The Red Bulletin CD 06/23

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SCHWEIZ, CHF 3.80 06 / 2023 JETZT ABONNIEREN getredbulletin.ch

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

A Y I PR U RAG

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A B C D E F G

A

Enyaq RS, 250 kW, 16.7 kWh/100 km, 0 g CO2/km, Kat.: A


E D ITO R I A L

Contributors

ELLIOTT WILCOX Der preisgekrönte Fotograf möchte stets Energie und Authentizität in seine Arbeit ­einfliessen lassen. Nachdem er Künstlerin Priya Ragu im Norden Londons für unser Coverfeature traf, sagte er: «Wir haben uns Priyas positive Einstellung ­zunutze ­gemacht, um wunderschöne ­Bilder voller Lebensfreude zu schaffen.» Ab Seite 36

PATRICIA OUDIT

ELLIOTT WILCOX (COVER), STUDIO GENEIVE

aus Frankreich ist freie ­Journalistin, unter anderem für so renommierte Publikationen wie «Geo» und «Le Monde». Dort schreibt sie hauptsächlich über Natur- und Umweltthemen sowie über Outdoor-Sportarten: Für uns traf sie in Crans-Montana den Freeskier Jean-Laurent Ratchel. Ab Seite 52

WUNDER WINTER Es ist kalt, es wird nachmittags Nacht, es ist Winter. Ein Wunder! Wenn man die verkannte Jahreszeit wie US-Fotografin Leslie Hittmeier, Expertin für Outdoor-Extremsport, festhält – in all ihrer wilden Schönheit und Dynamik (ab Seite 22). Exakt 30 Seiten später begegnen wir Jean-Laurent Ratchel. Auch er hatte mit dem Winter von Geburt an wenig am Hut. Mit 12 zog es den späteren Freeskier dann aber aus der Karibik in die Schweiz, wo er es bis zum Nationalcoach unserer Halfpipe-Elite brachte. Nicht übel für einen Surfer! Auch Priya Ragu, der Schweizer R&B-Star, performt nach aussergewöhnlicher Selbstbefreiung auf höchstem Niveau (Seite 36). Snowboarder Eero Ettala wiederum campiert bei 20 Grad unter null (und zwar ab Seite 80). Bis hierher war Alltag – ab hier ist Abenteuer!

WOLFGANG ZAC Der renommierte Fotograf (u. a. «Vanity Fair») lebt in Berlin und Los Angeles. Für uns lichtete er US-Fussballstar Trinity R ­ odman ab – direkt in ihrer Schussbahn. ­Ergebnis: ein zertrümmertes Objektiv und ein Bluterguss. Welche Rolle orange Rauchschwaden beim Shooting spielten, siehst du in unserer Story. Ab Seite 62

THE RED BULLETIN

Fussball-Star Trinity Rodman wärmt sich auf. Für den Fotoshoot – und Schüsse ganz allgemein: Später zerballert sie ein Objektiv. Ab Seite 62

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I N H A LT

70

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Z A H L E N , B I T T E ! 12 H Y P E C H E C K 14 HEROES

SANDRA CHRISTEN

16

Alpinistin, Model und Krankenschwester: Begegnung mit einem wahren Multitalent.

MICK JAGGER

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80 ist das neue 30: So konserviert der Superstar unter den Steinen die Wut der ewigen Jugend.

LILLY PALMER

R A L LY E D A K A R

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UND JETZT DU! R E I S E N 79 H Ö R E N 82 B I O H A C K I N G 84 G A M I N G 86 U H R E N 88 E R L E B E N 94

TRINITY RODMAN

P R I YA R A G U

4

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Einst tauschte er karibische Wellen gegen schneebedeckte Berge. Heute coacht er das Schweizer Freeski-Halfpipe-Team.

Zwischen frischem Powder und Gipfelglück: Outdoor-Fotografin Leslie Hittmeier hält die Emotion einer Jahreszeit fest.

R ’n’ B in der Stimme, Pop im Klang, Rock in der Seele: Wie Priya Ragu nicht nur die Schweiz erobert, sondern auch den Rest der Welt.

SKI AHOI

ÜBER DIE DÄCHER Training im Hinterhof, Medaillen auf der Weltbühne. Freerunning und Parkour – das ist ihre Welt.

J L R AT C H E L

PORTFOLIO

SCHWEIZ GOES BIG!

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Die Wüste bebt – auch wenn die Superstars immer älter werden: Wer beschleunigt in ihrem Windschatten?

Wie die deutsche Techno-DJ ­eine beinahe übersinnliche Verbindung zu ihrem Publikum herstellt.

WINTER-WONDERLAND

LILOU RUEL

DIE JUNGEN WILDEN

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FEUER IM STRAFRAUM Die US-Amerikanerin mit dem kontroversen Nachnamen ist die neue Ikone des Frauenfussballs – ein Schuss guter Laune?

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I M P R E S S U M 96 C A R T O O N 98

THE RED BULLETIN

LITTLE SHAO, DOM DAHER

G A L L E R Y 6


New Kia EV9 4×4. 7 Plätze. 800 Volt.

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THE RED BULLETIN

SIDARIO BALZARINI

ANNA MAYUMI KERBER


Kandergrund, Schweiz

WACHGEKÜSST

Mit seinem Gleitschirm holt Patrick von Känel den Blausee im Berner Oberland aus dem Morgenschlummer. Der See, übrigens in Privateigentum, ist wegen seiner einmaligen Farbschattierungen ein Touristenmagnet. Doch in aller Frühe gehört er dem Paraglider allein. «­Patrick hat das Manöver achtmal ­hintereinander ausgeführt», sagt Fotograf Sidario Balzarini. Es lohnte sich. Instagram: @patrick_vonkaenel


Riga, Lettland

SCHWARZFAHRT Volodya Voronin ist Rigas Königin der Nacht: Die Fotografin leuchtet das tiefe Dunkel dank raffiniert platzierter Blitzlichter so aus, dass die Bewegung von Skateboarder Arturs Bogdanovics in eine Art Nebelschweif verwoben ist. Aber – in Wahrheit ist da gar kein Nebel, alles nur ein Lichteffekt! Und zwar einer, der den Athleten so blendet, dass er die Augen zukneifen muss. Voronin: «Egal, Arturs hat den Trick so perfekt gelernt, dass er ihn blind beherrscht.» actiongrapher.com; redbullillume.com


DAVYDD CHONG VOLODYA VORONIN/RED BULL ILLUME, DANIEL GAJDA/RED BULL ILLUME

Salt Lake City, USA

LICHTBLICK Auf einmal wird Fotograf Daniel Gajda ganz lyrisch zumute: «Als mein Kumpel Ross zu seiner zweiten Kletterrunde ansetzte, kam die Sonne hinter den Wolken hervor und beleuchtete die herbstlichen Blätter mit diesem herrlich goldenen Berglicht.» Für Gold hat’s dennoch nicht ganz gereicht, aber immerhin für einen Halbfinalplatz bei Red Bull Illume. «Für mich war es der p ­ erfekte Moment», sagt Gajda. Ein Klick wie ein Lichtblick! gajdaphotography.com; redbullillume.com

THE RED BULLETIN

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Barcelona, Spanien

WELLE OLÉ! Während dem Final Qualifier gingen vor Barcelonas Küste die Wogen hoch, als die 69F-Foilingboote über das Balearen-Meer bretterten: 20 Segler und Seglerinnen kämpften im Oktober um Plätze in den Youth & Women’s Teams von Alinghi Red Bull Racing – um die Schweiz 2024 beim Youth & Puig Women’s America’s Cup zu vertreten. 12 sind nun fix an Bord. Instagram: @alinghiredbullracing

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MIHAI STETCU/ALINGHI RED BULL RACING

ANNA MAYUMI KERBER


Z A H L E N , B IT T E !

VON WEGEN RUHIGE KUGEL

Mehrzweckhalle? Viel mehr! Rüttelsitze, Kunstwind, Millionen Sternchen und Superstars machen The Sphere in Las Vegas zur spektakulärsten Location der Welt.

57,6

4D-Technik erlaubt es, im ­Innenraum Wind zu simulieren und ­gezielt Düfte und Aromen zu verbreiten.

4

18

bis sechs Superstars ­werden 2024 Auftritts­ serien absolvieren – ­unter ihnen soll auch Harry Styles sein.

2,3

der 17 385 Sitzplätze ­ sorgen für grosses Kribbeln: Dank Infraschalltechnik können sie zum Vibrieren gebracht werden.

Milliarden Dollar machen The Sphere zum teuersten Bauwerk von Las Vegas. Der Budgetplan lag bei 1,2 Milliarden Dollar.

167 000

120

Lautsprecher mit 3D-Audio-Beamforming-Technologie (Sounds beschallen nicht den ganzen Raum, sondern direkt die Hörer) machen The Sphere zum perfekten Klangkörper.

THE RED BULLETIN

CLAUDIA MEITERT

Monate lang arbeiteten U2 an ihrer Show und ­setzten Standards: Ein Fan darf sich an einem Seil in einem digitalen Ballon über die Bühne schwingen.

10 000

12

baugleiche Halle soll in ­ ondon errichtet werden. L Die Bewohner im Stadtteil Stratford wehren sich a ­ ber gegen den Megadome.

4

Millionen Leuchtdioden lassen die 54 000 Quadrat­ meter grosse Aussenhülle erstrahlen – die grösste LED-Wand der Welt!

Sattelschlepper waren notwendig, um den Baukran (mit 180 Meter Höhe der viertgrösste der Welt) nach Las Vegas zu bringen.

1

HANNES KROPIK

Shows spielten U2 zur glanzvollen Einweihung, 11 weitere sind fixiert.

157

Meter Durchmesser und 112 Meter Höhe machen The Sphere in Paradise (südliche Vorstadt von Las Vegas) zum grössten Kugelbau der Welt.

GETTY IMAGES

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H Y PE C H EC K

KAUFST DU BLIND

Auf TikTok jagt ein Hype den nächsten. Creator Kirafin checkt für uns Trends, die steil gingen. Dieses Mal: Skateboards in Blind Bags.

DAS TEIL

«Hier kaufst du das Skateboard-Deck in der Blind Bag – wie Sammelkarten. In diesem Stil brachte das Label Santa Cruz Decks mit 15 Pokémon-Designs zu je 110 Dollar auf den Markt. Extrabegehrt: die fünf zusätzlichen Gold-Decks.»

DER HYPE

«Unzählige TikToks im Mil­ lionen-Klick-Bereich zeigen Käufer, die ihre Boards aus­ packen. Das erfolgreichste Video mit über 20 Millionen Views kommt von ­larrycostigan. Natürlich sind die Decks längst ausverkauft – und kosten im Re-Sale ­mindestens 500 Dollar.» Kirafin heisst bürgerlich Jonas Willbold, ist 29 und unter­hält seine 1,2 Millionen Follower auf TikTok mit Comedy-Formaten. Neben­her folgt er seiner Faszination für Tech, Produkte und Trends.

DER CHECK

«Pokémon und Skaten sind ein perfektes Match: Beide erlebten um das Millennium ­einen Hype, der heute Nos­ talgie weckt. Schade, dass die meisten Decks eher gesammelt als gefahren werden. Dennoch eine coole Collab, die voll ins Schwarze traf.»

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THE RED BULLETIN


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A B C D E F G

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H E RO ES

SANDRA CHRISTEN

ist absolut einmalig – weil sie sich selbst gleich dreimal erfunden hat: Sie ist Krankenschwester, sie ist Model, sie ist Alpinistin: Erst in den Bergen lernte sie, die Grenzen des Alltags zu verschieben – immer weiter, immer höher. TEXT SAMUEL WALDIS

Die beiden Männer geben ein Bild ab, das sich in jedem Schweizer TourismusMagazin gut machen würde: Ihre grauen Bärte verdecken die Lippen, die sie an die Mundstücke ihrer Alphörner drücken. Vor dem Kantonsspital Obwalden in Sarnen blasen sie ein bisschen Heimat durch die Fenster der Patientinnen und Patienten. Um sie herum auf dem Parkplatz stehen Autos mit Nummernschildern, von denen die meisten mit vier Ziffern auskommen. Hier wirkt die Welt noch klein. Aus dieser Idylle stammt Sandra Christen. Die 33-Jährige arbeitet im Spital als Pflegefachfrau. Zudem ist sie Model und Alpinistin. Zu den drei Pfeilern, auf die sie ihr Leben gestellt hat, sagt sie: «Die Kombination macht mich glücklich.» Der kleinen Zentralschweiz ist ­Sandra längst entwachsen. Südafrika ist nach mehrmonatigen Aufenthalten ihre zweite Heimat geworden, in Costa Rica hat sie sich zur Yogalehrerin ausbilden lassen. Und auf den Tag genau ein Jahr vor unserem Treffen im Spital in Sarnen bereitete sich Sandra im Basecamp darauf vor, den 6814 Meter hohen Ama Dablam in Nepal zu besteigen. Dafür hat sie sich mit dem nepalesischen Bergführer Nirmal «Nims» Purja zusammengetan; mit dem Mann, der, wie die Netflix-Dokumentation «14 Peaks» eindrucksvoll schildert, es ­geschafft hat, die 14 Achttausender in ­weniger als sieben Monaten zu besteigen. Sandra interessieren keine Rekorde. Vielmehr sagt sie: «Ich möchte andere Frauen motivieren. Damit sie ihre Träume verwirklichen. Damit sie ihre Grenzen verschieben.» Für die letzten 400 Höhen­ meter am Ama Dablam brauchte Sandra sechs Stunden. Einen Fuss vor den anderen setzen, mehrmals atmen, dann der

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FOTO KAI GROSSMANN

nächste Schritt. So kämpfte sie sich hoch. Noch nie ist sie derart an ihre Grenzen gestossen. Sie sagt: «Ich habe in Nepal mehrere Momente erlebt, in denen ich den Aufstieg abbrechen wollte. Aber der Körper findet Energie, auch wenn der Kopf längst aufgegeben hat.» Aus Zwang wird Leidenschaft Mit ihren Eltern und den drei jüngeren Brüdern wächst Sandra in Ennetmoos, Kanton Nidwalden, auf. «Auf dem Land, mitten in der Natur, eine schöne Kindheit», so beschreibt sie diese Zeit. Die Eltern nehmen sie früh mit zum Wandern, eher ein Müssen als ein Geniessen sei das gewesen. Erst später entdeckt sie die Berge für sich – endgültig, als ein befreundeter Bergsteiger sie im Jahr 2018 mit auf das Breithorn nimmt. Sie sagt: «Er hat mir die Berge in all ihrer Schönheit gezeigt. Ich kam nach diesem Tag total geflasht nach Hause.» Der Pickel und das 30-Meter-Seil, das er ihr damals geschenkt hat, begleiten Sandra noch heute auf all ihren Touren. Nachdem sie auf dem Matterhorn gewesen war, bestieg sie im Sommer 2023 elf Viertausender in fünf Tagen. SpaghettiTour nennt sich diese Begehung im Monte-­ Rosa-Massiv an der Grenze zwischen der Schweiz und Italien, Übernachtung in der höchsten Hütte Europas inklusive. Sandra hat weitere Bergtouren geplant. Mehr will sie nicht verraten. Wie auch, schliesslich beginnen im Spital gerade die strengen Monate – mit Skiunfällen am laufenden Band und all den Eingriffen, die die Menschen lieber im Winter als im Sommer durchführen lassen. Deswegen liegt für Sandra momentan auch das Model-Business brach. 2012 hat sich diese Türe geöffnet, seither ist sie von Kleidermarken, Banken, Auto­ mobilherstellern oder Outdoor-Ausrüstern gebucht worden. «Das Model-Business

saugt mich manchmal aus», sagt sie. «All die Events, auf denen ich mein Netzwerk pflege, all der Smalltalk, das raubt Energie. Aber je älter ich werde, desto bessere und spannendere Kampagnen darf ich umsetzen. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass ich authentischer bin als vor zehn Jahren.» 2023 ist sie zum Gesicht von #iisiBahnverbindet geworden, einer Kampagne für den öffentlichen Verkehr in ihrer Heimat, mit der sie sich nach wie vor tief verbunden fühlt. High Speed am Feierabend Auch wenn sie im Kanton Zürich wohnt, hat sie in Nidwalden noch immer ein Zuhause. Von dort aus startet sie ihre Trainingsläufe auf den Pilatus, den «Huis­ bärg», wie sie ihn in ihrem weichen Nidwaldner Dialekt nennt, oder sie macht sich auf zum Klettersteig Fürenwand in Engelberg. «Den begehe ich auch mal am Feierabend auf Tempo», sagt sie. Nach zwei Stunden Gespräch verabschiedet sich Sandra. Eine Nachtschicht auf der Chirurgieabteilung wartet auf sie. Noch weiss sie nicht, was sie in dieser Nacht erwartet. Bevor sie geht, sagt sie noch das: «Diese Aufgabe im Spital gibt mir viel zurück. Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Beruf ausüben darf, und ich gehe jeden Tag gerne ins Spital. Denn bei der Arbeit mit Menschen hat alles ­seinen Sinn.» So klingt die Bodenständigkeit, die Sandra sich bewahrt hat. Obwohl sie der beschaulichen Zentralschweiz längst entwachsen ist. Instagram: @christensandra

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«Träume zu verwirklichen ist schöner, als Rekorde zu brechen.» Sandra Christen, 33, über die inneren Werte der Selbstüberwindung

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H E RO ES

MICK JAGGER

gibt den zuvorkommenden Sir, wenn die Royals zum Dinner laden. Doch auf der Bühne zuckt der ewige Rockstar immer noch aus. Wie konserviert er die Wut der Jugend? Und sind seine achtzig Jahre die neuen dreissig? TEXT MARCEL ANDERS

Gute Rockmusik zu machen ist eine Frage der Konzentration und der Energie – erklärt Rolling-Stones-Sänger Sir Michael Philip «Mick» Jagger. Und davon hat er jede Menge. Denn altersmilde, nostalgisch oder wehleidig klingt die dienstälteste Rockband der Welt bei weitem nicht. «Hackney Diamonds», ihr erstes Album seit 18 Jahren, überrascht mit angriffigen Texten und jugendlicher Power. Es ist ein offenes Geheimnis: «Hackney Diamonds», das 24. Studioalbum der Rolling Stones, war – auch wenn die Aufnahmen selbst dann schnell gingen – eine lange, schwierige Geburt. Und auch einen Interviewtermin mit Mick Jagger zu arrangieren ist alles andere als einfach. Schliesslich muss der Achtzigjährige zu Staatsbanketten mit König Charles III. oder zu Präsident Macron nach Versailles – oder in wichtige TV-Shows, in denen er die charmante Plaudertasche gibt. the red bulletin: Woher nehmen Sie die Energie für Tourneen und stressige Sessions? Was ist Ihr Geheimnis? mick jagger: Mein Ansatz ist, einfach gute Arbeit zu erledigen – das Einzige, was mich interessiert. Und ja, Rockmusik muss Energie haben, sonst funktioniert sie nicht. Wir hätten ja auch ein Album machen können, das sehr relaxt und entspannt erscheint. Vielleicht sogar eines, das wehmütig, leise und zurückhaltend klingt. Aber ich liebe es, energetische Songs zu schreiben, alles, was mindestens 150 Beats pro Minute aufweist. Das ist mein Ding. Das klingt so, als ob Sie gerade eine sehr kreative Phase erleben. Oder ist das nur Torschlusspanik?

