot für Flüchtlinge steht in Zusammenhang mit der Aktion «Flucht.Punkt», mit der Landeskirche und Kirchgemeinden eine Willkommenskultur für Flüchtlinge pflegen möchten. Durch die Vermietung von kirchlichen Räumlichkeiten an Flüchtlingsfamilien oder mit diakonischen Projekten sollen Zeichen gesetzt werden gegen die verbreitete Abwehrhaltung gegenüber Asylsuchenden und gleichzeitig konkrete Beiträge bei der Integration der Flüchtlinge geleistet werden. Kontakt: gabriela.bregenzer@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 39

Unbeschwerte Tage für Flüchtlingsfamilien in einem Ferienheim in Churwalden.

Liebe Reformierte Seit ich meinen ersten Kirchentag – den ökumenischen 2003 in Berlin – erlebt habe, bedaure ich immer, dass es dieses kirchliche Grossereignis in der Schweiz nicht gibt. Dieser Anlass, an dem alle politischen und gesellschaftlichen Themen debattiert werden, an dem gefeiert und gebetet wird, bereichert Deutschland seit dem Krieg. Fachleute und Meinungsführer aus allen Bereichen an einem Ort treffen zu können, ist auch für Journalisten einzigartig. Leider gilt auch beim Kirchentag: Unsere Schweiz ist dafür zu klein. Jetzt aber besteht die Hoffnung, dass Zürich in den frühen 20er Jahren den Europäischen Kirchentag ausrichten kann. Die Zürcher Landeskirche wünscht dies ausdrücklich. Auf ihre Einladung hin wurde dazu kürzlich in Kappel der Verein European Christian Convention gegründet. Es wäre grossartig, käme das Projekt zustande –

«Nachdenken, was die viel beschworenen christlichen Werte überhaupt sind.»

HEKS-Fachtagung / Wie

umgehen mit traumatisierten Flüchtlingen? kom. Das Thema Flucht und Trauma wird in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert. Trotzdem stehen Fachpersonen häufig vor verschiedensten Herausforderungen in der Arbeit mit Menschen, die aufgrund von Krieg und Flucht erheblichen seelischen Belastungen ausgesetzt sind. Im Mittelpunkt der HEKS-Fachtagung am 18. November steht deshalb die Frage, welnotabene

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che konkreten Handlungsmöglichkeiten Fachpersonen im Umgang mit traumatisierten Menschen zur Verfügung stehen. Die Notwendigkeit und Wichtigkeit der sprachlichen Verständigung sowie des «sicheren Ortes» sind zentrale Themen der Fachtagung. 18. November, 9.15 bis 16.30 Uhr Schloss Ebenrain Sissach, Sissach

für Europa, für Zürich, für die Kirchen. Heute, wo starke Zentrifugalkräfte Europa schwächeln und die Solidarität der Staaten bröckeln lassen, würde ein solches Ereignis belebend wirken. Der Kirchentag ist der geeignete Ort, darüber nachzudenken, was die viel beschworenen christlichen Werte überhaupt sind, auch wenn man keine Leitkultur postulieren soll. Hier kann sich die säkulare Gesellschaft bewusst werden, welche Rolle Kirchen und Religion in ihr spielen sollen. Zur Erinnerung: Die Erste Ökumenische Europäische Versammlung in Basel von 1989 hatte grosse Strahlkraft, weil sie in einer Zeit politischer Gärung, unmittelbar vor dem Fall der Mauer, stattgefunden hatte.

Michael Meier ist Theologe und beim «Tages-Anzeiger» für kirchliche und religiöse Themen zuständig.

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Medien /

Religion im Radio

Kommt Kirche auch am Radio? Nicht zwingend. Vor allem bei Privatradios brauchts gute Kontaktpflege und Mitarbeit durch die Kirchen. Von Christian Schenk Im Programm von populären Privatradios sucht man Sendungen mit religiösen und kirchlichen Inhalten oft vergeblich. Nicht so bei «Radio Zürisee». Der Lokalsender, der zu den grössten Schweizer Privatradios zählt und weit über die Seeregion hinaus Hörer erreicht, berichtet seit 30 Jahren «Über Gott und Welt». Das Sendegefäss – das auch schon andere Namen trug – wurde bereits drei Jahre nach der Gründung des Seesenders 1983 eingerichtet und strahlt bis heute jeden Sonntag um 8.25 Uhr Beiträge zum kirchlichen Leben, zu Glauben und Religion aus: Wenn in Rüschlikon ein Pfarrer die Menschen in einem Fass zum Gespräch einlädt, wenn es in Kloten Neues über das Flughafenpfarramt zu berichten gibt oder wenn in Männedorf ein Fussballgottesdienst über die Bühne geht, dann erfährt man das in einem knapp dreiminütigen Beitrag von «Gott und Welt». «Wir berichten journalistisch, nicht überkritisch, aber tagesaktuell über das, was in den Kirchen und Religionsgemeinschaften läuft», sagt Martin Diener, Moderationsleiter bei «Radio Zürisee» und Redaktor des Sendegefässes. Auch Witziges und Schräges hat Platz, so etwa ein Beitrag über Menschen, die die Bibel mit Playmobil-Figuren nachspielen. Oder die Story zu einem Diät-

buch, das zum Essen empfiehlt, was einst Jesus gegessen haben soll. In den mittlerweile über 2000 ausgestrahlten Sendungen kamen auch zahlreiche Prominente zu Wort: DJ Tatana, die in einer katholischen Kirche aufgelegt hatte, oder Clown Dimitri, der sich zum Thema Alter und Tod äusserte. Die Traditionssendung komme bei den Hörerinnen und Hörern gut an und sei auch innerhalb der Redaktion weiterhin unbestritten. «Das ‹Über Gott und Welt› gehört einfach zu unserem Radio», hält Martin Diener fest.

Kirchgemeinden tragen mit Dass Meldungen aus dem kirchlichen Leben und Glaubensfragen vor einem breiten Publikum ins Gespräch gebracht werden, freut selbstredend auch die Kirchen im Sendegebiet. Aus diesem Grund helfen zahlreiche Kirchgemeinden, die Plattform im Radio finanziell mitzutragen und den regelmässigen Austausch mit der Redaktion zu pflegen. «Möaz – Medienverein ökumenische Arbeitsgruppe Zürisee» heisst der Verein, in dem sich über 30 reformierte und katholische Kirchgemeinden zusammenfinden und mit einem jährlichen Solidaritätsbeitrag dafür sorgen, dass die Kirche auch im Radio vorkommt.

Nathalie Nüesch, Vizepräsidentin des Möaz, ist überzeugt von der Qualität und der Wichtigkeit der Beiträge. Sie hält es für eine lohnende Investition, wenn Kirchgemeinden mithelfen, die Zusammenarbeit weiterzutragen. Der Beitrag fällt bei den Budgets der Kirchgemeinden kaum ins Gewicht: Je nach Grösse und Finanzkraft der Kirchgemeinde liegt der Jahresbeitrag bei wenigen hundert Franken. Und klar: Je mehr Gemeinden sich beteiligen, desto kleiner wird der einzelne Solidaritätsbeitrag. «Es ist eine Chance für die Kirche, dass ihre Arbeit und ihre Themen in der gesamten Gesellschaft wahrgenommen werden», sagt Nathalie Nüesch und hofft, dass auch in den kommenden Jahren die Kirchgemeinden diesen Mehrwert anerkennen und sich für die Radioarbeit engagieren.

