Mitteschön Magazin - Ausgabe 20

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Ausgabe 20, April 2012

Neues aus Berlin Mitte

was bleibt deutsch + English

Zeiträume: Dimitri Hegemann ALTKLEIDER MACHEN LEUTE nachgehorcht: MOUSE ON MARS Mittes Monatsheft!



Editorial  3

Mitte ins herz In dieser Ausgabe widmen wir uns dem Vergleich zwischen Kurz- und Langlebigkeit. Während temporäre Shops und Restaurants wie Pilze aus dem Boden schießen und die Eintagsfliegen-Manier auch vor Museen und Hotels keinen Halt macht, zeigen wir Orte, die im Berliner Stadtleben ganz nach dem Motto „gebaut für die Ewigkeit“ einen guten Kontrast zu den kurz’ und schmerzlosen – und natürlich oft auch spannenden – Pop up-Events bilden. Spätestens seit aus Second Hand-Ware Vintage wurde und auf diversen Swap Partys dieser Stadt fröhlich Klamotten getauscht werden, ist klar, dass Mode länger als eine Saison überlebensfähig ist. Was noch alles mit euren abgetragenen Kleidern passieren kann, zeigen wir in unserem Beitrag über „Upcycling“. Dass sich auch ohne einen Cent in der Tasche ein schöner Glückstag verbringen lässt, beweist Raphael Fellmer, der ganz bewusst auf jeglichen Konsum verzichtet und uns in seinem Zuhause in Kleinmachnow an seinem Alltag hat teilhaben lassen. Des Weiteren erwarten euch ein Interview mit Dimitri Hegeman, dem Gründer des legendären Tresor-Clubs, und in der Rubrik Angehört und Nachgehorcht ein Gespräch mit den Elektroaltmeistern von Mouse on Mars.

Viel Spaß beim Lesen Eure MITTESCHÖN-Redaktion

SOPHIA Schwan Sophia liebt es zu schreiben und mit ihrer Kamera durch Berlin zu radeln, um Fotos von den kleinen Wundern zu machen, welche diese Stadt zu bieten hat. Nachdem sie ihr Journalismus- und Publizistik-Studium in Schottland abschloss, zog sie mit ihrem Verlobten in Windeseile nach Berlin, um ihr Großstadtmärchen in die Realität umzusetzen. Ihre Liebe zur Ästhetik, Berlin und der Modewelt präsentiert sie auf ihrem Blog personaluniform.creatorsofdesire.com

ANNE Kammerzelt Anne stammt eigentlich aus dem Ruhrgebiet und ist nach Zwischenstopps in Montréal und Trier vor sieben Jahren in Berlin angekommen. Dass sie ursprünglich mal Geographie studiert hat, merkt sie nur noch bei wochenendlichen Ausflügen ins Gelände und an ihrem großen Traum, einmal mit der Transsib von Moskau durch die Mongolei nach Beijing zu fahren. Als Mitbegründerin und Projektleiterin von Mitteschön behält sie den Überblick und frönt in der Rubrik Angehört und Nachgehorcht ihrer Leidenschaft Musik.

Nicole Pieloth Spaß am Arbeitsplatz klingt nach einem Neologismus? Nicht für die Designstudentin Nicole aus Nürnberg. Sie illustriert für ihr Leben gern und verbindet nun, für ein halbes Jahr, Leidenschaft und Spaß mit ernster Arbeit. Solltet ihr ihr über den Weg laufen, so wundert euch nicht über die ein, zwei blauen Flecken. Denn sie liebt den Boardsport! Ausleben wird sie ihn zwar weniger in Berlin, dafür umso ausgiebiger in Kanada, wo sie sich im Spätsommer für ein weiteres halbes Jahr aufhalten wird. www.nicolepieloth.tumblr.com


4   Impressum

Mitteschön no    20

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Nicole Pieloth (nicole@mitteschoen.com) Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, André Uhl, Oliver Janik, Pelén Boramir, Sophia Schwan, Anne Kammerzelt, Saskia Neuman, Katharina Geißler Fotografen

Tina Linster, Stini Mimissonsdottir, Joachim Zimmermann ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Anzeigenvermarktung

media@mitteschoen.com WEBSeITE

www.mitteschoen.com Druck

Henke Pressedruck Coverfoto:

Dimitri Hegemann, fotografiert von Stini Mimissonsdottir.


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: short term living long lasting

8

Konzerte und Ausstellungen Concerts and Exhibitions

10

Mitteschön Lieblingsstücke

30

Kochtipps vom Kochhaus

35

Gimme five: kurzlebiges high-tech spielzeug

41

Englische Übersetzungen English Translations

45

Mitteschön Verlosung

47

Stadtplan City Map

kieztalk 12

glückstag: Containern mit Raphael Fellmer

17

Neu in der Stadt: DRAYTON

26

interview: Dimitri Hegemann

31

Wir Mitte-Muttis: DIY-Tipps und Tricks We Mitte Mums: DIY Tipps and Tricks

38

Berliner Gesichter: Uwe Strunk, Standesbeamter Berlin Faces: Uwe Strunk, Registrar

46

Kolumne: Ist das Kunst oder kann das weg?

Kulturgut 18

Neu oder alt? Pop-ups versus schon Bewährtes New or old? Pop-ups vs. Institutions

20

Altkleider machen Leute Old clothes make the man

23

illustratorin des Monats: Christina Gransow

32

Angehört und Nachgehorcht: mouse on mars

36

Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

37

filmtipps DER filmgalerie 451


SHORT TERM LIVING LONG LASTING.

„Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen / Wie kann das sein, daß diese nahen Tage / Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?

// Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt / Und viel zu grauenvoll, als daß man klage / Daß alles gleitet und vorüberrinnt // Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt / Herüberglitt aus einem


kleinen Kind / Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd // Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war / Und meine Ahnen, die im Totenhemd / Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar // So

eins mit mir als wie mein eignes Haar. – Terzinen der Vergänglichkeit.“ (Hugo von Hofmannsthal). Liebste Augustine, auf ewig Dank! Tina Linster fängt für MitteSchön Berlin-Momente ein.


8   Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 41

Foto: Angel Ceballos

Lange Nacht der Opern und Theater Pictoplasma Festival 2012

Great Lake Swimmers

Festival 11. bis 15. April

Folk Rock Eintritt: VVK 15 € zzgl. Gebühren, AK 19 € 20. April Einlass: 20 Uhr, Beginn: 21 Uhr

Joshua Ben Longos augenlose Filzmonster mit fletschenden Zähnen verstören und faszinieren zugleich. Die bissigen Kreaturen des Designers stehen als Leitfiguren für das Thema Post-Digital Monsters des diesjährigen Pictoplasma Festivals. Nach digitaler Bearbeitung, technisierter globaler Kommunikation und der Flüchtigkeit des Virtuellen setzen Designer und Künstler wieder auf analoge Medien, Dauerhaftigkeit und Haptik. Beliebte Stoffe sind Bronze, Wolle, Holz, Glas, Porzellan und Filz. Das Monströse der digitalen Kultur, ihre Prinzipien von Copy&Paste, Reduziertheit und Perfektion spiegelt sich in dieser neuen künstlerischen Strömung wider. Das Festival über Gestaltung von Figuren und ihrer Welten beinhaltet Ausstellungen, Filme, Performances sowie Partys, Jam-Sessions, Konferenzvorträge und einen Character Walk durch 20 Galerien und Projekträume. Eure eigene Kreativität ist in den verschiedenen Workshops gefragt: Neben Sound Creatures, Zeichenkurs, 3DIllustration, Glasbläserei, Animation von Alltagsgegenständen und Live Art Performance könnt ihr an der Entstehung eines der größten Stoffmonster aller Zeiten mitwirken! Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30 .HBC, Karl-Liebknecht-Straße 9 www.pictoplasma.com

Festival Eintritt: Kombiticket für alle Bühnen, Shuttle-Busse und ÖNV 15 € 28. April, Ophelia jeweils 21.20 Uhr und 22.10 Uhr, L'Orfeo jeweils 19, 20 und 21 Uhr

.HBC, Karl-Liebknecht-Straße 9

„Der Vorhang geht auf, dann wird die Bühne zur Welt. Theater, Theater, das ist wie ein Rausch, und nur der Augenblick zählt“, heißt es wieder Ende April. Dann öffnen 57 Theater ihre Vorhänge, um uns Appetit auf aktuelle und bevorstehende Inszenierungen zu machen. Neben großen Häusern sind auch kleine Bühnen aus der Off-Szene vertreten, die sonst eher in deren Schatten stehen. Wie zum Beispiel die Brotfabrik, die an dem Tag 40 Veranstaltungen von Kindertheater am Nachmittag bis hin zu Performances, Shows, Filmen und Gesprächen mit Theatermachern bis nach Mitternacht anbietet. In Ophelia nehmen sich Studenten der Berliner Hochschulen Shakespeare an und beleuchten Hamlet mal aus der weiblichen Perspektive. Liebe, Leid und Wahnsinn liegen hier untrennbar beieinander. HAU 1, das junges internationales und experimentelles Theater macht, zeigt eine Vorschau aus der am 1. Mai stattfindenden Premiere L'Orfeo mit Peaches in der Titelrolle. Claudio Monteverdis Favola in Musica um die griechischen Sagengestalten Orpheus und Eurydike nutzt Peaches als Alter Ego, mit dem sie sich auf die Suche nach Erkenntnissen über ihre Künstlerexistenz macht. Gemeinsam mit sechs Opernsängern und dem Solistenensemble Kaleidoskop erobert die Elektro-Punk-Göre neben dem Totenreich nun auch das Genre Oper für sich.

www.hbc-berlin.de

Brotfabrik, Caligariplatz 1

Über zehn Jahre und fünf Alben hat dieser kanadische Import bereits auf dem Buckel. Zunächst als Soloprojekt von Tony Dekker gedacht, traten die Great Lake Swimmers bald darauf als Band mit wechselnden Mitgliedern auf und veröffentlichten 2003 ihr Debüt. Der Name rührt von den Großen Seen Eriesee, Ontariosee und Huronsee in Tony Dekkers Heimat Kanada her und ist eine Hommage an die Marathonschwimmer, die diese durchquert haben. Die Bühne teilten sich die Great Lake Swimmers bereits mit Calexico, Hayden, Sloan, Goldfrapp und Bill Callahan von Smog. Feist und Robert Plant standen bei der Folk-Rock-Band sogar persönlich auf der Matte, um für sie Konzerte zu eröffnen und ganze Touren mit ihr zu bestreiten. Die besondere Atmosphäre in den Songs geht zum einen auf die melancholische fragile Stimme des Sängers und zum Anderen auf die ungewöhnlichen Aufnahmeorte in historischen Gebäuden wie alte Kirchen oder verlassene Getreidesilos zurück. Da bedarf es keiner zusätzlichen Studioeffekte. Mit ihrem brandneuen Album New Wild Everywhere, das im April erscheint, kommen die Great Lake Swimmers nun zusammen mit dem kanadischen SlowFolk-Duo Barzin als Toursupport ins .HBC.

HAU1, Stresemannstraße 29 www.langenacht.berlin-buehnen.de


Veranstaltungstipps von Katharina Geißler, Translations P. 41  9

Foto: Inga Seevers

NIAS Foto: Giordano Garosio

Aucan Postrock Eintritt: 10 € 6. ApriL, 21 Uhr Aucan ist mehr als eine Band. Die Mitglieder arbeiten nebenher an eigenen Kunstprojekten, Aufnahmen und Remixen, die sie auf Independentlabels veröffentlichen. Diese ständig neuen Einflüsse sind wohl auch der Grund für ihren äußerst abwechslungsreichen Postrock-Sound. Nach Veröffentlichung der ersten EP DNA begann das Instrumental-Trio aus Norditalien als eine der ersten Bands, die Deep-Electro-Sets in Rockgewand spielen, Electro-Bass-Synthies mit echten Drums zu verbinden. Die fulminante Symbiose aus Experimental Rock, Dubstep und Downtempo ergibt einen völlig eigenen, energiegeladenen elektronischen Live-Sound. Ihr drittes Album Black Rainbow, das Aucan 2011 veröffentlichten, besticht durch seinen hypnotischen Dub. Ihre weltweiten Kollaborationen mit Künstlern aus Independent-Dubstep, Dance und Hip-Hop, ihre Remixes und Features sind nun auf Black Rainbow Remixes zu hören, das ab April in den Läden erhältlich ist. Was auf Platte bereits mitreißt, kommt jedoch nur live so richtig zur Geltung. Und da Aucan mit ihrem alternativen Sound nicht in jeden x-beliebigen Club passen, kann man sich davon auch nur im ArtSpace Naherholung Sternchen in Mitte überzeugen!

Synthie Pop Funk Indie Eintritt: 11,70 € 6. April, Beginn: 20 Uhr „NIAS ist eine Insel. So wie es Berlin mal war und so wie jeder Mensch eine ist.“ Die Berliner Band NIAS erzählt die Geschichte der Verwandlung ihrer Stadt: verfallene Straßen und neue Gesichter, abgeschiedenes Inseldasein und kollektive Euphorie. So handelt ihre aktuelle Single She Would von einer „urbanen Spezies“, die sich gerne unnahbar gibt und dabei ununterbrochen mit ihrer Umwelt flirtet. Wie Berlin sind auch NIAS impulsiv und unvorhersehbar. Den Grundstein für ihren Sound legen Sänger und Gitarrist Nikolas Tillmann und Drummer und Producer Milian Vogel, als sie sich vor zwei Jahren im Studio einschließen und am ersten Album tüfteln. Kennengelernt haben sich die beiden in ihrem Musikstudium an der Universität der Künste. Schließlich kommt noch Georg Wende hinzu und macht mit E-Bass, Keyboard und seiner charmanten Bass-Stimme das Trio komplett. Ihre Musik bezeichnet die Band selbst als „Balance zwischen Euphorie und Melancholie. Optimistische sexy Beats treffen auf abgründige Harmonien“. Die Veröffentlichung ihres gleichnamigen Debüts, das in Eigenregie entstand und auf ihrem eigenen Label Schmaeckt Records erscheint, feiern NIAS im Comet Club. Da lassen wir uns doch nicht zweimal bitten!