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FOTO MARK SELIGER

Nein, es ist definitiv eine Phase, in der wir endlich einmal wieder richtig kreativ sind. Schliesslich entstanden die meisten dieser Songs erst vor kurzem, und die Aufnahmen des Albums gingen sehr schnell über die Bühne. Well, wir sind gerade gut drauf, und das ist ein tolles Gefühl. Ihr letztes Album, «A Bigger Bang», liegt 18 Jahre zurück. Haben Sie bewusst so lange gewartet, bis niemand mehr mit neuen Stones-Songs gerechnet hat, bis kein Druck und keine Erwartungshaltungen mehr vorhanden waren? Ich schätze, man hatte uns inzwischen tatsächlich längst aufgegeben. Dabei haben wir ja ein Blues-Album veröffentlicht und eigentlich ständig aufgenommen – aber das Resultat war eben nie das, was wir uns erhofft hatten. Es war nicht gut genug. Jedenfalls haben wir uns 2022 entschieden, es ein letztes Mal zu versuchen, uns diesmal voll zu konzentrieren und mit richtig starkem Material aufzuwarten. Dafür haben wir uns eine Deadline gesetzt, die Köpfe zusammengesteckt und geschaut, was dabei herauskommt. Paul McCartney, Bill Wyman, Stevie Wonder, Elton John und Lady Gaga sind unter den Gastmusikern. Kommerzielles Kalkül oder purer Zufall? Wir haben ja auch in Los Angeles auf­ genommen, und in den Henson Studios, die aus vier separaten Einheiten bestehen, war ständig jemand, den wir gut kannten. Zum Beispiel Lady Gaga – ein glücklicher Zufall, nichts weiter. Sie kam in den Kontrollraum, hat sich angehört, was wir machen, und dann mitgesungen. Das war fantastisch. Und was Paul betrifft: Er war hier, um eine Woche mit Andrew Watt zu arbeiten, und wir haben ihm einfach einen Tag geklaut. Und bei Bill war es so, dass wir noch diese beiden Songs mit

Charlie Watts am Schlagzeug hatten, die wir sehr mochten. Wir hielten es für eine gute Idee, wenn Bill da mit Charlie spielt und die originale Rhythm Section somit noch einmal für ein Stück zusammen­ kommt. Tja, und Elton – wir haben nach jemandem gesucht, der keine grosse Klavier-Einlage beisteuert, sondern nur ein bisschen Boogie-Woogie im Hintergrund spielt. Und Elton beherrscht diesen altmodischen Boogie-Style, der sich nicht so sehr in den Vordergrund drängt. Was ist mit der ersten Single, «Angry» – wie viel Sozialkommentar verbirgt sich dahinter? Wut auf die Welt – berechtigt oder unberechtigt – gab es schon immer. Aber heute ist sie doch sehr stark und sehr weit verbreitet und wird definitiv stärker artikuliert. Und vielleicht sollten wir lernen, uns da ein bisschen zurückzuhalten und in unseren Ansichten nicht zu radikal zu werden. Aber seien wir ehrlich: Auch Beziehungen wären ohne gelegentlichen Ärger unmöglich. In einer Partnerschaft gerät man immer einmal aneinander. Es geht gar nicht ohne. Werden Sie mit dem Album auch ­wieder auf Tour gehen? Wir denken zumindest darüber nach – und das sehr intensiv. Wir würden das gerne für nächstes Jahr anpeilen, dann auch schon mit dem nächsten Album im Gepäck. Aber: Bislang ist nichts gebucht. Das ist eine grosse Sache, die gut geplant werden muss. Instagram: @mickjagger

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«Energetische Songs, 150 Beats pro Minute Minimum – genau das ist mein Ding.» Mick Jagger, 80, über den Speed of Life, der ihn jung hält

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H E RO ES

LILLY PALMER

ist eine der erfolgreichsten Techno-DJs der Welt – und darüber hinaus: Ihre Tracks unterlegte sie schon mit Weltraum-Sounds. Auch live stellt sie eine fast übersinnliche Verbindung zum Publikum her. TEXT ANNE WAAK

Musik verschafft ihr die Freiheit, ihre Gefühle auszudrücken und eine Verbindung mit ihrem Publikum herzustellen. Und weil die Gefühle echt sind und die Verbindung tatsächlich spürbar ist, hat es Lilly Palmer in die Liga der erfolgreichsten Techno-DJs der Welt geschafft, mit Auf­ tritten auf der Mainstage von Festivals wie dem Tomorrowland in Belgien und 1,3 Millionen Instagram-Followern. Aufgewachsen in Franken, lebt sie heute in Noordwijk an der niederländischen Nordseeküste. Sie betreibt ihr eigenes Label namens Spannung Records, wo zuletzt ihr Track «The Violator» erschien. Wir erreichen sie am frühen Morgen (Ortszeit) im US-amerikanischen Miami, wo sie in der Nacht zuvor auf einem Festival gespielt hatte. the red bulletin: Dein Genre nennt sich Peaktime Techno, also Musik für jene Momente, in denen die Stimmung auf dem Höhepunkt ist. Dazu baust du oft eigene Vocals ein. Wie hast du die­ sen sehr eigenen Sound entwickelt? lilly palmer: Zunächst mal passt er ­genau zu mir und zu meinen Auftritten: Ich spiele oft Zwei-Stunden-Sets, habe ­also nicht viel Zeit rumzuprobieren. Die Tracks müssen sitzen. Und allein wegen des Wiedererkennungswerts meiner ­Stücke ist es mir wichtig, immer wieder meine Vocals einzubauen. Auf dem Weg zu meinem heutigen Sound spielte mein eigener Geschmack eine Rolle – und auch die Reaktionen in den Clubs. Zuerst habe ich melodischen Deep House gespielt, fühlte mich dann aber zu richtig gutem, hartem Techno hingezogen. Darauf bekam ich auch das beste Feedback. Also ­begann ich dann, die Musik selbst zu produzieren.

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FOTO COOPER SEYKENS

Du legst seit 2015 professionell auf, heute zählst du zu den erfolgreichsten DJs, spielst rund 15 Gigs im Monat. Wie gehst du mit Stress um? Das Runterkommen ist am schwersten für uns Künstler – deswegen trinke ich bei Gigs fast keinen Alkohol. Für meine innere Balance muss ich alles, was ich erlebe, teilen können – mit meinem Partner, meiner Familie oder Freunden. Eine grosse physische und mentale Herausforderung waren Double- und Triple-ups. Dabei spielen wir an einem Tag zwei oder drei Gigs in verschiedenen Städten, was logistisch nur möglich ist, wenn wir mit dem Privatjet fliegen. Die kleinste Ver­ spätung gefährdet den ganzen Ablauf. Wir machen das jetzt nur noch, wenn es wirklich etwas Besonderes ist und ich danach Zeit habe, mich zu regenerieren.

Du scheinst auch sehr offen für neue Einflüsse zu sein. Zuletzt hast du im Rahmen einer Kooperation mit der Europäischen Weltraumagentur (ESA) Sounds aus dem All in Tracks ein­ gebaut. Wie kam das zustande? Am Mailänder Flughafen habe ich ei­ nen Mann kennengelernt, der wie ich in Noordwijk lebte und bei der ESA arbeitete. So kam es, dass ich in deren sogenanntem Hertzraum» einen Set spielen und live streamen durfte, umgeben von stacheligen Styroporstrukturen, die Sound absorbieren, um die Bedingungen im Weltraum zu simulieren. Dort werden normalerweise Satellitenantennen auf ihre Übertragungsfähigkeit im All ge­ testet. Ausserdem durften wir die Sound­ bibliothek der ESA nutzen, Ergebnis war der Track «You Are My Guide».

Hast du ein Rezept gegen Jetlag? Ich nutze bestimmte Workouts, Medita­ tionstechniken und Musik. Früher habe ich mit Theta-Wellen gearbeitet, um besser ein- und durchschlafen zu können. Das sind Wellen in einem Frequenzbereich, wie sie unser Gehirn in der Tiefschlafphase produziert. Heute höre ich zum ­Einschlafen einfach Meditationsmusik.

Wie erklärst du einer Person, die noch nie auf einem Rave war, die Faszination von Techno? Meine Mama zum Beispiel, die mit Techno ursprünglich gar nichts am Hut hatte, war mittlerweile bei ein paar meiner Gigs dabei. Sie hat mir bestätigt, dass die Musik fast jeden und jede in ihren Bann ziehen kann. Wenn du dich darauf einlässt, versetzt sie dich in eine fast meditative Trance. Wenn Menschen in einer Gruppe gemeinsam tanzen, hat das etwas sehr Instinktives, fast Archaisches. Es geht um Zugehörigkeit und auch darum, Ängste und Sorgen loszulassen. Man kann dann gar nicht anders, als sich gut zu fühlen.

Was macht dich als Künstlerin neben der Musik noch aus? Am wichtigsten ist mir Authentizität. Besonders in der Deep-House-Szene sind alle eher cool und seriös, ich habe Spass an der Musik und zeige das auch. Ich lache viel und feuere die Leute an, die vor mir tanzen. Die Menschen, die zu einem Rave kommen, sind ja nicht nur wegen der Musik da, sondern wegen eines bestimmten Gefühls. Als DJ kommuniziere ich mit ihnen auch über meine Mimik und meine Körpersprache, was meine Auftritte sehr lebendig macht.

Instagram: @lilly_palmerdj

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«Bei Techno geht es um Zugehörigkeit und darum, seine Sorgen loszulassen.» Lilly Palmer über die Faszination von Raves

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FOTOS LESLIE HITTMEIER

LESLIE HITTMEIER/TETON GRAVITY RESEARCH

POWDER TO THE PEOPLE TEXT MARC BAUMANN

Erste Lines im Tiefschnee, jede Menge Air-Time und gemeinsames Gipfelglück: Dieses Gefühl heisst Winter – und Leslie Hittmeier ist die Fotografin, die es festhält. 22

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IHR FREIFLUG Lake Tahoe, Kalifornien, 2018 Ein Moment der Freiheit: Die Riderin Elena Hight hatte erst kürzlich das Contest-Snowboarden aufgegeben und den Neu­ beginn als Freeriderin gewagt. «Ich liebe, wie Elena ihre Arme hält auf dem Bild, so, als würde sie fliegen», sagt Leslie. Freiheit eben.


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«Ich mag, wie Benja auf dem Foto grinst. Hier kommst du nur vorbei, wenn du den Berg umarmst.»

CLIFFHANGER Grand Teton National Park, Wyoming, 2019 «Einfach einen Tag mit Freunden abhängen», sagt Leslie über dieses Foto. Und Benja, einer ihrer Buddies, nimmt das fast wörtlich. Klar hält er sich fest – aber bleibt trotzdem locker.

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KLEINES GLÜCK Turner Mountain, Montana, 2023 Es braucht nicht immer Helikopter oder krasse Tricks. Leslies Foto ­feiert die Schönheit eines kleinen Airs in ­einem Skigebiet mit nur einem Lift. Everyday beauty sozusagen.

EISIGES LÄCHELN Beartooth Mountains, Wyoming, 2021 Wer so grinst, bevor er sich die Felsrinne runterstürzt, weiss, was er tut: Auf Nick Russell (l.) und Danny Davis wartet unten ein weiterer Fotograf. Davor aber: Tiefschnee-Lines und Highspeed.

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PISTEN-PARTY Wyoming, Backcountry, 2023 «Ben Hoiness macht nach einem langen Tag am Berg seine eigene Disco», erzählt Leslie. Ben ist übrigens ihr Ehemann, zudem Bergführer. Als sie als Fotografin anfing, war er ihr häufigstes Motiv.


WANDERZIRKUS

«Am Gipfel ist Vertrauen alles. Darum reise ich oft mit Freunden wie Elena.» 28

LESLIE HITTMEIER/TETON GRAVITY RESEARCH

Glacier Bay National Park, Alaska, 2021 Drei Wochen waren Leslie und Snowboarderin Elena Hight (Bild) für die HBO-Serie «Edge of the Earth» unterwegs. Schweisstreibende Aufstiege, eiskalte Nächte, keine Bade­wanne – dafür gab es später eine EmmyNominierung.

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STARKER ABGANG Grand Teton National Park, Wyoming, 2021 Augen auf bei der Berufswahl: Der Kantinengang als Tages-Highlight? Oder vor dem Lunch eben noch mal schnell eine frische Spur durch den Neuschnee ziehen? Elena Hight – living the (freeride pro) dream.


LIGHTSHOW

LESLIE HITTMEIER/TETON GRAVITY RESEARCH

Lake Tahoe, Kalifornien, 2018 Morgens wirbeln die Kristalle am schönsten. Leslie zahlt mit Frostbeulen: Sie kauert frierend im Schnee, um die Rider Danny Davis, Sammy Luebke und Elena Hight (v. l.) richtig zu belichten.

MR. FREEZE Grand Teton, ­Wyoming, 2023 Es hat dich zerlegt bei der Abfahrt, dein Gesicht wurde einmal frisch gepowdert? Keep smiling! Abenteurer Ben Hoiness verliert auch nach einem Sturz im Tiefschnee nicht den Humor.

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LESLIE HITTMEIER/TETON GRAVITY RESEARCH

HIGH NOON Mount Bertha in Glacier Bay, Alaska, 2021 Wenn du nach Stunden den Gipfel erreichst – wie hier Boarder Jeremy Jones, Skiwanderer Griffin Post und Boarderin Elena Hight (von links) –, flutet dich der Körper mit Glück. Stets aufs Neue.


DIE FOTOGRAFIN

Diese Frau als typische Ski- und Snowboardfotografin zu bezeichnen wäre untertrieben. Denn sie filmt genauso gerne, wie sie fotografiert. Die 31-jährige USAmerikanerin, die in Red Lodge, Montana, lebt, war auch schon als Produzentin und Regisseurin eines Dokumentarfilms über die besten Kletterinnen der Welt unterwegs. Um die sportlichen Extreme des Winters einzufangen, ist ihr kein Weg zu weit oder zu verschneit. BackcountryExpeditionen mit voller Fotoausrüstung und bitterkalten Nächten im Zelt? Bitte, gerne! Zumal Leslie selbst sicher genug auf Skiern oder Snowboard steht, um etwa eine spektakuläre Erstbefahrung in Alaska begleiten und dokumentieren zu können – für die Emmy-nominierte HBO-Serie «Edge of the Earth». Beim Foto-Wettbewerb Red Bull Illume schaffte Leslie es in die Finalrunde. Ihre Strecken zeigen nicht nur Powderturns, sondern auch Alltagsbeobachtungen. Sie erzählen von der Kameradschaft und Freundschaft, die auf einer Reise in den Tiefschnee entstehen kann. Wer ihre Fotos sieht, kriegt nicht nur Lust auf Abfahrten bei Sonnenschein, sondern auch auf die Downtime – wenn Sonne und Schnee mal nicht mitspielen und man bei warmem Kaffee und guten Storys im eingeschneiten Auto auf den Wetterwechsel wartet. Und auf neue Bilder. Instagram: @lesliehittmeier Erlebe die spektakulärsten Berge der Welt in «The Land of Giants» auf Red Bull TV.

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LESLIE HITTMEIER/TETON GRAVITY RESEARCH, ROBIN O’NEILL

LESLIE HITTMEIER

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UNTENDURCH Hakuba, Japan, 2019 Hier verbeugen sich die Menschen als Zeichen der Höflichkeit – aber eigentlich nicht, um Absperrbänder zu unterwandern. Die beiden Boarderinnen Elena Hight und Hana Beaman zelebrieren lieber die Gegenkultur.

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N I R E T L A H H C BU LUES B S DE never! urchbrach , o N ? gu d erin a g n R ä a S nach y r i – e r t P n h e r c g a o g­st eT t un Unser &B‑Shootin ären ­Er war . li Doch R ht der fami e Bürokraft c v die Ma hren als bra a zehn J

TEXT LOU BOYD FOTOS ELLIOTT WILCOX


Klare Richtung Priya Ragu beim Fotoshooting für The Red Bulletin im September dieses Jahres in Harringay, London, UK

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«Ich sagte mir: Behalte deinen festen Job und dein fixes Gehalt und vergiss deine Musik – doch die war stärker.»


F Erfolgsmix Der Style von Priya Ragu ist ein Crossover aus Tradition und urbaner Streetwear. Besonders das Kopftuch erinnert an ihre Herkunft – die Eltern stammen aus Sri Lanka.

