Mitteschön Magazin - Ausgabe 15

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Ausgabe 15, November 2011

NEUES AUS BERLIN MITTE

FEED ME ! DEUTSCH + ENGLISH

GUERILLA-DINING: IST KOCHEN AUCH KUNST? NACHGEHORCHT: BRANDT BRAUER FRICK GLÜCKSTAG MIT MODESELEKTOR Mittes Monatsheft!



Editorial

MITTE INS HERZ Langsam, aber sicher gehen wir dem Berliner Winter entgegen, der mit seinen Minusgraden selbst den eingefleischtesten Frischluftfanatiker dazu bringt, sich in seinen eigenen vier Wänden zu verbarrikadieren. Dort können wir dann nicht nur endlich alle Bücher lesen, die über den Sommer liegen geblieben sind, sondern finden auch endlich wieder Zeit und Muße, uns etwas Ordentliches zu kochen. Doch wo gibt es eigentlich die besten Zutaten in der Stadt? Und wie können wir unsere Kinder dazu bringen, endlich mal etwas anderes als Fritten mit Bockwürstchen zu sich zu nehmen? Und kann man Kochen tatsächlich als Kunst bezeichnen? Wir haben für euch nachgefragt! Außerdem mit dabei sind Modeselektor, Brandt-Brauer-Frick, die LieblingsSüßigkeitenläden der MITTESCHÖN-Redaktion, ein Interview mit dem Leiter des ältesten Restaurants von Berlin und natürlich die obligatorischen Eventtipps. Wir wünschen euch viel Spaß damit! Eure MITTESCHÖN-Redaktion

KSENIA STROGANOVA Moskau ist ihre Heimat, sie mag ehrliche Menschen, schnappt nach frischer Luft auf Reisen, liebt Musik und gutes Essen. Vor zehn Jahren führte ihr Weg nach Deutschland, damals gewappnet mit einem einzigen Satz, den sie irgendwo aufgeschnappt hatte: „Wärme mich mit deiner Liebe auf.“ Heute sieht es sprachlich etwas besser aus und Schreiben ist zu ihrer Leidenschaft geworden. Diese nutzt sie in den nächsten sechs Monaten, um über faszinierende Orte und all das, was die Hauptstadt an der Spree sonst noch bewegt, zu berichten und andere dafür zu begeistern.

PAUL SCHLOSSER Paul ist seit der ersten Stunde dabei und überwiegend für den modischen Einschlag im Heft verantwortlich. An Körpereinsatz hat er es für diese Ausgabe nicht mangeln lassen, denn für seine monatliche Gimme Five-Rubrik ist er diesmal den kulinarischen Guilty Pleasures der Redaktion nachgegangen und testete jeden der Dickmacher gemäß dem Motto „ein Stück ist kein Stück“, ausnahmslos im Selbstversuch.

PELÉN BORAMIR Pelén ist weiblich, auch wenn sie gerne mal per Mail mit „Herr Boramir“ angesprochen wird, liebt Mode und das Schreiben. Die gebürtige Stuttgarterin lebt seit sechs Jahren in Berlin, aber nicht im Prenzlauer Berg. Man findet sie unter der Woche im Office, beim Lunch mit Freunden, beim Shoppen in Mitte oder seit neuestem auch oft in Wilmersdorf. Da ist es auch sehr schön. Sie hält nicht viel vom Winter, daher überlegt sie sich schon jetzt, wohin sie für zwei Wochen flüchten kann. Pelén ist unter anderem für den Pressebereich zuständig, produziert die Modestrecken und bringt jeden Monat die Gewinnspiele ins MITTESCHÖN Magazin. www.elleparamour.de

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4 Impressum

MITTESCHÖN NO 15

HERAUSGEBER

Toni Kappesz VERÖFFENTLICHUNG

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany PROJEKT MANAGER

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) PROJEKT MANAGER ONLINE

André Uhl (andre@mitteschoen.com) ARTDIRECTION

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) GRAFIKDESIGN

Kristina Wedel (christina@mitteschoen.com) REDAKTION

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) PRESSE

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) REDAKTEURE

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Katharina Geißler, Björn Lüdtke, Oliver Janik, André Uhl, Kimberly Bradley, Pelén Boramir, Anne Kammerzelt, Martin Steinmetz, Ksenia Stroganova FOTOGRAFEN

Tina Linster, Moritz Weber, Stini Mimissonsdottir, Melissa Hostetler ÜBERSETZUNG

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Moritz Estermann ANZEIGENVERMARKTUNG

media@mitteschoen.com WEBSEITE

www.mitteschoen.com DRUCK

Henke Pressedruck COVERFOTO:

Modeselektor fotografiert von Melissa Hostetler

Fehlerkorrektur: Die Ausstellung der „Chicks On Speed“ fand im „Kunstraum Kreuzberg“/Bethanien statt.


Inhaltsverzeichnis

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INHALT / CONTENT WEGWEISER 6

MOMENTMAL: MR. MINSCH

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KONZERTE UND AUSSTELLUNGEN Concerts and Exhibitions

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MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE

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KOCHTIPPS VOM KOCHHAUS

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GIMME FIVE: GUILTY PLEASURES

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ENGLISCHE ÜBERSETZUNGEN English Translations

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MITTESCHÖN ONLINE UND VERLOSUNG

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STADTPLAN City Map

KIEZTALK 12

GLÜCKSTAG MIT MODESELEKTOR

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NEU IN DER STADT: THE CARLIFORNIA BREAKFAST SLAM

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INTERVIEW: ANDRÉ SPERLING, KOCH Interview: André Sperling, chef

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WIR MITTE-MUTTIS: KOCHEN GESUND We Mitte Mums: cook healthy food

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BERLINER GESICHTER: JÜRGEN FÜRGUT, STECKERLFISCH & CO Berlin Faces: Jürgen Fürgut, Steckerlfisch & Co

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KOLUMNE: MISSSTÄNDE UND ANDERE BELANGLOSIGKEITEN

KULTURGUT 18

ES GIBT REIS, BABY: KULINARISCHE LECKERBISSEN Where art is created - A visit to three Berlin art galleries

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GUERILLA DINING: IST KOCHEN AUCH KUNST? Guerilla Cooking - Is cooking also art?

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ILLUSTRATORIN DES MONATS: JANINE EVE VOGELEIN Illustrator of the month: Janine Eve Vogelein

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KUNSTTIPPS VON EYEOUT EYEOUT Art Events

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ANGEHÖRT UND NACHGEHORCHT: BRANDT BRAUER FRICK


IM SPECKMÄNTELCHEN: ...kommt man besser durch

den unbarmherzigen Berliner Winter. So soll die Aneignung eines solchen in diesem Monat unser aller Anliegen sein, und folge-

richtig widmet sich das 11. MITTESCHÖN-Magazin des Jahres, Seite um Seite dem Schlemmen und Genießen. Ganz wunderbar lässt sich die körpereigene Kältedämmung mit Hilfe bester Kalorien-


Tina Linster fängt für „MITTESCHÖN“ Berlin-Momente ein. Facebook: Mr. Minsch

bomben, in Form leckerer Torten, bei Mr. Minsch auf Vordermann bringen! Durch eine große Glasscheibe sieht man direkt in die Backstube. Dass die zwei wichtigsten Zutaten für das Bekömm-

lichmachen der kalten Jahreszeit: Liebe und vor allem Spaß, hier in jeder Köstlichkeit stecken, kann man mühelos erkennen! Danke an Teresa und Chef Andreas für den lustigen Nachmittag!


Fotos: Helge Kirchberger und Roland Trettl

8 Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 40

NEWVILLAGER Pop Eintritt: VVK ab 13,20 € 21. November, 20 Uhr Einlass, 21 Uhr Beginn

FASHION FOOD THE WATERMELONS Ausstellung Eintritt: 3 € 29. Oktober – 29. Januar 2012, Di, 9 – 20 Uhr, Mi bis Fr 9 – 17 Uhr, Sa, So und an Feiertagen, 10 – 18 Uhr

In der Musik wimmelt es seit jeher von Mythen. Auch NewVillager machen sich diese Tradition mithilfe ihrer Live-Shows, Videos, Filme und Kunstinstallationen zunutze. Die Gründer Ben Bromley und Ross Simonini spinnen nicht nur einen Mythos um ihr multimediales Kunstprojekt, sondern diskutieren diesen auch nach außen: Ihre Mythologie ist „eine Linse, durch die man die Welt betrachtet, ein zehnteiliger Rahmen, um den Vorgang der Veränderung zu verstehen. Wie entwickelt sich eine Person oder eine Idee von einem Zustand in einen anderen? Die Frage stellt sich jeder jedes Mal, wenn jemand etwas Neues erschafft. Die Mythologie ist unsere Antwort darauf.“ Angeblich im Innersten des kleinsten Vulkans der Welt in Mexiko gegründet, haben NewVillager im August ihr selbst betiteltes Debüt herausgebracht. Ihre Musik ist funk- und basslastig, ProgRock und Psychedelia schwingen ebenso mit wie Soul, perkussive und elektronische Elemente wechseln sich mit Gitarren und Keyboards ab. Ehrlich gesagt haben wir keinen blassen Schimmer, was es mit der Mythologie von NewVillager auf sich hat. Dass die Künstlergruppe etwas von Musik versteht, reicht uns aber völlig aus, uns diesem Wahnsinn bedingungslos hinzugeben.

Dass Essen auch in der Mode eine Rolle spielen kann, beweist uns die Fotoausstellung Fashion Food. Hier ist ein Schal aus Zuckerwatte und ein Oberteil aus Sojabohnenblättern gefertigt, Nudelteig dient als Kopfbedeckung, dunkle Schokolade wird zum Ganzkörperanzug und ein mit Blattgold versehener Oktopus hält als Tunika her. Der Sternekoch Roland Trettl und der Fotograf Helge Kirchberger arrangieren Lebensmittel auf nackter Haut und lassen dadurch die Grenze zwischen Haute Cuisine und Haute Couture verwischen. Die zwei Kategorien Essen und Mode werden dadurch in einen völlig neuen Kontext gebracht. Bis zum 20. Januar 2012 zeigt das Museum für Kommunikation Berlin erstmals rund 50 Bilder des interdisziplinären Kunstprojekts Fashion Food. Neben den in einem Bildband erschienenen Aufnahmen werden in der Ausstellung weitere, bislang unveröffentlichte, Fotografien im Großformat zu sehen sein. Der gleichnamige Bildband mit einem Vorwort von Vivienne Westwood ist Augenschmaus und Rezeptbuch in einem: Zu den kulinarischen Kunstwerken gibt es hauseigene Rezepte von Trettl, die einfach und schnell zuzubereiten sind.

Crystal

www.mfk-berlin.de

Columbiadamm 9 – 11

Bildband Fashion Food

www.crystal-berlin.de

Collection Rolf Heyne, München

Museum für Kommunikation Berlin Leipziger Straße 16

Indie Pop Eintritt: 3 € 2. November, Beginn 22 Uhr Warum sich eine Band nach einem fruchtigen Kürbisgewächs benennt? Das wissen wir auch nicht so genau. Auf jeden Fall stehen The Watermelons für frischen britischen Indie Pop. 2011 war ein unglaublich erfolgreiches Jahr für die junge Band, die erst vor zwei Jahren aus dem südenglischen West Sussex emporspross. Die vier Jungs starteten mit einer Tour durch deutsches Gefilde und spielten in etablierten Berliner Clubs. Im Sommer ging es weiter nach Frankreich, wo sie ein paar Shows in Le Touquet gaben und auf dem Rock En Stock Festival im Vorprogramm des Musikers Louis Bertignac standen. Nach Auftritten auf dem Shambala Festival in ihrer Heimat ruhen sich Toby Bain, Sam Salkeld, David Kelly und Matt Wagstaff keineswegs auf ihren Lorbeeren aus, sondern kehren mit ihrer neuen EP Dance Strange Together für ihre zweite Europatour zurück in die Hauptstadt. Im Restaurant des White Trash kann man sich nicht nur The Watermelons zu Gemüte ziehen, sondern bekommt auch noch „exotisches Essen nach Hausfrauenart“ angeboten. Kulinarischer Hörgenuss garantiert! White Trash Fast Food Restaurant Schönhauser Allee 6 – 7 www.whitetrashfastfood.com


Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 40 9

THE SANDWITCHES

JAMES BLAKE

Pop Country Garage Soul Eintritt: VVK ab 10,30 € 20. November, 21 Uhr

Dub Melodramatischer Pop Eintritt: VVK 35,45 € 16. November, 20 Uhr

Der Name dieser amerikanischen GirlBand lockt einen schnell auf die falsche Fährte, zumindest, wenn man ihn nur zu hören bekommt. Die homophone Wortspielerei verstehen The Sandwitches als schlechten Witz. Das Trio besteht aus den beiden Sängerinnen und Gitarristinnen Heidi Alexander und Grace Cooper, die zuvor bei The Fresh & Onlys mitwirkten, und Roxy Brodeur am Schlagzeug. Dass die Mädels aus San Francisco Snacks und kleinen Leckereien irgendwie doch nicht abgeneigt sind, zeigen ihre beiden Albumtitel How To Make Ambient Sad Cake und Mrs. Jones’ Cookies. Ihr Sound ist eine wilde Mischung aus 50’s Doo-Wop, 60’s-Girl-Group-Pop, Folk, Country und psychedelisch-verhalltem Garage Rock mit einer Prise Soul, Surf und Rockabilly. Auf ihrem zweiten Album streifen The Sandwitches verschiedene Stile und interpretieren diese auf ihre eigene, nicht immer ernst gemeinte Art und Weise – mal düster, mal gelassen und verspielt. Die Bezeichnung Weird Pop trifft es da vielleicht am besten. Mit einem ratternden Lo-Fi-Schlagzeug, einem Gesang, der an Natalie Merchant und bisweilen auch Kate Bush erinnert, und schrägen Bühnenoutfits beehren uns die drei Grazien im Monarch. Skalitzer Straße 134

James Blakes am Anfang dieses Jahres veröffentlichte Debüt revolutionierte mit seinem minimalistischen, eingängigen und hypnotischen Ansatz unsere Hörgewohnheiten und wurde nicht umsonst im Juli für den Mercury Music Prize 2011 nominiert. Bereits Ende 2010 löste die Single Limit To Your Love, eine Coverversion der kanadischen Sängerin Feist, einen wahren Hype in verschiedenen sozialen Netzwerken aus. Man staune, aber musikalischer Anspruch und massentaugliche Resonanz beim Publikum gehen manchmal miteinander einher. James Blake hat am Goldsmiths College studiert und ist ausgebildeter klassischer Pianist. Mit seinem Post-Dubstep hat der 22-jährige Londoner eine neue Art organischer Minimal Music geschaffen. Im Gegensatz zu seinen zuvor veröffentlichten EPs tritt seine Gesangsstimme, die er zuvor unter den collagierten Mikrosamples versteckt hat, auf dem Album stärker hervor. Es gelingt Blake immer wieder, mit den Erwartungen des Hörers zu brechen, indem er ungerade Beats mit Atonalitäten, Pausen und einer brüchigen Stimme geschickt ineinander verwebt. Nach seinem lange im Vorfeld ausverkauften Konzert im Berghain im April kehrt das 22-jährige Wunderkind für ein weiteres Konzert, dieses Mal im Admiralspalast, nach Berlin zurück.

www.kottimonarch.de

Admiralspalast Theater

Monarch

Friedrichstraße 101 www.admiralspalast.de

INTERFILM Kurzfilmfestival Eintritt: Einzeltickets ab 5 €, 5er Karte 22 €, Dauerkarte 50 € 15.– 20. November An sechs Tagen zeigt interfilm, das 27. Internationale Kurzfilmfestival Berlin, 450 Kurzfilme aus aller Welt. Foto:Auszeichnungen Mary Rozzi Foto: Carolina Ubl werden in den Kategorien Internationaler Wettbewerb, Konfrontationen, Dokumentarfilmwettbewerb, Deutscher Wettbewerb, Viral Video Award und Eject vergeben. Beim Länderschwerpunkt geht es u. a. um Südostasiens Kurzfilmszene. East by South East widmet sich einer Region, die wie kaum eine andere auf der Welt im Wandel ist, und möchte mit Vorurteilen zur asiatischen Kultur brechen. Bei den Delikatessen steht in diesem Jahr die Metropole Istanbul, einzigartiges Kulturphänomen und Erbe mehrerer Weltreiche, im Fokus, die Berlin Beats machen den Rhythmus der Hauptstadt greifbar und Bike Shorts zeigt, dass Fahrradfahren inzwischen eine Lebenseinstellung ist. Bei Film + fertig werden fünf Teams während des Festivals losgeschickt und die fertigen Filme anschließend im Publikumswettbewerb prämiert. Sound & Vision dreht Kurzfilmen den Sound ab, die dann von unterschiedlichen Musikern und Klangkünstlern live neu vertont werden. Den krönenden Abschluss des Festivals liefert eject – die lange Nacht des abwegigen Films. Die Festivaleröffnung am 15. November findet in der Volksbühne statt, die Preisverleihung am 20. November im Kino Babylon. Weitere Spielorte sind der Rote und Grüne Salon der Volksbühne, das Passage Kino und das Central Kino. www.interfilm.de