Foto: Frank Horvat

Frank Horvat: A Trip Through A Mind Ausstellung 16. März bis 29. April Öffnungszeiten: Mi bis Sa, 14 bis 18 Uhr

Berolinastraße 7

Mit A Trip Through A Mind (The iPad Exhibition) zeigt die galerie hiltawsky das beeindruckende Werk des italienischen Fotografen Frank Horvat, mit je drei exemplarischen Arbeiten aus zwölf Kapiteln innerhalb seiner 65-jährigen(!) Werkgeschichte. Frank Horvat, 1928 in Italien geboren, zählt zu den wenigen noch lebenden Legenden der Fotografie. Sein OEuvre umfasst sämtliche Genres – von der Modefotografie über die klassische und exotische Reisedokumentation bis hin zur Aktfotografie. Seine Bilder wurden in allen großen Magazinen abgedruckt und in New York, Paris, London, Berlin und Prag ausgestellt. Nun hat sich Frank Horvat dazu entschlossen, sein Gesamtwerk in einer iPad-App zugänglich zu machen, an der er selbst mitgewirkt hat. Horvatland nimmt uns mit auf eine virtuelle Reise durch seine Gedanken und Bilderwelt. Oder, wie der Künstler selbst meint: „It’s like a network, or a labyrinth, in which the viewer can find his way, or lose his way, or stop, or skip, or remember, or forget. As if he was wandering through my mind.“ Auf insgesamt vier iPads, welche den Galeriebesuchern zur Verfügung stehen, kann man zweitausend von knapp einer Million Fotografien ansehen und gesprochene Beiträge und Interviews anhören. Prädikat: besonders empfehlenswert!

www.naherholung-sternchen.de

galerie hiltawsky

Naherholung Sternchen

Comet Club Falckensteinstraße 47 www.myspace.com/cometclubberlin

Tucholskystraße 4 www.hiltawsky.com


10   Lieblingsstücke

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Guck mal, ohne Hände! Ist: ein Vehikel für die digitale Boheme Kann: geplagte Schultern entlasten Ihr kennt das ja sicher. Beim Fahrradfahren zum nächsten Wifi-freundlichen Café rutscht die Tragetasche mit dem Notebook gerne mal in die Armbeuge und schlägt bei scharfen Rechtskurven gegen den Rahmen. Vom sicheren Verstauen des heiligen Taschencomputers kann dadurch nicht mehr die Rede zu sein. Beim französischen Automobilhersteller Peugeot scheint man deshalb dieser Tage besonders an Fahrradvarianten als Element neuer Mobilitätskonzepte interessiert zu sein. Das von der Designerin Lauren Picard entworfene DL 122 wurde aus Aluminium und Holz konstruiert, hat acht Gänge und ein Fach für die Akten-/Laptoptasche am Rahmen, wo das Arbeitsnomadengepäck besonders sicher und schwerpunkttechnisch sinnvoll verstaut werden kann. Bislang nur ein Prototyp, könnte sich dieses Bike sicher schnell als beliebtes Fortbewegungsmittel nicht nur in Mitte um den Rosenthaler Platz erweisen. www.peugeot.de

Wohnen wie Freunde von Freunden Ist: handverlesenes Design kuratiert von internationalen Experten Kann: die eigene Wohnung zum Vorzeigeobjekt werden lassen Es hat sich wahrscheinlich schon jeder beim Anblick der perfekt gestylten Wohnungen auf den Interior-Design-Blogs Freunde von Freunden oder The Selby gefragt, wie die Inhaber dieser Prachträume all diese tollen Einrichtungsgegenstände gefunden haben. Wie viele Stunden auf sonntäglichen Flohmärkten, italienischen Designmessen oder antiken Versteigerungen wurden zugebracht, um diese Perfektion im Sammelsurium von Lampen, Hockern, Vasen und anderen Accessoires zu erreichen? Der Online-Shop MONOQi gibt darauf zwar leider keine exakte Antwort, ermöglicht aber jedem Designliebhaber direkt von der eigenen Couch nach dem passenden Beistelltisch oder vielleicht direkt nach einem neuen Sofa zu schauen. Ein Team von Design-Scouts kuratiert dafür handverlesenes Design von jungen Newcomern und etablierten Marken. So erhält man jeden Tag aufs Neue ausgewählte Objekte von Experten und erfährt entsprechende Hintergrundgeschichten. Bevor also der nächste Design-Blogger oder vielleicht einfach die Freunde zum sonntäglichen Brunch vor der Tür stehen, kann sich ab jetzt jeder das ideale Heim einrichten. www.monoqi.com


Lieblingsstücke  11

Seesack für Individualisten Ist: mal ein Teppich gewesen Kann: über die Schulter geworfen werden Kostet: 350,00 Euro Sicher, der fesche Seesack „guise“-tert nun schon eine ganze Weile durch die Blogosphere, doch erst bei Voo in Kreuzberg haben wir das edle Teil endlich mal in unseren Händen halten können. In ihrem Studio in München hat das Team des deutschen Labels A Kind of Guise Teppiche zu Rucksäcken umfunktioniert, die sie auf ihren Reisen durch den Mittleren Osten gefunden haben. Das Weben dieser sogenannten Kilim-Teppiche geht auf eine jahrhundertealte, vorislamische Tradition zurück. Sie spiegeln Abbilder aus der natürlichen Umgebung (Tiere, Pflanzen) oder Emotionen (Glück, Heiratswunsch) wider und sind anhand ihrer Verzierungen identifizierbar. Durch Umfunktionierung und Kreieren von Unikaten schafft A Kind of Guise eine Weiterführung in neuer Form. Wir hadern noch ein bisschen wegen des Preises, nichtsdestotrotz haben die Kilim Bags sehr gute Chancen zur urbanen It-Bag dieses Sommers zu avancieren. www.voostore.com

Come on in my kitchen Ist: ein intimer Einblick in die legendäre Technostätte am Mainufer Kann: eine Fundgrube für Liebhaber elektronischer Tanzmusik sein Kostet: 39,00 Euro Mit Come on in my kitchen ist vor wenigen Wochen nun das erste Coffee Table Book des beliebten Frankfurter Clubs Robert Johnson in der hessischen Nachbarstadt, Offenbach am Main, erschienen. Auf 380 Seiten lässt man die letzten 13 Jahre der renommierten Kulturstädte Revue passieren. Dabei thematisiert das Buch nicht nur den seit 1999 existierenden Techno-Club, sondern wirft auch einen Blick zurück auf das Frankfurter Nightlife der 70er und 80er Jahre. DJ Harvey, Gerd Janson, Ewen Pearson und Roman Flügel sind nur ein Bruchteil der Technogrößen, die sich innerhalb der gewaltigen Robert Johnson Monographie zu Wort melden dürfen.

Put a ring on it Sind: Schmuckideen für Heiratslustige Kann: den Ringfinger der Angebeteten zieren Kostet: Preis auf Anfrage Verliebt, verlobt, verheiratet. Wenn man seinen Ringfinger nicht mit einem Ring von der Stange schmücken möchte, der Ring der Ururgroßmutter unauffindbar ist oder das Gehalt des Zukünftigen nicht für einen 20,5 Karäter wie den von Kim Kardashian ausreicht, dann muss man schon etwas tiefer in die Trickkiste in Sachen einzigartiger Verlobungsringe gegriffen werden. Der in Mitte ansässige Antique&Vintage Jewellery-Laden von Oliver Rheinfrank ist eine gute Adresse im Falle des nächsten Schmucknotstands. Seit etwas über einem Jahr wird in den lichtdurchfluteten Räumlichkeiten auf der Linienstraße 44 (gleich neben Kaviar Gauche) edel präsentiertes Geschmeide aus den vergangenen drei Jahrhunderten angeboten. Zeit mitbringen und stöbern! Oliver Rheinfrank – Antique & Vintage Jewellery in der Linienstraße 44 oder unter www.antique-jewellery.de


Einkaufswagen in Kleinmachnow


Glückstag  13

Unterwegs in Kleinmachnow Text Bettina Schuler  Fotos Tina Linster

Normalerweise lassen wir uns in der Rubrik Glückstag Lieblinsgcafés, Kneipen oder Shops im Kiez zeigen. Was aber macht man mit jemandem, der sich wie Raphael Fellmer (28) und seine Familie bewusst dem Konsum entzieht? Noch dazu an einem Tag, an dem es in Strömen regnet? Wir lassen uns überraschen.


14   Glückstag

Doch bevor ich mich auf den Weg zu Raphael und seiner ökologischen Familie nach Kleinmachnow mache, will ich erst Mal selbst etwas über meinen Lebensstil erfahren. Und muss, nachdem ich auf der Seite von BUNDjugend meinen ökologischen Fußabdruck berechnet habe, mit Erschrecken feststellen, dass ich weniger umweltbewusst lebe als gedacht. 2,4 Erden wären laut meines Ergebnisses notwendig, wenn alle den gleichen Lebensstil führen würden wie ich. Puh, da fühlt man sich gleich ein bisschen schlechter. Muss man aber nicht, beruhigt mich Raphael Fellmer, als er uns in seiner Souterrainwohnung in Kleinmachnow begrüßt. Man kann ja etwas daran ändern und zeigt mir auch gleich, wie er das macht. Nämlich, indem man auf die nicht bedruckte Seite von alten Kartons seine Adresse stempelt und fertig ist die ökologisch korrekte Visitenkarte. Doch das ist nur ein Beispiel für den Recycling-Einfallsreichtum der Familie Fellmer, der alte Papierservietten als Klopapier dienen und die das Spülwasser in einem Eimer auffängt, um es später als Toilettenspülung zu nutzen. Aber natürlich nur für das große Geschäft, erklärt Raphael und grinst. Ich schlucke und fühle mich umwelttechnisch gesehen noch schlechter als zuvor. Wenn Raphael und seine Familie, die mallorquinische Freundin Nieves und seine sieben Monate alte Tochter Alma Lucia wenigstens verbittert oder verhärmt wären

angesichts der Einschränkungen, die sie auf Grund ihres ökologisch korrekten Lebensstil hinnehmen müssen. Doch weit gefehlt: Wir treffen auf eine zufriedene, ausgeglichene Kleinfamilie, die uns Umweltsünder mit offenen Armen begrüßt und uns statt eines ellenlangen Vortrags über den horrenden Anstieg des CO2Gehaltes erst mal einen Tee anbietet. Der – natürlich – auch recycelt ist. Denn Familie Fellmer ernährt sich neben selbst angebauten Produkten, wildwachsenden Kräutern und Obst nur von Essen, das sie in den Mülltonnen von Bio-Supermärkten finden. Ein Lebensstil, den viele unter dem Schlagwort Containern kennen, den man aber, wie mir Raphael erklärt, eigentlich Freeganismus nennt. Eine Wortschöpfung, die sich aus den Wörtern Free und Vegan zusammensetzt. Denn neben dem Containern gehören eine vegane Ernährung und ein Leben frei von kapitalistischen Zwängen zu den Hauptgrundsätzen für Menschen, die so leben wie Familie Fellmer. Raphael selbst bezeichnet sich auch gerne als Lebensmittelretter. Ein schöner Begriff. Warum er das macht? Nicht nur, um sein Konsumverhalten zu minimieren, sondern auch, um den grauen Energieverbrauch zu reduzieren. Mir raucht der Kopf. Graue Energie, was ist denn das schon wieder? Die Energie, die für Herstellung, Transport und Entsorgung von Produkten verbraucht wird, klärt mich Raphael auf. Der indirekte Energieverbrauch eines Konsumguts also. Aha, schon wieder etwas schlauer. Draußen hört es nicht auf zu regnen. Doch

Raphael verspricht trotzdem uns später eine seiner Lebensmittelfundstellen zu zeigen. Derweilen erzählt er uns, dass sie abgesehen vom Kindergeld, mit dem sie die Krankenversicherung zahlen, komplett ohne Geld leben. Ich stutze. Und wer bezahlt die Wohnung, das Wasser und den Strom, den sie nutzen? Freunde, denen sie dafür ihre Hilfe anbieten, und schon klingelt es an Tür. Es ist Nachbarin Nadja, die im Haus gegenüber lebt und Probleme mit ihrem Computer hat. Raphael hilft natürlich gerne und wir gehen mit. Langsam hört es auch auf zu regnen und Raphael zeigt uns sein Gartenbeet. Noch ist hier nicht viel zu sehen, aber das wird sich mit dem kommenden Frühling schlagartig ändern. Er zeigt mir auch einen kleinen weißen Schrank, der ihnen im Winter bei entsprechenden Temperaturen draußen als Kühlschrank dient und der randvoll ist mit köstlichen Bioprodukten. Alles Lebensmittel, die ich mir nie und nimmer leisten könnte. Doch, sagt Raphael, wenn du Containern würdest. Doch irgendwie hätte ich dabei ein mulmiges Gefühl. Allerdings wird die vegane Familie Fellmer keinen der Mangolassis und Joghurts probieren, die bei ihnen im Kühlschrank stehen. Doch trotzdem lässt Raphael die Milchprodukte nicht in den Müllcontainern liegen, sondern verschenkt sie nach gelungener Rettungsaktion an Bekannte und Bedürftige. Einige davon werden wir auch gleich kennenlernen. Denn nachdem Freundin Nieves von ihrer TandemSprachpartnerin zurückgekehrt ist, um


Glückstag  15


16   Glückstag

den Kinderdienst zu übernehmen, und die Sonne sich langsam hinter den Wolken hervorarbeitet, können wir uns auch endlich vor die Tür wagen.

Tonne appetitliches Obst und Gemüse. Warum wurde das eigentlich überhaupt weggeworfen, frage ich mich und beiße in eine Bio-Banane. Schmeckt völlig normal.

Hier könnt ihr euren ökologischen Fußabdruck ausrechnen: www.footprint-deutschland.de Und hier könnt ihr nicht nur Raphaels Familie kennenlernen, sondern auch erfahren, wie ihr euren ökologi-

Und schon geht es los, bepackt mit einer Tüte voller Biolebensmittel, zur Familie Goosman, zu deren Nachbarn unter anderem ein freundlich dreinblickendes Gartenschwein zählt. Und nachdem wir der Dame des Hauses das Bio-Care-Paket in die Hand gedrückt haben, geht es gleich weiter zum Lebensmittelcontainermarkt. Die genaue Adresse wollen wir an dieser Stelle nicht preisgeben, denn Containern ist immer noch illegal. Auch so eine Sache, gegen die sich Raphael verwehrt. Er ist dafür, dass alle Güter, die eigentlich der endgültigen Entsorgung zugeführt werden sollen, der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen. Eine Idee, die er auch bei der ZukunftsdialogInitiative des Bundeskanzleramtes eingereicht hat. Die zehn Projekte, die bis zum 15. April die meisten Stimmen der Nutzer bekommen, erhalten die Gelegenheit, ihre Projekte der Kanzlerin persönlich vorzustellen. So hoffentlich auch Raphael Fellmer. Als wir an besagtem Container ankommen, bin ich mehr als baff. Denn anstatt einer ekligen Ansammlung von vergammelten Essensresten, entdecken wir in der

Langsam fängt es wieder an zu regnen, und wir machen uns auf den Weg zurück. Dort köchelt schon die Suppe auf dem heimischen Herd. Ich frage, ob ich einen Kaffee haben könnte und ernte dafür einen freundlich tadelnden Blick von links. Kaffee und Fleisch, das sind die schlimmsten virtuellen Wasserverbraucher – schon wieder so ein Schlagwort, mit dem ich nichts anzufangen weiß. Doch während des Essens klärt Nieves mich auf: Virtuelles Wasser bezeichnet jene Wassermenge, die zur Erzeugung eines Produkts verbraucht wird. Bei 1 kg Rindfleisch sind das zum Beispiel ca. 15.000 l Wasser. Ich muss schlucken. Vielleicht sollte ich mir das mit dem Vegetarier-Dasein doch noch mal durch den Kopf gehen lassen. Mit vollem Bauch und einer Tüte mit containerten Lebensmitteln mache ich mich auf den Heimweg. Und als ich zu Hause das Essen in meinen Kühlschrank stelle, nehme ich mir fest vor, nie mehr beim Billigdiscounter einzukaufen, auch wenn ich dafür auf einiges verzichten muss.

schen Fußabdruck verringert. www.forwardtherevolution.net www.facebook.com/ForwardTheRevolution Wenn ihr Raphaels Vorschlag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln und anderen Gütern eure Stimme geben wollt, unbedingt hier vorbeischauen: www.stoppdieverschwendung.tk


Neu in der Stadt

17

DRAYTON Text Sophia Schwan

Heinz Gindullis alias Cookie ist schon seit einer Ewigkeit ein alter Bekannter, was das Berliner Nachtleben angeht. Schon seit den 90er Jahren machen Feierwütige in seinen legendären Nachtclubs, Bars und Restaurants die Nacht zum Tag. Die Drayton Bar, versteckt hinter dem Westin Grand Hotel, ist sein neuestes Projekt und erinnert an die wilden 20er und 30er Jahre. Der Weg zum Eingang ruft Bilder eines Speakeasys, jener düsteren, illegalen Bars aus einer Zeit, als Alkohol in Amerika verboten war, hervor. Von einem spärlich belichteten Hinterhof, wo sich der Hotelmüll finden lässt, geht es erst mal eine Außentreppe hoch. Oben angekommen, findet man sich an einer versteckten Tür wieder, die in einen dunklen Gang führt, wo man sich entlang tasten muss. Eine weitere Treppe hoch gelaufen und man wird von einem Frosch mit Schirm willkommen geheißen, dem Logo der Drayton Bar. Avantgardistische Pfauenlampen, Brokat Samt, dunkles Massivholz und verspielte Art-Déco Design Details sind in schummriges, warmes Licht getaucht, die der Drayton Bar eine intime Atmosphäre verleihen. Von Alkoholverbot ist hier nichts zu merken. Hauseigene Cocktail-Schöpfungen, die an eine längst vergangene Ära anknüpfen, werden mit selbst kreierten und gebrauten Sirups, Infusionen und Spirituosen hergestellt. Wem das Herz bei Kreationen wie Agaven-

Lavendel Sirup, Orangenblütenwasser oder selbstgemachtem Earl Grey Gin höher schlägt, wird sich hier zu Hause fühlen.