«Radio Top» Auch im Sendegebiet von «Radio Top» kommen Kirche und Religion regelmässig zu Wort. Der Privatsender, der vor allem in der Ostschweiz stark positioniert ist, sorgt mit den Gefässen «Topkick» (Mo bis Fr um 6.45 Uhr) und «Topchurch» (sonntags ab 8.10 Uhr) für regelmässige Präsenz von kirchlichen Themen im Radio. Der Kirchliche Arbeitskreis für Radio Top (KART) bildet hier die Brücke zwischen Sender und Kirchgemeinden. Rund 25 Kirchgemeinden aus dem Kanton Zürich und die Landeskirchen des Kantons Thurgau und St. Gallen sowie Freikirchen, vertreten durch die ökumenische Medienkommission, unterstützen den Arbeitskreis. www.topchurch.ch

«Radio Life Channel» «Die Sendung ‹Über Gott und Welt› gehört zu unserem Sender.» Martin Diener, Moderationsleiter «Radio Zürisee». Beiträge auf: www.gott-und-welt.ch

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Mit einem «christlichen Radioprogramm» ist seit 2005 «Radio Life Channel» auf Sendung. Das von ERF Medien produzierte Radio empfängt man als Livestream oder auf DAB+. ERF realisiert TV- und Radiobeiträge für das In- und Ausland zu Themen um den christlichen Glauben. Bekannt ist beispielsweise das «Fenster zum Sonntag», das seit Jahren einen festen Platz im Schweizer Fernsehen hat. Der Trägerverein von ERF Medien umfasst Mitglieder aus Landes- und Freikirchen, kirchlichen Organisationen und aus der Wirtschaft. www. lifechannel.ch

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Foto: Christian Schenk

Grenzen und Mauern überwinden

Seelsorge in Institutionen /

Kirchenrätin Esther Straub über die Seelsorge im Bundesasylzentrum, interreligiöse Verständigung hinter Gefängnismauern und die politische Kraft seelsorglicher Präsenz.

Seit zwei Monaten arbeiten reformierte, katholische und muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger Hand in Hand im Bundesasylzentrum Juch. Wie ist das Pilotprojekt angelaufen?

Die muslimischen Seelsorgenden haben sich gut im bestehenden ökumenischen Seelsorgeteam integriert und sind bereits eine wichtige Stütze für die Verständigung und die Kontaktaufnahme mit den Asylsuchenden. Die Zusammenarbeit läuft professionell. Das Team stösst auf grosse Akzeptanz. Im Vorfeld gab es Bedenken, die richtigen Leute für die Aufgabe zu finden. Welche Rolle haben die Kirchen bei Konzept und Rekrutierung gespielt?

Es war der Interreligiöse Runde Tisch im Kanton Zürich, der beim Staatssekretariat für Migration die Forderung platziert hat, muslimische Seelsorgende im Bundesasylzentrum anzustellen. Bei der Ausarbeitung des Konzepts und bei der Rekrutierung hatten die Kirchen im Kanton und der SEK, der die Asylseelsorge auf Bundesebene koordiniert, beratende Funktion. Wir haben aufgezeigt, welche Anforderungen wir an unsere Seelsorgenden stellen und welches Stellenprofil wir vorsehen. Unsere Standards wurden dann modifiziert übernommen. Das Staatssekretariat für Migration hat die muslimischen Seelsorgenden ausgesucht und geprüft. Erfahrung in interreligiöser Seelsorge hat die Kirche bereits aus Gefängnisnotabene

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sen. Wie gestaltet sich dort die Zusammenarbeit?

Sie funktioniert sehr gut, und auf diese Erfahrungen können wir nun auch in der Asylseelsorge zurückgreifen. Seit 30 Jahren gibt es eine Gefängnisseelsorgekommission, in der der Kirchenrat, Vertreterinnen und Vertreter aus dem Amt für Justizvollzug, Gefängnisdirektoren und Seelsorgende aktuelle Herausforderungen gemeinsam angehen. Mitglied der Kommission ist auch ein muslimischer Seelsorger. So können Fragen der interreligiösen Zusammenarbeit besprochen werden. Z. B. wie mit religiösen Feiertagen umzugehen oder bei Todesfällen zu reagieren ist. Gibt es diesen interreligiösen Austausch auch in der Spitalseelsorge?

Die Zahl muslimischer Patienten nimmt zu. Es ist wichtig, dass auch sie An-

«Wir können für andere Religionsgemeinschaften Türöffnerin sein.» sprechpersonen haben. Deshalb sind wir mit dem Staat daran, die Zusammenarbeit mit muslimischen Seelsorgenden auf eine gute Grundlage zu stellen und verbindliche Standards zu setzen. Unsere Seelsorge ist in den Spitälern etabliert und auch vom Pflegepersonal ge-

schätzt. Wir können für andere Religionsgemeinschaften und Konfessionen Türöffnerin sein und vermitteln. Seelsorge gehört zu den genuinen Aufgaben der Pfarrerinnen und Pfarrer. Muslimische Geistliche haben theologisch eine andere Ausgangslage. Wie nehmen Sie das wahr?

Grundsätzlich denke ich, dass Seelsorge kein Begriff ist, auf den das Christentum den alleinigen Besitzanspruch hätte. Unsere christliche Seelsorge hat eine lange Entstehungsgeschichte und entwickelt sich im Dialog mit psychologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen laufend und in unterschiedliche Richtungen weiter. Ich begrüsse es, dass Musliminnen und Muslime nun ihrerseits eine islamische Seelsorge entwickeln und beginnen, Seelsorgende professionell auszubilden. Die interreligiöse Zusammenarbeit in der Seelsorge ist gewinnbringend für beide Seiten. Im Juch zum Beispiel profitieren nicht nur die muslimischen Seelsorgenden von unseren Erfahrungen, sondern umgekehrt erhalten unsere Seelsorgenden Einblicke, wie sich Begleitung im religiösen Kontext gestalten kann. Dennoch, wenn es in Gefängnissen um die Schuldfrage geht, dürfte das Motiv der Vergebung in der christlichen Seelsorge eine zentrale Rolle spielen. Tut es das für Muslime auch?

Ich bin keine ausgewiesene Islamkennerin, aber auch der Islam weiss um einen 7


barmherzigen Gott. Bei der Seelsorge ist es zentral, dass sie auf den betroffenen Menschen eingeht und sich in einen Dialog mit ihm begibt. Wir Reformierten haben ein ausgeprägtes Sensorium dafür, unterschiedliche Glaubensauffassungen ernst zu nehmen und uns mit ihnen auseinanderzusetzen. In einer pluralistischen Gesellschaft sollte die Seelsorge an Spitälern und in Gefängnissen diese Offenheit mitbringen. Gerade darin können wir für andere Religionsgemeinschaften und Konfessionen Vorbild sein. Zurück zum Asylzentrum: Mit welchen Fragen und Nöten kommen die Flüchtlinge auf die Seelsorgenden zu?

