Jugendzeitung yaez - Europa-Spezial (3/4)

Page 1

Die Jugendzeitung

Europa-Spezial (3/4) Mai 2009 Inhalt

Bock auf Europa

Leuchturmprojekte Diese Innovationen fĂśrdert die EU

Der Europäische Freiwilligendienst

a p o r u oniert E ege vor

iten Entscheidungsw t k n u f So llen die wichtigs Wir ste


europa

Bock auf Europa

Warum der Europäische Freiwilligendienst die beste Möglichkeit ist, ein fremdes Land kennen zu lernen Text: BETTINA SCHNEIDER

K

ein Lernstress und keine Prüfungen mehr: Nach der Schule wollen immer mehr Schüler eine Pause einlegen, bevor es mit der Ausbildung oder Studium weitergeht. Dem steht auch nichts im Wege, wenn man den Europäischen Freiwilligendienst (EFD) kennt. Miete, Essen, Reisekosten und sogar ein Taschengeld werden bei diesem Programm der Europäischen Kommission übernommen. Über 50.000 Jugendliche sind damit schon in ein europäisches Land ihrer Wahl gefahren. Eva ist eine davon. Sie wollte unbedingt nach Großbritannien, eines der beliebteren Ziele in Europa, und dementsprechend schwer ist es dort, eine Stelle zu kriegen. Doch Eva hat Glück gehabt und einen Platz in Norwiche erhalten. Vor der Abreise finden Vorbereitungstreffen statt, bei dem die jungen Freiwilligen noch einmal ausführlich über ihr jeweiliges Reiseland, über die dortigen Gesetze und über ihre Rechte und Pflichten als Europäischer Freiwilliger aufgeklärt werden. Danach ging es für Eva los: Sieben Monate arbeitete sie an zwei Projekten mit. Je nach Wochentag betreute sie entweder Kindergruppen des örtlichen Jugendhauses, bastelte und spielte mit ihnen, oder sie half im Büro einer Austauschorganisation mit. Dort durfte sie Austauschgruppen auf Städtetouren begleiten und lernte ständig neue Leute aus vielen Ländern kennen. Ihr Höhepunkt war aber ein Ausflug in ein drittes Land: Eva durfte eine Gruppe für einige Tage nach Bosnien begleiten. Auch wenn die Arbeit im Ausland eine ganz schöne Herausforderung ist: Auslandsdienste im Rahmen des EFD sind gut geregelt. Man darf in der Woche höchstens 30 bis 35 Stunden in seinem Projekt arbeiten und hat mindesten zwei Tage frei in der Woche. Auch der Urlaub ist gesichert: Pro Monat hat man Anspruch auf zwei zusätzliche freie Tage. Somit blieb auch Eva noch genügend Freizeit, in der sie oft ans Meer radelte und mit Leuten, die sie während ihrer Arbeit kennen lernte, Korfball spielte oder einfach nur abhing. Am Abend zogen sie dann meist durch die Clubs – denn trotz Arbeit oder Schule am nächsten Tag lassen sich die Engländer das Feiern nicht nehmen. Eva hat der Aufenthalt so gefallen, dass bei ihr nie Heimweh aufkam. Heimweh war auch für Heike kein Thema: Während ihrer Schulzeit hat sie bereits