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Schon das Intro mit dem Titel «Ammama’s Note» bringt die inneren Spannungen auf den Punkt: Es ist eine 18-sekündige Sprachnachricht von Ragus Grossmutter, aufgenommen und verschickt nach einer Familienhochzeit. «Hey, hast du mich vergessen? Warum hast du nicht angerufen?», fragt das Grosi auf Tamilisch. Es ist ein Mix aus ehrlicher Sorge und latentem Vorwurf. «Weisst du noch, was ich über den Heirats­antrag gesagt habe?» «Ich fand es irgendwie lustig, das Album mit dieser Sprachnachricht zu beginnen, weil sie so authentisch ist», sagt Ragu, heute 37. Dieses Thema verfolge sie seit Jahren, deswegen reagiere sie auf das Wort «Heirat» allergisch. Und deswegen passe es auch so gut an den Anfang ihres Albums. «Denn hier dreht sich alles um mein Streben nach Glück und meine Befreiung von gesellschaftlichen Erwartungen.»

ür das Musikvideo zu ihrer Single «Adalam Va!» tanzt Priya Ragupathylingam – besser bekannt als Priya Ragu – mit einer Gruppe von Schauspielern rund um ein stattliches Herrenhaus. Hier verschmilzt Tarantino-Stil mit tamilischer Kino-Ästhetik, auch Kollywood genannt. In Oversize-T-Shirt und mit Sonnenbrillen switcht Ragu mühelos zwischen den Welten. Den Welten, die sie beide verkörpert. Wie viele junge Frauen asiatischer Herkunft stand Ragu als Tochter tamilischer Eltern unter gewaltigem Druck, die Erwartungen ihrer Familie zu erfüllen: guter Job, stabiles Leben, herzeigbarer Mann. Eine Musikkarriere als R & B- und Pop-Künstlerin stand da nicht im Notenbuch. Doch als sie 2020 ihren Song «Good Love 2.0» veröffentlichte, wurde aus der weit­gehend unbekannten Schweizer Independent-Künstlerin mit Wurzeln in Sri Lanka über Nacht ein rising star. Die Plattenfirmen standen Schlange, der BBC-Sender Radio 1 spielte den Song in Dauer­schleife. Ragu schaffte es in die BBC-­ Long­list «Sound of 2022», trat in der Kultsendung «Later with Jools Holland» auf, und kürzlich erschien endlich auch ihr erstes Album. Es ist eine an­steckend positive Partyscheibe und zugleich die Auf­arbeitung von Ragus persönlicher ­Reise. ­Unter dem Titel «Santhosam» (tamilisch für Glück) erzählt sie einfach sich selbst.

Doppelleben eines Teenagers Als Tochter einer Apothekerin und eines Buchhalters wuchs Ragu in Bazenheid bei St. Gallen auf. Ihre Familie war 1982 aus Sri Lanka vor dem blutigen Bürgerkrieg geflohen und über Umwege in den gut 3500-Seelen-Ort gelangt. «Als Kind fiel es mir schwer, die beiden Kulturen in Einklang zu bringen», sagt Ragu. «Ich hatte oft das Gefühl, meine eigentliche Herkunft ver­ stecken zu müssen.» Als Kind eines traditionellen tamilischen Haushalts waren Popmusik oder MTV für sie und ihren Bruder tabu. Doch Musik war trotzdem ein fester Bestandteil des Familienlebens. Ragus Vater veranstaltete kleine Jamsessions, lud am Wochenende Freunde ein, um Musik aus der alten Heimat zu spielen. Mit zehn Jahren stieg Ragu als Sängerin in die Familien­band ein. «Nicht, dass das eine grosse Sache war. Wir spielten nur bei lokalen kulturellen Veranstaltungen und Hochzeiten.» Doch im Geheimen betrieben die Geschwister musikalische Weiterbildung, indem sie Tracks des Hip-Hoppers Mos Def und der Fugees rauf und runter spielten und dabei ihren ­eigenen Stil und Geschmack entwickelten. «Denn afroamerikanische Musik war ein wichtiger Teil unserer Kindheit», sagt Ragu. Als Ragu dann Lauryn Hill, die Lead-Sängerin der Fugees, für sich entdeckte, war nichts mehr wie vorher. «Ich sah ‹Sister Act 2›, diese Geschichte, in der Lauryn Hill nicht singen und nicht in den Chor darf, und war komplett

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«Dad fand mein Tagebuch, las von meinen Plänen – und verbot mir meinen ersten Gig.» geflasht. Ich dachte: ‹O mein Gott, das ist meine Geschichte.› Ihre Stimme hat etwas in mir bewegt. Ich hatte bis dahin nicht geahnt, dass Musik so eine Macht haben kann. Aber ab diesem Moment war es mir klar.» Ragu brachte sich – während sie offiziell nur in der braven Familienband auftrat – die Lieder von Künstlerinnen wie Lauryn Hill und Alicia Keys selbst bei. Mit 16 Jahren traute sie sich zum ersten Mal, jemand anderem vorzusingen. Sie wählte ihren älteren Bruder Roshaan. «Ich glaubte plötzlich an mein Talent und hatte das Gefühl, es mit jemandem teilen zu müssen», sagt sie heute. «Damals hatte Ro­shaan eine Rap-Crew, und ich gab den Jungs ein paar Kost­proben. Alle fanden es gut und haben mich eingeladen, am Wochenende gemeinsam mit ihnen aufzutreten.» «Liebes Tagebuch, am Freitag werde ich Popstar!» Doch Ragu liess ihre frischen Notizen aufgeblättert im Schlafzimmer liegen. Ihr Vater entdeckte den Eintrag über die bevorstehende Show und war ganz und gar nicht einverstanden. Ragu: «Ich habe gelogen und gesagt, dass ich zur Geburtstagsfeier einer Freundin gehe, aber er sagte: ‹Ich habe deinen Tagebuch­eintrag gesehen – das kommt nicht infrage.› Ich schloss mich in meinem Zimmer ein und habe die Welt gehasst. Es war furchtbar. Heute kann ich dar­ über lachen, aber an jenem Tag war es eine Katastrophe. Ich habe mir geschworen: Ich werde meinen Eltern erst wieder von meiner Musik erzählen, wenn ich ein gewisses Niveau erreicht habe.»

schuldig war, das mit der Musik zumindest zu versuchen. Dass ich nicht noch einmal dreissig Jahre so weitermachen kann und irgendwann sechzig sein werde, ohne es je so richtig probiert zu haben.» Als Popstar im zweiten Bildungsweg begann Ragu in ihren Dreissigern, eigene Songs zu ­schreiben und aktiv auf Produzenten und mögliche musikalische Partner zuzugehen. Als sich die Chance auftat, mit dem US-Rapper Oddisee zusammenzuarbeiten, liess sie sich sogar von ihrem festen Job karenzieren und zog für ein paar Monate nach New York. Doch so richtig funkte es nicht – keines der Projekte versprach ihr die

Die Trademark «Raguwave» prangt auf der Gürtel­schnal­ le der Sängerin. Das Wort steht für ihre ganz eigene Art, ­Musik zu machen.

Ein Ende – und eine Wiedergeburt In dieser Nacht begrub Ragu ihre künstlerischen Ambitionen. Sie schloss die Schule ab, machte Karriere als Buchhalterin bei einer Fluggesellschaft und zog in ihren Zwanzigern aus dem Dorf nach Zürich. Gesellschaftlich war ihr Leben jetzt auf Reiseflughöhe – so wie es sich ihre Eltern für sie erträumt hatten. Doch die Musik – sie hatte sich unauslöschlich in ihrem Kopf eingenistet, auch wenn Ragu sie aus ihren Gedanken verbannte. «Ich habe alle Zeichen ignoriert. Ich sagte mir: ‹Nein, behalte deinen sicheren Job, dein sicheres Einkommen. Werde keine brotlose Künstlerin.›» Erst mit dem nächsten runden Geburtstag änderte sich alles: «Mit 30 realisierte ich: ‹O Gott, ich habe dieses Talent, und ich ignoriere es nur.› Mir wurde klar, dass ich es mir selbst

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«Mein Bruder warf alle Beats um, wir stritten – doch plötzlich war da der Rhythmus meiner Kindheit.»


gerieten uns sogar ziemlich in die Haare, weil sich seine Vision so von meiner unterschied», sagt Ragu. «Ich wollte schliesslich lupen­reinen Jazz, Soul oder R & B singen.» Doch Gold über­ zeugte sie davon, seiner Idee eine Chance zu geben, fand einen Beat und fügte ein paar tami­ lische Lyrics dazu. «Und das fühlte sich plötzlich so richtig an, so selbstverständlich. Ich wusste sofort, dass wir ins Schwarze ge­troffen hatten. Genau so wollten wir klingen», sagt Ragu. Und damit war «Raguwave» geboren, dieser ganz eigene Stil aus breitem Pop und alten asiati­ schen Tradi­tionen. Auf einmal schrieben sich die Songs wie von selbst.

Outfits als Ausbruch Zwischen Chic und Protest – Ragus optische Abkehr vom Rollen­bild, das die Eltern­­ generation vorgab Styling: Zak Khan, @zakyrhe Make-up: Daniela Alves Hair: Shamara Roper Lichttechnik: Jared Price

2024 tourt Priya Ragu durch die USA und Europa – mit Zwischen­ stopp in Zürich: am 13. April im Plaza Klub.

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Inspiration und den Sound, den sie s­ uchte. Erst am seelischen Tiefpunkt in New York erinnerte sie sich daran, wer ihr erster musikalischer Part­ ner gewesen war: ihr älterer Bruder Roshaan aka Japhna Gold. Nun begannen die beiden, in einsamen Nächten stundenlang zu skypen – ­Ragu in ihrem gemieteten Zimmer in den USA und Gold zu Hause in der Schweiz. Dabei expe­ rimentierten die Geschwister immer öfter mit Beats und Songhooks. «Die Musik hat uns zu unseren Wurzeln zurückgeführt und uns stärker mit dem ver­ bunden, was wir wirklich sind», sagt Ragu. «Das hat auch mit Spiritualität zu tun. Dass wir das­ selbe durchgemacht hatten, machte das Song­ schreiben so viel einfacher. Wir haben eine Ver­ bindung, wie es sie kein zweites Mal gibt.» Die Lehre daraus: Sie kehrte zurück in die Schweiz und machte Japhna Gold zu ihrem offiziellen Produzenten. An einen Tag im Studio erinnert sie sich be­ sonders. Gold schlug vor, den Beat eines Songs auf den Kopf zu stellen und mit den Instrumen­ ten und Rhythmen der Jamsessions ihrer Kind­ heit zu würzen. «Zuerst war ich skeptisch. Wir

Schlaflos für fremde Träume Und nun endlich das erste Album. Gleich im Eröffnungssong «School Me Like That» spielt Ragu mit dieser ewigen Kluft zwischen famili­ ären Erwartungen und ureigensten Wünschen: «How can I stay awake for somebody else’s drea­ ming?», singt sie. Wie kann ich wach liegen für den Traum eines anderen? Und: «There’s so much life in me that I should believe in (…). We are done being chained, I was born to break them for good.» In mir ist so viel Leben, an das ich glauben sollte. Wir wollen nicht mehr in Ket­ ten liegen, ich bin geboren, um sie für immer zu brechen. «Ich habe mein Glück gefunden», sagt Ragu mit schlichtem Pathos. Ein Album, eine fürs kommende Jahr geplante Europa- und USHeadliner-Tour – was bleibt als nächstes Ziel? «Ich habe mir vor zwei Jahren ein Vision Board gemacht, hab alle Dinge draufgeschrieben, die ich erreichen wollte», sagt Ragu. «Diese Plä­ ne sind nach und nach wahr geworden.» Sie schrieb «Dreh ein Video für Colors!» (einen in London ansässigen You­Tube-Kanal), und sie tat es. Sie schrieb «Schaff es in die ‹Vogue›!», und die britische sowie die indische Ausgabe berich­ teten über sie. Sie schrieb «Tritt beim Montreux Jazz Festival auf!», und es wurde einer ihrer ers­ ten grossen Gigs. Priya Ragupathylingam denkt nach. Ja, ein paar Kleinigkeiten stehen da schon noch auf dieser Einkaufsliste der Herzensdinge. Doch das Wichtigste – das, was Ragu nicht einmal aufzuschreiben wagte – war wie von selbst ein­getreten: Ihr Vater, der ihr damals den aller­ ersten Auftritt als Popstar verboten hatte, arbei­ tete an den Sounds ihres Albums mit. Instagram: @priyaraguofficial

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STURM IN DER SANDKISTE TEXT TIM STURTRIDGE

FOTOS MARCIN KIN

RED BULL CONTENT POOL

Der Erste und der Zweite der vergangenen Rallye Dakar sind zusammen hundert Jahre alt. Bricht 2024 die Dominanz der Motorsport-Legenden? Wir fanden die jungen Wilden, die nur eines wollen: Sainz & Co in die Wüste schicken.


Der Herausforderer Training in Dubai: Seth Quintero in seinem 3,5-Liter-V6Twin-Turbo-Hilux von Toyota Gazoo Racing

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E

ine Wolke aus orangem Sand folgt dem Winzling, der da über eine weitere Düne donnert. Es ist ein CanAm Maverick X3, ein Federgewicht aus vier Rädern, zwei Sitzen, einem Überrollkäfig und einem 200-PSMotor. Am Steuer: der 21-jährige US-Rallyefahrer Seth Quintero. «Verdammt, ist das geil!», brüllt er zu Dennis Zenz hinüber, seinem deutschen Co-Piloten. Es ist Mitte Oktober, und wir sind bei der Rallye du Maroc, dem Saisonabschluss der Rallye-Raid-Welt­ meisterschaft 2023 (W2RC), einer Serie von nervenzehrenden Langdistanz-Offroad-Rennen. Obwohl Quintero nur als Drittplatzierter ins Rennen ging, steht er nun vor dem Sieg in der Klasse der Leichtgewichts-Prototypen (T3). Eigentlich muss er nur noch das Ziel der letzten Etappe dieses 2240 Kilo­meter langen Desert-Trips erreichen. «Nur noch ein Tag, und wir führen die WM, ganz schön wild», postete Quintero am Vorabend auf Instagram. «Wir sind bereit, ordentlich Gas zu geben, noch 158 Kilometer in diesem Jahr. Auf geht’s!» Und wie! Die Rallye Marokko ist die Generalprobe für den brutalsten Motorsport-Event der Welt: die Rallye Dakar. Zwei Wochen schickt die Dakar ihre Teilnehmer durch Saudi-Arabien. Zwischen dem Start in der Stadt al-‘Ulā und dem Ziel in Yanbu an der Küste des Roten Meeres liegen Tagesetappen von bis zu 500 Kilometern. Durch die Rub al-Chali, einen riesigen Teil der Arabischen Wüste, nicht umsonst «das leere Viertel» genannt. Und auch für Routiniers ein Grenzgang. Zuletzt siegte Nasser Al-Attiyah aus Katar in der Auto-Kategorie vor dem Franzosen Sébastien Loeb. Es war das zweite Mal in Folge, dass die beiden Erster und Zweiter bei der Dakar wurden. Noch ungewöhnlicher ist ihr zusammengezähltes Alter. Das beträgt nämlich hundert Jahre. Al-Attiyah war zum Zeitpunkt seines Sieges 52, Loeb 48 Jahre alt. Ihre gefährlichsten Konkurrenten waren sogar noch älter: Stéphane Peterhansel war zarte 57, Carlos Sainz sogar schon 60.

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Dreamteam Seth Quintero, die Rennmaschine mit dem Bubencharme, und sein Co-Pilot Dennis Zenz (li.)

