J'N'C News 2/17

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

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News

Macher Bold, FakePR, Silk Relations

Be Bold. Be Fake. Be Silk. Sie sind die stillen Heldinnen der deutschen Modelandschaft: Julia Winkels, Clare Langhammer, Silke Bolms und Kerstin Geffert. Wir baten die vier Powerfrauen hinter den Berliner PR-Agenturen zum Gespräch über die Herausforderungen guter PR-Arbeit und räumen mit falschen Klischees auf. S. 16

Macher COH

WONDER WOMAN

Retail

ALEXA TRIFFT ALBERTO

Amy Williams managt als CEO nicht nur die drei Linien des USamerikanischen Unternehmens, sondern auch ihre Familie.

Wohin geht der stationäre Handel? Eine Frage, auf die Marco Lanowy eine klare Antwort weiß.

S. 24

S. 32

News

Marken

JULIA SEEMANN

NEWCOMER

Pip Edwards und Claire Tregoning feiern mit P.E Nation einen beispiellosen Erfolg. Im Interview erklären sie, warum.

Sie ist jung. Sie ist erfolgreich. Sie hat bei uns ‚Das Letzte Wort‘. S. 38

Gemeinsam anders: Newcomer Yulia Yefimtchuk und Zazi Vintage. S. 26

MILLENIAL FAKTOR

ARTICLES OF SOCIETY

See-now-Buy-now? Der internationale Modehandel befindet sich im Umbruch. S. 30

Garantiert einen perfekten Fit für Jedermann: das DenimLabel AOS aus Los Angeles. S. 12

CAMOUFLAGE

CANADA GOOSE

Kein Versteckspiel: Die Menswear entdeckt das modische Tarnmuster neu. S. 10

Das kanadische Unternehmen treibt seine E-CommerceStrategie deutlich voran. S. 34

DYNAMISCHES DUO S. 28

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Editorial Anzeige

Mode ist und war schon immer ein zuverlässiges Gesellschaftsbarometer. Sie reagiert still, aber unübersehbar wie keine andere Kunstform auf Aufschwung, Fortschritt, Wandel, Kritik oder Unzufriedenheit. Wer etwas anderes behauptet, der schreibt ihr schlichtweg nicht die kommunikative Kraft zu, die ihr zweifelsohne gebührt. Der Women’s March in Washington D.C. im Frühjahr dieses Jahres, der nur einen Tag nach Donald Trumps Amtseinführung stattfand zum Beispiel, ist eines, das treffender kaum sein könnte. Zwar gibt es keine statistischen Zahlen, aber es ist stark anzunehmen, dass die Nachfrage nach dem populären ‚We should all be Feminists’-Statement-Shirt aus dem Hause Dior im Anschluss stark angestiegen ist. Ein weißes T-Shirt mit schwarzer Aufschrift wurde so nicht nur zum absoluten Fashion Must-have der Saison, sondern nebenbei zum klaren Statement gegen die immer noch vorherrschende Misogynie. Nun soll diese J’N’C News-Ausgabe keineswegs ein Aufruf zum Feminismus sein. Auch ist sie nicht als Appell abgezielt. Vielmehr versteht sich diese Ausgabe als ebensolches weißes T-Shirt mit einfacher, schwarzer Schrift und einem klaren Statement: FRAUENPOWER! Denn die Modebranche lebt sicherlich von der weiblich angetriebenen Leidenschaft für Kleidung, aber geführt wird sie nach wie vor mehrheitlich von Männern. Dass aber auch starke Frauen hinter großen Unternehmen stehen, wollen wir in diesem Heft besonders hervorheben. Unübersehbar: Die vier Ladies auf unserem Cover. Es handelt sich dabei um die Gründerinnern der Berliner Vorzeigeagenturen Bold, FakePR und Silk Relations: Julia Winkels, Clare Langhammer, Kerstin Geffert und Silke Bolms. Sie sind die stillen Heldinnen der Modebranche und verzahnen Marken und Medien bravurös miteinander. Ab Seite 16 erzählen sie im Gespräch von ihrer Sichtweise, räumen mit Klischees auf und zeigen, wohin die PR-Arbeit zukünftig gehen wird. Wohin CEO Amy Williams demnächst ihr Citizens of Humanity-Team führen wird, verrät sie auf Seite 24. Die zweifache Mutter und Ehefrau ist das, was man heutzutage eine waschechte Wonder Woman nennt, und widersetzt sich mit der erfolgreichen Verzahnung von Familie und Beruf gesellschaftlichen Standards. Alles andere als Standard ist auch das australische Label P.E Nation, dessen Gründerinnen Pip Edwards und Claire Tregoning die Modewelt mit dem Konzept ‚Activewear trifft Sportswear trifft Fashion’ erfolgreich aufmischen. Wie sie auf die Idee kamen? Das können Sie auf Seite 28 nachlesen. Eine Symbiose aus mehreren Elementen hat auch Julia Seemann zu ihrer Handschrift gemacht. Die junge Schweizer Designerin startete noch vor Ende ihres Studiums durch, als Sängerin Rihanna bereits in ihrer Abschlusskollektion herumlief. Mehr dazu in unserer Rubrik ‚Das letzte Wort’ auf Seite 38. Und neue Talente rücken schnell nach, wie Sie auf Seite 26 nachlesen können: Yulia Yefimtchuk ist der jüngste Shootingstar aus der Ukraine, die die „Instrumentalisierung des weiblichen Körpers“ mit ihren Entwürfen für das gleichnamige Label kritisch hinterfragt, während Jeanne de Kroon mit Zazi Vintage eine Brücke zwischen Entwicklungshilfe und Modewelt baut – selbstredend gemacht von Frauen für Frauen (Seite 26). Unser Leitthema zieht sich aber nicht nur durch diese Ausgabe, sondern bewegt vor allem den Markt, der sich von Modemesse bis Smalltalk rund um das Thema Frau und ihre ernstzunehmenden (modischen) Bedürfnisse dreht. Doch bei all der geballten Frauenpower vergessen wir natürlich nicht die männlichen Akteure der Branche, die den Markt auf ihre Weise prägen. Einer von ihnen ist Alberto Geschäftsführer Marco Lanowy, dessen dynamisches Tun wir quasi von Beginn an gespannt verfolgen. Er verknüpft die Zukunft mit der Gegenwart (siehe Seite 32) und trifft mit seinen Visionen für den stationären Handel den Nerv der Zeit – so wie diese J’N’C NewsAusgabe, die Sie hoffentlich schmunzeln und staunen lässt. Vielleicht sogar, pflanzt sie den ein oder anderen neuen Gedanken. So wie es die Mode Tag für Tag tut.

