kulturschwärmer Juni 2012

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Vorgänge

06.12

Online-Bettel statt Spendenbüchse Die neue Spendenmöglichkeit des Crowdfundings hat den Kinofilm „Iron Sky“ ermöglicht. Jetzt möchte auch die Magdeburger Musiksendung pop10 vom Offenen Kanal mittels Online-Spende ihr Website-Projekt durch die Masse finanzieren. ie Tragik ist Pfarrer Lars Johansen ins Gesicht geschrieben. In seiner Trauerrede (Foto) erweist er dem vom Kommerz gemeuchelten Musikfernsehen am Grab die letzte Ehre, bevor der stumme Fernseher im Grab versenkt wird. Aber in fast letzter Sekunde naht die Rettung, und auf dem totgeglaubten Bildschirm erscheint ganz und gar nicht trauermäßig: pop10... Mit dieser Aufrüttel-Botschaft, verpackt in einem Promo-Clip versucht pop10, allseits bekannter Gralshüter des Indie-Musikfernsehens (nicht nur) im hiesigen Offenen Kanal, als einer der ersten in Magdeburg, Spenden mittels Crowdfunding zu akquirieren. Das bedeutet: Es soll gespendet werden für eine gute Sache (Funding). Und das mit Kleinstbeträgen von möglichst vielen Leuten (Crowd), die sich online zusammenfinden. Die gute Sache, für die das Team um pop10-Kopf und -Gründer Maurice Gajda genau 5.427,15 Euro online sammeln will, ist eine neue Website: „Die Zeit hat sich rasend schnell verändert, die Technik ebenfalls. Wir wollen die Spendengelder nutzen, um für unser zehnjähriges Jubiläum eine neue Homepage zu erstellen“, erklärt Gajda den Hintergrund der Spendenaktion. „Dafür muss eine Agentur beauftragt werden, die alle technischen Highlights vom Chartvoting bis zum 24-StundenMusikkanal realisiert. Da kommen dann schnell 5.000 Euro zusammen.“ Da sich seit Ende 2010 auch in Deutschland die Art des Spendens den Online-Möglichkeiten angepasst hat, hat sich das pop10-Team gegen die Spendenbüchse und für das Crowdfunding entschieden. Auf diversen Internetportalen wie visionbakery.de oder startnext.de kann jeder um die Spendergunst von Otto Normalverbraucher für Projekte buhlen, die sonst aufgrund mangelnder Großsponsoren keine Chance auf eine Finanzierung hätten. Das aktuelle Paradebeispiel dafür, dass das funktionieren kann, ist der Kinofilm Iron Sky: Nur durch die (anteilige) Crowdfunding-Finanzierung, welche knapp eine Million Euro einbrachte, war es möglich, dass es die trashigen Mond-Nazis in die Kinos schafften. Die Million ist natürlich nicht das Ziel der pop10-Initiative. Und schaut man sich den aktuellen Spendenstand von knapp 1.000 Euro bei 53 Spendenwilligen an, wird schnell klar, dass „die Crowdfunding-Idee definitv interessant, aber alles andere als ein Selbstkulturschwärmer

Kino » 10

Bühne » 14

Musik » 24

torstenporstmann.com

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läufer oder Wundermittel ist.“ Das sagt Steffen Jany, Creative Director der Agentur KorrekturNACHOBEN. Er hat sich intensiv mit dem Thema Crowdfunding beschäftigt; nicht zuletzt weil einige seiner Agentur- und Privatprojekte theoretisch ebenfalls dem Crowdfunding-Gedanken entsprechen würden. „Aber um damit Erfolg zu haben, muss viel Arbeit investiert werden“, sagt Jany. Transparenz sei das A und O, ebenso wie eine gewisse persönliche Gegenleistung als Anreiz. Damit hat Steffen Jany Recht, denn letztlich ist das Crowdfunding nichts anderes als die Fortsetzung des „Bettelns“ mit anderen (online-)Mitteln. Und der aufgeklärte Spender möchte natürlich wissen, was mit seinem Geld passiert und auch gern ein gewisses Dankeschön für diese erhalten. Bei Iron Sky war Letzteres die Nennung der Spendernamen auf den Kinoleinwänden. Bei pop10 sind es Sticker-Packages oder diverse VIP-Aktionen. Je nachdem, ob man 2 Euro oder bis zu 1.000 Euro für die neue Website spenden möchte... Sollten bis 24. Juni die anvisierten 5.427,15 Euro nicht erreicht werden, ist das gespendete Geld übrigens nicht verloren: Wie alle Crowdfunding-Portale erstattet auch visionbakery bei Nichterreichen der Spendensumme den Geldbetrag an die Mäzene zurück. Was auch der Unterschied zur analogen Spendenbüchse ist: In dieser verschwinden die 2, 3 oder 500 Euro definitiv und unabhängig vom Erfolg. Das Crowdfunding hingegen wartet mit der „Geld-zurück-Garantie“ auf. Das wäre pop10-technisch aber der Worst Case. Der Best-Case wäre, wenn das erste Magdeburger Crowdfunding-Projekt für seine (Promovideo-)Mühen entlohnt und somit Vorbild wird. jd/avb Bis 24. Juni, 18.16 Uhr ist noch Zeit.... » Das Promovideo und Infos: www.visionbakery.de/vision/362

Literatur » 30

Kunst » 32

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Adressen » 58

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