Es ist die Ungewissheit, die Angst vor einem Negativentscheid, die Angst vor einer Rückkehr oder die bange Frage, wie in der Schweiz ein neues Leben aufgebaut werden kann. Zurzeit hat es acht schwangere Frauen im Zentrum, die von der muslimischen Seelsorgerin unterstützt werden. Auch da ist die Zukunftsfrage zentral, aber auch ganz lebenspraktische Hilfe gefragt. Zur Sprache kommen oft auch Erlebnisse und erlittenes Leid im Heimatland. Wenn die Kirche an gesellschaftlichen Brennpunkten wie einem Asylzentrum präsent ist, bekommt Seelsorge auch eine politische Kraft. Wie wird das verstanden?

Der Auftrag, zu den Randständigen der Gesellschaft zu gehen, ist genuin evangelisch. Im Gefängnis wird das am offensichtlichsten, da die Menschen durch Mauern und Gitter von der Gesellschaft getrennt sind. Der Auftrag, diese Menschen nicht allein zu lassen, könnte christlicher nicht sein. Deshalb erwarten Kirchenmitglieder und auch die Gesellschaft, dass die Kirche diesen Auftrag erfüllt. Die Pfarrpersonen leisten hier auch ein Stück Resozialisierungsarbeit, damit Straftäterinnen und Straftäter 8

Foto: Peter Reinäcker / pixelio.de

«Auch der Islam weiss um einen barmherzigen Gott.»

Für Menschen hinter Gittern: Pfarrpersonen leisten auch ein Stück Resozialisierungsarbeit.

wieder ins zivile Leben zurückkehren. Auch in der Asyl- und in der Spitalseelsorge nehmen Seelsorgende eine Brückenfunktion wahr – vom Rand der Gesellschaft hin zur Gemeinde und in die Gesellschaft. Verfechter einer restriktiven Asylpolitik könnten das Engagement der Kirche in der Asylseelsorge als unnötige Liebesmüh werten. Am anderen Ende des Politspektrums kann der Vorwurf entstehen, die Kirche gebe einer harten Flüchtlingspolitik mit ihrer Präsenz einen Deckmantel. Wie meistert man die Gefahr der Instrumentalisierung?

In den Asylzentren ist die Seelsorge in einer vermittelnden Rolle, aber auch in einer kritischen Distanz. Seelsorgende erklären den Menschen im Asylzentrum, dass sie nicht Teil der Behörden und des Asylverfahrens sind, dass das Seelsorgegespräch unter vier Augen bleibt. Die Neutralität und Unabhängigkeit der Seelsorgenden gibt auch die Möglichkeit, allfällige Missstände wahrzunehmen und zu thematisieren. Das gilt gleichermassen für die Seelsorge im Spital oder im Gefängnis. Ausserdem sind die Seelsorgenden auch für das Personal da. Auch auf ihre Nöte und Belastungen gehen sie ein und können diese zum Thema machen. Um uns noch besser mit Spitalleitung und Personal auszutauschen, ist ein runder Tisch Spitalseelsorge geplant. Der Handlungsspielraum der Seelsorgenden für konkrete Hilfe ist oft klein – wie hält man die Hilflosigkeit aus?

Das belastet schon. Empathie ist wichtig, aber es braucht auch Distanz, um ein gutes Gegenüber zu sein. Wie spendet man Trost?

Durch Zuhören, Anteilnahme und Präsenz. Es ist kein billiger Trost gefragt im Sinn von «Es wird alles wieder gut», sondern der Trost, Verstanden zu werden und im Leiden nicht allein zu sein. Wir Christinnen und Christen kennen das Bild des ohnmächtigen Gottes. Darf man solche Bilder auch bei Muslimen ins Gespräch bringen?

Kirchenrätin und Politikerin Esther Straub ist seit 2015 Mitglied des Kirchenrates mit dem Ressort «Kirche und Gesellschaft». Zu ihrem Themenbereich gehört insbesondere die Seelsorge in Institutionen. Esther Straub (46) hat in Zürich und Paris Theologie studiert, wurde 1997 ordiniert und promovierte mit einer Arbeit zum Johannesevangelium. Seit 13 Jahren ist sie Pfarrerin in Zürich (Schwamendingen und Saat len). Esther Straub ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Von 2006 bis 2015 war sie Gemeinderätin der Stadt Zürich, seit 2015 ist die Sozialdemokratin Mitglied des Zürcher Kantonsrates und Mitglied des Interreligiösen Runden Tisches im Kanton Zürich.

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Foto: © AOZ Foto: Christian Aeberhard

Ungewissheit aushalten: Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen im Asylzentrum Juch für Ablenkung.

Das ist eine grosse Herausforderung. Eine missionarische Haltung ist sicher tabu. Es braucht Fingerspitzengefühl und die Fähigkeit, über Gottesvorstellungen zu sprechen, die auch von anderen Religionen geteilt werden – die Vorstellung etwa, dass Gott Leben schafft und den Menschen umsorgt und das

«Es ist kein billiger Trost gefragt.» Gute will: Bilder also, die für Menschen einer anderen Religion oder für kirchenferne Menschen anknüpfungsfähig sind. Apropos kirchenferne Menschen: Seelsorgende in Institutionen haben oft gerade mit ihnen zu tun? Chance oder Schwierigkeit?

Das ist natürlich eine riesige Chance für die Kirche. Zu zeigen, dass wir präsent sind. Dass wir nicht nur am Sonntag in der Kirche predigen, sondern für Menschen in Not da sind. Und das kommt gerade bei eher kirchenfernen Menschen gut an. Sie erhalten nach einer gelungenen Begegnung mit der Spitalseelsorgerin ein anderes, positiveres Bild von der Kirche. Durch solche Begegnungen entstehen Kontakte, die auch in eine Teilnahme am Gemeindeleben münden können.

Anteilnahme und Präsenz: Asylseelsorger Marcel Cavallo ist da für Menschen auf der Flucht.

Seelsorge im Asylzentrum Juch Seit der Eröffnung des Bundesasylzentrums Juch in Zürich-Altstetten 2014 sind die Kirchen seelsorgerlich präsent. Für die Reformierten nimmt diese Aufgabe Pfarrer Marcel Cavallo mit einem 50-Prozent-Pensum wahr. Die katholische Seelsorge stellt ebenfalls eine 50-Prozent-Stelle. Seit dem 1. Juli wirken zusätzlich drei muslimische Seelsorgende, eine Frau und zwei Männer. Im Asylzentrum Juch können laut Angaben der Betreiberin, der Asyl-Organisation Zürich, bis zu 348 Personen untergebracht werden. Die Aufenthaltsdauer beträgt maximal 140 Tage. Die Asylsuchenden sind in drei Wohntrakten Ess- und Aufenthaltsräumen sowie geschlechtergetrennten Sanitäranlagen in Zweieroder grösseren Familienzimmern untergebracht.

