Jugendzeitung YAEZ

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DEZEMBER 2009 kostenlos

#43

Die Jugendzeitung niert So funktio -Klimadie US.N18 konferenz reen yaez.de/g

Warum die meisten Jugendlichen in Deutschland zwar an Gott   glauben – aber nur die wenigsten in den Gottesdienst gehen

Woran glaubst du?  Thomas Sonnenburg

Schlussmacherei

Weihnachts-Bingo

»Ohne Distanz geht man kaputt« 16

Die quatschende Ex und der herzlose Typ 11

Verschenken statt selbst gewinnen 18


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intro 03

Inhalt dieser Ausgabe

die erste Klimakonferenz fand 1992 in Rio de Janeiro statt. Ein Jahr, in dem die meisten yaez-Leser noch gar nicht geboren waren. Danach trafen sich die Staatschefs noch in Berlin, Kyoto, in Bali, auf Nairobi und anderen Städten – doch statt konkreter Ziele sind immer nur schwammige Kompromisse geschlossen worden. Die Folge: Statt wie gewollt den CO2-Ausstoß zu senken, stieg er von der ersten Janos Burghardt Chefredakteur Klimakonferenz in Rio de Janeiro bis heute, zur Klimakonferenz in Kopenhagen, um 41 Prozent an. Und auch Kopenhagen scheint keine Klima-Kehrtwende herbeizuführen. Denn die USA und China als größte CO2-Verursacher bremsen wieder im Vorfeld. Ohne die beiden ist Klimaschutz aber nicht zu machen. Dennoch ist die Konferenz wichtig: Viele andere Staaten, insbesondere europäische, setzen sich bereits für den Klimaschutz ein und können in Kopenhagen für ihre Position werben. Denn Klimaschutz gibt es nicht gratis: Länder, die umweltgerechte Gesetze erlassen, haben erstmal einen wirtschaftlichen Nachteil. Gerade Jugendliche sollten aber ein nachhaltiges Wirtschaften fordern – denn es geht um die Welt, in der sie leben. Weil sich natürlich nicht jeder Schüler freinehmen kann, um in Kopenhagen mitzureden, sich zu informieren oder zu demonstrieren, werden wir online aus einer jungen Perspektive über die UN-Klimakonferenz berichten. Und in dieser Ausgabe stellen wir euch vier Menschen vor, die alle auf ganz unterschiedliche Weise mit der Klimakonferenz zu tun haben (Seite 6). Außerdem zeigen wir, wie die Konferenz überhaupt funktioniert (Seite 7). yaez.de/green, facebook.com/yaezde, twitter.com/yaez

Illustration: Jakob Hinrichs; Foto: Verleih

Liebe Leserinnen und Leser,

07 UN-Klimakonferenz

17 »Zweiohrküken«

Cover Glaubensfrage: Wie junge Christen und Muslime ihren Glauben leben.........................4 Zusammenfinden: Thomas Sonnenburg über zerstrittene Eltern und Jugendliche.......16 Schlussmachen: Warum Jungs zu herzlos sind und Mädchen zu viel quatschen...............11 Nächstenliebe: Ein Gewinnspiel, bei dem nur deine Freunde gewinnen können.............18

Rubriken+Standards Schule: Bildungsausgaben............................................................................................8 Wege nach der Schule: Warum soziale Berufe mehr bieten als Karriere.......................13 Film: »Zweiohrküken«, »Das Kabinett des Dr. Parnassus«..........................................17

Viel Spaß beim Lesen!

Impressum yaez erscheint jeden Monat (außer Schulferien) und liegt kostenlos an rund 5000 weiterführenden Schulen in ganz Deutschland aus. ISSN: 1612-8257 HERAUSGEBER: Janos Burghardt, Simon Keller, Michael Hartung REDAKTION & VERLAG: Yaez Verlag GmbH Arminstraße 15, 70178 Stuttgart Tel: (0711) 13 77 80-20, Fax: (0711) 13 77 80-22 E-Mail: redaktion@yaez.de, www.yaez-verlag.de Chefredakteur: Janos Burghardt (ViSdP) ART DIRECTOR: Simon Keller Redaktion dieser ausgabe: Janos Burghardt (verantwortlich), Simon Keller, Jochen Blind, Leon Wennigloh, Kira Brück, Anne Allmeling, Marc Röhlig, Patrick von Krienke, Ineke Haug, Jan Thomas Otte, Raphael Geiger, Sophia Gerber, Henrike Meyer, Maria Janine Steiner LEKTORNET (Lektorat) Illustrationen: Jakob Hinrichs, Katia Fouquet, Christoph Rauscher, Niko Burger Fotos: Jan Kopetzky (Titelbild), Bernhard Frei, PR HERSTELLUNG: Simon Keller AnzeigenLEITUNG: (verantwortlich für den Anzeigenteil) Michael Hartung (13 77 80-16, mh@yaez-verlag.de)

Cover (kleine Fotos): PR, Katia Fouquet, Jan Kopetzky; Titelfoto: Jan Kopetzky

verbreitete auflage: 360.023 Exemplare (IVW Q2/2009) Die Auflage wird regelmäßig von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) geprüft. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom 01.06.2009. abo & vertrieb: Tel: (0711) 13 77 80-20, Fax: (0711) 13 77 80-22 E-Mail: vertrieb@yaez.de Der Bezug der Jugendzeitung ist für Vertriebsstellen kostenlos. Das Abo im Einzelbezug kostet 2,99 Euro/Jahr. Abo-Bestellung über vertrieb@yaez.de Druck: Bechtle Verlag&Druck, 73730 Esslingen Die Jugendzeitung yaez arbeitet mit Landesschülervertretungen und SMVen zusammen Die namentlich gekennzeichneten Beiträge spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Nachdruck von Beiträgen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags. Kooperationspartner dieser Ausgabe: Europäische Kommission

Impressum...........................................................................................................3

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04 glaube

Privatsache: junger Glauben Die meisten Jugendlichen in Deutschland glauben an Gott. Die Werte des christlichen Glaubens sind »in«. Regelmäßig in Gottesdienste gehen aber nur wenige. Besuch in drei Schulklassen und einer Kirche Text: jan thomas otte

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Fotos: jan kopetzky

0.50 Uhr. Die Klingel schellt, die Tür knallt, aufgekratzt stellen 24 Teenager ihre Stühle im Kreis auf. Zwischen 13 und 15 Jahren sind sie alt. Pubertierende Jugendliche könnte man meinen. Wir sind in einer Hauptschule zwischen Heidelberg und Würzburg. Es ist ReliUnterricht, zwei Stunden Fragen nach Gott: Glaubt ihr? Was sucht ihr im Glauben? Was bringt euch das? Was verbindet diese Jugendlichen mit ihrem Glauben? Natürlich Weihnachten: die Geburt von Jesus, Sternsinger, fromme Hilfsaktionen wie »Weihnachten im Schuhkarton«. Das, was ihr Leben berührt: Neue Medien, Bibel-TV-Gucken oder Surfen auf Jesus.de. Vor allem aber sind es die Kirchenkreise, die ihnen im Kopf hängen bleiben: Von der Krabbelgruppe bis zum Konfirmanden-Treff mit Jungschar, Jugendclub und Gottesdiensten – gerade die am Anfang und Ende des Schuljahrs. Dann ist da noch das Kreuz im Lehrerzimmer oder um den Hals hängender Modeschmuck von H&M. Den Schülern sind solche Symbole ein Begriff. An die Bibeln im Klassenzimmer und den Guten Hirten auf dem Schulhof erinnern sie sich auch. Und natürlich der Friedhof in jedem Dorf und das kirchliche Krankenkenhaus in der Stadt. Was bringt ihnen ihr Glaube?

