Mitteschön Magazin - Ausgabe 13

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Ausgabe 13,

September 2011

Neues aus Berlin Mitte

WE Are one ! deutsch + English

Hommage an Print Interview mit Mario Lombardo Nachgehorcht: zola Jesus Mittes Monatsheft!



Editorial  3

Mitte ins herz Trotz Berliner Musik-Week und Kunst-Herbst: Bei uns dreht sich in dieser Ausgabe alles um das Thema Print. Denn vor genau einem Jahr haben wir ihn gewagt, den Sprung vom Mitteschön-Blog zum Magazin. Doch was ist eigentlich das Besondere an Magazinen? Und warum können wir uns von unseren alten Fanzines so schlecht trennen? Darüber haben wir mit Mario Lombardo gesprochen, dem besten Grafikdesigner Berlins, von dem übrigens im letzten Jahr ein Buch im Gestalten Verlag erschienen ist, den wir in diesem Heft ebenfalls vorstellen. Des Weiteren machen wir einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit und präsentieren euch die schönsten und skurrilsten Zeitschriften Berlins, lassen uns von dem Berliner Designerinnen-Duo Issever Bahri ihre Lieblingsplätze zeigen, und stellen euch in der Wir-Mitte-Mutti-Kolumne Kinderzeitschriften vor, die definitiv besser sind als das Lillifee-Magazin. Auch für die Musik-Liebhaber haben wir etwas in dieser Ausgabe, ein Interview mit der Sängerin Zola Jesus. Zudem gibt es natürlich jede Menge Tipps und Termine für diesen Monat. Viel Spaß beim Lesen und Happy Birtday, Mitteschön! Eure MitteSchön-Redaktion

ANNE KAMMERZELT Anne stammt eigentlich aus dem Ruhrgebiet und ist nach Zwischenstopps in Montréal und Trier vor sechs Jahren in Berlin angekommen. Dass sie ursprünglich mal Geographie studiert hat, merkt sie nur noch bei wochenendlichen Ausflügen ins Gelände und an ihrem großen Traum, einmal mit der Transsib von Moskau durch die Mongolei nach Beijing zu fahren. Als Mitbegründerin und Projektleiterin von Mitteschön behält sie den Überblick und frönt in der neuen Rubrik Angehört und Nachgehorcht ihrer Leidenschaft Musik.

jan winkelmann Jan Winkelmann ist der Kopf hinter EYEOUT. Der gebürtige Mannheimer lebt nach Stationen in Amsterdam, München und Leipzig seit 2003 im Herzen von Mitte. Nach einigen Jahren als Galerist hat er im letzten Jahr den mobilen Kunstführer EYEOUT erdacht, der bisher für die Städte Berlin, Zürich und das Rheinland erhältlich ist. Daneben konzipiert EYEOUT mobile media Apps im Kunst, Fashion- und Veranstaltungsbereich.

Dörte lange Ihre Heimat ist das Meer und der hohe Norden, doch ihr Wahlhafen ist seit 1999 Berlin. Hier hat sie inzwischen nicht nur einen Koffer und hierhin ist sie trotz zahlreicher Abstecher nach London, Lissabon und Bristol bislang immer wieder zurückgekehrt. Dörte ist für die Artdirection, das Design und die Modestrecken von Mitteschön verantwortlich. Sie ist ein Foto-Freak, liebt Newton, Mapplethorpe, Deborah Turbeville und Tim Walker und möchte irgendwann einmal alle Stücke von Pina Bausch live gesehen haben. www.dortelange.de, www.mariabraunproductions.wordpress.com


4   Impressum

Mitteschön no  13

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Moritz Weber (moritz@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Katharina Geißler, Björn Lüdtke, Oliver Janik, André Uhl, Jan Winkelmann, Pelén Boramir, Anne Kammerzelt, Tina Fraas, Martin Steinmetz Fotografen

Tina Linster, Johanna Ruebel ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Kimberly Bradley Anzeigenvermarktung

media@mitteschoen.com WEBSeITE

www.mitteschoen.com Druck

Henke Pressedruck

Coverfoto:

Derya von „Issever Bahri“, fotografiert und gestaltet von Johanna Ruebel.


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: Happy birthday!

8

Konzerte und Ausstellungen Concerts and Exhibitions

10

Mitteschön Lieblingsstücke

30

Kochtipps vom Kochhaus

37

Gimme five: ausgefallene magazine

40

Englische Übersetzungen English Translations

45

Mitteschön Online und Verlosung

47

Stadtplan City Map

kieztalk 12

Glückstag mit Issever Bahri

17

Neu in der Stadt: Gestalten Space New in Town: Gestalten Space

26

interview: Mario Lombardo Interview: Mario Lombardo

31

Wir Mitte-Muttis: lesen Kinderzeitschriften We Mitte Mums: read Kids Magazines

37

Berliner Gesichter: jessica reitz, do you read me ?! Berlin Faces: Jesica Reitz, Do you read me?!

46

Kolumne: Missstände und andere belanglosigkeiten

Kulturgut 18

Berliner Printen Print in Berlin

21

„Digital Sucks”: Interview mit Trevor Wilson

23

Illustrator des Monats: Bureau mario lombardo

32

Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

34

Angehört und nachgehorcht: zola jesus


happy Birthday!: ...werden wir älter – oder die anderen immer jünger? Beides. Das Mitteschön Magazin feiert – seit einem Jahren schon surren die Druckerpressen fleißig – das Älter-

werden, die schönen Dinge, die man dann tun, mit denen man aber, offensichtlich, nicht früh genug anfangen kann. Bei den „Verliebten“ auf dem Foto handelt es sich, wie sich schnell herr-


ausstellte, übrigens um Geschwister – die Harmonie war von sehr, sehr kurzer Dauer... Im Gegensatz dazu ist Papier nicht nur geduldig sondern vor allem eins: haltbar. Also, auf den Print, denn der

ist außerdem Thema dieser Geburtstagsausgabe! Tina Linster fängt für „MitteSchön“ Berlin-Momente ein


8   Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 40

Foto: Beda Mulzer

Chicks on Speed

Foto: Torsten Elger

Monsterkabinett Dauerausstellung Eintritt: 8 € Do 18 – 22 Uhr, Fr und Sa 16 – 22 Uhr Zwischen den Hackeschen- und den Rosenhöfen liegt das Haus mit der Nummer 39. Ein schmaler Durchgang mit rissigen Wänden und Street Art-Bildern führt zu den kleinen Höfen, in denen sich ein lebendiger Ort mit einer internationalen kreativen Subkultur entwickelt hat. Neben einer Galerie, einem Kino und einer Bar beherbergt das Haus Schwarzenberg e.V. eine skurrile Dauerausstellung: Das Monsterkabinett. Bereits im Hof wird man von dem geflügelten und mit den Augen rollenden Bloch in Empfang genommen. Über eine steile Treppe geht es hinab in den düsteren Untergrund. Dort trifft man auf unheimliche, aber auch liebens- und bemitleidenswerte Monster, die in ihren Biotopen singen, tanzen und dichten. Im Spiegelsaal wird dem Besucher buchstäblich der Spiegel vor Augen gehalten: die Reise durch die surreale Welt der Kreatur stellt letztendlich eine Reise in unser innerstes Selbst dar. Schöpfer des Monsterkabinetts ist Hannes Heiner, welcher dem 1987 in Berlin gegründeten Projekt Dead Chickens angehört. Die Maschinenmonster wurden ursprünglich für die performativen Konzerte der Künstlergruppe konzipiert, bei denen Musik und Maschinenkunst miteinander verschmolzen. Das Monsterkabinett

Foto: Jeff Petry

Brasstronaut Indie Folk Rock Jazz Eintritt frei 20. September, Einlass 19 Uhr, Beginn 19.45 Uhr Indie, Gitarren-Pop, Electronica, Klezmer, Jazz, Piano. Kaum zu glauben, aber Brasstronaut bringen das alles unter einen Hut. Mit ihrer experimentellen Kombination aus Gesang, Klavier, Trompete, Saxophon, Klarinette und Horn setzen sie sich weit über die üblichen Grenzen einer Indie Folk-Ausrichtung hinweg. Immer wieder findet die sechsköpfige Formation um Edo van Breemen (Gesang/Keyboard) und Bryan Davis (Trompete) Momente, in denen sie mittels Instrumentierung wirkungsvoll gängige Songstrukturen aufbrechen und mit den Erwartungen des Hörers spielen. Wer an ein aufdringliches Blasorchester denkt, hat weit gefehlt: die Bläser dienen hier nur als subtiles, spielerisches Zusatzmittel. Die isländische Band Sigur Rós war begeistert, als sie die Jungs aus Vancouver beim Iceland Airwaves 2009 hörte. Es folgte eine gemeinsame Show beim Art Museum in Reykjavik vor 3000 Zuschauern. Nun kommen die Kanadier mit ihrem Debüt Mt. Chimaera auch zu uns, und zwar im Rahmen des dritten Canadian Blast. Wer von kanadischer Musik nicht genug bekommen kann, kriegt neben Brasstronaut außerdem Les Jupes, The Wilderness of Manitoba und Ian Kelly zu hören.

c /o Haus Schwarzenberg

Ausstellung / Performance / Workshop 10. Sepbis 23. Oktober, täglich 12 – 19 Uhr, Eintritt frei Eröffnung: 9. September, 19 Uhr Performance-Music-Lecture: 14. bis 17. September, 20 Uhr, 10 € Trashige Pop Art-Collagen, Ausstellungen in Galerien, Auftritte auf Fashionshows – Chicks on Speed gehören zu den Avantgardisten der interdisziplinären Künste. 1997 in München von drei Kunststudentinnen gegründet, verwischt das postfeministische Künstlerkollektiv seither ungeniert die Grenzen von Kunst, Musik, Mode, Technologie und Performance. Mit Cultural Workship Now! präsentieren Melissa Logan und Alex Murray-Leslie nun zum ersten Mal in Deutschland großflächig ihre künstlerischen Arbeiten – von den Anfängen in den 90er Jahren bis zur Gegenwart. Das Augenmerk liegt sowohl auf konkreten Objekten, Installationen und Videos als auch auf der Präsentation neuer Performances. Die Ausstellung soll die lebendige Vielfalt der Chicks on Speed und ihre Bedeutung für die Prägung der subversiven Herangehensweisen in der Kunst hervorheben. Die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil in ihrer künstlerischen Praxis. Langfristige Wegbegleiterinnen wie A. L. Steiner und Deborah Schamoni sind hier ebenso vertreten wie der temporäre Kooperationspartner Karl Lagerfeld, der das Cover der Vorabsingle Fashion Rules gestaltete. Neben der Ausstellung wird es zusätzlich eine viertägige Eventreihe mit Video-Screenings, Lesungen, Live-Performances und Party geben.

2. HH-Keller

NBI / Kulturbrauerei

Kunstraum Kreuzberg / Bethanien

Rosenthaler Straße 39

Schönhauser Allee 36

Mariannenplatz 2

www.monsterkabinett.de

www.neueberlinerinitiative.de

www.kunstraumkreuzberg.de


Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 40  9

Foto: Stian Andersent

Susanne Sundfør Art-Pop Eintritt:VVK 17,20 € 25. September, Einlass 20 Uhr, Beginn 21 Uhr Einmal in ihr neues Album The Brothel gehört, ist man Susanne Sundfør und ihrer Musik sofort verfallen. Mit glockenheller Stimme, melodramatischen Melodien und kunstvollen Variationen hat die Norwegerin aus dem idyllischen Hafenstädtchen Haugesund ein klangliches Wunderwerk gezaubert. Organisch-warmer Sound mit Klavierläufen, Streichern und Holzbläsern wechseln sich mit Industrial-Samples ab, hymnische Kirchenchoräle verbinden sich mit arabischen Harmonien. Herausgekommen ist ein düsterer, verträumter Art-Pop, der Fabelwesen vor dem geistigen Auge lebendig werden lässt. Dass Susanne Sundfør unter einer chronischen Schreibblockade leidet, ist ob der Tiefsinnigkeit ihrer Texte nur schwer vorstellbar. In einem einzigen Song verarbeitet sie so viele Gedanken, wie sonst auf einem ganzen Album zu hören sind. Mit ihrer Schreibfaulheit hat die 25-Jährige inzwischen gelernt umzugehen: Bescheren ihr die Musen mal ein flinkes Händchen, arbeitet sie bis zum Umfallen. Erst kürzlich hat Susanne Sundfør den Förderpreis für junge norwegische Musiker gewonnen, den A-ha im vergangenen Jahr ins Leben riefen. Das Preisgeld nutzt sie nun, um außerhalb ihrer Heimat auf Tour zu gehen. Mit dabei hat sie nur ihr Klavier, um ihre selbst komponierten Stücke ganz reduziert und transparent zu präsentieren.

Illu: Golden Sun Movement

Golden Sun Movement Ausstellung Eintritt frei 7. September bis 7. Oktober, Di bis So, 17 – 20 Uhr Vernissage: 7. September, 18 – 24 Uhr

Foto: Patrick Principe

TorstraSSenfestival Musik-Festival Eintritt: 10 € 3. September, 12 – 21 Uhr

Roter Salon

Die Bang Bang Berlin Gallery in Prenzlauer Berg ist Website, Galerie und kreativer Brennpunkt zugleich. Der Ausstellungsraum wurde im Januar 2011 eröffnet, den Blog mit tagesaktuellen Beiträgen über Kunst, Musik, Mode und Interviews gibt es seit zwei Jahren. Auch in der Ausstellung ON reichen sich Kunst und Musik die Hände. Das britische Kollektiv Golden Sun Movement zeigt erstmals in Berlin Gemeinschaftsarbeiten und individuelle Produktionen. Die Grafikkünstler Luke Insect, Leo Zero und Dave Little sind allesamt in den psychedelischen 1960ern verwurzelt und übten jeweils einen großen Einfluss auf jene Musiker, Clubs und Marken aus, für die sie künstlerisch tätig waren. In der Ausstellung sind neue Originalarbeiten wie auch ältere Werke zu sehen, die als Club-Poster, LP- und CD-Cover für Musiker wie Paul Mc Cartney, Jamie Hewitt von den Gorillaz, 3D von Massive Attack und The Prodigy entstanden. Die Grafiken spielen mit ungewöhnlichen Perspektiven, schockierenden Farben sowie verschiedenen Stilelementen, beispielsweise aus der viktorianischen Kunst und der Pop Art. Da es um Kunst in der Musik geht, darf ein LiveAct des Künstlers Leo Zero auf der AfterVernissage-Party selbstverständlich nicht fehlen.

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

Bang Bang Berlin Gallery

Linienstraße 227

Choriner Straße 34

Informationen zu den verschiedenen Locations unter:

www.roter-salon-berlin.de

www.bangbangberlin.com

www.torstrassenfestival.de

Sie ist laut, rau und nicht sonderlich schön. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, was die Torstraße ausmacht. Im Gegensatz zu vielen anderen tot sanierten Straßen weiter südlich ist der Charme Ost-Berlins während der kreativen Aufbruchstimmung nach der Wende noch spürbar. Nirgendwo sonst in Berlin prallen die Gegensätze derart aufeinander wie auf und an der Torstraße. Neben schicken Lofts, Restaurants und Designerläden sind hier Off-Theater und Kulturprojekte, alteingesessene Einzelhandelsläden und typische Berliner Eckkneipen angesiedelt. Und was viele nicht wissen: in keiner anderen Gegend gibt es auf zwei Kilometern so viel Live-Musik zu hören. Nun bekommt die Torstraße endlich, was ihr gebührt: ein eigenes Festival. 25 Live-Acts, darunter Jason Forrest, Camera, Hush Hush, Jools Hunter, Miss Kenichi und Fenster werden auf acht Bühnen jeweils eine Stunde lang im CCCP, Grünen Salon, Kaffee Burger, Schokoladen, St. Oberholz, White Trash Fast Food sowie in der Gaststätte W. Prassnik und der ZBar spielen. Neben der Musik halten viele Shops und Galerien einige Überraschungen bereit, von denen auch wir von MitteSchön noch nichts wissen. Es gilt also, sich überraschen zu lassen.