10 Lieblingsstücke

MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE Texte Paul Schlosser

DIE KÖNIGIN DES IRREALEN Ist: Versace von der Stange Kann: ein Erfolgserlebnis für Frühaufsteher sein Eines vorweg, dieser immer wieder auftauchende Witz, von wegen „Dönerteller Versace“ ist mindestens genau so alt wie die Ikone selbst. Während wir die Super-Blondine wohl nie mit Salatsoße die Mundwinkel hinunterrinnend in einen Kebab beißen sehen werden, sehen wir uns aber am 19. November in die nächste H&M Filiale pilgern. Dann nämlich gibt es die Mode der Italienerin, die das Label Versace 1997 nach dem Tod ihres Bruders Gianni übernommen hat, auch für den kleinen Geldbeutel. Nachdem Hennes & Mauritz bereits erfolgreich mit anderen hochkarätigen Gastdesignern wie Lanvin, Karl Lagerfeld, Stella McCartney und Jimmy Choo zusammengearbeitet hat, entwarf jetzt die sich gerne mal over the top und krampfhaft sexy versuchende Designerin Donatella Versace zwei Kollektionen für den schwedischen Modekonzern. Und ganz ehrlich? We are totally feeling it, sister! Schon allein die großartigen Lederjacken mit ihrem aufwendigen Nietenbesatz zeugen von großer Hingabe. Aber auch in den Kleidern, den Leggins oder auch in den herrlich trashigen Blousons und Bomberjacken in neoklassizistischem Stil mit kräftigem Flower-Print für die Männer scheint einiges an Versaces Feuer zu stecken. www.hm.com

STYLISH SLEEPOVERN Ist: ein Stück Geschichte für zuhause Kann: man aber auch drauf picknicken Kostet: 312 Euro Einst Zahlungsmittel der Navajo-Indianer, zieren die farbenprächtigen Pendleton-Wolldecken heute Betten, Sofas und Wände. Ganz preisgünstig ist das leider nicht! Wer die Wohnung mit so einer Tagesdecke schmücken möchte, muss finanzkräftig sein und tief in die Tasche greifen. In Berlin gibt es die wohl ikonischsten aller Wolldecken inzwischen zwar in wenigen ausgewählten Läden, die Preise sind aber oft schwindelerregend hoch, und die Motive - wenn man die schier unerschöpfliche Bandbreite des uramerikanischen Traditionsunternehmens bedenkt – zählen nicht unbedingt zu den schönsten der von indianischen Ureinwohnern inspirierten Designs in überwiegend kräftigen Farben. Die Pendleton-Überwürfe, die binnen kürzester Zeit zum indianischen Statussymbol avancierten, schützen aber nicht nur vor kalten Nächten auf der Hochebene Mexikos oder Arizonas. Nachdem der russische Winter wieder Einzug in die Spreemetropole gehalten hat, können auch wir uns stilecht wie Navajo-Stammeshäuptlinge in die angenehm kratzigen Überwürfe hüllen. Besonders schöne Varianten wie die Zapotec Blanket, die mit über zwei Metern Durchmesser Platz für Großfamilien und Gruppenkuschler bietet, gibt es bei www.mrmuddandmrgold. com.


Lieblingsstücke

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BACK FOR GOOD Ist: eins von den guten iPhone Cases Kann: vor Kratzern und anderen äußerlichen Einflüssen schützen Kostet: 90 Euro MCM, der Hersteller von Luxusaccessoires, scheint den Apple-Hype endlich aufgegriffen zu haben. So besinnt sich das einst als das deutsche Louis Vuitton gefeierte Label auf ein aktuelles Produkt, das iPhone. Wie schon in den späten Siebzigern ist auch das Smartphone Case cognacbraun und mit Lorbeeren bedruckt, dennoch hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass das ikonische MCM Visetos, so die offizielle Bezeichnung des Logo-Dessins, noch einmal so zeitgemäß daherkommen würde. Die seit der Berufung Michalskys zum Creative-Director von MCM einhergehende Verjüngung der Marke verdient natürlich Anerkennung, besonders abseits der bajuwarischen Schickeria, und so weisen wir liebend gerne darauf hin, dass obige iPhone-Hülle ab sofort im Soto Store in Mitte erhältlich ist. Soto Store Berlin, Torstraße 72 oder unter sotostore.com

DAS SCHÖNSTE VON ALLEN Ist: was für die hauseigene Minibar Kann: sich stilecht mit Whisky, aber auch mit jedem anderen Kaltgetränk füllen lassen Kostet: 16,90 Euro Langfinger und Besitzer trockener Whisky-Kehlen rejoice! Es müssen keine weiteren Einträge ins Strafregister mehr riskiert und sperrige Handtaschen ins Kingsize mitgenommen werden, um sich auch zu Hause an den einzigartigen Kristallgläsern erfreuen zu können. Cocktailian bietet die begehrten Tumbler, die von den meisten Menschen als die Whisky-Gläser schlechthin angesehen werden, zu fairem Preis im Sechserpack an. www.cocktailian.de

WUNDERKIND Ist: ein Buch mit Zeichnungen des mehrfach begabten Kino-Apokalyptikers Kann: schon mal das erste Weihnachtsgeschenk für den Freund sein Kostet: 145 Euro Das letzte Mal, dass David Lynch, berüchtigt für sein transzendentales Arthouse-Kino, als Regisseur von sich reden machte, war mit Inland Empire, einem qualvoll langen Ausflug ins Reich des Surrealen, im Jahr 2006. Seitdem interviewte er für eine Reihe von Kurzfilmen gewöhnliche Menschen im gewöhnlichen Amerika, ging unter die Clubdesigner und ließ den Club Silencio aus Mullholand Drive an der 142 rue Montmartre in Paris Wirklichkeit werden oder arbeitete an seinem ersten Langspieler Crazy Clown Time, der am achten November erscheinen wird. Weil das aber nicht genug ist, es dem 65-Jährigen auch im Alter keineswegs an Mut und Experimentierfreude zu mangeln scheint und der Kultregisseur mit der ikonischen, grauen Haartolle offenbar noch jede Menge anderer im Verborgenen schlummernder Begabungen hat, ist jetzt das Buch Works on Paper erschienen. Das eine beeindruckende Sammlung von mehr als 500 Zeichnungen David Lynchs, zurückdatiert bis 1960, umfasst, die ihm stets eine große Quelle der Inspiration waren. Viele seiner visuellen Ideen sind von so bezwingender Kraft, dass man für einen kurzen Moment glauben könnte, in Filme zu blicken, die noch nicht gedreht worden sind. www.steidlville.com


Szary und Gernot von Modeselektor


Glückstag

MODESELEKTOR: MITTE KREUZBERG UND ZURÜCK Text Björn Lüdtke Fotos Melissa Hostetler

Glückstag bedeutet so viel wie freies Assoziieren, sprich: Wir starten irgendwo in Mitte, und von da geht’s dann weiter durch die Stadt, immer der Nase nach, um neue und Lieblingsorte zu entdecken. Dieses Mal sind wir mit Szary und Gernot von Modeselektor auf dem Tandem unterwegs. Die beiden machen elektronische Musik.

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14 Glückstag

The Civilist

Gernot: „Wenn du in Berlin aufgewachsen bist und mit 14 das erste Mal acht Stunden durchgetanzt hast, dann weißt du, was Techno ist.“ Wir treffen uns in der Dorotheenstraße, um das Tandem auszuleihen, auf dem Szary und Gernot die Tour machen werden. Allgemein besteht der Wunsch nach Kaffee, den wir aber erst im Übersee in Kreuzberg zu uns nehmen werden. Szary macht den Fehler und setzt sich vorne aufs Tandem. Gernot lässt sich den ganzen Weg bis zum Paul-Lincke-Ufer kutschieren. Beine hoch, Handy am Ohr. Szary: „Sag mal, geht hier gar kein Flat White oder was? Ich hab gedacht das ist jetzt der neuste Trend hier in Kreuzberg?“ Bedienung: „Was ist das denn?“ Szary: „Das ist eine australische Kaffeevariante, doppelter Espresso, manchmal sogar vierfach, eine Mischung aus Latte Macchiato und Cappuccino, viel Milch, wenig Schaum. Schmeckt echt geil. Ich bin halt kein Latte Macchiato-Trinker.“ Im Hard Wax Record Store werden Platten gekauft und gefachsimpelt („Was, du hast die neue von DMZ noch nicht?“) Stichwort „eigenes Label“. Szary: „Das eigene Label Monkeytown gibt es seit März 2009.“ Gernot: „Das ist bei Interviews immer so, er beantwortet die Frage und guckt dabei mich an. Du musst da rüber gucken!“ Szary: „Stimmt gar nicht, ich guck da zu dem Graffito. Dann haben wir noch ein anderes Label, 50 Weapons – Gernot guck mich an – seit?“

Gernot: „2005. 50 Weapons ist unser Technolabel, wenn man so will. Das ist nicht ganz so „diverse“, sondern eher club-orientiert. Das haben wir mit ein paar Engländern aus Manchester zusammen gegründet [...] Wir haben so viele Demos und gute Musik bekommen, dass es Quatsch gewesen wäre, das alles auf einmal auf einem Label rauszuschmeißen. Deswegen haben wir das ein bisschen getrennt. Monkeytown ist mehr so die Albumfraktion und 50 Weapons ist so ziemlich maxi-orientiert, das ist eher technoid. So Hard Wax-Camp mäßig [...] 50 Weapons ist eher nerdiger, eher an DJs gerichtet, Monkeytown an den, der ganze Alben kauft. Ich kann das farblich beschreiben, 50 Weapons ist eher Schwarz, Grautöne. Monkeytown ist total bunt. “ Szary: „Schwarz-weiß versus Farbe.“

Petite Boutique

le, wenn du die runterfährst kommen eigentlich alle wichtigen Fast Food-Stops in Kreuzberg.“ Szary: „Quality Fast Food.“ Gernot: „Burgermeister ist da jetzt noch die neuere Generation, da haben wir uns aber auch schon rangetastet. Aber zum Beispiel das Hähnchenhaus am Görli oder am Spreewaldplatz...“ Szary: „Den Biofaktor mal völlig ausschalten.“ Gernot: „Markthalle – ganz wichtig, die 36er, schön Hackschnitzel mit Rotkohl.“ Szary: „Das Schöne ist halt natürlich, dass man von Mitte so schnell in die zentralen Bezirke kommt, aber die Bezirke sind so unterschiedlich von Osten nach Westen. Dann fährt man über die Spree...“ Gernot: „Riecht gleich anders.“ Ich: „Wie denn?“ Gernot: „Riecht einfach anders.“

Zeit für Mittagessen. Fisch am Kotti. Zu unserer Fahrradtour. Szary: „Das ist ein typischer Tagesablauf, wie wir ihn gemacht haben, bevor wir Kinder hatten und so busy waren. Da sind wir einfach mal so losgezogen Richtung Kreuzberg ins Hard Wax.“ Gernot: „Wenn wir gesagt haben, wir fahren ins Hard Wax, dann war der Tag eigentlich gelaufen. Weil, das hatte immer mit fressen zu tun – also essen. Wenn du aus Mitte kommst ist das hier nach Kreuzberg ja quasi ein Tagesausflug, wenn du mit dem Fahrrad unterwegs bist. Dann gehst du erstmal was essen. Und dann gehst du ins Hard Wax und da hängst du dann wahrscheinlich noch ein paar Stunden ab. Die Skalitzer ist ja eine optimale Fressmei-

Zurück nach Mitte in die Brunnenstraße. Gernot kauft gerne mal bei Civilist ein und Szary will uns vor allem „eines der besten Gebäude Berlins“ zeigen, die Galerie KOW. Er interessiert sich für Architektur, seine Frau ist Architektin. Szary: „Also ehrlich gesagt, als das Release von Happy Birthday war, 2007 im September, da kamen genau die Kinder auch zur Welt. [...] Eigentlich war das total krass. Wir haben beide die Geburten quasi zwischen Gigs erlebt. Gig, Geburt, eine Woche frei, dann wieder einen Gig. Danke noch mal an unsere tapferen Frauen! Dass die das echt gestemmt haben.“ Gernot: „Wir sind da so reingeschmissen worden. Wir hatten gar keine Chance, groß


GlĂźckstag

Taka Fish House Maiami

Kathi im Maiami

Hard Wax Record

TrĂśdelagentur

Hard Wax Record Store

Motto

Happy Shop

Taka Fish House

Prinzessinnengarten

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16 Glückstag

Hardwax Performance Record im Künstlerhaus Store Bethanien

The Civilist

nachzudenken, ob wir da Bock zu haben oder nicht. Wir haben ja gar keinen natürlichen Rhythmus. Manche Leute brauchen eine Woche, um sich von einem Dreitagestrip zu erholen. Wir haben das immer. Da kriegt man irgendwann so eine Art Hornhaut auf der Seele.“ Szary: „Wir nehmen halt einen späten Flug hin und den frühen Flug zurück.“ Gernot: „Das Raven hat aufgehört. Unser Hardcore-Raven, woraus ja eigentlich auch alles entstanden ist [...] Eigentlich freuen wir uns immer zu spielen, weil wir unter der Woche so viel Stress haben – Label, Familie, den ganzen anderen Kram, den man so am Laufen hat. Dann kommt dieser Moment, wo man spielt, da sind wir dann wie kleine Kinder. Da kommts dann richtig raus, dann wird die Sau einfach so dermaßen rausgelassen. Wir werden auch regelmäßig gefragt, ey, was nehmt ihr eigentlich, das will ich auch, und wir so tja, ‘n Bier...“ Szary: „Der Moment ist schon immer schräg. Da bringt man am Freitagmorgen das Kind in den Kindergarten, verabschiedet sich und sagt: ‚Wir sehen uns Montagfrüh‘ [...]“ Gernot: „Das unter einen Hut zu bringen ist schon ein dickes Ding.“ Die beiden müssen zum nächsten Interviewtermin. Sie promoten gerade ihr neues Album Monkeytown. Ich: „Wie kategorisiert man die Musik auf eurem Album. Ich habe einen Kollegen gefragt und der sagte, es sei Dubstep.“ Gernot: „Dubstep? Der hat doch keine Ahnung!“ Ich: „Erklärt mal einem Laien, was ihr für Mu-

sik macht.“ Gernot: „Auf keinen Fall Dubstep, da sind wir mit Absicht dran vorbei geschliddert. Da gibt es eine lustige Geschichte. Wir haben 2008 einen Award von Beatport gewonnen, als beste Dubstep-Künstler. Zu dem Zeitpunkt haben wir gar nicht gewusst, dass wir überhaupt Dubstep machen. Wir waren da auf einmal so drin und waren selbst relativ überrascht. Das ist natürlich eine blöde Frage – wie würde man unser Album beschreiben? Ich kann’s nicht sagen. Es ist moderne Musik, glaube ich. Natürlich ziemlich urban geprägt durch unsere Einflüsse, wir kommen ja nicht vom Land. Es ist eine moderne Technoplatte.“ Szary: „Genau.“ Ich: „Was macht sie modern?“ Gernot: „Die Diversität. Wir können uns irgendwie nicht auf eine Sache festlegen. Wir könnten jetzt keine reine Technoplatte machen, das haben wir versucht [...]“ Szary: „Es gibt nicht eine Linie bei uns [...]“ Gernot: „Alles, bloß nicht langweilig.“ Szary: „Um die Platte zu beschreiben: Es ist wirklich eine wahre Modeselektorplatte.“

