Ročenka 2004 - 2005

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Galéria – Ročenka SNG 2004–2005

10. a-b Hans Olmützer. Beweinungsgruppe. 1492. Görlitz, Barbarakapelle der Dreifaltigkeitskirche (Fotos 1962 und 1940). Fotos: Kulturhistorisches Museum Görlitz

sie das in einen finstern Winckel gesazt“.53 Dass dieser „finstere Winkel“ freilich eine ganz besonders hochrangige Bedeutung innerhalb des städtischen Selbstverständnisses hatte, zeigt der Umstand, dass dort noch heute die wichtigsten Insignien kommunaler Freiheiten und Rechte zusammengefasst sind – außer der Wappentafel die Gerichtstreppe mit der Verkündigungskanzel (1537–1538) und die zu Ehren der nach dem Pönfall von 1547 wieder erlangten Privilegien aufgerichteten Justitiasäule von 1591. 54 Außerdem ist das Wappen vom ersten Obergeschoss des dem Rathaus gegenüberliegenden Schönhofs am besten zu sehen. Diese Räumlichkeiten waren hauptsächlich den höchsten Gästen der Stadt – den Landesherren – als Unterkunft bei ihren Besuchen in Görlitz vorbehalten und wurden gelegentlich sogar mittels einer Brücke mit dem Rathaus verbunden.55 Symbolik, Funktion und der beanspruchte gesellschaftliche Rang des Werkes verlangten in jedem Falle nach dem besten zur Verfügung stehenden Bildhauer. Leider wird der Steinmetz des Wappens in den Quellen nicht namentlich genannt. Da aber das Bedürfnis der Kunsthistoriker, hervorragende Kunstwerke auch mit bekannten Künstlern in Verbindung zu bringen, bis heute ungebrochen besteht, können auch wir der Versuchung einer Zuschreibung nicht widerstehen. Walter Biehl zögerte vor über 50 Jahren nicht, dem meist nur zugeschriebenen Oeuvre des seit 1477 in Schlesien und der Oberlausitz tätigen Bildhauers Briccius Gauske nach dem Bautzener Herrscherdenkmal auch das Görlitzer Corvinus-Wappen zuzuordnen. 56

Doch letztere Zuschreibung hatte keinen Bestand, da auch die schriftliche Überlieferung daran zweifeln lässt.57 Ebenfalls am Breslauer Rathaus war auch Hans Olmützer tätig, der mit Sicherheit spätestens seit 1488 längere Zeit in Görlitz weilte, da er in jenem Jahr vom Rat den Auftrag für einen bis heute legendären Marien-

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Zur Renaissancegestaltung: ISELER, Maritta: Der Treppenaufgang am Rathaus in Görlitz – Ein Bauwerk bürgerlicher Repräsentation. In: Umění, 52, 2004, S. 474-489. 55 RIESZ, Gustav: Der Schönhof und das Rathaus in Görlitz. In: Neues Lausitzisches Magazin, 84, 1908, S. 128-133, hier S. 133. 56 BIEHL 1949 (zit. Anm. 35), S. 176-179; BIEHL 1961 (zit. Anm. 32), S. 140f.; KAPUSTKA, Mateusz: Briccius Gauske i naturalizm późnogotyckiej rzeźby architektonicznej. In: Dzieła i Interpretacje, 5, 1998, S. 9-29; KACZMAREK, Romuald: Baldachim i tralka. Uwagi polemiczne do artykułu M. Kapustki »Briccius Gauske i naturalizm późnogotyckiej rzeźby architektonicznej«. In: Dzieła i Interpretacje, 6, 2000, S. 183-188; KAPUSTKA, Mateusz: Odwrócony porządek, czyli jeszcze o ratuszowej balustradzie. Odpowiedź na głos polemiczny R. Kaczmarka. In: Dzieła i Interpretacje, 7, 2001, S. 157-173; KACZMAREK, Romuald – KAPUSTKA, Mateusz: Fryzy odnalezione. Oryginalne fragmenty póznogotyckiej dekoracji fasady Kamiennego Domu w Kutnej Horze. In: Dzieła i Interpretacje, 7, 2001, S. 87-93; vgl. auch: ZOBEL, Alfred: Ein kleiner Beitrag zur Geschichte der mittelalterlichen Plastik in Görlitz. In: Neues Lausitzisches Magazin, 112, 1936, S. 203-210. 57 Gauske taucht seit 1479 nicht mehr in Görlitzer Quellen auf, und war seit 1480, wohl in leitender Funktion, am Breslauer Rathaus und später in Kuttenberg tätig. Eine Rückkehr Gauskes 1487/88 für fast ein Jahr ist wenig wahrscheinlich.

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