Rüstzeug für interreligiöse Begleitung Die Theologische Fakultät der Uni Bern bietet Weiterbildungen in religiöser Betreuung für Menschen aus anderen Religionen und Kulturen an. Der CASLehrgang «Religious Care im Migrationskontext» qualifiziert für eine religiöse Begleitungstätigkeit im Asylwesen. www.theol.unibe.ch/weiterbildung

Zu den Menschen gehen Die Abteilung Spezialseelsorge gewährleistet über Institutionen, Einrichtungen und Netzwerke die seelsorgliche Begleitung und die sozialsorgliche Beratung von Menschen in ihren besonderen Lebenslagen und Lebenswelten. Dazu gehört u. a. die Seelsorge in Spitälern und Pflegezentren, die Polizei- und Notfallseelsorge, die Seelsorge in Gefängnissen, im Asylzentrum, am Bahnhof und am Flughafen. Dazu gehören auch Pfarrämter mit besonderem Auftrag in Heilpädagogik, EPI-Pfarramt und Gehörlosenpfarramt. Die Abteilung trägt bei «zu einer Kirche, die Menschen dort aufsucht und unterstützt, wo sie leben und arbeiten». Insgesamt arbeiten 80 Pfarrpersonen verteilt auf rund 40 Vollzeitstellen in der Spezialseelsorge. Geleitet wird die Abteilung durch Pfarrerin Rita Famos. www.zh.ref.ch/spezialseelsorge

Leitbild Seelsorge Das Umfeld, in dem die Kirche mit ihrer Seelsorge präsent ist, hat sich verändert. Es treten viele Anbieter von Lebensbegleitung, spiritueller Beratung und Seelsorge auf. Mit einem neuen «Leitbild Seelsorge» will die Abteilung Spezialseelsorge darstellen, was sie unter Seelsorge versteht, wer Seelsorge macht und wer Seelsorge beanspruchen kann. Am 5. September trafen sich dazu 70 Pfarrerinnen und Pfarrer, um einen ersten Entwurf zu formulieren.

Seelsorger mit Uno-Mandat Mit Pfarrer Frank Stüfen, Seelsorger an der Justizvollzugsanstalt Pöschwies, stellt die Zürcher Landeskirche seit diesem Sommer einen Seelsorger, der bei der Uno Berater-Status hat. Frank Stüfen ist Mitglied der International Christian Prison Chaplain Association, einem Netzwerk, das Gefängnisseelsorgende weltweit verbindet und bei den Vereinten Nationen akkreditiert ist.

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Foto: Reformierter Stadtverband

Weiter aufeinander zugehen Vernehmlassung zu KirchGemeindePlus /

Die Vernehmlassung zum Prozess von KirchGemeindePlus ist gestartet. Bis Januar 2017 sind Kirchgemeinden, Berufsgruppen und weitere Beteiligte eingeladen, zum Reformplan Stellung zu nehmen – auf dem Weg zu einer profilierten Kirche, nahe bei den Menschen.

sch. Seit Ende September läuft ein breit angelegtes Vernehmlassungsverfahren zu KirchGemeindePlus. Gestützt auf den Auftrag der Kirchensynode hat der Kirchenrat die Kirchgemeinden, die Kapitel der Pfarrerinnen und Pfarrer, der Sozialdiakoninnen und -diakone, Berufsverbände und weitere interessierte und involvierte Kreise um Stellungnahme zum Reformplan gebeten. Den Vernehmlassungsteilnehmern wurden dazu umfangreiche Erläuterungen und ein Fragebogen zugesandt. Gleichzeitig fand am 24. September im Kirchgemeindehaus Neumünster eine Kirchenpflege-Konferenz statt (nach Redaktionsschluss). Dort wurden Ausgangslage und Zielsetzung des Vernehmlassungsprozesses vom Kirchenrat präsentiert und von den Kirchenpflegen diskutiert. Im Zentrum stehen dabei folgende Fragen an die Teilnehmenden: Welche Form der Zusammenarbeit streben Sie mit Nachbargemeinden an? Sind Sie mit dem Vorschlag des Reformplan-Entwurfs rund um Ihre Kirchgemeinde einverstanden? Wie sehen allfällige Optimierungsvarianten aus? Stellungnahmen werden auch bezüglich des Zeitplans mit den vorgeschlagenen Zeitfenstern zwischen 2017 und 2023 erbeten.

Zusammenschluss? «Die Vernehmlassung soll die Plausibilität von Reformplan, Zeitplan und Zusammenschluss als favorisierter Organisationsform prüfen», schreibt der Kirchenrat in den Erläuterungen. Dazu werden bei der Frage nach der übergemeindlichen Kooperation auch Alternativen zu einem Zusammenschluss zur 10

Auswahl gestellt und ihre Eigenheiten, Vor- und Nachteile und Eignung für die Anliegen und Aufgaben einer Kirchgemeinde tabellarisch dargestellt und erläutert. Unter anderem skizziert der Kirchenrat auch die jeweiligen Auswirkungen auf die zukünftige Zuteilung der Pfarrstellen. Er will dabei sicherstellen, dass aus Zusammenschlüssen entstandene, grössere Kirchgemeinden bei der Bemessung nicht schlechter fahren, als es die Summe der einzelnen Kirchgemeinden ergeben hätte. Im Rahmen der Revision der Kirchenordnung sollen dazu Mechanismen eingeführt werden, die dieses Ziel unterstützen. Generell sei davon auszugehen, «dass kleinere Kirchgemeinden stärker von Stellenreduktionen betroffen sein werden als grössere».

Wie organisieren wir uns? Weil die Stellungnahme zu einem Zusammenschluss auch entscheidend davon abhängt, wie eine grössere, neu formierte Kirchgemeinde in Zukunft intern organisiert sein wird, skizziert der Kirchenrat dazu zwei Modelle. Im Zentrum steht dabei die Frage, «wie sich das Anliegen der Grösse mit jenem der Nähe verbinden lässt». Die vom Kirchenrat entworfenen Modelle bieten mehrere Möglichkeiten, die Vorteile einer umfassenden strategischen Leitung mit jener der lebensräumlichen und der lebensweltlichen Nähe zu kombinieren. Dabei bauen beide auf Teams als kleinste operative Einheiten auf: Diese sind für das Gemeindeleben zuständig – vor Ort oder an einem Profilort. In einem Team arbeiten Personen mit unterschiedlichsten Aufgaben zu-

Zusammenarbeit verbindet: Grossgruppenkonferenz beim Zürcher Stadtverband.

sammen: zum Beispiel ein Jugendarbeiter, eine Kirchenmusikerin, eine Pfarrerin, ein Sigrist und Freiwillige. Die strategische Verantwortung trägt bei beiden Modellen die Kirchenpflege: «Sie ist dafür besorgt, dass theologische und lebensweltliche Profile geschärft werden. Sie stellt sicher, dass diese Profile vielfältig sind. Und sie stellt sicher, dass sie den Bedürfnissen vor Ort entsprechen. Im Sinn des Grundsatzes der Zuordnung teilt sie diese Verantwortung mit der Pfarrschaft und dem Gemeindekonvent.» Der Unterschied zwischen den beiden Modellen liegt bei der Ausgestaltung der mittleren Ebene zwischen Teams und Kirchenpflege. Hier skizziert der Kirchenrat eine Struktur mit Geschäftsleitung und eine mit «nicht-selbständigen» Kommissionen, denen die Kirchenpflege einen Teil der strategischen Leitung delegiert. Die Modelle sollen so flexibel gehandhabt werden, dass sie an die Situation der Kirchgemeinde angepasst werden können.