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«Ich wurde wie ein Kind behandelt – aber schon bald könnte ich siegen.» SETH QUINTERO, 21, RALLYE-SHOOTINGSTAR

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Steht in der Sandkiste der Emotionen also eine Wachablöse bevor? Nicht zwingend, denn wenn die Dakar 2024 am 5. Jänner in al-‘Ulā startet, werden alle vier wieder mit dabei sein. Und die Statistik spricht in der Tat für sie. In den letzten dreissig Jahren gewann nur viermal ein unter Vierzigjähriger die Auto-Kategorie der Dakar. «Es ist komplett verrückt, dass diese Jungs noch immer die Favoriten auf den Sieg sind. Schon mein Vater ist gegen Stéphane und Carlos gefahren», sagt der 29-jährige belgische Fahrer Guillaume de Mévius. In den Jahren 2022 und 2023 – bei seinen ersten beiden Teilnahmen an der Dakar – fuhr de Mévius in der T3: Diese Serie ist so etwas wie die kleine Version der E ­ liteKategorie T1, in der Peterhansel, Sainz, Al-Attiyah und Loeb starten. Sie gilt als die ideale Vorbereitung für die Königsklasse. «Die T3 sind auf eine Höchst­ geschwindigkeit von 135 km/h begrenzt, die T1 bringen es locker auf 170», erklärt de Mévius. «Die T1 sind auch viel stabiler gebaut, stecken Steine und Sprünge besser weg. Mit einem T3 stösst du schnell an deine Grenzen, aber mit einem T1 kommst du überallhin.» Als Dritter in der T3-Klasse der Dakar 2023 bekam de Mevius das Angebot, hier bei der Rallye du Maroc in einem Toyota Hilux der T1-Klasse an den Start zu gehen. Ein aufgemotztes Modell dieses japanischen Pick-ups hat Al-Attiyah bei den letzten beiden Dakars zum Sieg verholfen. Und de Mévius schlug sich gut: In den letzten Tagen erzielte er in Marokko eine Reihe von Top-5-Etappenergebnissen, und das in einem Feld, in dem sämtliche Sieger der letzten 16 Dakars vertreten sind. Das sollte eigentlich ausreichend Eindruck bei den Verantwortlichen hinterlassen, die noch einen festen Platz in der T1 zu vergeben haben. «Ich dachte, ich müsste warten, bis ich vierzig bin. Jetzt steht die Tür zu meinem Kindheitstraum offen.» Das motorisierte Milchgesicht Wie alt ist zu alt für die Dakar? Diese Frage bleibt weiter ungeklärt. Nur für das untere Ende der Skala wurde 2020 ein Exempel gesetzt. Damals tauchte ein milchgesichtiger 17-jähriger Vertreter der Gen Z aus San Marcos, Kalifornien, am Start in Saudi-Arabien auf, um sich beim härtesten Motorsport-Event der Welt mit der Elite zu messen. Sein Name: Seth Quintero. Doch die Veranstalter legten sich quer. Das

Mindestalter für die Teilnahme an der Dakar beträgt seitdem 18 Jahre. Ausnahmen? Ausgeschlossen. «Das hat meinen Ehrgeiz erst so richtig entzündet», sagt Quintero. Mit seinem jugendlichen Aussehen, seinem wuscheligen schwarzen Haar und seinem drahtigen Körperbau erinnert er eher an einen Tour-de-FranceProfi als an einen Autorennfahrer, und in einer Bar müsste er wohl noch seinen Ausweis vorzeigen. «Ich fahre schon lange Autorennen», sagt er. «Es fühlte sich also nicht so toll an, wie ein Kind behandelt zu werden.» Bei der Dakar 2021 gewann Quintero in der Kategorie T3 sechs Etappen und schrieb damit Geschichte. Er war der jüngste Etappensieger der Dakar. Triumph und Enttäuschung Doch es war das Jahr 2022, in dem Quinteros Stern über der Wüste so richtig aufging. Zunächst ging’s aber bergab. Nach zwei Etappensiegen lag er am dritten Tag in Führung, als das Differenzial seines OT3 by Overdrive Offroad-Buggy kaputtging und er in der Wüste strandete. Als der Abschleppdienst ihn am Biwak absetzte, war es vier Uhr morgens. Quintero hatte fast 17 Stunden verloren und damit auch jede Chance auf den Gesamtsieg. «Erst wollte ich aufgeben», sagte er später, «aber dann spürte ich, dass dieses Wort in meinem Wortschatz nicht existiert.» Zusammen mit Dennis Zenz, seinem deutschen Co-Piloten, fasste der junge US-Fahrer frischen Mut und gewann zwölf Etappen. In der Gesamtwertung schaute am Ende zwar nur Platz 16 heraus, doch Quintero konnte sich in die Geschichtsbücher eintragen: Mehr Etappensiege hatte bei der Dakar zuvor noch kein Einzelfahrer gesammelt. Der bisherige Rekord­halter, der Franzose Pierre Lartigue (Gesamtsieger der Rallye Dakar 1994 –1996), hatte 1994 10 von 17 Etappen für sich entschieden. «Es war ein Triumph und zugleich eine Enttäuschung, weil uns eine einzige miese Etappe den Ge­ samtsieg gekostet hat», sinniert Quintero. Platz eins hätte ihn zum jüngsten T3-Gewinner in der Geschichte der Dakar gemacht. Im Jahr darauf stand er als Zweiter zum ersten Mal am Dakar-Podium. «Diese Rennen haben mich mental stärker gemacht, als ich es mir je hätte vorstellen können», sagt er. «In den USA war ich auf den kurzen Distanzen immer schnell, mittlerweile habe ich gelernt, zwei Wochen am Stück ein hohes Niveau zu halten.»

«Irgendwie verrückt: Schon mein Vater ist gegen Sainz und Peterhansel gefahren – und jetzt ich.» GUILLAUME DE MÉVIUS, 29, GEHEIMFAVORIT 48

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Der Altmeister Nasser Al-Attiyah ist der amtierende Dakar-Champion, 53 Jahre alt – und denkt nicht an Rücktritt.

«Es ist gut, dass junge Fahrer wie Seth ins Spiel kommen und uns fordern. Ich bin voll motiviert für die grosse Schlacht zwischen Jung und Alt», sagt Altmeister Al-Attiyah. Mit knapp 53 – sein Geburtstag ist im Dezember – hat der amtierende Dakar-Champion noch immer den Körper eines Olympiamedaillen­ gewinners. Der er ja auch ist: Er gewann 2012 in London Bronze im Skeetschiessen der Männer. «Ich denke noch lange nicht an meinen Rücktritt», sagt er, «ich bleibe dabei und geniesse den Kampf!» Die Rivalitäten bei der Dakar sind wie das Rennen selbst: Sie nehmen verschlungene Wege. Einerseits bringt man sich gegenseitig bis an die Grenzen, andererseits verbindet die Konkurrenten ein Gemeinschaftsgefühl, das von den extremen Bedingungen der Rallye geprägt ist. Zwischen Quintero und Al-Attiyah ist es besonders stark. Die beiden haben fast eine Vater-Sohn-Beziehung. «Nasser war der erste Fahrer, mit dem ich zu Beginn meiner Dakar-­Karriere eine Gesprächsbasis hatte. Er behandelte mich so gut», erinnert sich Quintero. «Wenn dir nach einem schweren Tag am Steuer ein mehrfacher Dakar-Sieger auf die Schulter klopft, ist das einfach toll. Bei der Dakar darfst du nie vergessen, dass dein Konkurrent eigentlich auch dein bester Freund ist.»

Endlich Top-Klasse Guillaume de Mévius in seinem neuen Toyota Hilux bei der Rallye du Maroc

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Einsame Legende und frischer Wind Seit der ersten Paris – Dakar, die 1979 über 10.000 Kilometer von Frankreichs Hauptstadt in jene von Sene­ gal führte, durchquerte die Rallye dreissig Länder – von Ägypten und Südafrika bis hin zu Argentinien und Chile. Während der Sand unter den Reifen viele Natio­nalitäten hatte, blieb das Podium vorwiegend eurozentrisch. Al-Attiyah aus Katar ist bislang der einzige Sieger aus dem Nahen Osten, und in der EliteKlasse der Autos gewann noch nie ein Amerikaner. Noch einseitiger sieht es aus weiblicher Sicht aus: Bisher stand nur eine Frau ganz oben auf dem Treppchen, die Deutsche Jutta Kleinschmidt. Sie holte sich im Jahr 2001 die T1-Trophäe und setzte damit ihrem Legendenstatus als erste weibliche Etappensiegerin noch eins drauf. Bis vor drei Jahren ein neues Talent auftauchte: Cristina Gutiérrez aus Spanien brachte frischen Wind in die Szene. Dabei hatte sich die damals 25-Jährige am Start der Dakar 2017 in Asun­ ción, Paraguay, eigentlich nur eine Sache vorgenommen: das 9000 Kilometer entfernte Ziel in Buenos Aires, Argentinien, überhaupt zu erreichen. Es gelang ihr nicht nur einmal, sondern gleich in drei Dakars hintereinander. Und dennoch: «Im Oktober 2020 schrieb ich in den sozialen Medien, dass es mir an den finanziellen Mitteln für die nächste Rallye Dakar fehlt», sagt sie. «Ich hatte vier Dakars hin-

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«Unglaublich, Cristina

Gutiérrez war bei mir im Nachwuchs-Camp – jetzt gewinnt sie Etappen.» JUTTA KLEINSCHMIDT, RENNSPORT-LEGENDE

Ein Leichtgewicht als Gamechanger Tatsächlich dürften die Leichtgewichts-Prototypen des Talentesprungbretts T3 – seit 2021 eine eigenständige Rennklasse – der wichtigste Grund für die Erfolge der neuen, jungen Rennfahrergeneration sein. «Wir erlebten ein paar richtig absurde Tage bei der Dakar, als wir es mit unserem T3 unter die besten fünf der T1 schafften», sagt Wunder-Rookie Quintero. «An eine Etappe der Abu Dhabi Desert Challenge erinnere ich mich besonders gut. Ich war vor Nasser gestartet und hielt ihn bis zum ersten Tankstopp auf Distanz. Mit einem T3 eine T1-Zeit zu fahren ist schon eine echt coole Sache. Ich habe dadurch viel Selbstbewusstsein getankt.» Die jungen Wilden Quintero, Gutiérrez und de Mévius haben noch eine Gemeinsamkeit: Sie sind alle Absolventen des Red Bull Offroad Junior TeamProgramms. Das vor der Dakar 2020 gestartete Programm stellt Fahrer und Beifahrer in der T3-Kategorie und bietet eine professionelle Plattform für die Teilnahme an legendären Rennen auf der ganzen Welt. «Die Aufnahme ins Team und die Möglichkeit, bei der Dakar in der T3-Klasse zu starten, veränderten alles für mich. Jetzt fühle ich mich so viel konkurrenzfähi­ ger», sagt Gutiérrez. Mit ihrem Können sind auch ihre Ambitionen gewachsen: Sie will an Kleinschmidts Erfolge anschliessen.

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Zurück zu den Männern: Bei der Rallye du Maroc war Quinteros schiere Willenskraft stärker als alle Naturgewalten. Er beendete die Rallye auf dem zweiten Platz und krönte sich zum W2RC T3-Champion 2023. «In diesem Jahr ging es ganz schön rund», sagt er. «Aber ich habe einfach den Kopf eingezogen, wenn rund um mich die Fetzen flogen.» Noch mehr als der Titel bedeutete ihm ein anderer Meilenstein: Mit seinen 21 Jahren darf er bei der kommenden Dakar in der T1-Klasse starten – als jüngster T1-Fahrer der Geschichte dieser Rallye. Mehr noch: Er steigt bei Toyota Gazoo Racing in den 3,5-Liter-V6-Twin-Turbo-Hilux und übernimmt damit exakt den Platz seines Mentors Al-Attiyah im Team. Ganz schön symbolträchtig, und zwar für beide. «Ich muss dabei an meinen ersten Dakar-Start denken, als mich noch niemand kannte», erinnert sich Al-Attiyah an sein Debüt im Jahr 2004. «Ich wusste, wer die wichtigsten Fahrer waren, wer schon Siege errungen hatte. Diesen Piloten wollte ich zeigen, dass mit mir zu rechnen ist.» Al-Attiyah ist gerade frisch gebackener Weltmeister, er holte sich den T1-Titel auf der zweiten Etappe der Marokko-Rallye. Nächstes Jahr will er Geschichte schreiben: als der Erste, der die Dakar in vier verschiedenen Autos gewonnen hat. Als Repräsentant von Nasser Racing setzt er sich dafür hinters Steuer eines 600 PS starken Prodrive Hunter. Im Schulterblick wird er seinen neuen T1-Rivalen im Auge behalten. Es wird ein Kampf zwischen Erfahrung und Ehrgeiz sein. «Dass die Dakar schon so lange von den gleichen Namen dominiert wird, liegt an deren riesigem Erfahrungsschatz und natürlichem Talent», räumt Quintero ein. «Sie machen jedes Auto, das sie fahren, zu einem Siegerauto. Das ist schon sehr beeindruckend, wenn man in den 50ern oder sogar 60ern ist. Diese Boys fahren schon länger Rennen, als ich auf der Welt bin.» Im Jänner 2024 dürfen wir also in den 150 Meter hohen Sanddünen des Leeren Viertels einem Jahrzehnte umspannenden Kampf der Giganten bei­ wohnen. Wie schätzt Quintero seine Chancen ein, der jüngste Dakar-Sieger zu werden? «Ich denke, ich kann das T1-Rennen in meinem ersten Jahr gewinnen», sagt er. Kommt der Generationswechsel in der Sandkiste?

First Lady Cristina Gutiérrez, hier auf einer marokkanischen Düne: Sie ist der­ zeit die beste Frau in der T3-Klasse.

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ter mir, aber das schien’s gewesen zu sein. Ich schrieb mich also in einen Universitätskurs ein. Doch dann ging’s los: Ich wurde zur Andalusien-Rallye eingeladen und erhielt eine E-Mail von Lewis Hamiltons Manager, der mich in sein Extreme-E-Team einlud. Zuerst dachte ich, das wäre ein Scherz. Aber dann bekam ich einen T3-Platz für die Dakar 2021.» Gleich am ersten Tag fuhr sie die schnellste Zeit in ihrer Klasse und wurde die zweite weibliche Etappensiegerin in der Dakar-Geschichte. «Dass Cristina jetzt Etappen gewinnt, ist unglaublich», sagt Kleinschmidt. «Sie war mal vor Jahren bei einem Trainingslager, das ich für Rallye-Fahrerinnen veranstaltet habe, und machte sich da echt gut. Ich denke, dass die Leichtfahrzeuge eine echte Bereicherung für die Dakar sind. Sie geben dem Nachwuchs die Chance, auf sich aufmerksam zu machen – und genau das hat Cristina geschafft.»

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Hoffnungsträger Cristina Gutiérrez und Seth Quintero stehen für eine neue Generation der Dakar-Elite.

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ERLEB DAS WÜSTEN-RENNEN Red Bull TV überträgt ab dem 5. Januar Highlights der Rallye Dakar: redbull.com

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Von den sanften Wellen der Karibik in die frostige Schweizer Bergwelt: wie Jean-Laurent Ratchel seinen Aggregatzustand veränderte – und es zum Trainer des Schweizer Freeski-Halfpipe-Teams brachte. Doch seine Reise ist noch nicht zu Ende.

EIN MANN WECHSELT DIE WELT TEXT PATRICIA OUDIT

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FOTOS DOM DAHER

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Die Butterseite JL Ratchel bei einem Butter Nose Roll auf dem Massif de Balme in La Clusaz, Frankreich



Z Sonniges Gemüt Ratchel vereint Lebenslust mit Ehrgeiz.

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«Als ich nach Frankreich kam, war Freestyle noch neu», sagt er. Und schon bald fällt der draufgängerische Knirps in seinem blauen Outfit und den bunten RossignolSkischuhen den Kids im örtlichen Skiclub auf. Sie sollten rasch seine neuen Freunde werden und Skifahren seine Obsession. «Ich habe in dieser Zeit der Umstellung einfach nur ans Skifahren gedacht, und es hat mir Spass gemacht, kleine Kicker zu shapen», sagt JL. Und auch prominente Augenzeugen haben Spass daran: «Irgendwann haben mich Loïc Collomb-Patton, ein echt bekannter Freeskier, und sein Coach Fabien Cattaneo auf einer Piste angesprochen und meinten: ‹Lass uns ein bisschen zusammen fahren!› Wir sind dann gleich nach Balme – dem Freeski-Spot schlechthin.» Schon innerhalb weniger Monate steht er fest und sicher auf zwei Brettern und wird im darauffolgenden Jahr Mitglied des regionalen Sportclubs, Abteilung Freestyle. Er fährt zunächst Buckelpisten, bevor er sich für die Halfpipe entscheidet. «Sie fanden es dort alle cool, einen Jungen aus der Karibik im Team zu haben, der es richtig draufhatte», sagt JL.

iemlich was los an diesem Tag: Zweimal ­Zidane, einmal Petit, drei Tore, und Frankreich ist Fussballweltmeister. Und auch für ­einen gewissen Jean-Laurent Ratchel, heute 37, öffnet sich plötzlich ein Tor – zu seiner n ­ euen Welt. Es führt den zwölfjährigen Jungen aus Saint-Martin in der Karibik am 12. Juli 1998 direkt nach La Clusaz, Frankreich. In der Hoffnung auf bessere Bildung, bessere Lebensbedingungen. Und noch niemand ahnt an dem Tag, dass es ausgerech­ net mit Jean-Laurent, kurz JL, schon sehr bald schnell abwärtsgeht. Rasant und trickreich – und richtig erfolgreich. Dabei ist JL Schnee damals noch fremd. Weisse Watte, überzuckerte Landschaft, bekannt nur aus Videos und Sportübertragungen, irgendwo aus fernen Orten der Kälte. Denn seine alte Welt ist der Ozean, die Welt weicher Wellen – und seine Gspänli, mit denen er sich täglich zum Bodyboarden und Angeln trifft. Doch in La Clusaz, dieser neuen Welt, ist die Kaderschmiede des Freestyle-Skiing. Und JL lernt schnell.

Das Katapult des Stilisten Zu dieser Zeit heissen seine Gspänli unter anderem Loïc Collomb-Patton, Mathieu Bijasson und Laurent Thévenet, allesamt rising stars in der Szene. Unter Candide Thovex bilden sie zusammen die Jugendmannschaft. Thovex ist ihr Idol, ihre Leit­ figur und in diesen Tagen die Freeski-Ikone. Und JL ist plötzlich voll motiviert, die Wärme, das Meer, die Wellen sind Schnee von gestern. Seine jahrelange Erfahrung mit Bodyboard, BMX-Rad und Skateboard bewährt sich nun, und er beeindruckt durch seine ganz eigene Performance, bei der der Style fast entscheidender ist als die Technik dahinter: Die Siemens Freestyle Tour 1999/2000 katapultiert den jungen Skifahrer in den Fokus der Freestyle-Szene. Er landet auf dem 2. Platz. «Unglaublich, ich habe 5000 Francs gewonnen, mein erstes Preisgeld», sagt er. Und ja, auch das sei erwähnt: Er ist der einzige schwarze Freestyler, seine Anwesenheit überrascht viele, irritiert manche und stört einige wenige. Und die überschreiten un­ geniert die Grenzen der Sportlichkeit.

