The Red Bulletin CD 04/23

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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

TIEFENENTSPANNT

Bergsteiger Nicolas Hojac

denkt Siegen neu:

Um den Groove geht es, nicht nur um den Gipfel.

SCHWEIZ, CHF 3.80 04 / 2023 JETZT ABONNIEREN
getredbulletin.ch

artiges zu leisten. Es mit dem Unbekannten aufzunehmen, etwas Neues zu wagen und vor nichts zurückzuschrecken? Es ist die Willenskraf, die auch TUDOR hervorbrachte. Eine Kraf, die mit dieser Uhr in jeder Frau und jedem Mann lebendig ist. Ohne diese Menschen gibt es keine Geschichte, keine Legende und keinen Sieg. Es ist die treibende Kraf, die jeden Tagergie, für die jede Armbanduhr von TUDOR steht. Das Leben mancher Menschen wird von Kompromissen bestimmt. Andere sind bereit, ein lang etwas zu wagen.

PELAGOS NIC VON RUPP 1.76 m NAZARÉ GIANT WAVE

Contributors

HOCH HINAUS

SAMUEL WALDIS

«Wenn ich dir zuhöre, dann habe ich das Gefühl, nie gelebt zu haben.» Das, erzählt Bergsteiger Nicolas Hojac unserem Autor Waldis, habe mal ein Zuhörer nach einem Vortrag zu ihm gesagt. «Und mir ging es ähnlich, als ich Hojac zuhörte», erzählt Waldis nun beeindruckt nach seinem Treffen mit Hojac.

Ab Seite 34

JESSICA

HOLLAND

Die Autorin und Podcasterin hat für uns Bikerinnen begleitet, die als erste Frauen überhaupt die Downhill-Strecke von Red Bull Hardline meistern wollten. «Ich liebe es, hinter grosse Ideen der Gesellschaft zu blicken und Abenteurerinnen und Sportlerinnen zu porträtieren, die keine Angst vor neuen Ideen haben.»

Ab Seite 68

Was bedeutet Gewinnen? Und ist Umkehren automatisch ein Scheitern? Top-Alpinist Nicolas Hojac erklärt, warum der Höhepunkt seiner eindrucksvollen Expeditionen nicht zwingend der Gipfel sein muss – und erhebt Risikomanagement zur sportlichen Kategorie (ab Seite 34). Aber apropos erheben: Paraglider Patrick von Känel ist durchaus geerdet und lebt dennoch im Himmel. Zumindest wenn er seinem Job nachgeht – und im Gleitfug von den Adlern lernt (ab Seite 54). Sechs Mountainbikerinnen unter der Führung von Tahnée Seagrave wählten ausgerechnet die Strecke des härtesten MTB-Bewerbs der Welt, Red Bull Hardline, um zu beweisen, dass sie den Männern um nichts mehr nachstehen. Wir rasten mit ihnen talwärts (ab Seite 68), steil hinab Richtung Hochgefühl! Bis hierher war Alltag – ab hier ist Abenteuer!

LORENZ HOLDER

«Erdkunde mit der Kamera»: So beschreibt der 43-jährige Münchner Fotograf und passionierte Snowboarder seine Arbeit. «Ich will das grosse Ganze zeigen.» Das Ergebnis ist ein spektakuläres und farbenfrohes Zusammenspiel zwischen unberührter Natur und menschlicher Kühnheit.

Ab Seite 22

EDITORIAL
THE RED BULLETIN 3 MARTIN HANSLMAYR (COVER)
Der Schweizer Extrem-Bergsteiger Nicolas Hojac beim Shooting für The Red Bulletin auf dem Eigergletscher: Der eisige Riese ist so etwas wie sein Hausberg. ab Seite 34

B - BOY LILOU 16

Der zweifache Red Bull BC One World Champion lebt die Leichtigkeit –selbst auf seinen Reisen durch 106 Länder.

TEFLON SEGA 18

Ein Gespräch mit dem Künstler, der sich hinter dem aktuellen AvatarSuperstar verbirgt.

JAYDA G 20

Als DJ und Produzentin macht sie Musik aus Papas Lebensweisheiten –auch mal unterlegt mit Walgesang.

PORTFOLIO

LORENZ HOLDER 22

Der Fotograf inszeniert Actionsportler als Teil der Natur –wir zeigen seine farbenprächtigen Kompositionen.

NICOLAS HOJAC

GANZ OHNE SCHWINDEL 34

Der Schweizer Alpinist spricht über die entscheidenden Momente auf dem Berg. Was bedeutet Scheitern, was Erfolg?

THE ACES ROCK THE BOAT 46

Vier junge Amerikanerinnen machen Alltagsprobleme tanzbar: brandneuer Indie-Pop zwischen Sex, Rock und Religion.

PATRICK VON KÄNEL BERUFUNG: VOGEL 54

Der 28-jährige Paraglider lebt einen guten Teil seiner Zeit im Himmel –und lernt dort von den Adlern.

MOUNTAINBIKEN

DIE HARTE LINIE 68

UND CONTENTS 4 THE RED BULLETIN

JETZT DU! FELIPE GIACOMETTI, PIPER FERGUSON

46 54 GALLERY 6 ZAHLEN, BITTE! 12 HYPE CHECK 14
HEROES
Sechs Frauen erobern die härteste Downhill-Strecke der Welt. Es geht um die große Emotion – und um Emanzipation. REISEN 77 HÖREN 82 KAUFEN 84 BIOHACKING 86 ERLEBEN 88 LITERATUR 92 IMPRESSUM 96 CARTOON 98

Es sind die kleinen Dinge, die besonders viel bedeuten.

Der neue vollelektrische Volvo EX30. Unser bisher kleinster SUV begeistert mit einem hochwertigen Innenraum aus recycelten Materialien, einem geringen CO₂-Fussabdruck und innovativen Assistenzsystemen –im Kleinen steckt oft wahre Grösse.

volvocars.ch/EX30

Volvo EX30, E60 Twin, Electric, 428 PS/315 kW. Stromverbrauch gesamt: 16.3 kWh/100 km, CO₂-Emissionen: 0 g /km. Energieeffizienz-Kategorie: A. A B C D E F G A
6 THE RED BULLETIN

Decatur, Texas, USA TOTAL GEERDET

Ein Fleck auf der Linse? Eigentlich ja nicht so hübsch auf Fotos. Hier aber ausnahmsweise ausdrücklich erwünscht. Schliesslich war der Schmutz der heimliche Star des Events. Red Bull Scramble heisst die neue OffroadRennserie, bei der Profis und Amateure in ihren Side-by-Side-Fahrzeugen (S×S) vom Weg abkommen und sich auf den unterschiedlichsten Terrains beweisen müssen. Mal auf Sand, mal im Schnee oder eben im erdigen Dreck – wie hier auf dem Oak Hill Raceway in Texas.

redbull.com

CHRIS TEDESCO/RED BULL CONTENT POOL MAXIMILIAN REICH

Tokio, Japan

EIN SCHRITT ...

Er bahnt sich seinen Weg in grossen Schritten – halb laufend, halb fliegend. Freerunner Stefan Dollinger aus Tirol hat in der Stadt, in der es, wie er sagt, «24/7 rundgeht», die Doku «Unreal Spots» produziert, die ihr auf Stefans YouTube Channel sehen könnt. Eine Millisekunde daraus hält dieses Foto fest. «Das sind Momente, da werde ich in einigen Jahren immer noch Gänsehaut bekommen.»

Das grosse Interview mit Stefan Dollinger: ganz einfach den QR-Code scannen!

8 THE RED BULLETIN MATHÄUS GARTNER/RED BULL, TYRONE BRADLEY/RED BULL CONTENT POOL DAVID PESENDORFER

Kapstadt, Südafrika

ZWEI WEGE

Auch Onthatile Zulu, hier beim Training, macht einen energischen Schritt nach vorne: die südafrikanische Athletin wuchs binnen kürzester Zeit vom hoffnungsvollen Talent zur Galionsfigur ihres FeldhockeyNationalteams – und hat neben dem Sport eine klare Mission: «Ich will anderen Mädchen Kraft geben und sie dazu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen.»

redbullcontentpool.com

...

Baía Formosa, Brasilien

ITALO - WELLE

Glutrot geht die Sonne unter. Und kein Geringerer als Italo Ferreira liefert das Feuer – sein Sport, sein Heimspiel, seine Welle: Der Mann, der 2021 in Tokio erster Surf-Olympiasieger wurde, hat sich für ein paar Tage in sein Geburtsstädtchen Baía Formosa zurückgezogen; und das trägt seinen Namen, zu Deutsch «Schöne Bucht», augenscheinlich nicht umsonst. Immer wieder kommen auch Delfine bis an die Küste – für ein bisserl Italo-Feeling. redbullcontentpool.com

MARCELO MARAGNI/RED BULL CONTENT POOL DAVID PESENDORFER
THE RED BULLETIN 11

AMERICAN GOLDKEHLCHEN

Taylor Swift lässt die Kassen klingeln. Nirgendwo sonst sind die Tickets für ihre Konzerte so teuer wie bei uns – nicht ihr einziger Rekord.

2024

10

der 13 Songs des Albums «Midnights» erreichten die ersten zehn Plätze der US-Single-Charts.

Unerreicht!

8800

Kilometer Reichweite hat die Dassault Falcon 900, die sich Taylor als Privatjet gönnt – für Nonstop-Flüge von den USA nach Europa.

2.000.000

Tickets wurden für ihre «The Eras»-Tour 2022 an einem einzigen Tag verkauft – der RekordAndrang brachte die Server zum Kollabieren.

10

Minuten und 13 Sekunden lang ist die Power-Ballade «All Too Well» – und damit die längste Nummer 1 der US-Charts aller Zeiten.

gastiert Swift mit ihrer «The Eras»-Show am 9. und 10. Juli im Zürcher Letzigrund – fast ausverkauft! Und das, obwohl die Tickets (ab 168 CHF) europaweit am teuersten sind.

74 0

Millionen Dollar (692 Mio. Euro) Vermögen platzieren

Taylor Swift aktuell auf Rang 34 der Forbes-Liste der reichsten SelfmadeFrauen Amerikas.

4

Instrumente kann die 34-jährige Sängerin selbst spielen: Klavier, Gitarre, Banjo und – Ukulele.

10

Alben zur selben Zeit in den Charts: Diesen Rekord feierte Taylor Swift 2022 als erste lebende Künstlerin. Prince, Whitney Houston und David Bowie waren posthum so erfolgreich.

229 Songs veröffentlichte Swift bisher. «Rolling Stone» kürte in einem eigenen Taylor-Qualitätsranking «All Too Well» zur Nummer 1.

330 Millionen Dollar (302 Mio. Euro) bezahlte Musikmanager Scooter Braun für die Rechte an den ersten sechs Alben – und verkaufte sie ein Jahr darauf um 405 Millionen Dollar.

36.000.000.000

Mal wurden (Stand: Ende 2022) Songs von Taylor Swift auf allen Streaming-Plattformen zusammen abgespielt.

ZAHLEN, BITTE!
12 THE RED BULLETIN GETTY IMAGES HANNES KROPIK CLAUDIA MEITERT

LONGINES SPIRIT FLYBACK

Die LONGINES SPIRIT FLYBACK – ein Chronograph, der eindrucksvoll den Pioniergeist der Marke mit der geflügelten Sanduhr widerspiegelt. Bereits in den 1920er Jahren erfand LONGINES den beeindruckenden Flyback-Mechanismus, der die Uhr heute prägt. Dieser atemberaubende Chronograph ist eine Botschaft an den Entdecker in Ihnen. Sind Sie bereit für Ihr nächstes Abenteuer?

DER MACHT DICH KALT

Auf TikTok jagt ein Hype den nächsten. Creator Kirafn checkt für uns Trends, die zuletzt viral gingen. Dieses Mal: den

DAS TEIL

«So kann die nächste Hitzewelle kommen: Ganze 1,2 Liter fasst dieser Thermobecher –eisgekühlte Getränke hält er dank Vakuum-Isolierung bis zu zwei Tage kalt. Dazu gibt’s eine lebenslange Garantie.»

DER HYPE

«107 Millionen Views sammelte der Hashtag ‹stanleyquencher› zuletzt auf TikTok. Das mit über drei Millionen Views erfolgreichste Video stammt von TikTokerin Lex. Vergleichsvideos gewinnt der Quencher eigentlich immer. Im Shop ist er dauerausverkauft.»

DER CHECK

«Allein schon die TikToks anzuschauen deckt meinen Bedarf an Summer Vibes für die nächsten Tage. Was mich vor allem überzeugt, ist der nachhaltige Ansatz: Der Quencher besteht zu 90 Prozent aus recyceltem Edelstahl, und der Strohhalm ist wiederverwendbar.»

heisst bürgerlich Jonas Willbold, ist 28 und unterhält seine 1,2 Millionen Follower auf TikTok Formaten. Nebenher folgt er seiner Faszination für Tech, Produkte und Trends.

HYPE CHECK
14 THE RED BULLETIN

Der neue Amarok Bereit für grosse Abenteuer?

Bärenstark und trotzdem ein Blickfang. Vielseitig und mit modernster Technik. Der neue Amarok meistert jeden Untergrund souverän. So macht er aus Alltag und Freizeit ein grosses Erlebnis.

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10-Gang Automatik, 10,2 l/100 km, 266 g CO₂/km, Kat. G  A B C D E F G G volkswagen-nutzfahrzeuge.ch
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LILOU

lebt die Leichtigkeit, wenn er als B-Boy über den Dancefoor wirbelt. Aber auch unterwegs: Der zweifache Red Bull BC One World Champion bereiste bereits 106 Länder. Oft nur mit Banane und Plastiksäckli als Gepäck.

Santa Monica, neun Uhr morgens. Lilou blinzelt noch ein wenig verschlafen auf Palmen, Pool und Eggs Benedict. Zwei Tage zuvor war der B­Boy aus seiner Heimatstadt Lyon nach Los Angeles gereist und lässt nun die Vibes der neuen Umgebung auf sich wirken. Lilou breakt seit 27 Jahren. In der Szene wird er als Legende gefeiert, andere kennen das französisch­algerische Bewegungstalent als maskiertes Glitzermännchen aus dem Musikvideo «Midnight Madness» der Chemical Brothers oder von Madonnas Halftime Show des Super Bowl 2012, die er tänzerisch begleitete.

Erste Frage: Wie war das mit dem Breaking in den Neunzigern? Bling! Lilou, geboren als Ali Ramdani, ist mit einem Mal hellwach. Das war sein Stichwort! Der Gedanke an die Neunziger, deren Revival immer noch anhält, macht den 39­Jährigen nostalgisch – und gesprächig. «Die Philosophie hat sich verändert. Früher war Breaking Teil der Hip­HopKultur und ein Lifestyle. Aktuell ist es mehr zu einem Competition­Ding geworden – athletischer, leistungsorientierter. Gut, denn so gibt es mehr Möglichkeiten», erzählt Lilou, der auch immer wieder als Judge bei Battles fungiert. Andererseits: «Früher warst du einfach ein Tänzer, wolltest dich frei fühlen und ausdrücken. Heute möchten die Breaker Karriere machen.»

Wer schon so lange tanzt, vergleicht automatisch. Damals: kein Internet, kein Instagram, keine Selfes. «Das waren ruhigere, fokussiertere Zeiten.» Aber auch spannendere, wie Lilou befndet. «Du hast die Signature Moves der anderen oft nur einmal live gesehen, nicht hundertfach im Netz, wo du zigmal auf Replay drücken

kannst.» Lieber als im Netz sei Lilou ohnedies in der echten Welt unterwegs. Er lebt mit seiner Frau und seiner achtjährigen Tochter (sie tanzt nicht, sie singt) in Lyon – und irgendwie auch überall: Denn Tanzen ist für ihn eine Form von Sprache. «Eine, die man überall versteht.»

Training in der Transitzone

«Viele Länder zu sehen macht mich wahnsinnig reich. Denn das Reisen ist ein echter Brain Opener, was Akzeptanz, Inspiration und Menschlichkeit angeht», sagt der B­Boy. Abgesehen davon hat Lilou auf seinen Reisen zu Competitions auch gelernt, sich selbst mehr zu vertrauen, wenn er Probleme mit gecancelten Flügen, Hotelpersonal oder Ähnlichem hat. «Hinter jeder mühsamen Situation steckt eine gute – hat ein Flug Verspätung, übe ich eben am spiegelglatten Airport­Boden meine Moves», sagt er. «Als Breaker habe ich 106 Länder bereist, daher kann ich in unzähligen Sprachen grüssen – und fuchen. Das öffnet dir fremde Kulturen.»

Der Kosmopolit gibt zwar keine Kostprobe seines schwer verdaulichen Wortschatzes, führt dafür aber die Vorteile von Reisen mit leichtem Gepäck aus. Da er das Globetrotten zwar liebe, aber die Begleiterscheinungen – Packen, Schleppen, Warten – hasse, habe er die «Lilou­LightMethode» entwickelt. «Einmal bin ich nur mit einer Banane, also einer Hüfttasche, in den Flieger gestiegen. Socken, Kleinzeug und ein Shirt bekomm ich meistens von den Event­Organisatoren vor Ort.»

Anderer Stopp, neue Light­Variante: In die Niederlande ist Lilou einmal nur mit einem Plastiksäckli als Gepäck gefogen. «Als man mich am Airport abgeholt hat, wartete der Typ artig auf mein Gepäck. Bis ich ihm sagte: Das hier ist mein Gepäck. Darauf er: ‹ Seriously? Ich dachte, das ist dein Zeug aus dem Duty Free!›»

Auch in Los Angeles liebt es Lilou leichtgängig: Er ist hier mit einem Can­Am Ryker, einem wendigen dreirädrigen Motorrad, unterwegs. Die beste Art, um hier schnell von A nach B zu kommen, schliesslich herrscht hier fast immer Rush Hour – mit einer Ausnahme: von zehn Uhr vormittags bis zwei Uhr nachmittags. Lilou nimmt es locker, auch wenn er den Verkehr hier für «verrückt» hält: «Ich kenne Los Angeles aus Filmen und Serien. Ich mag den Vibe hier, auch wenn ich den American Dream nicht träume.» Trotzdem: Die Breaking­Szene hier sei absolut brauchbar.

