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Katharina Berkmüller-Stutz im Ortsmuseum Wängi

Katharina Stutz. (1809 – 1876). Dichtungen. Herausgegeben vom Verfasser der Gemälde aus dem Volksleben. 1835. Zweite Ausgabe. 9.2 x 14.8 cm. Inv.Nr. B 80. Ortsmuseum Wängi.

Katharina Berkmüller-Stutz. (1809 – 1867). Gedichtbändchen. Einband aus schwarzem Leder mit Goldprägung. Goldschnitt. Mit Signatur. Ohne Datierung. 11.5 x 15.0 x 1.5 cm. Inv.Nr. B 172. Ortsmuseum Wängi.

Wir beginnen unsere Erkundungen nach dem Werk und nach der Person der Katharina Berkmüller-Stutz mit einem Überblick über alle relevanten Objekte aus dem Ortsmuseum Wängi.

Da ist zunächst ein gedrucktes Gedichtbändchen. Es erschien 1835 bereits in zweiter Auflage bei der «Schulthess’schen Buchhandlung» in Zürich. Über seine interessante Geschichte wird noch zu berichten sein.

Der Wängemer Dorfarzt Hermann Walder (1855–1931) hat das Büchlein erworben und über seine Nachkommen fand es um 1980 den Weg ins Ortsmuseum. Auf der Titelseite ist als Bleistiftvermerk noch der Name des Besitzers «Dr. Walder» zu lesen. Auf der Rückseite des Einbandes findet

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8 sich der vermutliche Kaufpreis aus dem Jahre 1835: «1 Btz» (1 Batzen).

Ein zweites – und für unsere Spurensuche das herausragendste – Objekt ist ein Gedichtbändchen mit gut 140 handgeschriebenen Gedichten. Die Mutter Katharina schenkte es einst ihrer Tochter Louise. In der Widmung auf der ersten Seite schreibt die Mutter den Namen ihrer Tochter französisch als «Louise». Später dann, in den Gedichten selber, erscheint er eingedeutscht als «Luise» oder «Luischen». Im ersten Gedicht mit dem Titel «Meinem lieben Kinde Luise Berkmüller bei Überweisung einiger Gedichte» heisst es:

Was ich oft in den stillen Stunden In meiner Einsamkeit empfunden, Das sagen diese Lieder hier, auch wenn ich nicht mehr lebe, dir.

Sie zeugen dir von manchen Freuden, Und zeugen aber auch von Leiden, Von mancher Stunde schwer und bang, Im wechselvollen Lebensgang.

Wo ich in trüben schweren Stunden Beruhigung und Trost gefunden, Und was mir durch mein Leben hin Geschenkt den still zufriednen Sinn.

Das wird dies Büchlein dir erzählen, Drum will ich’s zum Geschenk dir wählen, Ist dies Geschenk auch noch so klein, Kann es dir doch recht nützlich sein.1

Ins Ortsmuseum Wängi fand das Bändchen seinen Weg ebenfalls über die Familie des Dorfarztes Hermann Walder. Berkmüllers und Walders waren während einiger Jahre Nachbarn an der Dorfstrasse in Wängi.

Neben diesen beiden gebundenen Werken finden sich im Ortsmuseum Wängi einige handgeschriebene Gedichte auf einzelnen Faltblättern oder aufgezogen als Gratulationsschrift. Leider ist nur letztere datiert. Die Gedichte auf den losen Blättern, deren Weg ins Ortsmuseum sich nicht mehr zuverlässig rekonstruieren lässt, sind teilweise auch im bereits erwähnten Gedichtbändchen für Louise enthalten. Vermutlich stammen sie aus der Sammlung von Ernst Wiesmann, dem Gründer des Ortsmuseums. Das blau gerahmte Gratulationsblatt «Zum Andenken gewidmet dem verehrten Brautpaar Adam Ammann & Susanna Graber an ihrem Trauungstage, den 22. Juli 1858. Von der Familie Berkmüller.» ist 1986 über eine späteres Mitglied der Familie Ammann ins Ortsmuseum Wängi gekommen. Aus einem Zufallsfund im Estrichboden des Berkmüller Hauses an der Dorfstrasse 19 konnten 1980 zahlreiche Schriftstücke gesichert werden. Sie dienten dort der Isolation gegen den ungeheizten Estrich. Die Papiere tragen zwar Spuren von Feuchtigkeit und von gemahlener Schlacke. Auch Mäuse und verschiedenes Ungeziefer haben ihnen zum Teil arg zugesetzt. Dennoch konnten sie sorgfältig entstaubt, vorsichtig gereinigt und anschliessend geglättet werden. In ihrem jetzigen Zustand sind die meisten Texte wieder lesbar. Darunter befinden sich einzelne Rechnungen, ein paar Drucksachen und wenige Briefe. Der grösste Teil sind aller-