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Er sprang, er stürzte, er brach sich zwei Wirbel – und stand wieder auf. «Selbst über ‹Skipass›, die damals massgebliche Internetplattform, gab es einige Anfeindungen – in denen stand, dass ich nur gesponsert würde, weil ich schwarz sei, und dass ich in Wahrheit gar keine fetten Drehungen zustande bringen würde.» Nachsatz: «Erst dadurch wurde mir bewusst, dass ich anders war.» Und dass er mehr leisten musste. Das habe er zuvor nie wahrgenommen. «Mein Stiefvater ist weiss, mein kleiner Bruder auch. Wir sind in unserer Familie sehr eng miteinander. Mein Stiefvater, den ich als meinen Vater sehe, ist mein grösster Fan. Mein Bruder Louis und ich haben zusammen gelernt und uns alles geteilt, und unsere Hautfarben waren nie, nie ein Thema.» In der Freestyle-Szene ergeht es ihm ähnlich. Unterstützung erhält er dort vor allem von Candide Thovex, der bereits mit vierzehn die französische Meisterschaft in der Disziplin Buckelpiste gewann und später die Freeride World Tour. JL: «Sein Support war eine Art Faustpfand für meine Glaubwürdigkeit im Skisport.» Göttliche Komödie des Siegens Mit seinen haushohen Airs gewinnt JL schnell weiter an Selbstvertrauen und erreicht rasch Weltcupniveau. Das Potenzial ist da, grosse Contests wie die X Games rücken in Reichweite. Die Konkurrenz ist hart, doch dieser Junge sticht heraus: Unter anderem gewinnt er 2004 die Bronze­ medaille bei den französischen Meisterschaften, belegt 2009 den vierten Platz im Weltcup. Und dann ist da noch diese Filmkomödie über eine neue Seite des Siegens, die ihn weiter befeuert. «Cool Runnings – Dabei sein ist alles» war schon ein paar Jahre vor JLs Ankunft in Frankreich angelaufen. Es ist die wahre Geschichte von vier jamaikanischen Bobfahrern, die um jeden Preis zu Olympia wollen. Against all odds. Bei den Spielen scheitern sie dann trotz beeindruckendem Rennen. Ihr Bob bricht, und erhobenen Hauptes tragen sie ihn zu Fuss über die Ziellinie. Auch seine Filmhelden hatten sich ihren Weg aus der Karibik in die klamme Kälte gebahnt. Und auch sie erwärmten die Zuschauer­herzen. «Für mich ein echtes AhaErlebnis», sagt JL. «Ich habe mich ganz mit diesem jamaikanischen Bobfahrer-Team

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identifiziert – und irgendwann selbst begonnen, von den Olympischen Spielen zu träumen.» Doch dann wird sein Film von der Realität überholt, er brutal ausgebremst. JL arbeitet auf die Dew Tour hin, eine Art Gipfeltreffen für die Eliten des Extremwintersports. Er trainiert und bricht sich beim Versuch einer doppelten Rotation zwei Wirbel. «Ich hätte im Rollstuhl landen können. Dieses Erlebnis hat mich ruhiger gemacht.» Ruhiger und vorsichtiger. Und dieses unbewusste Wissen um das Risiko ist mit einem Mal ein ganz klarer Gedanke. Einer, der sich festsetzt wie patziger Neuschnee. Und gefriert, noch bevor er schmelzen kann. Ein Jahr später verabschiedet sich JL mit 24 Jahren vom Wettkampfsport. Er verliert seine Sponsoren – und begibt sich auf die Suche nach sich selbst. Vorerst noch ohne Anhaltspunkte und ohne jeglichen beruflichen Abschluss. JL übernimmt Gelegenheitsjobs, vom Lagerarbeiter bis hin zum Reparaturhelfer. Dann holt er sich mit Anfang dreissig nach vierjähriger Ausbildung doch noch sein Skitrainer-Diplom. Der knallrote Pullover eines Coachs und die unförmigen Baggyhosen statt eigener Airtime im Rampenlicht. Ein Abstieg? Ein Umstieg! «Auch wenn ich meine Sportlerkar­rie­re beenden musste, bin ich optimistisch geblieben. Das liegt in meiner Natur. Ich hätte ja jederzeit wieder in den Wettkampf einsteigen können. Aber meine Entscheidung, mit dem Leistungssport aufzuhören, war wohlüberlegt», sagt JL. Neben den Aushilfsjobs und dem Skilehrer-Diplom macht er die Ausbildungen zum Jetski- und Wakesurf-Lehrer. Und auch sein Film, diesmal sein eigener, wird ein voller Erfolg: Die Doku «Black & White» über sein Leben zeigt nicht so sehr den Druck des Spitzensports, sondern eher seine schönen und bewegenden Momente. «Dieser Zugang sagte mir einfach mehr zu», sagt JL.

Balance-Akt JL bei einem beschwingten Tail Tap auf dem Massif de Balme

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Gemeinsame Erfahrungen im Team. Schnitt. Gefinkelte Tricks. Schnitt. Einfach eine gute Zeit, abhängen mit Freunden. Schnitt. «Es wird deutlich, dass ich nichts bereue», sagt JL. Schnitt, Abspann und Aufbruch. Denn Skifahren gehört auch weiterhin zu seinem Leben. Und der Schnee und das Eis der Alpen bleiben sein Aggregatzustand. Ein völlig neuer Anlauf 4. Mai 2023, Crans-Montana, Kanton Wallis. Die Sonne lacht, der Himmel strahlt, der Trainer brüllt. «Robin, dir fehlt die Spannung!», hallt es da zwischen den Felsvorsprüngen. Unendliches Weiss und weise Worte: «Nütz die Zeit, solange der Schnee noch nicht zu weich ist für die Double Flats!» Double Flats, das sind doppelte flache Drehungen mit dem Rücken parallel zur Piste. Und das lautstarke Sprachrohr, das ist Jean-Laurent Ratchel. Auf dem Plaine-Morte-Gletscher in 2998 Meter Höhe liegt für die Jahreszeit noch genug Schnee. Und so lässt Mister Comeback – nunmehr Trainer des Schweizer HalfpipeTeams und somit wichtige Stütze des Swiss Ski-Teams – seine Schützlinge üben und üben und üben. Rafael Kreienbühl, 24, und Robin Briguet, 23, die er seit Okto­ber 2022 betreut, sind zwei vielversprechen­de Spitzensportler des Challenge-Kaders. Da steht er nun mit seiner selbst designten Def-Ligz-Mütze (sein eigenes Label, das er 2007 auf den Markt brachte), oben auf der sechseinhalb Meter hohen Plattform der Halfpipe, dem hierarchischen Höhepunkt seiner neuen Welt. Nur ein paar minimalistische Wisch-Moves, stoisch wie ein Schneemann wertet er am Handy die ersten Runs seiner Schützlinge aus. «Das Ziel dieses zehntägigen Freestyle-Airbag-Camps ist es, Automatismen zu festigen», sagt er. Mit der sicheren Landung auf einem überdimensionalen Luftkissen, das hier den harten Schnee ersetzt, können seine Rookies ihre Tricks sauber zu Ende bringen. Vorerst fast ohne Risiko. Immer und immer wieder. Bis sie für die Contests sitzen. Und über all dem thront majestätisch das Matterhorn. Doch für die alpine Ästhetik fehlt Trainer und Team jeder Sinn. Sie selbst sind es, die hier auf Ästhetik machen. Und dafür sind heute gerade mal drei Stunden Zeit. Im Gegensatz zu den anderen Youngsters, die JL in seinem Team betreut, hat der

Stoisch wie ein Schneemann checkt er die Runs seiner Rookies. THE RED BULLETIN

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Wenn JL coacht, so ist das lehren – aber immer auch lernen.

Ski-Shoot JL filmt Robin Briguets ­ Doppeldrehung beim Training.

Coach-Talk JL brieft Rafael Kreienbühl (Mitte) auf dem PlaineMorte-Gletscher in Crans-Montana.

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hier in Crans-Montana geborene Robin bereits beachtliche Erfolge vorzuweisen. Seit 2017 ist er im Halfpipe-Weltcup unterwegs: Platz 10 bei den Weltmeisterschaften und Platz 12 bei den Olympischen Spielen in Peking. Von JL kannte er zunächst nur die Initialen. «Es braucht immer etwas Zeit, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen», sagt Robin. «Vor allem, weil er uns auf seine ganz eigene Art coacht. Er motiviert uns, ohne Druck auszuüben.» Rafael Kreienbühl, genannt Raffi, kommt aus Davos. Der Juniorenweltmeister von 2017 und Sechste der WM von 2021 arbeitet an einem Right Side Double Cork, einer doppelten Drehung samt Schraube nach rechts. «Es ist selten, dass man einen Trainer hat, der einen, obwohl er selbst früher

Profi war, dazu bringt, unermüdlich weitere Drehungen zu versuchen und so viele Runs wie möglich zu machen», sagt Raffi. Vor allem am Airbag, wo die Verletzungsgefahr nicht so gross ist, sollen sie ihre Grenzen testen. Und womöglich dabei gleich sprengen. Denn JL, der aus der Karibik kam, um sich den Schneekick zu holen, glaubt an seine eigene Über­zeugungskraft. «Mit der Zeit lernte ich, mich an andere Persönlichkeiten anzupassen. In manchen Situationen lasse ich alles laufen, in anderen greife ich ein. Es gibt so viele Faktoren, die es zu beachten gilt.» Und zu denen ge­höre auch die Enttäuschung. «Bei mir schlägt die oft und gerne in Frustration um: Ich bin zwar da, aber trotzdem machtlos – in solchen Momenten lerne ich gemeinsam mit meinen Jungs.» Lehren, lernen – zwei Spielarten des Coachings. Und ein einmaliger Weg dorthin. Der Start: ganz weit weg, geografisch wie emotional. Das Ziel: einer der grössten Sportverbände der Welt. Und eine Art Zen­ trum der Schweizer Lebensart. Wie geht das ganz praktisch? «Ich habe damals im neunten Jahr als Skilehrer in La Clusaz und in der Zwischensaison im Sicherheitsbereich in Genf

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BEFLÜÜÜGELT DURCH DEN WINTER. MIT DEM GESCHMACK VON BIRNE-ZIMT.

NEU

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


fahrung aus den eigenen Freestyle-Competitions. «Die Jungen heute sind immer früher reif, und ihre Beweglichkeit ermöglicht es, uns immer mehr den Figuren aus dem Turnsport anzunähern», sagt der Coach. «Als ich 2010 mit dem Wettkampfsport aufgehört habe, fing es gerade mit den ersten Doubles an. Die Tricks von heute habe ich zwar selbst nie gemacht, aber ich weiss, wie es sich in der Luft anfühlt, wie man dort Halt und Gleichgewicht findet.»

Stilsicher JL ganz in seinem Element: Hier trägt er Sportswear von Def Ligz, seinem eigenen Label.

gearbeitet.» Und dann kam ein Anruf – der Anruf. «Mein Freund Greg Tüscher, der Schweizer Slopestyle-Coach, hat mir erzählt, dass der Verband einen HalfpipeCoach suchen würde, und mich dann ganz direkt gefragt, ob ich dabei sein will. Ich war absolut überwältigt, denn das kam völlig unerwartet.» JL zögert nicht lange. «Es war gut, wieder in die Welt des Hochleistungssports zurückzukehren. Aber es bedeutete auch harte Arbeit und eine grosse Herausforderung.» Denn auch wenn sich die Moves im Wandel der Zeit ändern, helfen JL seine Er-

Der Schnee wird weicher, das Training härter. 60

Stotternder Motor der Vielfalt Die Saison 2023/24 und die Teilnahme am Halfpipe-Weltcup sind für Robin und Raffi aber erst der Auftakt. Das ­grosse Ziel: Medaillen bei der WM 2025 in der Schweiz und bei den Olympischen Spielen 2026 in Italien. Und endlich gelebte Normalität dort, wo heute alle nur von einer grossen Ausnahme sprechen: JL ist der einzige Dunkelhäutige seiner Generation im europäischen Spitzen­ skisport. Und Raffi, kurzfristig sein Ziehsohn in der Halfpipe, feiert das, auch wenn es ihn zugleich nachdenklich macht: «Aus sozialen und kulturellen Gründen braucht es viel Zeit, bis Diversität auch in den Bergen ankommt.» Was JL bestätigt: «Als ich Ende der Neun­ zigerjahre angefangen habe, war mir schnell bewusst, dass Freestyle ein Motor für Viel­ falt sein könnte», sagt er. Aber so schnell gehe das nun mal nicht. «In unserer Disziplin geht es offen zu, im Skisport insgesamt aber weniger.» Und: «Man muss sich immer bewähren. Es reicht nicht, nur die medienwirksame Ausnahme zu sein – der Beste musst du sein.» Auf dem Gletscher ist es mittlerweile elf Uhr. Die Sonne steht hoch, der Schnee wird weicher, das Training härter. Schwierigere Tricks wie der 1660 sind an der Reihe. Das sind viereinhalb Drehungen in der Luft. «Der 1660», sagt Robin, «ist der Schlüssel, um Teil der Elite zu sein. Mit diesem Trick gewinnt man bei den grossen Bewerben die Medaillen.» Dafür reiche es aber nicht, einfach nur Schwung zu haben und hoch rauszuspringen, sagt JL, auch Stil gehöre dazu. Sein Blick wandert über das zerklüftete Bergpanorama. Wer hoch hin­auf will, muss weit hinaus. Sich verbissen wo festklammern und sich auf Erreichtem ausruhen ist da nicht. Und so trennen sich die Wege des Skiverbands und Jean-Laurent Ratchels im vergangenen Sommer einvernehmlich. Er gab sein Bestes, nun will er noch weiter hinaus. Wie am 12. Juli 1998. Dem Sonntag, an dem Frankreich mit drei Toren Weltmeister wird. Dem Tag, an dem Jean-Laurent Ratchel das Tor zu einer neuen Welt aufstösst. Instagram: @jlratchel Sehenswert: «Black & White», pvscompany.com

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THIS GIRL

US-Stürmerin Trinity Rodman ist der neue Popstar der Fussballwelt. Gefeiert für ihre Moves zwischen TikTok und Stadion – und ihr Mindset: Sie begegnet Wettkampfdruck mit Spielfreude.

IS ON FIRE! TEXT PETER FLAX

FOTOS WOLFGANG ZAC

Style-Offensive Trinity Rodman beim Fotoshoot in Springfield, Virginia

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H

albzeitpfiff – das Team der US-Frauen ist in die WM-Vorbereitung gestartet, mit einem Auswärtsspiel gegen Neuseeland. Obwohl die Amerikanerinnen in den ersten 45 Minuten mehr Ballbesitz hatten, sind noch keine Tore gefallen. Die USA starten mit vier Einwechslungen in die zweite Halbzeit, auch Trinity Rodman kommt ins Spiel. Sechs Minuten später nimmt die junge Stürmerin einen Pass am rechten Flügel an. Eine Verteidigerin will Rodman in die Ecke abdrängen, doch die Amerikanerin verschafft sich durch eine blitzschnelle Körpertäuschung Raum. Noch einmal streichelt sie den Ball mit dem rechten Fuss und hebt ihn dann mit dem linken gefühlvoll in den Strafraum – von wo ihn eine Teamkollegin ins Tor köpft. 20 Minuten später bereitet Rodman ein weiteres Tor vor. Das Spiel endet 4:0 für die USA. Beobachter haben viele Fragen zum Thema Trinity Rodman. Sie ist ja noch so jung, ge­rade 21, und ihre Profi-Karriere beginnt eben erst – aber über ihre Starqualitäten herrscht kein Zweifel. Sie hat es von der Highschool in die USProfiliga NWSL zu Washington Spirit geschafft und ist gleich in ihrer ersten Saison «Rookie of the Year» geworden. Im vergangenen Jahr hat sie ihren Vertrag verlängert und ist zur höchstbezahlten Spielerin in der Geschichte der NWSL geworden. Nun, in ihrer dritten Saison, versuchte sie, auch bei der WM 2023 durchzustarten, doch nach durchwachsenen Mannschaftsleistungen war im Achtelfinale Schluss. In diesen Tagen lasten auf Rodman überbordende Erwartungen, sobald sie das Spielfeld betritt. Denn ihre Physis und ihr Tempo sind herausragend, aber ebenso ihre Zähigkeit, ihre Kreativität und die Spielfreude, die sie auf den Platz bringt. «Ich denke, meine Persönlichkeit zeigt sich in der Art, wie ich spiele», sagt sie. «Ich fühle mich sehr frei auf dem Platz.» Trinitys Vater ist Basketball-Legende Dennis Rodman, das ist hinlänglich bekannt. Trinity

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Hohe Ziele Indoor-Training: Trinity Rodman feilt unermüdlich an ihrer Volley-­ Schusstechnik.

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«Auf dem Platz fühle ich mich frei – und wie ich mich fühle, so spiele ich.» THE RED BULLETIN

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Hang out Nach dem Training: Trinity mag es casual – aber mit einem Schuss Glam.

GETTY IMAGES

redet für gewöhnlich aber nicht über die Beziehung zu ihm. Sie konzentriert sich lieber auf jene Menschen, die immer an ihrer Seite waren – ihre Mutter Michelle, ihren Bruder DJ und ihre grosse Schwester Teyana. «Trinity fing mit vier Jahren an, Fussball zu spielen», erinnert sich Michelle. «Sie hatte schon damals diese Entschiedenheit.» Michelle glaubt, dass dieser Wille, auf dem Platz zu gewinnen, auch eine Antwort auf das Chaos ausserhalb gewesen ist. Von wegen Luxusprinzessin Trinity hatte es nicht leicht bei den anderen Mädchen, die annahmen, dass sie als Tochter eines NBA-Stars mindestens in einer Villa zu Hause sei. Die Realität sah anders aus: Michelle war eine alleinerziehende Mutter, die Familie schlitterte von einer bescheidenen Miete in die nächste. Eine Weile lebte die Familie sogar im Motel, und zum Abendessen gab es TiefkühlBurritos aus der Mikrowelle. DJ und Trinity, die nur ein Jahr auseinander sind, waren von klein auf Konkurrenten. Sie behandelten jede kleine sportliche Rangelei wie ein bedeutendes Match. DJ, der heute am College Basketball spielt, sagt: «Ich kenne sonst niemanden mit dieser Wettkampfmentalität.» Trinity half dabei, ihr Jugendteam Southern California Blues zum nationalen Titel zu führen. Mit dreizehn spielte sie für die USJugend­auswahl. Sie schaffte es auch in die U16, U17 und U20. Mit achtzehn stieg sie zur jüngsten Spielerin in der Geschichte der Profiliga auf – und bald auch zur jüngsten Torschützin. In ihrem zweiten Jahr beendete sie die Saison als beste Assistgeberin. «Ehrlich, mein erstes Jahr war bisher mein leichtestes», gibt sie zu. «Niemand wusste, was ich draufhabe. Es gab also so gut wie keinen Druck.» Rodman gelang es auch, zur jüngsten Spiele­rin der Liga zu werden, die es auf zehn Tore und zehn Vorlagen brachte. Aber ihre Leistungen auf dem Feld sind nicht das Einzige, was sie für den Fussball tut. Während der Spiele von Washington Spirit sieht man Horden von Mädchen im Stadion, die ihr offizielles Trikot tragen und ekstatisch aufspringen, sobald ihre Lieblingsspielerin sich dem Strafraum nähert. Diese Mädchen, die später am Spielfeldrand für ein Autogramm oder ein Selfie anstehen, lieben die dynamische Fussballerin – und ebenso die überschwängliche, nahbare Trinity, die Tänze auf TikTok postet oder auf Instagram um Farbvorschläge für ihre Nägel bittet. «Ich will, dass die Leute sehen, dass ich ganz normal bin und nicht nur eine berühmte Fussballerin», sagt sie.