yaez • mai 2009

ein Jahr in den USA verbracht, und kannte es schon, auch mal ohne Familie und langjährige Freunde auskommen zu müssen. Auch sie hatte gerade das Abi hinter sich, wusste jedoch nicht genau, was sie nun studieren sollte. Sie schwankte zu Sozial- und Sonderpädagogik, wollte sich vorher jedoch sicher sein, dass ihr die Arbeit mit behinderten Menschen wirklich lag. In welchem Land die Arbeit nun war, war ihr dabei nicht so wichtig – und so landete sie in Pécs, einer Stadt in Ungarn. Dort bekam sie zwar einen Platz in einem Tageszentrum für geistig behinderte Menschen – verstand aber kein Wort der Leute, die ab sofort ihre Kollegen und Patienten waren. Doch zum Glück ist es auch anders möglich, sich auszudrücken: Mit Händen und Füßen, mit Stift und Papier. Und bis zum ersten Sprachkurs, den jeder EFD-Teilnehmer finanziert bekommt, dauerte es auch nur sechs Wochen. »Mit meinem Baby-Ungarisch haben mich viele der Behinderten sogar besser verstanden als meine Kollegen«, erzählt Heike. Sie betreute die Workshops in dem Tageszentrum, in denen sie zusammen mit den Behinderten malte, bastelte oder einfach mal mit ihnen spazieren ging. Zwölf Monate arbeitete sie dort, lernte eine völlig neue Sprache und das WG-Leben kennen, doch das Wichtigste war, dass ihr klar wurde, dass sie wirklich mit behinderten Menschen arbeiten möchte. Mittlerweile studiert Heike Sonderpädagogik für den außerschulischen Bereich. Doch egal, ob man Deutschunterricht in einer Schule in Istanbul geben will, ob man Kinder in einem Hort in Tunesien betreuen möchte oder an Umweltprojekten in Frankreich mitarbeiten will – wichtig ist, dass man sich früh genug um einen Platz kümmert, das bedeutet: mindestens acht Monate bevor man abreisen möchte. Hierfür sucht man sich eine Entsendeorganisation, die sich dann für einen Platz in einem gemeinnützigen Projekt und um den Papierkram, wie Versicherungen, kümmert. Adressen von Entsendeorganisationen findet man beim Jugendinformationsnetzwerk eurodesk. Auch um die Unterkunft muss man sich nicht selbst kümmern: Je nach Land und Projekt wohnt man entweder bei einer Gastfamilie in einem Zimmer des Projektes oder in einer Wohngemeinschaft mit anderen Freiwilligen. Und das Beste an dem Programm: bei der Platzvergabe spielen Schulnoten keine Rolle. •

Monique, 20, absolviert gerade den Europäischen Freiwilligendienst in Tschechien und macht bei der Aktion »europawahl hautnah« mit. Dazu schreibt sie in ihrem Online-Tagebuch unter www.youthreporter.eu/benutzer/MiQuEl

Der Europäische Freiwilligendienst (EFD) Dauer: 2 bis 12 Monate Voraussetzung: Zu Beginn der Dienstzeit zwischen 18 und 30 Jahre; Zeugnisse sind egal. Es ist keine Voraussetzung, dass man die Sprache seines Reisezieles spricht; Sprachkurs bekommt man finanziert. Reisen für lau: Unterkunft, Verpflegung, Sprachkurs, Versicherung, Vor- und Nachbereitung werden von der Europäischen Union bezahlt. Sogar das Kindergeld bekommen die Eltern weiterhin. Am 26. und 27. November 2006 feierte der Europäische Freiwilligendienst (EFD) sein 10-jähriges Bestehen. Der Europäische Freiwilligendienst ist das Flaggschiff des EU-Aktionsprogramms JUGEND, das jungen Menschen die Möglichkeit bietet, sich unentgeltlich in einem gemeinnützigen oder karitativen Projekt zu engagieren und dabei ein anderes Land und eine andere Kultur intensiv kennen zu lernen. Der Europäische Freiwilligendienst wird im Rahmen des neuen EUJugendprogramms JUGEND IN AKTION (2007-2013) fortbestehen und auch ausgebaut werden: Künftig können junge Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren (in einigen Fällen sogar bereits mit 16 oder 17 Jahren) am Europäischen Freiwilligendienst teilnehmen, der eine große Bandbreite von europäischen Ländern, Nachbarregionen und letztendlich alle Kontinente erfassen wird. Außerdem wird es zusätzlich zu den traditionellen Einzelprojekten EFD-Gruppen-Projekte geben, an denen sich bis zu 100 junge freiwillige Helfer beteiligen können. Die EU‑Kommission setzt sich für eine verstärkte Mobilität junger Menschen ein. Dazu hat sie eine Initiative zur Förderung der Freiwilligentätigkeit in der EU vorgestellt. Mit dem Vorschlag zeigt die EU-Kommission eine Lösung auf, die die europaweit vorherrschende Vielfalt an Freiwilligenstrukturen respektiert und eine zunehmende Öffnung für Freiwillige aus anderen EU‑Ländern ermöglicht.