Drayton Bar Berlin Behrenstraße 55 10117 Berlin www.draytonberlin.com

Das Hauptaugenmerk liegt auf Rum und Gin; frische Kräuter, Gewürze und Früchte verfeinern die individuellen Mischungen, die Namen wie „This is not a Pina Colada“ tragen. Zu den Cocktails werden ausgefallene, vegetarische Häppchen angeboten. Die Extravaganzen der 20er und 30er Jahre werden hier mit moderner Elektro-Musik vermischt und deuten auf einen vielversprechenden Abend hin, der, wenn es zum Äußersten kommen sollte, auch in der Hochzeitskapelle des Cookies enden könnte.


18   Kulturgut

Neu oder alt? -

Pop-ups versus schon Bewährtes Text Björn Lüdtke  Fotos Sophia Schwan  Translation P. 43

Es ist das immer Neue, was uns fasziniert. Ein Grund, warum temporäre Shops, Bars und Restaurants so populär sind. Doch auch Altbewährtes hat seine Reize. Pop-ups oder Berliner Institutionen, das ist hier die Frage. Pop-up, Pop-up, Pop-up. Überall poppt’s up wie die Pilze aus dem Boden. Anfang März eröffnete sogar Internet-Retailer Zalando seine Pforten für nur drei Tage in der Weinmeisterstraße. Dabei hatte alles mal so exklusiv angefangen. Das Konzept der Pop-ups ist nicht mehr ganz so neu. Rei Kawakubo, Kopf der japanischen Kultmarke Comme des Garçons, eröffnete 2004 den ersten Pop-up-Store (damals nannte sie ihn Guerilla-Store) in Berlin in der Chausseestraße, noch lange, bevor dort überhaupt ein einziger Coffee Shop in Sicht war – die folgten dann, die Ecke wurde hip. Ein Jahr lang gab es den Laden, in dem vor allem Überhänge aus anderen Comme-Läden verkauft wurden. Durch das Temporäre bekam sogar die Ware aus der letzten Saison exklusiven Charakter. Inzwischen hat sich das Konzept weltweit etabliert und auch auf andere Branchen ausgeweitet. Es gibt wohl kaum noch etwas, dem man durch zeitliche Begrenzung nicht den Flair des Besonderen verleihen will – Bars, Restaurants, selbst Hotels (In Mexiko hat die Design-Hotels-Gruppe mit den Machern des Kater Holzig ein Pop-up-Resort für ein paar Monate Anfang dieses Jahres geschaffen, das Papaya Playa). Was im Falle von Rei Kawakubo allerdings noch Underground war und sich nur über Mund-zuMund-Propaganda verbreitete, wird heute professionell als Marketing-Tool verwendet. Es vergeht kaum eine Woche, an dem nicht die Meldung einer Presseagentur ins Postfach flattert und das Vorbeihuschen eines Pop-ups ankündigt. Der Geruch des künstlich erzeugten Hypes ist vielen allerdings schon von Weitem anzuriechen. Außerdem, die Jagd nach dem ständig

Neuen ermüdet. Und so machen wir uns von Mitteschön auf die Suche nach dem Altbewährten, nach echten Berliner Institutionen (weil wir uns nicht entscheiden konnten, was uns am besten gefällt, in alphabetischer Reihenfolge):

Erotica Sex-Shop: Seitdem es den Klamottenladen Apartment seit Mitte der Nuller Jahre um die Ecke in der Memhardstraße gibt, hat sich die Rosa-LuxemburgStraße zur kleinen, aber feinen Shopping-Meile entwickelt. Hier hat schon so mancher Laden aufgemacht – und wieder zu. Das Einzige, was hier wirklich konstant geblieben ist, ist der Sex-Shop. Im Erotica gibt es von

Besenkammer: Die Besenkammer-Bar befindet sich

der DVD bis zum Live-Strip alles, was das notgeile Herz

unterm S-Bahn Bogen am Alexanderplatz, neben dem

begehrt, sogar ein Seitensprungzimmer (zwei „Schäfer-

Kino. Sie ist klein, aber nicht zu übersehen, denn sie

stündchen“ für zwei Personen kosten 20 Euro, inklusive

wirbt für sich selbst: „DIE Szenekneipe am Alex. Man(n)

frischer Bettwäsche).

fühlt sich hier wohl.“ Das Besondere: Die Besenkammer

Rosa-Luxemburg-Straße 23, www.erotica-berlin.de

hat immer auf, 365 Tage im Jahr. Manchmal ist es dort leer und traurig, manchmal proppenvoll und es wird zu

Fleischerei Domke: Unabhängige Fleischereien gibt es

Hits vergangener Jahrzehnte mitgegrölt. In jedem Fall

in Berlin kaum noch. Wer aber keine Lust hat, seine

ist die Besi immer einen Jägermeister wert.

Wurst abgepackt im Supermarkt zu kaufen, der geht zu

Rathausstraße 1, Mitte

Domke auf der Warschauer. Wochentags gibt es deftigen Mittagstisch: Soljanka, Kassler, Currywurst. Und was

Brotgarten: Den Brotgarten gab es schon, da war von ei-

dem Bauarbeiter in der Pause schmeckt, das schmeckt

ner Bio-Bewegung noch lange nicht die Rede. Was uns

auch dem verkaterten Friedrichshainer zum Früh-

heute selbstverständlich vorkommt, war bei Eröffnung

stück. Warschauer Straße 64, Friedrichshain

im Jahr 1978 Pionierarbeit, vor allem bei der Beschaffung der Zutaten. Noch heute wird in eigener Herstel-

KaDeWe: Auch wenn die Designer-Klamotten bei

lung Brot gebacken, selbst das Korn wird selbst gemah-

Barney’s in New York noch etwas ausgewählter und die

len. Zur Philosophie des Kollektivs gehörte damals, dass

Food Halls bei Selfridge’s in London doch etwas moder-

auch Bäcker nicht zu unmenschlichen Zeiten aufstehen

ner sind – Berlin hat das KaDeWe. Am Samstag ist es zu

mussten, und so machte das Ladengeschäft erst um 10

voll. Ein kleiner Ausflug an eine der Champagner-Bars

Uhr auf. Das musste man inzwischen aber anpassen,

im sechsten Stock an einem Nachmittag unter der Wo-

auch der Bio-Kunde will seine Brötchen ab 7 Uhr essen.

che lohnt sich jedoch immer. Hier sieht man altes Ber-

Seelingstraße 30, www.brotgarten.de

liner Geld selbiges ausgeben, hier fängt Grunewald an. Tauentzienstraße 21 bis 24, www.kadewe.de

Clärchens Ballhaus: Auch wenn die meisten unserer Leser Clärchens kennen dürften, in einer Liste über Berli-

Kumpelnest 3000: Das Kumpelnest zu beschreiben, ist

ner Institutionen darf es nicht fehlen. Außerdem kennt

nicht leicht. Sich selbst beschreibt es auf seiner Website

Geschäftsführer Christian Schulz die ultimative Feier-

als den Klassiker unter den Absturz-Läden Berlins. Ein

weisheit. Auf unsere Frage, wie man es schafft, den Ruf

Freund versucht es so: „So’n bisschen wie’s Roses auf

und die Legende um eine Institution wie das Ballhaus

der O-Straße. Und der einzige Laden Berlins, in dem ich

aufrechtzuerhalten, antwortet er: „Indem man das tut,

auch im besoffensten Zustand dauernd checke, ob mein

was dort schon immer getan wurde. Die Leute zum Tanz

Portemonnaie noch da ist.“ Transen, Schöneberger, Ta-

anstiften. Trinken können sie alleine.“

xifahrer nach der Schicht... Sounds like fun!

Auguststraße 24, www.ballhaus.de

Lützowstraße 23, www.kumpelnest3000.com



20   Kulturgut

Altkleider machen Leute Text Björn Lüdtke  Translation P. 42

Mit Mode verbinden wir traditionell Neues, spätestens alle sechs Monate. In Zeiten knapper Ressourcen scheint sich das aber grundlegend zu ändern - „Aus alt mach neu.“ Wir reden aber nicht von Recycling, das war gestern. Upcycling nennt man den Prozess, in dem man mit Vorhandenem Mehrwert schafft. Was sich in einem System, das immer nach dem neuesten Trend giert, auf den

ersten

scheint,

Blick

auszuschließen

funktioniert.

Wir

haben

uns nach Designern und Experten umgeschaut, die sich mit dem Thema auskennen.


Kulturgut  21

Schmidttakahashi

In den Neunzigern des 20. Jahrhunderts wähnten wir uns sicher. Der Kalte Krieg war vorüber, weitere Kriege schienen fern. Es sollte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich die Demokratie als Staatsform auch bis in die letzte Ecke der Welt verbreiten würde. Endlich konnten wir ungestört das tun, was wir eh schon vorher am besten konnten – konsumieren. Mehr und mehr. Die Konzerne freuten sich – das ewige Wachstum, endlich konnte es beginnen. Es gab nur ein Problem, jeder hatte alles schon. Problem? Hach, das wäre doch gelacht. Wenn der Konsument keine Bedürfnisse mehr hat, dann werden eben neue geweckt. Man schaute auf ein System, das einem spätestens alle sechs Monate Neues aufzwang, die Mode. Und das System war erprobt, seit den Sechzigern funktionierte es schon einwandfrei. Wer will denn schon in alten Lumpen herumlaufen, während die Nachbarin den neuesten Look spazieren trägt? Von nun an wurde alles der Mode unterworfen. Nehmen wir unsere Wohnungen als Beispiel. Kaufte man früher ein Sofakissen von Qualität und für immer, durfte es nun ruhig etwas preiswerter und minderwertiger sein. Dafür aber wurde es öfter ausgewechselt. Für den Sommer Pastelle aus Baumwolle, für den Winter schwarz und aus Samt. Selbst bei Lebensmitteln gab es fortan Frühjahr/Sommer- und Herbst/Winter-Kollektionen, von Schokoladen, die nur im Sommer erhältlich sind, bis zur Limited-Winter-Edition beim Joghurt. Aber dann kam das neue Jahrtausend. Von einer nicht enden wollenden Finanzkrise bis Fukushima – viele stellen sich die Frage, ob das alles so weiter gehen kann. Wer nicht mit seinen Ressourcen haushalten will, der zahlt irgendwann seinen Preis. Das dürfte inzwischen jedem deutlich geworden sein. Paradoxerweise kommt diese Erkenntnisse zuerst in genau dem System an, das uns das eingebrockt hat, der Mode. Mei Hui Liu macht seit 2000 Mode unter ihrem Label Victim Fashion Street, unter anderem aus gebrauchter Spitze und alten Union Jacks. Heute nennt man das Upcycling, damals wurde Mei Hui noch oft ausgelacht. „Am Anfang musste ich um Anerkennung kämpfen, auch heute noch verstehen viele meine Sachen nicht. Ich habe sie zuerst auf dem Portobello Market in London verkauft. Viele haben darüber gelacht. Aber diejenigen, die mutig genug dafür waren, haben sich in die Sachen verliebt und kamen zurück, wollten mehr. Manche sammeln meine Kleider sogar.“

Sammeln und immer wieder tragen – nachhaltiger geht es kaum. „Ich finde, dass wir so viele Ressourcen wie möglich wieder in den Kreislauf zurück führen und auf Qualität statt Quantität achten sollten und Sachen kaufen, die überdauern, anstatt billiges Zeugs, das die Saison nicht überlebt.“ Kein Teil der Kollektion gleicht einem anderen. Was sich früher ausschloss – Exklusivität und Nachhaltigkeit – bedingt sich heute. Ein ähnliches Konzept fahren die beiden Designerinnen vom in Berlin ansässigen Label Schmidttakahashi. „2010 haben wir offiziell angefangen, aber die Idee von Upcycling hatten wir schon in unserem Studium entwickelt. Nach dem Uni-Abschluss haben wir dann das Label gegründet“ erzählt uns Mariko Takahashi, deren Kollegin Eugenie Schmidt gerade noch in Paris zur Modewoche verweilt. Schmidt und Takahashi sammeln Altkleider. Man kann sie in ihrem Atelier in Kreuzberg vorbei bringen. Die beiden ziehen aber auch mit ihrem Sammelcontainer um die Welt. Er war schon in New York, Kyoto, Darmstadt und Wien. „Wenn wir bei Veranstaltungen oder zu einer Ausstellung eingeladen sind, nehmen wir ihn mit und die Leute bringen uns ihre gebrauchte Kleidung.“ Die Altkleider werden dann auseinander genommen, die Teile neu gemischt und zu neuen Kollektionen verarbeitet. „Wir interessieren uns für den individuellen Charakter eines Kleidungsstücks, je nachdem, welche Person es besessen hat. Heutzutage ist Bekleidung zum großen Teil Massenware und das Angebot wird sich immer ähnlicher, auch global. Aber trotzdem steckt immer Individualität drin, nicht nur vom visuellen Aspekt her. Vielleicht weil Kleidung sich immer sehr nah am Körper befindet.“ Was vor zehn Jahren noch keinen interessiert hat, wird heute also zur Prêt-à-porter in Paris gezeigt. „Wir sind oft davon überrascht, dass unser Konzept und unsere Produkte sehr große Akzeptanz finden. Gebrauchsspuren oder Qualitätsunterschiede im Basismaterial stören kaum jemanden.“ Obwohl recycelt, Pardon, upgecycelt, hat die Kollektion nichts mit dem zu tun, was man früher im Allgemeinen unter „Müsli-Mode“ zusammengefasst hat. Wie jede andere Kollektion hat die von Schmidttakahashi am Ende ein Thema oder drückt eine bestimmte Stimmung aus und ergibt ein stimmiges Gesamtbild. Nur ist der Ausgangspunkt beim Entwerfen ein anderer. Das Material, das gebrauchte Kleidungsstück, ist gleichzeitig auch Inspirationsquelle.


22  Kulturgut

Victim Fashion Street

In Berlin drehen sich inzwischen fünf Messen zur Fashion Week um nachhaltige Mode. Noch gelten die Labels, die dort ausstellen, als Exoten. Noch bedeutet die Nachhaltigkeit ihrer Klamotte ein Alleinstellungsmerkmal, einen Wettbewerbsvorteil, der auch einen höheren Preis rechtfertigt. Aber Nachhaltigkeit wird wohl in der Zukunft eine Voraussetzung für jeden Anbieter sein. Wir fragen Mei Hui Liu, die selbst eine kleine Tochter hat, ob sich zukünftige Generationen nicht angewidert wundern werden, wie sorglos wir heute mit unseren Ressourcen umgehen. Altes einfach wegzuwerfen, nur weil uns nach Neuem dürstet? „Ich hoffe sehr, dass wir in Zukunft mehr die Dinge schätzen, die von Hand und lokal produziert sind: Nahrungsmittel, Mode – unser ganzer Lifestyle. Und den nachfolgenden Generationen beibringen, wie man Dinge selbst macht und recycelt.“ Glaubt man Michiel Schwarz und Joost Elffers, dann ist dieser Prozess längst im Gange. In ihrem Buch Sustainism Is the New Modernism: A Cultural Manifesto for the Sustainist Era erahnen sie eine neue Ära. Sustainability ist der englische Begriff für Nachhaltigkeit, der Begriff Sustainism ist daraus abgeleitet. Schwarz: „Wenn Nachhaltigkeit die Bewegung ist, dann ist Sustainism die Kultur, die eine nachhaltige Welt ermöglicht. Sustainism ist eine neue Geisteshaltung. Es findet ein Pardigmenwechsel von der Moderne über die Postmoderne zum Sustainism statt. Das geht weit über ‚grün sein‘ hinaus. Der neue Lebensstil ist vernetzt, lokal und nachhaltig.“ Wenn die Moderne auf dem Glauben an ewiges Wachstum basiert, dann beruhe Sustainism auf dem genauen Gegenteil, nämlich, dass Wachstum endlich ist – aus ökologischen und sozialen Gründen. Fragen nach Wachstum und Größe müssten in Fragen nach Verhältnismäßigkeit umformuliert werden. Anstelle von Wachstum zu jedem Preis wie in der Moderne stünden Werte wie Sorgfalt im Mittelpunkt, weil sonst grundlegende (Lebens-)Qualitäten verloren gingen. Heute bringen Modeketten wie Zara oder H&M alle sechs Wochen neue Kollektionen auf den Markt – Mode zum Wegwerfen? „Wir entern ein Zeitalter, in dem auf Dinge mit Bestand Wert gelegt wird, die wieder verwendbar sind, anstatt zum Wegwerfen. Wir können einen kulturellen Trend

erkennen, indem es cool ist, wiederzuverwerten und zu redesignen anstatt immer nur auf das Neuste fixiert zu sein. UpcyclingFashion ist demnach Teil eines kulturellen Wandels. Eines Wandels, der sich nicht nur um ökologische Nachhaltigkeit dreht, sondern auch eine Kultur des Teilens und Leihens umfasst.“ Less is more war gestern, Do more with less ist heute. Was aber ist mit dem Preis der nachhaltigen Güter? Lokal und per Hand gefertigte Produkte sind oft teurer als massengefertigte, auch wenn der Rohstoff günstig und gebraucht ist, schließlich sind es meist die Lohnkosten, die den Preis eines Produktes bestimmen. Sind die Konsumenten bereit, diesen Preis zu zahlen? „Konsumenten zahlen gemäß dem Wert, der ihnen durch ein Produkt geboten wird. In Massen gefertigte Produkte sind oft günstiger, es mangelt ihnen aber an gewissen Qualitäten. Konsumenten werden mehr und mehr zu schätzen wissen, was ihnen lokale Produkte bieten, wenn sie wissen, wo sie herkommen und wer sie gefertigt hat und unter welchen fairen Bedingungen.“ Bei Nahrungsmitteln ist dieser Trend schon angekommen, jetzt folgt also der Rest.

