WuWA - Wohnung und Werkraum

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Die Ausstellungseröffnung war ein grosses Ereignis für die Stadt. Die Feierlichkeiten fanden in der Jahrhunderthalle statt.

3.6 Der Deutsche Hausfrauen-Bund und die Werkbundausstellungen In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen hatte die Veränderung der Gesellschaftsstruktur ebenfalls großen Einfluß auf die Konzepte für den dringend benötigten Wohnraum. Vor allem veränderte sich die Rolle der Frau, besonders in den Arbeiterfamilien – sie beschränkte sich nicht mehr nur auf die Kinderbetreuung und das Führen des Haushalts. Einerseits waren es die Emanzipationsbestrebungen der Frauen, eine wichtigere Rolle in der Gesellschaft zu spielen, andererseits war es die Notwendigkeit, dass auch Frauen eine Berufstätigkeit ausübten47, die zu einem Mentalitätswandel führten: die traditionelle „deutsche Hausfrau“ entwickelte sich zu einer berufstätigen, sich ihrer gesellschaftlichen Rolle bewussten Frau. Dieser Prozess wurde von progressiv eingestellten Architekten der Zeit aufgegriffen, die ihre Arbeit generell als eine Art Mission sahen, angemessenen Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung zu schaffen. Im Rahmen der WuWA-Ausstellung beteiligten sich Vertreterinnen des Breslauer Hausfrauenbunds an der Planung der Grundrisse und der Innenausstattung der

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Häuser48. Vertreterinnen des Vorstands wurden in die Haupt- und Baukommission der Ausstellung berufen, um ihren Rat in allen Fragen rund um den Haushalt beizusteuern. Der Hausfrauenbund hatte ebenfalls die Werkbund-Ausstellung in Stuttgart bewertet. Viele der dort realisierten Vorschläge wurden als gut beurteilt und fanden große Anerkennung. Daneben formulierte der Bund aber auch eine sogenannte „Negative Wunschkarte“, in der 17 Forderungen aufgelistet waren, die sich auf die Mängel des „Neuen Bauens“ bezogen. Die Aufgabe der Breslauer Architekten bestand darin, diese Richtlinien zu umzusetzen – leider gelang dies nicht in allen Fällen.

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3. Die Ausstellung WuWA und die Mustersiedlung

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Die Erwerbstätigkeit der Frauen erwies sich als notwendig, da viele Männer im Krieg gefallen oder physisch und psychisch verletzt zurückgekommen waren. Frauen mussten sich an der Produktion beteiligen, im Handel, in den Behörden, im Bildungswesen, in Krankenhäusern etc. arbeiten. ”Ausstellungen in Sichtweite. Werkbundausstellung in Breslau 1929”, Stein, Holz, Eisen, Nr. 10, 1928, S. 216; Eleonore COLDEN-JAENICKE: ”Nachklang. Hausfrauliches zur Werkbundsiedlung Breslau 1929”, Ostdeutsche Bauzeitung Breslau, B. 27, Nr. 82, 1929, S. 613, 614. Der Baukommission des Hausfrauenbunds Breslau war ab dem Jahr 1924 tätig.


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