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«Mein erstes Profi-Jahr war absolut easy – weil noch keiner wusste, was ich wirklich draufhabe.»

Keiner kann den Mix ihrer Talente besser beurteilen als Mark Parsons, ihr Trainer beim Nationalteam. Er sagt: «Es kommt selten vor, dass man eine Spielerin mit all ihren Qualitäten findet – und das mit gerade einmal 21 Jahren.» Parsons erklärt, wie schwer es Verteidigerinnen gegen sie haben. «Sie kann links und rechts vorbeiziehen, sie ist beidbeinig im Abschluss, sie beherrscht das Kombinationsspiel. Du musst als Stürmerin immer etwas egoistisch sein, aber sie versteht es auch, gute Chancen für die anderen herauszuspielen.»

Im US-Team Trinity im Dress der Nationalmannschaft – hier in einem Test­ match gegen Irland

Dieser innere Antrieb Auf Trinitys Level haben alle Spielerinnen eine ziemlich professionelle Einstellung, aber Parsons glaubt, dass Rodman noch etwas mehr hat: eine Art inneren Antrieb. «Wenn wir den Ball nicht haben, stürzt sie sich ins Gegenpressing, als ginge es um ihr Leben», sagt er. Und sie zeige nicht nur körperlichen Einsatz. Parsons ist ein Rückflug von einem Spiel im Gedächtnis geblieben, den Trinity damit verbrachte, eine Aufzeichnung des Spiels zu analysieren. Zweimal. Sicher, da sind Linien und Regeln und Vorgaben von Trainern, aber es gehört auch zur Wirklichkeit des Fussballs, dass talentierte

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«Kreativität kannst du nicht üben, sie passiert. Das Spiel beginnt – und die Beine werden selbständig.»

… und Action! Trinity brennt für ihren Sport – mit Ball am Fuss ist sie kaum zu stoppen.

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Spielerinnen und Spieler grenzenlose Möglichkeiten zur Improvisation und zum individuellen Ausdruck haben. Diese Freiheit – eine der schönsten Seiten des Fussballs! Wahrscheinlich überrascht es nicht, dass Rodman auch eine künstlerische Ader hat und gerne zeichnet, wenn sie Zeit findet. Sie sagt, dass sie so ziemlich jeden Zeichenkurs besucht habe, den sie belegen konnte, und auf Reisen stets einen Block dabeihabe. «Ich liebe

es, Skizzen mit dem Bleistift zu machen», sagt sie. «Ich zeichne, was immer mir gerade einfällt – Tiere, abstrakte Figuren oder Porträts von Menschen. Sie müssen nicht perfekt werden. Ich mache das einfach zum Spass.» Flugbahnen und magische Tunnel Auch in ihrer Art, Fussball zu spielen, gibt es dieses Künstlerische. Sie kann diese kreativen Momente beschwören, die aus gewöhnlichen Situationen etwas Magisches machen. Es gibt ein YouTube-Video mit dem sperrigen Titel «Trinity Rodman Soccer Highlights That Will Blow Your Mind!», das solche Momente zeigt. Sie erläuft Bälle, die kaum erreichbar sind. Sie tunnelt Verteidigerinnen. Und am häufigsten: Sie flankt so platziert, als hätte sie die möglichen Flugbahnen schon intuitiv erfasst, bevor der Ball überhaupt zu ihr kommt. «So was kann ich nicht üben», sagt sie auf die Frage, woher ihre Kreativität auf dem Platz kommt. «Das passiert einfach. Wenn das Spiel anfängt, werden meine Beine selbständig.» Klar, Rodman gehörte bei der Frauen­ fussball-­WM im Sommer 2023 zum Kader der USA. Und die meisten Experten glauben, dass sie das Zeug hat, auch langfristig zum Team zu gehören. Doch noch ist die Challenge neu

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und ungewohnt. «Das Niveau ist enorm hoch», sagt sie. «Das ist eine neue Umgebung für mich, und ich muss sie erst verstehen, Beziehungen aufbauen und lernen, wie die anderen auf dem Platz denken.» Kennengelernt hat sie schon die Intensität, mit der das Team trainiert. Lockere Trainings­ spiele gibt es nicht. «Das ist ja auch der Punkt», fährt Rodman fort. «Es ist die Nationalmann­ schaft, und wir sind nicht dabei, um Freundin­ nen zu werden. Wir versuchen, uns gegenseitig zu pushen, und arbeiten im Zweikampf noch härter als gegen die echten Gegnerinnen.» Mark Parsons, ihr ehemaliger Trainer, sagt, dass Rodman in dieser Hinsicht gewachsen ist. «Sie hat sich im vergangenen Jahr noch ihre Auszeiten auf dem Platz genommen. Einmal war sie die beste Spielerin der Mannschaft, dann ist sie wieder abgetaucht. Dieses Jahr ist sie viel konstanter.» Meditation? Lieber ein Tänzchen! Aber die eigene Leistung ernst zu nehmen be­ deutet nicht, den Spass wegzulassen. Auf In­ sta­gram und speziell TikTok will sie nahbar und fröhlich bleiben. «Man kann mich nicht zum Schweigen bringen», sagt sie und lacht. «Ich werde weiter tanzen und in der Kabine singen.» Das gehört sogar zu ihrer Vorbereitung für grosse Spiele, wo sie eher einen Tanzclip für TikTok aufnimmt, als still zu meditieren. «Ich kenne viele Sportler, die diese Momente mit ihren Kopfhörern verbringen, im Tunnel. Ich brauche Leichtigkeit. Ich spiele am besten, wenn ich nicht zu viel darüber nachdenke. Ich will lieber mit allen in Verbindung sein.» Rodman kann keine simple Antwort auf die Frage geben, wie sie mit Druck umgeht. Sie erwartet viel von sich, nimmt ihre Vor­ bereitung auf jeden Fall sehr ernst – ob im Fitnessraum, während des Trainings oder beim Videostudium. Doch ausserhalb versucht sie, diese Belastung auszublenden. «Die beste Art, mit Druck umzugehen, ist, ihn einfach zu ignorieren», sagt sie. «Ich habe das Gefühl, dass ich aus einem ganz bestimmten Grund hier bin, und Druck von aussen wirkt negativ auf jedes kleine Detail des Spiels.» Viel von sich zu fordern und zugleich alles auszublenden, was mit Erwartungen zu tun hat – wie geht das? Trinity sagt: «Ich glaube, man wird nur anhand von Fehlern besser. Und wenn ich mir Fehler erlaube, hilft das meinem Spiel und meinem seelischen Wohlbefinden.» Rodman hat gelernt, auf ihren Instinkt zu ver­ trauen, schnelle Entscheidungen zu treffen – und es sich auch zu verzeihen, wenn etwas misslingt. Sie sieht sich jedes Spiel noch einmal an und hasst es, wenn sie Sololäufe gestartet hat, obwohl eine Mitspielerin frei war. Aber sie ist gnädig mit sich selbst, wenn sie einen Pass oder einen Laufweg aus einer guten Eingebung heraus gemacht und es nicht geklappt hat. «Beim nächsten Mal macht man es eben besser.»

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«Die beste Art, mit Druck umzugehen? Ich ignoriere ihn ganz einfach.» Trinity Rodman über ihr Spiel mit den grossen Erwartungen

Diese Art der Freiheit ist genau das, was Trinity Rodman am Fussball liebt. «Es ist ein Mannschaftsspiel, aber jede einzelne Spielerin hat im Grunde die Möglichkeit, zu machen, was sie will. Jede Spielerin kann so kreativ sein, wie sie will, kann allein etwas versuchen, kann etwas Aufregendes auf den Platz zaubern.» Das, sagt sie, mache das Ganze ja so interessant. «Für mich ist Fussball nicht bloss ein Sport», sagt Trinity Rodman. Und für die Welt ist Trinity Rodman nicht bloss eine Fussballerin.

Instagram: @trinity_rodman

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HALS ÜBER KOPF

Lilou Ruel ist Weltmeisterin im Freerunning – doch hier treffen wir sie beim Sightseeing. Beim Promenieren über die Dächer von Paris. Wenn sie wirklich trainiert, springt sie daheim vom Haus­dach. Oder sie meditiert: Denn der wichtigste Sprung ihrer Karriere ist der Gedankensprung. TEXT PH CAMY

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FOTOS LITTLE SHAO

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Trick-Künstlerin Lilou Ruel kombi­ niert Freerunning mit Tricking, also Elementen aus der Bodengymnastik.



Metropole als Spielplatz: Auf diesen Bildern experimentiert Lilou mit den Perspektiven. Doch ihr grosses Abenteuer fand in der grauen Vorstadt statt – irgendwo zwischen Angst und Adrenalin.

E Griff nach der Spitze Auf den ersten Blick scheint es, als berühre Freerunnerin Lilou gleich die Basilika Sacré-Cœur am Montmartre.

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s ist einer dieser gesichtslosen Orte in den Ban­ lieues von Paris. Doch für Lilou Ruel, 20, ist es der Ort, der all ihre Träume bündelt. So viel Energie, so viel Hoffnung, so viel Risiko – zwischen dem dreckigen Grau zweier Plattenbauten. Der Absprungpunkt liegt auf der Betonmauer einer Aussentreppe in 16 Meter Höhe, der Landepunkt ein paar Meter tiefer auf einem Flachdach mit Kiesbelag. 4,5 Meter beträgt die Sprungdistanz zwischen den beiden Gebäuden. «Und wenn du stürzt, stirbst du», hält Lilou ganz lapidar fest, die im Parkour (dem schnellstmöglichen Lauf durch eine Umgebung voller Hindernisse) und im Freerunning (einer Abfolge von kreativen Moves, es geht um den Flow, nicht um die Zeit) zu den Weltbesten gehört. Manpower Gap nennt sich diese ikonische Location, und Männer haben sie schon als klassischen Sprung, Salto oder Seitwärtssalto

bewältigt. Aber noch nie eine Frau. «Also habe ich mich schlau gemacht: über den Sprung, die Gefahr, den Beschaffenheit des Bodens bei der Landung, die Entfernungen», sagt Lilou. Zunächst habe sie sich gefragt: «Soll ich mein Leben für einen Sprung riskieren?» Und dann kam der 3. Mai 2022. «Ich bin auf das schmale Mäuerchen beim Absprung geklettert, nicht mehr als zehn Zentimeter breit.» Und dann? Ein Rückzieher? Ein Sprung? «Dann spürst du es – ob du bereit bist, es zu wagen, oder nicht …» Fast genau 19 Jahre zuvor, am 9. Mai 2003, wird Lilou Ruel in der Normandie geboren. Ihr Vater ist Ingenieur, ihre Mutter leitet einen Coworking-Space. Ihr Bruder Tom, heute 22, läuft Marathon und fährt Radrennen. Die Familie wohnt in Plaisance-du-Touch, einer Kleinstadt in der Nähe von Toulouse. 20.000 Einwohner, ein Haus, ein Garten, ein Trampolin – und sofort springt der Funke über. «Ich habe mit sieben Jahren mit dem Trampolinspringen begonnen, erst mit Saltos nach vorne und dann zur Seite.» Und dann hat ihr Nicolas, ihr Nachbar, den Rückwärtssalto beigebracht. Es ist ein Donnerstag, als sie ihn erstmals schafft. Und der Samstag darauf, als sie mit Nicolas erstmals in eine Parkour-Halle geht. Und bleibt. «Ich war neuneinhalb, ich war das einzige Mädchen unter älteren Jungs, aber ich habe mich wie zu Hause gefühlt.» Lilou trainiert nun einmal pro Woche in der Halle, bald schon zweimal. Mit elf Jahren ist sie schon auf ansehnlich hohem Niveau, Nicolas schlägt vor, ein Video zu drehen. «Ich habe Lines gemacht, also Abfolgen von Bewegungen. Nicholas hat das Video auf YouTube hochgeladen – und auf einmal ging die Post ab!» Unter den Leuten, die ihr Video kommentieren und ihr gratulieren,

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Bild mit Anleitung Heft um 90 Grad nach rechts drehen. Unglaublich: Lilou steht quer im Raum.

sind auch Lilous Vorbilder – Freerunner, die sie jeden Tag inspirieren. Dabei sieht sie sich erst einmal gar nicht als neuen Szenestar. «Ich wollte eigentlich Tierärztin werden, zu dieser Zeit konnte noch kaum wer von Parkour leben, und Mädchen schon gar nicht.» Doch da ist diese Leidenschaft, die sich nicht einfach überspringen lässt. Lilou: «Ich beschloss, mehr zu trainieren, und Yassine, mein Coach aus dem Parkour-Club, unterstützte mich. Er hat mir ein Gerüst mit Plattformen und Stangen geliehen, das ich im Garten aufgebaut habe. So habe ich zwei Jahre trainiert.» Manchmal übt sie nur ei­ nige Minuten pro Woche, manchmal stunden­ lang. Lilou ist bald richtig gut und nimmt an lokalen Bewerben teil. 2017 dreht der Fotograf Julien Blanc ein Vi­ deo mit Lilou und schickt es nach Schweden, in der Hoffnung, dass sie zur Air Wipp Challenge eingeladen würde, dem zweitgrössten ParkourWettbewerb der Welt. Und tatsächlich: Lilou darf mit ihren erst 15 Jahren mitmachen. «Ich bin mit meinem Vater los, das war unglaublich. Ich habe dort die grössten Stars gesehen und konnte noch nicht einmal Englisch. Aber sie

«Sechsmal kletterte ich auf die Mauer, sechsmal wieder runter – erst dann liess ich los …» 74

haben mich erkannt, sie kannten sogar meinen Vornamen, und kamen auf mich zu. Mein Va­ ter war furchtbar stolz, es waren ja nur wenige Mädchen am Start. Am Ende wurde ich Dritte.» 2018 wird Lilou erneut nach Schweden ein­ geladen. «Aber beim Training habe ich mich verletzt, ich habe zwar trotzdem versucht mit­ zumachen, musste aber aufgeben», sagt sie. «Danach musste ich fünf Monate lang pausieren, aber dafür war im Privatleben, am Gymnasium und mit meinen Kumpels, alles in Ordnung.» Und dann verletzt sie sich erneut. «Es ging mir trotz allem gut, auch wenn ich von Parkour erst einmal die Nase voll hatte.» Alles geben, wenn’s geht, aber nichts erzwingen, wenn nicht: Das ist die Lebensphilosophie der Lilou Ruel. Und so kommt sie im April 2019 endlich wieder an ihre Sprossen und Trampolins. Lilou ist 16 Jahre alt und hat ein Ziel: Red Bull Art of Motion. Es ist der Contest des Jahres, von dem alle reden. Normalerweise findet er auf der griechischen Insel Santorin statt, dieses Jahr wird er aber in Matera, im Süden Italiens, ausgetragen. «Ich habe davon geträumt, diesen Wettkampf zu gewinnen», erinnert sie sich. «Ich habe unterwegs meinen Koffer verloren, und beim Training hat mir meine Ferse weh­ getan. Ich bin nur Vorletzte geworden. Das war ziemlich hart – aber nicht schlimm.» Die Magie der Kamera 2020 dreht Lilou in Lille einen Werbespot für Mini Cooper. «Mir ist nach und nach klar gewor­den, dass mir Style wichtig ist, genau wie der künstlerische Aspekt. Und vor der Kamera ist es magisch – ich liebe es, im Mittelpunkt zu stehen. Du hast eine Aufgabe, und die Leute er­ warten viel von dir. In solchen Momenten den­ ke ich: Ich bin genau dort, wo ich sein muss.» Und Nicolas, der Nachbar, hat wesentlichen Anteil daran. «Er war meine erste Inspirations­ quelle», sagt Lilou. «Er ist sehr talentiert und hat seinen eigenen Stil, die Lines zu kombi­ nieren. Das hat mich sehr angespornt, meinen eigenen unverwechselbaren Stil zu entwickeln. Denn dafür bin ich bekannt: für meinen Stil. Er ist einzigartig für Mädchen. Ich kombiniere Freerunning und Tricking, also Elemente aus der Bodengymnastik.» Und dann kommen die Lockdowns – alles zu, doch Lilou öffnet sich Neuem. «Das Wet­ ter war schön, ich hatte mein Gerüst im Gar­ ten, das Trampolin, den Pool, meinen Nach­ barn. Ich habe Krafttraining gemacht und jeden Morgen meditiert und visualisiert. Das war paradiesisch», sagt sie. Und: «Das war ein grosser Wendepunkt für mich, ich habe mich für die Botschaften des Universums geöffnet.» Klingt abgehoben, ist aber ein echter VorwärtsMove. «Ich stelle mir vor, wie ich Parkour ma­ che, Krafttraining betreibe, wie ich den Pokal hochhebe und ihn küsse. Du visualisierst, was du erreichen willst, und nach einiger Zeit macht dein Gehirn keinen Unterschied mehr.

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Luft-Kopfstand Der Moment der Senkrechten inmitten eines Saltos – im Hintergrund die Seine in ihrem eigenen Flow



Alles Fassade Lilou Ruel nutzt Paris als grenzenlose Spielwiese, um sich kreativ auszu­drücken.

