Im besten Fall anwendbar – Experimente mit generativer Schriftgestaltung

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IM BESTEN FALL ANWENDBAR

Die Times New Roman, von Stanley Morrison für die Londoner «Times» entworfen, ist eine Schrift, die speziell für den Zeitungsdruck geschaffen wurde. Die Anforderung, auch auf einfachem Papier in kleinen Grössen gedruckt noch eine sehr gute Lesbarkeit zu besitzen, erfüllt die «Times» vor allem durch die kurzen und sehr kräftigen Serifen. Dem Geschäftsführer der Londoner Tageszeitung «The Times», William Lints-Smith, ist zu Ohren gekommen, dass sich der angesehene Typograf Stanley Morison abfällig über die Druckqualität seiner Zeitung geäussert habe. Am 1. August 1929 sitzen sich beide im Verlagsgebäude gegenüber, um über eine Umgestaltung des Blattes zu sprechen. Morison, seit 6 Jahren künstlerischer Berater des Satzgeräteherstellers Monotype, beeindruckt den Zeitungsmann mit guten Argumenten, worauf der ihm spontan einen Beraterjob anbietet. Mit dem Times-Grafi ker Victor Lardent entwickelt Morison die neue Schrift. Es entsteht schliesslich eine Schrift, die in ihren Umrissen der «Plantin» ähnelt, deren scharfe Serifen und stärker ausgeprägte Kontraste ihr jedoch ein Strahlen verleihen, das Monotypes «Plantin» niemals zu erreichen imstande war. Die neue Schrift erhält – ihre Vorgängerin trug bei der Times den Namen «Times Old Roman» – die Bezeichnung «Times New Roman», im US-amerikanischen Markt fällt das «New» weg, sodass die Schrift schliesslich schlicht «Times Roman» heisst. Die erste Ausgabe der Times in typografi sch neuen Kleidern erscheint am 3.10.1932. Im Computerzeitalter ist die «Times Roman» von Anfang an mit dabei: Sie wird von Adobe in den Anfangsbestand der Postscript-Schriften übernommen und ist damit vom Start weg auf allen postscript-fähigen Laserdruckern verfügbar. Als «Times Roman» fi ndet sie in die Schriftausstattung der Apple-Betriebssysteme ab System 7 Eingang. Microsoft lizenziert sie als «Times New Roman» direkt bei Monotype und stattet seine Betriebssysteme der Windows-Reihe seit Version 3.1 mit ihr aus.

EXPERIMENTE MIT GENERATIVER SCHRIFTGESTALTUNG – WS 2013/2014

Stanley Morison 1889 –1967

Times 1931

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