Interview
aus dem Staatsbudget. Neben Schulun-
JG: Das ist der Effekt des guten Willens
gen führen wir auch Öffentlichkeitsarbeit
einer ganzen Reihe von verantwortli-
durch, z.B. um Sozialpartner weiterzubil-
chen Personen: vom Direktor unseres
den–allerdings unentgeltlich.
Zentrums über den Gewerbeaufsichts-
Bis Ende 2011 funktionierten wir als
inspektor, die Leiterin des städtischen
staatliche wirtschaftliche Einheit und
Amts für Denkmalschutz bis hin zu Frau
GHL: Vor kurzem haben Sie eine Aus-
deckten unsere Kosten durch erbrachte
Dr. Jadwiga Urbanik – es hat sich eine
stellung über die Weissenhofsiedlung
Dienstleistungen. Die Staatliche Ge-
Gruppe von Leuten zusammengefunden,
gezeigt?
werbeaufsichtsbehörde „bezahlte“ uns
die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Wir
JG: Ja, wir hatten die Ausstellung hier
sozusagen für die Schulungen. Jetzt
möchten das Gebäude in einen ver-
allerdings nur zu Gast, wir waren nicht die
wurde unser organisatorisch-rechtlicher
nünftigen Zustand versetzen. Mit gutem
Organisatoren. Aber wir haben uns sehr
Status geändert, jetzt realisieren wir aus-
Willen lassen sich alle Probleme lösen.
gefreut, dass die Stadt sich dieses Be-
schließlich Aufgaben, die uns der Staat
Wir kennen die Einschränkungen, die
reichs angenommen hat, dass ein Sanie-
zugewiesen hat. Damit haben wir weniger
mit der Restaurierung eines historischen
rungsplan aufgestellt wurde – ein großar-
Möglichkeiten, Personen von außerhalb
Objekts verbunden sind, denn wir sind
tiges Projekt, das ich bereits ein paar Mal
bei uns einzuquartieren. Wären wir ein
in ständigem Kontakt mit den Denkmal-
gesehen habe. Ich bin sehr beeindruckt,
typisches kommerzielles Hotel, wären wir
schutzbehörden. Andererseits weiß auch
was für ein wunderbares Stadtviertel hier
zu 100% ausgelastet…
die Behörde über die heutige Funktion des Objekts Bescheid und berücksichtigt
entstehen kann, wenn es mit der Realisierung klappt. Wir möchten natürlich nicht
GHL: Eben, Sie hätten den Bonus der
unsere Bedürfnisse. Wir haben einen
hinter den anderen zurückstehen, wir sind
hervorragenden Lage, der wunder-
Konsens gefunden - dem Gebäude
ein Teil der WuWA-Ausstellung, nein, wir
schönen Architektur, und Sie könnten
zuliebe.
sind sogar eines der führenden Objekte.
ein außergewöhnliches Wohnerlebnis
Wir möchten ein Teil des Projekts sein
anbieten – eine Übernachtung an einem
GHL: Jetzt haben sie aber ein wunder-
und unser Gebäude präsentieren. Dabei
architekturgeschichtlich wichtigen Ort...
schönes Bild der Zusammenarbeit aller
ist uns daran gelegen, alles eigenständig
JG: Das ist in gewisser Weise schade,
Beteiligten gezeichnet…
zu machen, was wir können – soweit es
aber andererseits müssen wir unsere
JG: Aber so ist es. Es gibt keine Konflikte
unsere finanziellen Mittel erlauben.
Aufgaben erfüllen, denn daran werden wir
und Missverständnisse. Wenn Probleme
gemessen.
auftauchen, setzen wir uns zusammen und finden eine Lösung. Das tägliche Le-
GHL: Ist das Objekt an sich gewinnbringend?
GHL: Mir scheint, als wäre das für das
ben zeigt, dass die Konzeption Scharouns
JG: Wir sind kein privatwirtschaftliches
Gebäude an sich sogar gut. Sie gehen
der aktuellen Funktion des Gebäudes und
Unternehmen. Wir erfüllen die gesetzli-
anders mit dem Objekt um als ein kom-
unseren Erwartungen wunderbar gerecht
chen Aufgaben der Staatlichen Arbeitsauf-
merzieller Eigentümer – mit größerem
wird. Ich denke, das ist für ein historisches
sicht und erhalten zu diesem Zweck Mittel
Respekt.
Gebäude der Idealfall.
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