Sustainism Is the New Modernism: A Cultural Manifesto for the Sustainist Era Michiel Schwarz & Joost Elffers New York: DAP/Distributed Art Publishers, 2011 www.sustainism.com Webadressen: www.victimfashionst.co www.schmidttakahashi.de


Kulturgut  23

Illustratorin des monats: Christina Gransow

Während ihrer Diplomarbeit an der HAW Hamburg las Christina Gransow über John Cage und seine „Sicht auf die Dinge“. Für ihn gab es keinen qualitativen Unterschied zwischen dem Anschauen eines Gemäldes oder dem Anschauen eines Gehwegs: Betrachtet man die Dinge vorurteilslos und vergleicht sie nicht mit vorher Gesehenem, kann man immer wieder Neues und Einzigartiges entdecken. So wird jedes Ding zu einem Individuum, hat seine eigene Präsenz und wird lebendig. Diese Art des Sehens und des Erspürens der Präsenz der Dinge sind für Christina Gransow beim Zeichnen Grundvoraussetzung. Sie zeichnet städtische Räume und die Merkmale, die in ihnen vorkommen und sie definieren: Häuser, Fassaden und Wände, Parks, Büsche und Hecken, Mülleimer, Parkplatzstopper und Betonkübel. In all jenen Dingen sieht sie verschiedene Charaktere und versucht diese aufs Blatt zu bringen: Wohnhochhäusern und Bürogebäuden aus der Nachkriegsmoderne haftet der Utopiegedanke der frühen 20er Jahre von Le Corbusier an; der raue Beton, die Klobig- und Klotzigkeit dieser Gebäude, ihre Massenhaftigkeit und Standhaftigkeit, gleichzeitig aber auch ihre Zerbrechlichkeit und ihr Scheitern zeichnen sie aus. Parkplatzstopper, die überall – meistens in Gruppen – auf Gehwegen herumstehen, wirken auf sie wie allein gelassene Gangs, die nicht so richtig wissen, was sie da eigentlich sollen auf dem Rand des Gehwegs. Städtische Büsche und Hecken, lieblos zurechtgestutzt, stehen trotzig weiter da, manchmal selbstbewusst, manchmal traurig, oftmals skurril und witzig. Christina Gransow zeichnet in verschiedenen Formaten (von DIN A4 bis 150x230 cm) und Medien (auf Papier, für Print, als Animationsfilme) aber immer mit ganz gewöhnlichen Buntstiften. www.christinagransow.de

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare „MitteSchön“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk  27

Zeiträume Interview mit Dimitri Hegemann Text André Uhl  Fotos Stini Mimissonsdottir

Es gibt Menschen, ohne die hätte die Berliner Subkultur nicht den Ruf, den sie heute international genießt. Dimitri Hegemann ist einer von ihnen. Der Kulturmanager

organisierte

in

den

achtziger Jahren „Berlin Atonal“, das Festival für nonkonforme Musik, veranstaltete im „UFO“ die ersten AcidHouse-Partys der Stadt und schrieb mit

dem

„Tresor“

Clubgeschichte.

Mit dem „trafo“, so der heutige Name des

Heizkraftwerks

Berlin-Mitte,

bietet er einen Raum für kulturellen und gesellschaftlichen Wandel. Jetzt arbeitet er an einem neuen Projekt: Hegemann will Jugendliche in Kleinstädten

dazu

bringen,

ihre

Kreati-

vität an Ort und Stelle auszuleben. „Happy Locals“ könnte zum Vorbild für eine neue Art dezentraler Kulturförderung werden.


28   Kieztalk

„Doch im Fall von Berlin geht es nicht um Quantität, sondern vor allem um Qualität, und zwar um die Qualität des kulturellen und subkulturellen Angebots. Das ist doch der Grund, warum viele nach Berlin kommen ... Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist „Langlebigkeit“. Woran denkst du dabei als erstes? Bei dem Begriff „Langlebigkeit“ denke ich als erstes an Qualität. Dinge, die einen gewissen Wert haben, sind langlebig. Womit ich nicht sagen würde, dass kurzlebige Dinge wertlos sind, sicher aber einen anderen Stellenwert haben. In einem Wikipedia-Eintrag wirst du als Kulturarbeiter und Raumforscher betitelt. Was genau macht ein Raumforscher? Interessant, das wusste ich gar nicht. Aber ja, ich würde mich selber auch als Raumforscher bezeichnen. Nicht im Sinne der wissenschaftlichen Disziplin, die verwandt ist mit der Raumplanung oder Geographie. Raumforscher zu sein bedeutet für mich, die Fähigkeit zu besitzen, einen Raum auf seine Qualitäten und charakteristischen Eigenschaften hin beurteilen zu können. Räume haben eine eigene Dynamik, auch eine eigene Stimmung oder Seele, wenn man so will. Das meine ich nicht im meta-

physischen Sinne, ich bin ja kein Esoteriker. Aber wenn ich einen neuen Raum betrete, passiert in mir etwas, meine Fantasie wird angeregt und neue Ideen entstehen fast wie von selbst. Dieses Gefühl hatte ich bei meinem ersten Club, dem UFO, beim Betreten des Tresorraums im ehemaligen Wertheim-Kaufhaus und auch, als ich mir zum ersten Mal das Heizkraftwerk für den neuen Tresor anschaute. Zwei Jahre, nachdem der alte Tresor nach 14 Jahren Clubbetrieb zumachte, hast du den neuen Tresor im Heizkraftwerk eröffnet. Auch von deinem ersten Club, dem UFO, gab es eine zweite Version. Warum zwei Mal eine neue Version des Alten und nicht etwas ganz Neues? Das UFO entsprang noch dem Geist der späten achtziger Jahre, die Szene in Westberlin war heiß auf elektronische Musik und passende Locations mussten her. Das UFO befand sich im Keller eines maroden Altbaus. Man musste den Raum durch eine Luke mit einer Leiter betreten, alles war ziemlich provisorisch und natürlich nicht legal. Das haben die Nachbarn irgendwann spitz bekommen und nach ein paar Monaten schon haben die Behörden den Laden geschlossen. Wir hatten uns aber zu dem Zeitpunkt erst richtig warm gelaufen, für uns war das alles erst der Anfang. Deshalb war klar, dass wir woanders mit einem zweiten UFO weitermachen würden. Und warum ein zweiter Tresor? Beim Tresor war es ganz anders. Die erste Version war für mich damals eigentlich

perfekt. Ich werde niemals den Moment vergessen, als ich das erste Mal diesen Kellerraum des Wertheim-Hauses in der Leipziger Straße betrat. Dann nach 14 Jahren Tresor hatte ich zunächst keine große Lust, einen neuen Club aufzumachen. Ich verfolgte andere Ideen. Es war eher der Einfluss von außen, der mich zu einem neuen Club bewegte. Viele sehnten sich auch danach und erwarteten das auch von mir. Zunächst wollte ich den alten Tresorraum an der Spree eins zu eins in einem Keller nachzubauen. Das komplette Interieur hatte ich ja aufbewahrt. Dann aber ergab sich jedoch die Möglichkeit mit dem alten Heizkraftwerk, und so ein Angebot schlägt man nicht aus. Und warum ein neuer Tresor? Der Name steht ja für etwas, nicht bloß für irgendeinen Club. Er steht für den gemeinsamen Aufbruch einer neuen Generation und auch für den Beginn der Berliner Techno-Szene, für die Achse Berlin-Detroit, für Acts wie Jeff Mills oder Juan Atkins, für einen eigenen Sound und natürlich für Tresor Records. Der Name hatte sich über die Jahre international als Marke etabliert und sollte genau in diesem Sinne fortgeführt werden. Es gab auch konkrete Pläne, einen Tresor in China zu veröffentlichen. Genau, wir standen schon kurz vor der Eröffnung. Als es aber darum ging, endgültig ein ehemaliges unterirdisches Waffenlager in Peking zu beziehen, wurde die Sache doch schwierig. Fest einkalkulierte Mittel einer deutschen Kulturbehörde wurden gestrichen, das verzögerte den Umbau.


Kieztalk  29

Würde das Geld bereitgestellt, wäre ich schon morgen in Beijing und würde die Arbeiten anschieben, letztlich aber von chinesischen Freunden führen lassen. Doch obwohl es nie zur Eröffnung des TresorClub in China gab, wurden einige TresorPartys gefeiert und es existiert dort eine stetig wachsende Fangemeinde mit regelmäßig gepflegter Facebookseite und allem. Auch darin zeigt sich die Langlebigkeit der Marke Tresor. Du hast einmal gefordert, die Verantwortlichen der Berliner Politik sollten subkulturelle Projekte ernster nehmen, schließlich kämen viele Besucher genau deshalb in die Stadt. Hat sich die Haltung der Politiker aus deiner Sicht mittlerweile gebessert? Ich würde sagen, die Verantwortlichen hören heute eher zu, haben aber größtenteils immer noch nicht verstanden, worum es wirklich geht. Die Übernachtungszahlen zu steigern, das steht an erster Stelle. Doch im Fall von Berlin geht es nicht um Quantität, sondern vor allem um Qualität, und zwar um die Qualität des kulturellen und subkulturellen Angebots. Das ist doch der Grund, warum viele nach Berlin kommen, darin liegt das wesentliche Alleinstellungsmerkmal der Stadt. Doch Qualität langfristig zu erhalten, kostet Geld. Den Fokus nur auf rasant steigende Übernachtungszahlen zu legen, birgt das Risiko, einen Tourismus nach Ballerman-Art zu fördern. Damit läuft die Berliner Tourismuswirtschaft Gefahr, den Ast abzusägen, auf dem sie sitzt. Zudem gibt es Kommunikationsprobleme zwischen Kulturschaffenden und politi-

schen Verantwortlichen in Berlin. Man sollte ernsthaft einmal über den Einsatz von „Vermittlern“ nachdenken, die Erfahrungen auf beiden Seiten haben und deshalb in der Lage sind, zu „übersetzen“, was für beide Seiten wichtig ist. Du arbeitest gerade an einem neuen Projekt, um Jugendlichen in Kleinstädten kulturelle Alternativen zu bieten. Worum geht es dabei genau? Über eine Ausstellung, die ich mit DDRKunst aus Schwedt in London umsetzen konnte, kam ich vor einiger Zeit ins Gespräch mit dem Bürgermeister von Schwedt, einer kleinen Stadt an der polnischen Grenze. Der erzählte mir über das Problem, dass viele junge Leute aus seiner Stadt abwandern. Jobs gibt es genug, die gut Ausgebildeten haben aber einfach keine Lust, sich zu langweilen. Das ist symptomatisch für viele kleine Städte in der deutschen Provinz. Kulturprogramme gibt es nicht, also wandert das Potenzial ab, der Mainstream bleibt. Also sagte ich zum Bürgermeister, lass uns etwas dagegen tun und deine Stadt attraktiver, lebendiger gestalten. Gib mir einen Raum, irgendein leer stehendes Gebäude, und ich mache mit den Jugendlichen etwas daraus. Er hat uns eine alte Kaufhalle in Aussicht gestellt und nun werden wir Folgendes machen: wir werden in den Schulklassen Seminare abhalten und die Jugendlichen fragen, was sie an ihrer Stadt stört und was sie verändern würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Dann werden wir verschiedene Arbeitsgruppen gründen, wo sich die Jugend-

lichen einbringen und ausleben können. Partys gehören natürlich auch dazu, aber auch Programmkino, Debattierrunden, Konzerte und mehr. Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir schon in ein paar Wochen erleben können, was die drauf haben und wie kreativ sie sein können, wenn man sie nur dazu ermutigt, ihre Stadt zu retten. Es geht darum, sie in ihrer Identität zu stärken, ihnen Mut wiederzugeben und ihnen klar zu machen, dass man nicht nach Berlin ziehen muss, um cool zu sein und coole Sachen zu starten. Das fördert auch eine selbstbewusste Haltung. Ich nutze also meinen Background, um eine Art Wissenstransfer zu leisten und kulturelle Zellen in kleinen Städten zu erschaffen. Dezentrale Kulturarbeit, das wird zu einem wichtigen Thema in der Zukunft, und ich werde dabei helfen, dies voranzutreiben.


30   Hmmm, Lecker!

Kochtipps vom Kochhaus Suprême von der Maispoularde mit weißem Spargel, Estragon-Soße und violetten Kartoffeln Text und Bilder Kochhaus

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 2 Maispoulardenbrüste, 8 Stangen Spargel, 200 g violette Kartoffeln, 2 Bund Estragon, 1 Schalotte, 1 Brühwürfel,1 Becher Crème Fraîche, 100 ml Wasser, 60 ml Olivenöl, Salz, Pfeffer* *(Mengen- / Zeitangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen)

Ofen auf 160° C Grad Umluft bzw. 180° C Ober-/Unterhit-

Wasser für den Spargel in einem Topf zum Kochen brin-

Wenn das Wasser kocht, Spargelschalen sowie 3 bzw. 6

ze vorheizen. Ungeschälte, violette Kartoffeln zusam-

gen. Spargel schälen und die Schalen aufbewahren. Scha-

TL* Salz hinzufügen und 5 Minuten bei mittlerer Hitze

men mit 1 bzw.2 TL* Salz in einen Topf geben, mit Wasser

lotte pellen und in grobe Würfel schneiden. Estragon-

köcheln lassen. Anschließend die Spargelschalen ent-

bedecken und ca. 15 Minuten bei mittlerer Hitze weich

spitzen für die Dekoration beiseitelegen. Verbliebenen

fernen.

kochen.

Estragon von den Stielen zupfen.

Spargel in den kochenden Spargelfond geben und ca. 15

Weich gekochte Kartoffeln abgießen, pellen, halbieren

Maispoularden waschen, trocknen und rundum mit ½

Minuten bei mittlerer Temperatur weich kochen.

und im Topf warm halten.

bzw. 1 TL* Salz und Pfeffer würzen. In einer Pfanne 3 bzw. 6 EL* Öl erhitzen und die Maispoularden von jeder Seite 2 Minuten anbraten. Anschließend für 10 Minuten auf mittlerer Schiene in den vorgeheizten Ofen geben.

In einem Topf 1 bzw. 2 EL* Öl erhitzen. Schalotte bei mittlerer Temperatur ca. 1 Minuten farblos anbraten.

Crème Fraîche, 100 bzw. 200 ml* Wasser, Brühwürfel und

Spargel aus dem Fond nehmen und auf einem Teller

Estragon hinzufügen, bei mittlerer Temperatur erwär-

anrichten. Maispoularde auf den Spargel geben, mit vio-

men und anschließend fein pürieren. Nach Geschmack

letten Kartoffeln umlegen und mit Soße umgießen. Mit

mit ca. ½ bzw. 1 TL* Salz und ausreichend Pfeffer würzen.