10   Lieblingsstücke

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Ehre wem Ehre gebührt Ist: ein wahrer Leckerbissen Kann: dir einen regnerischen Sonntagnachmittag versüßen Kostet: 104,30 Euro Michelangelos David hat nicht viel ebenbürdige Konkurrenz, wenn es um wie aus Stein gemeißelte Körper anderer Hünen aus Fleisch und Blut geht. David Gandy, Lieblingsmodel des Designer-Duos Dolce & Gabbana, kann es in punkto makelloser Bauchmuskulatur jedoch locker mit seinem berühmten Namensvetter aus Florenz aufnehmen. Eigentlich wollte der Mann mit dem formvollendeten Adonis-Körper gar nicht Model werden. Inzwischen gehört er zu den meistverdienenden Models überhaupt und landete 2009 auf dem dritten Platz der Forbes Magazine-Weltrangliste. Seit sechs Jahren strahlt der 32-jährige nun von fast jeder Dolce & Gabbana Kampagne und lässt kontinuierlich die Kassen klingeln. Grund genug, diese innige Männerbeziehung mit einem gebundenen Bildband zu würdigen. Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite eine fotografische Hommage an den Briten mit der Old Hollywood-Haudegen-Visage. Fans des sich – bevorzugt Speedos tragend – in der Sonne aalenden Latinlovers aus der englischen Provinz dürften demnach nicht zu kurz kommen. Wie ironisch, dass das Coffee Table Book mit hellblauem Einband daher kommt, war doch damals der Werbespot-Dreh für den D&G Herrenduft Light Blue der Startschuss dieser ungebrochenen Romanze, die in der Modewelt ihresgleichen sucht. www.dolcegabbana.com

Balance-Akt Ist: ein Keith Haring Balance-Spiel Kann: der heimliche Star des nächsten Brettspielabends sein Kostet: 28 Euro Meine Freunde haben sich nächstes Wochenende zum Risiko-Spieleabend bei mir angekündigt, doch schon der bloße Gedanke an die mehrstündige Brettspiel-Unterhaltung lässt meine Nackenhaare zu Berge stehen und traumatische Kindheitserinnerungen Revue passieren. Ich erinnere mich vor allem an frühere, meist mäßig erfolgreiche Risiko-Spielerunden mit meinem älteren Bruder, der mich tendenziell nie gewinnen lassen wollte. Damals gefiel mir das Spiel noch ganz gut, doch mit zunehmendem Alter wurden die Spielrunden auch zunehmend mühsamer. Vielleicht liegt es daran, dass man es nicht mehr so leicht nimmt wie früher, zwei Stunden am Spieletisch zu sitzen, mit der Klarheit, das laufende Spiel definitiv nicht mehr gewinnen zu können, weil man eingekesselt im hintersten Eck Asiens absolut keine Chance mehr hat. Das Keith Haring Stapel-Spiel des französischen Holzspielzeugherstellers Vilac schien mir deshalb der ideale Ausweg aus der drohenden Spieleabend-Misere zu sein. Ähnlich wie schon beim Spieleklassiker Jenga gilt es, mit ruhigen Händen die ikonischen Strichfiguren aufeinander zu stapeln. Manche lassen sich leichter, manche dagegen schwieriger aufeinander legen. Je höher der Turm, desto größer natürlich die Einsturzgefahr! Beim Anblick der stylischen Figürchen werden meine Gäste erstmal Bauklötze staunen. Der ranzige Risiko-Kasten bleibt dann hoffentlich erstmal aus Scham in der Jute stecken. www.colette.fr


Lieblingsstücke  11

ein traum aus plastik Ist: kein Kinderspielzeug Kann: Multifunktions-Accessoire sein Kostet: 485 Euro Wir von Mitteschön haben ja bekanntlich eine Vorliebe für extravagante Handtaschen. Mit der Christopher Kane Aqua Clutch schlägt man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe, denn sie ist Eye-Catcher, Knetball und Augenmaske in einem. Das mit buntem Gel aus Pflanzenöl und Glyzerin gefüllte PVC Täschchen ist theoretisch ideal dafür geeignet, um beim Smalltalk mit ätzenden Gesprächpartnern die Finger darin zu vergraben oder, über Nacht kühl gestellt, morgendliche Augenringe wegzuzaubern. Bei Net-APorter gibt es die handgefertigte Clutch wahlweise in kräftigem Pink mit dunklem Blau oder mit grünem und blauem Gel. Je nachdem wie man die in unregelmäßigen Wellen zugeschnittene Clutch hält oder bewegt, verteilen sich die beiden Farben anders und die Farbverläufe variieren. Für viele mag die Idee, Gelpads in Kleidung oder Accessoires zu integrieren, abwegig klingen, wir jedoch finden es eher angenehm stringent. Nach „80s Neon auf chic“ jetzt „90s Plastik auf chic getrimmt“. www.net-a-porter.com

Cappuccino killed the coffee star Ist: perfekter Kaffeegenuss Kann: dir die frühen Morgenstunden versüßen Kostet: knapp 50 Euro Seien wir mal ehrlich, heute wird mit „gutem Kaffee“ doch gemeinhin Cappuccino mit dicker Sahnehaube oder ein Soja-Latte Macchiato assoziiert. Bei Filterkaffee, da muss man dann unwillkürlich an die Oma denken oder die Schwiegermutter, die sonntags zum Streuselkuchen lädt. Tiefschwarz ist der dann, wird mit Kaffeesahne angerührt und verursacht sofortiges Sodbrennen! Nicht so der Kaffee der Chemex, denn mit diesem Utensil erlebt Filterkaffee unter Kaffeenerds gerade eine unglaubliche Renaissance – durch neue Interpretation, aber nach wie vor klassischer Zubereitung. Das Resultat hat zwar weniger Körper als bei der French Press, ist dafür aber sehr klar und mit dem größtmöglichen Aroma gesegnet. Der von dem Erfinder Peter Schlumbohn 1939 als „des Chemikers Art der Kaffeezubereitung“ beschriebene Glaskolben gleicht mit seiner Form tatsächlich einem Laborgerät. Mit dem Unterschied, dass man den Designklassiker sogar im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) bestaunen kann. Ein Stück Kaffeegeschichte für zu Hause also.www.ssense.com

I’m missing you like candy Ist: die heißeste Versuchung seit Haribo Lakritz-Konfekt Kann:man sich seit August mit einparfümieren Kostet: ca. 50 – 60 Euro Für alle Naschkatzen hat Prada letzten Monat ein Parfüm lanciert, mit dessen Namen ich sofort verklebte Zähne und den einstigen Sommerhit der damals 15-jährigen Mandy Moore assoziiere. Tja Mandy, da kannst du noch so viele Folk- und Indierocker daten, Disney-Prinzessinnen synchronisieren oder den qualvollen Filmtod sterben, diesen Tiefpunkt des amerikanischen Lolita Pop-Songwritings werde ich dir nie verzeihen können. Prada Candy zeichnet sich durch die eigenwillige Kombination seiner Inhaltsstoffe aus. So kommt weißer Moschus, der in vielen Parfums meist nur als Basisnote verwendet wird, bei Prada schon in der Kopfnote zu Tage. Das ist äußerst ungewöhnlich für einen Duft, aber mal ganz ehrlich, wieso sollte Prada einen gewöhnlichen Duft kreieren? Als Herznote dominiert überdosiertes Benzoe in den Mitten und das, was dann noch am Ende bleibt, ist Karamell. Der Flakon im Retro-Stil ist geradezu umwerfend. Knalliges Pink, das sich wie eine edle Stola um den Hals des kleinen Fläschchens wirft, und das darauf thronende goldene Prada-Emblem lassen die vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geratene Barbie-Couture der späten Neunziger wieder aufleben. Wo wir wieder bei Mandy wären, „Uh oh, yay yay yay yay yeah..“ www. prada.com


Derya und Cimen in der Markthalle Kreuzberg


Glückstag  13

glückliche fügung in kreuzberg Text Björn Lüdtke  Fotos Johanna Ruebel

„Glückstag“ heißt die Rubrik, in der wir uns mit Menschen, die das Gesicht von Berlin prägen, einen Tag lang von Lieblingscafé zu Geheimtipp treiben lassen. Für unsere Jubiläumsausgabe haben wir uns zwei Ausmahmetalente der Berliner Modeszene ausgesucht. Die Designerinnen Derya und Cimen, die hinter dem Label „Issever Bahri“ stecken, zeigen uns heute den Kiez um ihr Atelier in der Cuvrystraße. Warum wir eigentlich ausgerechnet fürs Jubiläumsheft von „Mitteschön“ durch Kreuzberg ziehen? Keine Ahnung, aber Abwechslung tut selbst dem härtesten Mitte-Fan gut.


14   Glückstag

Nest

Motto

Bisher war es kein überzeugender Sommer, aber heute macht das Wetter dem Glückstag alle Ehre: 23 Grad und leicht bewölkt, ein Traumwetter. Derya und Cimen „freuen sich voll“, dass wir sie für unsere Jubiläumsausgabe ausgewählt haben. Nicht nur, weil sie aufs Cover kommen (von der angekündigten Kamerascheu der beiden merkt man beim Shooting nichts), sondern vor allem, weil sie so gezwungen sind, einen Tag lang das zu tun, was sie sich sonst zeitmäßig nie erlauben könnten. Wir beginnen am Morgen mit dem Covershoot in ihrem Atelier in der Cuvrystraße, einer Hinterhauswohnung im zweiten Stock. Es besteht aus einem Raum und einer kleinen Küche, in der schon mal eine der Mütter für die Verpflegung der Fleißigen sorgt. Als Newcomerlabel hat man nicht viel Zeit, um Tage in der Sonne zu verbummeln – die Musterkollektion für die nächste Orderrunde will fertig gestellt werden. Die Fashion Week in Berlin haben die beiden zwar gerade hinter sich, jetzt stehen aber noch Paris, Istanbul und sogar Jakarta an. Für das Cover werden mehrere Motive ausprobiert. Munter helfen die Designerinnen beim Auf- und Umbauen des Sets, das Anpacken sind sie ja gewöhnt. Trotzdem sind wir erst einmal geschlaucht (dass es schwül ist, haben wir beim EinleitungsRave über das Wetter unterschlagen) und freuen uns auf einen Lunch. Eines ihrer Lieblingscafés ist das Nest, direkt am Görlitzer Park. Die Bedienung ist super nett, das Essen spitze und auch der Tresen mit den türkisenen Fliesen hat es uns ange-

Motto

tan. Kaffee, Lunch und noch einen Kaffee, dann geht es los mit unserer Tour. Derya und Cimen sind in Berlin geborene Türkinnen. Die Inspiration für ihre erste Kollektion zogen sie aus den Klamotten der Gastarbeiter der ersten Generation. Manchmal dürfen es zur Ideenfindung aber auch einfach ein paar Zeitschriften sein. Auf der Skalitzer befindet sich unsere nächste Station: Motto, der Zeitschriftenladen, der sich auf seltene Magazine und Fanzines, auch Back Issuses, spezialisiert hat.

Derya hat mal in London gewohnt und auch heute noch, wenn sie Freunde besucht, hängt sie in East London ab. Die aktuellen Riots sind erst ein paar Tage her. Sie findet, die Spannung dort hätte schon lange in der Luft gelegen. Das East London, wie man es als Kunst- oder Designstudent wahrnimmt, hätte nichts mit dem zu tun, wie es die Leute wahrnehmen, die dort schon lange ansässig sind.

Derya: „Ich hab da so meine Hochs und Tiefs, Cimen ist das genaue Gegenteil, bei ihr ist das Glas immer halb voll. Dafür kann ich dann mal wieder Panik machen, wenn es nötig ist, das Tempo etwas zu erhöhen.“

Als „echter“ East Londoner habe man keine Perspektive, das Studieren sei so teuer geworden, dass man als Jugendlicher nicht die freie Wahl des Berufes mehr habe. Eine als Modesignerin ausgebildetete Freundin habe sich letztens auf eine Stelle als Verkäuferin in einem Klamottenladen beworben. Im Bewerbungsprozess sollte sie ein Moodboard anfertigen... Da stimme doch etwas nicht. In Berlin hat man wenigstens die Möglichkeit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Derya und Cimen haben im Jahr 2008 Abschluss gemacht, als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte. Überall wurden Leute entlassen, als Absolvent eine Stelle zu finden, war unmöglich. Wie viele aus ihrer Modeclicque – Vladimir Karaleev oder Hien Le – haben sie sich selbständig gemacht.

Wir biegen von der Skalitzer in den nördlichen Teil der Wrangelstraße ein, da wo McDonalds ist. Wir erinnern uns, wie krass die Widerstände waren, als die Fastfood-Kette ihre erste Filiale im alternativen Kreuzberg eröffnete. Heute ist die Location integriert, die Kids von der Schule gegenüber freuen sich über die Verlängerung ihres Pausenhofs.

Ebenfalls Eigeninitiative ergriff Marko, der gerade seine Werkstatt Vertigo in einer alten Bäckerei in der Wrangelstraße eröffnet hat und die wir zufällig entdecken. Marko hat sich auf das Aufpolstern von MidCentury-Möbeln (50er bis 70er) spezialisiert. Wer schon mal versucht hat, seinen Flohmarktfund neu – und geschmackvoll – polstern zu lassen, der weiß, dass Marko

Wir gehen weiter in Richtung Oranienstraße. Ich bitte Cimen, Derya zu beschreiben. „Oh weh, das ist schwierig... Ich nenne sie manchmal... Terrier (wenn man Derya ordentlich ausspricht, ähnelt es Terrier), das war schon zu Schulzeiten ihr Spitzname.“ Ich frage, warum, weil sie sich immer so festbeiße? „Ähm, ja... irgendwie schon. Das ist aber durchaus liebenswert gemeint.“ Beide lachen.


Glückstag  15

Pony Hütchen

Trödelagentur

Vertigo Polsterei

Pony Hütchen

Motto

Markthalle


16   Glückstag

Eissalon Tanne B.

Schaufenster in Kreuzberg

hier in eine Marktnische prescht. Überhaupt gefällt es Cimen, wenn die Leute besser auf ihre Sachen aufpassen und länger behalten. Es müsse nicht immer alles neu gekauft werden. „Das Bewusstsein muss sich ändern. Ein T-Shirt von KiK für 2 Euro? Die Leute haben das Verhältnis für das verloren, was Sachen wirklich wert sind. Wie soll das weiter gehen?“ Ein Beweis dafür, dass sich das Bewusstsein der Menschen tatsächlich ändern kann, steht ein paar Schritte weiter von Markos Polsterei: die Markthalle zwischen Eisenbahn- und Pücklerstraße. Das extrem charmante Gebäude sollte an Investoren verkauft werden. Aber dass die jeglichen Charme aus der Halle rausrenoviert hätten, ist sehr wahrscheinlich - siehe Marheineke-Halle im Bergmann-Kiez. Den Verkauf hat die Projektgruppe Markthalle IX, eine Bürgerinitiative, verhindert. Die Substanz des Gebäudes soll nun erhalten werden, die Halle behutsam bespielt - ohne Discounter, dafür mit vielen lokalen, kleineren Händlern. Wie das aussehen kann, kann man immer wieder bei temporären Märkten sehen, mit der die Fläche zwischengenutzt wird. Wieder aus der Markthalle raus, lädt uns Pünktchen ins Pony Hütchen ein. Pünktchen ist der Maskottchen-Hund des Second Hand Ladens in der Pücklerstraße und loungt lässig auf einem 50er-Jahre Stuhl in der Sonne. Was man im Pony Hütchen alles kriegt? Laut Flyer „Freundschaftspreise, Klamotten, Möbel und Glücklichsein“. Inhaberin Lilli schickt uns weiter: „Kennt

ihr Paula? Dem gehört die Trödelagentur am Lausitzer Platz.“ Nein, kennen wir nicht - hört sich aber toll an. Wir machen uns also schnurstracks auf den Weg dahin, wo uns ein ECHTER Trödelladen erwartet. Hier ist nichts arrangiert, das Wort Merchandising hat hier noch keiner gehört. Ein einzelner Schnürsenkel gefällig? Bitte sehr, den findest du in einem alten Gurkenglas.