www.mod-denim.com

Impressum Herausgeber EPP Professional Publishing Group GmbH Liesegangstr. 16 40211 Düsseldorf Germany Tel. +49 (0)211 8303 0 Fax +49 (0)211 8303 200 info@jnc-net.de, www.jnc-net.de

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Cheryll Mühlen und das J’N’C News Team

Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist in jedem Fall Düsseldorf. ISSN: 2193-8423

News

4-6 July | Panorama Berlin 9-10 July | Modefabriek Amsterdam


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Mitteilungen

Honest by

Ehrlichkeit ist sexy „Um verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, braucht man 100 Prozent Transparenz. Denn zu wissen, was man kauft, ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit.“ Dieses Zitat stammt von dem belgischen Designer Bruno Pieters, der mit seinem 2012 gegründeten, nachhaltigen Label sowie der Designerplattform ‚Honest by’ seine Werte in die Praxis umsetzt und auf eine zu 100 Prozent transparente Politik setzt. Was damit gemeint ist? Nun, zum einen gibt er die Informationen über die Versorgungskette sowie die Kosten eines jeden Produkts preis und alle Materialund Produktionsinformationen werden vorne auf die Kleidungsstücke gedruckt oder gewebt. Zum anderen verwendet das Label ein recht einfaches Legenden-System, das den Verbraucher darüber aufklärt, ob etwas organisch, vegan, hautfreundlich, recycelt oder in Europa produziert worden ist. Durch diese intensive Rückverfolgung der Rohstoffquellen, den Ursprüngen der Stoffe und weiteren Zutaten soll sichergestellt werden, dass jedes Element in jedem verkauften Kleidungsstück

Camel Active

FTW

so umweltfreundlich wie möglich ist, die Gesundheit der Haut des Kunden berücksichtigt und die Arbeitsbedingungen in den Produktionsanlagen sicher sind. Kein Wunder, dass Honest by stolz auf seine nunmehr vierte Serie ist. Darin stellen Bruno Pieters und sein Team insgesamt über 30 neue Styles vor, die mit sportlichen Elementen, Logos, Patches und 90’s-Silhouetten vor allem auf den aktuellen Streetwear-Trend setzen. Die Idee, die Informationen als dekoratives Element zu nutzen, entstand übrigens durch die verschiedenen Kooperationen mit Lieferanten und Firmen wie PasPrint in Antwerpen und EE Exclusives in den Niederlanden. Alle Artikel der Honest by Bruno Pieters-Kollektion wurden außerdem in Belgien hergestellt. Wer also schon immer mal etwas Gutes für eine bessere Modezukunft tun wollte, der kann bei Honest by problemlos damit anfangen. /cm www.honestby.com

Veja x Flaneurz

Keep it rollin’ Poppig-schrille Optik, außergewöhnliche Designs und vor allem der Fahrspaß mit Freunden – das sind die Erinnerungen an die Roller-Discos der 80er Jahre. Ein Revival des Klassikers auf vier Rädern präsentiert nun das französische Schuhlabel Veja in Zusammenarbeit mit dem französischen Start-up Flaneurz, die den Kultsneaker ‚V-10’ neu interpretiert haben. Durch die Zusammenkunft von Mode und Technik ist ein Rollschuh-

Sneaker entstanden, der den klassischen Turnschuh mit Rollen verbindet. Das Besondere: In der Sohle des Sneakers befindet sich eine metallische Schnittstelle, die den Schuh durch einen Klick von den Rollen trennt. So wird der urbane Spaziergang zu einem echten Freizeitspaß. Ganz nach dem Motto: Keep it rollin’! /kw www.veja-store.com, www.flaneurz.com