europa

Hydrogen Train: Der Wasserstoff-Zug

Zemships: Emissionsfreie Schiffe Seit August des letzten Jahres können in Hamburg Touristen und Einheimische nun ganz umweltfreundlich über die Alster schippern. Emissionsfrei und beinahe geräuschlos fährt die »Alster« über das Binnengewässer und ist damit das weltweit erste Fahrgastschiff, das ausschließlich mit Brennstoffzellen betrieben wird und aus diesem Grund keine Hilfsmotoren benötigt. Als Treibstoff für das so genannte Brennstoffzellen-Fahrgastschiff dient Wasserstoff, der an Bord des Schiffes gespeichert wird. Das Projekt »Zemships«, eine Abkürzung für »zero emission ships«, wird durch neun Projektpartner unterstützt, die seit 2005 dazu beigetragen haben, die Idee eines Brennstofzellen-Fahrgastschiffes zu verwirklichen. Gefördert wird »Zemships« durch Fördergelder der EU, die dem Projekt bereits 2006 zugesichert wurden. •

mships«), burg sogar ein Schiff (siehe »Ze Es gibt Autos, Busse und in Ham dass es auch stoff betrieben werden. Klar, die ausschließlich mit Wasser werden muss. nur mit Wasserstoff betankt bald einen Zug geben soll, der ft, die es europäische Arbeitsgemeinscha »The Hydrogen Train« ist eine sserstoffzug zum Jahr 2010 den ersten Wa sich zum Ziel gesetzt hat, bis in Dänemark, klicht werden soll das Projekt zum Rollen zu bringen. Verwir Brennstoffzeldwestlichen Jutland. Wie das auf einer Bahnstrecke im nor schließlich mit h der »Hydrogen Train« aus len-Fahrgastschiff, so soll auc Vorteilen des en betrieben werden. Zu den Wasserstoff und Brennstoffzell emarks fährt, los durch die Landschaft Dän Zuges gehört, dass er fast laut zudem keine reines Wasser produziert und anstelle stinkender Abgase nur Oberleitungen benötigt. •

Jede Stimme zählt Alexander Alvaro (FDP) ist einer der jüngsten deutschen Abgeordnete im Europäischen Parlament Welche Aufgaben haben Sie als Abgeordneter des Europäischen Parlaments? Alexander Alvaro: Man macht hauptsächlich Politik: Das bedeutet, ich arbeite in einem Ausschuss und nehme an Sitzungen teil. Alle zwei bis drei Wochen empfange ich Besuchergruppen in Brüssel oder Straßburg und erkläre ihnen meine Arbeit. Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit als Abgeordneter am besten? Alexander Alvaro: Im Europaparlament gibt es keine echte Opposition. Das bedeutet, dass ich als Einzelner wirklich etwas bewirken kann. Da ich innenpolitischer Sprecher meiner Fraktion bin, habe ich außerdem direkten Kontakt zu den Justiz- und Innenministern der europäischen Mitgliedsstaaten. Die Telefonate und Treffen sind besonders spannend.

www.yaez.de

texte: SARAH STOCKER

Die Amerikaner haben es und die Russen haben es auch schon. Klar , dass auch die EU ein eigenes sate llitengestütztes Navigations- und Ord nungssystem haben muss. »Galileo « nennt sich das europäische Nav igationssystem, das im Jahr 2013 mit fünfjähriger Verspätung end lich auf den Markt kommen soll. Wie die Navigationssysteme GPS und GLONASS soll auch »Galileo« unter anderem bei Rettungsdienste n, im Straßenverkehr und bei der Schifffahrt eingesetzt werden und auf den Meter genaue Positionsmeldun gen liefern können. Im Unterscheid zum amerikanischen und russisch en Modell soll »Galileo« jedoch präziser in der Navigation sein. 3,4 Milliarden Euro ist den Europäern das System wert, spezifische Bodenst ationen und insgesamt 30 Satellite n sollen das System schlussendlich mit den nötigen Daten versorge n. •

illus: JAKOB HINRICHS

Galileo: Das Sateliten Navigationssystem

Wie oft sind Sie während eines Monats geschäftlich auf Reisen? Alexander Alvaro: Ich reise eigentlich ständig. Die Osterwoche in diesem Jahr war die erste Woche, die ich in den vergangenen fünf Jahren komplett zuhause verbracht habe. Durchschnittlich bleibe ich nicht länger als drei Nächte an einem Ort. Es kommt auch vor, dass ich morgens in Düsseldorf aufstehe, zu einem Treffen nach Berlin fahre, nach Brüssel reise und am nächsten Morgen nach London fliege. Weshalb sollten Schüler bei der Europawahl ihre Stimme abgeben? Alexander Alvaro: Etwa 80 Prozent der Gesetze, die in Deutschland erlassen werden, haben ihren Ursprung im Europäischen Parlament. Es ist also wichtig, welcher Abgeordnete einen vertritt. Interview: claudia kirsch

mai 2009 • yaez


europa

Wie die EU-Gremien zusammenarbeiten

Im Europäischen Rat treffen sich mindestens zwei Mal jährlich die Staats- und Regierungschefs aller EU-Mitgliedsstaaten und entscheiden über die Grundsätze der europäischen Politik.

