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DAS ABENTEUER KINDERWUNSCH

Zwei Frauen Und Ihr Weg Zum Baby Teil 3

Keine Frage, zwei Frauen, die sich ein Kind wünschen, können dieses nicht mal eben so im heimischen Schlafzimmer (oder woanders) miteinander zeugen. Für sie sieht der Weg anders aus, anders, vielleicht auch beschwerlicher, aber er ist und bleibt ein großes Abenteuer. Für Heteropaare genauso wie für queere Paare.

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In den letzten beiden Jahren haben wir in unserem CSD Magazin bereits über den Weg zum Kind für queere Paare berichtet: Angefangen bei den rechtlichen Grundlagen im Familienrecht, über die komplexen Zusammenhänge bei der Samenspende und die Herausforderungen und Details der Stiefkindadoption.

Offene Fragen sind noch: Wie sehen die Schritte denn im Detail aus? Wie funktioniert das mit dem Kinderwunschzentrum und welche Dokumente benötigt man überhaupt?

Natürlich gibt es auch für lesbische Paare unterschiedliche Möglichkeiten ein Kind zu zeugen, aber die Option, welche rechtlich am stärksten abgesichert ist, bleibt der Weg über ein Kinderwunschzentrum.

An Wen K Nnen Wir Uns Mit Unserem Kinderwunsch

WENDEN?

Der Prozess ist eigentlich recht einfach, aber natürlich gibt es immer mal Hürden, Optionen und Anforderungen, die sich von Kinderwunschzentrum zu Kinderwunschzentrum unterscheiden. Zunächst müssen Paare mit Kinderwunsch ein entsprechendes Zentrum finden, bei dem sie sich wohlfühlen, wo sie ernstgenommen werden und bei welchem sie das Gefühl haben, dass es kein Problem ist, dass sie lesbisch sind. Einige der Kinderwunschzentren in Deutschland werben auf ihren Websites damit, dass sie auch den Kinderwunsch lesbischer Frauen oder von Single-Frauen unterstützen, für andere ist es so selbstverständlich, dass ihnen gar nicht einfällt damit zu werben und wieder andere wollen Single-Frauen oder lesbische Paare nicht betreuen. Die letzte Gruppe gibt es glücklicherweise am wenigsten häufig.

Viele Kinderwunschzentren haben aber alle Dokumente, die von Paaren ausgefüllt werden müssen, nicht nur für HeteroPaare sondern auch für lesbische Frauenpaare vorliegen.

Damit wird der Kinderwunsch eines Frauenpaares als etwas behandelt, das zur Lebensrealität dazugehört, sie werden nicht als „anders“ oder als „nachträglicher Gedanke“ behandelt, sondern mit Respekt und Würde.

WELCHE INFORMATIONEN MÜSSEN WIR PREISGEBEN?

Sobald ein Termin mit dem Kinderwunschzentrum vereinbart wurde, werden die Paare aufgefordert einige Informationen einzureichen. Dabei muss die Frau, welche das Kind austragen möchte, allerhand Fragen zu ihrem Gesundheitsstatus und ihrer medizinischen Historie beantworten und insbesondere auch gynäkologische Informationen zur Verfügung stellen. Dazu gehören beispielsweise Themen wie chronische Erkrankungen, die Monatsblutung oder vergangenen Schwangerschaften und Fehlgeburten. Die Frau, welche nicht das Kind austragen möchte (die Co-Mutter), muss hingegen deutlich weniger Informationen preisgeben, da sie nicht physisch an der Zeugung des Kindes beteiligt ist. Bei Hetero-Paaren ist der Fragebogen für den Mann deutlich länger, detaillierter und fragt viele Informationen zu seinem Gesundheitszustand ab.

Am Ende stellt das Kinderwunschzentrum dann häufig eine Diagnose, wieso eine natürliche Kindeszeugung für dieses Paar bisher nicht möglich war.

Ein lesbisches Frauenpaar im Raum Bonn hat keine eigenen Fragebögen für gleichgeschlechtliche Paare erhalten, so dass die Co-Mutter den Bogen für den Mann ausfüllen sollte. Am Ende hat der Arzt des Kinderwunschzentrums dann auch tatsächlich eine Diagnose eingetragen: Homosexuell. Ob das wirklich zeitgemäß und würdevoll ist, muss an dieser Stelle wohl kaum diskutiert werden.

WIE LÄUFT EIN TERMIN IM KINDERWUNSCHZENTRUM AB?

Für den ersten Termin müssen dann in den meisten Fällen verschiedene Dokumente, wie Personalausweise und Impfpässe mitgebracht werden.