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Geborgenheit. Beten könne man ja immer. Carina Feil hat gerade eine Mandelentzündung: »Der Glaube gibt mir Kraft in guten wie in schlechten Zeiten«, sagt sie. Sie freut sich, hier zu sein. Carina weiß ganz sicher, dass Gott bei ihr ist. Der Glaube hilft der 14-Jährigen, »Gott einen großen Schritt näher zu kommen«. »Jesus will nur Gutes für uns. Er gibt viel, verlangt wenig«, sagt Laura Weiß (13). Till Utner (15) dagegen zögert: »Etwas« fehle ihm noch. Er wisse aber nicht genau, was. Ehrlich sagt er: »Natürlich gehen viele meiner Freunde in den Konfirmanden-Unterricht, weil es die Eltern so wollen, die Oma es sich wünscht.« Ob Kommunion, Konfirmation oder Weihnachten – christliche Anlässe sind häufig ein großes Fest mit Geschenken: das erste Mofa oder Geld für den Führerschein. Das ist aber nicht alles. Carina hat für sich Geborgenheit und Stärke gefunden: »Sich nicht allein fühlen. Kraft haben, auch schwere Krankheiten durchzuhalten.« Damit meint sie Bekannte. Ihre Mitschülerin Laura mag es, von Gott immer wieder positiv überrascht zu werden. Glaube in einem Satz? Theologen tun sich damit schwer. Die Jugendlichen fassen ihren Glauben mit drei Begriffen zusammen: Freude, Sicherheit und Mut. Freude, anderen Menschen in Nächs-


glaube 05 tenliebe zu helfen. Sicherheit, dass sich der Wunsch nach ewigem Leben erfüllt. Mut, wenn Menschen todkrank sind. Dietmar Heydenreich, Pfarrer und Bezirksjugendreferent der Evangelischen Landeskirche in Baden, betont vor allem einen Aspekt: »Das große Glück, ganz viel Spaß zu haben.« Das ist den Jugendlichen der siebten, achten und neunten Klasse besonders wichtig. Christlicher Glaube sei kein Spaßverderber. Verantwortung komme trotzdem nicht zu kurz: Einige Schüler engagieren sich ehrenamtlich, besuchen Menschen im Altenheim oder leiten ein kirchliches Zeltlager. Im Glauben stärker werden, neues Selbstbewusstsein finden, »Gott noch mehr spüren« – das wünschen sich viele Jugendliche wie Carina, Laura und Till. Die Gemeinschaft anderer Christen hilft ihnen dabei. Fromme Jugendliche treffen sich während der Pausen zum Beten. An über 800 Schulen in Deutschland gibt es einen Schülerbibelkreis. Das hat die Studentenmission in Deutschland mit Sitz in Marburg herausgefunden. Die SMD knüpft ein Netzwerk von Christen in Schule, Uni und Beruf. Image-Problem Christsein Viele Jugendliche haben mit dem Christsein immer noch ein Image-Problem. Besonders die aus gläubigen Familien: Kann man als Christ wirklich cool sein? »Na klar, nur bewusster«, sagen manche Teenager in der Reli-Stunde. Carina findet, das einzige Uncoole sei, »neben dem vielen Chatten im Internet auch seine Hausaufgaben machen zu müssen«. Manche seien aber schon »übertrieben gläubig«, sagt Sophie Eberle (16), Realschülerin im Nachbarort. Damit meint sie Aussiedler aus Russland, bei denen Mädchen nur lange Röcke tragen dürfen, keine Hosen. Andererseits beneidet sie diese um ihren Mut. Sie selbst bringt ihn oft nicht auf: Ihren Glauben sichtbar für andere zu leben. Den Glauben leben. Das tun Hauptschüler wie Gymnasiasten, Christen wie Muslime. »Ich bin gläubig. Aber nicht im traditionellen Sinne«, sagt Tijen Onaran. Ihre Eltern kommen aus der Türkei, sind Muslime. Sie selbst faste nicht, gehe nicht in die Moschee. Trotzdem lebt sie ihren Glauben irgendwie: »Aber für mich selbst, nicht mit anderen zusammen«, sagt die 23-Jährige. Viele junge Menschen definieren Glauben für sich selbst. Was suchen aufgeklärte Studierende wie Tijen darin? »Halt, Hoffnung und Erfüllung«, sagt sie. »Aber das muss es nicht sein.« Viele Menschen suchen im Glauben Antworten, die sie sich selbst nicht geben können. Auf Tijen trifft das nicht zu. Die Muslimin will im Glauben nicht die alles erklärende Antwort finden, eher Anregungen. Sie sagt das wohl überlegt, aber wenig gefühlsbetont. Eltern entscheiden den Glaubensweg Warum gehen viele Jugendliche nicht in den Gottesdienst? Oft aus rein praktischen Gründen – wie viele Erwachsene auch: Die einen wollen lange schlafen, andere sind am Wochenende häufig unterwegs. Und manche haben keine gläubigen Eltern. Man müsse ja auch nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen, sagt Till. Mittwochs geht er immer in den Konfirmanden-Unterricht, lernt mit anderen etwas über Gott, was nicht jeder Jugendliche auswendig weiß: Psalm 23, Glaubensbekenntnis und das Vater Unser. •

Glaub dran Der Papst bekommt kein Gehalt. Er bekommt vom Vatikan aber alles gestellt, was er für sein Leben und seine Amtsgeschäfte braucht. So auch das Papa-Mobil, einen getunten Mercedes. Margot Käßmann ist im Oktober dieses Jahr zur Ratsvorsitzenden der EKD gewählt worden. Damit steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der evangelischen Christen in Deutschland. Bei den Katholiken gab es das noch nie: Im Herbst war zwar der Film«Die Päpstin« im Kino. Doch die Kirchenforschung geht davon aus, dass es Päpstin Johanna nie gab, sie eine Kirchenlegende ist. Musiker David Bono soll 1978 in New York gefragt haben, was die christliche Vereinigung junger Männer sei. Die Antwort fand er so lustig, dass er sie zu einem Song komponierte: Y.M.C.A. 10 Tage hat es gebraucht, bis die Internetcommunity evangelisch.de die gesamte Bibel in eigenen Worten getwittert hat. Die Resultate sind auf rekordversuch.evangelisch.de zu sehen. Text: maria janine steiner

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06 green

Live aus Kopenhagen: yaez.de/green

Die Klimakämpfer Wie vier ganz unterschiedliche Menschen fürs Klima kämpfen: die Beamtin, der Demonstrant, der Ingenieur und der Schüler Text: raphael geiger

N

airobi war für Nicole Wilke die Hölle. 2007 findet dort die Klimakonferenz statt. Wilke verhandelt für Deutschland. Draußen ist es drückend heiß, drinnen eisige Klimaanlagenluft. Die Verhandlungen ziehen sich bis spät in die Nacht, und dann hatte Wilke auch noch was Schlechtes gegessen. Da werden ihr die Knie weich, sie kippt um. Die Sache ist ihr bis heute peinlich. Nairobi, Bali, Bangkok. Wenn über die Klimaerwärmung verhandelt wird, ist es draußen meistens tropisch. Drinnen sitzen Vertreter von 190 Staaten – genervt von den zähen Debatten. Die Konferenzen dauern zwei Wochen, aber die große Politik reist erst später an. Bevor die Umweltminister das Abschlusspapier unterschreiben, müssen Nicole Wilke und ihre Kollegen ihren Job gemacht haben. Ihr Job? Deutschlands Handschrift unter den 190 Unterzeichnern so deutlich wie möglich zu setzen. Das heißt: andere von den hehren Zielen der Bundesrepublik zu überzeugen. Deutschland will meistens viel mehr Klimaschutz, als am Ende als Kompromiss herauskommt. Nicole Wilke muss die

Engagement für das Klima: Während Simon Straub, 22, nach Kopenhagen fährt, um dort auf den Straßen zu demonstrieren, schreibt Felix Finkbeiner, 12, Briefe an Entscheider aus der Politik. Beide wollen sie die Welt davon überzeugen, endlich konsequenter für den Klimaschutz einzutreten

piraten«. Und: Simon Straub wird nach Kopenhagen fahren und dort auf die Barrikaden gehen. Er und seine Mitstreiter aus der ganzen Welt planen einen alternativen Gipfel, auf dem weniger gestritten wird. Mit Straßenaktionen wollen sie provozieren, Kopenhagen soll nicht als die verpasste Chance im Gedächtnis bleiben. Am 16. Dezember, wenn die hohe Politik eintrifft, wollen sie aufs Konferenzgelände stürmen und eine »People’s Assembly« abhalten. »Wenn wir den Klimawandel verhindern wollen, müssen wir es jetzt tun«, sagt er. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.« Wenn sich die Staatenlenker in Kopenhagen nicht einig werden, werde man schnell nicht nur ökologische Folgen sehen. »Das wird zu sozialen Konflikten führen«, sagt Straub. »Viele Menschen werden ihre Lebensgrundlage verlieren, es wird zu Kriegen um Wohlstand kommen.« Simon Straub kann überzeugen. Viele seiner Freunde hatten bis dato mit Klimaschutz nichts zu tun – dank ihres Kumpels Simon kommen sie jetzt mit nach Kopenhagen. »Die Hälfte des Stroms können wir mit Wind erzeugen«, sagt Dietrich von Tengg-Kobligk. »Aber sicher.« Klingt verdammt ehrgeizig. Zum Vergleich: 2007 waren es 6,4 Prozent. »Wir können nicht nur, wir müssen«, sagt Tengg-Kobligk. Wenn man mit Dietrich von Tengg-Kobligk spricht, weht ein Hauch Begeisterung durchs Telefon. Der Mann mit dem schwierigen Namen bastelt an der Zukunft. Die Energie der Zukunft – davon ist der 43-Jährige überzeugt – liegt in der Luft, man

