npoR 2012, Heft 2

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npoR Heft 2/2012 Die historische Gegenposition geht wesentlich auf A. Hueck 9 zurück und hat heute sowohl für die stille Beteiligung an einer Gesellschaft als auch für die Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil einen großen Teil des Schrifttums hinter sich versammeln können.10 Bereits mit der gesellschaftsvertraglichen Begründung entstehe ein „wirkliches Gemeinschaftsverhältnis“,11 so dass der Abschluss des Gesellschaftsvertrags zugleich die geschuldete Leistung bewirke i.S.d. § 518 Abs. 2 BGB. Beide Positionen leiden an derselben Schwäche: Sie haben eine bestimmte Art der Beteiligung vor Augen. Der BGH hat in seinen die weitere Diskussion prägenden Entscheidungen eine „typische“ Beteiligung zugrunde gelegt, das Schrifttum geht von einer „atypischen“, besser: mitgliedschaftlichen Beteiligung aus. Zugleich lässt sich beiden Positionen aber auch derselbe argumentative Kern entnehmen, auf den K. Schmidt schon vor einigen Jahren aufmerksam gemacht hat: Je mitgliedschaftlicher eine Unter- bzw. stille Beteiligung ausgestaltet ist, umso eher kann die gesellschaftsvertragliche Begründung der Beteiligung sogleich als Übertragung einer Rechtsposition angesehen werden.12 Für eine solche Differenzierung hatte sich auch schon das OLG Frankfurt in der Vorinstanz ausgesprochen,13 und der BGH hat dies nun wortgleich übernommen. Jedenfalls für den Fall, dass dem Unterbeteiligten entscheidende mitgliedschaftliche Rechte eingeräumt werden, durch die er entscheidenden Einfluss auf die Innengesellschaft nehmen kann, werde die Unterbeteiligung bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags bewirkt i.S.d. § 518 Abs. 2 BGB und vollzogen i.S.d. § 2301 Abs. 2 BGB. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn sich der Hauptbeteiligte – wie hier – verpflichtet, für außergewöhnliche Gesellschafterentscheidungen die Zustimmung der Unterbeteiligten einzuholen (siehe § 16 Abs. 2 S. 2 des Unseld-Vertrags vom 24. 10. 2001). Im praktischen Regelfall, also bei mitgliedschaftlichen, auf Mitwirkung und Mitunternehmerschaft angelegten Unterbeteiligungen, ist damit davon auszugehen, dass die Beteiligung14 Bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags „bewirkt“ und „vollzogen“ ist i.S. der §§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB. 2. Kritische Replik In der Rückschau liest sich die nunmehr angepasste Sicht auf stille Beteiligungen und Unterbeteiligungen als geradezu folgerichtig. Sicherlich ist es realitätsnäher, anstelle begriffsjuristischer Vermutungen zum „Wesen“ dieser Beteiligungen auf ihre konkrete Ausgestaltung zu schauen und dabei zwischen mitgliedschaftlichen und nicht-mitgliedschaftlichen Beteiligungen zu unterscheiden. Und gleichermaßen kann überzeu-gen, dass bei mitgliedschaftlichen stillen bzw. Unterbeteiligungen der Abschluss des Gesellschaftsvertrags mehr Rechte begründet als bei nicht-mitgliedschaftlichen Beteiligungen. Aber dies heißt nicht, dass es richtig wäre, die Einräumung mitgliedschaftlicher Rechte zwangsläufig auch als „Bewirken“ der versprochenen Leistung i. S.v. § 518 Abs. 2 BGB und als „Vollzug“ des Versprechens i.S.d. § 2301 Abs. 2 BGB anzusehen. a) § 518 Abs. 2 BGB: Heilung des Formmangels bei der gefährlicheren, mitgliedschaftlichen Beteiligung? Dies gilt zunächst für den angenommenen Zusammenhang von Begründung und Bewirkung i.S.d. § 518 Abs. 2 BGB. Für das Schenkungsrecht ergibt sich hieraus das widersinnige Ergebnis, dass die für den Hauptbeteiligten eigentlich einschneidenderen und gefährlicheren Beteiligungen, nämlich die mitgliedschaftlichen Beteiligungen, im Ergebnis formlos geschenkt werden können, während das Versprechen einer nichtmitgliedschaftlichen Beteiligung durch den Gesellschaftsvertrag noch nicht bewirkt wäre. Wenn die notarielle