Hessnatur

Jeans made with fairness

FTW? Diese Abkürzung steht für ‚Functional Travel Wear‘. Das Bielfelder Unternehmen Camel Active fokussiert sich zum Frühjahr/ Sommer 2018 nämlich noch stärker auf die moderne Interpretation seiner DNA. Reisen ist und bleibt deshalb das Camel Active-Thema schlechthin. Für die FTW- Säule hat das Team einen Ansatz gewählt, den sie ‚Travel & Motion‘ nennen. „In unserer Functional Travel Wear-Säule (FTW) beschäftigt uns der erweiterte Funktionsbegriff“, sagt Camel Active Creative Director Guido Johnen. „Die Ansprüche moderner Kunden verschmelzen in den zwei übergreifenden Themen ‚Travel & Motion’ zu unterstützenden Produkten, die sich über funktionale Materialien, Shapes und praktikable Alltagslösungen definieren. Funktionale, das Reisen erleichternde Aspekte wie Lightweight, Foldable und Multipocketing für das Verstauen von Reiseutensilien oder Dokumenten sind ausschlaggebend.Ergänzt werden diese Attribute durch Schutz vor Wasser und Wind.“ Hinter der Inspiration ‚Motion’ verbirgt sich laut Johnen „der Anspruch nach Beweglichkeit“. Daher sind die Obermaterialien sowie das Innenfutter flexibel und raumgebend. Schließlich sollen funktionale Materialien den Mann in seinem urbanen Alltag und Bewegungsablauf unterstützen. Camel Active sorgt on top für den zeitgenössischen Look. /cm

Die Bilder der Fabrikkatastrophe von Rana Plaza 2014 sind längst noch nicht vergessen und stehen nach wie vor sinnbildlich für Missstände in der Textilindustrie. Als Unternehmen, dass sich klar dagegen positioniert, setzt Hessnatur erneut eine klares Zeichen für mehr Fairness und Nachhaltigkeit in der Mode. Pünktlich zum Fashion Revolution Day Ende April startete das nachhaltige Label das ‚Selvedge Jeans’-Project und präsentiert in diesem Kontext die ersten durchnummerierten 150 Exemplare, die aus Bio-Baumwolle gefertigt, handgewebt und in Naturindigo gefärbt sind. Obwohl sich das Qualitätsniveau an japanischem Denim orientiert, ist das Gewebe der Jeans weicher, da die Webstühle mit Muskelkraft bewegt und keine Schlichtemittel eingesetzt werden. In Zusammenarbeit mit den Partnern Deutsche Entwicklungsgesellschafft (DEG) und Classic Handmade Products (CHP) hat Hessnatur im Norden von Bangladesch eine Produktionsstätte aufgebaut, um mit hochwertigen Produkten eine Alternative zur Fast Fashion zu entwickeln. Neben dem Anbau von Bio-Baumwolle und Indigopflanzen in natürlicher Umgebung herrschen dort auch faire Arbeitsbedingungen. /kw

www.camelactive.de

www.hessnatur.com

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Mitteilungen

Closed

Mondlandung

zahlreichen Designs die Qual der Wahl lässt und so ziemlich jede Tasche stylisch aufgewertet werden kann. Die auffälligen, mit Schmucksteinen besetzten Löwenbroschen sorgen außerdem nicht nur für ein auffälliges Luxus-Upgrade, sondern funktionieren auch als Erkennungszeichen der Marke. Und wenn es gerade einmal nicht die Tasche sein soll, so hat die Münchener Designerin auch Choker und Armbänder im gleichen Design in petto. Fest steht jedenfalls: Gabriele Frantzen hat es mit ihren Designs sogar in das Schaufenster des Le Bon Marché geschafft, was gewiss mit einem Ritterschlag gleichzusetzen ist. Worauf also noch warten? /cm

Es ist genau 45 Jahre her, dass wir Menschen mit Apollo 17 auf den Mond geflogen sind. Doch während sich die Raumfahrtbehörden mittlerweile ausschließlich auf den Mars konzentrieren, geht es mit Closed noch einmal zurück zum faszinierendsten aller planetarischen Trabanten. Inspiriert von David Bowie und seinem berühmten ‚Space Oddity‘-Astronauten Major Tom blickt die Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2018 in die unendlichen Weiten des Universums und somit auch ein Stück in die Zukunft: Mondlandschaften werden zu Mustern, Metallic-Töne avancieren zu futuristischen Akzenten, während Sterne das durchgehende Leitmotiv der Kollektion darstellen – vor allem in der ersten Lieferung ‚Prettiest Star‘. Ob als extrem vergrößerte Variante, via Lasercut in Denim geschnitten, aus buntem Mohair gestrickt oder als Dékor auf einem blauen Businesshemd eingesetzt. Sie gesellen sich zu abstrakten Mondlandschaften und glitzerndem Lurex- und Oversize-Hoodies in Knallorange. Die Denims warten mit versetzten Nähten, abgerissenen Kanten und Doppelbündchen in der Taille auf. Zum zweiten Liefertermin setzt ‚Starman‘ auf kleinere und raffinierte Sterne, die auf Seide gedruckt oder in Form von Nieten auf Bikerjacken daherkommen. Der Look spielt insgesamt mit einem David Bowie’schen Mix aus feminin und maskulin – ob nun Nadelstreifen-Hemden in Kombination mit Jogginghosen aus butterweichem Leder oder Boyfriend-Blazer zu schlank geschnittenen Hosen. Coole Streetwear-Space-Vibes, nicht von dieser Welt. /cm