»Wir leben bald umgeben von Windrädern« anderen treiben, gegen die Industrielobby kämpfen, China und die USA überzeugen. Viel Verantwortung für eine Beamtin. Wilke ist 46, sie leitet das Referat mit der Kennziffer Kl II 6 im Bundesumweltministerium, Unterabteilung Internationaler Klimaschutz. Deutschlands Stimme im weltweiten Reisezirkus mit dem Projekt Klimarettung. Wilke ist eine Frau, die bestimmt auftritt und gleichzeitig Feingefühl hat – sagen zumindest gleichermaßen Wirtschaftsvertreter und Umweltschützer, und dann muss es ja wohl stimmen. Jetzt reist sie nach Kopenhagen, zusammen mit knapp 20 Experten der deutschen Delegation. Sie will wieder etwas herausholen. Und: bloß nicht umkippen. Aber der Dezember in Dänemark ist nicht so heiß. Der Kampf in klimatisierten Verhandlungssälen ist nicht die Sache von Simon Straub. Straub ist 22 Jahre alt und studiert Politikwissenschaft in Berlin. Schon früh engagierte er sich im Bund Naturschutz, seit einiger Zeit auch bei der Organisation »Klima-

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muss sie nur einfangen. Dafür baut Tengg-Kobligk Windräder. 1999 startet er mit kleineren Anlagen. Die rot-grüne Bundesregierung beginnt, Windkraft zu subventionieren. Seit 2007 arbeitet Tengg-Kobligk für die Firma »Umweltplan« in Brandenburg. Ein Unternehmen, das nicht nur Windräder herstellt, sondern auch ganze Anlagen selbst betreibt. Für Tengg-Kobligk ist es mehr als ein Beruf. Sein Szenario: Schon jetzt beginnt der Klimawandel, der November war drei Grad zu warm. Der Katastrophe könne Deutschland nur mit 100 Prozent erneuerbaren Energien entgehen, sagt Tengg-Kobligk. Er will weiter Windparks bauen, natürlich. »Wir müssen uns umstellen«, sagt er. »Wir leben bald umgeben von Windrädern.« Wenn Felix Finkbeiner aus Starnberg den Mund aufmacht, fällt es einem schwer zu glauben, dass er erst zwölf Jahre alt ist. Zahlenkolonnen sprudeln förmlich aus ihm heraus. Er weiß genau, wie viel CO2 die Menschen in welchem Land der Erde noch einsparen müssen, dass ein Amerikaner so viele Emissionen verursacht wie 40 Afrikaner und was zu tun ist, um den Klimawandel noch zu stoppen. »Tut endlich was«, schreit der Junge der Welt entgegen. Es geht schließlich um die Welt, in der Felix einmal leben soll. Felix weiß ziemlich viel für sein Alter. Mehr als viele Erwachsene je wissen werden. Aber Felix belässt es nicht dabei, er ist kein Neunmalkluger, der seine Klassenkameraden nervt, kein Streber. Felix fordert »gleiche Verschmutzungsrechte für alle Länder« und schreibt Briefe ans Umweltministerium, an die Europäische Kommission, an die UN. Gut möglich, dass Nicole Wilke schon mal Post von ihm bekommen hat. Und er pflanzt Bäume. Massenweise. Er und seine Freunde von »Plant for the Planet« haben sich das Ziel gesetzt, bis zur Klimakonferenz in Kopenhagen eine Million Bäume zu pflanzen. Wie zu hören ist, sind sie gut dabei. »Aber wenn alles nichts bringt«, sagt Felix, »dann gehen wir mit 100.000 Schülern auf die Straße.« •

yaez berichtet aus Kopenhagen yaez-Autor Raphael Geiger ist für yaez in Kopenhagen und berichtet vom Klimagipfel. Über yaez.de, Facebook und Twitter kannst du seine Beiträge lesen, mit der yaez-Redaktion in Kontakt treten und mehr über Klimaschutz erfahren. www.yaez.de/green


Auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen vom 8. bis zum 18. Dezember ringen die Umweltminister um eine gemeinsame Lösung für den Klimaschutz. Erklärtes Ziel ist es, ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll zu finden. 65 Staatschefs haben ihre Teilnahme zur Endphase der Konferenz zugesagt, darunter auch Angela Merkel und Barack Obama.

texte: ineke haug

illustration: jakob hinrichs

Der wichtigste Schritt bisher war die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls 1997, das erstmals völkerrechtlich verbindende Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in Industrieländern festlegte. Die unterzeichnenden Länder verpflichten sich, ihren Verbrauch bis 2012 um 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Trotz des Kyoto-Protokolls hat sich bisher nicht viel am Wachstumstrend der CO2-Emissionen geändert. Das Protokoll läuft 2012 aus, die USA traten 2001 aus. Deutschland ist eines der wenigen Länder, die sich vorbildlich an die Vorgaben von Kyoto gehalten haben: Seit 1990 ist der CO2-Ausstoß um 20 Prozent gesunken.

Ursprüngliches Ziel war ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls, in dem die Erderwärmung nur um zwei Grad steigen soll. Nach dem zähen Verlauf der Vorgespräche ist es aber wahrscheinlicher, dass lediglich eine politische Verabredung getroffen wird. Diese soll dann zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden. Uneinigkeit herrscht vor allem über die Kostenaufteilung: Bisher mussten nur die Industrieländer zahlen. Doch da der Energieverbrauch in Schwellenländern wie China und Indien rasant steigt, fordern viele Teilnehmer auch die finanzielle Beteiligung dieser Staaten. Bislang sperren sich diese aber gegen verbindliche Zusagen.

Die Natur kann das von den Menschen produzierte CO2 nicht vollständig »verdauen«. Es reichert sich in der Atmosphäre an. Bis 2100 wird eine globale Klimaerwärmung von etwa 3,5 Grad Celsius erwartet. Nach Meinung von Umweltorganisationen und Klimaexperten ist der Mensch selbst für diese extrem schnelle Erwärmung verantwortlich. Die Folgen: Gletscher und Pole schmelzen ab, der Meeresspiegel steigt, Regionen, die nur knapp über dem Meeresspiegel liegen, werden unbewohnbar. Mehrere Millionen Klimaflüchtlinge sind zu erwarten, Tiere und Pflanzen verlieren ihren Lebensraum.

Angela Merkel liegt der Klimaschutz am Herzen. Die Bundeskanzlerin kämpft dafür, dass sich die Länder zu einer konkreten CO2-Reduzierung verpflichten. Auch US-Präsident Barack Obama sieht, anders als sein Vorgänger, großen Handlungsbedarf. Doch sein Gesetzentwurf zur CO2-Reduzierung wird momentan noch vom US-Kongress geblockt. Der brasilianische Präsident Lula da Silva plädiert für Finanzhilfen, damit arme Länder die Möglichkeit haben zu wachsen, ohne die Umwelt dabei zu stark zu belasten. Die 17 Regierungschefs der asiatisch-pazifischen Staaten kamen bereits zu der Überzeugung, dass eine abschließende Einigung in Kopenhagen unrealistisch sei.


