Investment + Highlife

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Institutional

Trotz knappem Risikobudget zum Renditeziel von Hauke Hess und Dr. Dirk Rogowski, Geschäftsführer der Veritas Institutional GmbH

Früher war Risikomanagement vergleichsweise einfach: Am Jahresanfang wurde ein Risikobudget festgelegt, also ein Limit für tolerierbare Verluste. War dieses Budget zur Hälfte aufgezehrt, erhielt der Asset Manager eine Verwarnung – war es vollends aufgebraucht, wurde er meist abgelöst. Bis man einen Nachfolger gefunden hatte, hatte sich ein Teil des Risikobudgets von allein schon wieder aufgefüllt. Schließlich gab es früher auch für risikolose Anlagen am Geldmarkt eine Verzinsung. Anders ausgedrückt: Als Tagesgeld noch vier Prozent abwarf, konnten Fonds etwaige Konstruktionsfehler bei der verwendeten Portfoliotheorie leicht übertünchen. Denn die Renditeziele ließen sich mit sicheren Anlagen wie Staatsanleihen oder Pfandbriefen problemlos erreichen. Seit der Finanzkrise ist der risikolose Zins schrittweise gesunken. Mittlerweile kostet es den Asset Manager sogar Geld, wenn er seine Liquidität bei der Bank anlegt. Der „sichere“ Teil des Portfolios trägt also nicht mehr zur Renditebildung bei – sondern zehrt ebenso vom Risikobudget, wie es der „echte“ Teil des Portfolios tut, also der Teil, der dem Marktrisiko ausgesetzt ist. Die Folge ist, dass sich Fehler in Portfoliostrategien heutzutage offen zeigen. Die Zeit spielt nicht mehr für die Risikobudgets, sondern gegen sie. Früher dauerte es maximal 12 Monate, bis sich ein Risikobudget von vier Prozent wieder aufgebaut hatte. Heute verlängert sich der Zeitraum gewissermaßen ins Unendliche. Ins Risiko zu gehen, ist für den Asset Manager deshalb keine Kür mehr, um die Rendite aufzuhüb-

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schen, sondern Pflicht, um überhaupt erst eine auskömmliche Rendite zu erwirtschaften. Doch wie soll der Spagat zwischen knappem Risikobudget und geforderter Rendite gelingen? Schließlich klingt der Ruf nach höheren Aktienquoten ja zunächst einmal wie Hohn, wenn der unterjährige Verlust nie größer sein darf als, sagen wir, drei Prozent. Denn, einfache Mathematik: Bei einer Aktienquote von 20 Prozent reicht schon ein Minus von 15 Prozent, um das Risikobudget zu vernichten. Als Ausweg bleibt dann nur noch das risikolose, aber negativ verzinste Tagesgeld. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Asset Manager kann sich, anders als früher, keine Fehler mehr leisten, wenn er die vom Markt angebotenen Risikoprämien einsammeln will – zumal diese Prämien meist in kurzen, heftigen Phasen angeliefert werden, die niemand vorhersehen kann. Eine zeitgemäße Portfoliostrategie muss darum in der Lage sein, folgende Regeln einzuhalten: • Das Risikokapital darf nur mit einer verschwindend geringen Restwahrscheinlichkeit vollständig aufgebraucht werden. Und damit meinen wir deutlich geringere Wahrscheinlichkeiten als jene 1:100, wie sie sich mit dem „Value at Risk“ aussteuern lassen. Zum Glück gibt es inzwischen neuartige Risikoindikatoren, mit denen das möglich ist. • Die Portfoliokonstruktion muss die Belastung des Risikokapitals auch für den Fall von Marktverwer-


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