Wie weiter? Die Vernehmlassungsfrist endet am 21. Januar 2017. Die Antworten fliessen nach der Auswertung in einen Bericht, den der Kirchenrat der Kirchensynode voraussichtlich im Sommer 2017 vorlegen wird.

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«Der Kirchenrat ist überzeugt, dass der Reformprozess in Richtung von Zusammenschlüssen von Kirchgemeinden am meisten Potenzial für die Zukunft bietet. So entstehen nach und nach – je nach lokaler Gegebenheit schneller oder weniger schnell – neue Kirchgemeinden mit regionaler Ausrichtung, welche die Aufgabe haben, kirchliche Präsenz nahe bei Menschen an ihren lokalen Orten zu gestalten. Heute schreibt die Kirchenordnung allen Kirchgemeinden vor, in jedem Ort in etwa dieselben Angebote bereitzuhalten. Neue, grössere Kirchgemeinden hingegen können zu einem vielfältigeren Raum werden, in dem sowohl die bisherigen Angebote ihren Platz haben wie auch Initiativen von unten. So werden das Engagement von Menschen und neue, lokale Kirchenorte gestärkt: Aus drei bisherigen Kirchgemeinden wird dann nicht eine Grossgemeinde mit einem Kirchenort, sondern es entstehen auf dem Boden dieser grossen Kirchgemeinde eine Vielzahl von Kirchenorten, die in ihrer Mannigfaltigkeit und Nähe zu den Menschen neue Wege gehen können. Die Modelle, die auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Kirchgemeinden setzen, können als Zwischenschritte hin zu einem Zusammenschluss

bei den Menschen am Ort»

Foto: zVg Kirchgemeinde Flaachtal

So argumentiert der Kirchenrat / «Nahe

Mehr Spielraum: Die Kinder im Flaachtal gehören seit diesem Jahr zu einer vereinigten Kirchgemeinde.

gesehen werden. Als Reformziel sind sie nicht plausibel. Denn sie duplizieren die bisherige Struktur einer Kirchgemeinde. Das Resultat ist, dass nebst den bisherigen Gremien und Kommissionen eine zusätzliche Ebene entsteht. Der Kir-

«Zusammenschlüsse bieten am meisten Potenzial.» chenrat ist überzeugt, dass dies eine Bürokratisierung der Kirche bedeutet, die sie unflexibel macht statt vielfältig und nahe bei den Menschen (....). Diese Zusammenarbeitsformen sind deshalb kaum geeignet, um einen Aufbruch der Kirche zu gestalten. Auch eine parallele Realisierung von verschiedenen Zusam-

menarbeitsformen innerhalb unserer Kirche hat ihren Preis: Fragen der gemeinsamen Identität, ein steigender Bedarf nach differenzierter Unterstützung durch die Gesamtkirchlichen Dienste, eine Zunahme der Komplexität für die Legislative und die Exekutive könnten viele Ressourcen binden. Und um einen Aufbruch geht es doch: Die reformatorische Idee ist so stark, dass sie die Kirche in ein nächstes Kapitel ihrer langen Geschichte aufbrechen lässt: Eine profilierte Kirche, die mit vielfältigen Formen und Orten Menschen begleitet und relevant ist für die Gesellschaft im Kanton Zürich und darüber hinaus.» Die Erläuterungen zur Vernehmlassung und die Meinung des Kirchenrates im Volltext auf: www.kirchgemeindeplus.ch

Projektbüro sorgt für Unterstützung in Ihrer Region

Fotos: Peter Hürlimann / sch

In Kirchgemeinden tauchen im Zusammenhang mit KirchGemeindePlus immer wieder Fragen auf, sei es zum Prozess selber, sei es zu inhaltlichen oder organisatorischen Fragen. Um die Arbeit der Projektorganisationen, Arbeitsgruppen und Kirchenpflegen zu begleiten, haben die Gesamtkirchlichen Dienste (GKD) pro Bezirk eine Ansprechperson bezeichnet. Diese nimmt Ihre Anliegen auf, klärt GKD-intern deren Bearbeitung ab und unterstützt die Kirchgemeinden im Reformvorhaben.

Bezirk Andelfingen, Bezirk Meilen: Winterthur Stadt & Land: Matthias Bachmann Eveline Betz Tel. 044 258 92 35 Tel. 044 258 92 14

Bezirk Dietikon, Stadtverband Zürich: Peter Wilhelm Tel. 044 258 92 89

Bezirk Bülach, Bezirk Dielsdorf:

Bezirk Hinwil, Bezirk Pfäffikon:

Bezirk Uster:

Bezirk Affoltern, Bezirk Horgen:

Agnes Joester Tel. 044 258 92 72

Mathias Burri Tel. 044 258 92 43

Fränzi Dürst Tel. 044 258 92 01

Eric Ryf Tel. 044 258 92 62

Kontakt zum Projektbüro KirchGemeindePlus (Zentrale): Tel. 0800 444 333 (Bürozeiten Montag - Freitag), info@kirchgemeindeplus.ch

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Themen und Termine

Verkündigung & Gottesdienst

Diakonie & Seelsorge

Auf alten neuen Wegen Pilgergottesdienst Pilgergottesdienst zum Abschluss der Pilgersaison mit feierlicher Amtseinsetzung von Pfr. Michael Schaar als Pilgerpfarrer und Pfarrer von Zürich-Aussersihl.

CAS Diakonie – Soziale Arbeit in der Kirche Im August 2017 startet der nächste Lehrgang «CAS Diakonie – Soziale Arbeit in der Kirche». Wie kann kirchliche Soziale Arbeit lebensunterstützend wirken und Orientierung bieten? Wie bringt Sozialdiakonie sich in Gemeinden und Quartieren konstruktiv ein, wo auch staatliche und private Institutionen agieren? Der CAS-Lehrgang, verantwortet von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Landeskirche, zeigt Gemeindestrukturen und Rahmenbedingungen der Kirche auf und ordnet sie ein in einen gesellschaftlichen Kontext. Er erweitert die diakonische Sinndeutungskompetenz mit Kenntnissen zum biblischen Erbe, zur christlich-diakonischen Geschichte und zur spirituellen Dimension der eigenen Arbeitshaltung. Der CAS befasst sich mit Strategien zur Gewinnung von Freiwilligen und fördert Partizipation.