Eine seiner nächsten Reisen führt Lilou von seiner Homebase in Lyon fünf Autostunden nach Paris ins Stade Roland Garros zum Red Bull BC One World Final. «Es ist mega, dass wir das erste Mal dort breaken, wo sonst die French Open stattfnden. Ich nehme nicht teil, aber liebe es, mein Wissen mit den Jungen zu teilen –das Projekt heisst ‹Under My Wings›, und ich fühle mich wirklich wie eine Henne.» Wie ein Poulet im Höhenfug, denn das World Final sei das jährliche Meeting der Crème de la Crème des Breaking, und jedes Jahr gäbe es, was die Gewinner betrifft, aufs Neue eine Überraschung. «Wenn der Outsider den Favoriten schlägt, sind das coole Vibes.» Und auf jeden Fall eine weitere Story für den Mann mit den 106 Ländern, dem Plastiksackerl und der Banane.

Das Red Bull BC One World Final findet am 21. Oktober in Paris und live auf Red Bull TV statt. Instagram: @lilou_officiel, @streetoff_

HEROES
TEXT NINA KALTENBÖCK FOTO LITTLE SHAO
16 THE RED BULLETIN RED BULL CONTENT POOL
« Lilou light –keiner tourt so unbeschwert wie ich.»
THE RED BULLETIN 17
Lilou, 39, B-Boy und Globetrotter, über sein Travel-Prinzip

HEROES

TEFLON SEGA

existiert nur digital. Dennoch ist der 2D-Anime-Sänger ein echter Superstar – erfunden als Rache an der Musikindustrie. Wir sprachen mit seinem Mastermind.

Teflon Sega ist nicht wie andere R&BMusiker. Das ist an seinem schwarz-pinken Haarschopf und seiner violetten Haut zu erkennen. Aber es gibt noch einen anderen, grösseren Unterschied: Teflon Sega existiert nur im Metaverse. Der 2DAnime-Sänger, der monatlich fast eine halbe Million Hörer auf Spotify, mehr als 21 Millionen YouTube-Klicks und 5,6 Millionen SoundCloud-Streams hat, ist ein vollkommen digitales Geschöpf.

Als Erfndung eines anonymen Musikers zeigt Teflon Segas Online-Präsenz, dass die Grenzen zwischen virtueller und physischer Kunstwelt verschwimmen.

Sega, dessen Debütsingle «Beretta Lake» 2016 viral ging, interagiert mit Fans über Online-Videos sowie über soziale Medien und in virtuellen Konzerten. «Mein Traum ist es, mit einer Augmented-Reality-Liveshow auf Tour zu gehen», erzählt er da. Zuletzt veröffentlichte Teflon Sega sein Debütalbum «Welcome to the Mourning Show». The Red Bulletin lüftet den virtuellen Vorhang – und spricht mit dem öffentlichkeitsscheuen Künstler hinter der grossen Metaverse-Maskerade.

the red bulletin: Weshalb veröffentlichst du deine Musik als digitaler Avatar Teflon Sega im Metaverse?

tefon sega: Vor Jahren wurde ich von einem Major-Label unter Vertrag genommen und dann auf Eis gelegt – wobei sie mich nicht aus dem Vertrag liessen. Ich befand mich in der schlimmsten Phase meines Lebens, weil ich mich nicht kreativ ausdrücken konnte. Also entwickelte ich einen Avatar und veröffentlichte heimlich meine Musik.

Um den Vertrag zu umgehen?

Ja. Der Erfolg war erstaunlich – ein Song landete auf Platz vier der weltweiten Viral-Charts von Spotify – aber ich war noch immer unter Vertrag. Ich wusste nicht, ob das Label es herausfnden und mich verklagen würde. Zum Glück liessen sie mich fallen. Dann wandten sie sich an Teflon Sega und sagten, sie wären daran interessiert, ihn zu verpfichten. Sehr lustig.

Wie hast du die Skills erlernt, um Echtzeitanimationen zu erschaffen?

Ich habe keine Ausbildung in 3D-Kunst, Animation oder Technologie. Alles, was ich kann, habe ich mir über YouTube selbst beigebracht. Ich war wie besessen und arbeitete 15 Stunden am Tag. Nach ein paar Jahren fühlte ich mich selbstbewusster. Dabei habe ich, hat Teflon Sega eine Menge peinlicher Inhalte veröffentlicht und auch von meinem, von seinem Publikum gelernt. Und ich lerne immer noch.

Hast du dir überlegt, den Avatar aufzugeben, nachdem du von dem Label fallen gelassen wurdest?

Das habe ich wirklich. 2018 erzählte ich meinem Publikum, dass ich ein FaceReveal machen würde, und kündigte ein Datum an. Aber ich wurde mit Nachrichten überfutet, die alle das Gleiche sagten: «Tu es nicht, ruiniere nicht etwas Besonderes, ruiniere nicht diese Flucht …» Das hat alles verändert. Mir wurde klar, dass dies nun grösser ist als ich. Meine Aufgabe ist es nun, Teflon und dieser einzigartigen Situation so viel Leben einzuhauchen, wie ich kann. Ich habe eine ganz neue Leidenschaft entdeckt, nämlich den Aufbau von Welten und das Erzählen von Geschichten innerhalb der Musik und des Metaversums.

Vor kurzem hast du den kreativen Prozess hinter einem Motion-CaptureMusikvideo beschrieben. Warum?

Das wollte ich schon lange tun. Animation als Kunstform ist mehr als hundert Jahre alt, aber Echtzeitanimation und Motion Capture (Erfassung echter Bewegungen und deren unmittelbare Digitalisierung, Anm.) sind so neu und werden jetzt für Kreative von zu Hause aus möglich, ohne Studios oder fette Budgets. Die Leute schickten mir Nachrichten, in denen sie meinem «Team» für seine Leistung Komplimente machten. Ich wollte zeigen, dass ich meine Kunst quasi in meiner Garage herstelle – und dass jeder das könnte.

Fühlst du dich wegen deines Avatars nun als ein anderer Musiker als früher? Ja, in diesem Prozess habe ich wirklich gelernt, dass Avatare nur ein Update dessen sind, was es in der Kunst schon immer gab. Die Geschichte ist voll von unbekannten Künstlern. Es gab viele Kreative, die das Gefühl hatten, dass sie durch eine Maske etwas ausdrücken können, das riskanter oder realer war. Als ich begann, als Avatar Musik zu machen, konnte ich Seiten von mir zum Ausdruck bringen –meine Depression, meine Ängste, einige meiner Macken –, die selbst Menschen in meinem nahen Umfeld noch nie bemerkt hatten. Mein Publikum fühlte sich damit tief verbunden, und das war befreiend. Das ist die Erfahrung vieler introvertierter Künstler. Daher werden Avatare bald eine grosse Rolle in der Kunst spielen.

Instagram: @teflonsega

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«Mein Avatar steckt voller Gefühle –sie kommen von ganz tief in mir.»
THE RED BULLETIN 19
Teflon Segas anonymer Schöpfer über die Verschmelzung mit seiner Kunstfigur

JAYDA G

erkundet als DJ und Musikproduzentin neue Wege: Sie mixt Dance Music mit aufgezeichneten Lebens erinnerungen ihres Vaters und dem Gesang der Wale.

Ihren Durchbruch schaffte Jayda Guy im Jahr 2017, als ein Video von ihrem DJ‑Set in Amsterdam viral ging. Ihre ener getischen Tanzmoves an den Turntables machten die kanadische DJ und Musik produzentin berühmt. Doch da war mehr als dieser beschwingte Mix aus Soul, Disco und House. Als Umwelttoxikologin liess sie in ihre frühen Nummern Klänge aus der Natur einfiessen, etwa Schwertwal Gesänge, um etwas anzusprechen, was ihr am Herzen liegt: Naturschutz.

Heute ist Jayda 34, lebt in London, und ihr neues Album mit dem Titel «Guy» ist

unterlegt mit Archivaufnahmen, auf de nen ihr verstorbener Vater Erinnerungen an sein Leben als junger Afroamerikaner teilt. «Das Album soll eine Sammlung an Geschichten sein, über Tod, Trauer und Verständnis – und darüber, wie es ist, in den USA schwarz zu sein.»

the red bulletin: «Guy» ist persönlicher als deine früheren Werke. Warum?

jayda g: Jayda G ist eine ziemlich eindimensionale Figur: Sie ist happy, sie tanzt, spielt fröhliche Musik. Dabei habe

ich noch eine ganz andere Seite – Jayda Guy, die eher nachdenklich ist und sich im Leben manchmal ziemlich schwertut.

Wie kam es, dass du Archivaufnahmen deines Vaters für dein neues Album verwendest?

Mein Vater starb, als ich zehn war. Davor lebte er etwa fünf Jahre lang im Bewusst sein, sterbenskrank zu sein, und als er nicht mehr viel Zeit hatte, begann er mit den Videoaufnahmen. Jetzt, zwanzig Jahre später, wurde mir bewusst, wie gut sich die Geschichten, die er da erzählt, als Inspiration für Musik eignen. Daraufhin begann ich, alle Videos zu durchforsten. So habe ich besser verstanden, was er für ein Mensch war und wie er gelebt hat.

Erzähle uns von ihm!

Mein Vater war ein Schwarzer in Kansas City, in den Fünfzigerjahren. Er wuchs in Armut auf, heute würden wir sagen: im Ghetto – und ihm war klar, dass er da rausmusste. Also schrieb er sich bei der Army ein und wurde im Zuge des Vietnam kriegs in Thailand stationiert, einer Um gebung, die kaum gegensätzlicher sein könnte. Danach kam er nach Washington, D. C., wurde DJ, legte nachts im Radio auf und geriet 1968 unfreiwillig in die Rassen unruhen. Schliesslich fand er in Kanada ein neues Leben mit meiner Mutter. Man merkt, wie abenteuerlustig er war und wie sehr er sich nach einem besseren Leben sehnte. Meine Geschwister und ich sind ein Ergebnis dieser Sehnsucht.

Du sagtest, «Guy» sei für «alle, die mehr erreichen wollen». Wie ist das gemeint? Dieses Album ist jenen gewidmet, die unterdrückt wurden und ein schweres Leben hatten. Je älter ich werde, desto mehr erkenne ich, wie bemerkenswert es ist, mehr erreichen zu wollen, wenn man keine Beispiele dafür aus dem eigenen Umfeld oder der eigenen Community kennt. Nur wenige schaffen es, sich ein anderes Leben überhaupt vorzustellen. Mein Vater war einer von ihnen.

Wie würde es deinem Vater gefallen, dass seine Lebensgeschichte über deine Musik in der Welt gelandet ist? Er würde sich gehörig was darauf ein bilden! Aber Scherz beiseite, er wäre stolz.

HEROES
TEXT LOU BOYD FOTO NABIL ELDERKIN
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Jayda Gs Album «Guy» (Ninja Tune) ist seit 9. Juni erhältlich. Instagram: @jaydagmusic

CARE TAKE

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CARE

Irre Locations, strahlende Farben: Fotograf Lorenz

Holder zeigt Action-Sport vor einzigartigen Kulissen –und schafft so ein ganz eigenes Spektakel.

ALLES IST ERLEUCHTET

TEUFELSRITT

Berlin, Deutschland

«Wall Ride» heisst der Stunt, Teufelsberg die Location – ein Areal, übersät von Militärruinen. Und der Teufelskerl auf dem Bike?

BMX-Freestyler Bruno Hoffmann, der in drei Meter Höhe eine vertikale Mauer befährt.

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FOTOS LORENZ HOLDER
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SÜD - SEEN

Allgäu, Deutschland

Die Südsee? Der Forggensee, ein Staubecken im Herzen von – Bayern! Jedes Frühjahr füllt es sich mit milchig blauem Wasser, das mit der Schneeschmelze von den Bergen kommt. Wakeboarder Felix Georgii cruist durch die Alpen-Karibik.

Bayerische Karibik: auf

Kreuz-undquer-Fahrt durch blaues

Alpenwasser

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WALD VON WELT

Antrim, Nordirland

«The Dark Hedges» wird diese Buchenallee genannt, einer der markantesten Drehorte von «Game of Thrones» – und ein Touristenmagnet. Die Challenge für Holder und den österreichischen BMX­Rider Senad Grosic: hier für ein paar Klicks gespenstische Ruhe darzustellen.

Düsterer Touri - Spot: In diesem Geisterwald ist oft die Hölle los.

26 THE RED BULLETIN

HAUS - MEISTER

Calpe, Spanien «La Muralla Roja», die Rote Mauer, heisst die Feriensiedlung des Kult-Architekten Ricardo Bofill an der Costa Blanca.

BMX-Rider Senad Grosic freut sich über die vielen Stufen, Lorenz Holder über die starken Kontraste.

KURVEN - REICH

München, Deutschland

Irrgarten aus der Vogelperspektive: Hier stieg

2005 noch die Bundesgartenschau – heute

haben Skater das Areal erobert. Hier: Lorenz

Holders Freund Patrick Beskow beim Kickflip.

Früher wuchsen in diesem Irrgarten die Blumen. Heute blüht hier die künstlerische Fantasie.

28 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 29

GEISTERFAHRT

London, England

Nachts im Natural History Museum, hier ruhen die Reste der Urzeittiere. Uhrzeit: Es ist fast Mitternacht, als Top-Skaterin

Letícia Bufoni ihre Geisterfahrt im leeren Gebäude startet. Ganz schön schaurig.

PARK & RIDE

Köln, Deutschland

Ein Parkplatz mit Platz satt – horizontal wie vertikal, dank einer zum Kunstwerk erweiterten Feuermauer aus Ziegelstein. Wie gemacht als Spielplatz für Skater Vladik Scholz.

BRÜCKENSCHLAG

Gablenz, Deutschland

Die Brücke, die hier mit ihrem Spiegelbild zum Kreis verschmilzt, stammt aus der Romantik. Der BMX­Profi auf ihr ist Senad Grosic, der ursprünglich aus Kroatien stammt. Ergebnis: Brückenschlag der Kulturen!

THE RED BULLETIN 31

DER FOTOGRAF

LORENZ HOLDER

Wie einen langen, womöglich ein wenig langweiligen Fluss hätte Lorenz Holzer aus München das Leben an sich vorbeiziehen lassen können: Wirtschaft und Erdkunde hatte er studiert, eine Lehrerlaufbahn am Gymnasium schien für ihn vorgezeichnet. Doch noch vor seiner ersten Unterrichtsstunde legte er eine Vollbremsung hin und änderte die Richtung. Neues Ziel: Fotografe.

Bereits einen Teil seines Studiums hatte sich der 43­jährige Bayer, ein passionierter Snowboarder, durch diverse Fotojobs in der Boarding­Szene fnanziert – und dabei Gefallen an diesem Milieu und den Motiven gefunden. Nun, als frischgebackener Pädagoge, ging er die Action­ und Abenteuerfotografe professionell an. Erdkunde mit der Kamera gewissermassen. «Ich gehe bei meiner Sportfotografe stets einen Schritt zurück, weil ich das grosse Ganze zeigen will», sagt Holder. «Ich will nicht nur fest halten, was in Sachen Action möglich ist, sondern vor allem auch, wo.»

Die Natur, das Setting, der Rahmen müssten auch ohne den Menschen funktionieren: «Wenn man sich den Athleten wegdenkt, sollte man sich meine Bilder immer noch an die Wand hängen wollen», wünscht sich Holder. Darum lautet sein Plan: «Den Menschen als unaufdringlichen Teil der Natur darzustellen.» Seine Erfolge: Auszeichnung mit dem Overall Red Bull Illume Award 2013 und 2016 und zwei Kategorie­Siege im Jahr 2019. lorenzholder.com

SCHATTENMANN

Flims, Schweiz

So zeitlos, wie die Felsen des Caumasees hier dösen, ahnt keiner: Für diesen Action-Shot war perfektes Timing gefragt. «Damit der Schatten genau so auf die Insel fällt, mussten Tages- und Jahreszeit stimmen», sagt Holder.

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THE RED BULLETIN 33

ABER SICHER!

Nicolas Hojac zählt zu den besten und schnellsten Alpinisten der Welt, doch er weiss: Wo er sich bewegt, hängt Überleben oft nur von kleinen Griffen und Tritten ab. Seine Devise: Risikomanagement. Dabei heisst vorsichtiger nicht weniger verrückt.

TEXT SAMUEL WALDIS FOTOS MARTIN HANSLMAYR, SANDRO BAEBLER

Das Doppel Hojac während seiner Expedition auf den Mount Shivling (links) und auf dem Eigergletscher beim Shooting für

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The Red Bulletin

er sich alles merken will, was Nicolas Hojac gleich sagt, ist verloren: «Hier links gehen, sonst versteige ich mich. Friend setzen. Seil nachziehen. Wenn es da Schnee hat, kann ich so weitergehen. Dann kommt ein Schlaghaken. Hier fnde ich einen Stand.» So ungefähr tönt das, während er mit dem Zeigefnger über das Bild der Eiger-Nordwand fährt. Es steht auf dem Sideboard in seinem Arbeitszimmer, schwarz-weiss, aber was bedeutet das schon bei einer Wand aus Stein und Eis und Schnee. Der Eiger ist sein Berg. Diese Wand kennt er auswendig.

Nicolas ist 31 Jahre alt und Bergsteiger. Der Berner reiste für Expeditionen nach China und Pakistan, Patagonien und Indien; er hat Berge als Erster bestiegen, Routen als Erster begangen; und er gehört weltweit zu den Schnellsten. 2020 kletterte er in den Alpen in 13 Stunden und 39 Minuten auf 18 Viertausender. 2015 holte er zusammen mit Ueli Steck den Team-Speedrekord in der Eiger-Nordwand: 3 Stunden und 46 Minuten – sie waren derart schnell unterwegs, dass Nicolas zwei Sandwiches auf den Gipfel trug und sie originalverpackt wieder ins Tal brachte. Er erzählt diese Episode gern an Vorträgen. Sie bringt ein wenig Leichtigkeit in eine Welt, in der das Schicksal auf jedem Grat lauert, auf jedem Vorsprung, in jedem Riss.