gabriele-frantzen.com

www.closed.com

Gabriele Frantzen

Anschnallen, bitte Was Leandra Medine, Gründerin des erfolgreichen Modeblogs Man Repeller trägt, das kommt auf so ziemlich jede Shopping-Liste einer gut informierten Fashionista. Daher wollen wir gleich mal auf Gabriele Frantzen und ihre Accessoires zu sprechen kommen, die besagte Leandra zu ihren Kundinnen zählt. Seit 2009 steht ihr gleichnamiges Label für hochwertige und ausgefallene StatementPieces – von Colliers über Ohrringe bis hin zu den neuesten Must-haves und unserem Geheimtipp: Taschengurten à la Gucci & Co. Denn schon seit letztem Jahr bekommt die Modewelt nicht genug von diesem auffälligen Taschentrend. ‚Je bunter und breiter, desto besser‘, lautet die Devise. Wie gut, dass Gabriele Frantzen ihren Kunden mit ihren

Amsterdams Blauw

Japanische Welten Für den Frühjahr/Sommer 2018 steht die Premium-Denim-Linie ‚Amsterdams Blauw’ von Scotch & Soda bereits in den Startlöchern. Das Thema lautet ‚Japan to the Dam’ und ist inspiriert von den Segeltouren eines Kaufmanns der 20er Jahre, der mit Erinnerungstücken und Ideen aus dem fernen Osten zurückkam. Die Kollektion vereint sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen Elemente aus Denims mit Vintagewaschung mit einem pfiffigen, japanischen Twist, der sich in starken Prints, Grafiken und Slogans wiederfindet. Kimonoanleihen verwandeln WorkwearIndigos in gänzlich neue Styles. Die Jeansmodelle kommen durch den Einfluss japanischer Kunst und der ‚Delfts Blauw’-Keramiktechnik mit besonderen Waschungen und Färbungen. Satte Farben wie Navy, Rot und Weiß dominieren die Kollektion und werden

weiter durch Schwarz, Grün und Grau ergänzt. Keypieces der Menswear bilden neben einem beschichtetem Denim-Parka, eine doppelseitige Jacke mit Taschen und ein japanisch inspirierter Hoodie aus doppelt gewebtem Stoff. Trenchcoats mit Matrosen- und Denim-Details, die Military-Jacke im Kimono-Style, der Oversized Denim-Trucker, oder auch der JacquardAnzug mit orientalischen Prints stehen bei der Womenswear im Vordergrund und verleihen der Kollektion einen entspannt-femininen Touch mit unverkennbar asiatischer Note. Gleichzeitig präsentiert Scotch & Soda für Frühjahr/Sommer 2018 seine PremiumCapsule-Kollektion ‚Lot 22’, die die Welt des Denims mit den Designs der Keramikkunst vereint. /kw www.scotch-soda.com

G-Lab

Lightweight meets Oversize Luftig, leicht und sanft. So lassen sich die warmen Monate des Jahres beschreiben. Bei dem Outdoor-Spezialisten G-Lab sind das die Schlüsselwörter der neuen Frühjahr/ Sommer-Kollektion 2018, die sich sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen durch Leichtigkeit und Komfort auszeichnet. Im Vordergrund stehen bei den Jacken Oversized-Styles und Soft Touch-Stoffe wie weiche Baumwolle, Denim und gewachste Oberflächen. Während bei der Menswear Minimalismus und grafisch-architektonische Linien als Impulsgeber dienen, orientiert sich die Womenswear an den weichen und fließenden Formen der Natur. Neben fünf neuen Modellen bei den Frauen, wie etwa einem lässigen Parka, einer Kimono-Jacke mit Kängurutasche und eine gerade geschnittenen Jacke mit abnehmbarer Kapuze, kommen bei den Männern vier neue Styles – darunter ein Oversized-Parka, eine Field-Jacket und eine Bomberjacke mit abnehmbarer Kapuze zum Einsatz. Abgetönte Farben wie Korall-Rot, Grün, Navy und Sand sorgen außerdem für einen frischen Sommer-Twist. /kw www.g-lab.com

Freitag

Dreifaltigkeit Für funktionale Unikate und charakteristische Einzelstücke aus recycelten LKW-Planen ist die Züricher Taschenschmiede Freitag längst bekannt. Jetzt präsentiert das beliebte Label mit der limitierten Edition ‚The Holy Three’ gleich drei neue, exklusive Modelle: den reißverschlossenen Handrucksack ‚Holy Pete’, die Tote-Bag ‚Holy Julien’ und die Pouch-Bag ‚Holy Dan’. Die Optik der Kollektion spielt auf zunächst subtile, aber raffinierte Art mit runden Formen und Stanz-Elementen. So wurden insgesamt sieben Millionen Löcher in die Planen perforiert und finden sich unter anderem in dem Frontsteckfach und den Handschlaufen des ‚Holy Pete’-Modells oder auf der Vorderseite der ‚Holy Julien’ wieder. Die unifarbenen Modelle sind in den vier Farbtönen Weiß, Silber, Hellgrau und Lila erhältlich und geben den neuen Taschen ihren einzigartigen Freitag‘schen Charakter. Wer schon jetzt gespannt ist auf die limitierten Modelle, kann sie sich seit Mitte Juni bei ausgewählten Händlern sichern. Ende Juli sind die Taschen dann auch endlich in Freitag-Stores und Online erhältlich. /kw www.freitag.ch/de