The Civilist

Fahrradstation Dorotheenstrasse 30 www.fahrradstation.de Café Übersee Paul-Linke-Ufer 44 cafeübersee.de Hardwax Record Store Paul-Linke-Ufer 44 hardwax.com Taka Fish House Adalbertstraße 97, am Kottbusser Tor Civilist Brunnenstraße 13 www.civilistberlin.com Galerie KOW Berlin Brunnenstraße 9 www.kow-berlin.info


Neu in der Stadt

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THE CARLIFORNIA BREAKFAST SLAM Text Björn Lüdtke Fotos The Carlifornia Breakfast Slam

Keinen Bock mehr auf Schrippe und Aufschnitt? Die Macher von „The California Breakfast Slam“ auch nicht: Amerikanisches Frühstück, auch für Hipster. Temporäre Restaurants an immer wieder neuen Locations aufzumachen, ist ja gerade wahnsinnig schick (ein Schelm, wer da an den Begriff Pop-up denkt). The California Breakfast Slam ist auch seit einer Weile auf Wanderschaft und zieht vom Alten Europa über Clärchens Ballhaus ins San Remo und wer weiß wo sonst noch hin – demnächst in den Streichelzoo im Görlitzer Park? Hinter Cabslam steht ein vielköpfiges Team, angeführt von Duncan Passmore und Stefanie Schramm. Passmore ist Illustrator, Siebdrucker und Koch, Schramm kennt die Berliner Gastroszene als Schichtleiterin von Berliner Institutionen wie der Strandbar Mitte oder Clärchens Ballhaus. Den beiden ist das europäische Frühstück mächtig aufgestoßen, vor allem der allgegenwärtige Aufschnitt, ein Lebensmittel, „das unsere Magenschleimhaut angreift.“ Auf die Frage, was sie zu The California Breakfast Slam inspiriert und motiviert

hat, antworten sie: „Wir machen das, weil wir hungernde und flüchtende Kreative aus den USA mit den besten, biologischen Zutaten versorgen wollen. Viele Amerikaner fliehen booteweise vor wirtschaftlichem Elend, einer faschistoiden Diktatur, die sich unter dem Deckmantel der Freiheit versteckt, und einer kulturell verkommenen Gesellschaft.“ Und dann will man sie zusätzlich mit Aufschnitt foltern? Das kann nicht sein. Passmore und Schramm glauben, dass ein Frühstück mehr können muss als das, und bieten deshalb ein Frühstück an, das man essen kann, „ohne Magen-Darm-Beschwerden zu bekommen.“ Das vielleicht nicht, aber ohne wohliges Völlegefühl dürfte hier auch keiner den Tisch verlassen: Pancakes mit Blaubeeren oder Erdbeeren und Minze, French Toast, Zucchini Hash Browns, Huevos Rancheros, Eggs Benedict oder den veganischen Spinat-Tofu-Scramble gefällig? Zehn bis zwölf Gerichte stehen fest auf dem Frühstücks-

menü, dazu kommen jedes Wochenende zwei oder drei Specials. Übrigens, bei The California Breakfast Slam wird jeder gefüttert, nicht nur flüchtige Angelsachsen: „Viele haben bisher Zuflucht bei uns gesucht, und wir lehnen niemanden ab, selbst die abscheuliche Crowd der Hipster nicht.“ Jeden Samstag und Sonntag von 10 – 16 Uhr. Für die aktuelle Location und Reservierungen: cabslam@googlemail.com. Momentan: Pflügerstraße 19


18 Kulturgut

ES GIBT REIS, BABY... Kulinarische Leckerbissen Text Bettina Schuler Fotos Moritz Weber Translation P. 41

...sang einst Helge Schneider und glaubte damals noch, mit diesen Kochkünsten das Herz eines Mädchens gewinnen zu können. Doch spätestens seitdem der Brite Jamie Oliver Anfang der Nullerjahre zeigte, dass auch coole Jungs richtig gut kochen können, sind Frauen mit diesen Basic-Kochkünsten nicht mehr zufriedenzustellen. Nein, wer heute bei einer Frau richtig gut landen möchte, der

muss schon etwas Ordentliches

auf den Tisch stellen. Da reicht kein Schlemmerfilet Bordelaise aus der Tiefkühltruhe mehr, das mit jeder Menge Lambrusco hinuntergewürgt wird. Nein, wir Mädels von heute wollen umschmeichelt werden. Auch kulinarisch. Und da wir alle schon längst wissen, dass Tomaten aus dem Bioladen besser schmecken als die vom Billigdiscounter, wäre es schön, wenn ihr euch bei den Einkäufen der Zutaten auch etwas mehr Mühe gebt. Eine Aufgabe, die im Feinschmecker-Mekka Berlin alles andere als schwer zu bewältigen ist. Doch welches ist nun der beste Fischladen? Und welches Geschäft führt veganes Essen? Welcher Bäcker backt die besten Brötchen? Und wo, verdammt noch mal, gibt es eigentlich noch einen ordentlichen Metzger? Wir haben für euch die besten Adressen zusammengestellt.


Kulturgut

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VORSPEISE & HAUPTGERICHT Gutes Gemüse für einen Salat als Vorspeise gibt es natürlich auf den Wochen- und Ökomärkten, die an verschiedenen Plätzen regelmäßig stattfinden. Oder in diversen Bioläden wie zum Beispiel dem LPG in der Kollwitzstraße, der extrem gut ausgestattet ist. Wer sich dazu noch ein gutes Olivenöl leisten möchte, der sollte unbedingt in Themistokles Pazianas Olivenöl-Laden in der Senefelderstraße vorbeischauen. Denn dort gibt es neben dem köstlichen hauseigenen Pazianas Koroneiki, das in diesem Jahr vom „Feinschmecker“ in die Liste der 200 besten Olivenölsorten aufgenommen wurde, auch noch andere hervorragende Öle zu kaufen, mit denen jeder Salat zu einer wahren Gaumenfreude wird. Weiter geht es mit dem Hauptgang, der heute in Zeiten des voranschreitenden Vegan- und Vegetarismus nur noch selten

aus einem ordentlichen Stück Fleisch plus Beilagen besteht. Doch dank des veganen Supermarktes Veganz lässt es sich auch auf diese Wünsche des Gastes mittlerweile recht leicht und ohne große Sucherei eingehen. Allen Fischfreunden sei der Fischladen auf der Schönhauser Allee ans Herz gelegt, wo man den köstlichen Fisch nicht nur schnabulieren, sondern auch für die heimische Küche kaufen kann. Und falls ihr doch noch zu den wenigen Menschen gehört, die einem brutzelnden Kotelett nicht widerstehen können, dann bitte unbedingt bei der Fleischerei Klaus Gerlach einkaufen, denn die ist einfach die beste in der Stadt. Mein ganz besonderer Tipp von dort sind die Bärlauch–Bratwürstchen, die es auch immer samstags auf dem Kollwitzplatz zu essen gibt.

LPG Kollwitzstraße

Pazianas Olivenöl

Veganz

Der Fischladen

Fleischerei Klaus Gerlach

Laden: Mo bis Sa, 9 – 21 Uhr

Senefelderstraße 4

Schivelbeiner Straße 34

Schönhauser Allee 128

Greifswalder Str. 205-206

Backshop: Mo bis Sa ab 7 Uhr

Mo bis Fr, 12 – 20 Uhr,

Mo bis Sa, 8 – 21, So, 8 – 17 Uhr

Mo bis Sa, 10 – 20 Uhr

Mo bis Fr, 8 – 18:30, Sa, 8 – 16 Uhr

So, 9 – 15 Uhr

Sa, 11 – 16 Uhr

Tel. 030 – 44 03 60 48

Tel. 030 – 40 00 56 12

Tel. 030 – 44 26 18 3

Tel. 030 – 32 29 71 40 0

Tel. 030 – 44 04 94 49

www.veganz.de

www.derfischladen.com

www.fleischerei-gerlach.de


20 Kulturgut

NACHTISCH Wenn ihr eure Gäste zum Nachtisch noch mit einer kleinen Leckerei verwöhnen möchtet, dann solltet ihr entweder in die Werkstatt der Süsse in der Husemannstraße oder in die Konditorei des Kaffeehauses Sowohlalsauch gehen. Besseres Gebäck, Pralinen oder Kuchen werdet ihr wohl kaum finden, es sei denn, ihr backt selbst. Und wenn ihr zum Nachtisch dann doch mal etwas anderes als den üblichen Süßkram servieren wollt, dann seid ihr mit der La Kritzeria gut beraten, wo es neben den üblichen Lakritzprodukten aus unserer Kindheit auch Lakritzpulver, Aufstrich und ähnliche Schweinereien gibt.

Was jetzt noch fehlt, ist, ganz klar, die passende Flasche Wein. Die könnt ihr entweder in dem Weinladen Schmidt oder bei Baumgart&Braun besorgen, die gleich zwei Filialen, eine in Mitte und eine am Prenzlauer Berg, führen. Eine andere Alternative ist der kleine, aber feine Weinladen Weinwinkel in der Dunckerstraße, wo man extrem gut beraten wird und die sehr gute Weine zu extrem fairen Preisen anbieten. Uns bleibt da nur noch zu sagen: Bon appétit und santé!

La Kritzeria

Sowohlalsauch Bäckerei/ Feinkost

Weinwinkel

Ökomarkt am Kollwitzplatz

Stubbenkammerstraße 3

Sredzkistraße 53

Dunckerstraße 2A

Do, 12 – 19 Uhr

Tel. 030 – 21 80 78 06

Bäckerei täglich, 6 – 20 Uhr

Tel. 030 – 34 62 04 10

Di bis Fr, 11 – 19 Uhr, Sa, 11 – 16 Uhr

Feinkost Mo bis Fr, 10 – 20, Sa, 8 – 20 Uhr

Mo bis Fr, 12 – 20, Sa, 10 – 19 Uhr

Wochenmarkt am Hackeschen Markt,

www.tortenundkuchen.de

www.weinwinkel.info

Do, 9 – 18 Uhr und Sa, 10 – 18 Uhr

Husemannstraße 25

Weinhandlung Baumgart&Braun

Weinladen Schmidt

Tel. 030 – 32 59 01 57

Invalidenstraße 158/ Ackerhalle

Kollwitzstraße 50

Di bis So, 10 – 18 Uhr

Tel. 030 – 44 10 23 5

Tel. 030 – 20 00 39 55 5

Wochenmarkt am Kollwitzplatz

Mo bis Fr, 10 – 20:30, Sa, 10 – 20:30 Uhr

www.weinladen.com

Sa, 9 – 16 Uhr

Sowohlalsauch Kaffeehaus

Filiale Wörther Straße 21

Mo bis Fr, 12 – 20, Sa, 10 – 18 Uhr

Kollwitzstrasse 88

Tel. 030 – 44 06 29 5

Tel. 030 – 44 29 31 1

Mo bis Fr, 12 – 20:30, Sa, 10 –17 Uhr

Bauernmarkt am Zionskirchplatz

täglich, 8 – 2 Uhr (Küche bis 24 Uhr)

www.weinhandlung-baumgart-undbraun.de

Do, 11 – 18:30 Uhr

Werkstatt der Süsse

Wochenmarkt am Arkonaplatz Fr, 12 – 19 Uhr

Wochenmarkt am Helmholzplatz Sa, 9 – 16 Uhr


Kulturgut

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GUERILLA DINING Ist Kochen auch Kunst? Text Martin Steinmetz Translation P. 42

Beim Kochen geht es viel um Farbe und Geschmack, in der Kunst auch. Aber ist das, was da im Kochtopf blubbert, wirklich kreativ? MITTESCHÖN hat bei drei von Berlins meistgesuchten Guerilla-Köchen nachgefragt.

ZAGREUS PROJEKT

FISK &

ZUHAUSE BERLIN

Ullrich Krauss wollte schon lange einen Ort eröffnen, an dem Kunst und Kulinarisches zusammenkommen. Doch eine Kunstform sei Kochen nun wirklich nicht, sagt Krauss, der seit 2000 das Zagreus Projekt in Mitte betreibt. „Kochen ist ein Handwerk. Es kann unter bestimmten Umständen zur Kunst werden, aber das hängt von der Situation ab“, sagt er mit schwäbischem Akzent. Und genau diese Situationen versucht der kochende Galerist in Zusammenarbeit mit Künstlern im subterranen Konzeptraum zu erschaffen – acht Mal im Monat und mit Gästen am Tisch, die sich vorher per E-Mail anmelden. Momentan erwartet die Mitesser im Zagreus Projekt ein Raum, der auf den ersten Blick an Kindergeburtstage erinnern lässt. Er ist mit Kunstrasen ausgelegt, darauf stehen rot-weiß bedeckte Gartenmöbel und ein Baum aus Playmobil. Im Hintergrund leuchten Malereien der Künstlergruppe Artists Anonymous. Auf der Karte finden sich zum Konzept passende Gerichte wie farbige Buchstabensuppe, gefüllte Wildente mit Maronen und Kräutern. Zum Nachtisch gibt es geeisten Zitronen-Orangenkuchen. „Bei uns kommen fremde Menschen an einem Tisch zusammen, und wir gehen gemeinsam durch den Abend. Es ist ein bisschen so wie im Theater“, sagt Krauss. Also doch irgendwie Kunst. Brunnenstraße 9a, www.zagreus.net

„Kochen ist Kunsthandwerk“, findet die anonyme Frau am Telefon, die tagsüber als Bibliothekarin arbeitet. „Ich habe mich schon mit Molekularküche beschäftigt, aber das finde ich irgendwie albern. Ich möchte einfach in Ruhe essen, ohne Angst haben zu müssen, auf dem Teller was zu zerstören.“ Was genau auf den Teller kommt, entscheidet sie gemeinsam mit ihrem Partner, der alle sechs Wochen ein Menü mit mehreren Gängen kocht. Der Hobbykoch lädt dann eine Handvoll Gäste zum Fisk & Gröönsaken Supper Club in eine Wohnung im Prenzlauer Berg ein. Meistens kommt moderne deutsche Küche mit norddeutschem Einschlag auf den Tisch – oft gibt es Fisch, zum Beispiel Seeteufel„Sauerbraten“ mit Kohlrabi, aber auch Gerichte wie Steckrübenravioli mit Ziegenkäseschaum. Der Blog Miss Marmitelover aus England wurde zur Inspirationsquelle und weckte die Faszination für alternatives, geheimes Speisen. „Der Reiz liegt nicht nur in der Geheimniskrämerei, sondern vor allem darin, dass man eine neue Umgebung und neue Menschen kennenlernt“, sagt die Gastgeberin.

„Alles am Kochen ist eine Kunst. Das fängt bei den Rezeptideen an und hört bei der Präsentation auf“, sagt das Supper ClubTeam, das sich Zuhause nennt. Der Mann hinter den Kochtöpfen stammt aus Irland und schipperte jahrelang als Koch auf Luxusbooten über die Meere. „Auch die Atmosphäre und das Drumherum können künstlerisch gestaltet werden“, sagt die Grafikdesignerin aus Kanada, die plant, irgendwo in der Stadt ein Pop-up Restaurant zu eröffnen. Die beiden wohnen seit einem Jahr in Kreuzberg und sind Neuankömmlinge in Berlins geheimer FoodCommunity, wo Gäste ihre Köche lediglich für die Zutaten bezahlen. Im Zuhause Supper Club werden acht kleine, sehr professionell zubereitete Probiergänge angeboten. Alles wird mehrere Wochen vor dem Dinner Date sorgfältig geplant. „Selbst wenn man es nicht ganz so ernst nimmt, kann man mit Essen kreativ sein“, sagt der Chefkoch, der seine Zutaten in Delikatessenläden und auf Berliner Wochenmärkten kauft. Ein Highlight des Menüs: gebratene Dorade, Perureis und Fenchel-Zitrus-Salat. Zum Schluss bekommen alle noch einen Absacker...

GRÖÖNSAKEN

Fisk & Gröönsaken Supper Club Prenzlauer Berg www.groonsaken.wordpress.com

www.zuhauseberlin.com


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NOISEY.COM PRÄSENTIERT: HOLY GHOST! LIVE IM MUSEUM FÜR KOMMUNIKATION Text Ksenia Stroganova Fotos Noisey.com

Eins hat uns „Noisey.com“, eine von „VICE“ initiierte Online-Musikplattform, am 24. Oktober bewiesen: Die Zukunft gehört interaktiven, globalen Musikveranstaltungen. Karte holen, hingehen, anhören – das war mal! Heute geht es darum, den Fans ein ganzheitliches Erlebnis zu bieten, das Gefühl zu vermitteln, nicht nur Zuschauer, sondern ein Teil der Show zu sein. Und das losgelöst von der geographischen Lage.