Acht Jahre nach dem Speedrekord steht Nicolas in der Garage, zwei Stockwerke unter seinem Arbeitszimmer. Sein Elektroauto hat er draussen geparkt, drinnen gibt es nur Platz für das Material seines Lebens: Klemmgeräte und Expressen, Aluminiumtöpfe und Gasfaschen; Gurte, Helme und Gleitschirme so klein wie Tagesrucksäcke,

Kletterschuhe und bunte Seile. Nicolas nimmt eines vom Haken, ein oranges, und sagt: «Dieses Seil gehörte dem Ueli. Damit haben wir den Speedrekord am Eiger geholt.»

Das Seil hat Nicolas von Stecks Frau erhalten, nachdem dieser 2017 im Himalaya ums Leben gekommen war.

Am Esstisch in seiner Wohnung in Spiez erzählt Nicolas, was ihn nach dem Verlust seines Freundes und Mentors immer wieder beschäftigte: «Ist es richtig, was ich mit meinem Leben mache?» Die Klarheit, mit der er über Fragen dieser Grösse redet, spiegelt sich in seiner Sprache, in diesen Sätzen, die sich auf Punkt und Komma niederschreiben lassen. Und schweift er einmal ab, fndet er zu einer Essenz zurück, wie zum Beispiel zu dieser: «Ich spüre Entdeckergeist und grosse Abenteuerlust. Das kann ich beim Bergsteigen ausleben.»

Eine Woche zuvor ist Nicolas wenige Meter vor einer Berghütte gestürzt. Kratzer am Arm zeugen von dieser Bagatelle. Er hat schon anderes erlebt. Einmal, nach einer Eislawine, wartete er zitternd darauf, dass der Körper des Kollegen an ihm vorbei in die Tiefe fallen würde. Bis dieser schrie: «Ich lebe noch! Ich lebe noch!» Ein anderes Mal fel Nicolas selbst. Die Eispickel bohrten Löcher in die Jacke, verfehlten aber seinen Körper. Er erzählt diese Beispiele, weil sie ihm viel bedeuten: «Ich puschte. Und in den Bergen funktioniert das nicht. Ich bin fast froh, dass ich diese beiden Unfälle erlebt habe. Denn sie haben mich auf die richtige Spur gebracht. Seither bin ich vorsichtiger unterwegs.»

Vorsicht heisst manchmal auch umkehren. 2021 am Mount Shivling etwa, beim Versuch, die Südwand dieses Sechstausenders im indischen Himalaya als Erste zu begehen, brach er zusammen mit seinem Team die Expedition ab. Die Ereignisse sind in der Red Bull-Dokumentation «Tribute to Failure» festgehalten.

18 Viertausender in 13 Stunden und 39 Minuten –zu Fuss, nicht mit dem Helikopter

Seine Welt Nicolas Hojac am Eiger – noch vor den ersten Schritten verschafft sich der Berg-Profi einen Überblick.
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So friedvoll –und doch so tückisch

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Die Gipfelwelt des Mount Shivling im Himalaya, fotografiert von Nicolas Hojac auf dessen Expedition. Noch herrscht Ruhe über den Gipfeln
«Starke Sonne, das Eis schmolz – und es kam immer wieder zu Steinschlägen …»
NICOLAS HOJAC
Nicolas Hojac über sein grossen Abenteuer im Himalaya – und dessen Wendepunkt

DIE SCHÖNHEIT DES SCHEITERNS

Der Film «Tribute to Failure» dokumentiert den Versuch einer Erstbegehung – Nicolas Hojac erinnert sich.

2021 reiste Nicolas mit den Schweizer Bergsteigern Jonas Schild, Stephan Siegrist und Andy Schnarf nach Indien. Ihr Ziel: die Erstbegehung der Südwand des 6543 Meter hohen Mount Shivling im nordindischen Himalaya.

«Wir waren nach der Corona­Pandemie die erste Expedition, die für Indien ein Visum bekommen hat. Ein Bus brachte uns in drei Tagen von Delhi nach Gangotri, dann wanderten wir zweieinhalb Tage lang durch das Bhagirathi­Tal. Die Träger freuten sich, dass endlich wieder ausländische Bergsteiger da waren. Sie rissen sich fast darum, wer was ins Basecamp tragen darf. Einer schulterte auf einmal 75 Kilogramm. Ihm mussten wir sagen: ‹Lauf lieber zweimal!›

Vom Basecamp trugen wir Material durch ein schmales Tal ins nächste Lager hoch. Von dort gingen Jonas und ich an die Südwand, um Fixseile zu montieren. Weil die Sonne das Eis zum Schmelzen brachte, kamen dort immer wieder Steinschläge herunter. Einer davon an der Stelle, an der Jonas und ich kurz zuvor Fixseile angebracht hatten. Im Film ist das gut zu sehen. Wir mussten eine andere Linie wählen, um in die Wand einzusteigen. Bis auf 6000 Meter kamen wir dann gut voran. Weil Andy aber Probleme mit der Höhe hatte, mussten wir schliesslich absteigen.

Es ist so viel passiert auf dieser Expedition: Wir hatten Husten, waren krank, einer von der Filmcrew musste sich gar einen Zahn ziehen lassen. Auch wenn die Expedition nicht erfolgreich war – langweilig war uns am Mount Shivling nie. Und überhaupt: was für ein ästhetischer Berg!»

Heisse Suppe. Auf 5700 Metern auf dem Mount Shivling, Indien –Stephan Siegrist stärkt sich in seinem Schlafsack im Lager 1. Abseilen im Morgennebel. Rückweg vom Mount Shivling: Steinschlag zwingt Jonas Schild (im Bild) und Nicolas (Fotograf) zum Abstieg. «Mt. Shivling – Tribute to Failure» Hier kannst du die beeindruckende Doku von Nicolas Hojac sehen.
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Die Südwand des Mount Shivling. Der Schnee ist ganz frisch –das Expeditionsziel an einem kalten Morgen, von Nicolas dokumentiert.

Solche Entscheidungen hängen beispielsweise von Wetterveränderungen oder Lawinengefahr ab oder davon, wie schnell die Gruppe vorankommt. Nicolas sagt: «So vieles lässt einen umkehren. Oft ist es sogar schwieriger, Gründe fürs Weitergehen zu fnden.» Am Mount Shivling fel die Entscheidung leicht: Andreas Schnarf, einer der vier Bergsteiger, litt an einem Lungenödem. Bei dieser Höhenkrankheit sammelt sich Wasser in den Lungen an, sie ist lebensbedrohlich. Einzig der Abstieg hilft. Am Ende des Films faltet Schnarf ein zerknittertes Bild seiner Familie auf, gedruckt auf Büropapier, an den Faltstellen hat sich die Farbe gelöst. Mit feuchten Augen sagt er: «Nicht vergessen, unser Hauptziel war, dass wir alle in einem Stück heimkehren.»

Erfolge von Alpinisten lassen sich kaum miteinander vergleichen, auch weil sich die Bedingungen am Berg ständig verändern. Eigentlich ist nur Misserfolg klar defniert. «Das einzige Scheitern am Berg ist, wenn du nicht gesund zurückkommst. Für mich ist zum Beispiel der Gipfel nicht der unglaublichste Moment. Denn oft stehst du da oben, weit draussen im Seich. Und dann musst du irgendwie wieder runter», sagt Nicolas.

Natur wird zur Nebensache

Nicolas kommt am 12. Juli 1992 zur Welt und wächst in Niederscherli im Kanton Bern auf. Er macht eine Lehre als Automatiker und studiert an der Fachhochschule Maschinenbau. Den Beruf des Ingenieurs hat er vor Jahren aufgegeben. Heute schlägt er Haken ein, rammt seine Steigeisen ins Eis, studiert Karten im Basecamp; er klettert hoch, trinkt sandiges Schmelzwasser, steigt wieder hinunter. Er kratzt mit der Schaufel Eis und Schnee weg, damit er im Zelt so fach wie möglich schläft, den Kopf bei den Füssen des Nebenmannes. In diesen Extremsituationen verkommt die Natur manchmal zur Nebensache: Nicolas hat schon Sonnenuntergänge nur deshalb gesehen, weil er höhenkrank das Zelt öffnen musste, um sich zu übergeben. Hier oben rücken Selbstverwirklichung oder Gruppendynamiken in den Hintergrund. Nicolas beschreibt es so: «Es geht oft nur darum, Grundbedürfnisse zu befriedigen. Schutz suchen. Trinkwasser fnden. Sichern.» Das alles macht die Hälfte seiner Arbeit als Bergsteiger aus.

Die andere Hälfte sitzt er im Büro. Er kommuniziert mit Sponsoren, kümmert sich um das Marketing, plant Expeditionen, entwickelt Produkte mit seinem Ausrüster; er schneidet Videos, bearbeitet Fotos, hält Vorträge. Über sein Leben sagt er: «Ich arbeite immer. Und ich

arbeite nie.» In der Höhle eines Einsiedlers. Auf dem Weg zum Mount Shivling –Einkehr bei einem Einheimischen, der meditiert und von Gaben lebt Ohne sie geht nichts. Zwei Träger auf dem Weg ins Basecamp vor dem Bhagirathi-Massiv
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Schlechtwetter. Im Basecamp – die Zelte der Expeditionsteilnehmer am Fuss des Mount Shivling
HOJAC

Es gab Zeiten, da dachten einige, Nicolas sei ein Träumer. Nur er selbst sah den Weg zum Profbergsteiger. «Meine Eltern sahen ihn nicht. Meine Freundin auch nicht. Da habe ich gemerkt, dass nur ich selbst an mich glauben muss.»

Ein erstes Ausrufezeichen gelingt ihm mit 18 Jahren, als er die Eiger-Nordwand durchsteigt. Diese Wand, über die seine Mutter einst sagte: «Da gehst du erst hoch, wenn ich tot bin.» Mit 22 wurde er ins Expeditionsteam des Schweizer Alpen-Clubs aufgenommen, eine Art Junioren-Nationalmannschaft für Schweizer Bergsteiger. Gleichzeitig beginnt er, mit Ueli Steck zu trainieren. Irgendwann entsteht die Idee einer gemeinsamen Expedition. Dazu kommt es nicht mehr.

Am 30. April 2017 liegt Nicolas bei seiner Freundin im Bett. Er scrollt durch den Facebook-Feed und sagt: «Schau, wieder etwas über Ueli. Wahrscheinlich News zu seiner Expedition.» Dann liest er, dass Steck am Nuptse in Nepal abgestürzt ist. Nicolas braucht lange, bis er das verarbeitet hat, vieles gerät ins Wanken. In dieser Zeit, da er erstmals vom Bergsteigen leben kann, fragt er sich: «Habe ich den richtigen Weg eingeschlagen? Oder werde ich auch so enden? Soll ich nicht doch Ingenieur werden und Material für Bergsteiger entwickeln?»

Zwei Jahre später stirbt der Vater an einem Herzinfarkt, früh, wie schon andere Männer in der Familie auch. Und wieder kommt die Frage: «Ist es richtig, was ich mit meinem Leben mache?» Dann fasst Nicolas einen Entschluss: «Für mich ist Alpinismus der richtige Weg. Ich habe mich für das Leben im Jetzt entschieden.» Kurze Zeit später wird er nach einem Vortrag angesprochen. «Der Mann sagte mir: ‹Wenn ich dir zuhöre, dann habe ich das Gefühl, nie gelebt zu haben.›»

Ein Baby-Bild wie ein Fingerzeig Einer der Gründe, warum wenige Menschen Protagonisten solcher Texte sind und wir andere diese Texte schreiben und lesen, ist die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Wie geht Nicolas damit um?

Im Jahr 2022 ist er mit Alex Honnold unter wegs, dem Superstar im Free Solo, dieser Disziplin des ungesicherten Kletterns. Sie drehen «The Soloist VR», ein Virtual-Reality-Projekt, das es uns allen ermöglicht, dem Sport so nahe wie möglich zu kommen. Eines Morgens besichtigt das Team den untersten Teil der Wand. Zwei von ihnen steigen ungesichert hoch. Nicolas hängte sich am Fixseil ein. Er sagt: «Genau in solchen Momenten beginnt für mich das Risikomanagement. Es gab keinen Grund,

Quälende Zweifel –doch dann die klare Entscheidung:

da ungesichert hochzuklettern. Ich musste niemandem etwas beweisen.» Während des Drehs erhält Honnold von seiner Freundin das Ultraschallbild seines ungeborenen Kindes. Dann kommt es zu diesem Dialog –Nicolas: «Hörst du jetzt mit Free Solo auf?» Honnold: «Nein.» Nicolas’ erster Gedanke: «Der spinnt.» Auch Nicolas würde nicht anders bergsteigen, wäre er Vater. Jedoch aus einem anderen Grund: «Ein Kind würde nichts an meinem Risikomanagement ändern. Das würde ja nur bedeuten, dass ich jetzt schon falsch unterwegs bin.»

Die Macht des Vergessens Technisch auf Nicolas’ Niveau zu klettern erfordert viel mentale Arbeit. Vor der Tour bedeutet das: visualisieren. Diese Technik hilft Nicolas bei Wänden, die er schon kennt. Aber auch unbekannte Wände werden bekannter, wenn er sie visualisiert, wenn er Eventualitäten durchgeht und mögliche Bedingungen verinnerlicht.

Nach der Tour bedeutet mentale Arbeit: realisieren und verarbeiten. An seinem 30. Geburtstag gelingt Nicolas zusammen mit Adrian Zurbrügg der Speedrekord über Eiger, Mönch und Jungfrau: 13 Stunden und 8 Minuten. Am Folgetag will das Filmteam ein paar Szenen nachdrehen. Also wieder hoch. Und erst da, erst im Gespräch mit Zurbrügg, merkt Nicolas, wie viel er vergessen hat. Er sagt: «Einen Filmriss hatte ich noch nie. Aber es fühlt sich manchmal an

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«Ich lebe mein Leben, ein Leben im Jetzt.»

LA NOUVELLE VAGUE

Nicolas Hojac ist Alpinist aus Leidenschaft. Ob mit dem Steigeisen in der Hand oder dem Gleitschirm im Nacken: Die Natur ist dabei sein ständiger Begleiter. Mit dem Renault Megane E­Tech 100 % electric möchte er ihr etwas zurückgeben.

Gemacht für die Zukunft

Nachhaltig ist der Renault Megane E­Tech 100 % electric von Nicolas nicht bloss, weil er ein Elektroauto ist. Renault verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz –vom Produktdesign bis zum Recycling hin. Über 90 Prozent der Bauteile des Megane können wiederverwendet werden, auch in die Produktion fliesst viel Recyceltes ein. 28 Kilogramm wiederverwertete Kunststoffe zum Beispiel.

Aluminium: der Stoff, aus dem Träume sind

Da die Karosserie des Megane zum Teil aus Aluminium besteht, ist sie leicht zu recyceln – und leicht auf der Waage. Das Resultat: wenig Verbrauch und hohe Reichweite. Bis zu 470 Kilometer schafft der Megane. Dabei kommt er

Gipfelstürmer Nicolas Hojac setzt auf den RENAULT Megane E-Tech 100 % electric.

mit 60 kWh Batteriekapazität aus – und mit deutlich weniger Rohstoffen als Autos mit grösserer Batterie.

Stark, schnell, selbst organisiert

Noch ein Pluspunkt für den Megane: Wie Nicolas ist er für schnelle Routen bekannt. Nicht nur seines 220 PS starken Motors wegen: Auf längeren Strecken plant das Infotainmentsystem die schnellsten Ladestopps selbständig ein, um auch auf der Strasse nichts dem Zufall zu überlassen.

Stylish und praktisch: 440 Liter Ausrüstung kann Nicolas hinter die Rücksitze seines Megane packen.

Emissionsfrei in die Berge: Nicolas mit seinem Renault Megane E­Tech 100% electric renault.ch

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KAI GROSSMANN

wie bei einem Kater, wenn dir die Kollegen erzählen, was in der Nacht alles passiert ist.» Nicolas brauchte drei Tage, bis er alles geordnet hatte – weil er während der Tour so konzentriert und fokussiert gewesen war, dass vieles unverarbeitet blieb.

Nicolas hat noch Ziele im Speedklettern. Etwa die Nordwände von Eiger, Mönch und Jungfrau in weniger als 24 Stunden zu bewältigen. Doch eigentlich sucht er für seine Zukunft anderes. Andere Abenteuer. Mehr Momente, wie er sie in Patagonien erlebt hat: wo das Team mit Pferden unterwegs war, Basecamps und Einstiege in die Wände suchte, was schwierig war, weil einheimische Bergsteiger ihr Wissen nicht hatten teilen wollen; wo sie nach starkem Regen Staumauern bauen mussten, damit das Basecamp nicht davonschwimmt; wo sie Brennholz und Trinkwasser suchen mussten, in weiten Gebieten ohne eine Menschenseele, wo kein Helikopter hinfiegt und wo alles auch ein bisschen Überleben ist. Er weiss genau, dass er solche Szenen braucht, um das Bergsteigen als Beruf auszuüben: «Ich lebe nicht nur von sportlichen Erfolgen, sondern auch von solchen Geschichten.»

Als Junge las er Abenteuerbücher. Die Erzählungen von Ernest Shackleton, dem britischen Polarforscher, oder vom Franzosen Nicolas Vanier, der mit seinem Hundeschlitten Kanada und Alaska durchquert hat. Aber wie fndet er jetzt selbst solche weissen Flecken? In einer Welt, in der jeder Winkel entdeckt scheint?