Voo Store

Issever Bahri zu kaufen. Und so schließt sich der Kreis, unser Glückstag geht zu Ende. Während es sich der Kiez auf den Stühlen vor den Bars bequem macht, um den Sommerabend mit einem Aperitif einzuläuten, verabschieden wir uns von Derya und Cimen. Die beiden müssen zurück ins Atelier, die Sommerkollektion ist noch nicht fertig. Nest Speise- & Schankwirtschaft

Wir treffen André, der oft mit seiner Mutter in die Trödelagentur kommt. André will auch mal Mode studieren. Heute hat er einen mintfarbenen, gebatikten Einteiler von Bogner gefunden - eindeutig Achtziger. "Paula sucht die Sachen immer für mich raus. Letzte Woche habe ich einen originalen Givenchy-Anzug für 15 Euro hier gekauft." (Spätestens jetzt wissen wir auch, warum sich ein Trip aus Mitte lohnt.)

Görlitzer Str. 52 cafenest.de Motto Skalitzer Straße 68, im Hinterhof mottodistribution.com Vertigo Polsterei Wrangelstraße 25 Markthalle

Viel Altes macht Lust auf was Frisches. Hier, am Lausitzer Platz, soll es im Eissalon Tanne B. das beste Eis der Stadt geben. Ob das stimmt...? Zumindest gibt es hier so ungewöhnliche Sorten wie Lakritz. Wir können uns nicht entscheiden, ob die Sorte gut schmeckt. Aber aufhören, es zu essen, kann ich auch nicht.

Eisenbahnstraße 42/43, Pücklerstraße 34 markthalle9.de Pony Hütchen Second Hand Pücklerstraße 33 pretty-stuff.de Trödelagentur Am Lausitzer Platz 12

Mit dem Eis in der Hand machen wir uns auf den Weg Richtung O-Straße zu unserer letzten Station, dem Voo-Store. Noch nicht einmal ein Jahr geöffnet, hat sich der Laden mit Kollektionen von Stine Goya bis Ganni zur festen Größe in der Berliner Shoppinglandschaft etabliert. Ab diesen Winter gibt es dort auch die Kollektion von

Eissalon Tanne B. Eisenbahnstr. 48 tanneb.de Voo Store Oranienstraße 24 vooberlin.com


Neu in der Stadt  17

Gestalten Space Gewinne

Text Björn Lüdtke  Fotos Gestalten Space  Illustration Sarah Illenberger  Translation P. 42

Gutschein: www.mitte schoen. com!

„Unsere Arbeit besteht darin, immer wieder neue Themen und Leute zu finden und dann Formate und Erlebnisse zu entwickeln. Die Bücher sind der Mittelpunkt und von da sind alle möglichen Entwicklungen denkbar. Wir probieren immer wieder neue Wege aus.“ Sven Ehman ist Creative Director des Gestalten Space in den Sophie-Gips-Höfen. Der Gestalten Verlag (der eigentlich Die Gestalten heißt) veröffenlicht seit 1995 Bücher rund um die Bereiche Design, Kunst, Architektur sowie Popkultur und Musik. Dabei sind es die immer wieder neuen Perspektiven, welche die Herausgeber einnehmen, die die Publikationen zum Innovativsten machen, was die Branche zu bieten hat. Die Gestalten haben sich über die Jahre jedoch nicht nur mit dem Veröffentlichen von Büchern beschäftigt, sondern auch Fonts entwickelt und senden inzwischen eigene Formate über Gestalten.tv. Um sich noch integrierter präsentieren zu können, wurde dieses Jahr der Gestalten Space eröffnet – ein Raum, irgendwo zwischen Laden und Ausstellungsfläche. „Wie in unseren Büchern geht es auch im Space darum, eine überraschende und anregende Mischung an Inhalten zu bieten.

Die Grenze zwischen Shop und Galerie ist dabei weniger wichtig als die durchgehende Qualität.“

Zusammen mit dem Gestalten Space verlost Mitteschön zwei Bücher-Gutscheine im Wert von je 100 Euro. Einfach eine Email mit dem Betreff „Gestalten“ an info@ mitteschoen.com schicken – wir losen die Gewinner aus.

Im vorderen Teil des Raums mischen sich Bücher mit einer kuratierten Auswahl an Kunst- und Design-Objekten – von Spielzeug über Taschen bis zur Porzellanskulptur von Charles Krafft. Im hinteren Teil finden Ausstellungen statt. Zurzeit läuft „Good Weather“ mit den sorgfältig arrangierten 3D-Illustrationen von Sarah Illenberger (sehenswert!), die zu diesem Anlass auch ihre erste Monografie vorstellt. „Die Idee hinter dem Space ist, dass wir die Themen unserer Bücher in den Raum übertragen können – als Ausstellung, Vortrag, Workshop oder als Auswahl von Produkten. Es ist eine Fortsetzung unserer redaktionellen Arbeit und die Möglichkeit, all die Leute, mit denen wir so zu tun haben, auch persönlich zu treffen.“

„Gestalten Space“ Sophie-Gips-Höfe Sophienstraße 21 Mittwoch bis Montag 10 – 20 Uhr, Dienstag geschlossen


18   Kulturgut

Berliner Printen Text André Uhl  Translation P. 42

Ihr mögt Printmagazine, oder? Bestimmt, denn ansonsten würdet ihr dieses Heft jetzt nicht in den Händen halten. Stattdessen würdet ihr euch lieber euren Laptop schnappen und durch irgendwelche Blogs klicken, um zu erfahren, was gerade so in Berlin abgeht. Auch gut. Aber mal ehrlich: macht es nicht Spaß, Seite für Seite durchzublättern, das Papier anzufassen, sich an der Typographie oder großformatigen Bildern zu erfreuen und es nach dem Lesen einfach einer anderen netten Person in die Hand zu drücken? Ja, macht es. Und in dieser Stadt scheint es besonders viele Menschen mit einer Vorliebe für Gedrucktes zu geben. Immer wieder neue, teils recht kuriose Printpublikationen kommen in Berlin auf den Markt – oder besser gesagt in den Umlauf. Kiezblätter, Musikmagazine, Literaturzeitschriften, Fanzines, politische Magazine – jeder, der wissen will, was abgeht, kann sich darüber schwarz auf weiß informieren. Wir haben uns auf die Suche nach den Perlen des Print begeben, solche, die eine besonderen Einfluss auf die Stadt hatten, heute Kultstatus haben oder einfach nur schräg waren…


Kulturgut  19

The Edge „Berlin’s largest english language magazine“ lautete der selbstbewusste Untertitel des großformatigen Vorwende-Stadtmagazins. Kulturinteressierte Expats fanden darin im Zwei-Wochen-Takt ausgewählte Highlights an Musik-, Kunst und Theaterveranstaltungen aus der Stadt, die schon David Bowie und Lou Reed zu ihrer Wahlheimat erkoren hatten. In the Gutter hieß eine Kolumne, nach eigener Aussage der Autoren ein Machwerk von „two thieving alcoholic bisexual bitches bad-mouthing everyone and everything“. Auch sonst war The Edge, naja, anders eben. Allein das liebevolle Design treibt jedem Magazinfreund heute Freudentränen in die Augen. Ins Leben gerufen wurde die Zeitschrift 1988 von einem in Berlin stationierten Texaner, der bereits in den USA ein kostenloses Stadtmagazin herausgegeben hatte. Viele fragen sich immer noch, warum das Format nach nur 18 Monaten wieder eingestellt wurde. Gerüchte besagen, der Macher habe sich nach ein paar fragwürdigen Geschäften einfach aus dem Staub gemacht hat und wurde seitdem nie wieder in Berlin gesehen.

Ich und mein Staubsauger Bei der Veröffentlichung eines neuen Magazins ist ein cooler Name schon mal die halbe Miete. Und über die Erstklassigkeit dieses Titels muss wohl kaum diskutiert werden. Ich und mein Staubsauger erschien erstmals 1986 in Westberlin, fotokopiert in einer Auflage von 200 Stück, einem Umfang von 12 Seiten und zum Preis von einer Mark. Im zweiten Jahr gab es schon ein zweifarbiges Glossy-Cover, und der Umfang vergrößerte sich auf 20 Seiten. Der Staubsauger bewegte sich mit seinen wunderbar ironischen Texten zwischen Fanzine und Satirezeitschrift und riskierte auch schon mal einen Blick über den Mauerrand, wie etwa anlässlich des Toten Hosen Konzerts in Ostberlin 1988. Ein absoluter Kontrast zu der übrigen Zeitschriftenlandschaft und das Fanzine mit dem wohl größten Kultstatus. Wer sich immer noch fragt, wie zum Teufel man auf so einen bescheuerten Namen für ein Magazin kommt, der lese auf Seite 21 (Interview mit Magazinmacher Trevor Wilson) weiter.

Besetzerinnen Zeitschrift Die BZ wurde erstmals kurz nach der Wende von einer Gruppe ambitionierter junger Menschen herausgegeben, die gerne im wiedervereinigten Berlin lebte, allerdings wenig Bock auf Miete zahlen hatte. „Multikulturell, multinational und offensiv“ lautete das Motto der Zeitschrift, der unbedingte Wille zur Basisdemokratie wurde an verschiedenen Stellen im Heft eindeutig klargestellt („4 fänden es wichtig, dass die Zeitung als ein Diskussionsforum gesehen wird, zu und an dem sich möglichst alle besetzten Häuser verantwortlich fühlen, damit es auch wirklich ein Ding von ALLEN wird, um somit dem fiesen Moloch ‚Zentralisation‘ die Tür vor der Nase zuzuknallen!“). Auch Solidarität mit Kollegen aus anderen Städten und Nachbarländern wurde demonstriert („irgendwann, irgendwie, irgendwas… in der Hafenstraße“, „Finstere Räumung in Holland“). Zwar erinnerten die Texte stilistisch eher an den Nachhaltigkeitsbericht eines mittelständischen Unternehmens, Fotostrecken und Coverart stellen jedoch ohne Zweifel Meilensteine der Berliner Magazinkultur dar.


20   Kulturgut

Berlin-Mitte in den 1990ern. Überall wird gebaut, saniert, umgenutzt und neu gestaltet, und noch weiß keiner so genau, wo die Reise hingeht. Im Zeichen dieser Zeit entstand der Scheinschlag, das erste alternative Kiezblatt, von Anfang an dabei und immer Subkultur und soziale Entwicklung im Blick. Der Legende nach hatten sich die Macher ursprünglich für den Namen Steinschlag entschieden. Passte auch gut, denn die Redaktion saß in der Steinstraße in Mitte. Da dem Medium von bestimmten Stellen allerdings eine geistige Nähe zur Hausbesetzerszene nachgesagt wurde, wollte man ein militantes Image vermeiden und nannte es kurzerhand in Scheinschlag um. Die Zeitung im Tabloid-Format war durchgehend unkonventionell, weitgehend unangepasst und für viele unbequem. Experimentierfreude und Selbstironie wurden kleingeschrieben, vielmehr sahen die Macher im Scheinschlag eine ernstzunehmende Alternative zu anderen Berliner Stadtzeitungen. 17 Jahre lang widmeten sich wechselnde Autoren honorarfrei Themen aus BerlinMitte, bevor das Magazin 2007 wegen mangelnder Finanzierbarkeit eingestellt wurde. Der geplante und von vielen heiß ersehnte Relaunch blieb bislang aus.

Foto: streetart.info

Scheinschlag

BUZZ Im Juli 1997 betritt eine Zeitschrift das Berliner Parkett, die sich voll und ganz „elektronischen Lebensaspekten“ widmet. Soll heißen: vor allem elektronischer Musik verschiedenster Spielarten, aber auch anderen Bereichen moderner Technik mit Einfluss auf den modernen Menschen. Nachdem das bis dahin wohl wichtigste deutsche Medium der Technoszene, die Frontpage, Konkurs anmeldet, findet sich ein Teil der ehemaligen Frontpage-Redaktion in Pankow zusammen. Gemeinsam wird das neue Magazin Buzz entwickelt und beim eigens dafür gegründeten Verlag herausgegeben. Dafür zögern die Macher auch nicht, ihre kostbaren Bausparverträge in die Urne zu werfen. Für diesen Wagemut sind wir ihnen heute noch dankbar, denn die Buzz, die aufgrund von Namenskonflikten zunächst in Re:Buzz und schließlich in De:Bug umbenannt wird, zählt sowohl inhaltlich als auch gestalterisch zur Créme de la Créme deutscher Special-Interest-Magazine.

Phantom des ostens An dieser Stelle möchten wir euch gerne ein entsprechendes Ostberliner Magazin aus der Vorwendezeit vorstellen. Bei diesem Wunsch muss es aber bleiben, denn ein solches Exemplar bekamen wir leider nicht in die Hände. Zwar gab es ab und zu Veranstaltungshinweise, selbst gedruckte Flyer für Parties oder hin und wieder Flugblätter zu politischen Veranstaltungen. Auf der anderen Seite gab es offizielle Titel wie das linientreue Jugendmagazin Neues Leben, die Musikzeitschrift Melodie und Rhythmus oder das heute noch erscheinende Kulturmagazin Das Magazin. Eine Zeitschrift der Subkultur, ein Szenemagazin, ein Kiezblatt oder ein echtes Sprachrohr der Jugend, welches das Leben in der DDR-Hauptstadt ungefiltert widerspiegelt, gab es nicht. Schon ein Versuch, ein solches Medium – an offiziellen Stellen vorbei – zu etablieren, hätte eine nicht zu unterschätzende Gefahr dargestellt und wäre sicherlich vom Regime bereits im Keim erstickt worden. Falls ihr uns eine solche Zeitschrift nennen könnt, schreibt uns! Wir werden diese Lücke in unserer nächsten Ausgabe füllen.


Kulturgut  21

„Digital sucks“ Text Martin Steinmetz  Fotos ???  Translation P. 41

Interview mit Trevor Wilson, dem ehemaligen Herausgeber des Berliner Kult-Fanzines „Ich und mein Staubsauger“, über Fanzines, Zeitschriften und die digitale Revolte. Online gibt es alle Ausgaben unter http://staubsauger.gesindel.org/index.html Eigentlich wollte sich Trevor Wilson einen Computer kaufen, kurz nachdem er 1983 von England nach West-Berlin gezogen war. Doch er wurde skeptisch, ob sich damit auch wirklich ein Magazin produzieren ließ. Mit seiner damaligen Frau Anne entschied er sich für die Do-It-Yourself-Variante, und gemeinsam brachten sie von 1986 bis 1989 Ich und mein Staubsauger heraus. Ihre Wohnung in Schöneberg wurde zur Redaktionszentrale, der Kopierladen um die Ecke zur Druckerei. Das Heft, das in Plattenläden, Kinos und Kneipen auslag, gilt heute als Kult-Fanzine. Durch witzig-bissige Artikel über Musik, Sport, Kultur und den Alltag in der Mauerstadt wurde der Staubsauger zu einem Sprachrohr der Gegenkultur. Zu den Autoren zählte Max Goldt, der unter dem Alias „Onkel Max“ schrieb. Mit Hilfe amerikanischer Soldaten wurde das Heft nach Ost-Berlin geschmuggelt und sorgte so jenseits der Mauer für Aufsehen. Wie kam es zum Namen? Damals gab es eine Haushaltszeitschrift, die Ich und meine Familie oder so ähnlich hieß. Wir haben den Namen etwas abgewandelt und dann eine Zeitschrift gemacht, in der es um Musik, Kino, Sport und Lifestyle-Themen ging. Aber dazu gibt's noch eine Hintergrundgeschichte: Ich wollte unbedingt zu einem Konzert von The Wipers, das ausverkauft war. Also hab ich mich auf die Gästeliste geschummelt, weil ich der Promoterin sagte, dass ich ein Interview für ein Magazin machen möchte. Nur gab es Ich und mein Staubsauger zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, darum haben wir uns dann schnell einen Namen ausgedacht... Wolltest du mit dem Heft ein bisschen britischen Humor in Berlin verbreiten? Was ist britischer Humor, ich weiß das wirklich nicht. Ich bin Brite und manche Leute meinen, ich habe Humor. Teilweise war Ich und mein Staubsauger meiner Meinung nach gar nicht so witzig, sondern richtig böse. Aber die Leute haben gesagt, dass das britischer Humor sei, und ich dachte mir „Naja, eigentlich ist das britische Beleidigung“. Ganz viele Leute haben sich total über uns geärgert, und dann wurde es irgendwann Kult und ein bisschen wie Ehre, wenn wir jemanden beschimpft haben. Wie habt ihr den Vertrieb geregelt? Von Anfang an haben wir auf dem Fahrrad gesessen und überall in Westberlin an Plattenläden, Kinos und Kneipen verteilt. Die Zeitschrift kam wohl ganz gut an und die Leute mochten es irgendwie, dass wir mit Cut-and-Paste und viel Tipp-Ex gearbeitet haben. Wenn das Heft fertig war und Schreibfehler drin waren,