08 schule

Rapper mit Bildungsauftrag

Rein freundschaftlich

Samy Deluxe setzt sich seit Jahren für den Kampf gegen Aids ein

Studienkreis ruft zum Video-Wettbewerb »Wa(h)re Freundschaft« auf und verlost Digitalkameras von Kodak

Musik, die berührt

Am 1. Dezember war Welt-Aids-Tag. Überall auf der Welt haben sich Menschen eine rote Schleife angeheftet und so ihre Solidarität mit weltweit etwa 33 Millionen Betroffenen gezeigt. In Deutschland leben im Moment etwa 65.000 Menschen mit Aids. Jedes Jahr kommen 3000 dazu, die Zahl der Neuinfektionen steigt sogar an. Ein möglicher Grund: Für viele hat die Krankheit ihren großen Schrecken verloren. Sie werden leichtsinnig und schützen sich nicht mehr ausreichend. Eine Entwicklung, die der Musiker Samy Deluxe nicht nachvollziehen kann: »Mach dein Ding heute Nacht, aber wenn du nicht aufpasst, dann lebst du ab morgen bis zum Ende deines Lebens mit einem ganz großen Fehler, den du in einem unüberlegten Moment gemacht hast.« Denn HIV ist nach wie vor unheilbar. Wer sich ansteckt, muss sein Leben lang Medikamente mit starken Nebenwirkungen nehmen. Samy Deluxe hat bei seiner Arbeit als Botschafter des Welt-Aids-Tags vor allem die soziale Ausgrenzung der Infizierten sehr berührt: »Viele erzählen nicht einmal ihren engsten Freunden von der Krankheit, nehmen ihre Medikamente heimlich.« • www.welt-aids-tag.de

Auf Facebook machen wir ganz selbstverständlich Menschen zu unseren Freunden, die wir noch nie getroffen haben. Aber was verstehen Jugendliche eigentlich unter Freundschaft? Wie erkennen sie echte Freunde, und wie schützen sie sich vor falschen? Das Nachhilfeinstitut Studienkreis möchte das mit einem Kurzfilm-Wettbewerb herausfinden. Schülerinnen und Schüler können dafür selbst erstellte Filme bis zu einer Länge von zwei Minuten einreichen. Dabei ist Kreativität wichtiger als Perfektion, eine Handy-Kamera reicht als Equipment aus. Für alle, die das Projekt trotzdem professionell angehen wollen, verlost der Studienkreis zwei Digitalkameras von Kodak. Die Pocket-Kamera Zi8 ist klein, leicht, einfach zu bedienen und liefert Videos in HD. Die 55 spannendsten Filme werden von einer Expertenjury ausgezeichnet und online gestellt, außerdem gibt es sechs Urlaubsreisen zu gewinnen. Neben einzelnen Schülern können auch Teams und Klassen mitmachen, Einsendeschluss ist der 28. Februar 2010. Schirmherr ist Sänger und Moderator Oli P., der sich auf witzige, aber auch nachdenkliche Beiträge freut. • www.kurzfilm-freundschaft.de

Langsam kehrt in Winnenden wieder Normalität ein. Den 11. März hat dort aber niemand vergessen. Genauso wenig wie die Musiker, die ihre Gefühle und Stimmungen jetzt in Töne und Reime gefasst haben. Hans Derer, Mitproduzent der CD, sagt: »Das Album soll Menschen aller Schichten und musikalischer Präferenzen ansprechen, egal ob sie nun alternativen Rock, Pop-Balladen, Jazz oder Hip-Hop mögen.« Trotzdem gibt es einen roten Faden auf dem Sampler: Die Songs trösten, machen Mut und geben Kraft. Neben alten Hasen wie Xavier Naidoo und den Fantastischen Vier sind auch Newcomer wie die 17-jährige Julia Doubrava alias Jule zu hören. Sie beschreibt in ihrer Ballade »It’s so cold« mit ihrem tiefen Samt-Timbre die Stimmung in der Stadt am Tag nach dem Amoklauf. Den Text hat die Realschülerin aus Winnenden selbst geschrieben. Dies hat ihr dabei geholfen, die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. Alle Musiker verzichteten auf ihre Einnahmen. Fünf Euro gehen pro verkaufter CD an das Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden der Eltern der getöteten Schülerinnen und Schüler. • www.dieliebebleibt.eu

Texte: Ineke Haug; Fotos: EMI (1), Manfred Baumann (1), Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden (1)

Auf der Benefiz-CD »...die Liebe bleibt« gedenken Musiker den Opfern des Amoklaufs in Winnenden



10 schule

65.000 65.200

77.000

60.000

Schule: ein teurer Spaß Um die 70.000 Euro lassen es sich die Bundesländer im Schnitt kosten, einen Schüler von der Grundschule zum Abitur zu bringen. Trotzdem wird in Deutschland jede Woche eine Privatschule gegründet. Woran liegt es, dass immer mehr Eltern freiwillig für die Bildung ihres Nachwuchses bezahlen? Text: ineke haug Für die einen sind sie Privilegierten-Biotope, die anderen sehen sie als sinnvolle Alternative zum staatlichen Bildungssystem. Fest steht, dass sich immer mehr Familien für eine private Schule entscheiden. Derzeit sind es in Deutschland etwa 700.000 Schüler. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Gläubige Jugendliche fühlen sich oft an einer konfessionellen Schule besser aufgehoben, andere schätzen die alternativen Unterrichtskonzepte von Waldorf- oder Montessori-Schulen. Sicherlich hat auch das schlechte Abschneiden bei der PISA-Studie zur Beliebtheit der Privaten beigetragen. Besser ausgestattete Klassenzimmer, kleinere Klassen und individuellere Betreuung – so stellen sich viele den Unterrichtsalltag an einer privaten Schule vor und zahlen dafür bis zu 1000 Euro im Monat. Tatsächlich können private Schulen schneller auf außerschulische Entwicklungen reagieren, da ihre Strukturen flexibler sind. Das hat den Vorteil, dass die Unterrichtsinhalte meist stärker mit den Anforderungen der freien Wirtschaft verknüpft sind. Sie stehen zudem in stärkerem Wettbewerb untereinander und achten schon deshalb auf zeitgemäßen, realitätsnahen Lernstoff. Im Vergleich liegt der Anteil der Privatschüler in Deutschland allerdings immer noch weit unter dem unserer Nachbarländer: In Frankreich geht knapp ein Fünftel der Schüler auf eine private Schule, in den Niederlanden sind es sogar 70 Prozent. •

60.100 72.300

59.800

59.300

61.500

73.600

76.200 79.000

59.700

Gesamtausgaben für die 13jährige Schulausbildung eines Schülers (in Euro)

65.400

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74.300 68.200

Illustration: Jakob Hinrichs

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bildungsausgaben 2006 und Justiz auf einen Blick 2005


illustration: katia fouquet

Eine Beziehung würdevoll beenden? Kommt Jungs nicht in die Tüte. Zu viel Psychogequatsche. Falsche Einstellung, findet Kira Brück

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chlussmachen ist nichts für Anfänger – es ist vielmehr das schwierigste Terrain, auf das man sich in Sachen Liebe begeben kann. Ganz dünnes Eis. Mit brüchigen Stellen. In jedem Fall verdammt gefährlich. Das Fatale ist, dass man beim Schlussmachen nichts richtig machen kann, auch wenn man sich noch so viel Mühe gibt, die brüchigen Stellen im Eis zu umgehen. Nicht gerade tröstlich. Uns Mädchen beruhigt aber, dass wir stets versuchen, eine Beziehung so sanft wie möglich zu beenden. Ausnahme: Der Typ war ein Totalausfall, hat uns betrogen, belogen und beleidigt. Dann können wir äußerst fies werden. Handelt es sich aber um eine handelsübliche Liebe, die wir ad acta legen wollen, dann stecken wir viel Energie in den würdevollen Abschluss. Das sind wir unserem Ex schließlich schuldig. Umgekehrt denken Jungs gar nicht erst daran, ihrer zukünftigen Ex die Trennung so leicht wie möglich zu machen: Sie rücken – mit schwerem Gerät bewaffnet – an unsere Seele heran, fräsen in Windeseile die Trennung wie einen Bohrer in uns hinein – und hinterlassen unser Herz in Fetzen. Wie das möglich ist? Jungs haben eine spezielle Schlussmach-Strategie: Sie entscheiden eines Tages, dass sie von ihrer Beziehung angeödet sind und dass demnächst finito sein muss. Diese entscheidende Info behalten sie schön für sich – und bereiten sich seelisch ganz entspannt auf den Tag X vor. Soll heißen: Das Mädchen wird vor vollendete Tatsachen gestellt, während der Junge schon vor Wochen mit ihr abgeschlossen hat. Das ist unsportlich. Fair geht vor? Nicht, wenn ein Typ wieder Single sein will. Während seiner inneren Emigration schaut er sich schon einmal nach geeignetem Ablenkungsmaterial um. Dieses ist a) alkoholischer Natur und b) weiblichen Geschlechts. Mit beiden zieht er dann nächtelang um die Häuser – um den Schmerz nicht zu spüren, den er weder zulassen noch ertränken kann. Wenn Jungs sich trennen, gibt es keine Erklärungen. Warum auch? Wer Gründe nennt, muss schließlich mit üblem Psychogequatsche rechnen, weil das Mädchen genau wissen will, wie es zu der Entscheidung kam, was sie falsch gemacht hat, ob man noch was retten kann – das Übliche eben. Typen wollen solche Analysen um jeden Preis vermeiden, darum machen sie sich schnellstmöglich aus dem Staub. Sie kennen die Antworten auf all die Mädchen-Fragen nämlich selbst nicht: Sie wissen nicht, was sie an ihrer Ex nervt oder was sie besser machen könnte. Sie haben einfach keinen Bock mehr. Basta. Im Grunde müssen sich Jungs nicht wundern, wenn wir Mädchen hinterher gemein über sie herziehen. Wer beim Schlussmachen die Würde des Mädchens antastet, hat es nicht besser verdient. •