Welt der weissen Flecken

Wir sind zurück in seinem Arbeitszimmer, Blick auf den See. Nicolas sagt, er könnte den Architekten ohrfeigen, dass es auf dieser Seite keinen Balkon gebe. Im Wandregal stehen Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht, Relikte aus dem Studium, ansonsten Bergbücher ohne Ende. Auf dem Fenstersims ruht ein Beutel Magnesia für das Training am Hangboard, das er an den Türrahmen geschraubt hat. Eine feine Schicht des weissen Pulvers hat sich über den schwarzen Drucker neben dem Bürotisch gelegt. Dann fährt Nicolas seinen iMac hoch und öffnet Google Maps Pro, seine Datenbank. Er zoomt rein und raus, verschiebt südliche Breite, westliche Länge. So sucht er die Welt nach steilen Wänden und abgelegenen Bergen ab, setzt gelbe Pinn­Nadeln an Stellen, die ihn interessieren. Jede dieser PinnNadeln steht für ein potenzielles Abenteuer. Dort will er hin. Dort wartet das Leben im Jetzt.

@nicolashojac

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Sein Hausberg Klettern am Eiger –dieses Massiv kennt Nicolas in- und auswendig.

FLU ¨ U ¨ U ¨ GEL

FU ¨ R JEDEN GESCHMACK.

Vier Frauen im Kostüm der Beatles? Nein, denn als IndieBand zeigen The Aces, wie man seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Die Musik der vier Amerikanerinnen macht Probleme tanzbar.

VIER OHNE FEAR

TEXT NORA O’DONNELL FOTOS PIPER FERGUSON
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Fahrstuhl-Selfie The Aces für The Red Bulletin im Break Room 86 in Los Angeles

In der Zeitmaschine

Die Band macht eine Zeitreise zurück zu einem klassischen Moment aus den «Bill & Ted»-Filmen.

inter einer Laderampe hinter einer versteckten Tür irgendwo in Los Angeles ist eine Zeitreise im Gange. Vier Frauen, alle Mitte zwanzig, drängen sich um ein Smartphone, ein Freund dreht ein TikTok-Video davon. Das Ergebnis am Screen sieht überraschend analog aus: Die Frauen tragen Oversized-Blazer im Stil der 1990er-Jahre. (Oder sind sie aus den 1960ern, als die Beatles in der «Ed Sullivan Show» ganz ähnliche Anzüge trugen?) Auch der Drehort scheint aus der Zeit gerissen: eine dunkle Bar in Koreatown, Vintage-Fernseher, auf denen MTV-Videos der 80er-Jahre-Popkultur-Sensation «Max Headroom» laufen. Die Frauen sind aber nicht nur Zeitreisende, sie haben eine Verbindung zu ihren jüngeren Ichs gefunden. Und sie sind so sehr sie selbst wie nie zuvor. Wir schreiben das Jahr 2023, und diese Zeitreisenden mit Anspruch auf die Gegenwart sind eine Band namens The Aces.

Seit ihrer Jugendzeit in den Vorstädten Utahs macht die Band unwiderstehlichen Pop-Rock über den Schmerz junger Liebe – so herzzerreissend, dass sie 2016 direkt nach dem Highschool-Abschluss einen Vertrag bei Red Bull Records unterschrieben. Seitdem veröffentlichten die Schwestern Cristal (Leadgesang/ Gitarre) und Alisa Ramirez (Schlagzeu g), Katie Henderson (Leadgitarre/Gesang) und McKenna Petty (Bass/G esang) drei Alben und verzeichnen mehr als 260 Millionen Streams.

HEs könnten noch mehr sein, hätte nicht die Pandemie 2020 die Tourpläne für ihr zweites Album «Under My Infuence» durchkreuzt. Statt aufzutreten, gingen sie zurück ins Studio und schrieben sich Trauer, Panik und Trauma dieser ungewissen Zeit von der Seele. Das Material genau jener Sessions bildete die Grundlage für ihr nun erschienenes drittes Album «I’ve Loved You for So Long». Es ist ihr bisher reifstes Werk: unverblümte Ehrlichkeit, ein Sound wie damals, als sie, noch halbe Kinder, in einem Keller in Utah ganz spielerisch mit harten Riffs experimentierten.

«Ich glaube nicht, dass The Aces heute dort wären, wo sie jetzt sind, und ich glaube nicht, dass es dieses Album gäbe ohne diese erzwungene Zeit allein und ohne echte Beschäftigung», sagt Alisa. «Die Pandemie hat uns die Zeit und den Raum gegeben, diese Songs zu schreiben, weil es so viel zu verarbeiten und zu refektieren gab.» Als Mormoninnen in Utah aufgewachsen, standen alle vier aus der Band irgendwann vor der Entscheidung, ihre Religion hinter sich zu lassen.

Cristal, Alisa und Katie identifzieren sich als queer, was die mormonische Kirche – auch bekannt als die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage – strikt ablehnt. McKenna ist straight und verheiratet, wollte sich aber nicht mit einer Doktrin abfnden, die ihre engsten Freunde ausschliesst. «Zum ersten Mal im Leben und in unserer Karriere stehen wir alle auf derselben Seite – zumindest was religiöse Traumata angeht», sagt Cristal.

Die Songs auf «I’ve Loved You for So Long» lassen sich in zwei Themenbereiche teilen: die Kämpfe der Vergangenheit und jene der Gegenwart. Sie sind miteinander verwoben. «Ein bisschen wie eine Zeitreise zu deinem jüngeren Ich und zurück zu deinem jetzigen Ich», erklärt Alisa. Einmal Beatles und zurück sozusagen.

Ist was falsch?

Zeitsprung. Wir schreiben 2013. Cristal Ramirez wird bald achtzehn. Sie sitzt in ihrem Auto und wartet auf ihre jüngere Schwester Alisa, die sie von der Schule abholen will. Cristal schwitzt, reisst sich zusammen. Gleich will sie ihrer engsten Vertrauten drei Wörter sagen: «Ich bin lesbisch.» In Mädchen verknallt war sie eigentlich schon seit dem Kindergarten. Aufgrund ihrer Religion blieb das jahrelang

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ihr Geheimnis. Auch die Verhandlungen mit Gott, ihre Gefühle für Mädchen abzuschalten, scheiterten ebenso wie ihre Versuche, in der Highschool mit Jungs auszugehen. Sie konnte sich nicht länger selbst etwas vormachen. Sobald sie ihre Queerness zu akzeptieren begann, musste sie sich jemandem anvertrauen. Und so holt sie Alisa von der Schule ab, sie fahren eine Weile, parken das Auto. «Ich muss dir etwas sagen …», beginnt Cristal mit Tränen in den Augen. Darauf Alisa: «Ach ja? Ich bin auch lesbisch, ich dachte, das ist klar.»

Zurück in der Gegenwart werfen sich die beiden im Gespräch mühelos die Bälle zu. Sie selbst beschreiben sich als Yin und Yang: Cristal eher gefühlvoll, Alisa eher pragmatisch. «Sie ist viel selbstsicherer, und ich bin die Ängstlichere, die zu viel nachdenkt», sagt Cristal. «Ihre Reaktion damals half mir durch den Rest meines Coming-out-Prozesses: So sind wir nun mal, so waren wir schon immer.»

Die Jahre bis zu ihrem Outing waren für Cristal eine quälende Zeit. «Als Teenager queer zu sein machte mich komplett fertig.» Den inneren Kampf legt sie in «Suburban Blues» offen. «Nobody knows that I’m dying inside, nobody knows that I’m hating my life.»

In der Vorschule war Alisa einmal in eine Freundin verknallt. Die älteren Mitschüler, denen sie sich anvertraute, reagierten angeekelt. «Ich hatte keine Ahnung, was es heisst, lesbisch zu sein – ich war fünf», sagt sie. «Ich schämte mich wahnsinnig. Und ich bekam zum ersten Mal das Gefühl, dass irgendwas an mir falsch sei.» Als die Schwestern sich outeten, wurde die Band zu ihrem Safe Space. «Das war wie eine Wahlfamilie», sagt Alisa, «wenn wir zusammen waren, musste sich keine mehr verstellen.»

Bescheidene Anfänge

Cristal war zehn und Alisa acht, als sie begannen, gemeinsam Musik zu machen. Nach ein paar Jahren kamen McKenna und Katie hinzu, und sie spielten schon in der Highschool als

The Aces zusammen. Bei ihrem ersten Auftritt als Headliner in Provo, Utah, waren sie noch im frühen Teenageralter. Der Sieg bei einem örtlichen Wettbewerb brachte gerade genug Geld für die Studioaufnahme ihrer ersten Single. Sie kratzten weiter Geld zusammen, um die Band voranzubringen. Als der HighschoolAbschluss näher rückte, beschlossen sie, alles auf eine Karte zu setzen und hauptberufl ich Musik zu machen.

«Wir machten eine Liste mit unseren Zielen», sagt Cristal. «Und dann hielten wir uns an den Händen und sagten sie uns laut vor.» Als sie genug gespart hatten, veröffentlichten sie eine EP. Bei der Launch-Party vermittelte sie der Studiobesitzer an einen New Yorker Anwalt mit guten Verbindungen zur Musikindustrie. Über ihn lernten sie ihren ersten Manager kennen, der die Band bei Plattenfrmen vorstellte. 2016 unterschrieben sie bei Red Bull Records, und zwei Jahre später veröffentlichten sie ihr Debütalbum «When My Heart Felt Volcanic».

Cristal und Alisa hatten sich zu diesem Zeitpunkt gegenüber Freunden und Familie geoutet, in der Öffentlichkeit wollten sie weder Privatleben noch Religion diskutieren. Katie und McKenna waren noch in der Kirche aktiv, und nur die Band wusste, dass auch Katie lesbisch war. «Ich kannte damals nichts anderes als meine Religion», sagt Katie. Sie hatte Angst vor den Konsequenzen. Noch schreckte sie davor zurück, ihr Leben umzukrempeln. «Jeder braucht seine Zeit.»

Zwangspausiert

Zeitsprung, März 2020. Die Aces haben soeben die erste Single aus ihrem zweiten Album «Under My Infuence» veröffentlicht: fröhlich, poppig, ein Titel namens «Daydream». Sie drehen ein Musikvideo in der Wüste und treffen dann ihren Manager in Los Angeles. Dort klingelt das Telefon: Die Weltgesundheitsorganisation ruft eine weltweite Pandemie aus. Am nächsten Tag fiegen Katie und McKenna heim nach Utah,

Endlich sie selbst Im Uhrzeigersinn: Bassistin Mc­

Kenna Petty, Leadsängerin Cristal Ramirez, Gitarristin Katie Henderson und Schlagzeugerin Alisa Ramirez, Cristals Schwester

«Wir waren alle auf derselben Wellenlänge. Zum ersten Mal standen wir wirklich auf derselben Seite.»
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während Cristal und Alisa in L. A. bleiben. Bis zur Tour im Juli ist noch viel Zeit. Alle gehen von zwei Monaten Zwangspause aus, bevor die Liveauftritte losgehen. Dann fel die Tour komplett aus, und der Verlust wiegt schwer. «Wir hatten so viel Arbeit in dieses Album gesteckt», sagt Alisa. «Es gab eine Menge Druck, und es fühlte sich an, als würde uns alles aus der Hand gerissen.»

«Ich fel in ein tiefes Loch», sagt Cristal, «hatte auf gar nichts mehr Lust. Ganz tief in meinem ängstlichen Inneren grübelte ich drüber nach, ob ich das alles überhaupt wollte. Ob ich überhaupt noch hier sein wollte.» Fast jede Nacht lagen die beiden Schwestern wach. Manchmal klopfte Cristal um drei Uhr nachts in einer Panikattacke an Alisas Tür. Dann versuchte Alisa, sie zu beruhigen, machte ihr Haferfocken und liess sie in ihrem Bett schlafen.

«Es war wie eine Wahlfamilie. Wenn wir zusammen waren, musste sich keine mehr verstellen.»
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Los geht’s The Aces freuen sich darauf, wieder auf Tour zu gehen, um ihr neues Album vorzustellen und ihre Fans wiederzusehen.

Nach ein paar Monaten hatten sich die beiden damit abgefunden, dass die Tour nicht stattfnden würde. Was blieb? Musik machen! Sie riefen ihren Agenten an. «Endlich hatte ich wieder einen Grund, morgens aufzustehen», sagt Cristal. «Das reichte als Ziel.» Irgendwann luden die Schwestern Keith Varon zu einer Session ein, Produzent ihres grössten Hits «Daydream». «Keith hat diese ungemein positive, motivierte Einstellung», sagt Alisa. «Er hat mir wieder neuen Antrieb als Künstlerin gegeben.»

Die Gretchenfrage

McKenna war immer eine loyale Unterstützerin ihrer Bandkolleginnen, musste aber noch ihren Weg gehen. Weg von der Bürokratie des Glaubens, hin zur eigenen Überzeugung. Ein Jahr vor der Pandemie hatte sie im Tempel der Mormonen geheiratet und stand kurz vor dem Abschluss an der Brigham Young University in Provo. Diese Uni wird von Mormonen fnanziert. Wer sich nicht an die Regeln hält, riskiert das Diplom. «Ich lebte nach aussen hin ein Vorzeigeleben», sagt McKenna. «Auf Tour und auf Reisen entkam ich meinen Gefühlen und musste mich nicht mit meinem Glauben auseinandersetzen.»

Die Pandemie zwang sie, sich ihren Zweifeln zu stellen. McKenna erkannte in einer Therapie, dass all ihre Traumata mit ihrer Religion zusammenhingen. «In der Kirche hatte ich nie die spirituellen Erfahrungen, die mir versprochen wurden», sagt sie. «Aber in der Band schon.» Nach ihrem Abschluss im Jahr 2021 trat sie aus der Kirche aus. Für die Beziehung zu ihren Eltern blieb das nicht ohne Folgen. «Es war ziemlich hart.» Erst jetzt, da sie über den Berg ist, werde es allmählich einfacher.

Als sich 2021 das Reisen wieder sicherer anfühlte, trafen sich die vier regelmässig zum Songschreiben in L. A. Bisher ging es in ihren Songs um Alltagsthemen, um Liebe, Sex, Herzschmerz. Zeit für etwas Neues?

«Die Pandemie kam uns als Thema zu naheliegend vor», sagt Cristal. Jedes Bandmitglied

durchlebte etwas, was nach künstlerischer Aufarbeitung verlangte. Vom Vorschlag, über ihre Panikattacken zu schreiben, wollte Cristal anfangs nichts wissen. «Als Künstlerin ist man immer stolz drauf, sich verletzlich zu zeigen. Als es dann aber hiess: ‹Schreib doch mal was über Angstattacken›, fand ich alle möglichen Ausreden: ‹Das ist doch zu platt› oder ‹So gut kenne ich mich da auch wieder nicht aus›. Da merkte ich erst, wie viel Scham ich damit verband.»

Cristal stellte sich ihren Dämonen: «Als Künstlerin musst du über Scham sprechen. Es ist dein Job, die Dinge ans Licht zu holen, über die keiner gern redet. Also sagte ich mir: ‹Wenn ich mich nicht traue, über meine Scheiss­Panikattacken zu singen, verdiene ich das verdammte Mikro nicht.›»

Auf ihrem neuen Album fnden sich Songs wie «Always Get This Way» und «Stop Feeling». Darin sind Cristals Panikattacken und Depressionen so eingängig verpackt, dass man dazu tanzen möchte. «Typisch wir», sagt Alisa. «Wir schreiben gerne Feelgood­Music mit ernstem Hintergrund.»

Nicht wie damals

Die Band machte wieder zusammen Musik wie damals als Kids. «Wir schrieben Songs auf andere Weise als bisher», sagt McKenna. Und Cristal ergänzt: «Zum ersten Mal im Leben und in unserer Karriere standen wir hinsichtlich religiöser Traumata und unserer Vergangenheit auf derselben Seite. Katie war ausgetreten; McKenna hatte gerade die Kirche verlassen. Wir lebten unsere Wahrheit.»

Mit «I’ve Loved You for So Long» teilen sie diese Wahrheit mit der Welt. Dieses Album ist eine Hommage an vier Frauen, die sich seit Kindertagen gegenseitig den Rücken freihielten –schon damals, als sie noch zusammen in einem Keller in Utah jammten. Der Titeltrack des Albums ist ein Liebesbrief der Band an die Band. Wir schreiben das Jahr 2023, und die Aces sind genau da, wo sie hingehören.

theacesofficial.com
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«Wie eine Zeitreise zu deinem jüngeren Ich und zurück zu deinem jetzigen Ich»

WIE LEBT ES

Abgehoben Patrick von Känel startet mit seinem Gleitschirm vom Ärmigchnubel bei Frutigen

SICH ...

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... ALS VOGEL?

Top-Paraglider Patrick von Känel lernt von den Adlern, wie er im härtesten Gleitschirmrennen der Welt besteht. Und trotzdem die Leichtigkeit des Seins geniesst. Patrick, erzähl, wie ist’s im Himmel?

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TEXT CHRISTOF GERTSCH FOTOS FELIPE GIACOMETTI

Wie ein Adler Patrick von Känel folgt mit seinem Gleitschirm dem Vorbild der Vögel.

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Zuversicht

Patrick von Känel ist Optimist. Vor allem, wenn es um das Fliegen geht.

önnte schwierig werden», murmelt Patrick, als er an einem frühen Julimorgen auf die erste Bergfahrt der Niesenbahn wartet und einen Blick Richtung Gipfel wirft. Ein Hochsommertag kündigt sich an, eigentlich beste Bedingungen zum Gleitschirmfiegen.

Doch die Bergspitze ist in Wolkenschwaden gehüllt. In der Nacht hat es geregnet, nun verwandelt das warme Sonnenlicht die Feuchtigkeit in Nebel.

Der Niesen ist der Hausberg des Weltklasse­Gleitschirmfiegers Patrick von Känel aus dem Berner Oberland. Einer Pyramide gleich ragt der Berg 2362 Meter in die Höhe, thront wie ein Wächter über dem Thunersee. Sein Schattenwurf ist legendär, ein fast perfektes gleichschenkliges Dreieck, das an Herbsttagen bis zur anderen Seeseite reicht. Von Känel liebt es, von hier oben loszufiegen, auch wenn der Berg es einem nicht leichtmacht. Selten ist man als Gleitschirmfieger den wechselnden Wettereinfüssen so ausgesetzt wie hier. Manchmal schlagen oben schon Blitze ein, wenn unten im Tal noch schönstes Wetter herrscht.