So geschehen beim Holy Ghost! Konzert im Museum für Kommunikation in der Leipziger Straße. Der im Netz live übertragene Auftritt des Disco-Pop Duos aus New York diente als Auftakt für die bevorstehende Tour der Band und lief im Rahmen der globalen, interaktiven Konzertreihe Special Engagements, die von Noisey.com ins Leben gerufen wurde. Durch Live-Streaming und Einsatz der Social-Media-Feeds ermöglicht die von Dell und Intel unterstützte Initiative den Fans auf der ganzen Welt einen Austausch mit den Lieblingsbands. So konnte man im Vorfeld der Veranstaltung über die FacebookSeite von Noisey.com verschiedene Bereiche der Show mitgestalten. Ob Bühnenbeleuchtung, Musikauswahl, Equipment oder die Neugestaltung des neuen Musikvideos – überall war die Meinung der Fans weltweit gefragt. Überhaupt legt Noisey.com großen Wert auf den Austausch zwischen Fan und Künstler und nutzt modernste Technik, um einer-

seits den Zuhörern den breiten Zugang zu Musik zu ermöglichen und andererseits junge Talente aus der ganzen Welt zu fördert. Axel Frankel und Nick Millhiser zählen zu solchen Talenten. Die Leadsänger von Holy Ghost! holen den Disco-Sound der 70er und 80er Jahre auf eine mitreißende Art und Weise ins Jetzt und bereichern ihn durch moderne Grooves. Vor der spektakulären Kulisse des majestätischen Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert singen sie an einem einzigen Abend für die Fans vor Ort und für diejenigen, die weltweit vor den Bildschirmen ihrer Computer live mit dabei sein dürfen. Sichtlich gerührt bedankt sich die Band für diese einmalige Chance, die es ohne die „musikalische Vernetzung“ nie gegeben hätte. Das „Beim-Feiern-Gefilmt-Werden“ muss manch ein moderner Fan noch bisschen üben. Sonst war es ein ganz besonderer Moment für die Band, die Fans vor Ort und „die da draußen“. Ein voller Erfolg auf ganzer Linie! Weitere Informationen unter www.noisey.com/live


Kulturgut

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KÜNSTLERIN DES MONATS: JANINE EVE VOGELEIN Text Lucien Thomkins Foto Markus Mrugalla

„Es geht darum, sich nicht festlegen zu lassen.“ Grundsätzlich: Vive la Emotion! Gefühle, Leichtsinn und Umbruchstellen zwischen analogen und digitalen Wegen visueller Kommunikation. So könnte man beginnen, die Arbeiten der Wahlberlinerin zu beschreiben. Sie faltet Bouquets, schmückt Räume mit Papier zu Landschaften aus Geometrie, macht Formen zu Ikonen in kleinen digitalen Welten. Ihr Portfolio ergibt sich aus einer sehr angenehmen, erfrischenden Mischung 3D-lastiger Arbeiten, puren Installationen, aber auch Illustrationen. Viel schwarz-weiß, das hin und wieder mit einer gehörigen Portion Farbe in Verbindung gesetzt wird. Janine Vogelein lässt sich nicht festlegen, aber darin ist sie gut. Die 1986 in Konstanz geborene Grafikdesignerin und Illustratorin begann ihr Studium zunächst an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und arbeitete dort unter anderem mit Åbäke und Elio Caccavale, bevor es sie nach Berlin zog, um ihr Studium an der Universität der Künste zu beenden. Bei Mario Lombardo lernte sie, den „Sinn fürs Schöne“ weiter auszuprägen. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn man sie danach fragt, nach welchen Prinzipien sie die eigene Gestaltung ausführt und lebt und wie sehr die eigenen Arbeiten ihr emotionales Selbst widerspiegeln, so antwortet sie: „Modernes Grafikdesign bis hin zur Installation arbeitet doch sehr mit Emotionen. Und das ist ja auch richtig so. Schönheit entsteht in der Rezeption, was dagegen beim Ausführen gedacht wurde, ist vollkommen irrelevant. Ich finde nicht, dass zur Aufgabe von Kunst gehört, einen ideologischen Stil durchzusetzen. Und Grafik muss nicht auf bestimmte Mittel begrenzt sein. Ich versuche immer, mich selbst zu überraschen. Das gelingt ganz gut durch Tempo. Hinzu kommt, dass ich kein geduldiger Mensch bin. Ich erlaube mir nur eine geringe Aufmerksamkeitsspanne – auch dem Eigenen gegenüber.“ www.jvjvjv.de

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare „MITTESCHÖN“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk

DER GERICHTSVOLLZIEHER Interview mit André Sperling Text André Uhl Fotos Stini Mimissonsdottir Translation P. 42

„Zur letzten Instanz“ lautet der Name des

ältesten

Restaurants

in

Ber-

lin. Seit 1621 wird hier Gutbürgerliches aus der Berliner Küche aufgetischt.

Ganz

traditionell,

ohne

viel

Schnickschnack. Wer allerdings einen graumelierten, rundlichen Chefkoch jenseits der 50 vermutet, liegt völlig daneben. Geleitet wird das Traditionshaus

vom

35-jährigen

André

Sperling, der es schafft, trotz einer klaren Ausrichtung auf die regionale Küche, jedem Gericht seine eigene Raffinesse zu verleihen. Dabei unterscheidet er sich deutlich von seinen jungen Kollegen aus dem Fernsehen, deren Hauptaufgabe neben dem Kochen oft das Produzieren von Schenkelklopfern

zu

sein

scheint.

André

Sperling wirkt ruhig, besonnen und fokussiert auf ein Ziel: Einfache Küche von höchster Qualität.

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28 Kieztalk

Wenn man es schafft, den eigentlichen Rohstoff, aus dem das Gericht hergestellt wird, so zu belassen, dass dieser den ursprünglichen Charakter nicht verliert, und so mit Beilagen auszuschmücken, dass diese das Wesentliche nicht überdecken – dann ist das Gericht gelungen.

Gelernt hast du in einer Sternegastronomie, nun bietest du gutbürgerliche Küche an. Warum diese Umstellung? Zur letzten Instanz ist ein Familienbetrieb. Ich leite das Restaurant mit meinem Vater zusammen, meine Mutter arbeitet auch mit, und meine Schwester ist auch seit zwei Jahren dabei. Wirklich geplant war das eigentlich nicht. Gelernt habe ich im Hotel Atlantic in Hamburg, danach habe ich in der Schweiz gearbeitet, bevor ich dann vor zehn Jahren wieder hier eingestiegen bin. Zunächst waren die Bedingungen hier doch recht unterschiedlich zu denen während meiner Ausbildung. Das war am Anfang natürlich nicht ganz einfach. Ich hatte schon etwas andere Vorstellungen davon, wie man in einer Küche arbeitet und was so auf dem Teller stattfinden sollte, als meine damaligen Mitarbeiter. Das war ein langer Weg bis heute. Mittlerweile kann ich aber wirklich sagen, dass ich zu 100 Prozent hinter meiner Arbeit hier stehe. Wann hast du beschlossen, Koch zu werden? Es war nicht so, dass ich schon als kleiner Junge den Kräutergarten meiner Eltern umgegraben habe oder so etwas. Die Entscheidung ist mit der Zeit herangereift. In der zwölften Klasse habe ich ein Praktikum in einer Bank gemacht und ganz deutlich gemerkt: Das ist nichts für mich. Ein großer Anteil praktischer Arbeit muss schon dabei sein. Und da bei uns zu Hause eigentlich immer schon sehr gut gekocht und viel Wert aufs Essen gelegt wurde, lag

die Entscheidung nahe. Gibt es für dich so etwas wie ein perfektes Gericht? Wenn man es schafft, den eigentlichen Rohstoff, aus dem das Gericht hergestellt wird, so zu belassen, dass dieser den ursprünglichen Charakter nicht verliert, und so mit Beilagen auszuschmücken, dass diese das Wesentliche nicht überdecken – dann ist das Gericht gelungen. Wenn es nach mir geht, muss der Geschmack der Hauptzutat klar erkennbar bleiben und sollte nicht verfälscht werden, davon bin ich absolut überzeugt. Was die Anzahl der Kräuter und Gewürze angeht, gibt’s sicherlich unterschiedliche Meinungen. Es gibt auch Gerichte, die sehr einfach erscheinen, obwohl sie ganz viele verschiedene Kräuter enthalten. Trotzdem: Auf dem Teller sollte Klarheit vorherrschen, das ist wichtig. Den Weg dorthin interpretiert wahrscheinlich jeder Koch anders. Mach uns doch mal den Mund wässrig: Was für Highlights stehen denn bei dir auf der Karte? Ein Klassiker bei uns ist das Eisbein. Ich achte aber schon darauf, dass das ganze nicht zu fleischlastig wird. Es stehen auch immer ein vegetarisches Gericht und kleinere Sachen auf der Karte. Auch Klassiker, die man sonst vielleicht nicht mehr so häufig bekommt, können die Gäste bei uns bestellen, wie zum Beispiel das Holsteiner Schnitzel. Die meisten Gerichte haben eine eigene Geschichte und sind der Berliner Küche zuzuordnen...


Kieztalk

..die ja bei Gastrojournalisten häufig in der Kritik steht. Manche sagen, außer Buletten und Currywurst gäbe es hier nichts, eine echte regionale Küche existiere gar nicht. Was ist denn nun typisch berlinerisch? Die Sachen vermischen sich im Laufe der Zeit. Es gibt da natürlich Einflüsse aus anderen Regionen, wie zum Beispiel aus der schlesischen Küche. Deshalb ist es oft sehr schwierig zu sagen, was denn nun ein klassisches Berliner Gericht ist. Da gibt es unterschiedliche Meinungen und Überlieferungen. Im Wesentlichen kann man sich aber doch bei bestimmten Gerichten treffen. Dazu gehören natürlich Eisbein, Kassler oder auch Kalbsleber. Mir persönlich ist wichtig, dass bei den einzelnen Gerichten nicht zuviel vermischt wird, trotzdem aber ein paar raffinierte Dinge dabei sind. Das klingt oft sehr einfach auf der Karte – soll es ja auch –, ist aber in der Vorbereitung manchmal recht aufwendig. Zum Beispiel Häckerleschnitte mit Radieschengrün, das ist Matjes, klein geschnitten mit Charlottenbrühe und Schnittlauch, Salz und Pfeffer aus der Mühle, das kommt dann auf eine Krustenbrotscheibe von einem Brot, das wir auch selbst backen. Soweit es möglich ist, stellen wir die Produkte selbst hier vor Ort her. Wo holst du dir neue Ideen, wie lässt du dich zu neuen Kreationen inspirieren? Ich lese viel quer und ich schaue mich auch viel um. Vom simplen Imbiss bis zum Sternerestaurant. Wenn ich eine Idee habe, probiere ich sie einfach aus. Ich blättere auch immer wieder in alten Kochbüchern, teilweise recht trockene Dinger,

aber auch das inspiriert mich. Das Ergebnis ist dann niemals das Gericht aus dem Buch, sondern eine neue Idee, die daraus entstanden ist. Du hast dieses Jahr auch sechs Monate im Ausland gearbeitet, zunächst in New York und dann in Kopenhagen. Was gab es dort zu entdecken? Unterm Strich wurde dort, zumindest wo ich war, doch eher klassisch gekocht, häufig inspiriert von der französischen Küche. So wahnsinnig viel Neues gab es dort nicht zu entdecken, auch wenn es natürlich eine sehr gute Küche mit wunderbar zusammengestellten Gerichten ist. Viel mehr fasziniert hat mich eigentlich deren Arbeitsweise, vor allem in New York. Trotz eines sehr hohen Durchlaufs von rund 300 Gästen am Abend ging es nie hektisch, sondern immer gelassen und extrem professionell zu. Das war schon sehr beeindruckend. Gibt es ein No-Go bei dir in der Küche? Umgekehrt würde ich sagen, dass bestimmte Dinge für mich essenziell sind. Zum Beispiel, dass sich alle in der Küche gut verstehen und gut zusammenarbeiten. Die Chemie muss einfach stimmen, damit es mit den Arbeitsabläufen klappt. Ich mag es auch nicht besonders, wenn der Geräuschpegel höher ist als nötig. Außerdem sollten alle Mitarbeiter gut organisiert sein und ein gutes Produktverständnis mitbringen. Natürlich muss man den Dingen auch etwas Zeit geben, das passiert nicht von heute auf morgen. Dafür wird man am Ende aber auch belohnt. Wir ar-

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beiten hier aktuell mit zehn Leuten und die Zusammenarbeit klappt mittlerweile perfekt. Irgendwann wird’s aber bestimmt trotz guter Atmosphäre und Organisation auch mal stressig. Was machst du, um dich zu entspannen? Wenn ich merke, dass ich gestresst oder zu sehr eingespannt bin, fahr ich schon mal raus aus Berlin. Gerne nach Hamburg oder sonst wo ans Meer mit einem guten Buch. Ich mache auch häufig Kurztrips in andere Städte. Da muss es gar nicht unbedingt ruhig sein, Hauptsache, ich bekomme ein paar neue Eindrücke, die ich dann verarbeite. Ab und zu auf Abstand gehen, um dann mit voller Energie weiter zu arbeiten, das funktioniert für mich sehr gut.


30 Hmmm, Lecker!

KOCHTIPPS VOM KOCHHAUS Knusprige Entenbrust mit gebackenem Hokkaidokürbis und Ingwer-Orangen-Soße Text und Bilder Kochhaus

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Berlin Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 2 Entenbrüste, 300 g Hokkaidokürbis, 6 Grenaille Kartoffeln, 2 Orangen, 6 Zuckerschoten, 1 Bund Petersilie, 25 g Ingwer, 3 g Madras-Curry, 20 g Butter, 75 ml Olivenöl, Salz, Pfeffer, Zucker * (Mengen- / Zeitangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen)

Ofen auf 160°C Umluft bzw. 180°C Ober-/Unterhitze

In eine Schüssel Kürbisspalten und halbierte Kartoffeln

Entenbrüste waschen, trocken tupfen und mit einem

vorheizen. Kürbis waschen, von Kernen und Strunkres-

geben und mit 5 bzw. 10 EL* Öl, Curry, ∏ bzw. 1 TL* Salz,

scharfen Messer die Haut rautenförmig, ohne in das

ten befreien und in 6 bzw. 12* gleichmäßig große Spal-

ausreichend Pfeffer, 1 bzw. 2 TL* Zucker marinieren. Auf

Fleisch zu schneiden, einritzen. Mit je einer Prise Salz

ten schneiden. (Die Schale kann mitgegessen werden.)

ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben und auf

und Pfeffer von beiden Seiten kräftig würzen.

Kartoffeln der Länge nach halbieren.

mittlerer Schiene 12 Minuten im Ofen garen.

Entenbrüste in einer kalten Pfanne ohne Öl auf der Haut-

Angebratene Entenbrüste sowie Zuckerschoten zusam-

Währenddessen die Hälfte der Orangen schälen,

seite 4 Minuten bei starker Hitze kross anbraten. Enten-

men mit dem ausgebratenen Fett auf das Ofengemüse

Fruchtfleischfilets v-förmig heraustrennen und beisei-

brüste wenden, Zuckerschoten hinzugeben und 1 weitere

geben und weitere 12 Minuten im Ofen auf mittlerer

te stellen. Saft der verbliebenen Orangen auspressen.

Minute bei starker Hitze braten.

Schiene garen.

Ingwer schälen und in feine Würfel schneiden. Petersili-

Orangensaft und Ingwer in eine Pfanne geben und auf

Entenbrust auf einem flachen Teller mittig anrichten,

enblätter von den Stielen zupfen.

höchster Stufe 4 bzw. 8 Minuten* einkochen. Pfanne vom

Kürbisspalten, Kartoffeln und Zuckerschoten hinzufügen

Herd nehmen, kalte Butter einrühren und Orangenfilets

und mit der Ingwer-Orangen-Soße begießen. Mit Petersi-

hinzufügen. Nach Geschmack mit 1 bzw. 2 Prisen* Salz

lienblättern reichlich garnieren.

und Pfeffer würzen.