haben wir einfach draufgeschrieben und Pfeile daneben gezeichnet. Ganz dilettantisch eigentlich. Wie war das mit den Leserbriefen? Habt ihr regelmäßig Post bekommen? Die Leserbriefe haben wir selbst geschrieben, weil die meistens ziemlich langweilig waren (lacht). Es kamen auch so einige Briefe, aber die haben es nur selten ins Heft geschafft. Kamen auch oft Leserbriefe aus Ost-Berlin? Teilweise ja, Feedback hatten wir immer. Wir haben auch einen Honecker-Hampelmann zum Ausschneiden gemacht, extra für unsere Leserschaft in der DDR. Allerdings haben wir Honecker falsch geschrieben. Was ist deine Meinung zu Blogs? Meinst du, dass sie eine neue Form von Fanzines sind? Das größte Problem mit dem Internet ist, dass jeder sagen kann, was er will, und das tut auch jeder. Es ist schon gut, dass jeder veröffentlichen kann, aber gleichzeitig auch ein bisschen furchtbar, weil es so viele Leute gibt, die nichts zu sagen haben, es aber dennoch tun. Trotzdem haben Zeitungen, Fanzines und Magazine nicht an Bedeutung verloren. Auch bei der nachfolgenden Generation, die langsam aber sicher nichts mehr zum Lesen in die Hand nehmen wird. Es gibt natürlich diese seltsamen iPads und Kindles, aber das ist nicht wirklich was für mich. Ich möchte in der Badewanne lesen können und da ein Vier-Euro-Buch reinfallen lassen. Wenn ich in den Urlaub fahre, möchte ich ein Buch lesen und es einfach im Hotelzimmer liegen lassen. Wie hast du die Veränderung von Berlin wahrgenommen, besonders die der Stadtmitte? Die Stadtmitte war früher an sich der Ku’damm und der Bahnhof Zoo. Da hast du dich wahrscheinlich nicht so oft rumgetrieben? Nee, am Bahnhof Zoo bestimmt nicht (lacht). Aber die Zeitschrift gab’s in einem Plattenladen im Europacenter. Es hat sich schon so einiges verändert, wenn man jetzt durch die „neue“ Mitte geht. Klar wird sich vieles ändern und ein bisschen mehr Schickimicki werden, wenn man wie Berlin Hauptstadt geworden ist und die Regierung hier seit 20 Jahren ihren Sitz hat. Ich bin für Veränderung und finde das gut. Ich sehne mich nicht nach den guten alten Zeiten, sondern lebe hier und jetzt, you know?



Kulturgut  23

Illustrator des monats: Das BUREAU Mario Lombardo Text Marie-Sophie Müller

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare „MitteSchön“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.

Es fing mit einer Begeisterung für Plattencover an. Vielleicht wollte er ja eigentlich Musiker werden, es kam aber anders – Mario Lombardo wurde Designer. Und doch hat die Musik bei dieser Entscheidung eine bedeutende Rolle gespielt. Marios erster Job nach dem Studium war die Artdirektion des Musik- und Popkulturmagazins SPEX in Köln. Von 2001 bis 2006 gestaltete er über 50 Ausgaben und mindestens ebensoviele Plattencover. 2004 gründete er das BUREAU Mario Lombardo in einem versteckten Hinterhofatelier. Anfangs allein mit einem Praktikanten entstanden dort neben SPEX Arbeiten für Musiklabels wie CitySlang, Labels und EMI, Bücher für Gestalten und Filmpackagings für Rapid Eye Movies. Ende 2006, als verschiedene Magazin-Entwicklungen, z.B. die Liebling Zeitung, anstanden, wuchs das Büro auf fünf Leute an. Die Arbeit an Liebling teilte das Büro zwischen 2007 und 2008 auf zwei Standorte auf. Mario pendelte zwischen Berlin, Köln, Essen und Bremen, wo er eine Gastprofessur inne hatte, für das Büro eine echte Zerreißprobe und so entschied man gemeinsam nach Berlin zu ziehen. Nach einer Zwischenstation in der Auguststraße hat das Büro seit dem letztem Sommer in einer großen, wunderschön-ungestalteten ehemaligen Glaswerkstatt in Kreuzberg ein Zuhause gefunden hat, in dem alles möglich scheint. Die Arbeiten des Büros bewegen sich im kulturellen Kontext von Musik, Mode, Fotografie, Design, Architektur, zeitgenössischer Kunst und TV. Stilistische und disziplinäre Grenzen überwindet es immer wieder spielerisch und schafft auf diese Weise Zusammenhänge zwischen Sprache, Raum, Ästhetik, Material und Poesie. Das BUREAU Mario Lombardo gehört seit Jahren zu den renommiertesten Designbüros Deutschlands, die besondere Wirkung der Arbeiten entsteht durch die verschiedenen Fokussierungen, die jeder im Büro mitbringt – sei das Illustration, Video, Editorial Design oder Text. Das BUREAU Mario Lombardo arbeitet für eine Vielzahl anerkannter Kulturinstitutionen wie dem ZKM Karlsruhe, der Berlin Biennale, der Staatsgalerie Stuttgart, der Kunsthalle Düsseldorf und den Staatlichen Museen zu Berlin, für Publikationen wie Liebling und Dummy und Kunden wie Mercedes-Benz, KaDeWe, Sony Music, Fiat, Viva Fernsehen und die Humboldt Universität Berlin. Für seine Arbeiten wurde Mario Lombardo mit über 100 nationalen und internationalen Awards ausgezeichnet. 2008 wurde er für sein gestalterisches Gesamtwerk von der Lead Academy zum Visual Leader Of The Year gewählt. Im Gestalten Verlag ist 2010 das Buch The Tender Spot: The Graphic Design of Mario Lombardo erschienen, das erstmals das vielfältige Repertoire seiner Arbeiten versammelt. www.mariolombardo.com





Kieztalk  27

It’s a kind of magic! Interview mit Mario Lombardo Text Bettina Schuler  Fotos Tina Linster  Translation P. 43

Nachdem jahrelang das Ende der Platten heraufbeschworen wurde, gibt es nun ein neues Sorgenkind: die Printmedien, die nach und nach ins

Internet

abwandern

sollen.

Heißt es. Doch trotzdem erscheinen ständig neue Magazine. So wie „Mitteschön“. Doch warum lesen wir immer noch Magazine, obwohl es alle Informationen längst umsonst im Netz gibt? Und was muss man bei der Konzeption eines Magazins alles beachten, damit es nicht in der breiten Masse untergeht? Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss: den Designer Mario Lombardo, Inhaber des „BUREAU Mario Lombardo“, Visual Leader of The Year 2008 und ehemaliger Art Director des Magazins „Liebling“.


28   Kieztalk

„Ich liebe es zuzuhören und Impulse, Wünsche, Hoffnungen, Vorstellungen oder Ansichten zu sammeln und dann etwas daraus zu kreieren. “

Wie ist es eigentlich, wenn man mit gerade mal 35 Jahren den Titel „Visual Leader of The Year“ verliehen bekommt und einem der „Gestalten“ Verlag ein ganzes Buch widmet? Bekommt man da Angst vor dem eigenen Erfolg? Als Visual Leader ausgezeichnet zu werden, habe ich vor allem als Kompliment von den Medien- oder Kulturschaffenden empfunden, die mich als Preisträger ausgewählt haben. Auch wenn es irgendwie ein komisches Gefühl war, mit Mitte Dreißig einen Preis für sein Gesamtwerk entgegenzunehmen. Eigentlich sollte so etwas doch viel später kommen. Das Buch vom Gestalten Verlag hatte da schon eine bedrückendere Wirkung. Als das erschienen ist, habe ich mich irgendwie richtig alt gefühlt. Wahrscheinlich auch, weil ich mich deswegen so viel mit meiner vergangenen Arbeit beschäftigen musste und gleichzeitig der dazu nötige Abstand zu den Sachen noch nicht ganz da war. Zudem hat sich durch das Buch auch die Außenwahrnehmung auf mich sehr stark verändert. Plötzlich gibt es den „Lombardo“, jemanden, an den ganz spezielle Erwartungen gestellt werden. Das ist schon ein sehr sonderbares Gefühl, weil ich bei jeder Aufgabe doch immer wieder von neuem beginne. Aber trotz allem bin ich, gerade jetzt, ein Jahr später, mit ein wenig Abstand, natürlich auch sehr stolz auf das Buch. Was glaubst du, macht einen Grafikdesigner erfolgreich? Zu wissen, was er kann und was nicht. Und, wenn man etwas nicht so gut kann, zu wis-

sen, wen man fragen muss, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dein großer Durchbruch kam mit „Spex“, wo du von 2001 bis 2006 Art Director warst... ...was auch gestalterisch eine ganz besondere Zeit für mich war. Denn damals, noch ohne Familie und Büro, hatte ich die Zeit mich voll auf Spex zu konzentrieren und jede Ausgabe wirklich neu zu erfinden. Das Layout der Hefte war sehr verspielt. Wolltest du damit einen Gegensatz zur Schwere der Texte setzen? Nicht unbedingt, mein Stil ist ohnehin sehr spielerisch und organisch. Mir ging es vielmehr darum, auf der visuellen Ebene genauso mit den Lesern zu kommunizieren wie die Autoren es auf der textlichen Ebene getan haben. Ich hoffe, das ist mir auch gelungen. Dein Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Gestaltung von Printmedien. Liegt das an deiner eigenen Affinität zu Magazinen? Affinität ist da fast etwas zu kurz gegriffen. Es sind wahnsinnig viele Faktoren, die wohl bei meiner Wahl dieses Schwerpunktes eine Rolle gespielt haben. Zum einen meine Liebe für das Haptische als auch der Objektcharakter, den Printprodukte durch die Addition zahlreicher Faktoren, wie die Auswahl des Papiers, des Layouts und des Inhaltes für mich besitzen. Am Ende ist es aber wohl nur eine absolute Begeisterung was alles mit Print gemacht und ausgelöst werden kann. Für mich hat es etwas Magisches.


Kieztalk  29

Objekt im Sinne von Kunst? Im Sinne von Haben-und-Behaltenwollen. Dass man dieses Magazin als Objekt, nicht einfach wegwirft, nachdem man es gelesen hat, sondern in seinen Schrank stellt und immer wieder hineinschaut. Das ist für mich auch der große Unterschied zwischen einem Magazin und einer Tageszeitung. Ein besonderes Magazin behält man. Eine Tageszeitung schmeißt man weg. Deshalb wird die zunehmende Digitalisierung auch vor allem Tageszeitungen und deren Erscheinungsform betreffen.

prägtes Publikum zielt, das ohnehin sehr offen für Neuerungen ist. Indem ich ein Produkt für ein breiteres Publikum schaffe, kann ich jedoch meine Impulse auch an die Menschen weitergeben, die weniger empfänglich für Veränderungen sind. Das finde ich toll. Momentan arbeiten wir an einem Magazin für das KaDeWe, das richtet sich wiederum an eine ganz andere Zielgruppe. Und auch wenn wir bei dessen Konzeption natürlich kommerzieller denken müssen, wird man auch dort unsere ganz eigenen Impulse sehen können.

Magazine als Liebhaberstücke, also so, wie es heute bei Vinylplatten der Fall ist? Für mich sind sie das schon. Wobei es mir bei der Gestaltung eines Magazins auch immer wichtig ist, dass es die Masse und nicht nur einen elitären Kreis von Lesern anspricht. Deshalb hat mich nach meiner Arbeit bei Liebling, das ähnlich wie Spex für ein ganz spezielles Publikum konzipiert ist, auch die Gestaltung der Zitty Sonderausgaben so gereizt. Die Zitty ist für alle da, nicht nur für ein spitz definiertes Nischenpublikum. Dementsprechend musste sie auch gestaltet werden. Die große Herausforderung ist es, dabei nicht in die Beliebigkeit abzurutschen, sondern es gut zusammenzustellen, immer abzuwägen und die eigenen Impulse einfließen zu lassen, ohne dadurch die Breite des eher heterogen zusammengesetzten Lesepuplikums der Zitty abzuschrecken. Das ist viel schwieriger, als wenn man von Anfang an auf ein bestimmtes intellektuelles und stilge-

Du sprichst immer von wir... Ich selbst bin ja auch immer Teil eines Ganzen. Da sind immer noch der Kunde oder Herausgeber, die Menschen in meinem Büro und Teams von Fotografen, Illustratoren, Künstler, Autoren und Redakteuren, die alle ihren Beitrag zur Gestaltung des Magazins leisten. Ich liebe es zuzuhören und Impulse, Wünsche, Hoffnungen, Vorstellungen oder Ansichten zu sammeln und dann etwas daraus zu kreieren. Also all das zusammen in eine visuelle Sprache zu übersetzen. Die besten Anregungen dazu ziehe ich immer aus Gesprächen mit anderen. Welche Magazine sammelst du selber? Alle möglichen. Auch besonders hässliche zum Beispiel. Selbst bestimmte Ausgaben der Gala, wenn ich etwas Spannendes im Heft entdecke. Zum Nachschlagen also... ....oder zur Erinnerung, zur Warnung, was

auch immer. Momentan mag ich das Kid’s Wear Magazin ganz besonders gern, weil es so schön bunt und lebendig ist. Kann man Print eigentlich als die Königsdisziplin des Grafik-Designs bezeichnen? Das kann ich nicht beurteilen, jede Disziplin birgt etwas Besonderes. Für mich ist es einfach mein Leben. Und dein Traum für die Zukunft? Ein Jahr Auszeit. Mal wieder einmal ohne Grund zu reisen, zu lesen oder in eine Ausstellung zu gehen, und dann mit neuen Impulsen und neuen Ideen wieder von vorne anzufangen.


30   Hmmm, Lecker!

Kochtipps vom Kochhaus Tilapia mit Mandelkruste, Chili-Rosinen-Spinat und Kartoffelschnee Text und Bilder Kochhaus

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Berlin Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 2 Tilapiafilets, 2 Backkartoffeln, 300 g Spinat, 1 Bund Petersilie, 1 Zitrone, 1 Chilischote, 1 Knoblauchzehe, 40 g Butter, 50 g gehobelte Mandeln, 15 g Rosinen, 60 ml Olivenöl, Salz, Zucker (*Mengenangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen). Zubereitungszeit: 50 min

Ofen auf 180°C Umluft bzw. 200°C Ober-/ Unterhit-

Währenddessen Chilischote halbieren und entkernen,

Gehobelte Mandeln mit den Händen grob zerbröseln

ze vorheizen. Kartoffeln waschen, halbieren und die

Knoblauch pellen und beides fein hacken. Zitrone aus-

und mit der gehackten Petersilie und 1 bzw. 2 EL* Öl

Schnittflächen mit je 1⁄2 EL Öl dünn bestreichen. An-

pressen. 2 bzw. 4* Spitzen der Petersilie abzupfen und

vermengen. Nach Geschmack mit ca. 1⁄2 bzw. 1 TL* Salz

schließend einzeln in Alufolie wickeln und auf einem

als Dekoration beiseite stellen. Die verbliebenen Blätter

würzen.

Gitter im vorgeheizten Ofen ca. 30 Minuten backen.

von den Stielen zupfen und grob hacken. Spinat waschen.

Fischfilets kalt abspülen, trocken tupfen und rundum mit

Nach 30 Minuten Kartoffeln aus dem Ofen nehmen.

Währenddessen das Innere der Backkartoffeln auslö-

je 2 EL Zitronensaft und 1 gestrichenen TL Salz würzen.