Von Känel, 28, setzt sich in die Bergbeiz, bestellt eine Schoggi­Mélange und ein Gipfeli und beginnt, von einem Tag zu erzählen, den er nie vergessen wird: Der Tag fng auf dem Niesen an und endete in Mülenen am Fusse des Bergs. Dazwischen lagen elf Stunden und 330 Kilometer, die ihn über Les Diablerets und Chamonix bis fast nach Albertville führten, dann zum Pilatus in die Zentralschweiz und wieder heim ins Berner Oberland.

Elf Stunden in der Luft, nach Frankreich und zurück, nur mit Wind und Sonnenkraft: Patrick kann sich nichts Beglückenderes vorstellen. Es war kein Wettkampf, kein Vergleich mit irgendwem. Einfach ein perfekter Tag am Himmel.

Harakiri am Steilhang

Seine Eltern waren Pionierinnen des Gleitschirmfiegens in der Schweiz. Mit vierzehn – zwei Jahre vor dem gesetzlichen Alterslimit – nahm ihr Sohn zum ersten Mal den Schirm, ohne dass die Eltern davon wussten. An einem viel zu steilen Hang fog er los, unter den skeptischen Blicken der Frutiger Gleitschirmfieger­Szene. Bis ins Tal hinunter traute er sich dann aber doch nicht, weshalb er wieder umkehrte – zum Glück, ohne die nahegelegene Stromleitung zu streifen – und in einem grossen Busch landete. «Es war eine Harakiri­Aktion, die auch blöder hätte ausgehen können», sagt er heute. «Aber es hat Spass gemacht. Ich glaube fest daran, dass man seine eigenen Limits einmal überschreiten muss, um zu wissen, wo sie sich befnden. Je früher das geschieht, desto schneller wird man selbständig.» Seine Mutter wollte ihm das Fliegen daraufh in verbieten. Sein Vater überzeugte sie, dass es wohl sicherer wäre, wenn er stattdessen Unterricht nähme.

Patrick war damals noch Mitglied des regionalen Skikaders, galt im Schnee als grosses Talent. Doch die Engstirnigkeit des Kadertrainings war ihm zuwider, die Vorgaben, Bedingungen und Erwartungen engten ihn ein. Die Freiheit, die er als Teenager suchte, fand er in der Luft. Mit achtzehn überzeugte er die Schweizer Armee, ihn

Startklar Patrick bereitet seinen Gleitschirm auf dem Ärmigchnubel vor.

K «
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in die Sport-RS einzuteilen, obwohl Gleitschirmfiegen kein olympisch anerkannter Sport ist. Mit 20 bekam er einen Vertrag als Testpilot beim Thuner Gleitschirmhersteller Advance. Mit 24 nahm er zum ersten Mal an den Red Bull X-Alps teil, dem härtesten Gleitschirmwettbewerb der Welt, bei dem die Athleten in der Luft und zu Fuss eine Distanz von rund 2000 Kilometern quer über die Alpen zurücklegen. Mit 26, bei seiner zweiten Teilnahme, wurde er Zweiter. Dabei geht es Patrick beim Fliegen gar nicht so sehr um Podestplätze. Er hebt nicht ab, um Distanzrekorde zu brechen oder möglichst spektakuläre Stunts vorzuführen, obwohl er beides ziemlich gut beherrscht. Er hebt ab um des Abhebens willen. Es ist für ihn der schönste Moment des Fliegens: wenn sich die Füsse vom Boden lösen. Auf einmal wird alles leicht, spürt er die Kräfte der Natur, ist ihnen ausgesetzt, kann sich aber auch mit ihnen vereinen. Wie viel ihm der Start bedeutet, erkennt man daran, wie ästhetisch und technisch perfekt Patrick die Abhebemanöver ausführt, selbst unter schwierigsten Windbedingungen zieht er den Schirm ohne Ruckeln in die Luft.

Vom Winde verweht

Was er besonders mag, sind die Abendstunden. Ein Schluck Schoggi-Mélange, ein letzter Biss vom Gipfeli, dann erzählt Patrick von einem Flug im Sertão, einer Region im Nordosten Brasiliens, bekannt für gute Thermik. 556 Kilometer legte er dabei zurück, ohne auch nur einmal den Boden zu berühren. Es ist sein Distanzrekord, etwa 50 Kilometer unter dem Weltrekord.

Mit gefügelten Worten erzählt er: «Ich fog gegen Westen in den Sonnenuntergang, alles war orange, die Wüstenseen unter mir glänzten im untergehenden Licht. Hinter mir verwandelte sich die Wüste in eine Mondlandschaft, so schwach war dort schon das Licht. Ich fog, bis es nicht mehr ging, bis die Sonne ganz verschwunden war. Irgendwann sah ich nichts mehr,

Im Gleitflug Patrick schwebt durch luftige Höhen, die Niesenkette im Hintergrund.
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«Bereits mit 14 Jahren überschritt ich meine Limits – je früher, desto besser!»

Alles dabei Nach dem Flug packt Patrick den Schirm in seinen VW-Bus.

auch die Vögel

nichts, und hatte auch keinen Auftrieb mehr. Ich landete, und von irgendwoher kamen Dorfbewohner gerannt und bestaunten den Gleitschirm, weil sie so etwas noch nie gesehen hatten.»

Patrick und seine Partnerin – eine Flugbegleiterin bei der Swiss – haben eine einjährige Tochter, er hat Sponsoren, was Verpfichtungen mit sich bringt, und SocialMedia-Kanäle mit zehntausenden Followern. An zwei Tagen pro Woche testet er Prototypen neuer Gleitschirme, und in diesem Sommer sind er und seine junge Familie aus der Mietwohnung in Oberhofen am Thunersee – von wo aus man einen schönen Blick auf den Niesen hat – ins grosselterliche Chalet in Kandersteg gezogen. Er ist gelernter Forstwart, wird einige Umbauarbeiten selbst vornehmen. Ja, Patrick von Känel steht mit beiden Beinen im Leben. Auch wenn dieses Leben oft abhebt. 500 Stunden pro Jahr ist er in der Luft, das sind zwölf volle Arbeitswochen.

Die viele Flugzeit ergibt sich einerseits aus den Einsätzen als Testpilot, doch es liegt auch an etwas anderem: seiner Zuversicht. Andere Gleitschirmfiegerinnen absolvieren ihre Intervall- oder Ausdauertrainings

– die populärste Wettkampfdisziplin lautet «Hike & Fly», also Laufen & Fliegen – immer auf derselben Laufstrecke, damit sie Zeiten und Fortschritte vergleichen können. Doch Patrick geht ganz anders an diesen Sport heran. Er verbindet das Training lieber mit dem Vergnügen: Das Wetter kann noch so schlecht sein, selten geht er ohne den Gleitschirm auf dem Rücken von daheim los. «Wenn du nur lange genug wartest, fndet sich immer irgendwo eine Gelegenheit, doch noch loszufiegen», sagt er.

Es bitzeli Fliegen geht immer Dass er nie seinen Optimismus verliert, scheint überhaupt seine grösste Stärke zu sein. Das sah man an der diesjährigen Austragung der Red Bull X-Alps, die Patrick von Känel nach knapp sieben Tagen auf Platz 5 beendete, zwei Stunden hinter einem Podestplatz (e s siegte ein anderer Frutiger, Chrigel Maurer, übrigens zum achten Mal, er ist der – noch – unangefochtene Star der Szene). Als es in Strömen regnete und sich andere Wettkämpfer für den langen Fussmarsch durchs Tal entschieden, ging Patrick trotzdem noch einen Berg hoch, im festen Glauben, dass der Himmel irgendwann doch aufklart. Egal wo, egal wie: Fliegen mag Patrick von Känel lieber als laufen.

Auch lieber als unverrichteter Dinge mit der Bahn wieder vom Niesen runterfahren. Und als er darüber spricht, verziehen sich die letzten Nebelschwaden. Patrick kann doch noch abheben. Gleich mehrere Schirme will er heute testen. Er verabschiedet sich, verlässt die Beiz und begibt sich mit dem ersten Prototyp zum Startplatz.

Im Unterschied zu Flugzeugen mit Düsen- oder Propellerantrieb haben Gleitschirmfieger, wenn sie einmal in der Luft sind, keinen eigenen Antrieb, sondern nur den Wind und die Thermik. Sie sind der Natur, wenn man so will, ausgeliefert. So wie Surfer die Wellen lesen, suchen Gleitschirmfiegerinnen die Stellen, an denen sie am meisten Auftrieb haben. Türmen sich

«Sind
wütend, wenn es mit dem Auftrieb mal nicht klappt?»
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in der Ferne Wolken auf, wissen sie, dass sie besser in eine andere Richtung fiegen. Manchmal ist die Thermik vom Boden bis zur Waldgrenze am stärksten, manchmal zwischen 2000 und 3000 Metern. Man braucht nicht zwingend heisse Temperaturen, um ideale Flugbedingungen vorzufnden, wichtig ist die Schichtung der Luft.

Unten muss sie warm sein und sich gegen oben schnell abkühlen, sodass die warme Luft aufsteigen und Gleitschirmfiegerinnen mit sich tragen kann.

Die Wut der Vögel

Von guten Schwimmerinnen sagt man, sie würden schwimmen wie ein Fisch. Von guten Läufern, sie würden laufen wie eine Gazelle. Doch eigentlich sind das leere Sätze. Der Mensch ist nicht wirklich ein Fisch,

nicht wirklich eine Gazelle. Einem Tier am nächsten kommt der Mensch beim Gleitschirmfiegen. Denn Patrick macht genau das Gleiche wie ein Vogel: Er nutzt die Ther mik, um in der Luft zu bleiben. Und wenn Patrick am Schirm hängt und nicht weiterweiss, sucht er den Himmel nach Vögeln ab. Besonders hilfreich sind Adler, Dohlen und Bussarde. «Vögel sind die besten Vorbilder», hatte er noch vorhin in der Beiz gesagt. «Wenn ich sehe, wo ein Adler steigt, weiss ich, dass ich dort auch steigen werde.» Dann fiegt er dem Adler hinterher und ist dankbar für den Hinweis.

Manchmal fragt er sich, ob Vögel auch mal wütend werden, wenn es mit dem Auftrieb grad nicht klappt. Aber wie kann man, denkt er sich dann, wütend werden, wenn das Leben ein unendlicher Flug ist.

Vorfreude Patrick geniesst vor dem Abflug noch die Aussicht vom Ärmigchnubel.

Instagram: @patrick_vonkaenel

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CO ME ON!

Bitte einsteigen!

Hier fährt der kleinste BMW M (M2) vor dem größten (XM).

TEXT WERNER JESSNER FOTOS THOMAS BUCHWALDER

Mit einer breiten Palette sportlicher Automobile beweist BMW gerade 2023, wie weit man den Buchstaben M spreizen kann. Doch welcher M­Typ bist du?

Paradiesische Zustände: das TSCGelände in Hinwil exklusiv, erfahrene Instruktoren, dazu das Beste und Neueste, was die BMW M GmbH gegenwärtig zu bieten hat. Satte 27 Prozent aller BMW-Modelle, die im letzten Jahr in der Schweiz verkauft wurden, trugen das ikonische M-Emblem – der höchste Anteil weltweit. Für maximale Präzision und höchsten Fahrspass sorgt die Auswahl der aktuellen M-Generation hier am Platz: M2, XM, M4 CSL und M3 Competition Touring. Da lassen wir uns nicht lange bitten und steigen ein.

Der Markante: BMW M2

Die Geschichte der BMW M GmbH ist untrennbar mit jener des Reihen -Sechszylindermotors verbunden. Schon das erste Auto aus Münchens Sport-Abteilung, der unnachahmliche M1, hatte ihn. Und es ist gut, dass uns diese Bauform bis heute nicht verlassen hat: Klang, Laufruhe und turbinenartige Auslegung haben nichts von ihrem Suchtpotenzial verloren. Im brandneuen M2 wurde die Hochdrehzahl-Charakteristik, wie es sie seit dem M3 der Baureihe E46 aus dem Jahr 2000 gibt, um BMWs M TwinPower Turbo Technologie erweitert. Bedeutet für den letzten BMW M mit reinem Verbrenner-Antrieb auf dem Papier 460 PS und 550 Nm Drehmoment. Heisst in der Praxis: Nicht nur die Fliehkraft allein lässt die Mundwinkel beinahe auf die Ohren treffen. Es sind auch die Ohren, die gefühlt immer grösser werden, wenn sie sich dem M-typischen Sound entgegenstrecken.

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Das Vergnügen in Kurven ist aber beinahe noch grösser. Wie gut das adaptive M-Fahrwerk mit seinen elektronisch geregelten Stossdämpfern wirklich ist, erfährt man am besten hier im geschützten Rahmen, auf gesperrter Strecke, bei einem flotten Slalom. Vor allem der Grip an der Vorderachse sucht seinesgleichen. Wenn ein hochkompetentes Fahrwerk auf knackigen Radstand trifft, dann ist die Basis für ein Auto gelegt, das das Zeug zum Klassiker hat. Noch kann man es optional mit manuellem 6-Gang-Getriebe ordern – wohl zum letzten Mal. Schneller ist man aber mit der serienmässigen 8-Gang-Steptronic mit drei Schaltprogrammen und Schaltwippen am Lenkrad. Müsste man eine Entsprechung des M2 in der Sportler-Welt suchen, man würde bei einem durchtrainierten, drahtigen Athleten, zum Beispiel bei einem Mannschaftssportler, der immer dort ist, wo er vollstrecken kann, landen.

Der Gewaltige: BMW XM

Eine ganz andere Sache ist der Nächste im Bunde, der nicht nur optisch mächtige XM. Interner Spitzname: «Rockstar». Er ist das erste elektrifizierte Modell aus der Kunstschmiede der M GmbH, anders gesagt: ihr erster Plug-in-Hybrid. V8Motor mit Twin-Turbo und E-Unterstützung ins 8-Gang-Getriebe integriert ergeben eine System-Leistung von 653 PS und nahezu ausserirdischen 800 Nm. In 4,3 Sekunden beschleunigt dieses wirklich mächtige Gerät von null auf 100 km/h,

wobei bis 140 km/h rein elektrisch gefahren werden kann.

Was so ein Luxus-SUV auf einem Fahrtechnik-Gelände zu suchen hat? Erstaunlich viel, wie wir auf dem Platz in Hinwil lernen. Der XM hat sportlichere Gene, als es von aussen wirken mag, wenn die BMW-Nieren zu leuchten beginnen, sobald der Fahrer das Gesamtkunstwerk aktiviert. Souverän macht ihn auch die Integral-Aktivlenkung, die den XM bei höheren Geschwindigkeiten stabilisiert, ihn aber auch im Slalom so wendig macht, dass der Fahrer sich instinktiv vergewis-

sert, ob er tatsächlich im XM mit seinen 5,11 Metern Aussenlänge sitzt oder in einem kleineren Modell. Doch nein, es ist die fahrende Lounge XM. Aktive Stabilisatoren sorgen noch auf flottesten Handling-Parcours dafür, dass kaum seitliche Karosseriebewegungen bei immerhin 2,8 Tonnen Gewicht aufkommen. Aus dem Hause M soll es auch künftig kein grösseres, mächtigeres Auto geben als den XM, meint Geschäftsführer Franciscus «Frank» van Meel. Welcher Sportler er wohl wäre? Ein Kraftsportler mit einem Lehrstuhl für Elektrotechnik auf der ETH Zürich vielleicht.

Der Puristische: BMW M4 CSL

Das nennt man wohl Konsequenz: Radikale Gewichtsreduktion wie CarbonSchalensitze, Entfall der Fondsitzbank, Motorhaube und Kofferraumdeckel aus CFK, aber auch Geräuschdämmung aus leichteren Materialien machen den CSL (Coupé, Sport, Leichtbau) um 100 Kilogramm (!) leichter als den M4 Competition. Und das spürt man. Der Atem stockt, wenn der M4 CSL mit seinem Heckantrieb durch den Slalom wetzt, präzise bremst und sich – durch Gas-Stösse leicht übersteuernd – bereits für das nächste Tor vorbereiten lässt, wenn man seine Parameter elektronisch im Modus Sport oder Sport plus konfiguriert.

550 PS machen ihn mit 307 km/h Spitze zum schnellsten Serien-BMW. Vielleicht kein Typ für alle Tage, aber einer, der am Tag X alle verbläst. Das erinnert

Schwarz macht optisch nicht nur schlank, sondern auch noch schnell. Nicht, dass der BMW M4 CSL optische Tricks nötig hätte: 550 PS, 307 km/h. Grosse Nieren, grosse Leistung, grosses Auto: Der BMW XM ist der mächtigste BMW, den es von der BMW M GmbH geben wird.

doch frappant an Wettkampf-Spezialisten, die genau dann zur Höchstform auflaufen und die Gegner düpieren, wenn es darauf ankommt.

Das Multitalent: BMW M3 Competition Touring Seit es den M3 gibt (also seit 1986), gibt es Menschen, die das Sport-Modell jener Klasse, die BMW einst als Marke mit angespannten Muskeln definierte, auch als Kombi wünschen. Endlich, in der sechsten Generation, wird dieser Wunsch wahr. Noch mehr an Revolution: Zuvor exklusiv dem Heckantrieb verpflichtet, lässt die aktuelle Generation des M3 ihren Fahrer gleich zwischen zwei unterschiedlichen Arten von Allrad wählen, und zwar direkt vom Cockpit aus. Die Unterschiede sind auf der bewässerten Kreisbahn gut spürbar und werden vom M Drift Analyzer

So etwas gab es noch nie: Der BMW M3 Competition Touring ist der erste Kombi in der 37-jährigen Geschichte des BMW M3. Das

minutiös protokolliert. Wer gerade eben 600 Meter quer zurückgelegt hat bei einem durchschnittlichen Winkel von 28 Grad, schafft beim nächsten Mal sicher mehr.

