Im besten Fall anwendbar – Experimente mit generativer Schriftgestaltung

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HFGK

IM BESTEN FALL ANWENDBAR

Sein ausserordentliches zeichnerisches Talent prädestinierte Morris Fuller Benton für ein MaschinenbauStudium, so dass er 1896 als Assistent seines Vaters in der New Yorker Zentrale der American Type Founders Company (ATF) einsteigen konnte. ATF entstand vier Jahre zuvor durch den Zusammenschluss von 23 amerikanischen Schriftgiessereien. Im Jahr 1900 wird Benton zum Chief Type Designer bei ATF ernannt. In den Folgejahren entwirft er eine Vielzahl von Schriften, darunter «Parisian», «Broadway», «Cheltenham», «Poster Bodoni», «Balloon Light», «News Gothic» und im Jahr 1903 die «Franklin Gothic». Letztere geniesst später in den USA einen ähnlichen Stellenwert wie in Europa die «Helvetica» oder die «Univers». Die «amerikanische Helvetica» ist, obwohl über 100 Jahre alt, in unserer Schriftwelt allgegenwärtig. Kennern gilt sie als das Schwergewicht unter den Grotesken und sie ziert Überschrift wie Textkörper in Werbung und Zeitschrift. Für das europäische Auge besitzt sie den auf undefi nierbare Weise «amerikanisch» wirkenden Charme, der sie aus der Masse der Serifenlosen heraushebt. Es existieren einige Sonderformen der Franklin, wie etwa die 1903 von Benton für ATF geschaffene «Alternate Gothic», eine besonders fette «Franklin», die in vier Laufweiten (von condensed bis extended) angeboten wird. 1907 legt Benton die «Monotone Gothic» vor, eine leichtere und weitläufi gere Variante der «Franklin», die jedoch niemals zu weiteren Schnitten entwickelt wird. Die heute als «Franklin Gothic Light Extended» angebotenen Schnitte entsprechen in Dickte und Laufweite etwa der ursprünglichen «Monotone Gothic». Die «Franklin» zeichnet sich durch ein traditionell gestaltetes kleines g und a aus, unverwechselbar ist der abwärts geschwungene Diagonalstrich des grossen Q, der den Buchstaben unten-mittig verlässt und zu den fetteren Schnitten hin immer weiter nach rechts auswandert. Details wie das Dünnerwerden der Striche dort, wo Rundungen in den Stamm einlaufen, verleihen dem Schriftbild ein Leben, durch das es sich von anderen serifenlosen Fettschriften abheb.

EXPERIMENTE MIT GENERATIVER SCHRIFTGESTALTUNG – WS 2013/2014

Morris Fuller Benton

Franklin Gothic 1904

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