Ročenka 2004 - 2005

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Romuald Kaczmarek: Kleinpolen – Schlesien – Zips

donna des Freiburger Innenwestportals sah, bilden wohl die beste Analogie für die zipser-kleinpolnische Gruppe der Figuren. Zwei weitere Madonnen, die von Suckale als frühe, prototypische Werke in der Zips hervorgehoben wurden, sind die Bildwerke aus Toporec/Toporz und aus Ruskinovce/Ratzdorf.29 Diese beiden haben im südlichen Kleinpolen nahe und verhältnismäßig frühe Nachfolgerinnen, nämlich die Madonnen aus Szaflary (für Toporz) und aus Nowy Sącz (Nr. III – für Ratzdorf).30 Dutkiewicz hat sie sehr spät datiert, ins 3. Viertel des 14. Jahrhunderts oder noch später, was das lokale Schrifttum übernahm. Eine solche Datierung ist heute aber nicht mehr zu halten und muss auf die Zeit um die Wende des 1. und 2. Viertels (zwischen der zweiten und vierten Dekade?) des 14. Jahrhunderts korrigiert werden. In Kleinpolen hat noch ein anderer Typus der Madonna zwei frühe Vertreterinnen, der in der Zips m. W. keine Gegenstücke besitzt.31 Sie werden bisher zu spät auf 1350–1360 datiert. Die erste ist die Madonna aus Nowy Sącz/Neu Sandez, die als Nr. II bezeichnet wurde32 und die ziemlich treu dem Schema der Reimser Trumeau-Madonna folgt. [Abb. 8] Sie hat in Kleinpolen eine frühere Variante in Łokieteks Madonna zu Wiślica. Viel näher steht ihr formal die spätottokarische Madonna aus Rudolfov (Südböhmen), die eventuell als Vorbild für die kleinpolnische Figur (die leider stark übermalt und an den Köpfen von Maria und Kind überarbeitet wurde) behandelt werden kann. [Abb. 9] Beide Skulpturen präsentieren eine verschiedene Plastizität der Falten, die am Neu Sandezer Bildwerk höher ist und z. B. der zuletzt im Kontext der Madonna aus Rudolfov gezeigten, dem Erzengel Michael in der Wandmalerei in Mouřenec u Annína/Maurenzen bei Annatal in Böhmen verwandt ist.33 Die Hauptunterschiede zwischen den beiden Madonnen umfassen auch die Gestaltung der Falten bei den Füßen und der Tunika des Christuskindes sowie den aus der Achse geschobenen Rumpf der Sandezer Figur. Die Ähnlichkeit der zwei Figuren würde in der Tat für die Möglichkeit der Entstehung der Neu Sandezer Madonna II. noch am Ende des XIII. Jahrhunderts oder um 1300 sprechen. 9. Madonna von Rudolfov. Um 1280. Foto: Archiv des Autors 28

Vgl. ZINKE, Detlef: Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland 800–1380. Liebieghaus – Museum Alter Plastik. Nachantike grossplastische Bildwerke, Bd. I. Melsungen 1981, S. 170-172. 29 SUCKALE 2003, Počiatky... (zit. Anm. 1), S. 124-126, 691f. 30 DUTKIEWICZ 1949 (zit. Anm. 14), S. 53f., 56, 132-134. Zuletzt, eine dritte Figur zu dieser Reihe anschließend, GYALÓKAY 2003 (zit. Anm. 17), der aber die späten Datierungen Dutkiewiczs übernahm. 31 In der Slowakei stellt eine gute Analogie die Madonna von Vajnory bei Pressburg dar, zuletzt um 1290 datiert, vgl. GLATZ, Anton C.: Skulptúra a tabuľová maľba. In: Gotické umenie z bratislavských zbierok. Hg. Anton C. GLATZ. Bratislava 1999, S. 11, 13-15. 32 DUTKIEWICZ 1949 (zit. Anm. 14), S. 53, 131f. mit Abb. auf S. 255. 33 SUCKALE 2003, Beiträge... (zit. Anm. 1), S. 94.

Mitteleuropas wäre ein Beispiel noch effektiver als die Admonter Madonna, für die man die Autorschaft eines Wanderkünstlers aus seeschwäbischem oder oberrheinischem Gebiet annimmt. Es handelt sich dabei um die Madonna im Frankfurter Liebieghaus, die der Admonterin verwandt ist und nach dem für Österreich um 1300 charakteristischen Motiv des rückwärtig über den Leib des Kindes gezogenen Schleiertuchs zu urteilen, eben dort entstand.28 Der Aufbau der Figur und der Faltenverlauf, für den man immer als Muster die Ma52


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