Unfug? Vielleicht. Spass? Ganz sicher! Es gibt eben nichts, wo dieser grandiose Generalist nicht punktet. Mit 510 PS aus sechs Zylindern gelingt der Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in 3,6 Sekunden. Da sollte das Ladegut im 1510 Liter grossen Kofferraum besser sorgfältig verzurrt sein. Geschäftsführer van Meel: «Wenn ich mir einen M3 für die Ewigkeit zur Seite legen müsste, wäre es dieser.» Ein Zeitzeuge, denn sein Nachfolger wird elektrisch sein. Und welcher Sportler wäre das Pendant? Da kommt nur ein Zehnkämpfer infrage – und zwar einer, der in keiner einzigen Disziplin Schwäche zeigt.

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Fazit? Überaus gelungen! Vier gewinnt: BMW M2, XM, M3 Competition Touring und M4 CSL (von vorn nach hinten).
Klang, Laufruhe und turbinenartige Auslegung haben nichts von ihrem Suchtpotenzial verloren.

WILLKOMMEN IM WILDEN WALD

Jahr für Jahr lockt Red Bull Hardline die härtesten Downhill-Mountainbiker nach Wales. Doch bisher hat noch keine Frau die Strecke bewältigt – bisher! Nun wagt sich Weltcup-Siegerin Tahnée Seagrave mit fünf Mitstreiterinnen an die gefährliche Aufgabe. In einem Bike-Bootcamp zwischen Knochenbruch und Aufbruch.

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TEXT JESSICA HOLLAND FOTOS SAMANTHA SASKIA DUGON Volle Konzentration Tahnée Seagrave auf dem Kurs von Red Bull Hardline im walisischen Dyfi Valley
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In Stein gehauen Tahnée Seagrave inspiziert den vom Regen glitschigen Untergrund vor einem Felsen, der als Sprungschanze dient.

in keuchender, klappriger Land Rover bringt drei der weltbesten Mountainbikerinnen auf eine Anhöhe des Snowdonia-Nationalparks im Norden von Wales. Dabei sind Tahnée Seagrave, Louise Ferguson und Jess Blewitt Adrenalinschübe eher von Bergabfahrten gewohnt. Seagrave hat acht Weltcupsiege auf dem Konto, die anderen beiden haben bereits Rennen des Mountainbike-Klassikers Crankworx World Tour gewonnen.

Heute versuchen sie sich an etwas völlig anderem: einem in die Hänge gehauenen Kurs für Red Bull Hardline. Dieser Wettbewerb hat die Grenzen dessen verschoben, was auf zwei Rädern möglich ist. Da gibt es Sprünge von fast 30 Metern, Haarnadelkurven, glatte Platten, gefährlich vorspringende Felsen und Wurzeln. Noch nie ist eine Frau die Red Bull Hardline durchgefahren. Blewitt versuchte es 2022 und brach sich das Schlüsselbein.

Doch nun – erst Nieseln, dann ein Wolkenbruch, und das macht die Sache noch gefährlicher. Tahnée

ESeagrave hat die erlesene Gruppe von Bikerinnen hierher berufen, um sich dieser Herausforderung gemeinsam zu stellen. Die britische Ausnahmesportlerin bikt seit ihrem zehnten Lebensjahr, auch ihr jüngerer Bruder Kaos ist Radprof und nimmt regelmässig an Red Bull Hardline teil.

Selbst mit diesem Background bekommt die heute 28-jährige Seagrave regelmässig die Frustrationen einer Frau im Radsport zu spüren. «Dieser Sport ist besonders männlich dominiert. Für Frauen fehlen die Möglichkeiten, und das möchte ich änder n.» So hat Seagrave unter Mithilfe von Red Bull hier im bergigen Norden von Wales ein Fortschrittscamp eingerichtet. «Unser Ziel ist, dass eine Frau einmal komplett durchkommt. Ich glaube, es ist uns allen egal, wer. Hauptsache, es gelingt endlich.»

All-Star-Team zwischen Matsch und Regen Aus diesem Grund hat Seagrave nicht nur Downhill-Fahrerinnen in ihr Camp eingeladen, die es gewohnt sind, ihre Nerven zu stählen und schlammige Bergstrecken hinunterzurasen, sondern auch drei professionelle Freeriderinnen. In ein Allradfahrzeug dicht hinter unserem zwängen sich die Amerikanerin Hannah Bergemann, die Argentinierin Cami Nogueira und die Neuseeländerin Vinny Armstrong – allesamt Fahrerinnen, die wissen, wie man vertrackte Trails knackt und hohe Luftsprünge meistert. In ihrer Disziplin werden Wagemut und Stil eher belohnt als Geschwindigkeit. Doch auch für diese drei ist das Unterfangen hier ein Drift ins Ungewisse, anders als alles, was sie bisher in Angriff genommen haben. Selbst Bernard Kerr, dreifacher Gewinner bei Red Bull Hardline und zwecks Rat und Hilfe hinzugezogen, gibt hinter vorgehaltener Hand zu, dass ihm unter diesen Aussenbedingungen stets ein bisschen mulmig ist.

Blewitt ist zum ersten Mal seit ihrem Schlüsselbeinbruch wieder am Unfallort, und Seagrave hat sich gerade erst von einer Reihe ernster Verletzun-

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Die Hardlinerin. Tahnée Seagrave am Start der Downhill-Strecke

Der prekärste Punkt der Strecke heisst «Kanone» – und das aus gutem Grund

gen erholt. Zuletzt konnte sie wegen einer Gehirnerschütterung neun Monate nicht biken. «Ich bin nicht mehr die, die nur ihren Instinkten vertraut und so all diese Weltcuprennen gewonnen hat», sagt sie. Und: «Es fühlt sich ungewohnt an, Angst zu überwinden.»

Die erste grosse Herausforderung ist eine Felsplatte samt abschüssiger Kurve, die, sollte man ins Rutschen kommen, direkt in einen tiefen Abgrund führt. Ferguson, 27, ist die Erste, die vorsichtig die Platte hinunterrollt, erfolgreich auf der erdigen Böschung aufsetzt und dann ins Dunkel des regentriefenden Tannenwaldes abtaucht. Kurz danach versucht Nogueira mit zu hoher Geschwindigkeit einen Stepdown (Absprung von einer emporragenden Kante) in eine enge Kurve und kracht gegen einen Baum. Der Rahmen ihres Bikes ist gebrochen, sie selbst zum Glück unverletzt – abgesehen von einer blutenden Schürfwunde am Oberschenkel. Die scheint sie jedoch nicht weiter zu stören, Nogueira lacht, als sie prüfend ihre Leggings hinunterschiebt. Auch Ferguson hat Erfolg. Sie schafft eine Landung aus der «Kanone», einer 17 Meter langen Anlaufspalte mit anschliessendem Weitsprung in den Wald. Doch sie zieht beim Absprung ihr Rad nicht hoch genug in die Luft, und der Aufprall ihres Hinterreifens am Rand des Landestreifens lässt ihren Fahrradschlauch platzen. Doch allein die Tatsache, dass sie den Sprung gewagt hat, gibt den anderen Fahrerinnen Zuversicht. Denn Dan Atherton, der den Kurs von Red Bull Hardline vor knapp zehn Jahren gebaut hat, beschrieb die Kanone als «den furchterregendsten Sprung auf der Strecke»: «Die Fehlertoleranz liegt hier praktisch bei null.»

Seagrave hat alles, was bisher passierte, begierig aufgesogen. Sie rechnete sich die Geschwindigkeit von Fergusons Sprung aus – und die Kraft, mit der Kerr, der dreifache Hardline­Sieger, sein Bike bei einer Demonstration hochzog. Sie bittet ihn nun, hinter ihr herzufahren und ihr eigenes Tempo auf dem schwierigen Abschnitt bis zur Kanone zu bewerten. Unmittelbar bevor sie in die Luft katapultiert wird, bremst sie ab.

Die grössten Sprünge beim Downhill sind etwa halb so weit, und ihre Gehirnerschütterung liegt erst einige Monate zurück. Und danach litt sie oft

an starken Angstzuständen, Schwindel und Übelkeit. «Meine ganze Welt brach zusammen», sagt sie. «Ich fühlte mich wie eine Ertrinkende, wie eine Fremde in meiner eigenen Haut. Nur wenn ich fünf Minuten am Stück meditierte, hatte ich das Gefühl von Normalität.» Erst im vergangenen Juni kehrte Seagrave in den Weltcup zurück, etwa einen Monat vor dieser Reise zu Red Bull Hardline. Doch dann der zweite Versuch: Diesmal bringt Seagrave ihr Gefährt nicht unmittelbar vor dem Absprung zum Stehen, sondern wagt den Flug. Niemand atmet, während sie in der Luft ist. Als sie 18 Meter weiter eine saubere Landung vollführt, bricht die gesamte Crew in Freudenschreie aus. Und Seagrave selbst in Tränen.

Das Comeback dieses gewissen Gefühls

«Das ist die Einstellung, auf die ich seit meiner Gehirnerschütterung gewartet habe», sagt sie später. «Es war ein grossartiges Gefühl. Mir war ein bisschen peinlich, dass ich dann so emotional geworden bin, aber es ging dabei ja nicht nur um diesen einen Sprung, sondern um die Verletzungen der letzten vier Jahre. Plötzlich haben sich diese ganzen Leiden in Luft aufgelöst.» Noch nie habe sie sich einer Absprungstelle so schnell genähert, noch nie ihr Bike so scharf hochgezogen. «Ich bin jetzt schon stolz auf mich», sagt sie. Die anspornende Atmosphäre, die anderen Frauen, die sie ihre Ängste überwinden sah, hatten Seagrave ermutigt.

Solch einen Luxus hatte Blewitt nicht. Sie war letztes Jahr die einzige Frau im Bewerb. «Jess ist so tapfer», sagt Ferguson. «Ich kann mir gar nicht

Steil abwärts

Oben: Louise Ferguson (li.) und Hannah Bergemann begehen die Strecke.

Unten: Jess Blewitt wagt sich nach ihrem Unfall im Vorjahr an neue Hindernisse heran.

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Nicht wehleidig. Cami Nogueira und die Spuren ihres Zusammenstosses mit einem Baum
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Ständig auf Kurs Im Uhrzeigersinn von links oben: Louise Ferguson im Flug; Thanée Seagrave (rechts) mit Jess Blewitt am Rand der Strecke; Louise Ferguson nach einer erfolgreichen Session; Vinny Armstrong nimmt eine langgezogene Rechtskurve.

Als Seagrave nach 18 Metern landet, bricht die Crew in Jubel aus. Und sie selbst in Tränen.

vorstellen, wie es alleine da oben sein muss. Damit hätte ich ordentlich zu kämpfen. Im Weltcup sind die Männer ja sehr hilfsbereit, und auch hier sind sie nett – aber sie haben andere körperliche Voraussetzungen, andere Erfahrungen, sind es gewohnt, unter ihresgleichen zu sein. Wir Frauen können einander besser verstehen und unterstützen.»

Tatsächlich? Forscherin Fiona Spotswood unterrichtet Marketing und Konsum an der Universität Bristol. Ihre Arbeit beweist, dass Ferguson mit ihrer Meinung nicht allein ist. Auf jeder Professionalitätsstufe im Mountainbike­Sport komme eine Frau auf vier Männer, sagt Spotswood. Die wenigen Frauen, die es gibt, «werden meistens durch Männer an den Sport herangeführt und üben ihn dann auch hauptsächlich an der Seite von Männern aus. Wenn sie dann aber andere Frauen fnden, machen sie meistens viel schneller Fortschritte, weil sie sich wohler fühlen. Natürlich vermitteln Männer oder Gruppen von Männern den Frauen nicht mit Absicht ein ungutes Gefühl. Aber die Geschlechterdynamik im Sport ist nicht zu unterschätzen.»

Verschiedene Wege, selbes Ziel

Die Lösung, sagt Spotswood, sei nicht, «alle gleich zu behandeln. Man muss uns vielmehr unterschiedlich behandeln, um Gleichberechtigung herzustellen.» Sie empfehlt, die Sichtbarkeit von Frauen beim Mountainbiken zu erhöhen und die Fahrerinnen miteinander zu vernetzen, damit sie mehr gemeinsam fahren können. Das Fortschrittscamp der Frauen erfüllt beides. «Diese Gruppe soll sich weiterentwickeln und Spass haben», sagt Seagrave. Eines will sie auf keinen Fall: eine abgesoftete Version der Hardline für Frauen: «Das ist das ewige Stigma: Wenn eine Frau etwas schafft, dann muss es leicht gewesen sein. Wir wollen nicht, dass man es uns leicht macht. Wir strengen uns gerne an und brauchen vielleicht länger.» Und auch wenn es richtig brutal wird, verliert in der Gemeinschaft keine den Mut. Auch wenn es Gründe genug gäbe:

Eben erst hat es Blewitt über eine 18 Meter breite Schlucht hinweg auf eine 12 Meter tiefer liegende Stufe geschafft. Ihre Landung sieht zunächst sauber aus und entlockt den Zuschauern ein ehrfürchtiges Raunen – doch für ihr Sprunggelenk war

der Aufprall zu stark. «Das war wirklich Pech», sagt Seagrave später. «Die Landung an dieser Stelle ist wahnsinnig hart, Jess hat nichts falsch gemacht. Zuvor hatten wir eine Stelle nach der anderen abgehakt, die Stimmung war richtig gut, das Adrenalin war auf dem Höhepunkt – und dann, zack, wirst du daran erinnert, wie gefährlich das alles ist und wie schnell etwas schiefgehen kann.»

Am nächsten Tag wird Blewitt dann untersucht – ihr Sprunggelenk ist gebrochen, einige Monate wird sie nicht mehr biken können. Die Stimmung bleibt dennoch gut. «Wir sind so begeistert voneinander und davon, was wir geschafft haben», sagt Seagrave. «Wir sind gierig und wollen mehr, aber die bisherigen Leistungen lassen sich sehen.» Und Ferguson stimmt ihr zu: «Ja, das war eine Gemeinschaftsleistung, wie wir einander ermutigt haben.»

Nach Seagraves Einladung, der Gruppe beizutreten, weil eine andere Fahrerin im letzten Moment ausgefallen war, hatte Ferguson zunächst noch gezögert – aus Unsicherheit, auch nur eine einzige der Stellen nicht zu schaffen. Doch Seagrave habe ihr versichert, dass sie anfangs ähnliche Gefühle hatte. Doch nun sagen alle unisono, sie würden nächstes Jahr wiederkommen. Besprechungen über die Vorbereitung laufen bereits. «Meine Einstellung zu Hardline hat sich komplett gedreht», sagt Ferguson. «Ich zweifle jetzt nicht mehr daran, dass es Frauen gibt, die den gesamten Kurs schaffen können. Es ist nur eine Frage des Wie und des Wann.»

Armstrong pfichtet ihr bei: «Es ist klar, dass Frauen es schaffen wollen und dass sie es schaffen können. Es ist möglich, also muss es geschehen.»

Klar, es ist eine gewaltige Aufgabe, Bedingungen für Frauen zu schaffen, die ihnen ermöglichen, auf demselben Niveau an Bike­Bewerben teilzunehmen wie Männer. Seagrave ist durchaus bewusst, dass das nicht von heute auf morgen passieren wird. Aber wenn sie aus ihren Stürzen etwas gelernt hat, dann Geduld: «Vorher hatte ich ein übergrosses Ego. Ich bin sehr dankbar, dass diese Last nun von mir abgefallen ist», sagt sie. Früher ärgerte sie sich masslos darüber, dass Fahrerinnen zusätzliche Hindernisse in den Weg gelegt wurden, heute sieht sie das pragmatischer.

«Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir am besten können. Ich werde nie aufhören, andere Frauen zu ermutigen. Sie sollen da rausgehen und tun, wonach ihnen ist», sagt Seagrave. «Viele wünschen uns diesen Erfolg, aber dafür braucht es Zeit, und die bin ich bereit zu investieren. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden – ebenso wenig übrigens wie diese Männer hier an der Strecke: Die haben nun neun Jahre Erfahrung mit Hardline. Und sie hatten unzählige Idole, zu denen sie in ihrer Jugend aufblicken konnten. Wenn Frauen sehen, wie wir hier mithalten, wird sich das Feld hoffentlich erweitern. Es geht hier nicht um uns, es geht um die Zukunf t.» Und die Zukunft ist der ultimative Mix aus Emotion – und Emanzipation.

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Alle Highlights von Thanée Seagrave und ihrem Team im Fortschrittscamp von Red Bull Hardline 2023 auf redbull.com

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Felslandschaft aus Gneis und Granit: BoulderStar Shauna Coxsey erklettert mit uns «ihr» Tessin.

UND JETZT DU!

THE RED BULLETIN 77 STEFAN KUERZI

MEIN HERZ AUS STEIN

Boulder-Ikone Shauna Coxsey kommt aus dem Flachland – und liebt gewaltige Felsen. Hier erklettert die Berg-Britin «ihr» Tessin.

An alle Kletterer, die das hier lesen: Ihr solltet nicht nur hierherkommen, ihr müsst! AsconaLocarno, das ist für mich mediterranes Lebensgefühl inmitten einer alpinen oder gar hochalpinen Landschaft. Als Engländerin bietet sich mir der britische Lake District mit seiner eindrucksvollen Seen- und Berglandschaft als einziger Vergleich an. Das Tessin ist jedoch wesentlich imposanter mit seinen Dreitausendern am Horizont.

Man könnte sagen, es ist die grosse Schwester des Lake District. Es breitet sich zwischen dem Alpenhauptkamm und dem Lago Maggiore aus, an dessen mit Palmen gesäumtem Nordufer Ascona und Locarno liegen.