Jungs vollziehen Trennungen wie Matherechnungen. Aber leider ist die Freundin dabei eine unbekannte Größe, findet Marc Röhlig

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ungs sind für Beziehungszeugs nicht gemacht. Schon allein, weil sie nicht wissen, wie man »Beziehungszeugs« schöner ausdrücken könnte. Gesprächführungskompetenz? Aufmerksamkeitsfähigkeit? Schlussmachqualifikation? Wir betrachten alles sehr nüchtern, im Leben wie in der Liebe. Das heißt nicht, dass wir unromantisch, dumpf oder gar egoistisch wären. Das heißt einfach nur, dass wir Dinge nicht hinterfragen. Wenn: er + sie = große Liebe, dann ist alles gut und muss nicht länger diskutiert werden. Wir mögen euch und mögen es, für euch da zu sein und mit euch zusammen zu sein. Was sollte es also zu zweifeln geben? Was sollte daran gerüttelt werden? Wenn sich jemand Gedanken macht, dann seid ihr es. Und wenn etwas zu Beziehungsärger führt, dann sind das Gedanken. Wir wissen in solchen Momenten nicht, wie wir damit umgehen sollen. Direkt ansprechen? Könnte klappen, aber ihr werdet sicherlich gleich alle Fakten umdrehen und eine lange Diskussion einleiten. Also verschweigen? Macht es nie einfacher, hilft aber den Angsthasen unter uns, Dinge aufzuschieben. Und Angsthasen sind wir gerne. Schwups sind wir mitten im Schlamassel: Etwas steht zwischen uns und euch, und wir wissen nicht, wie wir es ansprechen sollen. Platzen wir irgendwann damit heraus, bauen wir alles sorgsam wie eine Mathe-Rechnung auf. Wir addieren die positiven Aspekte (um euch zu schmeicheln) und dividieren dann durch die »negative Stimmung« (um euch nicht zu verletzten). Die »negative Stimmung« machen wir nicht an euch fest. Wir machen sie eigentlich an gar nichts fest, weil wir in einer Trennungssituation immer zu Sprachlegasthenikern werden – also sind wir ganz unverfänglich und nüchtern mit »der Gesamtsituation unzufrieden«. Und nun versteht ihr genau das falsch, ihr seid die unbekannte Größe in unserer Rechnung. Sagen wir, wir finden euch süß, aber – dann versteht ihr, wir fänden euch unattraktiv. Sagen wir, wir brauchen mehr Freiraum, obwohl – dann versteht ihr, wir haben schon längst eine andere. Dabei wollen wir oft tatsächlich nur sagen, dass wir Freiraum brauchen oder eben trotz eures schönen Lächelns keine Gefühle mehr für euch empfinden. Was könnt ihr also lernen? Ihr könnt uns wörtlich nehmen! Wenn wir sagen, dass wir euch lieben, dann meinen wir das genauso. Ihr müsst das nicht anzweifeln. Und wenn wir euch nicht mehr lieben, dann meinen wir auch das meist genauso. Und was können wir lernen? Wahrscheinlich, eure Signale lesen zu lernen. Und selbst lieber auf Signale und Gespräche als auf Rechnungen zu vertrauen. Denn immer, wenn ich versucht habe, etwas zu addieren oder zu dividieren – dann hat meine Freundin plötzlich erbost den Schlussstrich gezogen. •

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12 schule SCHULEN IM AUSLAND: ITALIEN Serie:

Frontalunterricht und Büffeln: Lernen wie vor 100 Jahren

Schulen im Ausland

Obwohl Jugendliche, Lehrer und Eltern regelmäßig gegen Missstände in der Schule demonstrieren, bleibt in Italien alles beim Alten Text und fotos: Sophia E. Gerber

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lisa (19), Samantha (18) und Sara (20) sind beste Freundinnen. Die drei Mädchen besuchen die 13. Klasse der Tourismusschule »Barbarigo-Sarpi« in der Lagunenstadt Venedig. Nächsten Sommer wollen sie das Abitur, die maturità, machen. »Ich habe keine Lust mehr, morgens um sechs Uhr aufzustehen und zur Schule zu gehen«, murrt Sara, die schon zweimal sitzen geblieben ist. Elisa, die auch eine Ehrenrunde gedreht hat, nickt zustimmend. Wie sie mussten im vergangenen Jahr 16 von 100 Schülern eine Klassenstufe wiederholen, obwohl sich dadurch kaum ihre Leistungen verbesserten. Nicht zu reden von den Millionen an staatlichen Mehrkosten. Rettungsanker für begüterte Familien ist oftmals der Wechsel an eine Privatschule. Gegen teures Geld versprechen die meist kirchlichen Einrichtungen einen Durchmarsch des Nachwuchses bis zum Abschluss. Für alle anderen bleibt der Nachhilfeunterricht, den die Schulen je nach Bedarf am Nachmittag oder in den dreimonatigen Sommerferien organisieren. Schließt der Schüler hier seine Lernlücken erfolgreich, kann er nachträglich noch versetzt werden. Doch auch ohne Zusatzstunden haben die Jugendlichen genug zu tun. Durchschnittlich 35 Stunden pro Woche drücken sie die Schulbank – einschließlich samstags. Am Nachmittag geht es weiter mit der Erledigung von Hausaufgaben und dem Lernen für Tests, Klassenarbeiten und die interrogazioni. Diese mündlichen Abfragen haben in Italien Tradition. »Jedes Mal zucke ich zusammen, wenn der Lehrer mit dem Finger durch das Klassenbuch fährt und bei meinem Namen stehen bleibt. Dann käue ich das wieder, was ich im Unterricht mitgeschrieben habe oder was im Schulbuch steht. Manchmal fühle ich mich wie eine Kuh«, schildert Samantha ironisch die Prüfungssituation. Sinn für Humor brauchen die Mädchen, um den monotonen Schulalltag und den Leistungsdruck zu

Die Klasse von Elisa, Samantha und Sara versammelt sich um den Lehrerpult (oben). In Italien ist noch Frontalunterricht angesagt, die Sitzenbleiber-Quote ist besonders hoch. Gegen diese Verhältnisse demonstrieren Schüler und Studenten (unten) gemeinsam, sie fordern eine Bildungsreform

Analyse klassischer Texte. Zeichnen, Musizieren und Darstellendes Spiel gibt es nur an Grund- und Mittelschulen oder am Kunstgymnasium. Selbst im Physik- und Chemieunterricht lernen die Schüler eher Formeln und Gesetze auswendig, als im Labor zu experimentieren. Es fehlt an der nötigen Ausstattung, angefangen bei naturwissenschaftlichen

Überall in Italien wurden Schulen und Hochschulen besetzt, Straßen und Bahngleise blockiert sowie Massenkundgebungen organisiert überstehen. Nach wie vor dominieren der Frontalunterricht und die Vermittlung reinen Faktenwissens. Statt Alltagskommunikation und Sprachspielen bevorzugen Englisch- und Französischlehrer das Pauken von Vokabeln und Grammatik oder die