16. Oktober, 10 bis 12 Uhr Offene Kirche St. Jakob Stauffacher, Zürich

Pilgerforum zum Thema «Pilgern im Norden» Das reformierte Pilgerzentrum St. Jakob ist auch in den Herbst- und Wintermonaten aktiv und lädt zu verschiedenen Anlässen ein: Zu Gast am Pilgerforum sind Elisabeth Lidell, erste Pilgerpfarrerin der dänischen Volkskirche, und Bernd Lohse, Pilgerpfarrer der Nordkirche in Deutschland und Leiter des Pilgerzentrums in Hamburg. 10. November, 19.30 Uhr 24. November, 19.30 Uhr Pilgerzentrum St. Jakob Stauffacher. 8, Zürich

Forum Pilgerspiritualität Zum Pilgerweg gehört die Bereitschaft, sich verändern zu lassen. Schritt für Schritt ändert der Standort der Pilger. Was dies im Blick auf die besondere Spiritualität des Pilgerns bedeutet, ist Thema des Forums Pilgerspiritualität.

Start: 29. August 2017. Kontakt: urs.woodtli@zh.ref.ch Tel. 044 258 91 59 www.zhaw.ch/sozialearbeit

Mission 21: «Bildung stärkt Menschen» Unter diesem Motto lanciert Mission 21 die Herbstkampagne 2016. Bis zum ersten Advent macht das Basler Misssionswerk verstärkt auf Men-

Infos: www.mission-21.org/ herbstkampagne

Spiritual Care Spiritual Care als interprofessionelle Aufgabe: aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen. Eine Fortbildung für Ärzte, Pflegende, Psychologen, Seelsorgende und alle am Thema Interssierten. Leitung: Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care, Universität Zürich 3. November, 16.30 bis 18.30 Uhr Universitätsspital Zürich Kleiner Hörsaal Ost www.usz.ch/seelsorge

Bildung & Spiritualität Künstliche Intelligenz: Zwischen Verheissung und Apokalypse Zwei Themenabende. Künstliche Intelligenz eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Selbstlernende Computer und intelligente Roboter sind längst keine utopischen Sciencefic-

tion-Elemente mehr, sondern Herausforderungen unserer Gegenwart und unserer nahen Zukunft. Was bedeutet es für das Menschsein, wenn wir Computerprogramme in Gesprächen nicht mehr von einem personalen Gegenüber unterscheiden können? Haben Kreativität, Empathie und Intuition des Menschen noch eine Chance gegenüber Maschinen und lernenden Algorithmen? Wie verstehen wir uns als Gattung, wenn demnächst die technologische Singularität Tatsache werden sollte? Mit Manuela Lenzen, Philosophin und Wissenschaftsjournalistin; Joachim M. Buhmann, Professor für Information Science and Engineering an der ETH; Friedrich Graf, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität München und Stefan Sorgner, Philosophieprofessor an der John Cabot University in Rom. Leitung: Stefan Grotefeld, Jeannette Behringer, Stephan Jütte 26. September und 4. Oktober, 18.30 bis 21 Uhr, Hirschengraben 50, Zürich. Die Veranstaltungen sind öffentlich, die Teilnahme kostenlos

Spiritualität und Bildungsarbeit Herbsttagung. Spiritualität liegt im gesellschaftlichen Trend. Dabei begegnen uns verschiedene Menschen – von traditionell kirchlich Sozialisierten bis zu konfessionslos vielfältig «spirituell Suchenden». Was bewegt diese Menschen und wo liegen möglicherweise

Foto: Mission 21 / Bettina Schucan

26. November, 14 Uhr Pilgerzentrum St. Jakob Stauffacher. 8, Zürich www.jakobspilger.ch

schen aufmerksam, die kaum Zugang zu Bildung haben. Für sie unterstützt Mission 21 Bildungsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika – in der Gewissheit, dass Bildung einen wichtigen Beitrag zur Armutsbekämpfung leistet und Grundrechte fördert. Mission 21 bietet Kirchgemeinden in der Schweiz Informationen, wie sie Menschen in Unterricht und Gottesdienst für das Thema sensibilisieren können.

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22. bis 23. November Bildungszentrum Neu-Schönstatt, Quarten. Anmeldung: http://plusbildung.ch/aktuell

Relax oder senkrecht? Vier Abende, um den besonderen Dichter und Mystiker Robert Lax kennen zu lernen. Worin steckt die Mystik seiner Texte? Lässt sich Robert Lax lesen als Spur hin zu einer Erfahrung mit dem Unsagbaren? Robert Lax, 1915 in Olean, New York geboren, war ein Eremit des 20. Jahrhunderts, zuerst auf vielen Reisen, später zurückgezogen in Griechenland. Jude von Geburt an, konvertierte er zum Katholizismus und war mindestens genauso beeinflusst von buddhistischen und hinduistischen Ideen. Leitung: Brigitte Becker Ab 7. November, jeweils 18.30 bis 20.30 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Anmeldung: petra.huettner@zh.ref.ch

Das Kursheft 2017 ist da! Aus- und Weiterbildungsprogramm für Mitarbeitende der Zürcher Landeskirche. Um die Mitarbeitenden der Kirche bei ihren sich verändernden Aufgaben wirksam zu begleiten, ist das Bildungsangebot 2017 neu zusammengestellt worden. Der Fokus liegt auf den Themenfeldern «Führen

und Leiten», «Erneuern», «Im Team zusammenarbeiten» und «Aufgaben wahrnehmen». In letzterer Kategorie finden sich aufgaben- bzw. funktionsspezifische «Klassiker» in den vertrauten Handlungsfeldern. Im hinteren Teil des 34-seitigen Programms sind auch die wichtigsten Konferenzen, Tagungen und Kirchenpflege-Foren aufgeführt. Das Heft hat die Funktion eines Schaufensters für die Bildungsangebote der Gesamtkirchlichen Dienste.

Foto: ZVG

Anknüpfungspunkte für kirchliche spirituelle Angebote? Im gemeinsamen Austausch sowie mit Fachinputs reflektieren wir im Rahmen der «Ökumenischen Bildungslandschaft Schweiz» unterschiedliche spirituelle Bildungsangebote, fragen nach deren Begründung und Ausrichtung, diskutieren Gelingendes und Schwieriges und kreieren zündende neue Ideen.

Infos und Anmeldung: www.zhref.ch/kurse

Lebenswelten auf Distanz II – Wo Kirche ankommt Stärker als im letzten Jahr soll diesmal die kirchliche Praxis im Zentrum der Tagung stehen stehen. Mit von der Partie sind Spitalpfarrer und Seelsorger Thomas Grossenbacher, die Radio- und Fernsehbeauftragte der Reformierten Medien Pascale Huber („Miss Reformiert“), der Co-Leiter der Offenen Kirche Elisabethen Frank Lorenz, und der Kommunikationsexperte Patrick Rohr. 19. November, 9 bis 18 Uhr Hirschengraben 50, Zürich. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmledung und Infos: Tel. 044 258 92 56 lebenswelten@zh.ref.ch

Noch mal Leben vor dem Tod Der Fotograf Walter Schels und die Journalistin Beate Lakotta haben unheilbar kranke Männer, Frauen und Kinder gebeten, sie in den letzten Tagen und Wochen ihres Lebens begleiten zu dürfen. Aufgrund dieser Begegnungen entstanden einfühlsame Porträts von Menschen, die dem Tod ins Auge sehen.