Seit zehn Jahren komme ich regelmässig hierher, weil das Tessin eines der reizvollsten und vielfältigsten Gebiete zum Klettern und Bouldern auf der ganzen Welt ist. Wir sprechen hier von unzähligen Granit- und Gneisblöcken,

die Boulder-Challenges für jedes Level bieten und leicht zugänglich in der wilden Natur liegen. Dabei sind die urbanen, mit ihren Jazz- und Film-Festivals weltgewandten Städte Ascona und Locarno ganz nah. Ein weiterer grosser Vorteil: Ihr könnt das ganze Jahr hindurch klettern, denn sogar im Winter ist es hier recht warm, und es bleibt in

Stand-up-Paddling am Lago Maggiore: klares Wasser, hohe Berge, gute Vibes

REISEN
78 THE RED BULLETIN STEFAN KUERZI
Shauna Coxsey, 30, zweifache Weltcupsiegerin im Bouldern aus Grossbritannien

den Niederungen schneefrei. Für mich persönlich ist der Herbst mit seinen unglaublich intensiven Farben die beste Jahreszeit für einen Besuch in der Südschweiz.

Solltet ihr mit Familie reisen – umso besser. Ich komme mit meiner kleinen Tochter und meinem Mann Ned. Mit einem Bus, der mehrmals täglich von Locarno abfährt, erreichen wir in einer knappen Stunde Brione im Valle Verzasca, dem ultimativen Boulder-Paradies.

Von Brione aus sind es dann nur mehr ein paar Gehminuten bis hin zu den ersten Felsen. Unser Baby döst friedlich im Schatten der Felsblöcke, während wir nach Herzenslust bouldern. Zu meinen Lieblingsrouten zählen die Klassiker «There Is No Spoon» (Bewertung 7b), «Real Pamplemousse» (8a) und «Molonk» (7c). Und wenn euch stattdessen auch einmal

nach Wandern zumute sein sollte, dann lasst eure Kletterausrüstung ganz einfach im Hotel und marschiert los.

Die Dörfer in dieser Gegend sind in die steilen Hänge hineingebaut. Die uralten Häuser sind aus Steinen geschichtet, und aus ihren Schornsteinen steigt Rauch auf. Es wirkt fast ein bisschen wie in einem Märchen. Dasselbe gilt auch für die Stein-

2022 testklettern durfte, gefolgt von illustren Kolleginnen und Kollegen wie Sasha DiGiulian, Jacopo Larcher und Petra Klingler.

Was mir ausserdem noch sehr an der Gegend gefällt: Man trifft hier Sportlerinnen, insbesondere Kletterer, aus der ganzen Welt – wir trafen beispielsweise Gleichgesinnte aus Deutschland, Italien, der Ukraine, Grossbritannien und

brücken mit ihren runden Bögen aus der Römerzeit, etwa die «Ponte dei Salti» bei Lavertezzo.

Das Wasser des VerzascaFlusses ist klar, blaugrün und erfrischend kalt. Dort haben wir auch Taucher gesehen, die sich in Neoprenanzügen in den Fluss wagten. Ein absoluter Hingucker ist auch die Staumauer im Verzascatal. An deren 200 Meter hoher Wand fndet übrigens der Kopf-anKopf-Kletterbewerb Red Bull Dual Ascent statt, den ich

Australien. Wer sportlich näher am Wasser gebaut ist, mietet sich in Ascona-Locarno ganz einfach ein Stand-upPaddle-(SUP-)Board und gleitet damit durch das tiefblaue Flussdelta. Die Aussicht vom Wasser aus ist surreal schön, mit den Palmen und bunten Häuserfronten von LocarnoMuralto entlang des Ufers und den schneebedeckten Alpen dahinter. Den abschliessenden Bummel auf der Seepromenade kombiniert man am besten mit einem Eis.

Was für ein Panorama: Shauna und Ned wandern mit Blick auf den Lago Maggiore.

THE RED BULLETIN 79
Shauna Coxsey beim Bouldern im Valle Verzasca

Ein weiterer Ausfug, den ich empfehlen kann: Nehmt den kleinen, alten Zug in Muralto, der alle elf Minuten geht, und steigt bei der Gondel-Talstation in Orselina aus. In wenigen Minuten seid ihr von dort aus auf einem Aussichtsberg hoch über dem See. Hier könnt ihr euch entscheiden, ob ihr in Cardada (1340 m) bleiben wollt oder mit dem Sessellift weiter auf die Cimetta (1670 m) zieht, Ausgangspunkt für zahlreiche gut ausgeschilderte Wanderungen und MountainbikeTrails. Dort fndet ihr eine Aussichtsplattform, von der man einen 360-Grad-Rundblick geniessen kann. Ihr seht den Lago Maggiore, den tiefstgelegenen Punkt der Schweiz (193 Meter über Meer), bis hin zum höchsten Punkt der Schweiz, der Dufourspitze (4634 m) im Monte-Rosa-Massiv.

Total überdreht! Shauna geniesst den Ausblick vom Berg Cimetta.

ANREISE

Der Weg ins Tessin

Wenn sich auf der Wanderung zurück ins Tal der Hunger meldet, bietet es sich beispielsweise an, in der «Casa Colmanicchio» einzukehren.

Meine Empfehlung: die Käseplatte mit ausgewählten Sorten aus der Gegend und dazu die traditionelle Rösti. Gegen den Durst gibt es Limonade

aus den hier wachsenden Mandarinen, bekannt als «Mandarinade». Und noch ein Tipp für einen süssen Abschluss: Ein Ausfug nach Bellinzona, der Hauptstadt des Kantons, östlich von Ascona-Locarno zahlt sich aus. Im «L’Arte del Caffè» gibt es nicht nur den besten Kaffee, den wir auf unserer Reise getrunken haben, sondern auch köstliche «delizia al cocco» – ein feines Dessert aus Kokoscreme – mit ganz viel Nutella. La vita è bella –ganz besonders für eine BergBritin wie mich!

Mehr über Shauna: Instagram: @shaunacoxsey redbull.com

Von Norden führt die A2 durch den Gotthardtunnel ins Tessin. Wenn man im Sommer lieber über den Pass fährt, plant man am besten gleich einen Zwischenstopp ein: Die Felsblöcke auf 2000 Meter Höhe formen ein wahres Boulder­Paradies.

Mit der SBB geht es direkt von Zürich, Basel oder Luzern nach Locarno.

Mehr Infos: ascona­locarno.com/

GUT ZU WISSEN

Was ihr zum Bouldern braucht

Grundausrüstung: Kletterschuhe, Chalkbag (Magnesiabeutel), eine Bürste zum Reinigen der Griffstellen und ein oder zwei Crashpads. Für die Wanderung zu den Felsen: gutes Schuhwerk, Jacke, Snacks und Regenschutz.

Besorgt euch die GuideBücher von Claudio Cameroni, dem Vater des Tessiner Boulder­Asses Giuliano Cameroni. Darin findet ihr Beschreibungen aller wichtigen Routen in der Gegend.

REISEN
Lago Maggiore, Seepromenade: Shauna mit Mann und Baby
Locarno Ascona TESSIN 80 THE RED BULLETIN
Bern Schweiz STEFAN KUERZI SIMON SCHREYER

GEMEINSAM HOCH HINAUS.

Auf Deine Cornercard ist Verlass – immer und überall.

cornercard.ch

Der Anzug sitzt: Róisín Murphys aktuelles Album heisst «Hit Parade», Infos: roisinmurphyofficial.com

BEI MURPHY GESETZT

Die ehemalige Moloko-Frontfrau Róisín Murphy verrät vier Songs, die ihr nicht aus dem Ohr gehen.

«Mein Vater hat diesen Song oft gesungen. Er war ein wirklich guter Sänger. Er spielte ein Spiel mit mir, bei dem er sagte: ‹Nenne irgendetwas, ich wette, ich kenne ein Lied darüber.› Dieses spezielle Lied, das später Nat King Cole berühmt gemacht hat, klingt fantastisch, vor allem aus der Sicht eines Kindes, das zu einem Erwachsenen aufschaut, der es singt. Wie ein Märchen!»

Grace Jones PULL UP TO THE BUMPER (1981)

«Ich habe Grace Jones gesehen, bevor ich ihre Musik kannte. Freunde hatten die Vinylhülle ihres Albums ‹Island Life› auf ihrem Kamin stehen. Ich fragte mich: ‹Ist das ein echter Mensch? Ist es eine Computergrafik?› Später habe ich dann das Video zu diesem Song gesehen. Das war das Coolste, was ich je gesehen habe. Sie ist immer noch eine Heldin von mir.»

Der QR-Code führt zur Podcast-Playlist von und mit Róisín Murphy auf Spotify.

Die irische Sängerin Róisín Murphy sprach den Musikproduzenten Mark Brydon 1994 auf einer Party in Sheffeld mit den Worten «Do you like my tight sweater?» an. Und ja, der enge Sweater fand Gefallen – und auch künstlerischen Niederschlag: Ein Jahr später war «Do You Like My Tight Sweater?» der Titel ihres Debütalbums als Trip-Hop-Duo Moloko. Gemeinsam verkauften die beiden mehr als eine halbe Million Alben. Als sich Moloko 2005 auflöste, legte Murphy eine Solokarriere hin – nun veröffentlicht die Fünfzigjährige ihr sechstes Album, «Hit Parade», das von DJ Koze produziert wurde. «Ich gebe auf diesem Album viele meiner Geheimnisse preis.» Überraschend auch, was Murphy privat so hört.

The Stooges I WANNA BE YOUR DOG (1969)

«Als Kind war ich dabei, wie Sonic Youth bei einem Konzert in Brighton diesen Song gecovert haben, und der Laden war ausser sich. Es ist so avantgardistisch. Später habe ich erfahren, dass es sich wie Jazz anhört, wenn man es nur auf der linken Seite hört, und auf der rechten Seite wie Rock – die Klänge sind getrennt. Iggy Pop ist eine grosse Inspiration als Live-Performer!»

«Ich hab diesen Track zum ersten Mal gehört, nachdem DJ Koze mir ein sehr mutiges E-Mail geschickt hatte. Darin stand so etwas wie: ‹Ich bin der Muhammad Ali der Produzenten, du brauchst mich!› Ich war fasziniert und fand ‹XTC›. Es hat etwas Zartes und doch auch diesen tiefen, mitreissenden Teil. Ich dachte: ‹Verdammt ja, ich werde mit dir arbeiten!›»

HÖREN
DJ Koze XTC (2015) Hoagy Carmichael STAR DUST (1929)
82 THE RED BULLETIN NIK PATE FLORIAN OBKIRCHER

23-24 SEPTEMBER 2023

SIGN-UP: WWW.REDBULL.COM/POOLCLASH

SION, SWITZERLAND
ALAÏA BAY

ICH BIN RAUS!

Sie sehen gut aus, stecken voller Technik – und machen die Natur zur Wohlfühlzone: fünf ziemlich smarte Herbst-Begleiter

TEXT ANNA KERBER

RAD - REVOLUTION

Stromer ST3 ARBR SE

Der Countdown läuft: Ein Jahr vor dem America’s Cup bringt Stromer eine Alinghi Red Bull Racing Special Edition auf den Markt. Mit dem 820-Watt-Motor lassen sich bis zu 180 Kilometer zurücklegen –und das in vier Stunden. CHF 9999, stromerbike.com

KAUFEN
84 THE RED BULLETIN
Das E - Bike, das fährt und fährt und fährt …

Ein Laster

– aber voller Kraft und Stil

HAHN TO GO

Dometic GO

Hydration Water Faucet Nie wieder überschwappende Kanister: Mit diesem mobilen Wasserhahn können Camper Wasser präzise dosieren – und damit sparen. Passt auf jeden Wasserbehälter in der Outdoor-Küche. CHF 99, dometic.com

SÜSSE TRÄUME

Therm-a-Rest NeoAir®

XLite™ NXT

Brillanz in Gelb, auch für den Herbst. Diese NeoAir® Isomatte ist noch dicker und noch wärmer als das Ursprungsmodell. Im Rucksack verstaut, wiegt sie trotzdem nicht mehr als ein paar Schoggi-Tafeln. CHF 230, thermarest.com

DER PACKT ALLES

VW Amarok

Mit der erweiterten Technik im neuen Amarok macht das Offroad-Abenteuer gleich noch mehr Spass. Auf den Pick-up lässt sich zudem so ziemlich alles packen, was ein Camping-Herz begehrt. Ab CHF 50 544, vw-nutzfahrzeuge.ch

DIE ÜBER - UHR

Suunto Vertical

Eine Uhr für alle, die Zeit zum Abenteuer machen. Das Dual-Band-GPSSystem überwindet die höchsten Berge und Hindernisse mit einer durchwegs exakten Navigation. Ab CHF 599, suunto.com

THE RED BULLETIN 85

SCHLAF WIE EIN PHARAO

Du willst tiefer schlummern?

Dann mach dein Bett am Kopfende höher!

Profi-Biohacker Andreas Breitfeld verrät seinen schrägsten Trick.

Wir Biohacker nützen manchmal allerneueste Hightech, um unser Leben zu verbessern – aber manchmal sind es auch uralte mythische Traditionen. Heute geht es defnitiv um Zweiteres. Denn die Idee, schräg zu schlafen, ist vermutlich fast so alt wie das Bett selbst: Archäologen haben festgestellt, dass bereits die Ruhestätten der Pharaonen im alten Ägypten am Kopfteil um etwa fünf Grad nach oben geneigt waren –und das ist immerhin rund 5000 Jahre her.

Aber warum in aller Welt haben die alten Ägypter das nur getan? Und wieso schlafen auch die meisten Biohacker mit leicht erhöhtem Kopfteil?

Der Hintergrund hinter der schrägsten Idee für friedlichen Schlummer ist ziemlich pro-

BÜCHER ZUM EINSCHLAFEN

Du willst dich auch schief betten? Bevor du deine Geometriekenntnisse, Zirkel und Dreieck hervorkramst –der Kopf sollte etwa zwölf Zentimeter höher positioniert sein als die Füsse, das entspricht in etwa dem gewünschten Winkel. Also, zwei 12­Zentimeter­Wälzer sind rasch aus der Bibliothek gekramt und unter die Bettpfosten geklemmt.

fan-physikalisch: Er hat mit der guten alten Schwerkraft und mit ihrer Wirkung auf unseren gesamten Organismus zu tun. Sobald wir nämlich ganz fach liegen, steigt der Blutdruck im Gehirn, die Zirkulation von Blut und Lymphe leidet. Nicht hochdramatisch, aber doch.

Was mache ich also als Biohacker? Ich klemme tatsächlich Keile unter die Pfosten an der Kopfseite meines Bettes und gönne mir so exakt jene 3,5 Grad extra, die in diversen Studien der Weltraumbehörde NASA als besonders positiv ausgewiesen wurden.

Auch der österreichische Psychologe, Psychotherapeut und «Schlafprofessor» Günther Amann-Jennson, der eigens ein Institut für Schlafforschung und Bioenergetik errichtete, publiziert übrigens immer wieder zu diesem Thema – und legt proaktiven Schlafmützen ebenfalls die 3,5-Grad-Neigung nahe. Also dann: Schlaft schief und träumt schön!

Andreas Breitfeld ist Deutschlands bekanntester Biohacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. Biohacking umfasst, vereinfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

Die Biohacking-Praxis ist der PerformanceLifestyle­Podcast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR­Code scannen und reinhören.

BIOHACKING
86 THE RED BULLETIN PRIVAT ANDREAS BREITFELD BRATISLAV MILENKOVIC ´
Schlafen auf der schiefen Ebene –und die Nacht wird traumhaft!
BEYOND THE ORDINARY theredbulletin.com RICARDO NASCIMENTO / RED BULL CONTENT POOL

FRISCHER WIND UND FRAUEN - POWER

So bereitet Alinghi Red Bull Racing

die Schweizer Segel-Elite auf den Youth & Women America’s Cup vor.

Der Countdown läuft! In einem Jahr segeln zum ersten Mal in der Geschichte des America’s Cup auch reine Frauenteams um die Wette. Zum dritten Mal fndet auch ein Youth-Bewerb statt. Alinghi Red Bull Racing sucht dazu die besten Seglerinnen und jungen Segler aus, um die Schweiz in dem EliteRennen zu vertreten.

Der Youth & Women’s Puig Cup wird parallel zum America’s Cup im Herbst 2024 in Barcelona abgehalten. Foiling ist angesagt, und das ist selbst für viele der erfahrenen Sportlerinnen neu.

Phase 1: der Clip

Der erste Schritt erfolgte digital: Die ambitionierten Wassersportler schickten Videos von ihren Segel-Performances. Das Besondere daran: Jeder und jede mit einem Schweizer Pass und nach 1998 geboren konnte sich um einen Platz im Youth Team bewerben. Insgesamt 91 Seglerinnen und Segler haben ihr Können per Video dokumentiert und eingereicht.

Phase 2: Wasserprobe

Wer die Jury mit einem Video überzeugen konnte, durfte aufs Boot, die Swiss Qualifers

Auf den 69FFoiling-Booten zeigen die Athletinnen und Athleten ihr Können.

fanden im Sommer auf drei heimischen Seen statt: Thunersee (Thun), Vierwaldstättersee (Brunnen) und Genfersee (Genf). 69 Bewerberinnen zeigten ihr individuelles Können und ihre Teamfähigkeiten.

Detail: Drei arriviertere Bewerberinnen erhielten ein «Coup de Cœur» des Selektionskomitees und sind damit Fixstarter für die letzte Qualifkationsrunde. «Durch diese drei Favoriten haben wir leistungsorientierte Verhaltensweisen mit einer positiven Einstellung zur Gruppe hervorgehoben», sagt Jurymitglied Coraline Jonet. «Das Bauchgefühl spielt bei der Rekrutierung auch eine Rolle.»

Alle Infos zum YWAC und dem Final Qualifier in Barcelona vom 9. bis 13. Oktober

Phase 3: Finale in Barcelona! Die Final Qualifers steigen dann zwischen 9. und 13. Oktober vor der Küste von Barcelona: Aus zwanzig werden sechs Bewerberinnen für das Frauenteam und sechs Bewerber für das Youth Team ausgewählt. Sie dürfen dann für Alinghi Red Bull Racing im Youth & Women’s America’s Cup 2024 in Barcelona (in zwei unterschiedlichen Kategorien) antreten.