Wir Mitte Muttis

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WIR MITTE - MUTTIS Text Bettina Schuler Bild Bajazzo Verlag Translation P. 43

Früher waren meine Hauptnahrungsmittel Toastbrot, Kaffee und Bier. Warmes Essen gab es für mich nur beim Billig-Italiener, in der Uni-Mensa oder bei Freunden, die etwas mehr Wert auf eine ausgewogene Ernährung legten als ich. Kochen, das bedeutete für mich, eine Packung Tiefkühlgemüse aufzuwärmen und mit ein wenig Ketchup zu verzieren. Diese Haltung änderte sich schlagartig mit der Geburt meines Kindes. Denn plötzlich war es nicht nur meine Gesundheit, die ich mit Fertigprodukten zugrunde richtete, sondern auch die eines kleinen Menschen. Doch zum Glück hatte ich ja Freunde, die sich ebenfalls um das Wohlergehen meiner Tochter sorgten. Und so bekam ich anstatt schicker Petit-Bateau-Strampler jede Menge Kinderkochbücher geschenkt. Zu meinem Bedauern musste ich sehr schnell feststellen, dass meine Tochter den Hang zum ungesunden Essen von mir geerbt hat und lieber Schnitzel mit Pommes als Karotten-Pastinaken-Suppe isst. Als ordentliche Mitte-Mutti, die nur im Biosupermarkt einkauft und anstelle von praktischen Plastikwindeln ihrem Kind nur schadstofffreie Naturwindeln anzieht, kommt so etwas bei uns natürlich nur an Kindergeburtstagen auf den Tisch. Für etwas Anderes ist meine Kleine leider nicht bereit, ihren Mund zu öffnen. Es sei denn, ich hebele ihn mit einem Löffel auf, das erscheint mir dann doch etwas zu herzlos. Also, was tun, wenn ich nicht will, dass der Kinderarzt einen wegen akutem Untergewicht des Kindes zum Jugendamt schickt? Am Besten sich Rat bei den Kinder-Kochexperten holen, wie bei der Gattin des amerikanischen Komikers Seinfeld, die uns in ihrem Kochbuch Mama, dass schmeckt super verrät, wie wir eine fettige Lasagne in eine wahre Vitaminbombe verwandeln, die unser Kind sogar ganz freiwillig aufisst. Eine andere Variante, die selbst bei meiner schlecht essenden Tochter extrem gut funktioniert, ist sich gemeinsam an den Herd zu stellen und das Abendessen gemeinsam zuzubereiten. Auch wenn man danach mindestens zwei Stunden aufräumen muss. Tolle Rezepte dafür gibt es in dem Kochbuch

Spuren in der Polenta, mit dem es sich dank der tollen Kinder-Kurzgeschichten, von denen es immer eine passende zu jedem Rezept gibt, auch nach dem Essen noch sehr gut die Zeit vertreiben lässt. Zudem ist es dank der fabelhaften Illustrationen von Larissa Bertonasco, die einige schon als Illustratorin und Autorin des Kochbuchs La Nonna, La Cucina, La Vita – die wunderbaren Rezepte meiner Großmutter kennen dürften, noch extrem schön anzusehen. Ebenfalls sehr gelungen ist das Astrid Lindgren Kochbuch, dank dessen wir endlich erfahren können, ob Pippis legendäre Pfefferkuchen wirklich so gut schmecken, wie sie immer verspricht, und zu guter Letzt auch noch hinter das Geheimnis von Michels legendärer Blaubeersuppe kommen. Wer die Koch-, und Esserziehung seines Kindes jedoch lieber ganz in fremde Hände legen will, der sollte es zu einem der Kinder-Kochkurse schicken, die Alex Sommerfeldt in seinem Studio im Prenzlauer Berg organisiert. Denn dort lernen die Kids nicht nur, wie sie sich ein gesundes und köstliches Menü zubereiten, sondern auch, welche Basic-Benimmregeln es am Essenstisch gibt. Und wenn die Kinder euch dann am nächsten Sonntag ein dreigängiges Menü zubereitet haben, dann könnt ihr auch mit ihnen als Belohnung in die Ritter Sport Schokowerkstatt gehen, wo man nicht nur erfährt, wie die Schokolade hergestellt wird, sondern wo man am Ende der Veranstaltung auch seine ganz eigene Ritter Sport-Tafel kreieren darf. Doch Vorsicht, Bauchweh ist bei diesem kulinarischen Ausflug vorprogrammiert!

Kochabenteuer Alex Sommerfeldt E-Mail: info@kochabenteuer.de www.kochabenteuer.de Tel. 030 – 66 30 83 23 Ritter Sport Schokowerkstatt www.schokowerkstatt-berlin.ritter-sport.de Mama, das schmeckt super! Die heimlich gesunden Lieblingsgerichte Ihrer Kinder – Wie Sie einen kompletten Blumenkohl servieren, ohne dass es jemand merkt von Jessica Seinfeld, Imke Brodersen Mosaik Verlag für 14,95 Euro Spuren in der Polenta: Essgeschichten und Rezepte für Kinder von Lukas Hartmann, Larissa Bertonasco Bajazzo Verlag für 16,90 Euro. Das Astrid Lindgren Kochbuch von Mamke Schrag, Andreas Wagener, Björn Berg, Katrin Engelking, Ilon Wikland, Jan Buchholz Oetinger Verlag für 16,90 Euro.


32 Kulturgut

KUNSTTIPPS

VON

EYEOUT

Text Kimberly Bradley Translation Moritz Estermann P. 41

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

JOACHIM BROHM — CULATRA & ERWIN BLUMENFELD 10. September – 17. Dezember 2011 Kicken Berlin, Linienstr. 155, S1, S2, S25 Oranienburger Straße, Di bis Sa, 14 – 18 Uhr +49–30–28 87 78 82, kicken@kicken-gallery.com, www.kicken-gallery.com

Joachim Brohm – Culatra (Ausstellungsansicht) Courtesy Kicken Berlin

Die Besucher der Galerie Kicken haben diesen Herbst das Vergnügen zwei wunderbare Ausstellungen zu sehen. In der Hauptgalerie wird Culatra gezeigt, die neueste Serie des mittlerweile 50-jährigen deutschen Fotografen Joachim Brohm. Die 24 Bilder wurden zwischen 2008 und 2010 in Culatra, Portugal aufgenommen, einer kleinen, nur spärlich besiedelten Insel nahe der Algarvenküste. Die Motive – ein Traktor, eine Hütte, eine geflieste Fassade, ein rotes Boot im Sand, ein unordentlicher Hinterhof – scheinen fast zu leuchten und geben der sonst eher zurückhaltenden Farbwelt Brohms eine neue Tiefe. Seine Kompositionen sind – wie so oft – voller subtiler Spannung, die den Betrachter dazu führen, ein wenig länger hinzuschauen. Bei Kicken II ist eine kleine Auswahl von Modefotografien des deutschen Fotografen Erwin Blumenfeld (1897–1969) zu sehen, die mehrheitlich in den 30er und 40er Jahren sowohl in Paris wie auch den USA entstanden sind. Wunderbar retro.

SEEING IS BELIEVING 11. September – 13. November 2011 Kunst-Werke Berlin, Auguststraße 69, S1, S2, S25 Oranienburger Straße, Di bis So, 12 – 19 Uhr, Do 12 – 21 Uhr +49–30–24 34 59 0, info@kw-berlin.de, www.kw-berlin.de

Seeing is Believing (Ausstellungsansicht) Courtesy Kunst-Werke Berlin Foto: Uwe Walter, 2011

Seit 9/11 haben die Massenmedien unsere Sicht auf Kriege und Katastrophen verändert, wenn nicht sogar manipuliert. Die Ausstellung Seeing is Believing in den Kunst-Werken übt Kritik an dieser Wahrnehmung moderner Konflikte und deckt gleichzeitig in vielen Fällen bisher Unsichtbares auf. Zu sehen sind Arbeiten von 24 Künstlern, wie zum Beispiel der Phantom Truck des Amerikaners Iñigo Manglano-Ovalle. Die Rekonstruktion eines Biowaffen-Fahrzeuges in Originalgröße ist in einem komplett verdunkelten Raum ausgestellt – eine Situation, die den Besucher dazu zwingt, sich blind um das riesige Objekt herumzutasten. Auch Themen wie Schmuggel und Überwachung werden angesprochen: Taryn Simon fotografiert konfiszierte Objekte von Flughafenkontrollen; der iranische Künstler Abbas Akhavan zeigt zu Waffen umgebaute alltägliche Gegenstände und die Fotografien des palästinensischen Künstler Taysir Batniji wirken auf den ersten Blick fast wie Fotos aus der Becher-Schule, bis klar wird, dass es sich um Wachtürme handelt. Vieles ist irritierend direkt und intensiv, doch einige Arbeiten entwickeln ihre Stärke auch aus Subtilität und Abstraktion heraus. The Day Nobody Died, eine Wandarbeit der Kriegsjournalisten Adam Broomberg und Lover Charanin, besteht aus Fotopapier, das sie an der Front in Afghanistan dem Sonnenlicht ausgesetzt haben – der Schrecken verschwindet hier hinter der Schönheit der Farben. Künstler: Adel Abdessemed, Abbas Akhavan, Kenneth Anger, Nadim Asfar, Taysir Batniji, Adam Broomberg und Oliver Chanarin, Paul Chan, Zeyad Dajani, Anita Di Bianco, Joana Hadjithomas und Khalil Joreige, Khaled Hourani, Iman Issa, Alfredo Jaar, Nedim Kufi, Iñigo Manglano-Ovalle, Gianni Motti, Adrian Paci, Walid Sadek, Taryn Simon, Sean Snyder, Hito Steyerl, Akram Zaatari.


Gimme Five

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GIMME FIVE GUILTY PLEASURES Die sündigen Gelüste der MITTESCHÖN-Redaktion Text Paul Schlosser Illustration Kristina Wedel

Natürlich essen wir von der MITTESCHÖN-Redaktion ganz wenig ungesundes Essen. Und wenn, dann nur Müsli mit Zartbitterschokosplittern, Dörrobst oder mal ‘ne Reiswaffel. Furchtbar schlechte Essgewohnheiten, die wir da an den Tag legen. Leider gibt es für den englischen Begriff Guilty Pleasure keine wirklich gute deutsche Entsprechung. Vergnügen mit Schuldgefühlen groovt einfach nicht. Und doch kennt diese heimlichen Gaumenfreuden hierzulande jeder. Jenes kalorienreiche Fast- oder Fingerfood, Süßspeisen oder Fruchtgummis, die mehr künstliche als natürliche Zutaten beinhalten, die wir insgeheim mögen, obwohl wir wissen, dass sie in der Welt der Schöngeister, anspruchsvollen Gourmands und asketischen Bedenkenträger keinen Blumentopf gewinnen können. Wir sind mal in uns gegangen, um unsere wirklich finstersten Geheimnisse ans Licht zu zerren, und bekennen uns im einmaligen MITTESCHÖN Essens-Sonderheft zu unseren heimlichen Leidenschaften und abgründigen Vorlieben!

01

Haribo Brixx Den unangefochtenen ersten Platz belegen Brixx, die süßeste Versuchung, seitdem es Haribo gibt. Brixx sind sauerkandierte Fruchtgummis, die es gefüllt mit prickelnder Brause in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt. Lange Zeit bei REWE in der Süßigkeitenabteilung neben den Katjes Yoghurt Drops des schwergewichtigen Fußballfunktionärs Rainer Calmund deponiert, hat es sich dort unlängst wieder ausgebrixxt, und so sind die sauren Würfel nur noch in gut sortierten Spätis erhältlich.

02

Rée Kaffee’s Quarkhörnchen Falls es sich sowieso nicht längst rumgesprochen haben sollte: Im Rée Kaffee auf der Brunnenstraße in Mitte gibt es die besten Quarkhörnchen der Stadt! Man sollte aber nicht zu spät kommen. Die Stückzahl ist sehr begrenzt; wir haben schon Tage erleben müssen, an denen uns andere Freunde schwäbischen Quarkgebäcks bereits zuvorgekommen sind.

03

Chili Cheese Fries von Burgermeister Ein wahres Highlight amerikanischer Fast Food Kultur. Der Imbiss unter der Hochbahn am U-Bahnhof Schlesisches Tor weiß nicht nur mit handgemachten Burgern vom Grill und Tacos zu locken. Besonders die Chili Cheese Fries, platt gesagt: Pommes Frittes (Fries), bedeckt mit Chili con Carne (Chili) und dann mit Käse (Cheese) überbacken, sind eine kleine Sünde wert!

04

Tayaki von Mogu Mogu Taiyaki Tayaki ist ein etwas an Waffeln erinnerndes Gebäck, das nicht etwa gewohnt rechteckig, sondern in Form eines süßen Fisches verkauft und traditionell mit süßen Pasten wie Kastanie, schwarzer Sesam, Banane-Schoko oder Azdukibohnen (unser klarer Favorit) gefüllt wird. Über www.facebook.com/MoguMoguTaiyaki könnt ihr erfahren, wann das Team mit mobilem Stand in eurer Nähe ist.

05

California Breakfast Slams’ unschlagbare Strawberry Mint Pancakes Seit wenigen Wochen kann wieder geslammt werden, was das Zeug hält! Diesmal in der Pflügerstraße 19! Unser Favorit sind die Strawberry Mint Pancakes mit Ahornsirup, Erdbeeren und einer Butterkugel so groß wie ein Eisbällchen! Langschläfer und Feierwütige sollten sich am Wochenende aber den Wecker stellen. Das Frühstücksangebot gilt auch hier nur bis 16 Uhr. Danach muss die Küche wieder für die eigentlichen Besitzer der Lokalität geräumt werden.


34 Angehört und nachgehorcht

BRANDT BRAUER FRICK Text Anne Kammerzelt Foto Harry Weber

Das ursprünglich dreiköpfige Akustik Techno – Projekt „Brandt Brauer Frick“, dessen Mitglieder gleichzeitig Namensgeber für die Formation sind, ist in der jüngeren Vergangenheit zwecks spektakulärer Live Auftritte zu einem Zehn– Mann-Ensemble angewachsen. Handgemachter Techno, der Philharmonie- und Clubbesucher gleichermaßen beeindruckte. Was sich auf der Bühne bewährt hat, ist nun auf einem Tonträger adaptiert worden, welcher vor einigen Tagen in Deutschland veröffentlicht wurde. „Mr. Machine“ heißt das zweite Album des Trios. Anders als der Titel vermuten lässt, wurde – im Gegensatz zum Erstlingswerk „You Make Me Real“ - gänzlich auf computergenerierte Töne verzichtet. Die Hauptbesetzung von „Brandt Brauer Frick“ - mit Vornamen Daniel, Jan und Paul - war in den letzten Monaten umtriebig. Neben dem Release der zweiten Platte waren sie nonstop auf Tour und haben das neue Video zu „Pretend“ aufgenommen. Nebenbei haben Jan und Daniel noch ihr Studium beendet. In unserem Gespräch erzählen uns die sympathischen Musiker mehr über die neue Platte, was sie von „Kraftwerk“ halten und warum Mutters Kochkünste doch die besten sind.