Fischfilets auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech

sen und zusammen mit der Hälfte der Butter in eine

Anschließend das Mandel-Petersilien-Gemisch gleich-

geben und im Ofen auf mittlerer Schiene bei gleicher

Schale geben. Mit einer Gabel zu feinem Kartoffel-

mäßig auf die Fischfilets geben.

Hitze 10 Minuten garen, bis die Mandelkruste gold-

schnee zerdrücken, nach Geschmack mit ca. 1 bzw. 2

braun ist.

TL* Salz würzen und warmhalten.

1 bzw. 2 EL* Öl und die verbliebene Butter bei mittlerer Stufe

Die gold-braun gebackenen Fischfilets aus dem Ofen

Aus dem Spinat mit 2 Esslöffeln Nocken formen und

in einer Pfanne erhitzen. Spinat, Rosinen, gehackten Chili

nehmen.

auf einem flachen Teller anrichten. Kartoffelschnee

und Knoblauch hinzufügen und ca. 1 Minute schmoren las-

und Fischfilets hinzufügen und mit Petersilienspitzen

sen, bis der Spinat zusammen- fällt. Nach Geschmack mit ca.

garnieren.

1 bzw. 2 TL* Salz und 1 bzw. 2 TL* Zucker würzen.


Wir Mitte Muttis  31

Wir mitteMuttis Text Bettina Schuler  Bilder Anorak  Translation P. 44

Früher dachte ich immer, dass guter Geschmack nur eine Sache der Erziehung ist und dass, wenn ich meinem Kind immer nur Astrid Lindgren- und James Krüss- Bücher vorlese, es sich nie im Leben für so etwas wie die DiddelMaus interessiert. Doch weit gefehlt. Denn leider kann ich mein Kind nicht in den eigenen vier Wänden einschließen, sondern muss es in solche Orte des schlechten Umgangs wie den Kindergarten schicken. Wo sie mit Dingen in Kontakt kommt, bei deren Anblick selbst Hulk vor Schreck das Weite gesucht hätte, die für meine Tochter jedoch so erstrebenswert erscheinen wie für mich der Gewinn der Sofort-Rente. Das aktuelle Objekt der Begierde heißt Filly und ist ein billiges, ca. 4 cm großes, behaartes Plastikeinhorn. Wahlweise in pink, türkis oder lila. Mit Flügeln, die nachts leuchten und einem Horn, das bei der kleinsten Erschütterung aus der Fassung fällt. Doch das Schlimmste an diesen Fillys – deren Mini-Plastik-Diademe wohlgemerkt mit echten Swarowski-Elementen verziert sind – ist, dass es die besonders schönen Exemplare nur in Kombination mit einer Zeitschrift gibt. Was dazu führt, dass meine Tochter mir jedes Mal, wenn wir einen Zeitschriftenladen betreten, einen Vortrag über die Genealogie der Fillys hält, um mir anschließend ausführlich darzulegen, warum ihre bisherigen 30 Fillys unmöglich ohne dieses eine weitere überleben können. Allein mein Versprechen, dass sie sich eine andere Zeitschrift aussuchen darf, hindert sie daran, sich wie ein tollwütiges Tier aufzuführen. Doch welches Magazin soll man kaufen, wenn man sich nicht gleich ein anderes Übel wie Lilly Fee, Benjamin Blümchen oder Wendy ins Haus holen möchte? Zum Beispiel die Kinderversion von einem etablierten Magazin wie Der Spiegel, Zeit oder mare, mit denen die Verlage nicht nur das schlechte Gewissen der Eltern beruhigen, sondern sich auch gleich das Vertrauen des zu-

künftigen Zielpublikums sichern. Nur leider fehlt diesen Magazinen trotz gut recherchierter Geschichten und der obligatorischen schlechten Witz-Seite etwas ganz Entscheidendes: der Gimmick. Und geben wir es ruhig zu, auch wir haben uns für die Yps-Hefte nicht wegen der Storys interessiert. Nein, es waren die Urzeit-Krebse, das Abenteuerzelt und die Spring-Flöhe, die unser Kinderherz begehrte. Doch leider gibt es das Yps-Heft nicht mehr. Ansonsten hätte ich meiner Tochter schon längst ein Abo geschenkt. Doch welches Kindermagazin kann man seinem Kind dann kaufen, ohne dass man an der Kasse gleich vor Scham im Boden versinkt? Zum Beispiel die deutsche Ausgabe des britischen Magazins ANORAK, das anstatt auf prominente TV-Figuren auf spannende Kurzgeschichten für Kinder setzt, die sich thematisch immer an dem Oberthema des Hefts orientieren und zudem noch ein Kuscheltier-Foto-Comic, jede Menge Rätsel und Ausflugstipps für die Kinder beinhaltet. Das Beste ist jedoch das schicke Retro-Design, dank dessen sich das Magazin allein schon optisch von den üblichen KindertrashZeitschriften absetzt. Einziges Manko ist auch hier der fehlende Gimmick, der jedoch in der aktuellen Ausgabe zum Thema Freundschaft durch kleine Karten zum Ausschneiden gelungen ersetzt wird. Außerdem wird allein die Tatsache, dass Eltern diese Geschichten ohne zu murren vorlesen, die Kinder recht schnell über den fehlenden Gimmick hinwegtrösten.

ANORAK Magazin Deutschland Für Kinder von 3 bis 8 Jahren Vierteljährlich für 3,50 Euro www.anorak-magazin.de Dein Spiegel Für Kinder von 8 bis 12 Jahren Monatlich für 3,40 Euro GEOmini Für Kinder ab 5 Jahren Monatlich für 2,90 Euro GEOlino Für Kinder von 8 bis 14 Jahren Monatlich für 3,40 Euro www.geo.de/GEOlino mare aHoi! Für Schulkinder von 7 bis 14 Jahren Zweimonatlich für 3,90 Euro Medizini Gibt es umsonst in jeder Apotheke Wendy Für Kinder von 6 bis 11 Jahren 14tägig für 2,50 Euro www.wendy.de


32   Kulturgut

Kunsttipps

von

EyeOut

Text Jan Winkelmann  Translation Kimberley Bradley, P. 41

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Jorge Pardo 10. September – 8. Oktober 2011 Neugerriemschneider, Linienstr. 155, S1, S2, S25 Oranienburger Strasse, Di – Sa 11 – 18 h, +49–30–28 87 72 77, mail@neugerriemschneider.com, www.neugerriemschneider.com

Jorge Pardo Installationsansicht K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 2009 © Jorge Pardo Courtesy neugerriemschneider, Berlin Foto: Achim Kukulies

Arbeiten von Jorge Pardo sieht man in Berlin leider viel zu selten. Jetzt ist wieder die Gelegenheit: Für die Ausstellung bei neugerriemschneider hat der Künstler eine Rauminstallation konzipiert, die aus verschiedenen neuen Einzelarbeiten besteht. Eine Drehbühne mit mehreren Möbelskulpturen bildet das Zentrum der Ausstellung. Darüber eine raumgreifende Lichtskulptur mit einzelnen Gruppen von handgefertigten Lampen, die in unterschiedlichen Höhen hängen. Deren Licht sowie die Reflexionen in den sechs goldfarbenen querformatigen Gemälden an den Galeriewänden lassen den Ausstellungsraum in unterschiedlichen Schattierungen „leuchten“. Dem Besucher bietet sich ein faszinierendes Spiel von Farben, Formen, Materialien, Licht und Raumerleben dieser. Der Künstler amalgamiert einmal mehr mit traumwandlerischer Sicherheit die Schnittstellen zwischen Skulptur, Design, Malerei und Architektur.

Vittorio Santoro Les vingt-quatre heures 3. September – 15. Oktober 2011 Campagne Première, Chauseestr. 116, U6 Naturkundemuseum, Di – Fr 13 – 18, Sa 11 – 18 h, +49-30 40 05 43 00, mail@campagne-premiere.com, www.campagne-premiere.com

Vittorio Santoro: Les vingt-quatre heures, 2010 © Vittorio Santoro Courtesy Campagne Première Berlin

Vittorio Santoros Ausstellung bei Campagne Première kreist thematisch um Fragen nach der Rezeption und Interpretation von Kunst. Dabei nutzt der Künstler Verweise zu Literatur, Theater, Film aber auch zu historischen Gegebenheiten und gesellschaftlichen Ereignissen für seine Werke, die wie exemplarische Untersuchungen anmuten. In der zentralen Arbeit der Ausstellung schreibt der Künstler über die Dauer von fünf Monaten einmal am Tag den Titel der Ausstellung Les vingt-quatre heures (eine entfernte Referenz an Samuel Beckets Theaterstück Warten auf Godot), auf dem selben Stück Papier immer wieder an genau die gleiche Stelle. Auf Dauer resultiert der repetitive Akt in eine dicke, verschwommene Graphitschicht, in der sich der Verlust von Bedeutung durch die konstante Wiederholung auf ausgesprochen poetische Weise „einschreibt“.

Nina Fischer & Maroan el Sani IMPERO DEI SEGNI – Bye Bye Testosteroni 25. August – 22. Oktober 2011 EIGEN+ART, Auguststr. 25, S1, S2, S25 Oranienburger Strasse, Di – Sa 11 – 18 h, +49–30–280 66 05, berlin@eigen-art.com, www.eigen-art.com

Nina Fischer & Maroan el Sani: Impero dei Segni / Manifesto, 2011 © Nina Fischer & Maroan el Sani, VG Bild-Kunst, Bonn Courtesy Galerie EIGEN+ART Berlin/ Leipzig

In der Ausstellung IMPERO DEI SEGNI – Bye Bye Testosteroni zeigen Nina Fischer und Maroan el Sani bei EIGEN+ART sieben Fotografien, die im Palazzo dei Congressi in Rom aufgenommen wurden. Alle Fotos zeigen aus der gleichen Kameraperspektive – bis auf eines, das die Monumentalität des rationalistischen Gebäudes erahnen lässt – Personen, die allgemeinen Protest in verschiedenen Formen nonverbaler Kommunikation artikulieren. In der Tat handelt es sich nicht um das Ergebnis eines Fotoshootings, sondern um die Dokumentation einer künstlerischen Intervention. An diesem Ort der kunstvollen Inszenierung von Macht und Herrschaft werden dabei gerade keine konkreten politischen Inhalte vermittelt, vielmehr führen die Künstler die „symbolische Wertsphäre der überhöhten Herrschaftsarchitektur“ (Chris Piallat) auf pointierte Weise ad absurdum.



34   Angehört und nachgehorcht

Zola jesus – mystisch ohne maske Text Anne Kammerzelt  Fotos Angel Ceballos  Translation P. 42

Mit „Conatus“ erscheint Ende September das vierte Album des Dark Pop Projekts „Zola Jesus“ und damit der zweite Release, der von dem Berliner Label „Souterrain Transmissions“ herausgebracht wird. Hinter „Zola Jesus“ verbirgt sich die zierliche Nika Roza Danilova, die trotz ihres geringen Körpervolumens mit dem Stimmorgan einer opulenten Operndiva ausgestattet ist.


Angehört und nachgehorcht  35

Tatkräftig ist die 22-jährige Sängerin noch dazu, hat sie doch innerhalb kürzester Zeit ihr letztes Album produziert. Passend dazu der Albumtitel Conatus, der in der Philosophie einen Drang nach Bewegung bezeichnet. Darauf kombiniert Zola Jesus nach alter Manier Noise- und Industrial-Einflüsse mit poppigen und elektronischen Elementen zu dunklen Balladen, denen sie ihre unverkennbare Stimme hinzufügt. Nachdem sie im letzten Jahr Bands wie Fever Ray, The XX und XIU XIU supported hat, tritt sie in diesem Jahr aus deren Schatten heraus. Düster bleibt es natürlich trotzdem, wenn sie ihr neues Werk am 29. September im Berghain vorstellt. Nika, die auf der Bühne eher introvertiert daher kommt, gibt sich im Gespräch ganz offen und plaudert charmant drauf los, nachdem sie erstmal herzhaft in einen Schokoladenriegel gebissen hat.. Du hast gerade dein neues Album fertig gestellt. Was erwartet uns? Mit Conatus wollte ich ein Album produzieren, welches komplett anders ist als seine Vorgänger. Vielleicht unterscheidet sich das Endergebnis nicht allzu stark, aber die Herangehensweise war für mich eine völlig neue. Ich habe Instrumente benutzt, mit denen ich vorher noch nie gearbeitet habe, wie zum Beispiel LiveSchlagzeug und Streicher. Außerdem habe ich mich diesmal mit einem Produzenten zusammengetan. Du bezeichnest dich selber als Perfektionistin. Wie ist es, wenn du dir deine alten Tracks anhörst? Bist du zufrieden mit dem, was du bisher herausgebracht hast? Nein, es gibt immer etwas, das ich ändern könnte. Wahrscheinlich würde ich alleine nie etwas veröffentlichen. Gut, dass es in meinem Umfeld Menschen gibt, die mich antreiben und somit einen gewissen Druck auf mich ausüben. Ich denke nie, dass ein Lied gut genug ist. Aber wahrscheinlich ist es wichtig, dass ich so ticke. So kann ich einem Song immer noch etwas geben.. Letztes Jahr warst du zusammen mit „Former Ghost“ und „XIU XIU“ im „Festsaal Kreuzberg“ zu sehen. Dieses Jahr trittst du alleine im „Berghain“ auf. Bist du aufgeregt? Im Festsaal stand ich alleine auf der Bühne. Im Berghain habe ich meine Band dabei. Das ist viel angenehmer für mich. Außerdem ist es langsam an der Zeit. Ich hatte noch nie eine Headline Show in Berlin. Spielst du gerne live oder bist du lieber im Studio? Ich mag die Arbeit im Studio schon lieber. Aber wenn du etwas veröffentlichst, also einen Teil von dir nach außen trägst, schuldest du sowohl deinem eigenen Werk als auch deinen Fans die Auftritte. Darüber hinaus kann ich den Leuten, die das Album mögen, eine andere Version bieten. Meine Live Performance un-

terscheidet sich immer sehr von der Albumfassung. Goth Pop, Dark- Pop und Wave sind gerade Trend. Hast du Angst, Teil eines Hypes zu sein, oder freut es dich, dass die Musik so gut ankommt? Ich finde es eher etwas verwirrend. Mein erstes Album war definitiv mein düsterstes. Und keiner hat es mit Gothic in Verbindung gebracht. Das Wort fiel nicht einmal. Es kamen Beschreibungen wie Industrial und Dark, aber nie Goth. Ein Jahr später hatte ich meine nächste Veröffentlichung, und alle nannten es Goth. Aber das war definitiv mein Pop-Album. Das war der cleanste Pop, den ich je produziert habe. Dazu noch eine sehr optimistische Platte. Und dann waren da auf einmal diese ganzen anderen Bands, die wirklich sehr darke Stücke herausgebracht haben. Ich war meiner Ansicht nach schon wieder weg davon und beim Pop gelandet. Du verkörperst neben Künstlerinnen wie „Planningtorock“, „Fever Ray“ oder „Austra“ ein anderes Image als das typischer Pop-Sängerinnen. Ist Dark Pop eine feministische Form von Pop? Pop-Musik macht Menschen glücklich. Sie verkauft eine Illusion und sie hilft der Werbeindustrie, Produkte zu verkaufen, weil sie den Menschen hilft, dem Alltag zu entfliehen und Probleme zu vergessen. Ich finde das traurig und möchte dabei nicht mitwirken. Ich möchte Musik machen, die zum Nachdenken anregt und Gefühle auslöst. Der Zuhörer soll sich gut fühlen. Aber eben nicht so gut, dass er sich deswegen die neusten Converse-Schuhe kauft. Ich bin eine Frau und ich fühle mich sehr weiblich. Auf der anderen Seite kann ich sehr energisch und aggressiv sein. Nur weil man eine Frau ist, muss man nicht die ganze Zeit über seine Sexualität singen. Da gibt es andre Dinge... eigentlich alles andere, was ich wichtiger finde. Im Vergleich zu anderen Künstlerinnen der Szene gibst du dich auf der Bühne sehr puristisch. Viele arbeiten mit Masken, und die ganze Perfomance ist sehr inszeniert und auch auf visuelle Reize ausgelegt... ...denn die Leute langweilen sich schnell. Sie brauchen dauerhafte Stimulation. Da versuchen die KünstlerInnen natürlich, für alle Reize etwas zu bieten. Ich möchte lieber authentisch sein. Bei mir gibt es keine Maske.


