Ročenka 2004 - 2005

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Anna Boreczky: Details des Bilderkatechismus der Concordantiae caritatis im Klosterneuburger Kodex

liche und finanzielle Lage sowie über seine Rolle im Leben der Stadt. Im Jahre 1439, also noch während seiner Zeit in Sopron (Ödenburg), besaß er in Bratislava (Preßburg) einen Weingarten.8 Im Jahre 1445 ist er in Gesellschaft des Stadtrichters, des Bürgermeisters und einiger Ratsherren als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft, der Fronleichnamsbruderschaft,9 drei Jahre später, 1448, als Hofmeister des sogenannten St. Kathreinhofes der Heiligenkreuzer Zisterzienser bezeugt.10 In verschiedenen städtischen Angelegenheiten hielt er sich 1447 und 1452 in Buda (Ofen), 1451 in Timişoara auf. 11 Von der Bildung und – es lohnt sich dies noch einmal zu betonen – dem persönlichen Interessenkreis von Liebhard Egkenfelder kann man sich anhand seines 1455 aufgesetzten Testaments einen Begriff machen. Zwar sind im Testament seine Handschriften – darunter zahlreiche, die er selbst abschrieb – bis ins Detail gehend verzeichnet, aber die genaue Zahl seiner Bücher ließ sich bis jetzt trotz aller Bemühungen nicht bestimmen. Am ehesten aus dem Grunde, weil sie an zwei Stellen erwähnt sind. Das Testament beginnt mit der Aufzählung der Kodizes, geht dann mit Informationen über die sonstigen Güter (unter anderem den Hausbesitz und drei Weingärten) weiter und endet mit den eigentlichen Verfügungen bezüglich der Bücher; die einzelnen Posten in den beiden Listen lassen sich jedoch nicht immer identifizieren. Vom Inhalt der Bücher lassen sich aber verhältnismäßig genaue Informationen gewinnen.12 In seiner Bibliothek befanden sich außer den Rechtsbüchern und Formularen, die zu seiner Arbeit nötig waren, und außer der Heiligen Schrift, zahlreiche Werke, die von intensivem religiösen Leben und regem Interesse für die spätmittelalterliche geistliche Literatur zeugen: Psalter und Gebetbücher, Predigtsammlungen, dogmatische Werke, unter anderem gegen Hussitismus, lateinische und deutsche Texte und katechetische Zusammenstellungen aus dem Bereich der Erbauungsliteratur. Unter den eigenhändig geschriebenen Kodizes von Liebhard Egkenfelder sind nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen vier auf uns gekommen. Der Sammelband der Österreichischen Nationalbibliothek Cod. Ser. Nov. 3344, beziehungsweise dessen von Liebhard Egkenfelders Hand stammende Teile – darunter ein Liederbuch mit Notation, die auch für die Musikgeschichte von Belang ist – sind zwischen 1431 und 1434 in Hainburg entstanden.13 Der Kodex befand sich bereits 1457 im Besitz von Jörg Schrat, Pfarrer von St. Peter in Wien. Der für uns interessante Klosterneuburger Kodex, auf den wir noch zurückkommen, wurde zwischen 1432 und 1435 ebenfalls in Hainburg ausgeführt.14 Der Band Múz. 1 der Ungarischen Franziskanerbibliothek in Budapest, geschrieben 1434/35 noch immer in Hainburg, enthält unter anderem Postillen und Sermonen, einen Ars moriendi-Traktat, eine Zusammenstellung der Leidensgeschichte sowie Einträge teils zu Ereignissen der Zeitgeschichte, teils zu einigen Todesfällen in der Fa-

milie von Liebhard Egkenfelder aus den Jahren 1448, 1454 und 1455.15 Letztere zeugen auch davon, dass er den Kodex immer wieder benutzte. Die – im Gegensatz zu den bisherigen – deutschsprachige Handschrift Cod.

