npoR 2012, Heft 2

Page 20

58

Bley/Wolff | Praxisforum

zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse nicht geändert hätten, zum anderen die überlassenen Wirtschaftsgüter notwendiges Betriebsvermögen des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ seien und daher nicht durch Entnahme „in die Vermögensverwaltung überführt werden, solange ihre enge, auf ihrer betrieblichen Funktion beruhende Bindung an den Krankenhausbetrieb fortbesteht.“ Die Frage, ob hier eine Entnahme vorliegt, richtet sich auch bei gemeinnützigen Steuersubjekten nach den allgemeinen Regeln, soweit nicht durch die Gemeinnützigkeit Ausnahmen vorgesehen sind. Die Frage einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen ist nicht durch Ausnahmevorschriften geregelt, so dass § 4 Abs. 1 S. 2 EStG anzuwenden ist. Hiernach sind Entnahmen sinngemäß alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für betriebsfremde Zwecke entnimmt. Als entnahmefähige Wirtschaftsgüter kommen die überlassenen Räume und das Inventar in Betracht. Voraussetzung jeder Entnahme sind eine Handlung und ein Willensentschluss.14

a) Entnahmehandlung Die Entnahme notwendigen Betriebsvermögens ist nur denkbar, wenn der betriebliche Funktionszusammenhang endgültig gelöst wird, wobei an die Entnahmehandlung erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Der Funktionszusammenhang muss in nach außen unmissverständlich erkennbarer Weise beendet werden.15 Da der Steuerpflichtige den Umfang seiner betrieblichen Tätigkeit und damit des Betriebsvermögens im Rahmen der objektiv möglichen betrieblichen Veranlassung selbst bestimmt, muss der unternehmerische Handlungswille deutlich für Dritte erkennbar nach außen hin dokumentiert werden, weshalb die herrschende Meinung für Entnahmen eindeutige, unbedingte und endgültige Handlungen verlangt.16 Die Vermietung von bisher betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern stellt in diesem Zusammenhang keine Entnahmehandlung dar. Wie bisher werden Räume und Inventar für die Verpflegung von Patienten des Krankenhauses eingesetzt und sichern damit den betrieblichen Ablauf. Selbst eine mögliche Änderung der Betriebsvermögenseigenschaft von vorher notwendigem in jetzt gewillkürtes Betriebsvermögen, weil die Wirtschaftsgüter nicht mehr von der Krankenhausgesellschaft selbst eingesetzt werden, und damit mittelbar durch das erlöste Entgelt den Betrieb fördern, führt nicht zur Entnahme, denn auch gewillkürtes Betriebsvermögen verbleibt im betrieblichen Bereich. Die von Crezelius17 angenommene Unterscheidung – gewillkürtes Betriebsvermögen sei dazu bestimmt, den Betrieb mittelbar z.B. durch Einnahmen in Gestalt von Vermögenserträgen zu fördern – ist hier nicht anwendbar, weil nicht das Mietentgelt den Betrieb fördert, sondern die Lieferung der Küchenerzeugnisse ohne Unterschied zum Betrieb vor Auslagerung, weil die Wirtschaftsgüter nach wie vor für den Betriebsablauf notwendig sind. Dem Krankenhaus geht es nicht um Mittelbeschaffung, sondern um die Verpflegung der Patienten.18

b) Entnahmewille In der Überlassung der Wirtschaftsgüter an die GmbH ist nicht der Wille erkennbar, die Gegenstände künftig nicht mehr betrieblich nutzen zu wollen. Es fehlt mithin auch am Entnahmewillen. Eine Entnahme i.S. des Entstrickungstatbestandes des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG ist nicht gegeben, ebenso wenig eine Entnahme durch andere Rechtsvorgänge.

c) Zwischenergebnis Mangels Entnahme sind die überlassenen Wirtschaftsgüter weiterhin notwendiges Betriebsvermögen; eine Entnahme der zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter aus dem Zweckbetriebsbereich in die Vermögensverwaltung ist nicht erfolgt. Das Mietentgelt ist damit den Einnahmen im Zweckbetrieb zuzuordnen.