Angehört und nachgehorcht

Euer zweites Album ist gerade herausgekommen. Was hat sich seit dem Debütalbum verändert? Paul: Unser erstes Album haben wir komplett zu dritt aufgenommen. Im Garagenstudio in Wiesbaden. Wir haben viel improvisiert und hatten erst mal gar nicht vor, eine Aufnahme zu machen. Das neue Album wurde von Anfang an geplant. Die Musik war ausgedacht, bevor sie aufgenommen wurde. Dadurch, dass auf dem neuen Album alles mit dem Ensemble, also mit akustischen Instrumenten gespielt ist, ist das ein ganz anderer Sound. Bei dem ersten Album haben wir zwar auch dreckige, akustische Klänge aufgenommen, die dann aber bearbeitet und mechanisch editiert, so dass es noch mehr nach Techno klang. Wie seid ihr zu dem Ensemble gekommen? Daniel: Das sind vor allem Leute, die Paul durch sein Studium kennt. Einige wurden uns auch weiterempfohlen. Wir haben mittlerweile eine feste Crew und zusätzlich Musiker, die ausgetauscht werden, da einige zum Teil noch bei anderen Ensembles spielen und so nicht immer Zeit haben. Das ist eine große Gruppe an Leuten, mit denen die Zusammenarbeit eine Menge Spaß macht. Wie tretet ihr lieber auf, zu dritt oder mit dem ganzen Ensemble? Die Auftritte unterscheiden sich ja schon sehr. Jan: Wir machen beides gerne und lieben gerade die Abwechslung. Die Auftritte mit dem Ensemble sind sehr aufwendig, und es bedarf einer wahnsinnigen Logistik. Dafür ist es aber auch ein riesen Gefühl, wenn alles gut über die Bühne gegangen ist. Aber das braucht man auch nicht jedes Wochenende. Deswegen sind wir froh, dass wir auch dieses relativ einfache Setup zu dritt in den Clubs haben. Das ist auch besser als das Ensemble–Konzert dazu geeignet, um die Leute im Club zu rocken. Wir wollen mit dem Ensemble auch in diese Richtung gehen, aber das ist mit dem Dreier-Ding gerade noch einfacher. Wenn die Arbeit mit dem Ensemble so viel Organisation bedarf, seid ihr euch da auch mal uneinig? Daniel: Nein, eigentlich nicht. Wir sind dann eher gemeinsam als Gruppe gegen alle anderen. Paul: Letztendlich ist das, was wir dieses Jahr durchziehen, auf jeden Fall so was wie verheiratet sein... Daniel: Aber die Ehe läuft noch gut. Ihr werdet aufgrund eures Auftretens oft mit „Kraftwerk“ verglichen. Euer neues Album heißt „Mr. Machine“. Da denkt man natürlich sofort an Kraftwerks „Mensch-Maschine“. Paul: Natürlich sind wir ein bisschen daran schuld, dass wir mit Kraftwerk verglichen werden. Ich finde Kraftwerk allerdings eher faszinierend, als dass ich sie wirklich mag. Im Grunde machen wir auf einer bestimmten Ebene genau das Gegenteil. Weil wir ja gerade Maschinen-Musik wieder zum Atmen bringen und sie mit organischen und dreckigen Klängen versehen.

35

Seht ihr Maschinen eher als Fluch oder als Segen für die Gesellschaft? Daniel: Naja, ohne Maschinen würde es zum Beispiel nicht mal einen Tonträger geben. Von daher ist es schon ganz cool, dass es Maschinen gibt. Aber natürlich sind sie zum Teil auch schlecht für die Gesellschaft. Jan: Das ist zum Beispiel eine gute Maschine (zeigt auf ein Fahrrad). Die ist einfach und die kapiert jeder. Aber es gibt natürlich viele Maschinen, die die Menschen einfach überfordern. Paul: Trotzdem will doch keiner von uns raus aus dem Fortschritt. Erst mal sollte eine Idee da sein, damit das Ganze eine menschengesteuerte Sache bleibt und die Maschine ein Hilfsmittel ist. Aber jede Maschine verselbstständigt sich ja irgendwann mal. Eigentlich muss man zugeben, dass dies das Interessante ist. Welche Maschine wärt ihr denn gerne, wenn ihr einer Maschine Leben einhauchen könntet? Jan: Espresso-Maschine. Paul: Und ich ein Damenrasierer Tocotronic sang: „Digital ist besser.“ Was wäre eure Antwort? Jan: Beides ist gut! Paul: Genau, beides ist gut. Wichtig ist für uns das Feeling, das dabei rauskommt. Hierbei sind uns alle Mittel recht. Eins unserer Lieblingsmittel ist es, mit einem Mikrofon und irgendeinem Objekt oder Instrument herumzuexperimentieren, weil wir so viel schneller Klänge kreieren können, die wir interessant finden. Mit dem Computer oder Synthesizer gibt es zehn Millionen Nerds auf der ganzen Welt, die alles ausprobieren, und deswegen kennt man einfach alles. Aber es gibt wenige Leute, die eine lebendige, pulsierende Musik wie die unsere machen. Stichwort Nerds: du hast schon mit zwölf Jahren komponiert. Reagiert das Umfeld, zum Beispiel in der Schule, da nicht etwas verstört? Paul: Ich wurde auf jeden Fall etwas ausgelacht. Und ich habe mich eigentlich auch immer so ein bisschen geschämt. Aber irgendwann habe ich dann bei einem Kompositionswettbewerb mitgemacht. Da war ich sechzehn. Ich wurde ausgewählt, und ein Stück von mir wurde anschließend von richtig guten Musikern gespielt. Somit hatte ich eine Aufnahme und die Möglichkeit, es meinen Freunden vorzuspielen. Da gab es schon viele, die meinten: „Oh oh, du Armer, du wirst echt ein trauriges Leben haben. Das ist doch brotlose Kunst.“ Eure Aufnahmen zum ersten Album haben in dem Studio in Wiesbaden, in der Garage von Daniels Eltern, stattgefunden. Hat Mutti gekocht? Alle: Oh ja!


36 Anzeige

Paul: Daniels Mutter kocht einfach extrem gut. Sie hat einen großen Radius an Speisen und hat uns immer wieder mit Neuem beglückt. Vor allem gibt es immer alles. Es gibt eine Vorspeise, dann gibt es ein Hauptgericht, vielleicht noch ein zweites Hauptgericht. Auf jeden Fall immer einen Nachtisch. Später dann Eis und dann auch noch Kaffee. Jan: Und ein einfaches Abendbrot artet total aus. Was kann deine Mutter am besten? Daniel: Schwer zu sagen. Ich mag eigentlich alles, was meine Mutter kocht. Früher gab es mal Gerichte, die ich nicht mochte, aber die gibt es jetzt nicht mehr. Seid ihr denn eher Sushi- oder eher Döner-Typen? Paul: Wir sind eigentlich eher Burger-Typen. Jan: Aber wenn wir die Wahl haben, dann eher Sushi. Daniel: Nee, ich nicht. Ich eher Döner. Habt ihr ein Album im Plattenschrank, für das ihr euch schämt? Daniel: Die Prinzen. Das ist einfach echt Scheiße. Die fand ich, als ich sechs Jahre alt war, kurz cool. Die würde ich auch nicht auflegen. Ace of Base hingegen würde ich zumindest schon noch mal spielen.

Und ihr? Outet euch, „die Prinzen“ müssen übertroffen werden! Paul: Ich hab irgendwann mal ein Album von den Toten Hosen geschenkt bekommen. Die fand ich sogar gut, weil das Mädchen, in das ich mit zwölf verliebt war, die auch gehört hat. Jan: Von den Toten Hosen hatte ich mal Zehn Kleine Jägermeister. Das war eine meiner ersten CDs. Dafür schäme ich mich natürlich schon ein bisschen. Aber ich war jung, also was willst du machen? Ich hab gerade den Eindruck, dass das Berliner Nachtleben nicht viel Neues zu bieten hat. Paul: Dadurch, dass wir gerade so viel unterwegs sind, bekommen wir nicht viel mit. Aber was das Angebot angeht, gerade auch was Konzerte betrifft, ist Berlin einmalig. Aber es stimmt schon, dass im Moment nichts Neues aus Berlin kommt, was uns total flasht. Daniel: In Berlin gibt es oft die Hemmschwelle, unterschiedliche Musik in die Sets einzubauen. Einfach mal eine Platte auszumachen und dann irgendein Soul-Lied zwischendrin zu spielen. Das kann man hier einfach nicht bringen, sonst gehen alle sofort. Aber am Wochenende hab ich im ://about blank aufgelegt, da war eine coole Stimmung, da konnte man eigentlich alles machen. Brandt Brauer Frick Ensemble live: Sonntag, 18.12., 20 Uhr, Volksbühne www.brandtbrauerfrick.de

NATURAL BORN GOLFERS

Bereits in den 1990er Jahren machte sich der Hamburger Torsten Schilling daran, den Golfsport aus den Fängen der muffligen Elite zu befreien, ihm ein Rock’n’Roll Image zu verpassen und ihn so in das urbane Leben zu integrieren. Heute leitet Schilling die weltweite Natural Born Golfers Community, der mehr als 150.000 aktive Mitglieder angehören. Mittlerweile gibt es ein eigenes Fashion-Label, außerdem werden regelmäßig Community- aber auch Business-Events organisiert.

Monica and the Explosion und Mediengruppe Telekommander. Torsten Schilling: „Rock’n’Hole ist die Symbiose von Urban Golf und Musik – und genau das ist es, was den Spirit der Natural Born Golfers ausmacht.“

Die Bilder entstanden beim diesjährigen Rock’n’Hole in Berlin, mitveranstaltet von FluxFM, gesponsert von Citroen DS4 und Jägermeister und musikalisch begleitet von Laing, Bubi Elektrick,

Weitere Eindrücke von der Golftour quer durch die Stadt gibt es auf www.facebook.com/naturalborngolfers, wo ihr euch zukünftig auch über bevorstehende Veranstaltungen informieren könnt.

Action und gute Stimmung stehen also auf dem Programm – für alle, die abenteuerlustig genug sind und Spaß daran haben, abseits von Fairway und Green ein paar Bälle zu schlagen.




Berliner Gesichter

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler Foto Tina Linster Translation P. 43

Jürgen Fürgut, 39 Jahre Betreiber und Inhaber von Steckerlfisch & Co.

Das Fischfangen hat in meiner Familie schon seit Generationen Tradition. Bereits mein Großvater und mein Vater waren Hobby-Angler, da war es ganz selbstverständlich, dass auch ich anfing zu angeln. Bei uns daheim in Bayern wurden die gefangenen Fische auch schon immer gegrillt. Teilweise gab es bei uns täglich Fisch zum Abendessen. Und irgendwie hat mich dieser gegrillte Fisch mein Leben lang nicht mehr losgelassen. Selbst nach dem Studium nicht. Von Hause aus bin ich studierter Landschaftsbauer. Das ist derjenige, der sich um die Ausführung und korrekte Umsetzung der Baupläne kümmert. Ich habe auch acht Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet, aber irgendwann habe ich nur noch Dienst nach Vorschrift geschoben, weil mich die Lust komplett verlassen hatte. Mir war dann schnell klar, dass ich meinen Traum vom Steckerlfisch-Stand realisieren muss, um nicht unglücklich zu werden. Das war jetzt vor knapp 5 Jahren, im Frühjahr 2007. Mein allererster Kunde war zufälligerweise Dieter Kosslick, der leider keine Mayonnaise verträgt. Deswegen ist ihm auch von seinem ersten Steckerlfisch, den ich ja immer mit einer selbst gemachten Kräuterremoulade serviere, erst mal schlecht geworden. Der zweite ohne Remoulade hat ihm dafür dann aber umso besser geschmeckt. Obwohl ich keinerlei Erfahrung mit der Selbstständigkeit hatte, habe ich immer gewusst, dass das mit dem Steckerlfisch-Stand funktionieren wird. Vielleicht auch, weil ich nie etwas erwartet habe, sondern mich einfach mit meinem Stand auf die Märkte gestellt und gegrillt habe. Mein Prinzip ist, dass sich jeder an meinem Stand einen Fisch leisten kann. Das alte Mütterchen ebenso wie der gut verdienende Mittvierziger. Ich verdiene

lieber fünf Euro weniger, als dass ich irgendjemanden wegen meiner Preise als Kunden ausschließe.

Steckerlfisch & Co Jürgen Fürgut Winterfeldtstraße 5

Mein Anspruch sowohl im Umgang mit den Kunden als auch beim Zubereiten des Essens ist, dass sich die Gäste so fühlen, als ob sie bei mir zu Hause zum Essen eingeladen wären. Deshalb lasse ich mir auch nicht irgendeinen Kartoffelsalat liefern, sondern mache ihn lieber selbst. Auch die Kräuterremoulade wird von Hand zubereitet, nach einem hauseigenen Rezept. Zu Beginn habe ich in meinem Freundeskreis einen richtigen Remoulade-Test veranstaltet, um die richtige Mischung herauszufinden.

www.steckerlfisch.com Wochenmärkte: Winterfeldtplatz Mi, 10 – 14 Uhr Breslauer Platz Do, 12 – 17 Uhr Arkonaplatz Fr, 12 – 19 Uhr

Die meisten Fische, die ich verkaufe, kommen aus Norwegen und sind MSC-geprüft. Nur die Forellen kommen aus der Teichanlage meiner Eltern. Dort werden sie geschlachtet, eingefroren und mit dem Kühltransporter nach Berlin geliefert. Man mag es kaum glauben, aber meine Frau hasst Fisch. In der Schwangerschaft hat sie mal an einer Makrele geknabbert, aber das war’s dann auch schon. Das Einzige, was sie ab und zu isst, sind Fischstäbchen. Doch die zählen für mich nicht. Ich kann mir gut vorstellen, den Steckerlfisch-Stand noch weitere zehn Jahre zu betreiben. Für mich ist es der schönste Beruf der Welt. Wenn man es überhaupt als Beruf bezeichnen kann. Denn eigentlich bin ich den ganzen Tag ja nur am Grillen.

Winterfeldtplatz Sa, 10 – 16 Uhr

39


40 English Translations

Events (p. 8)

have already published, unpublished large-format

by their two albums, which are entitled How To Make

photographs will be on display in the exhibition. The

Ambient Sad Cake and Mrs. Jones' Cookies. Their sound

NEWVILLAGER

eponymous book with a foreword by Vivienne West-

is a wild mix of 50's doo-wop, 60's girl group pop, folk,

Pop

wood is eye candy and recipe book in one: included in

country and psychedelic garage-rock that is echoed

Admission: from €13.20 in

this culinary artwork are recipes from Trettl that are

with a pinch of soul, surf and rockabilly. On their sec-

advance, 21 Nov, doors open 8

simple and quick to prepare.

ond album the Sandwitches go for various styles and

pm, show begins 9 pm

Museum for Communication Berlin

interpret them in their own, not always serious way

Music has been full of

Leipziger Strasse 16

- sometimes dark, sometimes calm and playful. The

myths since time imme-

www.mfk-berlin.de

designation Weird Pop puts it best. With rattling lo-fi

morial.

NewVillager

drums, singing reminiscent of Natalie Merchant and

also

advantageously uses these traditions in their live

THE WATERMELONS

sometimes Kate Bush, and outrageous stage outfits,

shows, videos, films and art installations. Founders

Indie Pop

the Three Graces will be performing at the Monarch.

Ben Bromley and Ross Simonini not only weave myth

Admission: € 3

Monarch Skalitzer Strasse 134

around their multi-media art project, but discuss this

2 Nov, Show begins at 10 pm

www.kottimonarch.de

with the outside world: Their mythology is "a lens

Why would a band name

through which one views the world, a ten-part frame-

itself after a fruit-like cu-

JAMES BLAKE

work in order to understand the process of change.

curbit? We don’t exactly

Dub Melodramatic Pop

How does a person, an idea change from one state

know. What we do is that

Admission: €35.45 in advance

to another? Everyone asks this the question every

The Watermelons stand for really fresh British Indie

16 Nov, 8 pm

time anyone creates something new. Mythology is

Pop. 2011 was an unbelievably successful year for the

Earlier this year James Blake

our response." Supposedly founded in the depths of

young West Sussex band, which first shot to success

released his debut, which

the world’s smallest volcano in Mexico, NewVillager

just two years ago. The four boys toured through Ger-

revolutionized our listening

released their self-titled debut in August. Their music

man lands playing in established Berlin clubs. This

habits with its minimalistic,

is predominately Funk, Bass, Progressive Rock, and

summer they were in France where they performed

catchy and hypnotic approach and was nominated for

Psychodelia with Soul, and percussive and electronic

in Le Touquet and were the opening act for the mu-

the Mercury Music Prize 2011 in July. The single Limit

elements alternate with guitars and keyboards. To be

sician Louis Bertignac at the Rock En Stock Festival.

To Your Love, a cover version of the Canadian singer

honest, we haven’t the foggiest idea about the mytho-

After performances at the Shambala Festival back at

Feist, triggered a veritable hype in various social net-

logy of NewVillager. The group understands music

home, Toby Bain, Sam Salkeld, David Kelly und Matt

works already in late 2010. Low and behold, musical

and that’s enough for us to surrender unconditio-

Wagstaff are no way resting on their laurels. Instead,

taste and suitability for a mass audience sometimes

nally to this madness.

thy have returned to Europe with their new EP Dance

go hand in hand. James Blake studied at Goldsmiths

Crystal Columbiadamm 9–11

Strange Together for their second European tour in

College and is a trained classical pianist. With his

the German capital. In restaurant White Trash you

post-dub step, the 22-year-old Londoner has created a

cannot only enjoy The Watermelons, but an “exotic

new kind of organic, minimalist music. In contrast to

FASHION FOOD

meal ala Mom.” Culinary pleasure for your ears gua-

his previously released EPs, his singing voice, which

Exhibition

ranteed!

he has previously hidden under the micro-collage

Admission: € 3

White Trash Fast Food,

samples, plays more of a role on the album. Blake

29 Oct – 29 Jan

Restaurant Schönhauser Allee 6–7

succeeds again and again to break with the expecta-

Tue, 9 am – 8 pm, Wed to Fri,

www.whitetrashfastfood.com

tions of the listener by skillfully weaving odd beats

www.crystal-berlin.de

with atonality, breaks, and a brittle voice together.