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Form für Schenkungsversprechen von stillen bzw. Unterbeteiligungen überhaupt einen Sinn haben soll, dann gerade im Zusammenhang mit mitgliedschaftlichen Beteiligungen. Hier kann der bloße Abschluss des Gesellschaftsvertrags schwerlich einen dem Formerfordernis vergleichbaren Schutz vor Übereilung und mangelnder Bedachtheit leisten.15 So richtig die rechtliche Verselbständigung von mitgliedschaftlichen Positionen ist, und so richtig es ist, dass solche mitgliedschaftlichen Positionen zu ihrer Begründung nur der gesellschaftsvertraglichen Einigung bedürfen, so falsch wäre es, diese Begründung zugleich als heilende Bewirkung i.S.d. § 518 Abs. 2 BGB zu sehen. b) § 2301 Abs. 2 BGB: Anwartschaft auf ein bloßes Mitwirkungsrecht entscheidend? Aber auch im Hinblick auf § 2301 Abs. 2 BGB erheben sich Bedenken. Die Betonung mitgliedschaftlicher Positionen für die Frage, wann ein auf den Todesfall gegebenes Versprechen „vollzogen“ ist i.S.d. § 2301 Abs. 2 BGB, führt dazu, dass mitgliedschaftliche stille bzw. Unterbeteiligungen den lebzeitigen, nicht-mitgliedschaftliche den letztwilligen Rechtsgeschäften zugeordnet werden. Aber soll der Umstand, ob mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte vorgesehen sind, wirklich allein darüber entscheiden, ob die Beteiligung noch als lebzeitige Leistung des Erblassers oder schon als Leistung der Erben aus dem Nachlass anzusehen ist? Schließlich geht es im Zusammenhang mit § 2301 Abs. 2 BGB um aufgeschobene Rechtsgeschäfte. Es ist also nicht die Begründung von mitgliedschaftlichen Rechten, sondern bereits die Anwartschaft auf solche Rechte, die darüber entscheiden soll, ob die erbrechtliche Verteilungs- und Haftungsordnung einschlägig ist oder nicht. Der Hauptbeteiligte spürt in beiden Fällen gleich wenig oder gleich viel, der Begünstigte ist gleich weit vom eigentlichen Vermögenserwerb entfernt, und dennoch soll die Anwartschaft auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung lebzeitiges Rechtsgeschäft und die Anwartschaft auf eine nicht-mitgliedschaftliche Beteiligung letztwillige Verfügung sein. Dass der Erblasser alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hat, um dem Beschenkten eine Anwartschaft einzuräumen, wie der BGH betont (Rn. 27), heißt nicht, dass damit auch eine Vermögenslage geschaffen ist, die das Erbrecht

9 Hueck, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 29.10.1952 – II ZR 16/52 (Unentgeltliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen), NJW 1953, 138 f.; ders., Die Übertragung von Geschäftsanteilen, ZHR 83 (1920), 1 ff., 22 ff. 10 Siehe nur Ulmer, MüKo-BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 45 jeweils m.w.N. 11 So Wimmer-Leonhardt, Staudinger-BGB, 2005, § 518 Rn. 41. 12 Siehe K. Schmidt, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen? Nachdenken über eine fünfzig Jahre alte Rechtsprechungstradition, DB 2002, 829 ff. sowie ders., MüKo-HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 Rn. 224 für die Unterbeteiligung und Rn.103 für die stille Gesellschaft. 13 OLG Frankfurt, Urt. v. 13.11.2008 – 1 U 127/07, Rn. 39 = BeckRS 2012, 00533. 14 Der Sprachgebrauch ist verwirrend, denn inzwischen wird man die „atypische“, also mitgliedschaftliche Beteiligung heute als die eigentlich „typischere“ stille Beteiligung ansehen müssen; siehe SchulzeOsterloh, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter!, in: FS Kruse, 2001, S. 377 ff. Im Einzelnen zur „atypischen“ oder besser mitgliedschaftlichen stillen Beteiligung K. Schmidt, MüKo-HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 Rn. 77 ff. 15 Wenn die Formpflicht maßgeblich auf den Schutz vor Übereilung zurückzuführen ist (siehe bereits Mot. II, S. 293), sollte dieser Formzweck auch dann zugrunde gelegt werden, wenn es um das Verständnis des § 518 Abs. 2 BGB geht; in diesem Sinn schon Heldrich, Die Form des Vertrages, AcP 27 n.F. (1941), 89, 99 ff. Eine Leistung ist daher als „bewirkt“ anzusehen, wenn die Bewirkung ähnlich wirkungsvoll vor Unbedachtheit schützt und über die Folgen des Versprechens belehrt wie die notarielle Beurkundung.


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