36   Anzeige

mobilesuite Text Tina Fraast  Fotos Ben Roth

Als Freelancer oder im Home Office zu arbeiten, ist ja so eine Sache. Ähnlich wie das eigenständige Studieren. Da wird aufgestanden, erst einmal ein Kaffee gekocht. Dann gibt es Frühstück. Die Nachbarin klingelt. Es wird geplauscht. Das Bücherregal ist immer noch nicht aufgebaut und starrt einen aus dem Flur entgegen, und putzen könnte man – wie immer – auch mal wieder.

Ein Hoch auf all die, die sich dennoch aufraffen, an den Rechner setzen und gestalten, konzeptionieren oder schreiben. Ich würde erst einmal das Regal aufbauen, putzen und so den ganzen Tag einfach mal nicht arbeiten. Allen, die das gleiche Problem haben wie ich, kann jetzt ganz einfach geholfen werden. Im Prenzlauer Berg eröffnete nämlich im August mobilesuite. Nur eine Gehminute von der SBahn Station Schönhauser Allee entstand in den ehemaligen Räumen des Finanzamtes der erste Coworking Standort in Prenzlauer Berg. Das ehemalige Finanzamt ist hierfür aufwendig kernsaniert worden und bietet jetzt urbanen Nomaden einen perfekt ausgestatteten Arbeitsplatz inklusive Internet, Drucker, Kopierer und Fax etc. Die Räume sind groß, hell, ruhig und bieten einen Arbeitsplatz, wie man ihn sich nur wünschen kann. Schon ab knapp sieben Euro pro Tag steht der gemietete Arbeitsplatz zur Verfügung und dann gelten keine Ausreden mehr. Wählbar sind Tickets für 1, 5, 10 oder 30 Tage, je nach eigener Auftragslage. Die Tickets sind flexibel, gelten 90 Tage und müssen nicht an aneinander folgenden Tagen eingesetzt werden.

Und will der Kunde schon erste Ergebnisse sehen, stehen bei mobilesuite auch Meetingräume, auf Wunsch mit Catering, zur Verfügung.

„Mobilesuite Coworking Berlin“ Pappelallee 78/79 10437 Berlin www.mobilesuite.de

Selbst bei einer Vergrößerung der Projektgruppe gibt es die perfekte Lösung. Zu vermieten sind nämlich auch komplette Büros mit wahlweise zwei oder vier Arbeitsplätzen inklusive Zugang rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Damit ist auch für Nachteulen und die letzten Tage/ Nächte vor Projektabgabe bestens gesorgt. Für das leibliche Wohl sorgt mobilesuite mit einem Bistro, das Getränke, Snacks und – was könnte man sich besseres vorstellen – eine Kaffee-Flatrate anbietet! Die mobilesuite in der Pappelallee ist der erste Grundbaustein für ein deutsches und später auch europaweites Netzwerk für coworking spaces. Wer sich das ganze einmal ansehen möchte, kann dies jeden Dienstag um 10.00 und Donnerstag um 18.00 tun, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.


Gimme Five  37

Gimme Five ausgefallene Magazine Text Paul Schlosser

Zugegeben, die Tage, an denen in diesem Sommer die 20 Grad Marke geknackt wurde, lassen sich an zwei Händen abzählen. Meiner Vorliebe für außergewöhnliche Printmagazine tut das zwar keinen Abbruch, insgeheim würde ich zu dieser Jahreszeit aber lieber bei einer Mate und Las Ketchup im Ohr an einem der zahlreichen Seen des Berliner Umlands darin schmökern als wetterbedingt bei Kusmi Tee und Radiohead zuhause auf der Couch.

01

Crush Fanzine Ihr kennt das vielleicht noch von früher, als man unsterblich in ein Mädchen verknallt war, die jedoch nur Augen für ältere Jungs mit Rollerführerschein hatte. Um diese unerwiderte Liebe halbwegs nähren zu können, sammelte man jeden Schnipsel, Brief und ausgeschnittene Fotos, klebte sie in ein Buch, das dann als Sammelsurium von unschätzbarem Wert gewesen ist. Das Crush Fanzine ist eine Mischung aus eben genau diesem süßen Geheimnis, das gerne mal unter einer losen Fliese oder im Futter des Kopfkissens versteckt wurde. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass Fanzines von Fans gemacht werden, Crush aber von zeitgenössischen Künstlern, Fotografen und Illustratoren.

02

Dapper Dan Neben der Fantastic Man, ist Dapper Dan für mich das reifste und ansprechendste aller Männermagazine. Mit seiner äußerst subjektiven Auswahl an Themen, Features und Personen bricht das Heft mit den gängigen Klischees üblicher Männermagazine und folgt einer bestimmten Stimmung, keinem Trend. Es verpasst der klassischen Herren-Garderobe nicht nur die nötige Prise individueller Frische, es leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Modegeschichtsschreibung, wenn es sich völlig außer Acht aktueller Trends raubeinigen Männern und ihrem persönlichen Stil verschreibt.

03

Mono.Kultur Mono.Kultur ist ein Berliner Interviewmagazin, das sich vierteljährlich einem Künstler und seiner Arbeit widmet. Emphatisch bewerben möchte ich an dieser Stelle das Schnüffel-Heft, das in enger Zusammenarbeit mit der norwegischen Geruchs- und Duftkünstlerin Sisse Tolaas entstanden ist. Im Wechsel mit Textseiten befinden sich reine „Kratz- und Riech“(scratch-an-sniff)-Seiten, die die Ausgabe zu einem einzigen Riech-Experiment machen. Ich bin mir sicher, dass Tolaas passend zu den Geschichten im Heft den Körpergeruch, also den Schweiß von Männern, rekonstruiert hat. Aufmerksame Riecher werden auch Zigaretten, Whisky, schweres Rasierwasser und mehr rausschnuppern können.

04

032c Nicht nur wegen Kristen McMenamys radikaler Freizügigkeit im letzten Heft gebührt dem 032c ein ehrenvoller Platz in dieser Top Fünf. Das Magazin ist weit mehr als eines dieser notorisch an der Schnittstelle zwischen Kunst, Design, Mode und Kultur arbeitenden Magazine aus Berlin. Blättert man sich durch das Heft, spaziert man durch ein Spalier ins Rätselhafte, visuell reizvolles, aber auch in das mit Vorsicht zu genießende Extreme. Die New York Times beschrieb die englischsprachige Zeitschrift als Magazin, das Kunst und Architektur, Literatur, Stadtforschung und Mode auf eine Weise zusammenbringt, die einen vergessen lassen kann, wie deprimierend der Besuch am Zeitungskiosk geworden ist.

05

Sang Bleu Sang Bleu, Blaues Blut heißt die aus London kommende Tätowierzeitschrift, die der Schweizer Maxime Büchi zusammen mit Jeanne-Salome Rochat ins Leben gerufen hat. Ich glaube, es ist auch das erste Tattoo-Mag, das es völlig ohne Betty Page Doppelgängerinnen oder blanken Brüsten auf dem Cover geschafft hat, sich zu einem international beachteten Designblatt und einer stilprägenden Zeitschrift für zeitgenössische Kunst zu mausern. Das Spiel mit experimentierfreudiger Kultur in Form von Kunst, Mode oder Literatur, gepaart mit unkonventionellen Themen wie Körperkult, Fetisch und Subkulturen macht Sang Bleu zu einem wahrem Fundstück.



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster  Translation P. 44

Jessica Reitz, 34 Jahre Mitinhaberin und Betreiberin des Magazin- und Buchladens „do you read me?! “

In den meisten Läden führen Magazine nur ein Randdasein und werden von vielen Kunden kaum wahrgenommen. Das wollten wir mit der Gründung von do you read me?! ändern. Viele Kunden kennen den Namen unseres Ladens gar nicht. Wahrscheinlich auch, weil do you read me?! mehr wie ein Slogan denn wie der Name eines Ladens klingt. Aber trotzdem ist der Name zu unserem Markenzeichen geworden. Wahrscheinlich auch wegen der einprägsamen Corporate Identity, die Mark Kiessling, der Initiator und Mitinhaber des Ladens ist, gestaltet hat. Die do you read me?!-Taschen haben sicher ihren Anteil an unserer Bekanntheit, sie werden aus aller Welt bestellt und sind auch in Berlin oft zu sehen. Einige Kunden kommen in den Laden und erzählen, in welcher Stadt sie die Tasche auf der Straße entdeckt haben. Selbst Fotos bekommen wir manchmal zugeschickt. Das zeigt, dass unsere Kunden sich irgendwie mit dem Laden verbunden fühlen, was uns natürlich wiederum sehr freut. Von Hause aus bin ich gelernte Buchhändlerin und habe lange in der Werbeabteilung des KulturKaufhauses Dussmann gearbeitet. Damit bin ich wahrscheinlich eine gute Ergänzung zu Mark, der als Designer aus einer anderen Ecke kommt. Unser Magazin-Sortiment ist sehr breit gefächert und reicht von Texte zur Kunst über mono.kultur bis zu Purple Fashion. Unser Schwerpunkt liegt klar auf internationalen Magazinen zu Kunst, Kultur und Gesellschaft, allein schon wegen unserer persönlichen Präferenz für diese Themen. Bücher führen wir vor allem als Ergänzung zu bestimmten Themen. Wobei sich für mich bei vielen

Publikationen ohnehin die Frage stellt, als was man welche Publikation definiert – vieles entzieht sich mittlerweile der klassischen Kategorisierung und ist eine Mischform aus Buch, Magazin, Katalog oder Fanzine.

„do you read me?!“ Magazine und Lektüre der Gegenwart Auguststraße 28 10117 Berlin info@doyoureadme.de

Auch unsere Kunden sind sehr unterschiedlich. Von 15- bis 75-Jährigen ist hier jeder vertreten, Stammkunden, die sich beruflich mit Fotografie oder Architektur beschäftigen und wissen, dass wir viele Magazine zu diesen Themen führen, genauso wie Touristen, die natürlich auch wegen der vielen Galerien hier in der Ecke unterwegs sind. Das Sortiment hat sich in den letzten Jahren stetig erweitert, wobei man durch die kontinuierliche Beschäftigung mit Magazinen viel differenzierter in deren Beurteilung wird. Selbst Magazine, die man vorher immer gerne gelesen hat, liest man jetzt viel kritischer. Bei der Einschätzung eines neuen Magazins ist für mich aber nicht nur das Design und der Inhalt, sondern auch das haptische Moment sehr wichtig: Wie fühlt es sich an? Welches Papier wird verwendet? Und wie liegt es in der Hand? Mein persönliches Lieblingsmagazin? Das ändert sich jeden Tag. Interessant finde ich auch Genre untypische Projekte wie das Neue Testament, die Bibel in Magazinform. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein gewöhnliches Gesellschaftsmagazin, dabei handelt es sich um den Originaltext, der typographisch sehr ansprechend umgesetzt ist.

Tel. 030 – 695 49 695


40   Anzeige

NO BALLS - NO GLORY! TC Rakete kommt Text Tina Fraas

„Verlieren ist wie gewinnen. Nur umgekehrt.“ (Marc-Kevin Goellner)

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit als ich ein Teenager war, der Sommer war damals übrigens noch heiß und trocken. Mein erster Freund war zu Besuch und wir haben in meinem Zimmer wild herumgeknutscht. Plötzlich hallte der markerschütternde Schrei meines Vaters durch das gesamte Haus: „Neeeeeeeeeein! Boris! Neeeeeeeeeein!“ Mein Freund erschrak sich verständlicherweise zu Tode und wollte fliehen, bis ich ihm erklärte, es ging bei dem Schrei meines Vaters nicht um ihn, sondern um Bum Bum Boris oder Bobbele, wie der jüngste aller Wimbledon-Sieger zärtlich genannt wurde. Boris Becker war damals eine Sport-Ikone, ein Idol. Das war übrigens die Zeit als eine Besenkammer wirklich nur ein Abstellraum für Putzutensilien war und noch kein allgemein bekannter Zeugungs-Ort eines Nachkommen. Auch Steffi Graf, John McEnroe, Andre Agassi, Ivan

Events (p. 8)

Lendl oder Martina Navrátilová waren die Helden des weißen Sports. Ohne Boris und Steffi ist Tennis seitdem mehr und mehr ins Abseits gerückt. Aber das wird sich jetzt ändern. Mit dem Motto No Balls – No Glory wird der Verein TC RAKETE ins Leben gerufen. TC RAKETE will Tennis wieder mehr in unser Leben bringen, Partys und Turniere veranstalten und endlich können wir auch selbst mal wieder den Schläger in die Hand nehmen! Auf der TC RAKETE Facebook Seite werdet ihr über die rauschenden Feste, Vereinsmeisterschaften und Erdbeerbowle for free auf dem Laufenden gehalten. TC RAKETE ... coming sooner than you think! No Balls – No Glory!

www.facebook.com/TCRakete

machines were originally designed for performing

obnoxious brass band, you're way off the mark: the

art group concerts, which merged music and machi-

horn section is used only as a subtle, playful add-on.

Monster Cabinet

ne art.

The Icelandic band Sigur Rós was thrilled when heard

Permanent Exhibition

The Monster Cabinet

these boys from Vancouver at Iceland Airwaves 2009.

Admission: € 8

c /o Haus Schwarzenberg

A joint show followed at the Art Museum in Reykja-

13 to 18 August

in cellar of second courtyard

vik in front of 3,000 spectators. Now the Canadians

Thu 6 to 10 pm,

Rosenthaler Strasse 39

are making their debut in Berlin with Mt Chimaera at

Fri and Sat 4 to 10 pm

www.monsterkabinett.de

the third Canadian Blast. Whoever can’t get enough of Canadian music will also get to hear Les Jupes, The

You’ll find a building between the Hackeschen Höfen and the Rosen Höfen with the

brasstronaut

Wilderness of Manitoba and Ian Kelly in addition to

number 39 on it. A narrow passageway with cracked

Festival, 17 to 21 August

Brasstronaut.

walls and street art leads to the small courtyards,

Indie Folk Rock Jazz

NBI / Kultur Brauerei

which have developed into a place alive with an inter-

Admission free

Schönhauser Allee 36

national creative subculture. In addition to a gallery,

20 September,

www.neueberlinerinitiative.de

cinema and bar, Haus Schwarzenberg is home to a

Doors open 7 pm,

bizarre permanent exhibition: the monster's cabinet.

show starts at 7:45 pm

Chicks on Speed

You’ll be received in the courtyard by Bloch who has

Indie, guitar-pop, electronica, klezmer, jazz, piano. It’s

Exhibition/Performance/

wings and rolls his eyes. A steep staircase goes down

hard to believe, but Brasstronaut combine it all. With

Workshops/ Talks

into the dark underground. There you meet eerie, but

their experimental mix of vocals, piano, trumpet,

10 September to 23 October,

likable and pitiable monsters singing, dancing and re-

saxophone, clarinet and horn, this indie-folk line-up

daily 12 to 7 pm, free admission

citing poetry in their own little worlds. In the Hall of

goes far beyond the usual limits. The six-man for-

Opening: 9 September, 7 pm

Mirrors a mirror is literally held in front of visitors: a

mation around Edo Van Breemen (vocals/keyboards)

Performance-Music-Lecture:

journey through the surreal world of the creatures is

and Bryan Davis (trumpet) always find moments in

14 to 17 September, 8 pm, € 10

ultimately a journey into one’s own inner self. Creator

which they break through typical song structures

Trashy pop art collages, exhibitions in galleries, ap-

of the monster's cabinet is Hannes Heiner who foun-

with effective integrated instrumentation and play

pearances at fashion shows at the Museum of Modern

ded the Dead Chickens project in Berlin in 1987. The

with the listener’s expectations. If you’re thinking

Art, New York – Chicks on Speed ​​are among the avant-


English Translations  41

garde of the interdisciplinary arts. Founded in 1997

Roter Salon

live music. And now Torstraße is finally getting what

by three art students in Munich, this post-feminist

in the Volksbühne at Rosa-Luxemburg-Platz

it deserves: it’s own festival. A total of 25 live acts, in-

collective of artists defiantly blurs the boundaries

Linien Strasse 227

cluding Jason Forrest, Camera, Hush Hush, Jools Hun-

of art, music, fashion, technology and performance.