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

Mitteilungen

Penfield USA

ARCHIVIERT Charakter kommt mit Erfahrung. Das gilt auch für Marken. Um für Frühjahr/Sommer 2018 ihren wahren Charakter auch modisch festzulegen, hat das US-amerikanische Label Penfield ausgewählte Archive-Styles mit modernen Akzenten und Activewear-Elementen auf ein neues, zeitgenössisches Level gebracht. Die Kollektion fühlt sich dort zu Hause, wo Leistung und Funktionalität gefragt sind: in der freien Natur genauso wie in einer zeitgenössischen urbanen Umgebung. Dafür sorgen leichtes, technisches Nylon, bevorzugt in Kombination mit winddichten und wasserabweisenden Materialien, die einen optimalen Schutz vor den Elementen bieten. In Kombinaition mit neu entwickelten Fleece- und Jersey-Qualitäten bieten sich so vollkommen neue Möglichkeiten. /cm www.penfield.com

Lonsdale

INSPIRED BY ITSELF We love Logos! Dass wir den sportlich-plakativen Look lieben ist keine Überraschung. Umso schöner, dass uns der Trend auch die nächste Frühjahr/ Sommer-Saison 2018 begleitet. Denn gerade in einer Zeit, in der die Welt sich immer schneller dreht und Trends gehen, bevor sie eigentlich angekommen sind, sind Logos eine beständige Konstante. Sie stehen für Orientierung, wenn man so will. Auch beim britischen Traditionslabel Lonsdale erzählt das oft kopierte

‚Cinemascope’-Logo seine ganz eigene Geschichte. Es steht für eine authentische, wechselvolle und subkulturelle Geschichte sowie für eine Gegenwart, in der sich die Marke wie kaum ein anderes Label gegen Rassismus positioniert. Umso schöner ist es, dass das Logo in der kommenden Kollektion weiterhin ein zentraler Bestandteil sein wird und damit eine klare Botschaft sendet. /cm www.lonsdale.de

Replay

Thomas Wirth ist neuer Vice President Business Development Text: Cheryll Mühlen Herzlichen Glückwunsch zur neuen Position! Was wird sich für dich jetzt konkret ändern? Vielen Dank! Ich bin überrascht, wie viele Glückwünsche mich erreicht haben und schätze diese Gratulationen wirklich sehr. Was sich ändern wird? Ich bin mir ehrlich gesagt gar nicht so sicher, ob sich so viel ändern wird. Viele der Aufgabenbereiche als VP für Business Development habe ich bereits ohne den Titel ausgeübt. Sicherlich werde ich jetzt in Europa aktiver sein, da in der Vergangenheit viele Dinge und Aufgabenfelder stark auf Deutschland bezogen waren. Was wird sich denn mit dir als Vice President Business Development für Replay ändern? Ich hoffe, dass ich weiterhin mit meinen Ideen dazu beitragen kann, dass sich die Geschäfte von Replay weiterentwickeln und wir europaweit neue Geschäftsfelder öffnen können. Replay hat unheimlich viel Potenzial, das wir heute nur teilweise ausschöpfen. Dementsprechend werde ich versuchen das dahingehende Potenzial voranzutreiben. Ich arbeite auch sehr eng mit meinem Team zusammen und hoffe, dass ich nun eine noch stärkere Bindung mit den Kollegen in den anderen Ländern bekomme und wir gemeinsam daran arbeiten, neue Ideen umzusetzen. Gerade der strategische und kreative Austausch mit anderen Menschen aus anderen Ländern kann unheimlich beflügeln. Dabei entstehen tolle neue Sachen. Darauf freue ich mich besonders.

Wo siehst du im Markt ungenutzte Chancen oder konkret mehr Potenzial? Wir haben gerade eine neue Linie implementiert. Sie heißt ‚Replay City Line‘. Das war einer meiner kreativen Einfälle, als ich mit einem großen Kunden zusammensaß und wir nicht weitergekommen sind. Diese neue Linie ermöglicht es uns, auch im Bereich Sportswear aktiver zu sein und Kunden zu erreichen, die genau unserer Zielgruppe entsprechen. Wir minimieren uns durch diese zusätzliche Produktlinie nicht mehr nur auf den ‚Trendhandel’, sondern eröffnen dadurch eine neue Möglichkeit in einem neuen Mitbewerberumfeld. Es findet demnach keine Kannibalisierung der eigenen Marke statt. Diese Produktlinie hat bisher einen sehr großen Anklang bei den Kunden gefunden und wir konnten von Beginn an eine gute Distribution gewinnen. Diese positive Kundenresonanz zeigt mir, wie sehr der Handel auf solche Dinge wartet und dass hier viele Möglichkeiten noch nicht genutzt werden. Worauf können wir uns zum Frühjahr/ Sommer 2018 bei Replay freuen? Da fängt mein Herz zu strahlen an! Nein ehrlich, ich bin einmal mehr überrascht wie unser Designteam es immer und immer wieder schafft, noch einen drauf zu setzen. Wir hatten die letzten Jahre Saison für Saison eine Steigerung in den Kollektionen. Auch zu F/S 2018 erwartet uns eine starke, innovative und vor allem sehr authentische Replay-Kollektion. Wir paaren neue Innovationen mit alter Tradition – mehr möchte ich dazu noch nicht verraten. www.replayjeans.com/de