Estragonspitzen dekorieren.


Wir Mitte Muttis  31

Wir mitte-Muttis Text Bettina Schuler  Translation P. 43

Auch wenn man es sich kaum vorstellen kann: Es gab eine Zeit ohne H&M, in der man sich coole Klamotten aus London mitbringen ließ und seinen Lieblingspullover so lange stopfte, bis er komplett auseinanderfiel. Heute hingegen kann man sich sein top-aktuelles Sommeroutfit einfach im nächsten Mango-Store um die Ecke besorgen oder sich per Mausklick die neuesten Modetrends nach Hause bestellen. Auch Kinderkleidung, einst der Killer jeder Haushaltskasse, sind heute so günstig wie noch nie. Flicken – ein Fremdwort für die modernen Mütter. Denn warum sollten sie Geld für das Ausbessern einer Hose ausgeben, wenn es für das gleiche Geld fast eine neue gibt? Vorbei die Zeiten, in denen Scharen von Kindern mit roten Lederherzen auf dem Hosenbein herumrannten und die Mütter ihre Töchter dazu verdonnerten, die ausgeleierten Hosen der großen Brüder weiterzutragen. Denn heute wird alles neu gekauft, damit das Kind auch so hübsch wie das gephotoshopte Mädchen aus dem H&M Katalog aussieht und seinen Altersgenossen in Sachen Hipness in nichts nachsteht. Dabei weiß jede halbwegs erfahren Mutter, dass spätestens mit dem Verlassen des Hauses die Sauberkeit des Kinderoutfits für den Rest des Tages beendet ist. Meine Tochter zum Beispiel würde sich prima als Testperson für neue Schmutzentferner eignen, denn sie hat ein unglaubliches Talent dafür, neue T-Shirts mit undefinierbaren, nicht zu entfernenden Flecken zu verhunzen. Um selbst etwas gegen diesen wachsenden Wegwerftrend von Kinderkleidung zu unternehmen, habe ich mir für dieses Problem jedoch eine einfache Lösung überlegt und kaufe mittlerweile statt tausend Fleckenentferner einen coolen Flicken, den ich auf den Flecken bügele. Und schon sieht das T-Shirt wie neu aus. Auch Hosen, die meiner Tochter zu klein sind, wandern bei uns nicht sofort in den Kleidercontainer, sondern werden ganz so wie es unsere Großmütter gemacht haben, schlicht und er-

greifend ausgelassen. Sprich, das kleine Stückchen Saum, das ins Hoseninnere genäht ist, wird als Verlängerung genutzt. Oder ihr näht ein buntes Stückchen Stoff an das Hosenende und verkauft es eurem Kind als persönlichen Touch. Das hat bei mir immerhin bis zu meinem 10. Lebensjahr geklappt. Überhaupt schadet es nicht, die Kinder früh genug an eine nachhaltige Lebensweise heranzuführen und ihnen dank Workshops, wie sie in der Kinderausstellung Willkommen@Hotel Global im FEZ-Berlin angeboten werden, für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Zum Nachbearbeiten für daheim kann man dann auch noch gleich das Buch Zehn Sachen kann ich machen für unsere Erde gemeinsam mit dem Kind anschauen. Danach wird das Kind vielleicht auch verstehen, dass die elterliche Aufforderung, das Wasser beim Zähneputzen auszuschalten, keine bloße Drangsalierungsmaßnahme ist, sondern der Rettung der Welt und dem Sinken der Stromrechnung dient. Wer hingegen selbst sein Müll kreativ recyceln möchte, der solle sich unbedingt das Buch Aus alt mach neu besorgen, in dem es jede Menge Tipps und Ideen rund um das Thema Basteln zu entdecken gibt. Insbesondere Klorollen eignen sich hervorragend, um jede Menge komische Gebilde daraus zu konstruieren. Einfach zwei Pappohren dran kleben, ein Gesicht und ein Schnäuzchen drauf malen und fertig ist der Osterhasen-Eierhalter.

FEZ-Berlin Ausstellung „Willkommen@Hotel Global“ Workshop: Energie für die Zukunft, am 26. April von 9.00 bis 13.00 Uhr Für 5. bis 10. Klasse, Kostenpunkt: Schüler 4,- /Lehrer 3,- Euro Buchung bis eine Woche vorher FEZ-Berlin Straße zum FEZ 2 12459 Berlin 
 Tel.: 030-53071 www.fez-berlin.de Melanie Walsh: Zehn Sachen kann ich machen für unsere Erde Sauerländer 2009 für 14,90 Euro Für Kinder von 4 bis 6 Jahren Ingrid Wurst: Aus alt mach neu. Recycling-Basteln für Kinder Frech 2003. für 6,90 Euro Webadressen: www.knit-kit.blogspot.com www.frag-die-oma.de http://de.dawanda.com/shop/kinderzimmerwelt


32   Angehört und nachgehorcht

Mouse on mars Text Anne Kammerzelt  Foto Sebastian Szary

Nach zwanzig Jahren gemeinsamer Soundtüftelei sind Jan St. Werner und Andi Thoma aka Mouse on Mars

aus der

elektronischen Musikgeschichte ähnlich schwer wegzudenken wie dicke Kassengestellbrillen von den Nerdnasen dieser Welt. Ihr aktuelles, zehntes Album „Parastrophics“ ist gerade auf dem Berliner Label Monkeytown erschienen und wartet nach sechs Jahren Release-Enthaltsamkeit mit intelligentem Gefrickel par excellence auf. In der Zwischenzeit waren die beiden nicht untätig, sondern haben ihren Heimatplaneten verlassen, um sich in zahlreichen Nebenprojekten auszutoben.


Angehört und nachgehorcht  33

Ein Orchesterstück, aufgeführt anlässlich des 25. Geburtstags der Kölner Philharmonie, Musik für ein Hörspiel von Dietmar Dath und Soloprojekte haben die Jahre ins Land ziehen lassen. Nebenbei haben Jan und Andi ihren Wohnsitz nach Berlin verlegt. In unserem Interview treten sie als perfekte Symbiose von redselig-fantasievoll und tiefenentspannt-abwesend auf und reden mit uns über eine nicht vorhandene Technikverliebtheit, ihren Anspruch an guten Kaffee und den Sinn oder Unsinn des Soho Houses. Wie beschreibt ihr euer neues Album? Jan: Mit dem Album muss man schon ein bisschen Zeit verbringen. Es ist eher eine Art Erzählung. Das klingt, als würdet ihr sehr konzeptionell arbeiten? Andi: Ein Konzept haben wir eher selten. Wir nehmen uns immer vor, ein stringentes Album zu machen, aber das klappt meistens nicht. Bei dem aktuellen Album hatten wir einen fiktiven Pophelden, so einen Michael Jackson Typ vor Augen. Jan: Wir haben uns vorgestellt, wie eine Michael Jackson Biographie von Rainer Werner Fassbinder aussehen würde. So eine Figur haben wir dann für das Album entworfen. Andi: Die Figur ist dann aber tief im Album verschwunden. Seid ihr euch bei der Arbeit immer einig? Jan: Wir waren uns noch nie einig. Deswegen gibt es uns ja auch noch. Gerade haben wir ein Stück für die nächste Modeselektion, die Compilation von Modeselektor, gemacht. Andi hat mit dem Track angefangen. Mir hat seine Version nicht gefallen, ich fand das Tempo irgendwie zu hoch. Also habe ich das Tempo runter gefahren und eigentlich ein komplett neues Stück daraus gemacht. Das fand Andi dann aber wiederum nicht gut. Er hat das Tempo noch mal angezogen und wieder etwas Neues gemacht, was aber ganz anders war als das, womit er ursprünglich angefangen hatte. So gab es mal wieder eine Fülle an Material. Die Hauptarbeit liegt eigentlich immer darin, auszuwählen. In einem früheren Interview meintest du, Jan, dass du eigentlich überhaupt nicht viel mit Technologie anfangen kannst. Jan: Ich benutze Technik, ohne groß über sie nachzudenken. Sonst würde es so endlos komplex und überwältigend werden, dass man eigentlich gar nicht mehr zum Produzieren kommt. Andi: Wir eignen uns immer alles nur so weit an, dass es uns für das Resultat reicht. Eigentlich ist es ja immer das Gleiche, wenn man einmal das Prinzip von der jeweiligen Hard- oder Software verstanden hat. Jan: Man darf über das Equipment nicht so viel nachdenken, sonst wird es fetischistisch. Andi: Wir gehen da sehr emotional ran. Erst mal muss es optisch ansprechen und dann findet man, ähnlich wie in einer Beziehung, sehr schnell heraus, ob man einen Bezug hat, der auf Dauer bestehen kann. Und dann freundet man sich halt mit der jeweiligen Technik an. Das läuft dann meistens recht intuitiv.

Und dann ist man der Technik treu? Jan: Sagen wir mal so, wir sind schon von einigen Geräten verlassen worden. Andi: Teilweise aber auch aus Altersgründen. Ihr haltet euch immerhin seit über 20 Jahren im Geschäft.. Jan: Das ist ähnlich wie mit der Technik, da denken wir einfach nicht drüber nach. Andi: Die Zeit geht schnell rum, wenn man so vor dem Zeug sitzt. Zack, vorbei. Jan: Uns fällt ja auch immer wieder etwas Neues ein, womit wir uns beschäftigen wollen. Wir warten nicht auf Signale von außen oder gucken, ob uns die Musikindustrie gerade so wahnsinnig mag. Was macht ihr, wenn es irgendwann mal keine neuen Projekte mehr gibt? Jan: Dadurch, dass wir Hardcore-Koffein-Nutzer sind, würden wir, wenn es gar nicht mehr läuft, unsere Koffein-Erfahrungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. und ein Kaffeevertriebsnetzwerk aufbauen. Oder vielleicht auch nur eine Anlaufstelle, eine Koffeinstube. Von jemandem, der gerade Tee trinkt (Jan) und jemandem, der mit den Augen auf halb acht auf der Couch liegt (Andi), kommt das nicht sehr authentisch rüber. Jan zu Andi: Hast du heute schon Koffein genommen? Andi: (gähnt) Ja, aber der Kaffee war sooo schlecht. Ich hatte danach schlechte Laune. Jan: Ich hatte heute schon zwei Kaffee und der zweite war wahnsinnig gut. Der war so gut, dass ich mich dermaßen gefreut habe. Wo geht ihr gerne Kaffee trinken? Andi: Ach, ich bin faul, ich geh immer bei uns um die Ecke ins Baretto, ein Café auf der Wrangelstraße, aber die machen auch wirklich einen guten Kaffee. Manchmal kackt die Qualität kurzfristig ab, dann muss ich mich beschweren. Die haben schon Angst vor mir. Wenn ich da mit meiner irren Brille stehe und „Bitte mit Liebe“ sage. Jan: BITTE.MIT.LIEBE. Mit zusammengebissenen Zähnen, nur die Oberlippe bewegt sich leicht... Mir gefällt, dass jeder Laden seine eigene Aura hat. In der Choriner Straße gibt es zum Beispiel ein kleines Café, da arbeitet immer der gleiche Typ und seine iTunesListe läuft im Hintergrund. Man fühlt sich wie bei ihm im Wohnzimmer. Der Kaffee ist gut und immer ein bisschen anders, das finde ich schon mal sympathisch. Der Typ ist grundentspannt und der Kaffee hat auch diese Entspannung. In der gleichen Straße gibt es ein neuseeländisches Café, da ist der Kaffee auch lecker. Das beste Café ist eigentlich das, wo der Kaffee jeden Tag ein bisschen anders schmeckt, da weißt du, der ist mit Liebe gemacht und... Andi: ...Gott gehst du ab, da komm ich nicht mehr mit. Ist ja der Wahnsinn. Der hat mich auch total mit dem Kaffeeding angefixt. Jan: In der Oderberger gibt es das Bonanza, da ist der Kaffee ein


34   Kulturgut

bisschen wie Superpollen, du trinkst eine Tasse und die Augenbraun rutschen dir nach oben. Danach werde ich immer hyperaktiv. Warum seid ihr eigentlich nach Berlin umgezogen? Ist der Standort für euch und eure Arbeit überhaupt noch wichtig? Andi: Also, ich finde Berlin ja super. Jan: Nee, eigentlich ist der Punkt der, dass der Standort keine große Rolle mehr spielt und deswegen unser alter Standort unwichtig wurde. Berlin steht ja dafür, dass hier viele Leute leben, die ihr Geld ganz woanders verdienen. Dadurch, dass heute vieles ausgelagert ist, kann man frei entscheiden, wo man leben will – auch losgelöst von der Arbeit. Und natürlich macht für uns Berlin Sinn, weil wir hier Leute treffen, die wir sonst anderswo auf der Welt treffen müssten, irgendwie kommen ja doch alle mal in Berlin vorbei. Ursprünglich hatten wir ja den Glückstag mit euch geplant. Dafür kam von euch der Vorschlag, dem Soho House vor die Tür zu kacken. Andi: Was ist denn das Soho House? Jan: Das ist dieses All-inclusive-Relaxzentrum. Ich war mal drin und empfand es als recht angenehm, das hat so einen hohen

Wohlfühlfaktor. Andi: Echt, so was findest du gut? Jan: Naja, man kann dabei auch schnell vergessen, dass das nicht die Realität ist. Eigentlich müsste man drüber fliegen und draufkacken. Es hat was von Errungenschaft, wenn man dazugehört, und das ist es ja eigentlich gar nicht. Vielmehr ist es eine künstliche Qualitätsblase. Klar, genausogut kann man in einer Assiblase leben und nicht merken was um einen herum los ist. Dennoch finde ich es gut, dass Berlin so was wie das Soho House aushält, das zeigt die Toleranz und Entspanntheit dieser Stadt. Schwierig wird es, wenn jemand meint, dass er das Leben nur noch dann genießen kann, wenn er im Soho House oben am Pool liegt und ein paar schmalärschige Models vor ihm an der Reling stehen und er denkt, er sei auf dem Traumschiff. Dann könnte so ein Ereignis von oben durchaus bewußtseinserweiternde Wirkung haben. Das aktuelle Album Parastrophics ist seit Ende Febraur im Handel.


Gimme Five  35

Gimme Five — Kurzlebiges High-Tech Spielzeug Text Paul Schlosser

Was wurde eigentlich aus...? Irgendwann in den 90ern gab es für Normalsterbliche noch kein Internet und allgegenwärtige Erreichbarkeit per Handy war ein undenkbarer Luxus. Auch für mich schien das mit der unbeschränkten Erreichbarkeit einleuchtend zu sein. Ich war etwa 13, als ich mich dafür entschied in einen giftgrünen, in der Bravo beworbenen Pager zu investieren. Sechs Monate lang habe ich stets meinen Quix bei mir getragen, um insgesamt weniger als zehn Nachrichten zu empfangen. Da diese Piepser aber bei Weitem nicht die einzigen elektronischen Eintagsfliegen gewesen sind, die dieses Jahrzehnt hervorgebracht hat, gibt es in diesem Monat eine Rückschau auf die skurrilsten Spielgefährten der 90er Jahre:

01

Der Pager Das Piepen in der Hosentasche war einst ein Muss für vorwärtsgewandte Weltenbummler. Dabei konnte ihr sogenannter Funkmeldeempfänger nichts weiter als Telefonnummern und später Textnachrichten empfangen. Wirklich praktisch war es allerdings nie, erst an der nächsten Telefonzelle zu erfahren, wessen Anruf man gerade verpasst hatte. Ende der 90er Jahre trat das Handy dann endgültig seinen Siegeszug an und schickte Piepsgeräte wie Quix, Scall und TelMi per SMS in die Geschichte.