Nach einer ersten Beratung, einer Erklärung der Behandlungskosten und der Beantwortung von allen Fragen des Paares, wird die Frau, die das Kind austragen möchte gynäkologisch untersucht. In den meisten Fällen steht dann kein weiterer Termin an, bis das Paar einen Samenspender gefunden hat und beim Notar war. In einigen Fällen fordern Kinderwunschzentren auch eine psychologische Beratung bevor mit der Behandlung weitergemacht wird. Diese Beratung ist dann aber Pflicht für queere und nicht-queere Paare, die eine Samenspende in Anspruch nehmen wollen und soll die werdenden Eltern auf die Realität einer solchen Kinderwunschbehandlung vorbereiten. Sie dauert im Schnitt etwa eine Stunde und kostet um die 100,00-150,00 €. In diesem Termin werden die zukünftigen Eltern nicht auf ihre Eignung geprüft, sie müssen nichts beweisen und sich nicht verstellen. Der Termin findet statt, um die Eltern zu unterstützen und ihnen einen Rahmen geben, damit sie ihre persönlichen und emotionalen Fragen und Themen besprechen können.

DIE GROSSE FRAGE: WELCHEN SPENDER WÄHLEN WIR AUS?

Besonders spannend wird es, wenn ein Paar versucht, sich auf einen Spender zu einigen. Dazu können sie sich (meist kostenfrei) einen Account bei den Samenbanken zulegen und die verschiedenen Spender ansehen (welche Samenbanken hierbei genutzt werden dürfen, entscheidet oft das Kinderwunschzentrum und stellt einige zur Auswahl). Meistens gibt es Filtermöglichkeiten für Faktoren wie Aussehen oder Herkunft und Kinderbilder der potentiellen Spender. Gegen einen Aufpreis sind zum Teil auch Erwachsenenbilder verfügbar. Je nach Samenbank bekommen die werdenden Eltern Informationen zu Interessen, Fähigkeiten, Beruf, Lieblingstieren,- filmen, oder-büchern. Auch die medizinische Historie des Spenders und seiner nahen Verwandten stehen oft zur Verfügung, so dass Paare sich ein umfängliches Bild des potentiellen Spenders machen können. Oft können sie auch eine Stimmprobe hören.

Hat sich ein Paar auf einen Spender geeinigt, so kann es Samenhalme erwerben und häufig auch ein Samendepot, in dem die Halme für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt werden. Die durchschnittlichen Kosten für einen Samenhalm liegen bei etwa 900,00 € (je nach Samenbank und Spender mal mehr oder weniger). Um mehr als einen Versuch im Kinderwunschzentrum zu haben und ggf. Samenhalme für die Zeugung eines Geschwisterkindes zurückbehalten zu können, kaufen die meisten Paare etwa 5-8 Halme auf einmal. Der Kauf von Spendersamen ist also recht kostspielig, weswegen sich viele lesbische Paare für einen privaten Spender entscheiden, auch wenn die rechtliche Ausgangslage in diesem Fall deutlich komplexer ist.

WICHTIGE GRUNDLAGE: DER NOTARTERMIN

Der Notartermin ist bei allen lesbischen Paaren unerlässlich. Hier muss die zukünftige Co-Mutter die Elternschaft anerkennen. In der notariell beglaubigten Vereinbarung zwischen der zukünftigen Mutter und der zukünftigen Mutter geht es um Themen wie Unterhalt und Erbe. Sie dient insbesondere der rechtlichen Absicherung der zukünftigen Mutter, des zukünftigen Kindes und des Kinderwunschzentrums. Die Kosten für diesen Termin belaufen sich in den meisten Fällen auf etwa 150,00-200,00 €.

WIE GEHT ES WEITER?

Hat das Frauenpaar sich nun für einen Spender entschieden, Samenhalme gekauft, die notariell beglaubigte Anerkennung der Elternschaft mit der Post erhalten und den psychologischen Beratungstermin wahrgenommen, so steht dem nächsten Termin im Kinderwunschzentrum nichts mehr im Wege.

Zu diesem Zeitpunkt haben die Paare zum Teil schon 10.000,00-15.000,00 € ausgegeben. Im nächsten Termin mit dem Kinderwunschzentrum wird dann konkret geplant, wie es weiter geht und wann die Insemination, stattfindet. Der Weg bis es zur Insemination und dann im Folgenden hoffentlich auch zu einem Kind kommt, ist also lang, kostspielig und zum Teil aufwendig. Man kann nur allen Paaren wünschen, dass sich die Strapazen lohnen und sie ein paar Monate später ihr kleines großes Glück im Arm halten.

Katja Effe • Lübecker CSD e.V.