Palladium

Pallaphoenix Der beliebte ‚Pallatennis‘ von Palladium heißt ab Frühjahr/Sommer 2018 ‚Pallaphoenix‘ und ist eine kleine Hommage an die alte Palladium-Fabrik im französischen Pont-deChéruy. Passend zum Sommer kommt er in unterschiedlichen Materialien wie zum Beispiel Canvas oder Leder, sowie bunten Farben und frischen Sommerprints. Neu ist auch die Knit-Technologie, die auf Styles wie dem ‚Pampa Hi‘, ‚Oxford‘, ‚Cushion‘ und ‚Pallaphoenix‘ angewendet wurde. Das Knit-Obermaterial ist nicht nur komfortabel

und atmungsaktiv, sondern auf seine Art auch nachhaltig. Warum? Weil die Produktionsabfälle bei dem Strickmaterial im Vergleich zu regulären Schuhproduktionsprozessen deutlich geringer sind. Sozusagen, ein buchstäblicher Schritt nach vorn in eine bessere Zukunft. Ganz neu ist allerdings der Palladium ‚Crushion 3D SNDL‘. Eine Kombination aus Socke, Sandale und Sneaker. Wir sind gespannt! /cm www.palladiumboots.com

Cross Jeans

Denim for life, play with it! Bei Cross Jeans treffen in der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2018 ausgereifte, klassische Denim-Looks auf modische It-Pieces und beweisen damit einmal mehr, dass das Berliner Unternehmen ein Gespür für Trends und Zeitgeist hat. Unter den Titeln ‚#yourdailyattitude‘, ‚#womanchicness‘ und ‚#yourdailycolors‘ besinnt sich Cross Jeans zurück auf die Ursprünge, zelebiert ausgefallene

Boutique-Looks und angesagten Vintage-Chic sowie milchige Farben und Pastelltöne. Alle drei Linien der F/S-Kollektion 2018 profitieren selbstredend auch von der CrossTech-Technologie. Mit dem komfortablen ‚Power Stretch‘ sind die Jeans komfortabel und sexy zugleich. Perfekte Passform, 100 Prozent Performance und ein ultraleichtes Tragegefühl. /cm www.crossjeans.com

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Marken keypieces

Moschino | Yohji Yamamoto | Walter van Beirendonck | Christopher Raeburn | Liam Hodges | KTZ | Etro | Balmain | Vêtements

Camouflage

Rambo me! Text: Cheryll Mühlen, Fotos: Imaxtree Es ist keine Neuigkeit: Camouflage. Ist. Nicht. Totzukriegen. Nicht in den 70ern. Nicht in den 90ern. Und offensichtlich auch noch lange nicht nach den 2000ern. Konträr zum eigentlichen Sinn von Tarnkleidung, wollen wir heute – mehr denn je – damit auffallen und gesehen werden! Warum? Weil Camouflage unverkennbar, einzigartig und unglaublich wandlungsfähig zugleich ist. Dieser Vielseitigkeit entsprechend haben es sich die Designer nicht nehmen lassen, das funktionale Tarnmuster für die Herbst/ Winter-Saison 2017 neu aufzulegen: So steht Balmains klassische Version im Kontrast zu den grafisch veränderten Designs von Etro, Liam Hodges, Walter van Beirendonck und Yohji Yamamoto, der seine organische Camou-Version gleich selbst zeichnete. Das Über-Label Vêtements sendete zum Soldaten-Look gleich eine weit tiefgründigere Botschaft mit auf den Laufsteg: Auf dem Rücken einer Jacke. Im Camouflage-Allover-Look war das Friedenssymbol der Vereinten Nationen aufgenäht. „He’s a soldier, but a good boy“, sagte Creative Director Demna Gvasalia nach der Show. Wäre Camouflage jedoch kein Soldat, sondern Action-Star, würde er passend zum Frühjahr/Sommer 2018 sicherlich „I’ll be back“ sagen. Obwohl, das war ja der Andere...