Wilder Mix Urbaner Chic und Business-Look als Outfit für den etwas anderen Arbeitstag

«Erst fühlte ich mich zufrieden und stolz – doch plötzlich war ich die Königin der Welt.» Es zu ­visualisieren ist, wie es zu erleben.» Jeder Sprung ist zunächst ein Gedankensprung. Mit dem Mentaltraining hatte Lilou im Fe­ bruar 2021 begonnen, als der Coach und Mentaltrainer Alexandre Lacaze sie kontaktierte. «Um bekannter zu werden, hat er nach Sportlern gesucht, denen er helfen kann. Wir haben alle zwei, drei Wochen eine Videokonferenz ab­ gehalten und sind auch dazwischen in Kontakt geblieben. Er gibt dir, je nachdem welche Fort-

schritte du machst, verschiedene Hilfsmittel an die Hand, auch Ernährungstipps. Er hat mich eineinhalb Jahre lang begleitet, bei der Visualisierung und der Meditation. Das hilft mir, mich auf das Positive zu konzentrieren und das Negative ins Positive zu wenden. Das zeigt mir: Wenn du etwas ganz fest willst, tritt es auch ein.» Und wie! Im April 2021 nimmt Lilou am Red Bull Al-Andalus in Spanien teil, einem gemischten Wettbewerb mit Freerunning und Parkour. «Ich habe gewonnen, das war ein absoluter Traum.» Kurz danach schafft Lilou ihr Abitur mit Auszeichnung. Dann kommt Red Bull Art of Motion,­ ausgetragen im Juli 2021 auf zwei Schiffen in Piräus, dem Hafen von Athen. «Ich habe die Auszeichnung für den besten Trick gewonnen und bin insgesamt Zweite geworden. Ich war sehr zufrieden und stolz.» Danach steht für Lilou im September die Weltmeisterschaft im Freerunning und Parkour in Sofia an. «Ich bin Erste im Freerunning geworden und Zweite im Parkour. Ich war plötzlich Weltmeisterin, fühlte mich wie die Königin der Welt – magisch.» Doch da sind noch diese beiden Plattenbauten in den Pariser Banlieues, so plump und banal hingeklotzt wie tausende andere – und doch einzigartig. Denn die 4,5 Meter dazwischen, genannt Manpower Gap, sind der Sprung, der im Freerunning und im Parkour die Welt bedeuten. Lilou trainiert mit ihrem Mental- und Athletikcoach Thomas Lacarriere. Sie arbeitet an ihrer Sprungkraft, am Aufprall, an der Belastbarkeit der Knie, der Knöchel. «Ich sprang im Training vom Dach unseres Hauses, meine Mutter fragt sich, was los ist», sagt Lilou. Und dann der 3. Mai 2022. «Am Morgen visualisierte ich im Bett eine Stunde lang den Sprung – und dann stand ich plötzlich da, auf diesem schmalen Mäuerchen. Ich stieg sechsmal rauf, sechsmal wieder runter. Beim siebten Mal liess ich los und sprang.» Als erste Frau. Richtung Flachdach des gegenüberliegenden Blocks. Lilou Ruel hebt ab, um zu landen. Unversehrt. Glücklich. Als Teil der Sportgeschichte. Instagram: @lillouruel Du willst mehr Freerunning? Reise mit Jason Paul um die Welt auf Red Bull TV

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FIS FREESKI & SNOWBOARD WORLD CUP

LAAX.COM/OPEN LAAX.COM/OPEN


Dein Guide für ein Leben abseits des Alltäglichen REISEN, HÖREN, OPTIMIEREN, KAUFEN – UND ERLEBEN! Bis sich die Tannen biegen: Snowboard-Ass Eero Ettala nimmt uns mit zum Winter-Camping nach Lappland.

JANNE LIPSANEN

UND JETZT DU! THE RED BULLETIN

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REISEN

Eero Ettala, 39, gewann als Freestyle-Snowboarder die X Games und ist Star in zahlreichen Videos und Filmen.

HIGHLIGHT UNTER NULL

dich dort durchzuschlagen, der Sinn für ein kleines biss­ chen Abenteuer reicht. Es gibt auch Hotels, viele Urlauber verbringen ihre Feri­ en dort oben, um auf die Piste zu gehen. Und weil die meis­ ten Leute faul sind, nehmen sie den Lift hinauf und fahren dann die Piste runter – oder, wenn sie im Tiefschnee fahren möchten, den unpräparierten

Einsame Powderhänge und Polarlichter: Snowboarder Eero Ettala campt im Winter von Lappland. Auch bei minus 20 Grad.

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ls der Wind endlich stillsteht und die Sonne drauf und dran ist, ­unterzugehen, gelingt mir der perfekte Run: Ich ­gleite und slide den Hügel ­hinab, springe über Bäume und ­zwischen ihnen hindurch. Die stehen dick mit Schnee behangen da, manche kerzen­ gerade und manche krumm, weil die weisse Last ihre Kro­ ne fast bis zum Boden drückt. Über mir leuchtet der Himmel blau, unter mir staubt feiner Schnee – und rundherum ist Stille. Nur das sanfte Kratzen

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meines Snowboards begleitet mich bergab. Es ist vor allem diese Stille, die mich an Lappland be­ geistert. Ich lebe in Helsinki, und je älter ich werde, desto stärker zieht es mich in die nördlichste Region Finnlands. Weil Lappland gleich nach Wildnis klingt, nach Wölfen und ­Bären – die es dort auch gibt. Dabei ist die Region ei­ gentlich sehr gut erschlossen. Die Strassen sind ausgebaut, es gibt Supermärkte und Ski­ gebiete. Du musst also kein Über­lebenskünstler sein, um

Hang daneben. Doch du musst nur etwas mehr Aufwand be­ treiben, schon l­ andest du in Lappland schnell an ­Orten, an denen vor dir kaum ­jemand gefahren ist. Klar, erst einmal musst du hinkommen. Allein die An­ reise aus Helsinki wird zum Er­lebnis: Durch das hügelige finnische Hinterland geht es gut 14 Stunden nach Norden,

Ready for boarding: Eero vor seinem Wohnmobil Sunlight T 67 S Adventure Edition mit bis zu vier Schlafplätzen.

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LAPPLAND Ylläs Kolari

Ruka

Finnland

EETU LEIKAS, JYRI PAAJAMAA

JOHANNES MITTERER

Bitte abschnallen: Auf dem selbst gebauten Kicker testet Eero in Lappland neue Sprünge.

durch dichte Nadelwälder und vorbei an zahllosen Seen. Erst weit oben im Norden werden die Hügel höher, die Wälder lichter und die Bäume etwas kleiner. Wenn das erste Rentier am Strassenrand auf­ taucht, dann weiss man: Das Ziel ist nah. Wer es bequemer möchte, parkt sein Auto auf dem Nachtzug, legt sich in eine Kabine und kommt gut ausgeschlafen in der Klein­ stadt Kolari an der Grenze zu Schweden an. Natürlich gibt es auch Flughäfen dort oben. Auch das ist klar: Lappland ist ein Land der Extreme. Bis auf minus 20 Grad kann das Thermometer abrutschen. Im Sommer ist es rund um die Uhr hell, während im Winter die Sonne auch nur drei, vier, vielleicht sechs Stunden am Tag scheint. ­Allein deswegen würde ich ­immer mit dem Wohnmobil fahren. So kannst du direkt ranfahren an den Hügel, den du dir ausgesucht hast – und

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deine Zeit ideal nutzen. Einer meiner Lieblingsspots ist ­Ylläs, wo mir mein perfekter Run gelungen ist. Dort haben wir an einem Aussichtspunkt zwischen zwei Skigebieten ­gecampt. Von da sind wir zu Fuss los, das Board unter dem Arm durch den Schnee den Hügel hinauf. Ylläs liegt weit oben im Norden, deswegen stehen die Bäume nicht ganz so dicht. Du kannst freier drauflosfahren, gleichzeitig ist der Hang dadurch anfälli­ ger für Wind, und mühsam aufgeschaufelte Sprünge sind oft bald wieder planiert. Vier Tage haben wir gebraucht, um meinen Run anzulegen! An meinem zweiten Lieb­ lingsspot gilt genau das ­Gegenteil: Das Naturschutz­ gebiet Valtavaara liegt etwas weiter südlich nahe der Ort­ schaft Ruka. Gegenüber ­einem Skigebiet befindet sich ein Hügel, der dichter mit Bäumen besetzt ist. Man muss also mehr aufpassen beim Fahren, dafür wird der Schnee nicht so stark verweht. Auch hier parken wir den Camper direkt am Berg und stapfen zu Fuss los. Keine Sorge: Spätestens am zweiten Tag hast du dir ­einen schönen Weg zurecht­ getreten. Der Aufstieg ist nicht schwierig, und auch die Abfahrt durch den Wald geht sehr milde los, wird dann aber schnell steil und dauert nicht sehr lange. So kannst du in ­einer Session mehrere Runden fahren. Das Wohn­ mobil in der Nähe ermöglicht es uns, das meiste aus den kurzen Tagen herauszuholen. Wenn du dann mit steif ge­

Helsinki

HINKOMMEN ­ elsinki erreichst du von H Mitteleuropa aus per ­Flugzeug – oder per Fähre von Lübeck-Travemünde. Von dort sind es noch rund 1000 Kilometer bis Lappland. Dorthin kommst du per Inlandsflug oder mit dem Auto. Alternativ fährt ein Nachtzug inklu­ sive ­Autotransport.

EEROS TIPPS Hol dir Einheiz-Gadgets! Klar: Es kann kalt werden in Lappland. Warme Klei­ dung ist sowieso wichtig, aber auch Gadgets wie Handwärmer können die Ausflüge um einiges an­genehmer machen. Biete der Nacht die Stirn! Klingt logisch, wird aber beim Packen oft verges­ sen: Im Dunkeln abseits der Piste nur mit Stirn­ lampe fahren! Auch nütz­ lich beim Beinevertreten nach dem Abendessen. Setz alles aufs Spiel! In Lappland wird es schon am Nachmittag dunkel. Damit im Camper nicht alle ständig am Handy hängen, müssen unbe­ dingt ein paar Brettspiele in den Koffer.

Bunter Abend: Nach langen Snowboard-Touren entspannt Eero im Wohnmobil am liebsten bei Brettspielen.

frorenen Fingern vom Snow­ boarden zurückkommst, hast du dort gleich ein war­ mes Nest. Kein Après-Ski, ­keine Party, nur du und deine Kumpels, ein warmes Essen – und dann fallen ohnedies bald alle müde vom Schaufeln in ihre Kojen. Gibt es etwas Besseres? Ja! Denn wenn du dann in e­ iner klaren, kalten Nacht den Kopf aus dem Fens­ ter streckst, siehst du am Him­ mel die P ­ olarlichter leuchten. Und weisst, es ist kein Traum.

Camper für alle: Möglichkeiten, ein Wohnmobil auszuleihen, gibt es sowohl in Helsinki als auch in Lappland – etwa bei mcrent.fi

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HÖREN

ZWISCHEN FEUER UND TRÄNEN Hier verrät Popstar Rita Ora, für wen sie brennt, was sie wirklich berührt – und wozu sie ganz privat abtanzt.

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Tina Turner

Bruce Springsteen

Eric Clapton

Abba

«Ich liebe Tina Turner für alles, was sie getan hat, vor allem für ihren Kampfgeist und Fleiss. Ihre Arbeitsmoral inspiriert mich sehr. Natürlich ist ihre Stimme legendär. Und ich liebe ihren Rock-’n’-Roll-Ansatz in der Musik, ihren Sinn für Mode, ihre Performance und natürlich ikonische Songs wie ‹The Best›. Ausserdem haben wir am gleichen Tag Geburtstag, was ich sehr cool finde.»

«‹I’m on Fire› – aus dem Bestseller-Album ‹Born in the USA› der Musikikone – ist ein so ­zartes Lied. Bruce ist ein Rock­ star, aber hier bietet er einen so entspannten, schönen Gesang. Es ist nicht kompliziert, es ist ein sehr einfacher Song – und verströmt dadurch so etwas Pures. Bruce war einer der Gründe, warum ich einen Stift in die Hand nahm und zu schreiben begann.»

«Ein alter Hit, aber immer noch gut. Eric Clapton ist einer meiner Lieblingsgitarristen, und ich mochte die Band Cream, sein Rock-Trio Ende der 60erJahre, als ich aufwuchs. Mein Vater hatte einen tollen Musikgeschmack, und das Lied lief ständig bei uns zu Hause. Es ist ein wirklich trauriger Song über sein Kind, das tragischerweise verstarb, und es berührt mich jedes Mal aufs Neue.»

«Das ist ein Klassiker, und das aus gutem Grund: Der Song ist einfach perfekt, ein Lied, das jeder Popstar gerne geschrieben hätte, weil es einen so mitreissenden Refrain hat, aber gleichzeitig auch das Herz berührt – und es hat eine wirklich unglaubliche Akkordfolge. Wenn es läuft, fühlst du dich, als wärst du auf der Tanzfläche eine Königin. Ich spiele es ­immer auf meinen Partys.»

THE BEST (1989)

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I’M ON FIRE (1984)

TEARS IN HEAVEN (1992)

DANCING QUEEN (1976)

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MARCEL ANDERS

«You & I» heisst Rita Oras aktuelles Album. Mehr Infos, Tonträger und Videos: ritaora.com

BMG

Der QR-Code bringt dich zur Podcast-Playlist von und mit Rita Ora auf Spotify.

ls Teenager entdeckte Rita Ora ihre Liebe zur Musik, als sie im Londoner Pub ihres Vaters bei Open Mics auftrat. Heute ist sie – die Tochter albanischer ­Eltern, die in den Neunzigerjahren vor dem ­Kosovo-Konflikt flohen – mit mehr als zehn Milliarden Streams und vier Nummer-einsHits eine der erfolgreichsten Künst­lerinnen Grossbritanniens. Sie spielte in der «Fifty Shades of Grey»-Reihe mit, brachte ­einen ­eigenen Tequila auf den Markt und gründete ein nachhaltiges Activewear-Label. Inzwischen kehrte Rita Ora mit ihrem dritten Album, «You & I», zu ihrer ersten Liebe zurück: der Musik. Für uns hat die 33-Jährige vier Songs ausgewählt, die sie nachhaltig ­inspirierten – und so zum Soundtrack ihrer Karriere wurden.



BIOHACKING

Wellness fürs Oberstübchen: einfach mal nichts tun – bis aus Selbst­ zufriedenheit Langeweile wird

HIRN IN DIE HÄNGEMATTE!

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DETOX FÜR DEN DENKMUSKEL

Langeweile ist in Zeiten von Social Media viel schwerer zu erreichen als früher. Deswegen ist es eine schlaue Idee, die Erholungsphasen mit Medienfasten zu kom­ binieren. So besteht die Chance, dass wir nach wenigen Tagen wieder voller Tatendrang stecken und uns nicht durch dauernde Ab­ lenkung die verdiente Pause für unseren Ge­ hirnmuskel vermurksen.

Die Biohacking-Praxis ist der PerformanceLifestyle-Podcast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören.

BRATISLAV MILENKOVIĆ

N

eulich habe ich auf YouTube ein Video gesehen: Ein Business-Coach erklärt darin, dass er sich nie mit etwas zufriedengeben will und auch seine Follower dem Prinzip der ­Unzufriedenheit folgen sollten. Ich halte diesen ­Ansatz für grundverkehrt. Unser Berufsleben folgt einem strikten Rhythmus: Wir stecken uns Ziele, definieren Projekte, unterwegs lauern Deadlines, Meilensteine. Wir schuften, stolpern, nehmen Hürden, und letzten Endes haben wir es dann doch hingekriegt. Eigentlich sollten wir also zufrieden sein. Glaubt man unserem Business-Influencer, müssten wir uns sofort auf das nächste,­ möglichst noch grössere Projekt stürzen. Dafür spricht, dass wir gerade eine Lawine

Andreas Breitfeld ist Deutschlands be­ kanntester Biohacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. Biohacking umfasst, vereinfacht gesagt, alles, was Men­schen eigenver­ antwortlich tun können, um Gesundheit, Le­bens­ qualität und Lang­lebig­ keit zu verbessern.

ANDREAS BREITFELD

an Dopamin ausgeschüttet haben, dem wirkmächtigen Leistungs- und Motivationshormon, und das sollten wir nutzen. Aber: Wenn wir den Dopaminkreislauf überhitzen, brennt er aus. Und das kann sehr böse enden. Ich empfehle also, nach jedem Erfolg innezuhalten. Wir sollen und dürfen das Dopamin-Hoch geniessen und es gern auf ganz natürliche Weise abbauen: indem wir nach einem Erfolg einfach mal nichts machen! Am besten so lange, bis aus Selbstzufrieden­ heit Langeweile wird. Was das sicherste Zeichen dafür ist, dass wir alle Anstrengung verarbeitet haben. Das Prinzip dahinter heisst Homöostase und gilt für Muskeltraining ebenso wie für mentale Arbeit. Ignorieren wir dieses Lebensprinzip, kommt es zum Übertraining, das tatsächlich das Gegenteil dessen bewirkt, was wir erreichen wollen: Wir bauen Leistungsfähigkeit ab. Und unser Dopamin ­galoppiert sinnlos ins Leere.

PRIVAT

Nach grossen Erfolgen solltest du deine kleinen grauen Zellen gezielt langweilen, rät Profi-Biohacker Andreas Breitfeld: «Denn sonst spielt das Dopamin verrückt.»

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GAMING

schneller geladen wurden, wenn sie auf bestimmte andere Frames folgten. Yarwood: «Combos sind heute eines der bestimmenden Merkmale von Kampfspielen. Heute ist es ein Gimmick, wenn es keine ­Combos gibt.»

Gaming-Geschichte: wie Fehler im System zu Top-Features wurden.

