npoR 2012, Heft 2

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npoR Heft 2/2012 dung gemeinnützigkeitsrechtlicher Steuervergünstigungen in Betracht. [36] Nach § 59 AO werden Steuervergünstigungen, die an die Gemeinnützigkeit anknüpfen, allerdings nur gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Dazu müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass allein auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 I R 244/83, BFH/NV 1989, 479). [37] Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen bei juristischen Person des öffentlichen Rechts auf Ebene des jeweiligen BgA erfüllt sein müssen, da zwar die juristische Person des öffentlichen Rechts das maßgebliche Steuerrechtssubjekt sei, dies aber gemäß § 1 Abs.1 Nr. 6 KStG nur „wegen jeden einzelnen Betriebs“ (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1984 I R 21/81, BFHE 142, 386, BStBl II 1985, 162, dort zu § 4 Abs.1 Nr. 6 KStG a.F., § 5 Abs.1 Nr.9 KStG 1977). Daraus ergebe sich, dass der BgA Gewinnerzielungssubjekt bleibe und daher auch die Voraussetzungen der jeweiligen Vergünstigungsvorschrift erfüllen müsse (vgl. Jachmann/Unger in Beermann, AO/FGO, § 51 AO Tz. 52; so im Ergebnis auch die Finanzverwaltung, vgl. AEAO zu § 51 Nr. 1 und zu § 59 Nr. 2). Ob diese durch den Verweis in § 51 Abs. 1 Satz 2 AO bedingte körperschaftsteuerliche Auslegung der Gemeinnützigkeitsvorschriften der AO zutreffend ist und insbesondere auch auf Steuervergünstigungen im gemeinschaftsrechtlich geprägten Umsatzsteuerrecht übertragbar ist, kann der Senat offen lassen, da im Streitfall weder der BgA Auftragsforschung noch der Kläger als das maßgebliche Steuerrechtssubjekt über eine Satzung im Sinne des § 59 AO verfügten. [38] Auch die Institutsordnung des Y (Bekanntmachung des Ministerpräsidenten vom 00.00.0000, ...) war - unabhängig davon, dass sie nicht nur für den BgA Auftragsforschung, sondern für das gesamte Institut galt - keine Satzung, die den Anforderungen der §§ 59 ff. AO entsprach. Aus ihr ergab sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit (vgl. § 60 Abs. 1 AO), dass das Institut ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der § 52 ff. AO verfolgte. Nach § 1 Abs. 1 der Institutsordnung war das Y eine Forschungseinrichtung, die in besonderem Maße der Förderung des Arbeits- und Wirtschaftlebens diente. Wie und zu wessen Gunsten diese Förderung erfolgen sollte, war in der Institutsordnung aber nicht geregelt. § 2 Abs. 1 der Institutsordnung konkretisierte die von dem Y verfolgten Zwecke nur dahingehend, dass der Forschungsauftrag des Instituts in einem Forschungs- und Entwicklungsplan festgelegt werden sollte, der jährlich von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Instituts zu erstellen war und der Zustimmung des Ministerpräsidenten bedurfte. Dass dabei grundsätzlich auch Forschungsvorhaben berücksichtigt werden durften, die nicht ausschließlich und unmittelbar der Allgemeinheit zu Gute kamen, folgt aus § 3 der Institutsordnung. Danach war es dem Institut ausdrücklich und ohne eine Beschränkung des Umfangs dieser Tätigkeiten erlaubt, aus Drittmitteln finanzierte Forschung zu betreiben sowie Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungsaufträge der Landesregierung durchzuführen. [39] Neben den formalen Voraussetzungen des § 59 AO liegen im Streitfall auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Begünstigung des Klägers nicht vor. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG schließt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes trotz der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke

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aus, soweit der Zweck durch die Erbringung von Leistungen verfolgt wird, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. In einem solchen Fall bleibt die Steuervergünstigung nach § 64 Abs.1 AO nur dann erhalten, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 ff. AO handelt. [40] Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Kläger die in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG vorgesehene Steuerermäßigung nicht in Anspruch nehmen, da die streitigen Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt wurden, der nicht als Zweckbetrieb anzusehen ist. Ob der Kläger bzw. der BgA überhaupt gemeinnützige Zwecke verfolgt haben bzw. verfolgen konnten (vgl. zur Gemeinnützigkeitsfähigkeit des Staates etwa Isensee in Festschrift Dürig, 1990, S. 57 ff.; vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628 und BFH-Beschluss vom 27. April 2005 I R 90/04, BFHE 209, 489, BStBl II 2006, 198), kann daher im vorliegenden Verfahren offen bleiben. [41] Die im Bereich der entgeltlichen Auftragsforschung erbrachten Leistungen sind unstreitig im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt worden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Tätigkeit aber kein Zweckbetrieb im Sinne der AO zu sehen, da der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Auftragsforschung weder die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO noch die der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition des § 65 AO erfüllt. [42] Die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO liegen im Streitfall nicht vor. Nach § 68 Nr. 9 AO sind Zweckbetriebe nur Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. Dies war hier aber nicht der Fall. Dies gilt unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts der BgA oder die juristische Person selbst als Träger des fraglichen Zweckbetriebs anzusehen ist. Im Streitfall haben sich weder der Kläger noch der BgA überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert. [43] Zuwendung im Sinne des § 68 Nr. 9 AO ist ein Mitteltransfer, der der Körperschaft ohne eigene Gegenleistung zufließt. Unter den Begriff der Zuwendung fallen daher unentgeltliche Leistungen wie Spenden, Mitgliedsbeiträge, Projektförderungszahlungen und Zahlungen, durch die eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll. Keine Zuwendungen im Sinne des § 68 Nr. 9 AO sind hingegen Entgelte, die als Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers, der auch die öffentliche Hand sein kann, geleistet werden (BFH-Urteile vom 4. April 2007 I R 76/05, BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631; vom 15. Oktober 1998 V R 51/96, BFH/NV 1999, 833; vom 30. November 1995 V R 29/91, BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189). [44] Im Streitfall haben sich weder der BgA Auftragsforschung noch der Kläger überwiegend aus Zuwendungen im Sinne des § 68 Nr. 9 AO finanziert. Der BgA Auftragsforschung, der nur die steuerpflichtigen Tätigkeiten aus dem Bereich Auftragsforschung umfasst, hat sich in den Streitjahren ausschließlich aus den durch die Auftragsforschung erzielten Einnahmen finanziert. Die öffentlichen Mittel, die dem Y zur Förderung der Grundlagenforschung zur Verfügung gestellt wurden, können insoweit nicht berücksichtigt werden, da die Grundlagenforschung nicht gegen Entgelt ausgeübt wurde und daher nicht dem BgA, sondern dem


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