02  Tamagotchi Damals, es muss etwa 1996 gewesen sein, als Elektronik noch schwer und teuer war, kam der japanische Erfinder Aki Maita auf die glorreiche Idee, ein Plastik-Ei mit LCD zu basteln, in dem ein kleines, virtuelles Haustier in Vogelgestalt lebte, das Tamagotchi. Im Grunde nicht mehr als ein Videospiel, musste das Tamagotchi rund um die Uhr gepäppelt, gepflegt, gefüttert und mit Antibiotika vollgepumpt werden. Konversation war fast unmöglich, da sich alles um das kleine Tierchen im quietschgelben Plastik-Ei drehte. Das Tamagotchi lebte nur einen Sommer und schon nach wenigen Monaten wollte niemand mehr etwas mit den nervigen Eiern zu tun haben.

03

Furby Das Nerv-Potential des kleinen Rackers war enorm, genau wie sein Strombedarf: Vier AA-Batterien (in den 90ern gerne mal Game-Boy-Batterien genannt) sorgten dafür, dass sich das Spielzeug bewegen konnte, dank der Sensoren konnte der Furby passend auf Musik, Sprache und Aggressionen reagieren. Eine Anekdote am Rande mag sein, dass sich Eltern zwar an der Sprache der fusseligen Quasselstrippe störten, nicht aber an der eigenwilligen Fütterungs-Methode. Das tat man nämlich nach bester Linda-Lovelace-Manier, indem man dem Furby zylindrische Gegenstände in den Mund schob. Der Karriere des Fellklumpens tat das nicht sonderlich gut...

04

Aibo Hunde, die bellen, beißen nicht – sagt man. AIBO, Sonys Artificial Intelligence Robot, konnte weder bellen noch beißen. Der Plastikunterkiefer reichte gerade mal, um sein Spielzeug, ein kleines Stäbchen, aufzuheben und durch die Gegend zu tragen. In Musikvideos sah man den elektronischen Zeitgenossen zudem regelmäßig am aufblasbaren Sofa vorbei über den pastellfarbenen Flokatiteppich wackeln.

05

Sony MiniDisc Ende 1992 war die Markteinführung des ersten MiniDisc-Walkmans. Sony erhoffte sich, dass ihre Disc die Kassette als Speichermedium ablösen würde. Anders als in Japan, wo die MD ähnlich stark verbreitet gewesen ist, wie hierzu Lande die CD, hat sich die MD bei uns nie richtig durchsetzen können. Seitdem 2003 eine große Welle MP3 Player auf den Markt kam, hat MiniDisc immer mehr abgebaut. Wegen der zurückgehenden Nachfrage wurde Ende letzten Jahres die Herstellung portabler MiniDisc-Geräte dann endgültig eingestellt.


36   Kulturgut

Kunsttipps

von

EyeOut

Text Saskia Neuman  Translation Robert Schlicht P. 41

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Gerold Miller – Set. 3. März – 14. April 2012 Galerie Mehdi Chouakri, Invalidenstr. 117, U6 Naturkundemuseum, Di–Sa 11–18 h +49-30-28 39 11 53, galerie@mehdi-chouakri.com, www.mehdi-chouakri.com

Gerold Miller – Set. (Ausstellungsansicht) Courtesy Galerie Mehdi Chouakri Foto: Jan Windszus, Berlin

Die in Gerold Millers Einzelausstellung Set. in der Galerie Mehdi Chouakri gezeigten Arbeiten spielen mit Zusammenstellungen von Form, Farbe und Kontrast. Mit grellen Rot- und Pinktönen fordert der Künstler unsere Sinne heraus und besänftigt unsere Augen mit eher verhaltenen Grau- und Silbertönen. Die Farblichkeit der Reliefs, deren Träger aus rostfreiem Stahl mit Industrielack professionell und präzise lackiert wurden, lässt durch ihre Klarheit und Reduktion deutlich werden, dass die Arbeiten eine Antwort auf den unausgesetzten Medienstrom sind und dem Blick des Betrachters eine Ruhepause gewähren. Millers Ästhetik, die an Josef Albers’ Homage to the Square erinnert, nähert sich minimalistischer Konzeptkunst an, indem sie, auf jegliche Form des persönlichen Ausdrucks verzichtend, durch die strenge Installation der Arbeiten eine Umgebung harter Kontraste schafft.

Adrian Sauer – A-Z 9. März – 21. April 2012 Klemm’s, Brunnenstr. 7, U8 Rosenthaler Platz, Di–Sa 11–18 h +49-30-40 50 49 53, info@klemms-berlin.com, www. klemms-berlin.com

Adrian Sauer – A–Z (Ausstellungsansicht) Courtesy Klemm’s, Berlin

In seiner Ausstellung A–Z bei Klemm’s beschäftigt Adrian Sauer sich mithilfe von Fotografie und Video mit dem Kontext unseres Erwerbs von Informationen. Seine Arbeit A–Z Brockhaus, 2012, die sich auf den Bedeutungsverlust der veralteten deutschen Brockhaus-Enzyklopädie bezieht, eröffnet einen Diskurs über die Gültigkeit und die Quellen von Informationen. Indem der Künstler 38 akkurat aufgenommene Fotografien von den Kartonschubern der Enzyklopädie seiner Videoarbeit Laptop/Screensaver, 2011, gegenüberstellt, hinterfragt er auf subtile Weise, wie wir uns Informationen aneignen: von dem „gesicherten“ enzyklopädischen Wissen, wie es der Brockhaus bietet, bis zu den aus undurchsichtigen Quellen stammenden Informationen auf Internetseiten wie Wikipedia. Sauer illustriert die Semantik des Bildes und führt dabei vor Augen, wie in der modernen Bildwelt Fotografien teilweise durch die Berechnungen der Digitalkamera erschaffen – und insofern erfunden – werden. Auf pointierte Weise hinterfragt Sauer ihre Autonomie und damit letztlich ihre wahre Bedeutung.

Miriam Cahn – Familienraum + andere Arbeiten 2. März – 21. April 2012 Meyer Riegger, Friedrichstr. 235, U6 Kochstrasse, Di–Sa 11–18 h +49-30-31 56 65 80, info@meyer-riegger.de, www.meyer-riegger.de

Miriam Cahn – Familienraum + andere Arbeiten (Ausstellungsansicht) Courtesy Meyer Riegger

In Miriam Cahns Ausstellung Familienraum + andere Arbeiten lädt die Künstlerin den Betrachter zur Kontemplation ein. Cahn, die eigentlich figurativ malt, spielt in ihrer aktuellen Einzelausstellung bei Meyer Riegger mit surrealistischen Assoziationen der Figuration und beschäftigt sich mit dem Bild des Körpers, der in ihren extrem farbigen Ölbildern lebhaft in Erscheinung tritt. Die Künstlerin lädt uns unumwunden dazu ein, an ihrem künstlerischen Prozess teilzunehmen, indem sie uns zu einem Teil ihrer intimen, grellen Traumwelt werden lässt. Die fast retrospektive Ausstellung umfasst zwölf Ölgemälde und vier Zeichnungen aus einem Zeitraum von 1969 bis 2009. Ausgangspunkt all dieser Werke sind abstrakte Porträts von Familienmitgliedern, ihr Schauplatz ist die intuitive Landschaft der lebendigen Imagination der Künstlerin.


Mitteschön Filmtipps  37

Filmgalerie 451 presents:

DREI FRAUEN Text Silvio Neubauer

Der dritte 451-DVD-Tipp stellt sie jetzt endlich in den Mittelpunkt – die Frauen, und zwar gleich drei davon, die (wieder) zu entdecken sich lohnt! Alles beginnt mit einem Film, in dem sich dieses Trio ganz unvergesslicher Schauspielerinnen die Ehre gibt: Hannah, die älteste von drei Schwestern in New York, ist erfolgreiche Schauspielerin, glückliche Ehefrau und Vorzeige-Mutter. Ihr Mann Elliot allerdings entwickelt immer stärkere Gefühle für seine Schwägerin Lee, deren Beziehung zum älteren, misanthropen Maler Frederick auf der Kippe steht, während das Problemkind der Familie, Holly, weder privat noch beruflich Fortune hat und ganz auf die Hilfe von Hannah angewiesen ist, was alles nur verschlimmert. Da kommt deren neurotisch-hypchondrischer ExMann Mickey ins Spiel – und vielleicht wird noch alles gut...: Hannah und ihre Schwestern (1986) gehört zu Woody Allens größten Erfolgen, was neben dem Drehbuch, Michael Caine (beide Oscar prämiert) und der Musik von Cole Porter eben ganz wesentlich an dem weiblichen Ensemble liegt – allen voran Allens Partnerin und Muse Mia Farrow (als Hannah), deren charismatische Ausstrahlung schon im Jahr davor einen Schauspieler von der Leinwand in die reale Welt steigen ließ – in Purple Rose of Cairo, einer liebevollen Kino-Hommage, die auch überaus gut in den nostalgisch umwehten diesjährigen Oscar-Wettbewerb gepasst hätte.

Einen solchen Wettbewerb für sich entschieden hat sie bereits zweimal: Dianne Wiest eroberte die goldene Statuette für ihre unnachahmliche Darstellung der geplagten Holly und acht Jahre später nochmals als Filmdiva Helen Sinclair mit ihrem unsterblichen, immer wieder hervorgebrachten „Don’t talk – Sag nichts!“ in der rasend komischen 20er-Jahre-Theater-&Gangster-Komödie Bullets Over Broadway. Und schließlich, als dritte im Bunde, eine der größten unter den wenig bekannten Darstellerinnen, die auf ihre Art unvergleichliche Barbara Hershey, die als die so sehr begehrte Lee das Geschehen ganz wesentlich in Gang bringt und so zu einem emotionalen Zentrum des Films wird. Dies schafft sie sogar noch eindrucksvoller im Jahr darauf, als es ihr im eigentlich ganz von Männern dominierten Ensemble-Film Tin Men von Barry Levinson gelingt, den ausufernden Kleinkrieg zweier Blechfassadenverkäufer auf den Kopf zu stellen – mit Herz, Charakter und Verstand. Filmgalerie 451, Torstraße 231, 10115 Berlin, www.filmgalerie-berlin.de



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster  Translation P. 44

Uwe Strunk, 51 Jahre Standesbeamter am Standesamt Berlin-Mitte

Ich habe seinerzeit in Berlin eine Ausbildung zum Verwaltungsbeamten im gehobenen Dienst gemacht. Nach der Prüfung musste man innerhalb der Berliner Verwaltung mehrere Stationen durchlaufen, bei mir unter anderem auch beim Standesamt. Am Ende meiner Ausbildung bekam ich jedoch eine Planstelle beim Sozialamt im Bereich Offene Hilfen zugewiesen. Alles andere als ein Traumjob, weil man tagtäglich mit sehr viel Leid in Kontakt kommt, was mich auf Dauer bis in mein Privatleben hinein verfolgt hat. Ich habe dann versucht, in eine andere Abteilung versetzt zu werden. Nach über fünf Jahrn kam ich dann auch endlich zu meiner Wunschstelle, ins Standesamt zurück. Das war vor achtzehneinhalb Jahren. Seitdem bin ich Standesbeamter.

ation, insbesondere, weil man damit natürlich überhaupt nicht rechnet. Das Paar von meiner Ex-Chefin hat nach einer Woche dann übrigens doch noch geheiratet.

Eheschließungen machen leider nur 10% unserer Tätigkeit aus. Sie sind das Sahnehäubchen unserer Arbeit, den Rest der Zeit erledigen wir vor allem Verwaltungsarbeit. Denn um eine Ehe schließen zu können, bedarf es einiger Nachweise, gerade wenn einer der beiden Ehepartner aus dem Ausland stammt. Es kommt vor, dass uns Papiere von recht zweifelhafter Herkunft vorgelegt werden. Dann müssen wir recht aufwendige Rechercheverfahren einleiten. Und im schlimmsten Fall, wenn sich herausstellt, dass sie gefälscht sind, müssen wir auch Strafanzeige stellen.

In Erinnerung bleiben einem aber leider vor allem jene Eheschließungen, die man am Liebsten ausblenden würde. Zum Beispiel, wenn einer der beiden Ehepartner todkrank ist und man weiß, dass die Ehe nur noch von kurzer Dauer sein wird. Das nimmt einen schon sehr mit, ganz egal, wie lange man schon dabei ist.

Ich habe mittlerweile etwas über 3000 Ehen geschlossen. Da stellt sich natürlich eine gewisse Routine ein. Aber trotz dieser Erfahrung bin ich vor jeder Trauung ein bisschen nervös. Jede Eheschließung verläuft eben anders. Dadurch wird meine Arbeit aber auch nie langweilig. Nein gesagt hat bei mir zum Glück noch keiner. Aber meine ehemalige Chefin hat das schon einmal erlebt. Eine extrem unangenehme Situ-

Obwohl alle behaupten, dass immer weniger Ehen geschlossen werden, können meine Kolleginnen und Kollegen und ich das nicht bestätigen. Hier werden tendenziell immer mehr Ehen geschlossen. Viele heiraten auch ein zweites Mal. Ich habe ein und dasselbe Paar sogar schon drei Mal getraut. Jetzt müsse es doch passen, meinte der Mann bei der Anmeldung nur zu mir, immerhin hätten sie nun oft genug geübt. Es gibt eben Menschen, die können nicht ohne und nicht miteinander.

Ich selbst bin seit einem Jahr zum zweiten Mal verheiratet. Meine erste Ehefrau ist nach knapp vierundzwanzig Jahren sehr plötzlich verstorben. Meine heutige Ehefrau und ich haben allerdings nicht hier in Mitte geheiratet, dann hätten wir uns ja für einen meiner Kollegen entscheiden müssen. Nein, das wäre nicht gut gewesen. Wir haben uns bei einem gemeinsamen Freund, der in Steglitz-Zehlendorf ebenfalls Standesbeamter ist, das Ja-Wort gegeben. Die Ehe ist für mich der Anfang und der Gipfel einer jeden Kultur. Es ist einfach das Beste, das einem passieren kann.

Standesamt Berlin Mitte Parochialstraße 3 10179 Berlin standesamt@ba-mitte.verwalt-berlin.de


40   Mitte night

Dumme Jungs, Wirtshäuser und eine schweiSStreibende nacht!

Wer denkt, dass sich rustikale Holztresen nicht mit wummernden Bassboxen vertragen, liegt damit ziemlich falsch. Die Verbindung von Electro und Wirtshäusern gibt es als Veranstaltung wirklich. Raus kommt die Jägermeister Wirtshaus Tour! Dabei ist Jägermeister nicht nur das beliebteste Getränk auf der Party – er ist der Gastgeber selbst. In traditionellen Schankhäusern inklusive sportiver Kneipenspiele wie Dart, Skat und Kegeln tanzen die besten Bands aus der Dubstep- und Electroszene gemeinsam mit ihren Fans auf der Theke. Ohne elitäres VIP-Gehabe spielen sie Kicker oder schenken Getränke aus, bevor sie auf der kleinen Bühne ein intimes Konzert zum Besten geben und die Crowd zum Ausflippen bringen. Nirgendwo anders treffen Stammgast und Jungstar, Holzparkett und Neonlicht, Jukebox und Bassrolle so geballt und auf Augenhöhe aufeinander wie bei der Jägermeister Wirtshaus Tour.