ERLEBEN
«Das Bauchgefühl spielt bei der Rekrutierung eine grosse Rolle.»
88 THE RED BULLETIN LORIS VON SIEBENTHAL/ALINGHI RED BULL RACING ANNA KERBER
Coraline Jonet, Jury-Mitglied

UNIQUE CLIMBING COMPETITION WITH THE WORLD’S BEST ATHLETES

VERZASCA DAM, SWITZERLAND 1-4 NOVEMBER FREE tickets

4 No v - live on Red bull TV

REDBULL.COM/DUALASCENT

HAPPY HERBST!

Diese Events solltest du in den kommenden Monaten nicht verpassen.

UND 24. SEPTEMBER RED BULL POOL CLASH

Ganz ohne Meer hat sich die Schweiz mit Alaïa Bay in den letzten Jahren einen Hotspot in der Surfszene geschaffen. Red Bull Pool Clash triff nicht nur den Nerv der Zeit, sondern legt mit einem innovativen Format noch eine Schippe drauf. Das Teilnehmerfeld besteht aus Amateur-Surferinnen und -Surfern. In zwei Qualifying-Jam-Sessions können sie sich für die Finals qualifizieren. Was zählt dabei? Die Kriterien der Quali-Sessions erlauben den Teilnehmenden, mit Flow (Variation und Kreativität) zu glänzen und so ihren ganz eigenen Surfstil zu zelebrieren. redbull.com

Hotspot der Schweizer

Surfszene: Alle Infos zum Red Bull Pool Clash findest du hier.

16 SEPTEMBER DRIFT MASTERS

Die qualmende Action der Drift Masters European Championship (DMEC) brettert dem Finale entgegen. Der Saisonstart fand im Mai in Irland, der Heimat des Driftsports, statt. Danach führte der Bewerb die weltbesten Drifter nach Schweden, Finnland, Lettland und Deutschland, bevor am 16. 9. der grosse Showdown in Polen über die Bühne geht. Live erleben auf: redbull.tv

Red Bull Pool Clash heisst: Kreativität und Variation – Julia Duarte zeigt es vor.

Big Air Chur: TopActs live on stage

UND 21. OKTOBER BIG AIR CHUR

Spektakuläre Stunts, Live-Musik und eine einzigartige Atmosphäre: Die weltbesten Skifahrerinnen und Snowboarder zeigen auf der grössten Freestyle-Rampe der Schweiz ihr Können. Zum Mitmachen gibt es genug Möglichkeiten, etwa im Skate Park, schlemmend auf der Flaniermeile oder spätestens auf der Afterparty.

bigairfestival.com

ERLEBEN
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90 THE RED BULLETIN LISANDRA PIZZOLITTO, STADLERPHOTO.COM

Red Bull Dance

Your Style: World Final 2022 in Johannesburg

NOVEMBER RED BULL DANCE YOUR STYLE

Die Tänzerinnen und Tänzer wissen nicht, welchen Song der DJ als Nächstes spielt –und dann wird improvisiert. Ohne Vorbereitung müssen sie die Musik in ihrem Style interpretieren und das Publikum so von sich überzeugen. Alle Street Styles sind erlaubt – am Ende zählen die besten Moves. Das Weltfinale dieses einzigartigen Eins-gegen-einsBattles findet dieses Jahr in Frankfurt statt. redbull.com/danceyourstyle

OKTOBER

SWISS INFLUENCER AWARDS

Es wird lustig und laut mit schönen und inspirierenden Menschen. Alles IRL – in real life. All Stars oder Newcomer, an den Swiss Influencer Awards wird entschieden, wer in der digitalen Schweiz das Sagen hat. Ausgezeichnet werden die Online-Stars in den Kategorien Entertainment, Sport, Lifestyle, Fashion, Travel, Beauty, Food, Family und Music. swissinfluenceraward.ch

OKTOBER RED BULL CAMPUS CLUTCH

Schweizer Final der GamingStudis! Für die besten Mannschaften geht die Reise Ende November weiter nach Istanbul. Dort treffen die VALORANT Champions auf Gegnerinnen und Gegner aus über 50 Ländern. redbull.com/int-en/ event-series/red-bullcampus-clutch

BIS 17. SEPTEMBER DIGITAL FESTIVAL IN ZÜRICH

Hier treffen Pioniere auf Entscheiderinnen. Die Schweizer Plattform für neugierige Digital Leaders, Aficionados und Innovatoren geht in die nächste Runde. Egal ob Hackerin, Manager, Wissenschaftler, Programmiererin oder CEO – seit 2014 erfolgen hier Brückenschläge: Wer mag, gewinnt hier Insights aus Industrie, Forschung, Wirtschaft und Politik – und zwar in Workshops, Masterclasses oder Labs. Das Ganze findet in entspannter Festivalatmosphäre statt – in der Halle 550 in Oerlikon. digitalfestival.ch

BIS 4. NOVEMBER RED BULL DUAL ASCENT

Der Verzasca-Staudamm ist Schauplatz der zweiten Auflage dieses einzigartigen Kletterwettkampfs. Es gilt, eine 180 Meter lange Route zu bewältigen. 24 der weltbesten Kletterinnen und Kletterer liefern sich ein Kopf-an-Kopf Rennen. Mit dabei: Boulder-Meisterin Petra Klingler. redbull.com/ch-de/events/red-bull-dual-ascent

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THE RED BULLETIN 91 CRAIG KOLESKY/RED BULL CONTENT POOL, ARMON RUETZ/RED BULL CONTENT POOL, STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL

ORANGE IST DIE HOFFNUNG

Wie beeinfusst der Klimawandel unser Leben? Darüber hat US-Star-Autor

T. C. Boyle einen Roman geschrieben. Ein Gespräch über Pythons als Modeaccessoire, Autoschlangen vorm BurgerDrive-in – und seinen orange-schwarzen Schmetterling der Hoffnung.

INTERVIEW ANDREAS WOLLINGER

Kalifornien stöhnt gerade unter einer Hitzewelle, aber auf dem Anwesen von Thomas Coraghessan Boyle in Montecito bei Santa Barbara ist das Klima selbst im Sommer vergleichsweise angenehm, weil der Pazifk gleich in der Nähe ist. Der inzwischen 74-jährige Schriftsteller – er wirkt mit Baseballkappe, Jeansjacke und Hoodie aber deutlich jünger – empfängt uns elektronisch in seinem Arbeitszimmer, gut gelaunt und eloquent. Soeben hat er seinen 19. Roman veröffentlicht. «Blue Skies» beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf eine ganz normale kalifornische Familie, eine leise, aber eiskalte Ahnung von Apokalypse schleicht sich zunehmend in ihren Alltag: Es gibt Überfutungen, Hitzetote und Stromausfälle; Häuser brennen nieder oder werden von Termiten aufgefressen. Cooper, der Sohn der Familie, ist Insektenforscher und engagierter Umweltschützer, der nicht verstehen kann, dass die Menschheit die Warnungen der Natur nicht verstehen will. Seine Schwester Cat hingegen will als Infuencerin berühmt werden und schafft sich eine Riesenschlange als Haustier und Modeaccessoire an.

Boyle greift das Thema Klimakrise mit all seinen sozialen Auswirkungen und Widersprüchen nicht zum ersten Mal auf: Im Jahr 2000 hat er seinen einzigen Science-Fiction-Roman geschrieben. Er spielt im Jahr 2026. Und ist aus heutiger Sicht leider keine ScienceFiction mehr.

the red bulletin: In Ihrem Buch «Ein Freund der Erde» haben Sie bereits vor 23 Jahren die Naturkatastrophen von heute erstaunlich klar vorausgesehen. Doch die Welt hat das leider nicht verändert. Erwarten Sie, dass es diesmal anders ist?

t. c. boyle (lacht): Mir geht es nicht darum, die Welt zu verändern. Ich bin darauf aus, sie als Künstler zu interpretieren. Die Frage war: Wie beeinfussen die Veränderungen des Klimawandels das Leben einer ganz normalen Familie, von Leuten wie dir und mir?

Ich zum Beispiel habe gerade die Elektriker im Keller und die Maler da. Wir versuchen, dieses alte Haus (Boyle lebt in einem 1909 errichteten Holzbau von StarArchitekt Frank Lloyd Wright; Anm.) in Schuss zu halten, damit wir eine Versicherung dafür bekommen. Die Versicherung, die wir seit dreissig Jahren hatten, wurde gekündigt, weil sich alle Versicherer aus Kalifornien zurückziehen. Obwohl wir noch nie einen Schaden hatten und uns auch gar nicht in der Feuerzone befnden, aber das ist ihnen egal.

Unser Eindruck ist: Alle reden über die Klimakatastrophe, aber keiner tut was dagegen.

LITERATUR 92 THE RED BULLETIN VINZ SCHWARZBAUER

Es ist tatsächlich bedrückend: Was kann der Einzelne schon tun? Aber wenn wir alle gemeinsam versuchen, unseren CO²­Fussabdruck zu verkleinern, kann sich das im Lauf der Jahre sicher positiv auswirken. Mrs. Boyle und ich haben früher in Los Angeles gewohnt, und da mussten wir ständig mit dem Auto fahren. Jetzt leben wir in einem Dorf und fahren kaum noch wohin. Wir können zu Fuss einkaufen und zur Post und in Bars gehen. Das hilft. Jeder Einzelne kann ein bisschen mithelfen. Aber insgesamt sind wir doch ziemlich überfordert.

Manche Leute meinen, Warnungen vor den Auswirkungen des Klimawandels seien bloss übertriebene Weltuntergangshysterie, geschürt von Medien, die Aufmerksamkeit haben wollen. Was sagen Sie solchen Menschen?

Die Klimakrise ist real, ich glaube, darüber gibt es keine grosse Diskussion. Wenn Leute das heute leugnen,

Thomas Coraghessan Boyle, geboren 1948 als Sohn eines Busfahrers und einer Sekretärin in einer Kleinstadt nahe New York, wurde Anfang der 1980er-Jahre bereits mit seinem ersten Roman «Wassermusik» weltberühmt. Heute ist er einer der meistgelesenen Autoren der Welt.

dann der politisch rechte Flügel, weil sie Schutzschilde für die Ölindustrie und so weiter sind. Stimmt schon, die Presse hypt dieses Thema, weil sie Zeitungen verkaufen wollen, das verstehe ich. Aber das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es mit einer existenziellen Krise zu tun haben.

Manchmal ist in Ihrem Roman grosse Hilflosigkeit und Wut zu spüren. Wir zitieren: «Es waren die Fleischesser, die die Welt zerstörten, die das Blutbad der Schlachthöfe in Gang hielten und am Autoschalter des In­N­Out Burger mit laufendem Motor warteten, bis das Fleisch gegrillt und die Luft verpestet war.» Sind Sie wirklich so wütend? Ja, ich bin wirklich so wütend. Aber man darf nicht vergessen, dass das nur die Sicht der jeweiligen Figur in meinem Roman ist. In diesem Fall stammt das Zitat von Cooper, dem Umweltschützer, der uns belehren will. Ottilie, seine Mutter, ist merkwürdigerweise wie ich. Sie lebt in einem Vorort und will einfach das Beste, was sie kann, für die Welt tun. Und dann ist da noch Cat, die Tochter. Sie ist, wie so viele von uns, völlig ahnungslos, worum es geht. Sie kauft sich eine Riesenschlange –eine invasive Art, die übrigens fast alle Säugetiere der Everglades in Florida ausgerottet hat (es handelt sich um den Dunklen Tigerpython; Anm.) – als ein Modeaccessoire. Wir bekommen also drei Sichtweisen: eine ignorante, eine informierte und besorgte und die einer Person, die in ihrer Wut darüber, dass andere Menschen die Warnzeichen ignorieren, übers Ziel hinausschiesst.

Wie gross ist die Chance, dass unsere Nachfahren in, sagen wir, hundert Jahren noch eine lebenswerte Welt vorfnden?

Ich würde sagen: Wir werden wohl noch eine Zivilisation haben, aber eine sehr eingeschränkte. Die Artenvielfalt hat ja schon jetzt erheblich gelitten. All die erstaunlichen Arten dieser Welt werden reduziert werden auf Nutztiere. Alle anderen Tiere, die eine spezielle Umwelt brauchen, werden ausgelöscht sein, einschliesslich der orange­schwarze Monarchfalter. Obwohl ich sagen

T. C. Boyle
THE RED BULLETIN 93
DER ALLTAGS - ÖKO: «MRS. BOYLE UND ICH GEHEN ZU FUSS IN BARS.»

DIE EULEN ZU HÖREN MACHT MICH SEHR ZUFRIEDEN.»

muss, während ich «Blue Skies» schrieb, sind diese orange-schwarzen Schmetterlinge endlich zurückgekommen. Sie schienen am Rande der Ausrottung zu stehen, aber jetzt sind sie immer noch da. Ich bin also, was das Überleben der Monarch-Schmetterlinge betrifft, ein wenig optimistischer geworden. Und übrigens: Als ich unlängst auf Lesereise in Berlin war, habe ich die Stadtväter und -mütter gelobt, weil sie beschlossen hatten, die Mittelstreifen der Autobahnen nicht mit Gras zu bepfanzen, sondern sie einfach der Natur zu überlassen. Also wachsen dort jetzt Unkräuter und wilde Blumen, die Insekten als Lebensraum brauchen. Alle Tiere brauchen mehr Lebensraum.

Die Europäische Union hat erst vor kurzem mit knapper Mehrheit ein Gesetz zur Renaturierung der Landschaft beschlossen.

Ich liebe es! Ich liebe es total. Ich wünschte, wir würden mehr davon machen.

Haben Sie schon ein Thema für Ihren nächsten Roman?

Ich arbeite gerade an einem neuen Roman, aber ich möchte noch nicht verraten, worum es geht. Ich habe Kurzgeschichten geschrieben, nachdem ich «Blue Skies» beendet hatte. Eine war im Herbst im «New Yorker», eine ist jetzt im «Esquire» erschienen. Wissen Sie, wenn man einen Roman schreibt, ist man auf ein Thema und die Sichtweise der Figuren festgelegt. Den ganzen Mist, der zwischendurch passiert, kann man da nicht wirklich verarbeiten. Deshalb sind die Kurzgeschichten für mich eine Möglichkeit, mich mit aktuellen Geschehnissen zu beschäftigen. Zum Beispiel die Story, die gerade im «Esquire» ist: Sie heisst «The Sanctuary» (das Schutzgebiet; Anm.) und handelt von dieser verrückten faschistischen Übernahme der USA durch Donald Trump und seine Lakaien. Nur so viel: In der

Geschichte kommt eine Frau vor, die eine MAGA-Kappe trägt (MAGA: Make America Great Again; Anm.).

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Oh Mann, was war das gleich? «Candy House» von Jennifer Egan. Ich bin ein grosser Fan ihrer Arbeit und mag sie auch persönlich sehr gern. Ich lese auch ein paar Sachbücher. Zum Beispiel über den HooverDamm und den Colorado River, der uns hier mit Wasser versorgt. Wir streiten gerade um das Rinnsal, das es bis Kalifornien schafft. Das ist Teil der Recherche für mein neues Buch.

Welches Buch haben Sie als Kind am meisten geliebt?

Ich habe Tiergeschichten geliebt, zum Beispiel «Big Red», ein Buch über einen Hund. Ich liebte die Sorte Buch, in dem die Sichtweise der Tiere Thema ist. Nicht so sehr «Winnie-the-Pooh». Es gibt eines, das heisst «The Key Deer», der Schlüsselhirsch. Ich muss so elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein, als ich es las. Es ging um diese besondere Hirschart und die Key Islands, das heisst um eine Unterart, die ein Zwerghirsch ist. Daran können Sie erkennen, wie sehr mir das im Gedächtnis geblieben ist. Ich bin bis heute fasziniert von der Sichtweise der Tiere.

Letzte Frage: Könnten Sie sich vorstellen, einen Python als Haustier zu halten?

Das Buch

Der Roman beschreibt das Leben einer kalifornischen Familie in der Klimakrise: Papa Arzt, Mama Hausfrau, Sohn Insektenforscher und Umweltschützer, Tochter Influencerin. Sie legt sich eine Riesenschlange als Modeaccessoire zu.

Nein, weil sie nicht hierhergehören und es beklemmend für das Tier ist, als Haustier in einem Terrarium gehalten zu werden. Pythons sollten in der Natur sein, aber nicht in Florida, sondern in Myanmar, wo sie herkommen. Wäre ich nicht Schriftsteller geworden, wäre ich gern Feldbiologe. Als Kind war ich ganz fasziniert von Fischen. Ein Aquarium ist übrigens eine der wenigen Arten der Tierhaltung, in der sich die Tiere wohlfühlen, weil sie nicht wissen, dass sie eingesperrt sind. Trotzdem können sie das Haus nie verlassen. Ich habe das Problem gelöst, indem ich 1999 hier auf dem Grundstück einen Teich gegraben habe, mit Schaufel und Schubkarre, drei Meter tief und sechs Meter breit. Da leben jetzt Fische und Frösche, ausserdem ist er eine Wasserquelle für alle Tiere, die bei mir im Garten leben. Das heisst: Ich brauche nicht wirklich Haustiere. Wir haben Eulen, die in den Bäumen brüten. Ich kann sie nachts hören, was mich sehr zufrieden macht. Wir haben auch Kolibris. Ich twittere ununterbrochen Fotos von ihnen. Vor einem Monat oder so habe ich einen fotografert, der auf seinem Nest sitzt, etwa so gross wie ein Fingerhut. Ich konnte ihn nur sehen, weil er vor dem Küchenfenster sass, einen halben Meter entfernt, geschützt vor uns und allem anderen, in einem dichten Gebüsch. Aber ich konnte ihn sehen und ein Foto machen. Es war ganz aussergewöhnlich.

« HAUSTIERE BRAUCHE ICH NICHT. NACHTS
LITERATUR 94 THE RED BULLETIN

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THE RED BULLETIN USA, ISSN 2308-586X

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Peter Flax (Ltg.), Melissa Gordon, Nora O’Donnell

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96 THE RED BULLETIN
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Die nächste Ausgabe des Red Bulletin erscheint am 12. November 2023.

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98 THE RED BULLETIN NICOLAS MAHLER
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