www.roter-salon-berlin.de

ter, Miss Kenichi and Fenster will be performing on eight stages each for one hour in CCCP, Grünen Salon,

With Cultural Workship Now! Melissa Logan and Alex Murray-Leslie are presenting their creative work for

Golden Sun Movement

Kaffee Burger, Schokoladen, St. Oberholz, White Trash

the first time in Germany - from its beginnings in the

Exhibition

Fast Food, as well as in the restaurants W. Prassnik and

90’s to the present. The focus is on concrete objects,

Admission free

Z-bar. Besides music, many shops and galleries will be

installations and videos, as well as new performan-

7 September to 7 October,

offering some surprises, even which we here at Mitte-

ces. The exhibition is intended to emphasize Chicks

Tuesday to Sunday, 5 – 8 pm

schön don’t yet know. So be prepared to be surprised.

on Speed’s vibrant variety ​​and the importance they

Opening: 7 September,

More information available at:

6 – midnight

www.torstrassenfestival.de

have had on shaping a subversive approach to art. Collaboration with other artists has been an impor-

The Bang Bang Berlin Gallery in Prenzlauerberg is a

tant component in their artistic practice from the be-

website, gallery and creative focal point all in one.

ginning. Long-term companions such as A.L. Steiner

The showroom opened in January 2011, and the blog

and Deborah Schamoni are also represented, as well

with daily updated articles on art, music, fashion and

Jorge Pardo

as their current co-operation partner, Karl Lagerfeld

interviews has existed for two years. Art and music

10. September – 8. Oktober 2011

who designed the cover of the pre-released single

meet in the exhibition ON. The British collective

Works by Jorge Pardo are unfor-

Fashion Rules. Besides the exhibition at Kunstraum

Golden Sun Movement is presenting group work and

tunately far too seldom on view

Kreuzberg, there will also be a four-day series of

individual productions for the first time in Berlin.

in Berlin. But here comes ano-

events with video screenings, readings, live perfor-

Graphic artists Luke Insect, Leo Zero and Dave Little all

ther chance. For his exhibition

mances and party.

have their roots in the psychedelic 1960’s and exerted

at neugerriemschneider, the ar-

Kunstraum Kreuzberg / Bethanien

great influence on the musicians, clubs and brands

tist has conceptualized a spatial installation consisting

Mariannenplatz

they worked for. New, original works, as well as older

of an array of new works. A rotating stage with several

www.kunstraumkreuzberg.de

works can be seen in the exhibition. Club posters, LP

furniture sculptures is the centerpiece of the exhibiti-

and CD covers for musicians such as Paul McCartney,

on; above it, an expansive light sculpture is comprised

Susanne Sundfør

Jamie Hewitt of Gorillaz, 3D from Massive Attack and

of individual groups of handmade lamps hanging at

Art-Pop

The Prodigy are included. The images play with unu-

various heights. Their light, as well as the reflections in

Tickets: in advance € 17.20

sual perspectives, shocking colors and different style

the six gold-colored horizontally formatted paintings

25 September, doors open at

elements, for example Victorian and pop art. As it’s

on the gallery walls, ‘illuminate’ the exhibition space

8 pm, show starts at 9 pm

about art in music, there will be a live performance by

in various tonalities and shadings. This offers the

Take a listen to her new album

Leo Zero at the after-opening party.

viewer a fascinating game of colors, forms, materials,

The Brothel, and you’ll imme-

Bang Bang Berlin Gallery

light and spatial experience. Once more, with the in-

diately fall for Susanne Sundfør and her music. With

Choriner Strasse 34

stinctive certainty, the artist synthesizes the overlaps

a voice as clear as a bell, melodramatic melodies and

www.bangbangberlin.com

between sculpture, design, painting and architecture.

EYEOUT Art Events (p. 32)

artful variations, this Norwegian from the picturesque port town of Haugesund has conjured up a so-

TorStrasse Street Festival

Vittorio Santoro

nic marvel. An organic, warm sound with piano runs,

Music Festival

Les vingt-

strings and woodwinds are interspersed with indust-

Admission: € 10

quatre heures

rial samples while church hymns are combined with

3 September, 12 – 9 pm

3. September – 15. Oktober 2011

Arabic harmonies. The result is dark, dreamy art-pop

It's loud, rough and not espe-

Vittorio Santoro’s exhibition at

that brings alive a mythical creature to the mind's eye.

cially pretty. Only at second

Campagne Première themati-

That Susanne Sundfør suffers from a chronic writer's

glance does it become clear

cally circles around the recep-

block is difficult to believe considering the profundi-

what Torstraße is all about. In contrast to many of

tion and interpretation of art. Here, the artist uses re-

ty of her texts. She processes as many thoughts in one

other streets to the south, which have been practi-

ferences to literature, theater, film but also historical

single song as there usually are in an entire album.

cally renovated into lifelessness, in Torstraße you can

conditions and societal events for his works, which

The 25-year has learned to deal with being a lazy wri-

still feel the charm of East Berlin during the creative

appear as exemplary explorations. In the exhibition’s

ter. If the muses are kind to her, she will work until

spirit of optimism after the fall of the wall. Nowhere

central work, the artist writes, over a course of five

she drops, or else she won’t do it. Susanne Sundfør

else in Berlin do opposites collide with each other as

months, the title of the exhibition, Les vingt-quatre

recently won a prize for up and coming Norwegian

they do here. Next to chic lofts, restaurants and desig-

heures (a distant reference to Samuel Beckett’s play

musicians, which A-ha initiated last year. She used

ner shops, there are off-theaters and cultural projects,

Waiting for Godot) once a day on the same piece of

the prize money to go on tour abroad. She’s only got

long-established retail stores and typical Berlin cor-

paper in exactly the same place. Over time, the repe

her piano to perform her self-composed pieces and

ner pubs. And what not many people know is that in

titive act results in a thick, blurry layer of graphite,

entirely reduced and transparent.

no other two-kilometer stretch can you hear so much

in which the loss of meaning is “inscribed” in an ex-


42   English Translations

traordinarily poetic way through the constant recur-

arranged 3D illustrations by Sarah Illenberger (very

rence.

worth seeing!) who’s using this occasion to present

hit road and have never been seen since in Berlin.

Nina Fischer &

her first monographs. “The idea behind the space is

Ich und mein Staubsauger

Maroan el Sani

that we can transfer the themes of our books to the

(’Me and my vacuum cleaner‘)

IMPERO DEI SEGNI –

room – as an exhibition, lecture, workshop or as a se-

A cool name is always half the battle when publishing

Bye Bye

lection of products. It is a continuation of our editorial

a new magazine. And the excellence of this title must

Testosteroni

work and a way for us to personally meet all the people

hardly discussed. Me and my vacuum cleaner was first

25. August – 22. Oktober 2011

we have something do with. ”

published in 1986 in West Berlin, an issue was 200 pho-

In their exhibition IMPERO DEI SE-

“Mitteschön” together with the “Gestalten Space” is

tocopies of 12 pages costing one mark. In the second

GNI – Bye Bye Testosteroni on view at Eigen+Art, Nina

raffling two book coupons each worth €100. Just send

year there was a two-color glossy cover and the amount

Fischer und Maroan el Sani show seven photographs

an email with the subject line “Gestalten” to info@mit-

increased to 20 pages. The vacuum cleaner moved with

that were taken in the Palazzo dei Congressi in Rome.

teschoen.com.

his wonderfully ironic texts between fanzine and magazine satire and even risked a look over the edge of the

All of the photos are shot from the same camera perspective – except for one, which alludes to the monu-

Print in Berlin

wall, such as on the occasion when the Toten Hosen

mentality of the rationalistic building – and portray

(p. 18)

were in concert in East Berlin in 1988. It was an absolute contrast to the rest of the magazines and fanzine with

people articulating general protest using various forms of nonverbal communication. The images are

You like print magazines, right?

probably the largest cult status. Anyone who still won-

actually not the result of a photo shoot, but rather do-

Of course you do, otherwise you

ders how the hell you come to such a stupid name for a

cument an artistic intervention. At this site of artistic

wouldn’t be holding this one in

magazine. For those still wondering how you come up

staging of power and authority, no concrete political

your hands right now. Instead,

with such a stupid name, read the interview with Trevor

contents are communicated; the artists rather poin-

you would have grabbed your laptop, and clicked your

tedly exhibits the “symbolic sphere of value of an

way through some blogs to find out what's going on in

excessive, authoritarian brand of architecture” (Chris

Berlin. That’s great too. But honestly, isn’t it fun to flip

Besetzerinnen Zeitung

Piallat) ad absurdum.

page after page, feel the paper, enjoy the typography,

( Squatters Paper)

Wilson.

large pictures and, after reading it, to put it into some-

The ’Squatters Paper’ was first published shortly after

Design Space

one else’s hands? Yes, it does. And it seems, especially

the wall came down by a group of ambitious young

Gestalten (p. 17)

in this city, there are many people with a penchant for

people who enjoyed living in the reunified Berlin but

print. New and sometimes quite strange print publica-

had little interest in paying rent. The magazine’s motto

“Our work is to constantly find

tions have always come onto the market – or better said

was ’multicultural, multinational and on the offensive.‘

new topics and people and

into the circulation – in Berlin. Neighborhood papers,

Their unconditional will for basic democracy was clear-

then to develop formats and

music and literary magazines, fanzines, political jour-

ly stated at various points ( ’4 would find it important

experiences. Books provide the

nals – everyone who wants to know what's going on can

that the newspaper be seen as a discussion forum, to

basis from which all sorts of development is imagi-

inform themselves in black and white. We went looking

which and in which, preferably all occupied houses feel

nable. We’re always trying out something new.” Sven

for the pearls of print, those which had a particular in-

responsible to make sure it’s EVERYONE’s thing; so slam

Ehman is the Creative Director of Gestalten Space in

fluence on the city, which now have a cult status or were

the door in the face of the nasty juggernaut ’centraliza-

the Sophie Gips Höfen. The Gestalten Verlag (a pub-

just plain wierd.

tion‘). There was solidarity with colleagues from other cities and neighboring countries (’sometime, somehow,

lishing company known as Die Gestalten) has been publishing books on design, art, architecture, pop

The Edge

something...in the Hafen Strasse‘ ’Evil eviction in Hol-

culture and music since 1995. It is the editors’ ever-

“Berlin's largest English language magazine” proclai-

land‘). Although the text is stylistically reminiscent of

changing perspective, which makes the publication

med the sub-heading of the confident large-format city

the sustainability report of a mid-size company, the

the industry’s most innovative. Die Gestalten have

magazine from before the wall came down. Every two

photo spreads and cover art are without doubt milesto-

not only published books over the years, but have

weeks ex-pats interested in culture got their dose of se-

nes in Berlin magazine culture.

also developed their own fonts and broadcast their

lected highlights on music, art and theater events in the

own formats on Gestalten.tv. In order to achieve more

city, which David Bowie and Lou Reed chosen as their

Scheinschlag

of an integrated presence, the Gestalten Space was

home. In the Gutter was a column in the author’s own

( An apparent beat  )

opened this year – a space somewhere between shop

words was a concoction of “two thieving alcoholic bise-

Berlin Mitte in the 1990’s. Construction, conversion,

and exhibition. “Like with our books, the Space is also

xual bitches bad-mouthing everyone and everything.”

renovation and re-design everywhere, and yet nobody

all about offering a surprising and stimulating mix of

The Edge was otherwise well, well, just different. The

knows exactly where the journey’s going. In the signs

content. The line between store and gallery is less im-

design alone will bring tears to the eyes of a magazine

of these times Scheinschlag was the first alternative

portant than the consistent quality.” In the front part

lover. It was launched by a Texan stationed in Berlin in

neighborhood newspaper from the very beginning and

of the space, books are mixed with a curated selection

1988, who had been already published a free city maga-

always focused on sub-culture and social development.

of art and design objects – from toys to bags to porce-

zine in the U.S. Many still ask why it was discontinued

Legend has it that the creators had originally decided

lain sculpture by Charles Krafft. Exhibitions are held

after only 18 months. Rumour has it that the makers,

on Steinschlag (Falling rock). It also fit well because the

in the back. Currently up is Good Weather, carefully

who had made after a few dubious transactions, simply

editoral office was in the Steinstraße (Rock Street) in


English Translations  43

Mitte. It was said that the medium had a certain spi-

It’s a kind of magic!

ritual affinity with the squatters scene, they wanted to

(p. 26)

Your focus is clearly on print media design. Is that be-

avoid a militant image and simply called it Scheinschlag

After years of the prediction

cause of your own affinity for magazines?

(An apparent beat). The tabloid format newspaper was

that the end of records is ne-

Affinity isn’t accurate. There are an incredible num-

consistently unconventional, largely nonconformist

aring, there is now a new pro-

ber of factors that have played a role in my choice

and uncomfortable for many. Experimentation and

blem child: the print media,

of this focus. Firstly, my love for the haptic, as well

self-deprecation were written in lowercase, but most

which is gradually moving into

as the character of the object, the print products

importantly, the makers considered it a serious alterna-

the Internet. Anyway, that’s what they say. In any case,

through the addition of numerous factors such as the

tive to Berlin's city newspapers. Ever-changing authors

new magazines constantly keep appearing. Like Mit-

selection of paper, layout and content. Ultimately, it

worked for free for 17 years but the magazine was dis-

teschön. But why do we still buy magazines if all the

is probably just an absolute enthusiasm about eve-

continued in 2007 due to lack of affordability. The plan-

information is already for free on the net? And what

rything that can be done and triggered by print. It has

ned re-launch many have long waited for, has failed to

do you have to consider when designing a magazine

something magical for me.

materialize so far.

so that it doesn’t get lost in the crowd? We asked so-

Object in the sense of art?

meone who should know: designer Mario Lombardo

ln the sense of having and wanting to keep it. That

Buzz

who is owner of BUREAU Mario Lombardo, a Visual

you don’t just throw away this magazine, this object,

In July of 1997, a journal entered the Berlin scene which

Leader of the Year 2008 and former art director of the

after reading it; rather, you put it away and look at it

was dedicated itself fully to “electronic aspects of life.”

magazine Liebling.

again and again. That’s the big difference between a

done on the textual level. I hope that I succeeded.

magazine and a daily newspaper. You keep a special

Understand here: mainly electronic music of different varieties, but also other areas of modern technology

How does it feel to be awarded the title “Visual Leader

magazine. You throw away a daily newspaper. That’s

with an influence on the modern man. After the hither-

of the Year” and have the “Gestalten” Publishers dedi-

why increasing digitization is of special concern to

to most important medium of German techno scene,

cate a book to you at just age 35? Do you get scared of

daily newspapers and in what form they will be pu-

the frontpage, went bankrupt, some of the former front-

your own success?

blished.

page editorial staff joined forces in Pankow. Together,

Being honored as a visual leader by the media or crea-

Magazine as collector’s items; the way it is now for vi-

they developed and published a new magazine, Buzz,

tive artists who chose me is a compliment. Even if it

nyl records?

and also founded a publishing house especially for it.

was a strange feeling to win a lifetime achievement

They already are for me. Whereby, it’s important

They didn’t hesitate to throw their precious savings

award in my mid-thirties. Something like that should

for me that the design of a magazine appeals to the

plans in the urn. We are grateful to them for their dar-

come much later of course. Gestalten’s book did in

masses and not just an elite group of readers. That’s

ing because the magazine, which due to a name conflict

fact give me an oppressive feeling. I felt really old

why after working on Liebling, which was similar in

first went to Re:Buzz and finally De:Bug, remains both

when it came out. Probably because I had to deal with

concept to Spex, that is, for a very specific audience,

in content and design one of the crème de la crème of

so much of my past work, and also because I didn’t

doing special editions of Zitty really excited me. Zit-

German special-interest magazines.

quite have the necessary detachment. In addition,

ty is for everyone, not just for a strictly defined niche

through the book, the public perception of me chan-

audience. It must therefore be designed accordingly.