Europa ist mehr als ein Kontinent: Selbständige Staaten mit eigener Kultur und Sprache arbeiten politisch und wirtschaftlich zusammen. Damit die unterschiedlichen Interessen und Ansichten zu einer gemeinsamen Europa-Politik führen, gibt es eine Vielzahl von EU-Gremien. yaez stellt vier davon vor. Die 785 Abgeordneten sind die direkt gewählte Vertretung der Bürger in Europa, sie wirken bei der Gesetzgebung mit und können die Ernennung der EU-Kommission verhindern. Der Präsident vertritt das Parlament nach außen.

Die Europäische Kommission besteht aus 27 Kommissaren. Sie ist so etwas wie die europäische Regierung und schlägt Gesetze vor. Einer der Kommissare wird als Präsident gewählt, aktuell ist das der Spanier José Manuel Barroso.

Im Rat der Europäischen Union treffen sich die Fachminister der Mitgliedsländer und beschließen europäische Rechtsvorschriften in ihrem jeweiligen Gebiet. Nach außen repräsentiert Javier Solana die EU.

ILLUSTRATION: JAKOB HINRICHS

links zur europawahl+++

+++

Weiter geht’s online!

Ein Mehrsprachiges Mitmach-Portal mit Videos und Blogs: www.eudebate2009.eu

SchülerVZ: Europa-Gruppe von yaez Gehört die Türkei in die EU? Fühlst du dich als Europäer? Was sind deine Visionen für Europa? Was gibt es Aktuelles aus Brüssel? Im SchülerVZ wollen wir mit dir über Europa diskutieren, Meinungen austauschen und dich auf dem Laufenden über EU-Nachrichten halten. Und so funktioniert’s: Melde dich bei SchülerVZ an und trete der Europa-Gruppe von yaez bei. Wir warten auf dich! Den Link zur SchülerVZ-Gruppe, alle Beiträge als Podcast und die Vorschau für die nächste Ausgabe findest du hier: www.yaez.de/europa

Wiki mit den Europawahl-Kandidaten und ihrem Wahlprogramm: www.wahlen-europa.de Jugendliche aus ganz Europa berichten über die Europawahl: www.youthreporter.eu Das Wahl-Portal mit allen Infos und einer HandyWahlerinnerung: www.europarl.de/europawahl

+++++

NACHRICHTEN-TICKER+++++

▶ Katastrophen-Hilfe: Im April hat ein Erdbeben in Italien mindestens 289 Menschen getötet und ganze Dörfer zerstört. Für den Wiederaufbau hat die Europäische Union mehr als 500 Millionen Euro bereitgestellt. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Europa-Tour: US-Präsident Obama hat bei seiner großen Auslands-Reise London, Straßburg, Baden-Baden, Prag, Ankara und Istanbul besucht und für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geworben.

yaez • mai 2009

▶ Genmais: Nach dem Anbau-Verbot der Genmaissorte MON810 in Deutschland überlegt die Europäische Kommission dagegen Widerspruch einzulegen. Die Sorte MON810 ist unter anderem auch in Frankreich verboten. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Gleiches Recht: Die im April vom Europäischen Parlament beschlossene AntiDiskriminierungs-Richtlinie soll helfen, dass man unabhängig von Alter oder Religion in allen Bereichen gleich behandelt wird.

▶ Finanzkrise: Damit die Wirtschaft in den europäischen Mitgliedsstaaten wieder in Schwung kommt, haben die EU-Mitgliedsstaaten bislang drei Billionen Euro in die Bekämpfung der Finanzkrise investiert. +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ ▶ Ratsvorsitz wackelt: Die Tschechische Regierung muss noch während der EU-Ratspräsidentschaft ihres Landes zurücktreten, da das Prager Parlament Ministerpräsident Topolánek das Misstrauen ausgesprochen hat.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.