npoR Heft 2/2012 II. Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb? c) Umqualifizierung von Einkünften Da die Mieteinkünfte im Zweckbetrieb anfallen, handelt es sich um gewerbliche Einkünfte, die wegen der Besonderheiten bei der Besteuerung gemeinnütziger Unternehmen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerfrei gestellt werden. Ein Rückgriff auf die Betriebsaufspaltung und damit verbunden eine Umqualifizierung von Einkünften ist also nicht erforderlich, da zweifellos gewerbliche Einkünfte vorliegen. Damit ist aber auch kein Raum für das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung, das gerade originär nicht gewerbliche Einkünfte erfassen und der Gewerbesteuer unterwerfen soll. Zwar spricht Gluth19 davon, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung für alle Gewinneinkunftsarten gelten. Er führt allerdings nur die Gewinneinkünfte der Land- und Forstwirtschaft und der selbständigen Arbeit nach den §§ 13 und 18 EStG auf, so dass er offensichtlich die originär gewerblichen Einkünfte gemäß § 15 EStG einer Umqualifizierung nicht für zugänglich hält.20 Wenn also eine Umqualifizierung nicht erfolgt, weil die Einkünfte bereits gewerblich sind, stellt sich die weitere Frage, ob die Betriebsaufspaltung bewirken kann, dass aus originär gewerbesteuerfreien Einkünften aus Zweckbetrieb gewerbesteuerpflichtige aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb werden.

b) Umqualifizierung von Einkünften aus Zweckbetrieb in solche aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb In der Vergangenheit hatte die Rechtsprechung wiederholt betont, dass die Gewebesteuerfreiheit der Betriebsgesellschaft nicht auch dem Besitzunternehmen Gewerbsteuerfreiheit vermitteln kann.21 Mit der Entscheidung des BFH vom 29. 3. 2006 änderte sich diese Auffassung.22 Das Gericht hob hervor, dass allein die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft die an sich (im dortigen Fall) vermögensverwaltende Tätigkeit der Besitzgesellschaft zu einer gewerblichen mache. Insofern müsse dann auch die für das Betriebsunternehmen bestehende Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen übertragen werden.23 In dem zu beurteilenden Sachverhalt betrieb eine Kapitalgesellschaft ein Wohn- und Pflegeheim mit psychatrischer Betreuung, das nach § 3 Nr. 20c GewStG steuerbefreit war. Der Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft verpachtete den Grundbesitz und das Inventar an die Kapitalgesellschaft. Der BFH hielt die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20c GewStG auch für den „Verpachtungsbetrieb“ (Besitzgesellschaft) für anwendbar. Diese Entscheidung lässt erkennen, dass beide Unternehmen weiterhin streng getrennt zu betrachten sind, dass aber dann, wenn wegen bestehender Betriebsaufspaltung die nicht gewerblichen Einkünfte des Besitzunternehmens in gewerbliche umzuqualifizieren sind, das Betriebsunternehmen dem Besitzunternehmen auch die an seiner gewerb14 Musil, Herrmann/Heuer/Raupach-EStG, § 4 Rn. 141, 143. 15 Musil (Fn. 14), § 4 Rn. 142. 16 Heinicke, Schmidt-EStG, 30. Aufl. 2011, § 4 Rn. 316. 17 Crezelius, Kirchhof–EStG, 5. Aufl. 2005, § 4 Rn. 42. 18 Thiel/Eversberg (Fn. 11), S. 193 Nr. 3. 19 Vgl. Fn. 3. 20 So im Ergebnis auch Wacker (Fn. 4), § 15 Rn. 800. 21 BFH, Urt. v. 13.10.1983 – I R 187/79, BStBl. II 1984, 115; BFH, Beschl. v. 30.09.1991 – IV B 21/91, BFH/NV 1992, 333; BFH, Beschl. v. 18.12.1997 – BFH/NV 1998, 743; BFH, Urt. v. 19.03.2002 – VIII R 57/99, BStBl. II 2002, 662. 22 BFH, Urt. v. 29.3.2006 – X R 59/10, BStBl. II 2006, 661. 23 A.a.O. (Fn. 22) unter II. 3. d).


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.