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ls das Adventure-Game «The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» im Mai für die Nintendo Switch herauskam, ­jubelten die Kritiker. Besonders ein Feature galt als Sensation: die Hochsprungfähigkeit (englisch ascend), dank welcher Spieler Decken durchdringen können, um neue Ebenen zu erkunden. Nur: Eigentlich war nie geplant, dass es dieses Feature im Spiel wirklich gibt. Fünf Jahre lang entwickelten die Programmierer «Tears of the Kingdom» im DebugModus (also im Modus systematischer Fehlerbeseitigung). Aufgrund ihrer Decken-Cheats («Cheats» sind Möglichkeiten, den Spielverlauf unerwartet zu beeinflussen; Anm.) konnten sie sich in Tests rasant durch die Welten bewegen; und ­davon waren sie so entzückt,

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dass sie letztendlich auch die Spieler daran teilhaben liessen. «Es ist meine Lieblings­ fähigkeit im ganzen Spiel», sagt Jack Yarwood, der für das Webportal «Time Extension» schreibt, wo klassische Spiele und Retrovideospiele besprochen werden. In der Gaming-Geschichte gibt es zahlreiche Evolutions­ sprünge wie diesen, die ursprünglich nur Provisorien oder unbeabsichtigte Macken waren. Hier fasst Yarwood drei wesentliche zusammen. Die Kraft der Combos Combos sind Abfolgen von ­Angriffen und ein Feature moderner Kampfspiele – ihren Ursprung haben sie aber in einem Designfehler. Als 1991 «Street Fighter II» herauskam, entdeckten Spieler, dass die Frames mancher Bewegungen

Herr der Spiele. Autor Jack Yarwood aus England schreibt regelmässig für «Time Extension», ein Fachportal für Retrogames.

Der Auto-Angriff Die Rennspielserie «Need for Speed», die bekannt für Verfolgungsjagden mit der Polizei ist, verdanken wir einem Programmierfehler. «Während des Programmierens von ‹Need for Speed II› im Jahr 1997 wurde der GameLamborghini eines Entwicklers von anderen Autos attackiert», schildert Yarwood, «der Techniker hatte die falschen Aggressionsparameter festgelegt.» Daraus wurde ein Cheat. In «Need for Speed III: Hot Pursuit» wurde es sogar zu einem zentralen Element – in Form von Polizeiautos, die einen unbarmherzig jagen. «The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom». Jetzt für Nintendo Switch: nintendo.com

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TOM GUISE

FAILS MIT KULT-STATUS

Achtung, Rückstoss! Feuert man im echten Leben mit Raketenwerfern Richtung Boden, ist das die garan­tierte Selbstzerstörung. In EgoShooter-Games aber be­fördert es einen auf eine höhere ­Ebene. Diese Technik ­(Rocket Jumps) fand erstmals im 1996 erschienenen Spiel «Quake» Beachtung. Dazu Yarwood: «In ‹Doom›, einem V ­ orläufer von ‹Quake›, gab es eine ­Situation, in der man gegen eine Wand schiessen musste, um durch den Rückstoss in ­einen geheimen Ausgang katapultiert zu werden. Es gibt Diskussionen darüber, ob das zunächst ein irrtümliches Feature war oder beabsichtigt.»

NINTENDO

Hoch geht es: Im Game «The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» sind Spieler in der Lage, ­Decken zu durchdringen.


Natürlich miteinander.

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Natürlich erfrischend.


UHREN

NIMM DIR DIE ZEIT Sportuhren, Smartwatches Taucherchronographen – so tickt der Uhren-Winter.

TITAN MIT TIEFGANG Tudor Pelagos FXD Modern und widerstandsfähig zeigt sich diese Neuinterpretation der berühmten «Milsub» (Military Submariner) – erprobt von Tauchern der U. S. Navy. Das 42-mm-Gehäuse mit fest angebrachten Bandstegen ist aus einem Stück Titan gefräst und so noch robuster. CHF 3900, tudorwatch.com

Sie liebt das Wasser – ein echter Meerwert! 88

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Die Zeiger wandern – und unter ihnen dreht sich die Welt.

HART AM LIMIT Montblanc 1858 Geo­ sphere Chronograph 0 Oxygen The 8000 Das Gehäuse ist frei von Sauerstoff – so entsteht weder Feuchtigkeit noch Oxidation. Das limitierte Modell zeigt zwei sich drehende dreidimensionale Weltkugeln. CHF 9100, montblanc.com

SO GRAU, SO WOW! Alpina Alpiner ­Extreme Chronograph ­Automatic Sportlich und robust präsentiert sich ­dieses Modell im 41-mm-­ Stahlgehäuse, das den Aben­teu­er­geist von ­Alpina verkörpern soll. ­Praktisch: Die gum­mier­ te Krone lässt sich an ­kalten Tagen auch mit Handschuhen greifen. CHF 2995, alpinawatch.com

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ZIEMLICH OFFEN Rado Captain Cook HT Ceramic Skeleton Nichts zu verbergen hat dieser Zeitmesser, der sein Innenleben – ein R808-Uhrwerk – ­entblösst. Bis zu 80 Stunden Gangreserve bietet ­dieses. Roségoldfarbene Elemente und Super-­ LumiNova helfen auch in der dunklen Jahreszeit beim Blick auf die Zeit. CHF 4250, rado.com

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UHREN

Retro! Wir drehen die Zeit zurück. Und bleiben pünktlich.

LEICHTGEWICHT Norqain Wild One Skeleton Die Sportuhr mit ­Skelett-Zifferblatt ­offenbart alle Fein­ heiten ihres Innenlebens und wiegt nur leichte 78 Gramm. Ihre Stossdämpfer aus Kautschuk federn jedes Abenteuer ab. CHF 5250, norqain.com

BLAUES WUNDER

CLOCKWORK ORANGE Certina DS Super PH1000M Inspiriert von dem bekannten Vorgänger aus den 70er-Jahren, l­iefert dieses zeitgemässe ­Modell bis zu 80 Stunden Gang­reserve. Eine auf 1000 Stück limitierte Edition mit leuchtend orangefarbenem Zifferblatt liefert noch einen Wow-Effekt. CHF 970, certina.com

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Bucherer Exclusive Girard-Perregaux ­Laureato Chronograph Das kommt heraus, wenn zwei renommierte Traditionshäuser sich zusammenschliessen. Besonderer Eyecatcher: das Zifferblatt mit Clousde-Paris-Muster und den blauen Hilfs­ziffer­ blättern. CHF 18 200, bucherer.com

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PIONIERGEIST Longines Spirit Flyback Ein neues Kapitel in der Geschichte der Flieger­ uhren von Longines: Das Design erinnert an Uhren, die schon ­Pioniere zu Land, Luft und Wasser trugen. Der transparente Ge­häuse­ boden der COSC-zertifi­ zierten Titanversion gibt den Blick auf das ­Kaliber und seine Schwungmasse frei, auf die eine Weltkugel graviert ist. CHF 4900, longines.com

Entdecke erst diese Uhr – und mit ihr die Welt! THE RED BULLETIN

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UHREN

LICHTMASCHINE Tag Heuer Aquaracer Professional 200 ­Solargraph Ganz gleich, ob Sonnenoder Kunstlicht: Dieser 40-mm-Solargraph lässt sich mit jeder Licht­quelle schnell wieder aufladen. Aus robustem Titan ist diese Uhr eine leichte Be­gleiterin für Abenteurer und ­Entdecker. CHF 3000, tagheuer.com

SPORTFREUND Garmin epix™ Pro Ein guter Partner für die kurzen Tage: Diese schicke MultisportSmartwatch kommt in drei Grössen und mit praktischen Gimmicks: Touchdisplay, ­Trainingsund Gesundheits­ funktionen – und einer LED-Taschenlampe, falls es auf dem Heimweg schon dunkel ist. CHF 1150, garmin.com

UNDER PRESSURE Longines HydroConquest GMT Die HydroConquest von Longines ist ­dafür entwickelt, einen Wasserdruck von 30 bar auszuhalten und somit die Erwartungen der besten Taucher der Welt zu erfüllen. CHF 2500, longines.com

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Die Uhr, die geht, wenn die Sonne aufgeht …

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So elegant und doch robust: ein Stahlbad der Gefühle

DAUERLÄUFER Grand Seiko ­Tentagraph Dieser Tentagraph ist der erste mechanische Chronograph der Marke – und stoppt die Zeit auf die Zehntelsekunde. Dank ausgefeilter neuer Technik läuft die Uhr drei Tage lang durch. CHF 14 300, ­grand-seiko.com

SAND & STAHL Swatch BIG BOLD IRONY Die Kollektion kombiniert BIOCERAMIC und Edelstahl mit trendigen Farben. Das Modell DARK IRONY verfügt über ein übergrosses sandgestrahltes Edelstahlgehäuse, ein offenes Zifferblatt, fluoreszierende Zeiger und ein robustes Armband. CHF 180, swatch.com

DER ÖKO-STAR Oris X Bracenet Jedes Zifferblatt dieser Sonderedition ist ein spannendes Unikat und aus recycelten Geister-Fischernetzen gefertigt, also Netzen, die im Meer treiben. Eine schöne Wertschätzung der ­Unterwasserwelt, die sich mit dieser Uhr bis auf 300 Meter Tiefe erkunden lässt. CHF 2350, oris.com

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ERLEBEN

Diese aufregenden Events solltest du in den kommenden Wochen nicht verpassen.

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BIS 31. DEZEMBER

SPENGLER CUP, DAVOS Vor 100 Jahren wurde die erste Partie des inzwischen legendären Spengler Cup ­ausgetragen. In diesem Jahr ­treten sechs Teams bei dem inter­nationalen Eishockey­ turnier an: der Titelverteidiger HC Ambrì-Piotta (Tessin), der Gastgeber HC Davos, der Rekordchampion Team Canada, Frölunda HC ­(Schweden), HC Dynamo ­Pardubice (Tschechien) und KalPa Kuopio (Finnland). spenglercup.ch

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Valentino Guseli in der Halfpipe beim Laax Open 2023.

JANUAR

THE BEAT FESTIVAL Dieses Highlight der UrbanMusic-Szene geht in die nächste Runde – und lockt tausende Hip-Hop-Fans in die Arena de Genève. Es ist das erste Festival in der Romandie, das sich dem französischspra­ chigen Hip-Hop verschrieben hat. Seit der Gründung 2017 wird es gefeiert, bietet es doch ein umfangreiches musikali­ sches Programm mit nationa­ len und internationalen Acts: in dieser Ausgabe unter anderem mit Booba, Hamza, Werenoi, Favé, Leto und Slimka. thebeatfestival.ch

BIS 21. JANUAR

LAAX OPEN

Wenn Weltrekordhalter Valentino Guseli über die Halfpipe in den Nachthimmel fliegt, SnowboardAss Mia Brookes mit jugendlicher Leichtigkeit die Slopestyle-Park-Elemente meistert, wenn Olympia­­siegerin Mathilde Gremaud und FreeskiSeriensieger Andri Ragettli sich über die Kicker schrauben und dazu tausende Fans begeistert jubeln, selbst ins Tal shredden und gemeinsam mit den Pros bei Livemusik abfeiern – dann ist LaaxOpen-Zeit. 2024 findet der legendäre FIS-Snow­ board-&-Freeski-Weltcup in Laax, Graubünden, von 16. bis 21. Januar statt. laax.com/open

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1

MÄRZ

RED BULL TURN IT UP Die Garage in St. Gallen wird zum Schauplatz eines inter­ aktiven DJ-Wettbewerbs: Turn It Up! Dabei zählt kreative Vielfalt – und eure Meinung. Vier Teams treten in unter­ schiedlichen Genres gegen­ einander an. Das Team mit der meisten Unterstützung seitens des Publikums sichert sich den Sieg und legt an­ schliessend ein individuelles Set für den Rest der Party. Alle Infos auf redbull.com

5

BIS 19. JANUAR

RALLYE DAKAR 2024 Es ist die 46. Ausgabe des Wüstenklassikers. Sie startet am 5. Januar_ im saudi-arabi­ schen ­al-‘Ula und wird am 19. Januar in Yanbu direkt am Roten Meer enden. Mehr dazu findest du in dieser Ausgabe auf den Seiten 44 bis 51 – und das Event zum E ­ rleben auf Red Bull TV. Hier geht es zur Route: dakar.com

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LORENZ RICHARD/RED BULL CONTENT POOL, MARCIN KIN

SPEED UP!


15 DEZEMBER*

JAKOBSHORN NEU!

1

NOVEMBER BIS 31. MÄRZ

HUGO SILVA/RED BULL CONTENT POOL, HANS-MARTIN KUDLINSKI, JAN CADOSCH/RED BULL CONTENT POOL, MICHAEL WÜTHRICH/ENGELBERG.CH

BIG WAVE CHALLENGE

Nur eine Handvoll Frauen und Männer können mit den Monsterwellen vor Portugals Küste. Je nach Witterung und Wellengang wagen die Besten auf dem Brett ihren Ritt. Die TUDOR Nazaré Tow ­Surfing Challenge kannst du auch live mit­verfolgen. Alle Infos findest du hier.

Skifahrer und Snowboarde­ rinnen, aufgepasst! Eine neue Talabfahrt führt im Skigebiet Jakobshorn direkt vom «Usser Isch» ins Zentrum von Davos Platz. Die Pistenführung durch die Wälder erinnert an die amerikanischen Rocky Mountains und verspricht ein abenteuerliches Fahrvergnügen über 1000 Tiefenmeter. Die anspruchsvolle schwarze Piste trägt nicht nur den Namen «Nummer 42», sondern auch «1K Vertical Jakobshorn». *Je nach Schneeverhältnissen wird die Strecke voraussichtlich Mitte Dezember eröffnet. davosklostersmountains.ch

3

FEBRUAR

RED BULL SLEDGENDS Wo sonst Autos über die Flüelapassstrasse kurven, heisst es zum zweiten Mal Bahn frei für SchlittenFans. Von 2383 Metern, dem höchsten Punkt des Passes, 5,65 Kilometer bergab. Starten könnt ihr allein oder im Zweierteam. Es gewinnen nicht die Schnellsten, sondern jene, die der durchschnitt­ lichen Fahrzeit am nächsten kommen. redbull.com

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BIS 14. JANUAR

LAUBERHORNRENNEN

3

DEZEMBER BIS 27. JANUAR

EUROPEAN OUTDOOR FILM TOUR Einen Abend voll Abenteuer, Sport und viel Gefühl – das verspricht die EOFT: neun Filme, 120 Minuten. Ob mit dem Bike quer durch Amerika oder mit ­Motorrädern (und vielen Pannen) durch die T ­ undra. In «Triple Edge» feiern die (Wahl-)Schweizer Michi Wohlleben und Lukas Hinterberger eine ­alpinistische Weltpremiere. Alle Termine: eoft.eu

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Russisprung, Hundschopf, Minschkante, Ziel-S: Die Lauberhorn-Abfahrt hat Kultstatus. So wird das kleine Wengen auch dieses Jahr wieder zum Nabel der Skiwelt, wenn der Skiweltcup hier halt­ macht. Neben der längsten Abfahrt der Welt (4,5 Kilo­ meter) über 1028 Höhen­meter werden vor der Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau auch Super-G und einer der schwierigsten Slaloms ge­ fahren. Die Damen treten in diesen Disziplinen in CransMontana gegeneinander an (16. bis 18. Februar). lauberhorn.ch

15

BIS 17. DEZEMBER

WELTCUP ENGELBERG Die weltbesten Skispringer starten wieder von der GrossTitlis-Schanze. Zudem gibt es eine Premiere: Nicht nur ­Männer werden dieses Jahr auf der grössten Natur-Ski­ sprung­anlage der Schweiz ­stehen – zum ersten Mal findet in der Schweiz ein SkisprungFrauenweltcup-Bewerb statt. weltcup-engelberg.ch

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I M PR ES S U M

The Red Bulletin worldwide

Herausgeber Andreas Kornhofer Chefredakteur Andreas Rottenschlager

THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886

THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838

Chefredakteur DACH David Mayer

Länderredaktion Anna Mayumi Kerber

Textchef David Pesendorfer

Lektorat Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink

Länderredaktion Nina Kaltenböck (Ltg.), Lisa Hechenberger

Executive Creative Director Markus Kietreiber Creative Direction Erik Turek (Ltg.), Kasimir Reimann Art Direction Marion Bernert-Thomann, Miles English, Tara Thompson Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Faustmann-Goll, Carita Najewitz Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann

Aktuell erscheint The Red Bulletin in sechs Ländern. Das ­Cover unserer Kolleginnen und K ­ ollegen aus Deutschland macht Vorfreude auf den Winter: Action-­ Fotografie vom Feinsten und eine grosse Liebes­ erklärung an die Aben­ teuer im Schnee. Mehr Geschichten abseits des Alltäglichen findest du auf: redbulletin.com

Managing Editor Ulrich Corazza Global Content Tom Guise (Ltg.), Lou Boyd Head of Audio Florian Obkircher

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Art Direction Commercial Peter Knehtl (Ltg.), Lisa Jeschko, Martina Maier, Araksya Manukjan, Julia Schinzel, Florian Solly

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Media Sales & Partnerships Marissa Bobkowski, marissa.bobkowski@redbull.com Tanya Foster, tanya.foster@redbull.com Todd Peters, todd.peters@redbull.com Dave Szych, dave.szych@redbull.com

Head of Publishing Operations Sigurd Abele Direct to Consumer Business Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm, Melanie Schmid, Yoldaş Yarar (Abo) Retail & Special Projects Manager Klaus Pleninger Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Nora Kovacs-Horvath Assistant to General Management Sandra Stolzer General Manager Red Bull Media House Publishing Stefan Ebner Verlagsanschrift Am Grünen Prater 3, A-1020 Wien, Telefon: +43 1 90221-0, redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

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Country Project Management Meike Koch

Lektorat siehe entsprechenden Eintrag bei der Schweiz

Country Project Management Natascha Djodat Media Sales & Partnerships siehe entsprechenden Eintrag bei der Schweiz

THE RED BULLETIN Frankreich, ISSN 2225-4722 Länderredaktion Pierre-Henri Camy (Ltg.), Marie-Maxime Dricot Country Coordinator Christine Vitel Country Project Management Marin Heitzler Media Sales & Partnerships Yoann Aubry, yoann.aubry@redbull.com

THE RED BULLETIN Grossbritannien, ISSN 2308-5894 Länderredaktion Ruth McLeod Lektorat Davydd Chong Country Project Management Ollie Stretton Media Sales & Partnerships Mark Bishop, mark.bishop@redbull.com

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Die nächste Ausgabe des Red Bulletin erscheint am 10. März 2024. 98

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