Ticken wir noch richtig? Zeit ist das, was wir vermissen. Immerzu haben wir zu wenig davon und organisieren das Leben, als wäre es nicht mehr als eine Zeitsparveranstaltung. Warum gehen wir so mit der Zeit um, wie wir es momentan tun? Und warum ergeben sich daraus zahlreiche Probleme, die wir gerne Zeitprobleme nennen? Die Zeitexperten Karlheinz A. und Jonas Geissler halten in Zürich einen Vortrag über Zeitgestaltung und «Enthetzung» und leiten anschliessend zur Vertiefung des Themas einen Kurs im Kloster Kappel. • Vortrag in Zürich: Ticken wir noch richtig? Vom klugen Umgang mit der Zeit. 28. Oktober, 18.30 Uhr bis 20 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich. Eintritt: Fr. 20.– • Kurs im Kloster Kappel: Time is honey. 29. Oktober, 9.30 Uhr, bis 30. Oktober, 15.30 Uhr. Kloster Kappel, Kappelerhof 5, 8926 Kappel am Albis. Kursgeld: Fr. 240.– (zzgl. Pensionskosten) Anmeldung und Informationen: www.kursekappel.ch Tel. 044 764 88 30 oder kurse.theologie@klosterkappel.ch

Verschiedene Veranstaltungen, Buchpräsentationen und Lesungen laden dazu ein, sich mit den Themen Abschiedskultur sowie Sterben und Tod zu befassen. Die Reformierte und die Katholische Kirche des Kantons Zürich haben mit dem Verband palliative zh+sh diese besondere Ausstellung nach Zürich geholt und dazu ein ansprechendes Rahmenprogramm gestaltet. 8. Oktober bis 18. November Limmat Hall, Hardturmstrasse 122, Zürich www.noch-mal-leben-zuerich.ch

blue religion Impulstag für die Pfarrschaft, die Präsidien und alle Interessierten: Lebenspraktisch gilt als notabene

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Religion, was man als Buddhist oder Christ, als Katholik oder Reformierter alles zu glauben hat. Das ist aber nur die sichtbare Seite von Religion. Mit blue religion hingegen ist alles gemeint, was zum Ausdruck bringt, dass man durchaus etwas glauben will. Leitung: Sabrina Müller, Patrick Schwarzenbach, Matthias Krieg 23. November, 13 bis 20 Uhr Offener Sankt Jakob, Stauffacher Anmeldung: sara.ejiro@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 83

Unabhängig im Alter – massvoller Umgang mit Alkohol & Medikamenten Besuchsdiensttagungen 2016. Die Teilnehmenden vertiefen ihr Wissen über die Gründe von problematischem Konsum und 13


erkennen die Signale zu Früherkennung und Frühintervention. Mit Domenic Schnoz, Leiter Zürcher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamenten-Missbrauchs. 1. Dezember, 9 bis 16.15 Uhr Hirschengraben 50, Zürich Anmeldung: dorathea.morf@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 66

Von & für Gemeinden Erntedank und «Grüner Güggel» Die Kirchgemeinde Dübendorf hat diesen Sommer das Umweltmanagementsystem «Grüner Güggel» vollständig umgesetzt und zertifizieren lassen. Sie feiert diesen Meilenstein in einem Erntedankgottesdienst unter dem Thema «Ein Ohr für die Schöpfung». Als glaubwürdige Multiplikatoren tragen die Kirchen eine spezielle Verantwortung gegenüber der Schöpfung und dem Grundgedanken der Nachhaltigkeit, heisst es in der Ausschreibung. Die Kirchgemeinde Dübendorf hat diese Verantwortung wahrgenommen und Grund zum Feiern. 9. Oktober, 10 Uhr Kirche im Will, Dübendorf Infos: www.rez.ch

Das dreifache Amt des Christenmenschen. Tagung zum Reformationssonntag mit Ulrich Knellwolf, Pfarrer und Schriftsteller

Auskunft / Anmeldung: Tel. 044 764 88 30 www.klosterkappel.ch

Musik und Wort in der Klosterkirche «Canto e Basso»: Das Ensemble il desiderio (Hans-Jakob Bollinger, Zink; Susann Landert, Dulzian; Juan Sebastian Lima, Theorbe; Daniel Rüegg, Orgel) spielt Italienische Musik des 17. Jahrhunderts. Lesungen: Pfr. Markus Sahli 30. Oktober, 17.15 Uhr

Wenn Gott um Vertrauen bittet: Tagung mit Ulrich Knellwolf 14

Ulrich Knellwolf: Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Stückwerk zu Gott und der Welt. 352 Seiten, Fr. 32.80.

6. November, 13.30 bis 16.45 Uhr

Musik und Wort in der Klosterkirche «Drum schliess ich mich in Deine Hände» – Motetten und Instrumentalmusik von Johann Sebastian Bach und Max Reger zum Reformationssonntag. Ausführende: Vokalensemble des Bach Collegium Zürich; Alexandra Iten Bürgi, Violoncello; Daniel Rüegg, Orgel; Leitung: Bernhard Hunziker, Lesungen: Pfr. Markus Sahli 6. November, 17.15 Uhr

Der Weg der Stimme Meditation mit Gregorianischen Gesängen. Leitung: Dana Gita Stratil 11. bis 13. November

Die befreiende Kraft des Schreibens Die spannende Geschichte will gelesen werden. Leitung: Angela Croce 12. bis 13. November

Wie das Schwere leichter wird Die «Hausapotheke» für den heilsamen Umgang mit Negativem. Leitung: Gion Chresta 12. bis 13. November

Spiritualität und Älterwerden «Die längste Reise ist die Reise nach Innen». Leitung: Susi Lüssi und Doris Held 18. bis 20. November

Kloster Kappel

Buchtipp: Stückwerk zu Gott und der Welt

Die Bibel mit dem Herzen lesen Geistliche Bibellektüre (lectio divina) mit dem Gleichnis vom anvertrauten Geld (Lk 19,11– 27). Leitung: Noa Zenger und Markus Sahli 18. bis 20. November

Stellen im Web Offene Pfarrstellen, Stellen in den Gesamtkirchlichen Diensten und den Kirchgemeinden finden Sie auf: www.zh.ref.ch/stelle

Ulrich Knellwolf arbeitet nicht mit Samthandschuhen an theologischen Fragen und geht hart mit Gott ins Gericht. Das tönt dann so: «Die Welt, wie sie ist, macht Gott keine Ehre. Schande tut sie ihm an. Und er schämt sich. Gibt er sich uns darum nicht zu sehen?» In kurzen Essays und Predigtfragmenten lässt der Pfarrer und Schriftsteller seiner Argumentier- und Erzählfreude freien Lauf, seziert Bibelstellen, fühlt ihnen auf den Zahn, spielt sie gekonnt gegeneinander aus, bringt sie in Beziehung zu Mythen der Antike, zur Literatur, zum eigenen Leben. Für den Leser ist das immer wieder ein aufregendes Erlebnis, auch wenn man den Thesen nicht immer nur zunicken mag, manchmal all die Parallelen und Anspielungen nicht so spielerisch leicht nachvollziehen kann, wie es der Autor tut. Der Appetit wird aber immer wieder mit neuen Fragen und Thesen geweckt: «Warum Gott keine Frau ist», «Verbannung der Liebe», «Führe mich nicht in Versuchung». «Stückwerk» nennt der Autor die Sammlung, die nicht den Anspruch erhebt, ein dogmatisches System zu bilden. Denn: Was systematisch nicht aufgeht, muss erzählt werden, schreibt Knellwolf und tut es auf eindrückliche Weise.

