TK: Was wir wissen, stammt aus Erzäh-
TK: In jenen Zeiten rannten ganze Meuten
TK: Soweit wir uns erinnern, gab es immer
lungen. Kurz nach dem Krieg wurden aus
von Kindern mit Federbüschen auf dem
einen Friseur. Früher war hier angeblich
den Räumen die Kupferkessel entfernt,
Kopf und Pfeil und Bogen in der Hand
eine Straßenbahnhaltestelle. Wir erinnern
Wannen eigentlich, unter denen sich eine
zum Stadion von Ślęza Wrocław, zum Zoo
uns aber nicht daran, wie sie aussah.
Feuerstelle befand. Diese Räume wurden
und rund um die Lagerhallen der Trickfilm-
MK: Unsere Mutter hat von einer Milchbar
als Wasch- und Trockenräume genutzt
firma, wo das Pappmodell „Rudy“* stand.
erzählt.
und später zu einer Wohnung umgebaut.
TK: In unserer Erinnerung war das Haus
TK: Am Eingang zum Treppenhaus, an
Der Trockenraum blieb, erst vor drei
wie ein Kindergarten. Es gab viele Kinder
der Hauswand rechts, waren die Original-
Jahren haben wir dort einen Wärmever-
und alle kümmerten sich ein wenig um
Briefkästen in die Mauer eingelassen. Man
teiler eingebaut. Anfänglich mussten die
sie. Wenn ein Kinder Hunger hatte, bekam
fände bestimmt noch Spuren, wenn man
Leute irgendwie zurechtkommen und ihre
es in jeder Wohnung etwas zu essen und
die Mauer genau abklopfen würde.
Wohnungen heizen. Man stellte kleine
zu trinken.
freistehende Öfen mit Kaminen auf, die
MK: Und es gab nur eine Hauseingangs-
GHL: Jemand erzählte, es hätte an der
eigentliche Zentralheizung funktionierte in
tür, ein Erwachsener konnte auf uns
Ecke eine Stelle gegeben, an der wilder
der ersten Zeit nicht. Später wurde sie re-
alle aufpassen. Wenn es regnete, spielte
Wein an der Fassade emporwuchs?
pariert, und es gab auch warmes Wasser.
sich das ganze Leben auf dem Balkon
MK: Ja, der wilde Wein war in einem
Eine Zeit lang betrieben einige Bewohner
ab (so wird der Laubengang von den
steinernen Halbkreis an der Hausecke
verschiedene Gewerbe im Trockenraum,
Bewohnern meist genannt – Anm. GHL).
eingepflanzt.
es gab zum Beispiel eine Seidenspin-
Ich selbst habe auf dem Balkon Fahrrad-
TK: Er hielt sich sehr gut, der Putz und
nerzucht. Im Keller hatte der Nachbar
fahren gelernt. Über dreißig Meter lang,
der Beton waren sehr rau. Das Haus
aus Wohnung Nr. 3, Herr Orlik – ein
überdacht… Wir trugen auch sportliche
war komplett zugewachsen, ähnlich wie
Eisenbahner, Schreiner und handwerklich
Wettbewerbe aus. Als wir später von Indi-
die Jahrhunderthalle. Das hatte seinen
begabter Mensch – seine Werkstatt. Als
anerspielen zu Sport übergingen, spielten
Charme, das Problem war nur, dass alles
Kinder waren wir im ganzen Stadtviertel
wir Fußball. Die Spiele „dritter Stock gegen
mögliche in die Wohnungen gelangte.
unterwegs, das waren andere Zeiten
den Rest der Welt“ oder „unser Haus
Ratten und so weiter.
als heute. Wir führten das Kommando
gegen den Rest der Welt“ fanden auf
MK: Im Eckzimmer der Wohnung im obers-
auf den Spielplätzen in der Umgebung,
dem Fußballplatz in der Nachbarschaft
ten Stockwerk mit der Nummer 19 wohnte
d.h. auf den Trümmerfeldern an der ul.
statt. Es kamen auch Mannschaften vom
unser Großvater–Postler und Naturliebhaber
Chełmońskiego, nicht weit vom Zoo.
Grunwaldzki-Platz oder von Ślęza herüber,
– bis zu seinem Tod 1965. Der wilde Wein
einmal haben wir sogar ein 2:2 Unent-
wuchs bis zu seinem Zimmer hinauf. Einige
schieden erreicht.
Male hatten wir ein Eichhörnchen, verschie-
GHL: Bis wann existierten die Trümmer-
dene Vögel, Dohlen in der Wohnung. Bei
felder? MK: In den sechziger Jahren gab es sie
GHL: Gab es hier schon immer einen
einer Fassadenrenovierung wurde der wilde
mit Sicherheit noch.
Friseur?
Wein entfernt, in den siebziger Jahren.
* Rudy: so wurde ein Panzer in der populären TV-Serie "Czterej Pancerni i Pies" genannt (1966–1970)
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