Vom 29. bis 31. März traten das englische Dubstep-Trio Tek-One, die Berliner Techno-Boys Dumme Jungs und die Metalcore-Platzhirschen Eskimo Callboy in Hamburg, Berlin und Dresden vor Publikum und rockten ausgewählte urige Wirtshäuser. Wir hatten die Ehre Dumme Jungs vor der Tour zu treffen und vorzufühlen, worauf sie sich denn am meisten freuen werden. „Wir finden das Konzept auf jeden Fall sehr spannend, da man ja nur Karten gewinnen kann und nicht kaufen. Wir werden hingehen und die Wirtshäuser abreißen – das ist genau unser Ding.“ Doch wie vereint man Techno und ein Wirtshaus? „Gute Frage. Bislang haben wir uns keinen Schlachtplan überlegt, das werden wir vor Ort sehen. Wir haben eigentlich nie einen Plan, auch wenn wir sonst auf Tour sind – Einfach loslegen und schauen, was passiert ist unser Motto.“ Das Berliner Duo hat sich innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der deutschen Techno-Szene gefeiert. Auch privat trifft man die beiden ab und an mit Freunden im Wirtshaus. „Wir mögen den Charme. Bei uns im Kiez saßen wir gerne mal in der Kneipe, haben auch den ein oder anderen Geburtstag dort gefeiert. Es war immer lustig.“ Als erstes Signing auf dem Label „Techno Changed My Life“ setzen Dumme Jungs ihren Siegeszug fort. Mit ihren Live-Auftritten in den Locations der Jägermeister Wirtshaus Tour haben sie mit Sicherheit auch das Leben der Gäste musikalisch verändert. Und eine Sache war den Jungs schon vorab klar: „Wir trinken gerne Jägermeister. Also eine Flasche kommt an so einem Abend sicherlich weg.“ Mehr Informationen findet ihr auf: www.das-wirtshaus.de, www.facebook.com/JaegermeisterWirtshausTour www.facebook.com/dummejungs


English Translations  41

Events (p. 8)

table in part to the melancholic, fragile voice of the

ever-changing influences are probably the reason

singer, and also to the fact that they record in unusual

for their extremely varied post-rock sound. After the

PICTOPLASMA FESTIVAL 2012

places like historic buildings such as churches or old

first EP DNA was released, the instrumental trio from

Festival

abandoned grain silos. No additional studio effects

Northern Italy was one of the first bands to play a

11 to 15 April

are required. With their brand new album New Wild

deep-electro sets wearing Rock robes and combine

Eyeless monsters made of felt

Everywhere, which will be released in April, the Great

electro bass synths with real drums. The brilliant

gnashing their teeth - Joshua

Lake Swimmers will be appearing with the Canadian

blend of experimental rock, downtempo and dubs-

Ben Longo’s soft sculptures are

slow-folk duo Slow Barzin as tour support in the HBC.

tep gives a completely different, energetic electronic

both disturbing and fascina-

.HBC

live sound.

Karl-Liebknecht-Strasse 9

Their third album, Black Rainbow, released in 2011,

ting. The designer’s vicious creatures are the main the-

is impressive with its hypnotic dub. Their global col-

matic figures of this year's Pictoplasma Festival: PostDigital Monsters. After digital processing, engineered

4th Long Night at the

laborations with artists from independent dubstep,

global communications and the fleetingness of the

Opera and Theater

dance and hip-hop scene, and their re-mixes and fea-

virtual, designers and artists are again betting on the

Festival

turings can now be heard on Black Rainbow Remixes,

durability and feel of analog media. The most popular

Admission: Combined ticket

which is available in stores in April. What rocks on

materials are bronze, wool, wood, glass, porcelain and

for all stages, shuttle buses

records, only really comes alive when heard live. And

felt. The monstrosity of the digital culture, it’s princip-

and ÖNV, €15

since Aucan doesn’t fit into any old club with their

les of copy&paste, reduction and perfection are being

28 April, Ophelia at 9:20 pm

alternative sound, come convince yourself in the

looked. We’re reflecting on the latest trends in the are-

and 10:30 pm, L'Orfeo at 7, 8

Artspace Naherholung Sternchen in the Mitte!

as of character and graphic design, illustration and fa-

and 9 pm

Naherholung Sternchen

shion, animation, motion graphics, painting, sculpture

“All the world’s a stage” again in late April when a

and urban art. The Festival celebrates creating charac-

total of 57 theaters raise their curtains to whet our

Berolina Strasse 7

ters and their worlds. It includes exhibitions, films,

appetites for their current and upcoming produc-

FRank

performances, parties, jam sessions, conference pre-

tions. Large and small off-stages, which are otherwi-

through a mind

horvat:

a

trip

sentations, and a character walk through 20 galleries

se usually in the shadows, will be participating. Like

Exhibition

and project spaces. Your own creativity can be utilized

Brotfabrik, which will offer 40 events from children's

16 March to 29 April

in various workshops: In addition to sound creatures,

theater in the afternoon to performances, shows,

Opening hours: We to Sa, 2 –

drawing courses, 3D illustration, glass blowing, anima-

films and interviews with theater professionals until

6 pm

tion of everyday objects and live performance art, you

after midnight. Berlin acting students will be looking

With A Trip Through A Mind

can also help create the largest fabric monster ever!

at Shakespeare’s Hamlet from a female perspective

(The iPad Exhibition) the

Babylon, Rosa-Luxemburg-Strasse 30

in Ophelia. It’s love, suffering and madness all inex-

gallery hiltawsky is showing the impressive work of

HBC, Karl-Liebknecht-Strasse 9

cricably meshed here. The HAU 1, known for young

Italian photographer Frank Horvat. Three exemplary

www.pictoplasma.com

international and experimental theater, is presen-

works consisting of twelve chapters out of his 65-ye-

ting a preview of the show L'Orfeo. It stars Peaches

ar-old (!) work history are included. Frank Horvat was

GREAT LAKE SWIMMERS

in the title role and premiers on 1 May. In Claudio

born in 1928 in Italy, and is one of the few living le-

Folk Rock

Monteverdi's Favola in Musica about the Greek my-

gends of photography. His oeuvre includes all genres

20 April

thical figures Orpheus and Eurydice, Peaches plays

- from fashion photography to classic and exotic tra-

Admission: tickets in advance

an alter ego searching for insight into her artist's life.

vel documentation to nude photography. His pictures

€15 plus fees, Box office € 19

This electro punk brat conquers the Underworld and

have been published in all major magazines and have

Doors open: 8 pm

now even the genre of opera together with six opera

been on display in New York, Paris, London, Berlin

Show begins: 9 pm

singers and the ensemble, Kaleidoscop.

and Prague. Frank Horvat has now decided to make

This Canadian import already has more than ten years

Brotfabrik, Caligari Platz 1

his complete works available as an iPad app, on which

experience and five albums under his belt. Originally

HAU1, Stresemann Strasse 29

he himself worked. Horvatland takes us on a virtual

intended as a solo project for Tony Dekker, the Great

www.langenacht.berlin-buehnen.de

journey through his thoughts and imagery. Or, as the artist himself says: “It's like a network, or a laby-

Lake Swimmers performed as a band with varying members and released their debut in 2003. The name

Aucan

rinth, in which the viewer can find his way, or lose his

refers to the Great Lakes (Erie, Ontario and Huron) of

Postrock

way, or stop, or skip, or remember, or forget. As if he

Dekker’s native Canada. The name is a tribute to the

6 April, 21 Uhr

were wandering through my mind”. On a total of four

marathon swimmers who swam them. The Great Lake

Admission: 10€

iPads, which are available in the gallery, visitors can

Swimmers have already performed with Calexico,

Aucan is more than a band.

see two thousand of nearly one million photographs,

Hayden, Sloan, Goldfrapp and Bill Callahan of Smog.

The members also work

listen to commentaries and interviews. Distinction:

Feist and Robert Plant personally supported the folk-

on their own art projects,

highly recommended!

rock group by opening concerts and going on tours

recordings and re-mixes,

galerie hiltawsky

with them. The songs’ special atmosphere is attribu-

which they release on independent labels. These

Tucholskystraße 4


42   English Translations

Miriam Cahn -

take our apartments as an example. Whereas we used

Family Space +

to buy a quality sofa cushion that would last forever,

Gerold Miller –

Other Works

now it could a bit cheaper and inferior. But for that,

Set.

2 Mar to 21 Ap 2012

it was frequently replaced. Cotton pastels for sum-

3 Mar to 14 Apr

Meyer Riegger,

mer and black velvet for winter. Even with food there

Galerie Mehdi Chouakri,

Friedrichstr. 235

was Spring/Summer and Autumn/Winter collections

Invalidenstr. 117

Tue to Sat, 11 am – 6 pm

of chocolates or even limited editions of yogurt. But

Thu to Sat , 11 am – 6 pm

In Miriam Cahn’s Familien-

then came the new millennium. From a never-en-

as

raum + andere Arbeiten (Family Space + Other Works)

ding financial crisis to Fukushima – many are asking

featured in his solo exhibi-

the artist invites the viewer into a contemplative state

themselves whether all this can go on. Those who

tion, Set., at Galerie Mehdi Chouakri, is a play on the

of mind. Although a figurative painter, in her latest

don’t manage their resources will eventually pay a

compilation of form, color, and contrast. The artist

solo exhibition at Meyer Riegger Cahn plays with sur-

price. This should be clear to all of us by now. Para-

challenges our senses with shocking reds and pinks,

realist associations of figuration, engaging with the

doxically, this insight comes from exactly the system

and soothes our eyes with more restrained grays and

image of the body, seen vibrantly in her wildly colorful

that got us into this, fashion.

silvers. The chromatic appearance of the reliefs, as the

oil paintings. Cahn candidly invites the viewer to par-

Mei Hui Liu has produced fashion under her label

stainless steel bases of the pieces have been professi-

ticipate in her own artistic process by including us in

Victim Fashion Street since 2000; making it out of,

onally lacquered with precision using industrial car

her intimate dazzling dream world. With retrospective

among other things, used lace and old Union Jacks.

lacquer, demonstrates that, via clarity and diminution,

intentions, the twelve oil paintings and four drawings

Today its called upcycling, but back then Hui Mei was

the works are a reply to the torrent of media we endu-

in the show span from 1969 to 2009. They all originate

often laughed at. “At first I had to fight for recogniti-

re, and provide a respite for the viewer’s gaze. Recalling

in abstract portraits of the Cahn family members, and

on, and event today a lot of people still don’t under-

Josef Albers’ Homage to the Square, Miller’s aesthetic

are set in the intuitive landscape of the artist’s own vi-

stand my stuff. I first sold it at the Portobello Market

is that of minimalist conceptual art, omitting forms of

vid imagination.

in London. They laughed at it. But those brave enough

EYEOUT Art Events (p. 36)

Gerold

Miller’s

work,

fell in love with the things, came back and wanted

personal expression for an environment of stark differences through the rigorous installation of the works.

Old clothes make

more. Some even collect my clothes.”

the man (p. 20)

Collect and wear repeatedly – you can’t get more sus-

Adrian Sauer –

Traditionally,

associate

tainable than that. “I think we’ve got to get as many

A-Z

fashion with the new eve-

resources back into the cycle as possible, and we must

9 Mar to 21 Apr

ry six months at latest. In

pay attention to quality rather than quantity, and buy

Klemm’s,

these

there

things that endure instead of cheap stuff that doesn’t

Brunnenstr. 7

seems to have been a radi-

survive the season.” No part of the collection is like

Tue to Sat, 11 am – 6 pm

cal change - "make new out

any another. What used to be excluded once – exclu-

In A-Z, at Klemm’s, Adrian

of old." Recycling’s out. That was yesterday. Now it’s

sivity and sustainability – is relative today. A similar

Sauer

photogra-

upcycling. It’s the process of getting more value out of

concept drives the two designers from the Berlin-

phy and video to communi-

what you already have. It seems impossible in an in-

based label Schmidttakahashi. “We officially started

cate the context in which we absorb information. By

dustry that is always hungry for the latest trend, yet

in 2010, but we developed the idea of upcycling while

addressing, in his piece A-Z Brockhaus, 2012, the lack

does indeed work. We spoke with designers and experts.

we were still studying. We founded the label after

employs

tough

we

times,

graduating from university”, said Mariko Takahashi

of prominence of the outdated German encyclopedia Brockhaus. Sauer initiates discourse on the validity

In the Nineties of the 20th Century we thought we

whose colleague, Eugenie Smith, is in Paris for Fa-

of information and how it is sourced. Juxtaposing 38

were safe. The Cold War was over, and another one

shion Week.

meticulous photographs of the Brockhaus cardboard

seemed unlikely. It would be only a matter of time be-

Schmidt and Takahashi collect old clothes. You can

cases with his ephemeral video work, Laptop/Screen-

fore democratic governments would spread well into

drop them off in their Kreuzberg studio. They move

saver, 2011, the artist is subtly challenging how we

every corner of the world. At long last we could finally

with their collection containers around the world.

appropriate information: from the “confirmed” en-

do without disturbance what we already did best –

It’s already been in New York City, Kyoto, Darmstadt

cyclopedic knowledge provided by Brockhaus to the

consume. More and more. Companies were happy

and Vienna. “If we are invited to events or an exhibi-

mysteriously sourced information from Internet sites

– perpetual growth could finally begin. There was

tion, we take it with us and people bring us their used

such as Wikipedia. Sauer illustrates the semantics of

only one problem: everyone had everything already.

clothing.” The old clothes are then taken apart, mixed

the image, highlighting how in modern imagery the

Problem? Ha! Laughable! If consumers don’t need

with other pieces and then processed into all-new

photograph is partly created by the digital cameras’

anything new, then new needs need to be created.

collections. “We’re interested in the individual cha-

calculations, and therefore invented. Sauer poignantly

Let’s look at a system that imposes something new on

racter of a garment, depending on which person has

questions its autonomy and, as a result, its true me-

us at least every six months: fashion. The well-proven

owned it. Today's clothing is mostly mass-produced

aning.

system had worked flawlessly since the Sixties. Who

and the supply is increasingly similar, even globally.

wants to walk around in rags when the girl next door

But still, there is always some individuality in it, not

looks fabulous in the latest look?

only from the visual aspect. Perhaps because clothing

From then on everything was subject to fashion. Let's

is always very close to the body.” What interested no


English Translations  43

one a decade ago, is now presented as pret-a-porter

But what about the price of sustainable goods? Lo-

real Berlin institutions (They’re in alphabetical order

in Paris. “We’re often surprised that our concept and

cally products made by hand are often more expen-

because we couldn’t decide which one we like best).

our products are very well accepted. Signs of wear or

sive than mass-produced, even if the raw material is

Besenkammer

qualitative differences in the base material hardly

cheaper; it’s usually the labor costs that determine

The Besenkamer Bar (“Broom Closet Bar” in German) is

disturbs people” Although recycled, pardon, upcyc-

the price of a product. Are consumers willing to pay

tucked away under the Alexanderplatz S-Bahn near the

led, the collection has nothing to do with what used

that price? “Consumers pay according to the value

Cubix cinema. Even though it’s small, they proclaim in

to be called “granola fashion” Like any other collec-

the product gives them. Mass produced products

writing outside that they’re the scene pub and they’re a

tion, Schmidttakahashi’s collection expresses a cer-

are often cheaper, but they lack some qualities. Con-

place where you’ll feel good. The Besenkammer is open

tain mood and gives a complete picture. Only the de-

sumers increasingly appreciate the value that local

365 days a year. Sometimes it's empty and sad, and

signers’ starting point is different. The material, the

products offer if they know where they come from

other sometimes it is jam-packed and rocks to hits of

used garment, also serves as a source of inspiration.

and who made it, and under fair conditions.” For food,

decades past. In any case, the “Besi” is always good for

In Berlin there are now five sustainable fashion shows

this trend has already arrived, so everything else will

a Jägermeister.

during Fashion Week. The labels that present there

follow.

