Mitteschön Magazin - Ausgabe 14

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„Die Kunst ist kein heiliger Gral, den es gegen jeden ökomischen Zugriff zu schützen gilt. Aber wenn der ökonomische Aspekt zu sehr im Mittelpunkt steht, wird es langweilig.“

Wie kommt man dazu Kunst zu sammeln? Ich habe eigentlich schon angefangen, Kunst zu sammeln, als ich noch selbst an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert habe. Meine Kommilitonen und ich haben damals unsere Werke schlicht und ergreifend untereinander getauscht. So richtig klassisch angefangen, Kunst zu sammeln, habe ich aber erst vor zehn Jahren mit einer Arbeit von Raymond Pettibon, der unter anderem auch das Cover zu dem Sonic Youth Album Goo gezeichnet hat. Nach welchen Kriterien gehst du bei dem Kauf eines Kunstwerks vor: Nach persönlicher Präferenz oder zukünftiger Wertentwicklung? Mir geht es nie um eine Investition, sondern immer um die Arbeiten selbst. Mich interessiert die Schnittstelle, an der Kunst eine Geschichte zu erzählen scheint, die sich letztlich auflöst, weil sie sich dem Zugriff durch komplette Erklärbarkeit entzieht. Glücklicherweise gibt es immer noch eine ganze Menge unbekannter Sammler, die einzig und allein wegen der Sache Kunst sammeln und denen es ebenso wenig wie mir darum geht, mit ihrer Sammlung möglichst viel Geld oder Prestige anzuhäufen. Früher, in den 70er Jahren, war Kunstsammeln auch im bürgerlichen Milieu sehr beliebt. Ist das heute immer noch so weit verbreitet? Zumindest die Zahlen sprechen dafür. Die Frage ist nur, aus welcher Motivation he-

raus heutzutage Kunst gesammelt wird. Viele betrachten Kunst heute als eine Art Investition, ähnlich wie einen Immobilienkauf.  Demzufolge sind vor allem Künstler sehr gefragt, die schon bekannt sind oder denen ein hoher Bekanntheitsgrad vorausgesagt wird. Man darf bei dieser Diskussion aber nicht vergessen, dass heutzutage ganz anders produziert wird als noch in den 70ern, als es viel Installationskunst gab, die nicht verkäuflich war und – wenn überhaupt – nur von Institutionen erworben wurde. Andererseits gab es damals auch sehr viele Drucke, die selbst für den normal verdienenden Kunstbegeisterten erschwinglich waren. Wohingegen es heute eher käufliche Unikate gibt, für die man auch den dementsprechenden Preis zahlen muss. Aber nicht nur bei den Kunstsammlern hat sich die Motivation für das Interesse an der Kunst verändert. Auch viele Künstler gehen mit einer ganz anderen Einstellung an die Sache heran.... ...und denken zu sehr an den ökonomischen Aspekt ihrer Kunst? Die Kunst ist ja kein heiliger Gral, den es gegen jeden ökonomischen Zugriff zu schützen gilt. Aber wenn der ökonomische Aspekt zu sehr im Mittelpunkt steht, dann wird die Kunst beliebig und langweilig. Es sei denn, man treibt es mit der Beliebigkeit auf die Spitze, wobei in diesem Punkt Jeff Koons ohnehin schon der König ist, weshalb meiner Meinung nach selbst der künstlerische Umgang mit der Beliebigkeit schon ziemlich ausgereizt ist.


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