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Geräten über funktionstüchtige CD- und DVDPlayer bis hin zu Computerarbeitsräumen mit Internetzugang. Die Einsparungen der konservativen Regierung in Milliardenhöhe verschärfen die Situation zusätz-

lich. Bis 2011 sollen 130.000 Lehrer- und Verwaltungsstellen wegfallen, und die Zahl der Schüler pro Klasse soll sich auf 30 erhöhen. Schüler, Lehrer und Eltern liefen Sturm gegen die Reformen von Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seiner Bildungsministerin Mariastella Gelmini. Überall in Italien wurden Schulen und Hochschulen besetzt, Straßen und Bahngleise blockiert sowie Massenkundgebungen organisiert. Auch Elisa, Sara und Samantha waren vergangenes Jahr in Venedig dabei, als ein Trauerzug aus Demonstranten das öffentliche Bildungssystem symbolisch in einem Sarg zu Grabe trug. »Wenn uns etwas nicht passt, dann streiken wir«, bestätigt Sara die ausgeprägte Protestkultur unter italienischen Jugendlichen. Für Unzufriedenheit sorgen zudem die Verhältnisse an den Berufs- und Fachoberschulen. Während ihre Klassenkameraden vom Gymnasium, die liceali, Altgriechisch, Latein und Philosophie auf dem Stundenplan haben, sollen die Berufsschüler in der Praxis lernen. »Ich habe mich für die Tourismusschule entschieden, weil meine Eltern einen Gasthof haben und ich dort später mitarbeiten möchte«, erklärt Elisa. Doch die Jugendlichen fühlen sich auf Ausbildung und Beruf kaum vorbereitet. Experten bemängeln zu viel Theorie, zu wenige Betriebspraktika und Lehrgänge sowie die mangelnde Zusammenarbeit mit örtlichen Unternehmen. Dafür führen – anders als zum Beispiel in Deutschland – alle Schularten zur allgemeinen Hochschulreife. Elisa, Samantha und Sara denken jedoch gar nicht daran, nach dem Abitur zu studieren. Auf die Frage, was sie später einmal machen wollen, antworten sie einstimmig: »Keine Ahnung!« »Irgendetwas mit Menschen. Vielleicht Verkäuferin«, fügt Sara nach kurzem Überlegen hinzu. Plötzlich klingelt ein Handy. Samantha wühlt aufgeregt in ihrem hellblauen, mit Kommentaren ihrer Mitschüler bekritzelten Invicta-Rucksack, dem Pendant zum Eastpak an deutschen Schulen. Dabei kramt sie allerlei Sachen heraus: Ein 500 Seiten dickes Mathebuch – täglich tragen die Jugendlichen mehr als zehn Kilo Schulbücher auf dem Rücken, für die Eltern pro Jahr mehrere Hundert Euro ausgeben. Es folgt eine Sonnenbrille der Marke Ray Ban – der Blick auf einen italienischen Schulhof genügt, um sich über aktuelle Modetrends zu informieren. Und schließlich einen Smemoranda-Taschenkalender, der – gespickt mit Fotos, persönlichen Widmungen und Lästereien über Lehrer und Klassenkameraden – tiefer in die Gedankenwelt der Jugendlichen blicken lässt als jedes Tagebuch. »Meine Mutter fragt, wann ich zum Mittagessen komme«, sagt Samantha, nachdem sie aufgelegt hat. Schule hin oder her: Die Familie bleibt die wichtigste Institution in Italien. •


berufswahl 13

BRANCHENZOOM: SOZIALE BERUFE

Die Profi-Helfer Ein Helfersyndrom ist nicht nötig, um im sozialen Bereich zu arbeiten. Karriere macht man hier zwar nicht, aber dafür kann die Arbeit mit Menschen richtig Spaß machen Text: anne allmeling illustration: jakob hinrichs

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eicht ist ihr die Entscheidung nicht gefallen. Kein Wunder: Nach dem Abi hatte Juliane die Qual der Wahl: Ihr Abschluss war so gut, dass sie sich aussuchen konnte, was sie studieren will. Medizin? Jura? Oder doch lieber etwas mit Wirtschaft?Juliane hat in Gedanken alle Möglichkeiten durchgespielt. Schließlich hat sie sich an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg für Sonderpädagogik eingeschrieben – und ihre Wahl nicht bereut. Dass sie später nicht in einem Unternehmen arbeiten will, war Juliane Höhnle von Anfang an klar.

»Immer nur Leistung bringen und Leute rausschmeißen – das liegt mir nicht«, sagt die 21-Jährige. Nach dem Abi hat sie erst einmal ein Jahr als Au-pair in Spanien gearbeitet. Um vier Kinder hat sie sich dort gekümmert und festgestellt, dass ihr das Spaß macht – obwohl oder gerade weil eines der Kinder Lernschwierigkeiten hatte. »Da habe ich gemerkt, dass ich auch später mit Kindern zu tun haben möchte – auch mit Kindern, die Probleme haben.« Grundschullehrerin zu werden kam für Juliane deshalb nicht infrage. Sie hat beobachtet, dass viele

Kinder nicht richtig gefördert werden. Und genau da will sie ansetzen: »Es gibt so viel Ungerechtigkeit in der Schule. Manche Kinder haben viel Potenzial, werden aber links liegen gelassen, weil sie einen schwierigen Hintergrund haben. Denen möchte ich eine Chance geben.« An der PH in Ludwigsburg wurde Juliane sofort genommen. Schließlich konnte sie noch mehr vorweisen als einfach nur eine gute Abi-Note: Ein überzeugendes Motivationsschreiben, ihre Erfahrung als Au-pair und die Tatsache, dass sie schon zu Schulzeiten jüngere Kinder in Karate trainiert >> yaez


14 berufswahl hat, gaben Pluspunkte. Inzwischen ist Juliane im dritten Semester und hat einiges an Erfahrung dazugewonnen: Ihr jüngstes Blockpraktikum hat sie in Argentinien absolviert. Dabei hat sie festgestellt, dass ihr die Arbeit mit älteren Schülern besonders Spaß macht. David Leverenz dagegen kümmert sich lieber um kleine Kinder. Der 22Jährige arbeitet als Erzieher in einer Hamburger Kindertagesstätte. Er ist begeistert von seinem Beruf: »Ich gehe einfach darin auf«, sagt er und lacht, weil er seine Freude an dieser Arbeit gar nicht besser begründen kann. »Kinder machen einfach gute Laune.« Nach dem Realschulabschluss hat David eine Ausbildung zum Hauswirtschafter gemacht und dabei vor allem mit älteren Menschen zu tun gehabt. »Das hat mich nicht so glücklich gemacht«, erzählt er. »Nicht, dass es mir nicht gefallen hätte. Aber das kann ich später auch noch machen. Jetzt möchte ich lieber mit Kindern arbeiten.« Deshalb hat sich David noch drei Jahre lang an der Erzieherfachschule in Schleswig ausbilden lassen. Seit sechs Monaten arbeitet er als Erzieher. Damit gehört er zu den wenigen Männern, die sich für diesen Beruf entscheiden. Von den insgesamt 170 Pädagogen der Hamburger »Kinderwelt« sind gerade mal 19 Männer – und das ist noch ein relativ guter Schnitt. Sibylle Arendt von der »Kinderwelt« weiß: »Männer sind insgesamt

Seit einem halben Jahr arbeitet David als Erzieher – und gehört damit zu den wenigen Männern, die sich für diesen Beruf entscheiden unterrepräsentiert. Dabei ist es sehr wichtig, dass Kinder auch von ihnen erzogen werden. Gerade in den ersten Jahren passiert bei den Kindern viel. Und die Anregungen zum Handwerken und Fußballspielen kommen eher von Männern. Die Kinder sollen am besten beide Rollenmodelle vorgelebt bekommen.« Von den Erziehern wird viel erwartet: Geduld und eine positive Lebenseinstellung seien nur zwei von mehreren Kriterien, auf die es in diesem Beruf ankomme, sagt Arendt. Das kann David nur bestätigen. »Wenn ich möchte, dass ein Kind aufräumt, und nichts passiert – da hat man manchmal schon das Gefühl: Ich rede gerade mit einer Wand«, erzählt er und lacht. Aber David weiß, damit umzugehen: »Da gibt es verschiedene Strategien: ein Spiel daraus machen zum Beispiel.« David hat beobachtet, dass viele Erwachsene glauben, die Arbeit in einem Kindergarten sei zu nervig. »Wer es dann mal ausprobiert, ist überrascht. Vor

Soziale Berufe: Einstieg und Fakten Der Bereich der sozialen Berufe ist sehr vielschichtig, deshalb gibt es keine pauschalen Angaben zu Verdienstmöglichkeiten und Einstiegsvoraussetzungen. Es empfiehlt sich aber generell, ein Praktikum, beispielsweise in einer Pflegestation, oder ein soziales Jahr zu absolvieren, damit man sieht, ob einem der Bereich überhaupt liegt. Eines zumindest haben alle Sozialberufe gemeinsam, sie wollen Menschen helfen, die sich nicht mehr selbst helfen können. Ob als Krankenschwester, Sonderschullehrerin oder Familienhelferin, immer steht der Mensch im Mittelpunkt. Doch auch administrative Aufgaben nehmen viel Raum in den Arbeitsabläufen ein, deshalb sind Organisationstalent und Eigenverantwortung genauso wichtige Voraussetzungen, wie die Bereitschaft mit Menschen zu arbeiten. Übrigens: Alleine im Gesundheitswesen in Deutschland arbeiten rund 11 Prozent aller Beschäftigten. Das ist mehr als zehnmal so viel wie beispielsweise in der Chemischen Industrie.