9 – 5, Sat, Sun and Holidays 10 – 6

THE SANDWITCHES

After his long run in the sold-out concert at Berghain

The photo exhibition Fashion

Independent, Pop

in April, the 22-year-old wunderkind is coming back

Food proves to us that food can also play a role in fa-

Pop Country Garage Soul

for another concert, this time at the Admiral Palace

shion shows. Here a scarf is made of cotton candy, a

Admission: Tickets in ad-

in Berlin.

top from soybean leaves, noodle dough serves as a

vance from € 10.30 20 Nov,

Admiralspalast Theater, Friedrich Strasse 101

head dress, dark chocolate becomes a full body suit

9 pm

www.admiralspalast.de

and a gold leaf adorned octopus is a tunic. Star chef

The name of this American INTERFILM

Roland Trettl and photographer Helge Kirchberger

girl band easily gets you on

food arrangements on bare skin blur the lines bet-

the wrong track, at least if you only get to hear them.

Short film festival

ween haute cuisine and haute couture. The two ca-

The Sandwitches understand the homophonic pun

Admission: Single tickets from

tegories of food and fashion are thus brought into a

as a bad joke. The trio consists of the two singers and

€ 5, 5 tickets for € 22,

completely new context. For the first time the Muse-

guitarists Heidi Alexander and Grace Cooper, who

Festival Pass for € 50

um for Communication Berlin is presenting some 50

previously were part of The Fresh & Onlys, and Roxy

15 –20 Nov

images of the interdisciplinary art project Fashion

Brodeur on drums. That the three girls from San Fran-

Interfilm, the 27th Internation-

Food until 20 January 2012. Along with images that

cisco are not adverse to snacks and treats is reflected

al Short Film Festival Berlin,


English Translations

41

will present 450 short films from around the world in

Seeing is

is there actually still a decent butcher? We've put together

six days. Awards will be given in the categories of In-

Believing

a list of the best addresses.

ternational Competition, Confrontation, Documentary,

11 Sep – 13 Nov

German Competition, Viral Video Award, and Eject. The

Kunst-Werke Berlin,

APPETIZER AND MAIN

national focus is on the short film scene in Southeast

Auguststr. 69

COURSE

Asia. East by South East is dedicated to a region that

Tue – Sun, 12 am – 7 pm

Good vegetables for an ap-

is changing like no other in the world, and that wants

Since 9/11, the mass media

petizer salad can be found at

to break with prejudices of the Asian culture. This year

has shifted (or even mani-

the various weekly/organic

Delikatessen focuses on the unique culture and herit-

pulated) how we really see things like war and disas-

markets, which take place

age phenomenal heritage of Istanbul’s history of mul-

ter. Kunst-Werke’s exhibition Seeing is Believing offers

regularly around the city. Or

tiple empires. Berlin Beats makes the rhythm of the

both a critique of our views of modern conflict and in

in the various health food

city tangible and Bike Shorts shows that cycling has

many cases shows the heretofore invisible. Works by

stores such as the LPG in the Kollwitz Strasse, which is

become a way of life. Film + fertig sends five teams out

24 artists are on view, like Phantom Truck by American

extremely well stocked. If you want to treat yourself to

during the festival and their finished films will be giv-

artist Iñigo Manglano-Ovalle, a full-size reconstruction

a good olive oil, you should definitely drop by Themi-

en judged in an audience competition. Sound & Vision

of a bioweapons vehicle on display in a completely

stocles Pazianas olive oil shop in the Senefelder Strasse.

turns off the sound of short films, and new sound will

darkened ground-floor hall, a situation that force vie-

They produce their own delicious Pazianas Koroneiki,

added to them live by different musicians and sound

wers to blindly feel their way around the huge object.

which was on this year’s list of 200 best olive varieties to

artists. Eject delivers the grand finale of the festival -

Topics like contraband and surveillance are addressed:

buy, and it truly makes any salad a real treat. In this age

the long night of the absurd. The festival will open on

Taryn Simon photographs items confiscated from air-

of progressive veganism and vegetarianism, the main

15 November in the Volksbühne and the award ceremo-

ports; Iranian artist Abbas Akhavan displays ordinary

course is rarely a decent piece of meat plus side dishes.

ny on 20 November will be in the Babylon Cinema. The

objects made into weapons; and Palestinian artist Tay-

But thanks to the vegan supermarket Veganz, this wish

Volksbühne’s Roter and Grüner Salon, the Passage Kino

sir Batniji’s black and white photographs seem at first

can quite easily be fulfilled without much searching.

and Central Kino are the other venues.

to be Becher-esque buildings, but prove to be watch-

Fish fans should stop by Fischladen (fish store) on the

More information at: www.interfilm.de

towers. A lot here is jarringly direct and intense, but

Schönhauser Allee where you can not only nibble on de-

some works carry power in their subtlety and abstrac-

lectable fish, buy it to cook at home. And if you’re one of

tion. The Day Nobody Died by war journalists Adam

those few people who cannot resist a sizzling chop, then

Broomberg and Oliver Charanin is made of photo pa-

please absolutely buy at the butcher shop Fleischeri

per exposed to light on the fronts in Afghanistan. The

Klaus Gerlach because it simply is the best in town. My

Joachim Brohm –

result is a wall piece that hides horror behind colorful

special tip is their wild garlic (Bärlauch) sausages, that

Culatra &

beauty.

you can also find every Saturday on the Kollwitz Platz.

EYEOUT Art Events (p. 32)

Erwin Blumenfeld

DESSERT

10. Sep – 17 Dec

I've got rice,

If you want to pamper your

Kicken Berlin, Linienstr. 155

baby… (p. 18)

guests for dessert or with

Tue – Sat , 2 – 6 pm

…once sang Helge Schneider

a small delicacy, then you

In a long-running fall show,

in the belief that with this bit

should either stop in the

Kicken treats its viewers to a lovely double photogra-

of artful cooking he would

Werkstatt der Süsse (“sweets

phy feature. The main gallery showcases Culatra, the

win the heart of a girl. But

workshop”) in the Huse-

most recent series by 50-something German photo-

ever since the early nough-

mann Strasse or in the past-

grapher Joachim Brohm. The 24 images were taken

ties when Briton Jamie Oliver

ry shop of the coffee house Sowohlalsauch. You won’t

from 2008 to 2010 in Culatra, Portugal, a small spar-

showed us that cool guys can cook really well, women are

find better biscuits, chocolates and cakes unless you

sely populated island off the coast of the Algarve. The

no longer satisfied with basic cooking skills. No way; now

bake them yourself. And if you want to serve something

subjects of the photos; a tractor, a shack, a tiled faca-

whoever wants to make a good impression on a woman

other than the usual sweets, then you’re well advised to

de, a red boat in the sand, a messy backyard – acquire

has to put something decent on the table. A Schlemmer-

check out the Lakritzeria where besides the usual licori-

a vivid glow that kicks Brohm’s normally restrained

filet Bordelaise out of the deep-freeze that you choke

ce products from know from our childhood, they offer

sense of color up a notch. His compositions are, as

down with lots of Lambrusco just ain’t gonna cut it. No,

licorice powder, spreads and similar obscenities. What’s

always, fraught with a subtle tension that begs the

today we girls want to be flattered. And culinarily too.

missing quite clearly still is the right bottle of wine,

viewer to look just a little longer. On view at Kicken II

So, since we’ve all known for forever that tomatoes taste

which you can either get at the wine stores Weinladen

is a small series of fashion photographs that German-

better from the organic food store than they do from dis-

Schmidt or Baumgart & Brown, who have two stores in

born Erwin Blumenfeld (1897–1969) took primarily

count stores, it would be nice if give you would put a little

Mitte and one in Prenzlauer Berg. Another alternative

in Paris and the U.S. from the late 1930s to the mid

more effort into the purchase of ingredients. A task that

is the small but fine wine shop Weinwinkel in Duncker

1940s. Wonderfully retro.

is hardly difficult in this gourmet mecca we call Berlin.

Strasse, where one is extremely well-advised, and they

What's the best fish store? Where can I buy vegan food?

offer very good wines at extremely competitive prices.

Which bakery bakes the best bread? And damn it, where

What else is there left to say but: Bon appetit and santé!


42 English Translations

rant somewhere in the city. They have lived in Kreuz-

But you’d be totally off the mark to expect a graying,

Guerilla Dining (p. 21)

berg for a year, and are newcomers to Berlin’s secret

chubby chef of around 50. Andre Sperling, 35, runs the

Is cooking also art?

food community where clients only pay their chefs

traditional restaurant, and manages, despite clearly

Cooking is a lot about color and taste, as in art. But is

for the ingredients. Compared to other supper clubs,

focusing on regional cuisine, to give each dish its own

what’s bubbling in the pot really creative? Mitteschön

home-concept is a little different: Here there are eight,

sophistication. He differs significantly from his young

went asking three of Berlin's most sought after guerilla

small tasting courses offered, prepared very profes-

colleagues on TV whose main task in addition to cook-

chefs.

sionally and in accordance with an urban flavor. Every-

ing often seems to be cracking jokes. Andre Sperling is

thing is carefully planned several weeks before the din-

quiet, level-headed and focused on one goal: simple

ZAGREUS PROJEKT

ner date so that cooking; food and decor are combined

cuisine at the highest quality.

For a long time, Ullrich

into a kind of art project. “Even if you don’t not take it

You've trained in a star restaurant, but now you offer

Krauss wanted to open

too seriously, you can be creative with food," says the

home-style cuisine. Why this change?

a space where art and

chef who buys his ingredients in gourmet stores and

Zur letzten Instanz is a family business. I run the res-

cuisine go together. But

farmers markets in Berlin. A menu highlight: roasted

taurant with my father, my mother and my sister who

cooking isn’t really an art

sea bream, Peru rice and fennel-citrus salad. Finally, a

has worked here the last two years. It wasn’t really

form, says Krauss who

nightcap for everyone... www.zuhauseberlin.com

planned. I trained at the Hotel Atlantic in Hamburg, after that I worked in Switzerland and started here ten

has been operating the FISK & GRÖÖNSAKEN

years ago. At first conditions here were quite different

since 2000. He enjoys a cup of coffee during the day

"Cooking is an art craft,"

from those during my training. It wasn’t very easy at

and the autumn sun in his backyard, which is over-

thinks

anonymous

the beginning of course. My approach to working in a

looked by the colorful facades of surrounding build-

woman on the phone who

kitchen and what should take place on the plate were

ings. "Cooking is a craft. It can become art under cer-

has a day job as a librar-

very different from my colleagues. I’ve come a long

tain circumstances, but that depends on the situation,"

ian. "I've looked into mo-

way. Meanwhile, I can truly say that I stand 100 percent

he says in his Swabian accent. And its exactly these

lecular gastronomy, but

behind my work here.

situations that the culinary gallery owner is trying to

somehow I find it silly. I

When did you decide to become a chef?

create in collaboration with artists and invited din-

just want to eat in peace,

It wasn’t like I used to dig up my parent’s herb garden

ers who register in advance by email in his subterra-

without having to worry about destroying what’s on

when I was as a little boy. The decision came with time.

nean concept-space eight times a month. The Zagreus

the plate." What exactly finds its way onto the plate is

I did an internship at a bank in twelfth grade and re-

project offers diners an area that at first glance calls to

a decision she makes with her partner who prepares

alized: this is not for me. I need a large proportion of

mind a children's birthday party. Red and white garden

an eight-course meal every six weeks. The hobby cook

practical work. And since there was always really good

furniture and a Play Mobil tree are on artificial turf

then invites a handful of guests to Gröönsaken Fisk

cooking and a great emphasis on the food at home, the

that has been laid out. Paintings by the artist group

& Supper Club, an apartment in Prenzlauer Berg. It's

decision was close at hand.

Artists Anonymous shine in futuristic cyberpunk style

mostly modern German cuisine with a North German

Is there something like a perfect dish for you?

in the background. Colorful dishes like alphabet soup

accent - there is often fish, such as monkfish "Sauer-

If you manage not lose the original character of the

and stuffed duck with chestnuts and wild herbs, which

braten" with kohlrabi, but also dishes like ravioli with

actual, raw material from which the meal is prepared,

match the concept, are on the menu. For dessert, iced

goat cheese foam. The blog Miss Marmitelover from

nor have to embellish it with side dishes - then the

lemon and orange cake. "Strangers sit at a table and

England was a source of inspiration and aroused a

recipe is a success. I’m absolutely convinced the flavor

spend the evening together here. It's a bit like in the

fascination for alternative, secret food. "The attraction

of the main ingredient has to remain clearly recogniz-

theater," Krauss says with a wink. So, yes, it is somehow

lies not only in the secrecy, but in the fact that you get

able and should not be falsified. There are certainly

art. Zagreus Projekt, Brunnen Strasse 9a, Berlin Mitte

to know a new environment and new people," says the

different opinions regarding the number of herbs and

www.zagreus.net

hostess.

spices. There are also dishes that seem very simple,

Fisk & Gröönsaken Supper Club, Prenzlauer Berg

although they contain many different herbs. Never-

www.groonsaken.wordpress.com

theless, it’s important that clarity prevail on the plate.

Zagreus Project in Mitte

ZUHAUSE BERLIN

the

Each cook probably interprets the journey differently.

“Everything about cook-

Make our mouths water: What are some highlights on

ing is an art. It starts with recipes and ends with the

The Dish Exe-

your menu?

presentation,” says the

cutor

Knuckle of pork is one of our classics. I make sure that

Supper Club team, which

(p. 26)

there’s not just meat. There are always vegetarian op-

calls itself “Zuhause” (at

Interview André

tions and smaller items on the menu. Even classics

home). The man behind

Sperling

the cooking pots comes

Zur

letzten

that guests might otherwise not get so often, such as is

Holstein schnitzel, can be ordered. Most of the dishes

restau-

have their own history and are part of the Berlin cui-

Instanz

from Ireland and spent years working on luxury cruise

Berlin’s

oldest

ships as a chef. "The atmosphere and the trappings can

rant where home-style

sine…

also be artistically done," says the graphic designer

Berlin recipes have been

…which is so often criticized by restaurant critics. Some

from Canada who’s planning to open, a pop-up restau-

served very traditionally and without frills since 1621.

say other than Buletten and Currywurst, there’s nothing


English Translations

43

here; that a genuine regional cuisine does not exist. So

which I can then process. Occasionally withdrawing, so

find out whether Pippi's legendary gingerbread really

what is typical of Berlin?

that I then can continue to work with full energy, works

tastes as good as she promises it does, and the secret

Things intermingle over time. Of course there have

very well for me.

behind Michel’s legendary blueberry soup. Whoever prefers to have their children learn cooking and ea-

been influences from other regions such as the Silesian

ting skills from outsiders should send their kids to

cuisine. That’s why it’s often very difficult to say what a classic Berlin dish is. But of course there are different

We Mitte Mums

Alex Sommerfeldt. He organizes children’s cooking

opinions and traditions. Basically, there is agreement

(p. 31)

classes in his studio in Prenzlauer Berg. Kids don’t

on certain dishes. These of course include knuckle of

My staple diet used to

just learn how they can prepare a healthy and deli-

pork, smoked pork or veal liver. I personally think it’s

consist of toast, coffee and

cious meal, but also learn the basic rules of dinner

important that the individual dishes aren’t mixed too

beer. The only hot meals I

table etiquette. And so after the kids have prepared

much, but that there are still a few sophisticated bits. It

had were in cheap Italian

you a three-course menu next Sunday, you can now

often sounds very simple on the menu - and it should

restaurants, the universi-

reward them by taking them to the Ritter Sport Cho-

- but its sometimes quite complex to prepare. For ex-

ty cafeteria or at friends

colate Workshop where they can learn not only how

ample Häckerleschnitte with radish greens, which is

who put a little more em-

the chocolate is made, but also where they can create

herring with chopped chives, Charlotte broth, salt and

phasis on a balanced diet than I did. Cooking meant

their very own banquet at the end of the event. But

pepper that comes on a crust of bread that we bake

warming up a pack of frozen vegetables and spicing

beware; bellyaches are inevitable at this culinary ad-

ourselves. Insofar as possible, we make the products

it with some ketchup. This attitude changed abruptly

venture!

here on the spot.

when my daughter was born. Suddenly, it was not just

How do you get new ideas, what inspires your crea-

my own health that I ruining with processed food,

tions?

but also that of a small human being. Luckily, I had

Berlin Faces

I read and observe lot. From simple snack stands to

friends who also cared about my daughter’s welfare.