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Marken Mustang / Articles Of Society Mustang

High on Details Wer sich zum kommenden Frühjahr neu einkleiden will, sollte definitiv bei Mustang vorbeischauen! Text: Deborah Roth Er bringt PS auf die Strasse, der Asphalt brennt unter seinen Reifen und der muskulöse Vorbau bringt alle Passanten ins Schwärmen – Wer kennt ihn nicht, den kantigen, unverwechselbaren Ford Mustang? Ein Klassiker für die Ewigkeit. Zu solch einem Klassiker zählt auch das gleichnamige Label Mustang. Wer jemals eine waschechte Denim von der deutschen Kultmarke getragen hat, weiß wie man Passanten auch ganz ohne PS zum Schwärmen bringt. Ganz natürlich und ungezwungen nämlich, das hat doch meistens den größten Sex-Appeal. Das Versprechen: In Mustang-Jeans machen alle eine gute Figur. Besonders diejenigen, die eine hohe Taille besitzen, welche Mustang auch in der kommenden Saison mit seinen High-Waist-Denims in Szene setzt. Die Passformen entwickeln sich von ‚Skinny’ zu ‚Kick-Flared’ und ‚Straight-Leg’ – für Beine bis zum Himmel und Taille im Höhenflug. Wer statt ‚high wa(i)sted’ lieber ‚low-key’ unterwegs ist, der wird sich auf ‚Peg-LegTrousers’ freuen können, die mit elastischem Bund und konischem Beinverlauf so entspannt und leger wie Jogginghosen der 90er daherkommen. Wer sich aber nicht länger mit dieser Dekade befassen möchte, kann sich auf die kleinen, aber feinen Details der neuen Kollektion konzentrieren: Stickereien,

kreative Taschenlösungen und Prints treffen auf Beschichtungen aller Art, auf Artworks, aber auch auf Destroyed-Elemente. Dazu wird die Kollektion mit kräftigen Farben, floralen und maritimen Mustern angereichert und von einer Farbpalette von Rosé über Lachs bis hin zu Blau abgerundet. Für Männer gibt es das Programm ‚For men only‘. Hier erscheinen im Frühsommer 2018 Modelle, die speziell auf den männlichen Bewegungsapparat zugeschnitten sind. Dank der Stretch-Innovation ‚Warp-Stretch’ dehnt sich das Material ausschließlich in die Länge, bleibt somit unglaublich bequem und behält dabei gleichermaßen den kernige ‚Raw-Jeans-Look’ mit klassisch-rauen DunkelWaschungen. Auch bei den Männern verabschiedet sich die ‚Skinny Leg’ – vermutlich für die nächsten 20 Jahre und wird von ‚Straight’und ‚Tapered-Schnitten’ abgelöst. Für Männer, die sich modisch fernab von T-Shirts und Karohemden bewegen wollen, gibt es in dieser Kollektion nun auch Leinen-Mischungen – et voilà: so geht sophisticated testosterone. Detailverliebt, innovativ, traditionell und geschmackvoll – Mustang bleibt sich treu und erfindet sich dabei auch immer wieder neu. 2018 kann kommen! www.mustang-jeans.com/de

Aritcles of Society

Premium Für Alle! Die perfekte Hose gibt es nicht? Stimmt nicht, sagt das junge Jeanslabel Articles of Society, kurz: AOS. Das selbstbewusste Credo: Den ‚Perfect Fit’ soll es ab jetzt für alle geben. Text: Deborah Roth Die Jeans ist das Emblem des Working Class Hero. Der gute, strapazierfähige Stoff hat über Jahrzehnte hinweg Handwerker bei der Arbeit begleitet, demonstrierenden Studenten bei Friedensbewegungen einen unverkennbaren Look verpasst und als erste Unisex-Bekleidung die Gesellschaft gleich mitrevolutioniert. Es ist die Jeans, die einst Geschichte schrieb und bis in die Gegenwart hinein, alle Trends der Fashion-Industrie überdauert. Ganz ohne jeden Zweifel: Die Denim ist gekommen, um zu bleiben. Dem geschichtsträchtigen Produkt Kriterien wie Strapazierfähigkeit abzuverlangen wirkt heute allenfalls lächerlich. Käufer erwaten mehr. Sie wollen einen perfekten Fit, einen tollen Schnitt, die Trendfarbe und Waschung der Saison und all das zum kleinen Preis. Während Textildiscounter im Wochenrhythmus neue Massenware zu ständig sinkenden Preisen förmlich auf den Markt werfen, scheinen Qualitätsmerkmale zunehmend in den Hintergrund zu treten. Masse statt Klasse. Dieses apokalyptische Discounterszenario ist real, aber erfährt zum Glück immer mehr Widerstand im Alltag und in der Industrie. Die Nachfrage ändert sich allmählich in Richtung Nachhaltigkeit, allerdings nur bei denjenigen, die es sich leisten können, denn Qualität hat seinen Preis. Dass dem aber nicht so sein muss, und Premiumware nicht nur das Privileg einer wohlhabenden Klasse ist, lebt uns das Label Articles of Society vor. 2012 wurde AOS in Downtown Los Angeles von einer Handvoll Experten aus der Denimbranche gegründet. Hier kommt die gebündelte Expertise von Hudson, Antik Denim, Theory and Vince zusammen an einen Tisch. Die Gründer wollen mit Articles of Society, wortwörtlich Verkaufsartikel für die Gesellschaft produzie-

