WuWA - Wohnung und Werkraum

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65 64 Mehrfamilienhaus Nr. 7 von Adolf Rading, (umgebaut, heute Studentenwohnheim "Pancernik" der Universität Wrocław), Ansicht von der Straßenseite (Südost), 2014, Foto Natalia und Ernest Dec

Mehrfamilienhaus Nr. 7 von Adolf Rading, ursprünglicher Grundriss eines typischen Wohngeschosses. Zeichnung Jadwiga Urbanik

Gustav Wolf schrieb über die Architektur der WuWA-Musterhäuser und beschäftigte sich dabei mit ihrer formalen Vielfalt und deren Quellen. Er selbst war ein Befürworter einfacher Formen, was er mit seinem Achtfamilienhaus (Nr. 3-6) demonstrierte. In seinen theoretischen Überlegungen nahm er Bezug auf Le Corbusier, wobei seine Realisierungen keineswegs an die Häuser des französischen Architekten erinnern. Wolf versuchte, die Vielfalt der Formen auf ihren bautechnischen Ursprung zurückzuführen. Quaderförmige Ziegel, Lochziegel, rechtwinklige Winkeleisen zwangen aus ökonomischen Gründen dem Gebäude eine bestimmte Formensprache auf. Er vertrat auch die Meinung, je einfacher die Form eines Hauses sei, desto geringer sei die Gefahr, dass sich Witterungsbedingungen negativ auswirkten, und desto einfacher und preiswerter sei die Ausführung. Er sprach sich eindeutig für eine Formgestaltung auf dieser Grundlage aus. Auf der anderen Seite kamen gerade zu jener Zeit neue Technologien auf, die

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Maria STARZEWSKA, op.cit., S. 24. August Endell, Direktor der Breslauer Kunstakademie von 1918 bis 1925, war der Meinung, dass beim Entwerfen eines Gegenstands das Material weniger wichtig als die Form und die Farbe sei, die Konstruktion wiederum sei eine Frage der Technik. Dies war seine Lehrmeinung, die er an der Akademie vertrat – es ist daher gut möglich, dass dort eine Generation von Künstlern und Architekten ausgebildet wurde, die für Farbe besonders sensibilisiert waren.

es möglich machten, verschiedenste freie Formen zu realisieren (z.B. durch Betonguß), und durch die Anwendung von Flachdächern konnte eine neuartige plastischen Differenzierung der Baukörper erreicht werden. Wolf verwies auf die ökonomischen Konsequenzen einer dynamischen Formgestaltung. Er kritisierte die ausgefallene Formensprache einiger Breslauer Realisierungen, weil er der Meinung war, dass darüber das Hauptziel der Ausstellung in Vergessenheit geriet: die Präsentation von Vorschlägen für preiswerte Häuser, die in großen Mengen gebaut werden konnten. Die Farbgebung der Architektur stellt immer auch einen Teilaspekt der Form101 dar. Das Thema

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