(p. 38)

star restaurants. If I have an idea, I just try it out. Again

So instead of giving me chic Petit Bateau rompers,

Jürgen Fürgut, operator

and again I flip through dry, old cookbooks, but they

they gave me tons of kid’s cookbooks as presents. But

and owner of Stecker-

also inspire me. The result is never the recipe from the

to my regret, I very quickly realized that my daugh-

lfisch & Co.,

book but a new idea that has emerged from it.

ter inherited a taste for unhealthy food from me

39-years-old.

You worked abroad for six months this year, first in New

and that she’d rather eat steak and chips than car-

Fishing has been a traditi-

York and then in Copenhagen. What did you discover?

rot and parsnip soup. But as a good Mitte Mum who

on in my family for gene-

The bottom line, at least where I was, they cooked more

only shops in organic supermarkets and only puts

rations. My grandfather

classically often inspired by French cuisine. There

on non-toxic, natural diaper instead of the practical

and father were amateur fishermen, so it was almost

wasn’t really so much incredibly new stuff to discover,

plastic diapers, something like that is only served at

automatic that I started to fish. The fish we caught at

even if it was, of course a very good restaurant with

children’s birthday parties. Unfortunately, the little

home in Bavaria were always grilled. Sometimes we

wonderfully prepared dishes. What really fascinated

one is not willing to open her mouth for anything

had fish for dinner every night. This grilled fish stayed

me was how they worked, especially in New York. De-

else. Unless I do some force-feeding and that seems a

with me all my life somehow, even after graduation. I

spite a very high number of around 300 guests in the

little too heartless. So, what do I do if I don’t want my

trained to be a landscape designer. This is the person

evening, it was never hectic, but always calm and ex-

pediatrician to report me to the authorities because

who takes care of properly carrying out the blueprint

tremely professional. That was very impressive.

my child is acutely underweight? The best thing is to

plans. I worked in this field for eight years, but at some

Is anything a no-go for you in the kitchen?

get the advice from children cooking experts like the

point I was just going through the routine because the

Conversely, I would say that certain things are essen-

wife of comedian Jerry Seinfeld who tells us in her

fun had gone out of it. I quickly realized that if I wan-

tial. For example, that everyone gets along and works

cookbook, Mama, das schmeckt super, how to trans-

ted to be happy, I had to follow my dream of having

together well in the kitchen. The chemistry has to be

form greasy lasagna into a veritable vitamin bomb

a steckerl fish stand (“steckerl” means “small stick”).

right and there has to be a workflow. I also don’t like it

that your kid will voluntarily gobble up. Another

That was almost 5 years ago in the spring of 2007. My

if the noise level is higher than necessary. In addition,

variation, which works extremely well even with my

very first customer was coincidentally Dieter Kosslick

all employees should be well organized and under-

poor-eater daughter, is to stand at the stove and cook

who unfortunately doesn't eat mayonnaise. That's

stand the product. Of course you have to give things

dinner together. So what if you have to clean up for

why he got sick from his steckerl fish, which I always

a little time. Things don’t happen overnight. This will

at least two hours afterwards. There are great recipes

serve with homemade herb tartar sauce. The second

reward you in the end. We’re ten people at the moment

in the cookbook Spuren in der Polenta, which also in-

one without tartar sauce tasted all the better then. Alt-

and we work together perfectly.

cludes childrens’ short stories that go along with each

hough I had no experience being self-employed, I've

In spite of the good atmosphere and organization, it

recipe and help pass the time after eating. The book’s

always known that the steckerl fish stand would work.

also gets stressful at times. What do you do to relax?

beautifully crafted thanks to the fabulous illustra-

Maybe because I didn’t expect anything. I simply set

When I realize that I'm stressed or too busy, I get out

tions by Larissa Bertonasco whom some of you might

myself and my stand up at the markets and grilled.

of Berlin. Gladly to Hamburg or somewhere else at the

even know as illustrator and author of the cookbook

My principle is that anyone can afford one fish at my

seaside with a good book. I also make frequent short

La Nonna, La Cucina, La Vita, the wonderful recipes

stand. The old woman as well as the well-paid forty-

trips to other cities. It doesn't necessarily have to be

of my grandmother. The Astrid Lindgren cookbook is

something. I prefer to sell five fish less than exclude

quiet. The main thing is that I get new impressions,

also great. We also have to thank it because we finally

a customer because of my prices. My aspiration, both


44 English Translations

in dealing with the customer and the preparation of food, is that guests should feel as if they were invited to dinner at my house. Therefore I won't have just any potato salad delivered, but make it myself. I also make the herb tartar sauce according to a home recipe. I even held a proper tartar sauce test in my circle of friends to find out the right mix. Most of the fish that I sell come from Norway and is MSC-certified. Only the trout come out of my parents' ponds. They are slaughtered there, frozen and transported to Berlin refrigerated. You might not believe it, but my wife hates fish. While she was pregnant, she once nibbled on a mackerel, but that was it. The only thing she occasionally eats is fish sticks. But they don’t count for me. I can well imagine operating the stand for another ten years. It's the best job in the world. If it can even be called a job, because I’m really only standing at the grill all day long. Steckerlfisch & Co. Jürgen Fürgut, Winterfeldt Strasse 5 www.steckerlfisch.com Weekly markets: Winterfeldtplatz, Wed, 10 – 2 Breslauer Platz, Thu, 12 – 5 Arkona Platz, Fri, 12 – 7 Winterfeldt Platz, Sat, 10 – 4

≠ C E L E B R A T E S ≠ O F B L I S S F U L B A T T L E S I N S O U N D , A R T A C C O M P A N I E D B Y D E M A N D I N G B E A T S X A C T S X

MURKAGE

(MURKAGE CARTEL/MANCHESTER)

HUDSON MOHAWKE (WARP RECORDS/GLASGOW)

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(LEGITEAM OBSTRUXION/VERSAILLES)

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! Mitteschön Kieztalk Online

45

MITTESCHÖN ONLINE Mehr Neuigkeiten aus Mitte gibt es in unserer Online-Ausgabe unter www.mitteschoen.com zu entdecken. Neben den beiden Kategorien Mitte Streets und Mitte Nights – in denen wir klassische Restaurant-, Kultur-, Shop- und Ausgehtipps geben – stellen wir in der Rubrik Kieztalk interessante Menschen aus Berlins Mitte vor. In der Kolumne MiMu geben wir Tipps für alle Muttis, und wir fischen für euch unsere Lieblingsstücke aus Mittes Läden und dem Netz. In Brave New World schauen wir über Mitte hinaus und berichten euch Kurioses und Unterhaltsames aus der ganzen weiten Welt. Zu guter Letzt finden in regelmäßigen Abschnitten Gewinnspiele statt und wir vergeben Gästenlistenplätze für diverse Events. Viel Spaß!

MITTE STREETS

VERLOSUNG: SO KOCHT ES SICH LEICHT Kochen können viele nicht – das ist in einer Stadt wie Berlin, in der man an jeder Ecke etwas essen kann, nicht ungewöhnlich. Doch lernen sollte man es über kurz oder lang. Abhilfe schafft das Kochhaus mit Sitz im Prenzlauer Berg und in Schöneberg. An frei stehenden Tischen voller frischer Zutaten finden die Kunden alles, was sie zu einem bestimmten Gericht brauchen. Aufgeteilt nach Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachspeisen, für jeweils zwei und mehr Personen. Die Produkte werden täglich frisch geliefert. Das Gemüse kommt teilweise aus der Region, das Olivenöl direkt aus Sizilien. Das begehbare Rezeptbuch bietet ein ständig wechselndes Angebot der Zutaten für ca. 20 Rezepte. An den Tischen hängen farbige Tafeln, die zeigen, was für ein Gericht alles benötigt wird. Und jeder bekommt eine Schritt-für-Schritt-Kochanleitung in Bildern mit nach Hause, damit das perfekte Dinner auch wirklich gelingt. Doch es gibt nicht nur Lebensmittel: Kochutensilien und eine besondere Auswahl an Getränken und Weinen runden das Angebot ab. Das Kochhaus und Mitteschön verlosen zwei 3-Gänge-Gutscheine für zwei Personen inkl. korrespondierenden Wein zum Hauptgericht. Die Verlosung ist seit heute auf www.mitteschoen.com – Guten Appetit!

ZUR ZEIT ONLINE MITTE STREETS ZEHN JAHRE R.S.V.P. In The New Yorker, der New York Times Book Review sowie insbesondere der Bloomberg Businessweek sind ihre gezeichneten Ergüsse zu Cloud Computing, Fingerzeigen, einer Typologie unterschiedlicher Paare und viele andere Themen bisher erschienen. Auch Ladeninhaberin Meike Wander von R.S.V.P. – Papier in Mitte dachte sich da offenbar: „die macht meine nächste Anzeige!“ Im Spring Magazine war dieser hübsch gedeckte Tisch... KIEZTALK SOUL SEEKING – INTERVIEW MIT Y’AKOTO Musik hat in Y’akotos Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Ihr Vater war ein bekannter Highlife-Musiker, bereits in jungen Jahren bekam sie Klavierunterricht, mit 13 sang sie erstmals in einer Band. Jennifer Yaa Akoto Kieck, wie sie mit vollem Namen heißt, ist schon viel herumgekommen. In Hamburg geboren, in Ghana aufgewachsen und zur Schule gegangen mit Zwischenstopps in Berlin, Kamerun, Togo und dem Tschad... KULTURGUT HERR WEHRLI RÄUMT AUF Kennt ihr eigentlich Herrn Wehrli? Diesen Schweizer, der so gerne aufräumt, insbesondere in der Kunst? Nein? Dann müsst ihr euch unbedingt dieses youtube-Video anschauen oder auf seine Homepage gehen, denn die Filme von Ursus Wehrli – ja, so heißt er wirklich – sind überaus charmant. Vor kurzem ist auch sein neues Buch Die Kunst, aufzuräumen erschienen, in dem Herr Wehrli seinen Ordnungswahn an allem auslässt...


46 Kolumne

ÜBER VERBINDUNGEN NO CONNECTION Text Oliver Janik

Illustration Kristina Wedel

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten. Verbindungen sind ja im Allgemeinen überschätzt. Das sage ich jetzt nicht, weil ich geschieden bin. Es ist einfach nur so, dass manche Verbindungen einfach nicht gut gehen können, weil eben nicht zusammenpasst oder -wächst, was nicht zusammengehört. Wenn das im Großen und Ganzen gut geht, nennt man das in der Biologie „Symbiose“ (Moose und Flechten), zwischen Mann und Frau „funktionierende Ehe“, weltpolitisch „Deutschland“. Wenn das denn so ist. Bei Studentenverbindungen zum Beispiel mag ich mir kein dezidiertes Urteil erlauben (außer vielleicht bei den Schlagenden, das ist wirklich „so post-war-Germany“), die sind die Ursuppe, das Holozän der Social Community. Gut, vielleicht ein wenig exklusiver als Facebook, wo man schon „befreundet“ ist, weil man mal zusammen an der gleichen Bushaltestelle ausgestiegen ist. Aber beides scheint ja was zu bringen: der eine erarbeitet sich durch grundsolides Kampftrinken auf Verbindungspartys bayerischer Universitäts-Kleinstädte wie Bamberg oder Passau einen Vorstandsassistentenposten bei einem Textil- oder Lebensmittelkonzern, der andere weiß jetzt, dass Susi gerade mit einem Beck’s in der Hand im Mauerpark sitzt und es „superlustig“ ist, Annette gern dabei wäre und „voll neidisch ist“, Tobias das zumindest mal liket. Wie auch immer: „Beziehungen schaden nur dem, der keine hat“ – das sagte zumindest mein Großvater, der ein weiser Mann war. Die ICE-Verbindung zwischen Berlin und Hamburg klappt auch ganz gut, die von Rail+Fly nicht, egal von wo nach wo, weil so Hybridgeschichten, die total vernünftig und „convenient“ klingen, meist total unvernünftig schlecht funktionieren. Überhaupt ist das Wort „hybrid“ in aller Munde, und glaubte man bis vor Kurzem noch, dass Hybriden irgendwelche Monsterwesen mit fragwürdigem Charakter und Absichten aus einem James CameronFilm sind, so ist heute „hybrid“ fast durchweg positiv konnotiert. Zunächst mal denkt jeder an Autos, denen man nicht ansieht (nur anhört), dass sie meist ohne Verbrennungsmotor und mit Batterie fahren. Deswegen reduziert sich mit der Einführung von Hybridfahrzeugen massiv die allgemeine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Abgase, sie erhöht sich allerdings auch substanziell, von einem sich heimtückisch heranschleichenden Hybrid-Kotflügel erfasst zu werden, weil man gerade mitten auf der Münzstraße

mit seinem Smartphone noch eben mal ‘ne App downloadet und einfach nichts gehört hat. So gesehen sind Hybriden eigentlich das Hochamt des Halbgaren. Wie überhaupt der Siegeszug des Halbgaren ja gar nicht mehr aufzuhalten scheint, insbesondere in Supermärkten. In der Grillbranche sagt man zu halbgar medium, und so ist das auch bei Zigaretten, die sich nicht entscheiden können, total- oder nur mittelschädlich zu sein. Oder bei Mineralwasser, das nur so mittelperlt. Leider ist das nicht auch mittelteuer, sondern preislich eher so „rare“. Ach, wo man hinsieht Halbgares, ob in der Politik (Atomausstieg definitiv in 2022, aber wir können ja dann noch mal sehen), im Sport (Jupp Heynckes neuer Trainer des FC Bayern) oder im Fernsehen (Nachrichtensendungen auf Vox oder Pro7). Noch nicht einmal das Wetter trifft eine verbindliche Aussage und macht so dies und das. Hoffentlich wird’s bald wieder so richtig Winter, der hat nichts Halbgares in Berlin, der ist total berechenbar in seiner Hässlichkeit und Trübheit. Aber das ist doch auch irgendwie beruhigend.


47

Illustration: Kristina Wedel

Stadtplan

LEGENDE Kultur/Freizeit

Läden

1. Museum für Kommunikation Berlin, Leipziger Straße 16

15. Fahrradstation, Dorotheenstraße 30

2. Admiralpalast Theater, Friedrichstraße 101

16. Hard Wax Record Store, Paul-Lincke-Ufer 44

3. Galerie KOW Berlin, Brunnenstraße 9

17. Civilist, Brunnenstraße 13

4. Kicken Berlin, Linienstraße 155

18. LPG Kollwitzstraße

5. Kunst-Werke, Auguststraße 69

19. Pazianas Olivenöl, Senefelderstraße 4 20. Veganz, Schivelbeiner Straße 34

Bars/Cafés/Clubs

21. Der Fischladen, Schönhauser Allee 128

6. Crystal, Columbiadamm 9-11

22. Fleischerei Gerlach, Greifswalder Straße 205-206

7. White Trash Fast Food, Schönhauser Allee 6-7

23. La Kritzeria, Stubbenkammerstraße 3

8. Monarch, Skalitzer Straße 134

24. Werkstatt der Süße, Husemannstraße 25

9. Café Übersee, Paul-Lincke-Ufer 44

25. Sowohlalsauch Bäckerei/ Feinkost, Sredzkistraße 53

10. Taka Fish House, Adalbertstraße 97

26. Weinhandlung Baumgart & Braun, Invalidenstraße 158

11. Steckerlfisch & Co., Winterfeldstraße 5

27. Weinwinkel, Dunckerstraße 2a

12. Carlifornia Breakfast Slam, Pflügerstraße 19

28. Weinladen Schmidt, Kollwitzstraße 50

13. Sowohlalsauch Kaffeehaus, Kollwitzstraße 88 14. Zur Letzten Instanz, Waisenstraße 14-16



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