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Kurzem waren zwei Kollegen hier, die eigentlich lieber in einem anderen Bereich arbeiten wollten. Die haben am Ende des Tages nur gesagt: ›Ist das cool!‹ Die wollen jetzt auch in einer Kita arbeiten.« Um herauszufinden, was einem liegt und welche Arbeit zu einem passt, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Praktika, ehrenamtliche Mitarbeit oder ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Anne Haug hat sich für ein FSJ entschieden und ist nach dem Abitur nach Mexiko gegangen. Dort hat sie in einem Kinderheim gearbeitet und ganz eigene Erfahrungen gesammelt: »Ich habe zahlreiche Leute getroffen, die mich unterstützt haben, obwohl sie mich kaum kannten. Das war teilweise nicht bloße Hilfsbereitschaft, sondern richtig große Hilfe«, erzählt die 22-Jährige. »Wenn man die Situationen summiert, war ich wahrscheinlich diejenige, die die meiste soziale Unterstützung genossen hat. Das waren schöne Erfahrungen, die man in Erinnerung behält. Manchmal denke ich, dass sich so ein soziales Jahr wahrscheinlich viel später im Leben auszahlt. Dann begreift man, was man erlebt hat, und versucht, es auf irgendeine Weise zurückzugeben oder umzusetzen.« Genau das hat Juliane vor. Sie sei in einem guten sozialen Umfeld aufgewachsen, erzählt sie, und möchte anderen helfen, ihre Chancen zu nutzen – auch wenn sie betont: »Ich bin gar nicht so sozial. Ich mache, was mir gefällt.« •

Soziale Berufe

Heilpädagoge/in Krankenpflegehelfer/in

Sozialarbeiter/in

Kinderpfleger/in Sozialpädagoge/in

Erzieher/in

Heilerziehungspfleger/in

Kinderkrankenschwester

Hauswirtschafter/in

Hebamme

Arzthelfer/in

Altenpfleger/in

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16 buch

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»Ohne professionelle Distanz geht man kaputt!« Bekannt wurde Thomas Sonnenburg als Streetworker in der RTL-Doku-Soap »Die Ausreißer – Der Weg zurück«. Seit fast 17 Jahren arbeitet der Sozialarbeiter mit Jugendlichen, die die Straße als ihren Lebensmittelpunkt gewählt haben interview: ineke haug

Ihre Sendung ist bereits erfolgreich, warum haben Sie sich jetzt entschieden, ein Buch zu schreiben? Thomas Sonnenburg: Ich greife ja in meinem Buch auch die Fälle aus dem Fernsehen auf, habe aber die Möglichkeit, mich viel intensiver mit den Familienstrukturen zu beschäftigen. Wenn ein Jugendlicher von zu Hause abhaut, dann reichen die Gründe oft bis in die frühe Kindheit zurück: häusliche Gewalt oder Alkoholmissbrauch der Eltern beispielsweise. Wenn ich mit einem Jugendlichen ein Jahr lang arbeite, sind die Kameras vielleicht 10- bis 20-mal dabei. Im Buch kann ich zeigen, dass die Jugendlichen gute Gründe für ihr Verhalten haben und nicht mal eben aus einer Laune heraus von zu Hause weggehen. An wen richtet sich das Buch? An alle, die sich für meine Arbeit und meinen Hintergrund interessieren. Mir war außerdem wichtig, dass das Buch auch Ratgeber ist und konkrete Hilfsangebote macht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Eltern und Jugendlichen sehr dankbar für Unterstützung sind. Oft haben sie aber Angst vor Institutionen wie zum Beispiel dem Jugendamt. Ich möchte vermitteln, dass es völlig in Ordnung ist, Hilfe anzunehmen. Was raten Sie Eltern und Jugendlichen, die nicht mehr miteinander sprechen? Ich beobachte in vielen Familien, dass die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern gestört ist. Sie haben keine gemeinsame Sprache mehr. Denen kann ich nur raten, wieder anzufangen, miteinander zu reden, sich für den anderen zu interessieren. Wenn ich vom anderen nichts weiß, kann ich auch

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kein Verständnis für ihn aufbringen. Jugendliche sollten das Gefühl haben, dass sie in der Familie ein Mitbestimmungsrecht haben und nicht einfach vor Entscheidungen gestellt werden. Was glauben Sie, warum vertrauen Ihnen die Jugendlichen? Ich bin sehr ehrlich zu ihnen, sehe sie als Partner. Ich biedere mich nie an, und wenn die Jugendlichen beispielsweise Alkohol trinken oder kiffen, akzeptiere ich das erst einmal. Dazu stehe ich, und auf dieser Grundlage entwickelt sich ein Vertrauen zueinander. Ich komme nicht auf sie zu und fange sofort an, sie erziehen zu wollen. Das sind Menschen, die schon ganz oft enttäuscht worden sind. Ich muss ihnen erst mal beweisen, dass ich es ehrlich mit ihnen meine, dann kann ich auch mit ihnen darüber reden, was falsch läuft. Woher nehmen Sie die Kraft, diesen Beruf seit 17 Jahren auszuüben? Ohne eine Portion professioneller Distanz geht man kaputt. Die meisten Schicksale sind ja schon sehr hart. Ich nehme mir immer wieder bewusst Auszeiten, fahre zum Beispiel für ein paar Tage ans Meer. Man muss sich frei machen von der Verantwortung, immer für den Jugendlichen da sein zu müssen. Letztendlich kann man ihn nur ein Stück weit auf seinem Weg begleiten, den Rest muss er selber machen. Dennoch bin ich mir bewusst, dass ich Teil des Lebens dieser Jugendlichen werden kann und dass ich eine enorme Verantwortung für sie habe. Thomas Sonnenburg »Die Ausreißer – Der Weg zurück« 224 Seiten, 16,95 €, Mosaik-Goldmann, erscheint am 04.01.2010


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»Jeder Traum fängt mit harter Arbeit an« Interview mit Nachwuchsschauspieler Asher Book über den neuen Musikfilm »Fame« interview und texte: jochen blind Heiligabend startet der Musikfilm »Fame« in den deutschen Kinos. Die Neuauflage des gleichnamigen Klassikers zeigt, welche Mühen talentierte Jugendliche auf sich nehmen, um an der berühmten New Yorker School of Performing Arts aufgenommen und ausgebildet zu werden. Der 21-jährige Nachwuchsschauspieler Asher Book spielt darin Marco, einen angehenden Sänger. Im Interview mit yaez spricht er über die Dreharbeiten – und sein Leben als junger Star.

»Zweiohrküken« Vor zwei Jahren landete Til Schweiger mit der Liebeskomödie »Keinohrhasen« einen Überraschungserfolg: Weit über sechs Millionen Zuschauer wollten sehen, wie er sich als schmieriger Womanizer Ludo einen heftigen Geschlechterkampf mit der quirligen Kindergärtnerin Anna (Nora Tschirner) liefert. Kein Wunder also, dass Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Til Schweiger an diesen Megahit anknüpfen möchte. »Zweiohrküken« zeigt den tristen Beziehungsalltag von Anna und Ludo, der sich nach dem ersten Verliebtsein zwangsläufig einstellen musste. Im Unterschied zum Vorgängerfilm richtet sich die Fortsetzung ganz klar an ein erwachsenes Publikum. Der Grund: Der zweite Akt des Beziehungsclinchs ist mit pikanten Situationen und schlüpfrigen Anspielungen geradezu gespickt – und mit grandiosen Gaststars wie Uwe Ochsenknecht, Heiner Lauterbach, Yvonne Catterfeld, Paul van Dyk und Wladimir Klitschko. Der Film hat sicher nicht den Charme von »Keinohrhasen« – für eine Fortsetzung ist er aber erstaunlich rund geworden.

Im Februar 2009 erhielt Heath Ledger für seine herausragende Leistung als Joker in »The Dark Knight« posthum den Oscar. Der Blockbuster war jedoch nicht der letzte Film, in dem der verstorbene Schauspieler mitgewirkt hat: Der Australier starb während der Dreharbeiten zu »Das Kabinett des Dr. Parnassus«, der nun in die Kinos kommt. In den fehlenden Szenen sprangen Johnny Depp, Colin Farrell und Jude Law für ihren Kollegen ein – als Hommage an einen außergewöhnlichen Menschen. Doktor Parnassus, mehrere Tausend Jahre alt, bereist die Welt mit seinem Imaginarium, mit dem er die Menschen in die Welt ihrer Träume und Fantasien entführt. Doch Parnassus trägt ein düsteres Geheimnis mit sich herum: Seine Unsterblichkeit verdankt er einem Pakt mit dem Teufel. Das ist jedoch nicht der einzige dunkle Punkt des Doktor Parnassus... Regisseur Terry Gilliam musste die Story aufgrund des plötzlichen Todesfalls anpassen, was nicht durchweg gelungen ist. Der Film ist dennoch ein schmerzlich schöner Abschied von Heath Ledger – einem der begnadetsten Schauspieler seiner Zeit.