historischen Denkmale, N.F. 3/2, 1905, Sp. 27-64; SUNTRUP, Rudolf: Ulrich von Lilienfeld. In: WACHINGER, Burghart (Hg.): Verfasserlexikon. Die deutsche Literatur des Mittelalters, Bd. 10/1. Berlin – New York 1996, Sp. 1-8; MUNSCHECK, Hedwig: Die Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld. Untersuchungen zu Inhalt, Quellen und Verbreitung, mit einer Paraphrasierung von Temporale, Sanktorale und Commune. Frankfurt a. M. – Berlin – Bern – Bruxelles – New York – Wien 2000, zur Klosterneuburger Hs. s. S. 100, Anm. 363; ROLAND, Martin: Die Lilienfelder Concordantiae caritatis. (Stiftsbibliothek Lilienfeld Cli 151). Graz 2002; BORECZKY, Anna: A Brief Report on New Copies of Concordantiae Caritatis. In: Codices Manuscripti, 46/ 47, 2004, S. 51-54. Zum Klosterneuburger Cod. 486: PFEIFFER, Hermann – ČERNIK, Berthold: Catalogue of Manuscripts in Stift Klosterneuburg, Austria. (Handschriftlicher Katalog in der Stiftsbibliothek Klosterneuburg), Bd. 3, S. 255-259; SCHMIDTKE, Dietrich: Nachtrag zu „Lastervögelserien“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 213, 1976, S. 328329. (Identifizierung der Texte der ff. 199r–199v). 2 Herausgegeben von SPIRITZA 1967 (zit. Anm. 1) und RUDOLF 1976 (zit. Anm. 1). 3 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Ser. Nov. 3344; Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 486; Budapest, Magyar Ferences Könyvtár (Ungarische Franziskanerbibliothek) Múz. 1, Esztergomer (Graner) Depositen; Bruxelles (Brüssel), Bibliothe`que Royale, Cod. 8879–8880. 4 UIBLEIN, Paul: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs. Nachtrag zu Bd. I, Niederösterreich. Wien – Köln – Graz 1969, S. 11, Anm. 8. 5 MASCHECK 1953 (zit. Anm. 1), S. 93-94. 6 MOLLAY 1967 (zit. Anm. 1), S. 322-323. 7 Das genaue Todesjahr ist nicht feststellbar. Das Abfassungsjahr des Testamentes ist 1455, es wurde jedoch erst im Dezember 1457 vom Nachfolger Egkenfelders, dem Stadtschreiber Rupert Alram, in das Stadtprotokoll eingefügt. 8 ORTVAY (zit. Anm. 1), Bd. II/2, S. 269, Anm. 3. 9 Ibidem, Bd. II/4, S. 424, Anm. 6. 10 BATKA 1904 (zit. Anm. 1), S. 1; SZELESTEI 1977 (zit. Anm. 1), S. 274. 11 1447: ORTVAY (zit. Anm. 1), Bd. III, S. 479; 1451, 1452: Egkenfelders Cod. 8879–8880 in Bruxelles (Brüssel), Bibliothe`que Royale (PRIEBSCH, Robert: Aus deutschen Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Brüssel. In: Zeitschrift für deutsche Philologie, 35, 1903, S. 362-370, hier S. 367-368). 12 RUDOLF 1973 (zit. Anm. 1). 13 MAZAL, Otto – UNTERKIRCHNER, Franz: Katalog der abendländischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek. Series novae, Bd. 3, Wien 1967, S. 67-84;LOMNITZER, Helmut: Liebhard Eghenvelders Liederbuch. Neues zum lyrischen Teil der sog. Schratschen Handschrift. In: Zeitschrift für deutsche Philologie, 90, 1971, Sonderheft, S. 190-216; UNTERKIRCHNER, Franz: Die datierten Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek von 1401 bis 1450. Wien 1971, Bd. I, S. 167-168; Bd. II, Abb. 268, 271. 14 Literatur zur Klosterneuburger Handschrift siehe Anm. 1. 15 CSONTOSI, János: A pozsonyi Sz. Ferencziek tartományi könyvtárának codexei. In: Magyar Könyvszemle 3, 1878, S. 45-54, hier S. 53, N. 16; SZELESTEI 1977 (zit. Anm. 1).

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