WuWA - Wohnung und Werkraum

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Laubengänge nicht doch nachträglich mit einer Verglasung geschlossen werden sollten. Polnische Architekten beurteilten dieses Vorhaben skeptisch und beriefen sich dabei auf im deutlich milderen Klima Englands unternommene Versuche145. Viel Aufmerksamkeit wurde den Einfamilienhäusern zuteil, die viele interessante Vorschläge für die Lösung aktueller Probleme zeigten146. Als Vorzug wurde die sehr praktische Ordnung der Räume nach den jeweiligen Lebens- und Wohnfunktionen, die Trennung des „lauten“ Bereichs vom „leisen“, des „Tagesbereichs“ vom „Nachtbereich“ des Hauses angesehen. Andererseits wurde kritisiert, dass … einige an sich sehr begabte Künstler der eingangs geschilderten Versuchung unterlagen und die nüchterne klare Wirtschaftlichkeit, die nun einmal bei Wohnungsbauten den Ausschlag geben muss, vergaßen und der Versuchung des Ausstellungsteufels unterlagen, indem sie Einfamilienhäuser planten, die eine ausgefallene Form haben, und, was noch schlimmer ist, die zu teuer waren147. Ein anderer Kritiker war der Meinung, es sei nur in einigen der Einfamilienhäuser (vor allem in den Häusern von Heinrich Lauterbach und Ludwig Moshamer) und im Gebäude von Adolf Rading gelungen, eine interessante Dynamik der Form zu verwirklichen. Die Reihenhäuser erfreuten sich der besonderen Wertschätzung der Vertreterinnen des Hausfrauen-Bundes, die die Vorteile einer zweigeschossigen Wohnung heraushoben, darunter die Möglichkeit, eine größere Anzahl an Betten aufzustellen, einen separaten Eingang und einen Keller zu haben – Wohnungen, in denen die Treppen gerade und nicht zu lang waren, die ein vom WC abgetrenntes Bad, eingebaute Nischen und zusätzliche Kammern besaßen. Die Einfamilienhäuser von Theo Effenberg (Nr. 26/27), Emil Lange (Nr. 28) und Paul Häusler (Nr. 29/30) wurden lobend erwähnt – sie seien fehlerfrei und von schlichter und ruhiger äußerer Form. Diskutiert wurde lediglich über den Teil des Hauses von Emil Lange, der auf Stützen stand – was zwar zu einer Verringerung der Baukosten führte, jedoch zur Folge hatte, dass in den zwei Zimmern dieses Haustrakts jeweils zwei Wände, die Decke und der Boden Außenflächen waren. Wiederholt wurde betont, die Häuser von Heinrich Lauterbach (Nr. 35), Moritz Hadda (Nr. 36) und Ludwig Moshamer (Nr. 37) seien bemerkenswert – durch die fließende Grundrissgestaltung würden interessante Raumformen entstehen. Eine konträre Meinung über das Einfamilienhaus von Ludwig Moshamer vertrat ein anderer zeitgenössischer Kritiker: … Wenn man, (…) den kleinen Baukörper noch einmal knickt, die beiden Teile gegeneinander verschiebt, den einen hochführt, den anderen tief liegen lässt, so kann diese Lösung jedenfalls in künstlerischer Beziehung nicht berechtigt erscheinen. Das Haus war für jede Knickung zu klein148.

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6. Zeitgenössische Meinungen zu den Bauten der WuWA-Siedlung

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Edgar NORWERTH, op.cit., S. 330. Walter BARANEK, op.cit., S. 357. M. (Ernst MAY?), op.cit., S. 204. O., op.cit., S. 298; Georg MÜNTER, op.cit., S. 448.


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