Katharina Berkmüller-Stutz. (1809 – 1867). Vorne verschiedene Gedichte auf losen Blättern. Zum Teil gefaltet. 11.2 x 17.6 cm. Im Hintergrund Abschrift eines Gedichtes «Kirchturm Wängi». 21.8 x 34.8 cm Mit Signatur: «Kath. Berkmüller». Ohne Datierung. Inv.Nr. G 1804/1 – 3 und G 4162. Ortsmuseum Wängi. Katharina Berkmüller-Stutz. (1809 – 1867) Gratulationsgedicht «Zum Andenken gewidmet dem verehrten Brautpaar Adam Ammann & Susanna Graber an ihrem Trauungstage, den 22. Juli 1858.» Rundum seriell hergestellte und aufgeklebte Papierdekoration. 18.0 x 24.0 cm. Mit Signatur: «Familie Berkmüller». Inv.Nr. G 337. Ortsmuseum Wängi.

dings Notenblätter; handgeschriebene und gedruckte. Diese sind vor allem im Zusammenhang mit der Chortätigkeit von Johann Alphons Berkmüller von Interesse. Darauf wurde bereits in Heft 6 näher eingegangen.

Insgesamt konnten mehr als 470 Dokumente gesichert werden.

Chornoten und Liedtexte handgeschrieben (teilweise in Bruchstücken) 161 Chornoten und Liedtexte gedruckt (gut erhalten) 180 Warenverzeichnisse und Preislisten (Bücher, Papeterieartikel usw.) 10 Zeitungen und Zeitschriften 11 Drucksachen (Medizinische Schriften) 13 Drucksachen (Politische Schriften) 1 Drucksachen (Diverses) 20 Rechnungen (Schneider, Schuster, Chornoten usw.) 50 Briefe 25 Aquarell 1 Skizzenblatt mit Zeichnung und Farbversuchen 1 Lithographie von Kaspar Hauser 1 Total 474

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Briefe, Drucksachen, Rechnungen und Notenschriften aus dem Estrichboden des Berkmüller Hauses. Gefunden beim Umbau in den Jahren 1980 – 1982. Das Papier diente dort der Isolation gegen den ungeheizten Estrich. Inv.Nr. B 510. Ortsmuseum Wängi. 11

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Zu den wenigen Dokumenten, welche einen Bezug zu Katharina haben, gehören ein Brief von 1842, worin ein Friedrich Neumann der Frau Berkmüller die Niederkunft eines Sohnes ankündigt und erwähnt, dass «alles Geschwind vorbey und alles wohl ist bis anhin».

Zum Schluss ist noch eine letzte Textquelle zu erwähnen: Auf einigen Zeichnungen ihres Gatten Johann Alphons befinden sich unter dem Bild zwei- oder vierzeilige Reimsprüche oder ganze Gedichtstrophen. Sprache und Reime erinnern stark an Katharina. Gut möglich, dass sie die Verfasserin dieser Texte ist. In einem späteren Kapitel wollen wir uns auch diese genauer ansehen.

Zwei Gedichte auf kleinen Papieren erwiesen sich nach genauerer Prüfung als Werke der Tochter Louise. Doch auch davon später mehr.

An diesem Zufallsfund zwischen den Deckenbalken zeigt sich wieder einmal, welche Ironie manchmal in der Geschichte liegt. Die Berkmüllers haben beim Isolieren ihrer Decke alle jene Papiere und Dokumente hervorgekramt, welche sie wahrscheinlich schon längst einmal hätten entsorgen wollen. Hingegen wurden amtliche Dokumente wie Heimatschein, Ausweise, Anstellungsverträge, Steuerrechnungen und Zeugnisse weiterhin sorgfältig aufbewahrt. Leider sind all diese für die Rekonstruktion eines Lebenslaufes wichtigen Papiere bei der Wohnungsräumung nach dem Tode der Tochter restlos verloren gegangen. Überdauert hat lediglich das nichtige Isolationsmaterial.

Soweit also der Überblick über die im Ortsmuseum Wängi vorhandenen Objekte im Zusammenhang mit Katharina Berkmüller. In der Chronikstube Pfäffikon ist von der noch ledigen Katharina Stutz ein schmales Heft von 65 handgeschriebenen Seiten «Gedichte von Katharina Stutz von Pfäffikon. Seit 1822–1827» erhalten. Das Heft enthält insgesamt 34 Gedichte. Auch darauf kommen wir noch zurück.

Damit ist der Nachlass von und rund um Katharina Berkmüller zwar nicht überwältigend gross. Dennoch lassen sich daraus die Konturen eines eindrücklichen Lebensbildes einer herausragenden Wängemer Bewohnerin des 19. Jahrhunderts nachzeichnen.

Brief von Friedrich Neumann an Frau Berkmüller in Wengi. 24. Februar 1842. 17.0 x 14.7 cm. Inv.Nr. B510.B10. Ortsmuseum Wängi.