Rathaus Strasse 1 Mitte

are still considered exotic. The sustainability of their clothes means a unique selling point, a competitive

New or old? -

Brotgarten

edge, which justifies a higher price. But sustainability

Pop-ups vs. insti-

The “Bread Garden” was around long before the or-

is likely to be a prerequisite for each label in the fu-

tustions (p. 18)

ganic wave hit. What we take for granted today was a

ture. We asked Mei Hui Liu, who has a young daugh-

The eternally new fascinates

pioneering movement when it opened in 1978, parti-

ter, whether future generations would not be disgus-

us. It’s one of the reasons why

cularly in their use of ingredients. They bake their own

ted at how carelessly we treated our resources. How

temporary shops, bars and re-

bread, even grinding the grain themselves. Because

we simply threw away the old just because we needed

staurants are so popular. But

the collective’s philosophy back then was that the ba-

something new. “I very much hope that we value

even the tried and proven has

ker shouldn’t have to wake up an ungodly hour, they

more things in the future, things that are produced

its charm. Pop-ups or city ins-

opened at 10 o’clock. That’s changed now but even the

locally and by hand: food, fashion – our whole life-

titutions, that is the question we ask.

organic-minded customer wants his brötchen early. Seeling Strasse 30

style – and also, that we will teach future generations how to do things themselves and recycle.” If you belie-

Pop-up, pop-up, pop-up. Pop-ups are popping up like

Charlottenburg

ve Michiel Schwarz and Joost Elffers, then this process

mushrooms all over the place. Even Zalando Internet

www.brotgarten.de

is already underway. They envision a new era in their

retailer opened its doors for only three days in the

Clärchens Ballhaus

book, “Sustainism Is the New Modernism: A Cultural

Weinmeister Strasse in early March. Yet, it all began so

Even if most of our readers know Clärchens, no list of

Manifesto for the Sustainist Era.” According to Black:

exclusively.

city institutions is complete without it. Besides, ma-

"If sustainability is the movement, then sustainism is

The concept of a pop-up is now no longer quite so new.

naging director Christian Schulz knows the ultimate

the culture that allows for a sustainable world. Sustai-

Rei Kawakubo, head of the cult Japanese label Comme

party wisdom. To our question, how do you manage to

nism is a new mindset. A paradigm shift from the mo-

des Garcons opened the first pop-up store (back then

keep the ballroom’s legendary reputation, he answers:

dern to the postmodern to sustainism is taking place.

they called it guerilla store) in Chaussee Strasse in

“By doing what’s always been done, make people

This goes far beyond ‘being green’. The new lifestyle

2004, long before there was ever a single coffee shop

dance. Drinking they can do by themselves... ”

is connected, local and sustainable.” If modernity is

in sight. (They followed of course, and the area became

August Strasse 24

based on the belief of perpetual growth, then sus-

trendy.) The store, which existed for a year, sold mainly

Mitte

tainism is based on the exact opposite, namely that

surpluses from other Comme stores. Because of its tem-

www.ballhaus.de

growth is finite – for ecological and social reasons.

porariness, the articles took on a sort of last season ex-

Erotica Sex Shop

Questions about growth and size should be reworded

clusivity.Meanwhile, the concept has established itself

Since the clothing store Apartment opened around the

as issues of proportionality. Instead of growth at any

worldwide and even expanded to other industries. The-

corner in the Memhards Strasse in the mid-noughties,

price—as is the case in modern times – values such

re is hardly anything left that they don’t want to give

the Rosa Luxembourg Strasse has developed into

as carefulness should be focused on, otherwise basic

a special flair to by limiting it – bars, restaurants, even

small, fine shopping area. While many a shop has

(life) skills will be lost. Today fashion chains like Zara

hotels. (In Mexico, the Design Hotels group created the

come and gone, the only place that’s been constantly

and H&M bring new collections out every six weeks –

Papaya Playa, a pop-up resort, with Katerholzig ear-

open is the sex shop. You’ll find everything your horny

it is fashion you can throw away? “We’re entering an

lier this year). What was still underground in the case

heart could wish for in Erotica: from DVDs to the live

age when we put stock value on things that can be re-

of Rei Kawakubo, and spread only by word-of-mouth

strip shows and even an affair room (2 hours for 2 per-

used, rather than thrown away. We’re seeing a cultural

advertising, is now used as a professional marketing

sons cost €20 and includes fresh linens).

trend towards recycling and redesigning, rather than

tool. Hardly a week passes without press agents’ flyers

Rosa Luxembourg Strasse 23

being fixated only on the latest. Upcycling fashion is

landing in the mailbox announcing a new pop-up. You

Mitte

part of a cultural change. It’s one change that’s not

can smell the stench of artificially generated hype on

www.erotica-berlin.de

just about environmental sustainability, but also a

most of them from miles away Besides, the hunt for the

Fleischerei („Butcher“) Domke

culture of sharing and loaning. “Less is more” was yes-

ever new gets tiring. And so we here at MITTESCHÖN are

There are hardly any independent butchers in Berlin

terday. “Do more with less” is today.

going to make our way in search of the tried and true,

anymore. If you’re not a fan of supermarket-packed


44   English Translations

Wurst, then check out Domke Butchers in Warschauer

trousers. Nowadays everything is bought new so that

included the registry office. At the end of my train-

Strasse. On weekdays, they serve filling lunches of Ger-

kids look as pretty as the photo-shopped kids from

ing I was assigned to the Sozialamt. It was no dream

man specialties. And what construction workers like

the H&M catalog and can even compete with them in

job because I had to deal with a lot of pain every day,

during their breaks, tastes just as good for the hung-

terms of hipness.

which affected me privately in the long run. I tried

over Friedrichshainer.

However, as any halfway-experienced mother knows,

to get transferred to another department, and after

Warschauer Strasse 64

children's outfits will stop being clean forever the se-

more than five years, I finally got my dream job in the

Friedrichshain

cond the darlings leave the house. My daughter, for

registry office. That was eighteen and a half years ago.

KaDeWe

example, would be a perfectly suitable test-child for

Since then, I've been a registrar.

Even if the designer clothes at Barney's in New York are

a new detergent because she’s incredibly talented in

Unfortunately, marriages only make up 10% of our

even more exclusive, and the Food Hall at Selfridge's in

soiling new T-shirts with indefinable and irremovable

work. They’re the icing on the cake. The rest of the

London is a bit more modern - Berlin has the KaDeWe

stains.

time we’re doing administrative work because mar-

department store. It’s too crowded on Saturdays, but a

To do something about this growing trend of dispo-

riages require several documents, especially if one

quick stop at one of the champagne bars on the sixth

sable children's clothes, I've thinking about an easy

of the partners is a foreigner. We’re often presented

floor on a weekday afternoon is always worthwhile.

solution to this problem. Instead of buying stain re-

papers of dubious origin, and then we have to begin a

This is where you can see old Berlin spending its mo-

mover, I buy a cool patch and I iron it on—making the

very complex investigation process. And in the worst

ney, or this is where Grunewald starts.

T-shirt look brand new again.

case, if it turns out that they are forged, we must file

Tauentzienstraße 21-24

And pants that are too small for my daughter don’t

charges.

Schöneberg

land in the used clothes container anymore; instead

I’ve performed a little over 3,000 marriages. Natural-

www.kadewe.de

I let them out just like my grandmother used to do.

ly I have a certain routine. But despite all my experi-

Kumpelnest 3000

That little bit of seam that is sewn into the pants in-

ence, I’m still a little nervous before every ceremony.

This bar is not easy to describe. They describe them-

side becomes as an extension. Or you sew a colorful

Every marriage is different. In this way, my work is

selves on their website as the classic, crash and burn

piece of cloth to the end of the pants and convince

never boring. Happily, no one’s ever said, “I don’t”. But

bar in Berlin. A friend tried it this way: “Bit like Roses

your kids it’s a personal statement. I bought that until

my previous boss experienced it. An extremely un-

in Oranienstrasse. And the only shop in Berlin, where

at least my tenth birthday.

comfortable situation, especially because you’re not

even when I’m drunk, I permanently check if my wallet

In any case, it doesn’t hurt to introduce kids to susta-

at all expecting it. The couple married a week later,

is still there.” Transsexuals, Schöneberger types, taxi

inability and sensitize them through workshops such

by the way.

drivers after their shifts... Sounds like fun!

as those offered in the children's show Willkommen@

Although everyone says that fewer and fewer people

Lützow Strasse 23

Hotel Global Hotel in the FEZ-Berlin.

are getting married, my colleagues and I can’t confirm

Tiergarten

You can practice at home with them with the book

that. There tend to be more marriages performed, and

kumpelnest3000.com

Zehn Sachen kann ich machen für unsere Erde (“Ten

many people marry a second time. In fact, I married

things I can do for our earth” our translation). They

one couple three times. When he was filling out his

We Mitte

might soon understand that when you ask them to

application, he said, it’s got to work this time; after all,

Mums (p. 33)

turn off the water while brushing their teeth, your

we’ve had enough practice. For some people it’s not

Even if its hard to re-

request isn’t a harassment tactic, but is an attempt to

just possible with or without each other.

member there was a

save the world and reduce your electricity bill.

Unfortunately, I remember most those marriages

time before H&M: when

For those of you who want to creatively recycle waste

that I would most like to forget. For example, if one of

you used to have friends

yourselves, look out for the book “Aus alt mach neu”

the spouses was terminally ill and you knew that the

bring back cool clothes

(“New for old” our translation), which is a treasure tro-

marriage would only be for a short time. It’s very hard

from London, and you

ve of tips and ideas on tinkering. In particular, toilet

to deal with something like that, even if you’ve been

had to patch all your favorite sweaters before they fell

paper rolls are ideal for making many strange const-

doing the job for a long time.

completely apart. Today, however, you can get this sum-

ructions. Just stick two cardboard ears on one, paint a

I’m married for the second time, and we’ve been

mer outfits in that Mango store which is just around

face and mustache and you instantly have an Easter

married for a year. My first wife died very suddenly

the corner, or order the latest fashions at home with the

egg holder.

after almost twenty-four years. My current wife and I weren’t married here in Mitte because we would have

click of a mouse. Berlin Faces

had to decide on one of my colleagues. That wouldn’t

Children's clothing, once the smasher of every

(p. 38)

have been good. We asked a mutual friend who’s also

household budget, are now more affordable than

Uwe Strunk, 51-years-old

a registrar in Steglitz-Zehlendorf.

ever. Patches are a foreign concept for modern mo-

registrar at the registry of-

thers. Why should she spend money on repairing a

fice in Berlin Mitte

Marriage is the beginning and the peak of each cul-

pair of pants when she can buy new ones for the same

I trained in Berlin to be

ture. It’is simply the best thing that can happen to

amount of money?

a senior official in social

one.

Gone are the days when all us kids ran around with

services. After my exam,

red leather heart patches on our knees, and our moms

I had to work in various

forced us girls to wear our big brother’s worn-out

administration sections throughout Berlin, and that


mongrels spring / summer 2012

N EW

shop I tieckstr. 29 I 10115 berlin I mongrelsincommon.com I

SHOP IN BE RL

IN

Mitteschön Verlosung 45   English Translations

Urbanes Lebensgefühl Als es vergangenes Jahr hieß: Urban Outfitters öffnet seine Pforten in der Weinmeisterstraße in Mitte, führte das zur allgemeinen Erleichterung und Vorfreude der modebewussten Berliner. Seit Januar können wir nun endlich auch in der Hauptstadt die trendbewussten Styles von Urban Outfitters kaufen und uns durch dänisches Vintage-Interieur inspirieren lassen. Sowohl für Frauen als auch für Männer ist in jeder Hinsicht gesorgt: Ob vielseitige Kleidung, schöne Taschen, außergewöhnliche Schuhe, auffallender Schmuck, Kameras oder urbane Wohnaccessoires – Urban Outfitters lässt uns rundum gut aussehen. Seit Mitte März strahlt nun auch der Kurfürstendamm urban und lädt auf drei Etagen zum Shoppen ein. Der Store vereint dänische Möbel mit Berliner Vintage-Stücken und strahlt so mit namhaften Labels wie Cheap Monday, Dr Denim, Nudie, Edwin, Farah Vintage, Fred Perry, Suit, Penfield uvm. um die Wette. Ihr wollt nicht länger nur davon lesen, sondern selbst einkaufen? Urban Outfitters und Mitteschön verlosen zwei Gutscheine im Wert von je 100€. Die Verlosung ist ab sofort online auf www.mitteschoen.com.


46   Kolumne

Ist das Kunst oder kann das weg? Text Oliver Janik

Illustration Nicole Pieloth

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten.

Neulich war ich mal wieder in meinem Lieblings-Concept-Store, Greifswalder Straße. Ich weiß, die (also die Greifswalder) ist jetzt nicht gerade der heißeste Szene-Strip in Mitte oder P-Berg, sollte man aber keinesfalls unterschätzen. Und der (also der Store), den ich meine, bringt all das mit, was ich von einem Concept Store erwarte, und das ist zunächst mal ein Konzept. Und hier heißt das: Angebot von Produkten und deren Verkauf an Kunden. Verrückt ist das, beinahe zynisch. Und wie das dann daherkommt (also das Store-Konzept) ist nicht nur geradlinig, minimalistisch und konsequent, nicht nur bedingungslos in seiner Stringenz und „no bullshit attitude“, nein, ich spreche hier von der Urmutter des Reduktionismus im Bereich Point of Sale. Die konzeptionelle Härte verbietet selbstredend ein hippes Instoredesign, auf ein Musikkonzept (mit/ ohne Live DJ) wird komplett verzichtet. Verzicht auch auf ein sensibles Beleuchtungskonzept, sondern vielmehr Licht-„in-the-face“. Rumms. Der Gipfel der Arroganz in punkto Customer Experience: Service findet ebenfalls in minimalistischem Rahmen statt (Ware gegen Euro), die Servicekräfte werden erst gar nicht umständlich aus Mitte-Clubs weg gecastet, sondern haben eine Fachausbildung. Denn: nichts und auch gar nichts soll vom Produkt ablenken. „The Key is in the product“, das wusste schon Bill Bernbach (19111982), das „B“ in DDB, und einer der Godfathers of Advertising. Und das Produkt hier beschränkt sich dogmatisch auf Tierprodukte 1. und 2. Ordnung, ein Foodconcept also. Last but not least ist sogar der Name „so no-nonsense“: Fleischerei Gerlach. Jaja, witzig, aber so langsam kommt es mir vor, als müsse man den Einzelhandel als Kunstform begreifen, so ein Theater wird darum gemacht. Und wenn man den hysterisch-euphorisierten Redakteuren all der zentimeterdicken, kiloschweren auf 150g-

Papier gedruckten und in Traumfonts gesetzten Style-Art-UrbanBoheme -sonst was -Coffee-Table-Magazine Glauben schenken darf, so sind Concept Stores heute und in naher und ferner der Zukunft der heißeste Scheiß. Aber, Menschen, die Geschäfte einrichten gab es immer schon und dass man sich neben dem Sortiment einigermaßen ernsthafte Gedanken um das Drumrum gemacht hat ist nicht ganz neu. Dass also Service, Beleuchtung, Musik, Geruch usw. nicht nur Hygienefaktoren sind, und das alles von mir aus auch „konzeptionell stimmig“ sein muss, habe ich ja auch verstanden. Warum jetzt aber alle Welt inzwischen so tut, als müsse der Besuch eines Concept Stores der natürliche Höhepunkt einer sorgsam kuratierten High-end Kunstführung durch Berlin sein (also vor/nach Boros Bunker, C/O, den Potsdamer Straße Galerien und sofort) bleibt rätselhaft. Mein Hauptproblem damit ist, dass sich gerade in Concept Stores für mich meist nicht erschließen will a) was eigentlich jetzt genau das Konzept ist und b) wozu es gut sein soll, neben c) was daraus jetzt plötzlich einen Concept Store macht. Also: wo ist die Demarkationslinie, was unterscheidet einen Store (oder ein Geschäft) von einem Concept Store? Vermutlich das Vorhandensein eines Konzepts. Im Idealfall erschließt sich das aber dem Kunden im Laufe seiner Anwesenheit. Und noch idealer bedeutet es ihm etwas. Sei’s drum. Mein Zweitlieblings Concept Store ist übrigens der Kiosk am Rosa-Luxemburg-Platz. Ziemlich einfach zu verstehen: wir verkaufen so ziemlich alles und sind dabei konsequent und berechenbar unfreundlich.


Stadtplan  47

Legende Kultur/Freizeit

Bars/Cafés/Clubs

Läden

1. Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30

8. .HBC, Karl-Liebknecht-Straße 9

15. Erotica Sex-Shop, Rosa-Luxemburg-Straße 23

2. HAU1, Stresemannstraße 29

9. Comet Club, Falckensteinstraße 47

16. Fleischerei Domke, Warschauer Straße 64

3. Brotfabrik, Caligariplatz 1

10. Drayton Bar, Behrenstraße 55

17. KaDeWe, Tauentzienstraße 21 bis 24

4. Naherholung Sternchen, Berolinastraße 7

11. Besenkammer, Rathausstraße 1

18. Antique & Vintage Jewellery, Linienstraße 44

5. galerie hiltawsky, Tucholskystraße 4

12. Brotgarten, Seelingstraße 30

19. Filmgalerie 451, Torstraße 231

6. FEZ-Berlin, Straße zum FEZ 2

13. Clärchens Ballhaus, Auguststraße 24

7. Standesamt Berlin Mitte, Parochialstraße 3

14. Kumpelnest 3000, Lützowstraße 23


WER JUNG BLEIBEN WILL

MUSS FRÜH DAMIT ANFANGEN.

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