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Jodeln berührt

Ruedi Brunner sorgt dafür, dass auch am Zürichsee gejodelt wird. Den volksmusikalischen Export aus seiner Toggenburger Heimat hört man seinetwegen auch in der Kilchberger Kirche. Text und Bild: Viviane Schwizer Gefühl und Andacht: Ruedi Brunner (vorne, Mitte) bei einem Jodelvortrag in Samstagern.

Im Toggenburg, wo Ruedi Brunner als Bauernbub aufgewachsen ist, gehörte das Jodeln zum gelebten Alltag. Gesungen und gejodelt wurde täglich – auf dem Feld, im Stall und in der guten Stube. Auf den Alpweiden erklang am Abend der Alpsegen, zum Vieheintreiben sang man «Kuhreihen». Auch bei speziellen Anlässen wie einer Alpfahrt, bei einer Viehschau oder in der Gaststube wurde «gejutzt». Ruedi Brunner lebt seit 25 Jahren in Kilchberg, doch die Klänge seiner Kindheit haben ihn nie losgelassen. «Wie viele andere hatte ich nach dem Wegzug aus meiner Heimat den Drang, weiter zu singen und zu jodeln», sagt Ruedi Brunner und erzählt, wie er sich damals dem Jodeldoppelquartett Kilchberg angeschlossen habe. Wegen mangelndem Nachwuchs musste selbiges zwar kürzlich aufgelöst werden. Fast alle ehemaligen Sänger der traditionsreichen Formation treffen sich aber weiterhin regelmässig in der Veteranengruppe der Freien Jodlervereinigung am Zürichsee (FJVZ) zum gemeinsamen freien Singen und bringen ihren Gesang auch immer wieder vor Publikum. Erst letzthin, Mitte September, lud die Jodlervereinigung, die Ruedi Brunner seit 17 Jahren präsidiert, in Samstagern zum Konzert. Ruedi Brunner gibt gerne zu, dass er ohne seine Freude am Jodelgesang den notabene

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Weg in die Kirchenpflege wohl nicht gefunden hätte. «Singen durften wir in der Kirche von Kilchberg zwar schon immer», sagt er. Aber es habe schon Pfarrherren gegeben, die baten, das Jodeln in der Kirche zu unterlassen.

Jodlermesse bricht den Bann Den Bann gebrochen habe der Volksmusiker und Komponist Jost Marty, dessen Jodlermesse (1974) auch die Kilchberger einstudierten. Die Texte der fünf Lieder, die den Bogen vom Kyrie bis zum Segenslied spannen, werden in katholischen oder reformierten Gottesdiensten immer wieder gern vorgetragen. Nicht zu unterschätzen ist laut Brunner dabei die Verwendung des Dialektes in den Liedtexten. Er sagt: «Singen in unserer Muttersprache vertieft die Identifikation mit dem Liedertext, dadurch lebt der Gesang viel stärker und kann die Gemüter bewegen.» Der grosse Andrang bei Gottesdiensten mit Jodelgesang ist ihm Beweis dafür. Überhaupt stecke so viel Kraft und Gefühl, Andacht und Tanz, Fröhlichkeit und Trauer im volkstümlichen Liedgut, erklärt Brunner und illustriert dies anhand der «Bärgandacht», eines Jodellieds von Reto Stadelmann: «Der

Komponist beschreibt die Schönheit des Sonnenunterganges und den Ablauf des Tages.» Dieses Naturgeschehen sei eine Metapher für das Leben: Auch im menschlichen Dasein gebe es ein Kommen und Gehen, wohltuende Nähe und schmerzliche Gefühle von Distanz und Verlassenheit. «Solche Empfindungen kann das Jodellied wie kaum eine andere Musikgattung zum Ausdruck bringen.»

Musik und Wort Der heutige Kilchberger Kirchenpfleger betont: «In der reformierten Kirche Kilchberg wird aber nicht nur gejodelt, auch der klassische und der Gospel-Gesang haben ihren festen Platz im Gottesdienst.» Sie seien eine erwünschte Abwechslung zum Orgelspiel oder Gemeindegesang. Der Kirchenpfleger mit «Ressort Musik und Gottesdienst» wünscht sich, dass die Musik dem Wort und der Predigt ebenbürtig ist. Dies ist für ihn keine Prinzipienfrage. Er weiss einfach, dass Musik, insbesondere seine geliebten Jodellieder, die Menschen tief beeindrucken und berühren können.

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AZB CH-8001 Zürich P. P. / Journal Post CH AG

Impressum «notabene» ist die Zeitschrift aller, die beruflich, ehrenamtlich oder regelmässig freiwillig als Mitglieder in der Zürcher Landeskirche mitarbeiten. Herausgeberin Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Abteilung Kommunikation (kom), Hirschengraben 7, 8001 Zürich Redaktion und Gestaltung Christian Schenk (sch), Tel. 044 258 92 97, notabene@zh.ref.ch Redaktionssekretariat franziska.schellenberg@zh.ref.ch Tel. 044 258 92 13

Autorinnen und Autoren Gabriela Bregenzer (gb) Druck Robert Hürlimann AG, Zürich Auflage 7000 Exemplare. Erscheint monatlich mit Doppelnummern im Juli und Dezember . Nächste Ausgaben Nr. 7/2016 (September, Woche 37) Nr. 8/2016 (Oktober, Woche 41) Redaktionsschluss: am 15. des Vormonats «notabene» im Web www.zh.ref.ch / notabene

Titelbild Kinder im Schulzimmer des Bundesasylzentrums Juch. Auch ein Team von Seelsorgenden steht den Flüchtlingen bei. Foto: © AOZ

Absender: notabene Evang.-ref. Landeskirche des Kantons Zürich Hirschengraben 7, 8024 Zürich

Adressberichtigung melden an: Evang.-ref. Landeskirche, Kommunikation Hirschengraben 7, Postfach 673, 8024 Zürich

Das Seelsorgeteam im Bundesasylzentrum wird verstärkt und interreligiös ausgebaut. Wie die Seelsorgenden arbeiten, lesen sie ab Seite 7.


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