WuWA - Wohnung und Werkraum

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Sylwester Szkudlarek, Hausverwalter

Grażyna Hryncewicz-Lamber: Bitte erzählen Sie etwas über den allgemeinen Das Laubenganghaus ul. Tramwajowa 2 wirkt auf den ersten Blick wie ein

technischen Zustand des Gebäudes.

typischer bescheidener Bau aus der Regierungszeit von Władysław Gomułka

Sylwester Szkudlarek: Nach dem Krieg

in den 1960er Jahren. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eines der

wurde das Gebäude zu Wohnzwecken

experimentellen Bauwerke der WuWA-Siedlung. Angesichts der Tatsache, dass

freigegeben, obwohl es von seinem Zu-

seine Bewohner in keiner Weise an einen Umzug denken, kann man sagen, dass

stand her dafür noch nicht geeignet war.

das Experiment mehr als gelungen ist.

Im Krieg wurde das Kesselhaus am Stra-

In den Interviews erzählen die Bewohner des Hauses an der ul. Tramwajowa

ßenbahndepot beschädigt, das die Wärme

über ihr Zusammengehörigkeitsgefühl und über eine glückliche Kindheit auf

für die Zentralheizung lieferte. Nach dem

den Laubengängen, wo sie als Kinder Fahrrad fahren lernten und Fußballspiele

Krieg stellten die Bewohner in den Woh-

austrugen. Die Laubengänge werden aus nachvollziehbaren Gründen meist als

nungen kleine Holzöfen auf, wodurch das

Balkone bezeichnet und in den Berichten häufig erwähnt. Alle kennen sich hier,

Gebäude stark in Mitleidenschaft gezogen

es ist wie in einem kleinen Dorf, und es gibt hier noch die funktionierenden

wurde. Während der Kampfhandlungen

nachbarschaftlichen Netzwerke, die sonst heutzutage selten geworden sind.

wurden einige Wohnungen zerstört – von

Das Haus gehört einer Eigentümergemeinschaft, wobei der größere Teil der

Projektilen durchschossen – und an-

Anteile auf Privatpersonen entfällt und ein kleinerer Teil der Gemeinde Wrocław

schließend notdürftig hergerichtet. Direkt

gehört. Nach langen Diskussionen trat die Eigentümergemeinschaft dem

nach dem Krieg gab es so gut wie keine

Förderprogramm der städtischen Denkmalschutzbehörde bei, obwohl ein Teil der

baulichen Sicherheitsvorschriften. Man

Renovierungsarbeiten bereits schon vorher ausgeführt worden war.

installierte also Heizungen, wie es gerade

Über die Geschichte und den technischen Zustand des Gebäudes sprachen

ging. Gasleitungen wurden eingebaut,

wir mit dem Hausverwalter Sylwester Szkudlarek und mit Bewohnern, die wir im

obwohl es im Gebäude keinerlei Lüftungs-

Gebäude trafen: Frau Katarzyna Brycha, Herrn Edward Łyszczarz und Frau Jagoda

vorrichtungen gab. Im Jahr 1929 hatte der

Lotz.

Architekt wohl angenommen, das Öffnen der Fenster würde zur Lüftung des Hauses ausreichen. Heutzutage ist das unzulässig, und die Bewohner stört es sehr, dass es keine Abluftvorrichtung gibt.

WuWA 1929 2014 23


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