Investment + Highlife

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Börse

Ein Mann bewegt die Börse. US-Bestseller Autor Michael Lewis entzauberte mit seinem Buch „Flash Boys“ den Mythos des Hochfrequenzhandels. Kein Buch hat in den letzten Jahren derartig starke Spuren in der Welt von Wirtschaft und Finanzhandel hinterlassen. Michael Lewis ließ mit seinen Enthüllungen nicht nur die Kurse der Online-Broker seinerzeit um sagenhafte zehn Prozent abstürzen, sondern löste auch eine Welle von Ermittlungen aus. Öffnet der Hochfrequenzhandel Tür und Tor für Insider-Trading oder Front Running? Lewis ist sich sicher: „Ja, denn die Finanzmärkte sind manipuliert“. Das umstrittene Werk spaltet die Wallstreet. Die Flash Trader haben sogar eine eigene Lobbyvereinigung gegründet, um in Washington ihre Interessen zu vertreten und ein Hochfrequenzhändler musste seinen Börsengang, der parallel zum Erscheinen des umstrittenen Werkes stattfinden sollte, zunächst verschieben. Fürsprecher und Gegner diskutieren, ob der Hochfrequenzhandel die Märkte effizienter, schneller und stabiler macht, oder ob er einzig und alleine dazu geeignet ist, einer Elite von Händlern die schnellsten Informationen über Kurse auf dem Silbertablett zu servieren, die dann als Insider den regulären Tradern die Gewinne vor der Nase wegschnappen, bevor diese auch nur einmal blinzeln. Hochfrequenzhandel als Erfolgsmodell Als Hochfrequenzhandel wird ein ausschließlich auf Computer gestützter Handel mit Wertpapieren bezeichnet, der einen hohen Umsatz bei kurzen Haltefristen realisiert. Flash Trader verfolgen ausschließlich ein Ziel: so schnell wie möglich Zugang zum Ordergeschehen zu erlangen, um die gewinnträchtigsten und erfolgreichsten Orders und ihre Algorithmen aufzuspüren und abzuräumen. Kleinste Gewinnspannen, oft im Hundertstel Cent Bereich, machen den Umsatz aus. In den USA wurden im Jahr 2012 rund 51 Prozent aller Aktiengeschäfte durch den Hochfrequenzhandel abgewickelt, in Europa waren es 39 Prozent. Die Flash Trader messen die Handelszeit in Mikrosekunden. Für ihre Transaktionen brauchen sie teilweise nur 0,00025 Sekunden. Mit diesem für das menschliche Verständnis ungreifbar kurzen Zeitraum wickeln die Flash Boys 4.000 Trades pro Sekunde ab. Glasfaserkabel sind als schnellste Technologie bereits von gestern, heute sind Mikrowellensysteme der Königsweg zum Hochfrequenzhandel. Diese Mikrowellensysteme übertragen die Daten zwischen den Börsen und den beteiligten Rechnern.

Die Schattenwelt der Dark Pools Der Markt des Hochfrequenzhandels hat sich in den letzten zehn Jahren kontinuierlich entwickelt. Damals gaben Privatanleger in den USA ihre Orders an einen Broker, der sie an die Nasdaq oder die NYSE schickte. Der Kursmakler verglich die Order mit dem besten Angebot in seinem Orderbuch. Lag kein Angebot vor, trat der Kursmakler selbst ein und stellte Liquidität. Heute treten Flash Trader und Dark Pools, die sogenannten Schattenbörsen, an die Stelle der Kursmakler. Die Broker verkaufen ihre Kundenorders an die Dark Pools. Algorithmen entscheiden über das „Schicksal“ der Orders und darüber, wohin sie zuerst geleitet werden. Sie grasen das Orderfeld ab und stellen die Gegenseite für die Überzahl der Privatkundenorders. Ein Hochfrequenzhändler erhält für seine Anwesenheit zum Kursstellen von den Dark Pools bis zu 0,00029 US-Dollar pro Aktie. Trifft die Order nicht auf einen entsprechenden Kontrahenten, wird sie zum nächsten Pool geleitet. Erst am Ende steht die NYSE. Flash Trader haben die Auswahl zwischen mehr als vierzig Dark Pools und 13 Börsen. Ein Großteil des Aktienhandels findet inzwischen in der dunklen Schattenwelt der Dark Pools statt. In Deutschland bilden sie das Paralleluniversum zum Parkett der Deutschen Börse. Ausschließlich Großanleger haben Zugang zu diesen Dark Pools, um unter sich und unabhängig von den offiziellen Börsenmärkten zu agieren. Dabei haben sie durchaus ihre Daseinsberechtigung, denn manche Aufträge sind für die regulären Börsen einfach zu unhandlich. Diese Orders würden an den regulären Börsen für Unruhe sorgen und die Kurse entsprechend beeinflussen. Sobald Händler ihre Orders an die regulären Börsen vergeben, sehen dies auch die anderen Marktteilnehmer sofort und reagieren entsprechend. Damit lenken sie den Preis eventuell in eine ungewünschte Richtung. Um dies zu vermeiden, weichen die Händler auf die Dark Pools aus. Das Verhältnis des Aktienhandels an regulierten Börsen versus Dark Pools entspricht etwa 40:60. Ungefähr 40 Prozent des DAX-Handels finden über die Börsenplattform der Deutschen Börse (Xetra) statt. Der Rest wird über deregulierte Börsenplätze abgewickelt. Die Teilnehmer der Dark Pools beabsichtigen die Hochfrequenzhändler mit der geheimen Platzierung ihrer Orders zu umgehen, die mit ihrer Schnelligkeit durchaus dazu geeignet sind, die Märkte und Preise negativ zu beeinflussen oder gar zu manipulieren. Ihr Anteil in Europa macht rund 40 Prozent aus, in den USA sind es über 50 Prozent. Manche Börsen erreiI nvestment + High l i fe

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