Wozu brauchen wir ein neues »Fame«? Der Film ist kein Remake des Klassikers von 1980, denn es gibt neue Musik und neue Charaktere. Außerdem geht es um Schüler, wie sie heute leben. So wie Marco, deine Rolle. Erzähl was über ihn... Es war eine tolle Sache: Marco ist mir sehr ähnlich. Er wächst in einer heilen Familie auf, und sein ganzes Leben ist von Musik geprägt. Er ist der ganz normale Junge von nebenan, der immer ein Lächeln auf dem Gesicht trägt. Wegen dieser Ähnlichkeiten ist es mir leichtgefallen, ihn zu spielen. Wie waren die Dreharbeiten? Es war fantastisch, mit so vielen talentierten jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Die Arbeit wurde dadurch viel leichter, dass man die ganze Zeit mit so tollen Sängern, Schauspielern und Tänzern zusammensteckte. Aber es war auch sehr anstrengend: Ich musste für die Rolle Klavier spielen lernen. Und es sollte so wirken, als ob ich das schon ewig mache. Das war eine große Herausforderung. Was ist die Botschaft von eurem »Fame«? Viele Menschen sehen bei Musikern und Schauspielern nur den Glamour, die Partys, den roten Teppich. Aber man muss sehr hart arbeiten, um dahin zu kommen. Das will dieser Film zeigen. Es ist eine lange Reise, bis man als Künstler Erfolge feiert. Es geht abwärts und aufwärts, man muss sich gegen Widerstände durchbeißen, und manchmal fehlt die Unterstützung von Freunden und Familie. Das ist nicht immer einfach. Jeder Traum fängt mit harter Arbeit an. Was machst du denn so, wenn du nicht hart arbeitest? Ich hänge gern mit Freunden ab, gehe mit ihnen ins Kino, ins Fitnessstudio oder spiele Basketball. Ich bin gern unterwegs und muss immer mit Leuten zusammen sein. Du hast auch eine Band... Ja, seit zwei Jahren bin ich Frontsänger bei V Factory. Kürzlich haben wir unser erstes Album veröffentlicht. Wir machen eine Mischung aus Pop und R&B. Manche sagen auch, wir klingen ein bisschen wie Justin Timberlake. Wie wichtig ist Musik für dich? Musik ist sehr, sehr wichtig für mich. Ich singe, seit ich sieben bin. Musik ist für mich eine große Inspiration. Ich werde mir das hoffentlich das ganze Leben lang bewahren.

Frankreich/Kanada 2009, 122 Minuten, R: Terry Gilliam, D: Heath Ledger, Johnny Depp, Colin Farrell, Jude Law, Christopher Plummer, Lily Cole; Kinostart: 07.01.2010

USA 2009, 105 Minuten, R: Kevin Tancharoen, D: Asher Book, Naturi Naughton, Kay Panabaker, Anna Maria Perez de Tagle, Kelsey Grammer, Megan Mullally; Kinostart: 24.12.2009

Deutschland 2009, 120 Minuten, R: Til Schweiger, D: Til Schweiger, Nora Tschirner, Ken Duken, Matthias Schweighöfer, Uwe Ochsenknecht; Kinostart: 03.12.2009

»Das Kabinett des Dr. Parnassus«

Fotos: Verleih (3)

Asher, wie bist du zum Film »Fame« gekommen? Seit meiner Kindheit habe ich Musik gemacht. Als ich dann hörte, dass »Fame« neu verfilmt werden soll, war ich natürlich sehr interessiert. Ich habe das Drehbuch gelesen und gleich gefühlt, dass es das Richtige ist. Ein halbes Jahr habe ich mich dann um die Rolle bemüht, bis es geklappt hat. Es war für mich eine große Chance, weil ich dabei Musik und Schauspielerei verbinden konnte.

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Beschenke deinen Nächsten! Sorry, liebe Leser, die Preise unserer Weihnachtsverlosung könnt ihr nicht gewinnen – aber ihr könnt sie verschenken. Schreibt uns, warum eure beste Freundin oder euer bester Freund eine tolle Weihnachtsüberraschung verdient hat. Genaue Infos und Teilnahme auf yaez.de (Webcode: »@42608400«)

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Fritten für den Klimaschutz McDonald’s hat angekündigt, in Deutschland den roten Hintergrund seines Logos in grün zu ändern – um Engagement im Klimaschutz zu zeigen Klimaschutz fängt beim Menschen an, eine Grünfärbung reicht da nicht aus, findet Patrick von Krienke

Doch, denn kleine Änderungen haben bei McDonald’s große Wirkung, erwidert Leon Wennigloh

Nirgendwo in der Welt sind Image und Ansehen so wichtig wie bei internationalen Wirtschaftsunternehmen. Jedes Jahr investieren die großen Konzerne dieser Welt große Summen in Werbung und Marketing, in Berater und Kampagnen – damit das Image stimmt. In den Sechzigern war es vorwiegend Zuverlässigkeit und Integrität, die beim Kunden ein gutes Konsumgefühl hervorriefen. Heutzutage haben auch Umwelt- und Klimaschutz die Marketingabteilungen der großen Firmen erreicht. Wen verwundert es da, das eine so konsumentenabhängige Kette wie McDonald’s auf den grünen Zug mit aufspringt? Zugegeben: Sich zum Umweltschutz zu bekennen und logistische Abläufe zu optimieren, ist besser als nichts für die Umwelt zu tun. Zumal es auch reale Kosten einspart. Auch die McDonald’sProgramme für die Fleischqualität sind wichtig. Aber nicht konsequent: Das Nahrungsmittelkonzept zu quasi jedem Essen Fleisch zu servieren, ist nicht nur gesundheitlich bedenklich, sondern aus Umweltschutz- und Klimasicht fatal. Auch gibt es wohl kaum eine größere Energieverschwendung, als ständig laufende Friteusen, was aber notwendig ist, soll der Kunde innerhalb weniger Momente etwas Essbares in die Hand bekommen. Wer jedoch die eigenen Preisstrategien vor allem auf dem Rücken der Mitarbeiter und Aushilfen austrägt, ist nicht nur ein Menschen-, sondern auch ein Umweltfeind. Von den kargen Stundenlöhnen für die monotone Maloche in der Burgerbraterei wird sich jedenfalls niemand ein umweltfreundliches Leben finanzieren können. Da sehe ich auch bei einem grünen McDonald’s rot. •

Grün ist die Farbe der Hoffnung, und dass ein Weltkonzern wie McDonald’s die Farbe seines Logos, zumindest in Deutschland, wechselt, um Respekt vor der Umwelt zu signalisieren, macht in der Tat Hoffnung. Natürlich leitet der Bulettenbrater damit kein neues Öko-Zeitalter ein. McDonald’s ist kein Reformhaus. Das ist auch jedem klar. Aber selbst kleine Verbesserungen bei McDonald’s haben große Auswirkungen, schließlich zählte die Restaurantkette im vergangenen Jahr weltweit fast 100 Millionen Gäste. Auch für Hunderttausende Mitarbeiter und Zulieferer geht von dem Image-Wechsel ein Zeichen aus. Auf Kritik von Greenpeace stellte McDonald’s die Fütterung der großen Rinderzuchten in Lateinamerika um, weil die Tiere mit Sojamehl gemästet wurden, angepflanzt auf brandgerodetem Amazonas-Boden. Schon längst wird nicht mehr nur Fleisch serviert, sondern auch Salate. Neben Cola und Fanta gehen inzwischen auch Apfelschorle und Milch über die Ladentheke. Und auch bei der Verpackung hat schon vor langer Zeit ein Bewusstseinswandel stattgefunden. So sind die Burger-Schachteln aus Pappe – und nicht mehr aus Schaumstoff, wie noch in den 1980er Jahren. Was darüber hinaus nur wenige wissen: Die Logistikflotte von McDonald’s fährt größtenteils mit Biodiesel. In Chicago wurde ein ökologisches Modell-Restaurant eröffnet, das neben anderen umweltfreundlichen Merkmalen eigens Parkplätze für Hybrid-Fahrzeuge vorhält. All diese Maßnahmen machen noch keine Öko-Revolution, sind aber ein Schritt in die richtige Richtung und sollten deshalb nicht belächelt werden. •

illustration: niko burger

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