Phantom of the East

ged a lot. Suddenly there was the “Lombardo”, some-

The big challenge is not to slip into arbitrariness, but

At this point we would like to introduce you to a simili-

one who people expect to deliver. It’s a very strange

put it together well, always consider the pros and

ar magazine from the East Berlin before the wall came

feeling because I begin every task anew. But despite

cons, and incorporate your own impulses without

down. However, we can’t because we were unfortunate-

everything, especially right now, a year later, with a

scaring off most of the rather heterogeneous reader-

ly not able to get our hands on one. There were occasio-

little distance, of course, I’m very proud of the book.

ship of Zitty. That's a lot harder than if you aim right

nal, event-specific, flyers printed for parties and occasi-

What do you think makes a graphic designer success-

from the start to target a certain intellectual audience

onal pamphlets on political events. On the other hand,

ful?

that is already very open to innovative. In creating a

there was an official publications like the loyal youth

To know what he can and cannot do. And, if you can't

product for a wider audience, it’s possible for me to

magazine Neues Leben (New Life), the music magazine

do something well, to know who to ask in order to

pass on my impulses to the people who are less recep-

Melodie und Rhythmus (Melody and Rhythm) or the

achieve the best possible result.

tive to change. I like that. Currently we are working

culture magazine Das Magazin, which is still being pub-

Your big break came with “Spex”, where you were art

on a magazine for the KaDeWe, which targeted for an

lished. But there wasn’t a sub-culture journal, scene ma-

director from 2001 to 2006...

entirely different audience. And even if we have to

gazine, real neighborhood magazine or the real voice of

...which was a special time for me regarding design....

think in much more commercial design terms, you’ll

youth, which unfilteredly reflected life in the GDR. Just

Because back then, I was without a family or office,

be able to spot our own impulses.

the attempt to establish such a medium would have re-

and I had the time to fully concentrate on each issue

You often use the word, “we”...

presented a threat not to be underestimated, and would

of Spex and re-invent it over and over again. The lay-

I’m always just a part of a whole. There are the cus-

certainly have been nipped in the bud by the regime. If

out of the magazine was very playful.

tomers, publisher, the people in my office and teams

you can give us such a journal, write us! We’ll make it up

Did you want to set a contrast to the seriousness of the

of photographers, illustrators, artists, writers and edi-

in our next issue.

lyrics?

tors who all contribute to the design of the magazine.

Not necessarily. My style is already very playful and

I love to listen and to collect impulses, desires, hopes,

organic. I was more concerned with communicating

ideas or viewpoints and then to create something

with readers on a visual level; what the authors had

from it. To translate it all into a visual language. I al-


44   Kolumne

ways draw the best suggestions from conversations.

of puzzles, and tips for trips for children. Thanks to

of our personal preference for these subjects. The

Which magazines do you collect yourself?

the sleek retro design, the magazine stands out from

books we carry primarily complement specific topics.

All sorts. Also, in particular, the ugly ones. Even some

the usual, trashy kids’ magazines. The only drawback

Although for me the question often comes up as how

editions of Gala, when I discover something exciting

here is that there’s no surprise inside, however, in the

to define a publication as many publications elude

in the magazine.

latest edition, it’s been successfully substituted by

traditional categorization, and are a hybrid of a book,

To look up later...

little cards on the theme of friendship that the child-

magazine, catalogue, or fanzine. Our customers are

.... or as a reminder, a warning, whatever. Right now I

ren can out. Moreover, the mere fact that parents will

very different. Everyone from 15 to 75 is represented

really like Kid’s Wear Magazine because it is so color-

read these stories without griping quickly helps the

here. There are regular customers who are professio-

ful and alive.

children get over the missing surprise.

nally involved with photography or architecture and know that we have many magazines on these topics,

Can print actually be called the pinnacle of graphic design?

Berlin Faces (p. 38)

and of course, there are the tourists who are in the

I can’t judge that, every discipline has something spe-

Jessica Reitz, 34-years-old

neighborhood because of the many nearby galleries.

cial. For me, it’s my life.

co-owner/operator of the

What we offer has expanded steadily in recent years,

magazine and book store “do

although when you constantly deal with magazines

We Mitte Mums

you read me?!”

you become much more discriminating. Even Maga-

(p. 31)

Magazines only have a margi-

zines, which I always used to happily read, I now read

I used to think good taste was

nal existence in most stores

much more critically. When I assess a new magazine

only a matter of education, and

and are hardly noticed by many customers. That’s

not only is the design and content important, but also

that if I read Astrid Lindgren

what we wanted to change by opening do you read

the haptic moment: How does it feel? What paper is

and James Kruss to my child,

me?! Many customers don’t even know the name of

used? What is it like to hold it in your hand? My per-

she would never ever be interes-

our store. Probably because do you read me?! sounds

sonal favorite magazine? That changes every day. I

ted in something like the Diddel mouse. Not by a long

more like a slogan than the name of a store. In any

find genre-atypical projects like the New Testament,

shot. Because unfortunately I cannot lock up my child

case, the name has become our trademark. Probably

the Bible in magazine form interesting. At first glance

at home. I have to send her to a place with bad com-

because of the distinctive CI, which Mark Kiesling,

it looks just like an ordinary lifestyle publication, but

pany like kindergarten. Her current object of desire

the initiator and co-owner designed. The do you read

it’s the original text and the typography is very ap-

comes in pink, turquoise or purple: Filly is a cheap,

me?! bags certainly have played their share of crea-

pealing.

hairy, plastic unicorn about 4 centimeters big with

ting awareness. They’re ordered from all over the

wings that shine at night and a horn that breaks at the

world and are often seen

least upset. But the worst thing about these Fillys –

all over Berlin. Some cus-

whose mini-plastic tiaras are decorated with genuine

tomers come into the

Swarovski no less – is that you can only get the most

store and tell us in what

beautiful specimens in combination with a magazine.

city they spotted the bag

As a result, every time we walk into a newsagent's my

on the street. People so-

daughter gives me a lecture on Filly genealogy and ex-

metimes even send us

plains in great detail why the 30 Fillys she already has

photos. This shows that

can’t possibly live without this one. Just my assurance

our customers somehow

alone that she may choose a different magazine pre-

feel connected to the

vents her from acting like a rabid animal. But which

store,

magazine should I buy, if I don't want to import ano-

makes us very happy. I

ther evil like Fairy Lilly, Benjamin Blümchen or Wendy

am a professional book-

into my house? For example, there’s the children’s

seller and worked in the

which

naturally

version of mainstream magazines like Der Spiegel,

advertising department

Zeit, or mare, with which publishers not only assuage

in Dussmann for a long

the bad conscience of the parents, but also ensure a

time. So I’m probably

future target audience. Unfortunately, despite well-

a good complement to

researched stories and the obligatory bad joke page,

Mark who is a designer.

these magazines are missing something critical: the

Our magazine selection

surprise inside. But which childrens’ magazines can

is very broad, ranging

you buy without sinking into the ground in shame?

from Texte zur Kunst to

For example, the German edition of the British ma-

mono.kultur to Purple Fa-

gazine ANORAK. It focuses on exciting short stories

shion. Our focus is clear-

for children rather than prominent TV characters,

ly on international art,

and each issue thematically follows a main topic that

culture and society ma-

includes a stuffed animal photographic comic, lots

gazines, if only because


Mitteschön   Kieztalk  Online  45

Mitteschön online Mehr Neuigkeiten aus Mitte gibt es in unserer Online-Ausgabe unter www.mitteschoen.com zu entdecken. Neben den beiden Kategorien Mitte Streets und Mitte Nights – in denen wir klassische Restaurant-, Kultur-, Shop- und Ausgehtipps geben – stellen wir in der Rubrik Kieztalk interessante Menschen aus Berlins Mitte vor. In der Kolumne MiMu geben wir Tipps für alle Muttis, und wir fischen für euch unsere Lieblingsstücke aus Mittes Läden und dem Netz. In Brave New World schauen wir über Mitte hinaus und berichten euch Kurioses und Unterhaltsames aus der ganzen weiten Welt. Zu guter Letzt finden in regelmäßigen Abschnitten Gewinnspiele statt und wir vergeben Gästenlistenplätze für diverse Events. Viel Spaß!

Mitte streets

Verlosung: Fotografieren wie damals Bilder machen wie früher – back to analog. Selbst für das iPhone gibt es tolle Apps, die jedes Bild retro aussehen lassen können. Doch wer noch gerne zu einer Kamera greift und nicht jedes Motiv mit seinem Handy aufnehmen mag, der ist mit einer Lomography bestens ausgestattet. Und wir wären nicht Mitteschön, wenn wir nicht an dieser Stelle eine Kamera verlosen würden. Taucht also ein in die Welt der Lomography mit La Sardina Marathon. Direkt vom La Sardina Fischmarkt, inspiriert von einer einfachen Sardinenbüchse, wurde die Kamera kreiert, die die Mode, das Design und den Stil maritimer Träume wahr werden lässt und phantastische Weitwinkel-Fotos auf 35 mm Film schießt. Die La Sardina ist eine Schnappschusskamera, ausgestattet mit einer PlastikWeitwinkellinse, die es Profis und Anfängern ermöglicht, ganz einfach schöne Lomographien zu schießen. Dem nicht genug, verlosen wir passend dazu noch den Lomography City Guide. 262 persönlichen City Tipps, ausgewählt mit dem Blick und dem Auslöser der Lomographen. Die Verlosung läuft ab dem 1. September auf www.mitteschoen.com – Na, dann schießt man los!

Zur Zeit Online Kieztalk WARUM DAS BANDOL IMMER VOLL IST Bis zu 50€ für ein Menü – das mag selbst für Mitte auf den ersten Blick ein bisschen viel erscheinen. Aber im Bandol sur Mer wird einem dafür auch auf engstem Raum große Küche geboten. Wer vorher einen Tisch reserviert, kann drinnen Platz nehmen – und das Schöne daran ist, dass man sein Gericht rings um sich herum an einer der Schiefertafeln an den Wänden auswählen kann. Den Köchen könnte man... Mitte Streets GRAFT SAMMELT BERLINPHÄNOMENE Phänome, die speziell in Berlin bedeutsam sind, könnte man viele aufzählen: eine gewisse Ruppigkeit der Ureinwohner, die unweigerlich (noch immer) nachwirkende 40-jährige Teilung der Stadt, aber auch ein vorauseilender Ruf für gute Currywurst, niedrige Lebenskosten und endlose Afterhours. Im Grunde genommen fängt das Berlintypische aber schon bei ganz prinzipiellen Dingen, wie einem Sommertag in dieser Stadt an… BRAVE NEW WORLD MITTE MIGHT LIKE: OH LAND! Oh Land. Nanna Øland Fabricius aus Vestebro/Dänemark ist eine Eier-legendeWollmilchsau. Musikalisch talentiert sowohl als Songwriterin als auch als Sängerin, quasiprofessionelle Tänzerin mit Model-maßen und ziemlich hübsch. Ihr Hang zu visueller Prasserei hat zu diesem leckeren Video zu White Nights geführt, der – man kann wohl HitSingel sagen – ihres anstehenden Albums Oh Land! Oh Land liefert ab...


46   Kolumne

Words – don’t come easy. (F.R. David, 1982) Text Oliver Janik

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten.

Also, mein Lieblings-Unwort des Jahres war ja Separatorenfleisch. Ist es aber letztlich nicht ganz geworden, hat es nur aufs Treppchen geschafft, im Jahr 2000 war das, weil sich auf der Zielgeraden noch „national befreite Zone“ durchsetzen konnte. Ist aber auch ein bisserl gemein gewesen für das Separatorenfleisch, weil es natürlich keinen wirklichen politischen Background hatte. Und die laufen erfahrungsgemäß besser, gerade die mit einer historischen Implikation, siehe Tätervolk (2003). Inzwischen gab es ja noch jede Menge großartige (Un-)Wörter, Rentnerschwemme zum Beispiel oder sozialverträgliches Frühableben und noch viel mehr tolle Kandidaten wie Dunkeldeutschland oder Buschzulage – letzteres im übrigen seinerzeit gemeint als Gehaltszulage für sogenannten Aufbauhelfer in den östlichen Bundesländern, das war 1994. Und jetzt kommt die ganze Welt freiwillig nach Berlin-Ost, entweder für ein verlängertes Wochenende, um sich mal so richtig zu besaufen, oder auch länger, weil hier „irgendwie so ein total kreativer Spirit ist“ und so – da sieht man einmal mehr, wie nahe Sprit und Spirit beieinander liegen können. Egal. An gleicher Stelle habe ich mich bereits über verbotene Sätze ausgelassen (vgl. Mitteschön 12/2010), insofern wäre nun eine ausführliche inhaltliche Auseinandersetzung mit verbotenen Wörtern mindestens bedenklich und würde bei den Lesern (und wohl bei der Redaktion) die Frage aufwerfen, wie das nur weitergehen soll. Verbotene Buchstaben? Lustiger Gedanke nebenbei, z.B. könnte man ruhig das „P“ mal verbieten, das ist kein so doller Buchstabe und die Franken können ihn nicht einmal aussprechen. Einfach mal kurz zum Spaß, vielleicht für einen Tag, um mal zu sehen, wie wir so klarkommen ohne das P in arkzonen und bei enny und vor allem im renzlauer Berg, wo die ganzen Mütter auf dem Kinderspielplatz nach aul und aula rufen und die

nicht kommen, weil sie mit Zoe und Emil (die in Sachen Namensgebung mehr Glück hatten) auf der Schaukel sind und sich nicht angesprochen fühlen. Trotzdem: mein Topkandidat für das Unwort des Jahres 2011 ist jetzt schon (und es ist gerade mal September) Authentizität. Jetzt endlich, wo es alle oder zumindest mal die meisten so einigermaßen aussprechen können (ja, das ist nämlich noch ein klitzekleines, aber hundsgemeines „ti“ vor dem „z“), wird es von Politikern bis hin zum Jurymitglied von GNTM (by Heidi Klum) inflationär genutzt, und man schmeißt es mit Gebrüll einfach an alles und jeden dran wie Maggiwürze im Nachkriegsdeutschland, wenn man sagen will, dass sie oder er nicht ganz so fake daher kommt wie die anderen, die nämlich auch mal gar keine credibility haben. Authentizität, so ist festzustellen, ist ein Ritterschlag in 13 Buchstaben. Authentizität – so scheint es zumindest – ist die neue Integrität – und das eine fatale Verwechslung. Und sogar die ist eher ambivalent zu betrachten: „Integrität ist ein neutraler Wert. Auch Hyänen haben eine Integrität. Sie sind Hyäne pur“. Das ist leider nicht von mir, sondern von Jonathan Frantzen aus Freiheit. Und dem ist nichts hinzuzufügen.


Stadtplan  47

Legende Kultur/Freizeit 1.  c /o Haus Schwarzenberg, Rosenthaler Straße 39

Läden 12.. Motto, Skalitzer Straße 68, im Hinterhof

2. NBI / Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36

13. Vertigo Polsterei, Wrangelstraße 25

3. Kunstraum Kreuzberg / Bethanien, Mariannenplatz 2

14. Trödelagentur, Am Lausitzer Platz 12

4. Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Linienstraße 227

15.  Voo Store, Oranienstraße 24

5. Bang Bang Berlin Gallery, Choriner Straße 34

16. Kochhaus, Schönhauser Allee 46

6. Neugerriemschneider, Linienstr. 155

17.  Gestalten Space, Sophie-Gips-Höfe, Sophienstraße 21

7. Campagne Première, Chauseestr. 116

18. Mobilesuite Coworking Berlin, Pappelallee 78/79

8. EIGEN+ART, Auguststr. 25

19. „do you read me?!“, Auguststraße 28 20. Pony Hütchen Second Hand, Pücklerstraße 33

Bars/Cafés/Clubs 9. Nest Speise- & Schankwirtschaft, Görlitzer Str. 52 10. Eissalon Tanne B., Eisenbahnstr. 48 11. Markthalle, Eisenbahnstraße 42/43, Pücklerstraße 34

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