ren. Die Betonung liegt auf „Verkaufsartikel für eine Gesellschaft“, die sich idealerweise weder in Premiumfragen unterscheiden, noch an Qualität einbüßen muss, weil beides zu teuer ist. ‚Premium für alle‘, lautet also im weiteren Sinne die Botschaft des kalifornischen Labels. Weitergehend setzt das Label auf Werte für ein besseres Zusammenleben und tritt dabei äußerst charismatisch auf. Vor diesem Kontext kann es nicht genug Firmen geben, die sich den richtigen Werten wie etwa fairer Produktion, der Rückkehr zu qualitativem Handwerk, das einen guten Schnitt und eine schöne Passform gewährleistet, zuwenden. Articles of Society können mit der perfekten Passform zum guten Preis nicht die Welt verändern, das ist ihnen bewusst. Allerdings wollen sie mit ihrem Anspruch einen kleinen Schritt in die richtige Richtung machen und die Gesellschaft näher zusammenbringen, anstatt sie durch Luxus auseinanderzutreiben. Der amerikanische Denimhersteller hat sich mit seiner Mission bereits auf dem europäischen Markt eingefunden. Kleine Randnotiz: Augen auf, wer ein Emblem mit dem Buchstaben A auf der rechten Gesäßtasche einer besonders perfekt geformten Kehrseiten vernimmt, hat es mit einer AOS Denim zu tun. AOS versteht also wie man eine Nische bedient und dabei langfristig Erfolgskurs hält. Für den erwachsenen Konsumenten gibt es Qualität und Werte, für den jungen Konsumenten eine sexy und besonders weibliche Passform. Addiert man beides zusammen, geht die Rechnung von AOS auf: Premium ist nicht nur sexy sondern auch hochwertig – und neuerdings erschwinglich. www.articlesofsociety.com

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Marken LTB

Ralf Meien, Country Manager LTB Germany

LTB

JEANS IST LIEBE Die türkische Lifestylemarke LTB gehört zur kommerziellen Mitte, hat über 65 NOS-Optionen und gewährleistet sogar, dass alle Produkte im Sinne des ÖkoTex-Siegels hergestellt werden. Ganz einfach, weil sie Jeans lieben. Text: Cheryll Mühlen

„Modisch orientierte Frauen, Männer und auch Kids fühlen sich bei uns wohl“, sagt Ralf Meier, Country Manager LTB Germany. „Zusätzlich zu einer stark gewachsenen Jeans-Kollektion mit über 65 NOS-Optionen bieten wir modische Themen zu monatlichen Lieferterminen an. Diese sind nah am Trend und beflügeln das Bild der Marke.“ Auf unsere Frage, worin die Magie von Denim begründet läge, antwortet er beinahe romantisch: „Die Magie von Denim lässt sich nicht wirklich erklären. Man muss sie spüren. Wer sich einmal in Denim verliebt hat, wird es immer wieder tun. Es ist wie der Duft der ersten Tasse Kaffee am Morgen, das erste Lied auf dem wir Klammer-Blues getanzt haben, der erste Urlaub ohne Eltern. Die erste Fahrt mit der Vespa. Die erste coole Jeans – all diese Momente verzaubern uns. Etwas, was auch die Jeans schafft. Wir tragen sie eng am Körper und haben sie immer bei uns. Sie wird mit der Zeit immer schöner. Jeans ist Liebe.“

Die Liebe zur Jeans hat ihren Ursprung bei LTB seit 1994 in Istanbul. Mittlerweile verkauft die der Çak Group zugehörige Marke in über 36 Länder. Allein in der Türkei ist das Unternehmen mit 67 Stores vertreten, 33 davon allein in Istanbul; weitere 18 sind auf dem Rest der Welt verteilt. Doch worauf legen die Deutschen beim Jeanskauf eigentlich besonderen Wert? Laut Meier stellen sich hierzulande immer mehr die Frage nach der Herkunft und unter welchen Umständen die Hose hergestellt wurde. „Seit über zehn Jahren werden bei LTB alle Jeans im Sinne des ÖkoTex-Standards hergestellt. Der Kunde möchte sicher sein, dass er zudem eine Jeans kauft, die kompatibel mit dem eigenen Lebenstil ist. Das kann im Büro sein, aber auch im Club. Die Kunden möchten immer mehr das kaufen, was sie auf den Social Media-Kanälen sehen. Das heißt, ‚ready to wear’ und das Ganze hier und jetzt.“ Doch eine gute Jeans müsse vor allem auch durch ihre Passform überzeugen.

„Dazu tragen aber auch Materialien und Waschungen bei. Sie muss kompatibel sein und kann auch gerne mal ein Statement setzen. Jeans konnten und sollten das auch zukünftig können: den Lifestyle des Trägers unterstreichen.“ Für Frühjahr/Sommer 2018 sieht das bei LTB wie folgt aus: Die zwei Leitthemen der Kollektion sind ‚City Spring Break‘ und ‚Bohemian Surf‘. Ersteres gibt sich, wie der Name schon sagt, sehr entspannt, smart und cool. Hier wird alles geboten, was man für eine kleine Pause in der Großstadt braucht. Alltime-Favourites werden mit liebevollen Details aufgewertet und bekommen zur neuen Jahreszeit ein kleines Fresh-up. Sweatshirts, Biker-Jacken, gewaschene Denims mit ‚Selvedge‘ sowie bretonische Streifen sorgen für das nötige Pre-Summer-Flair. Die zweite Order wird ‚heiß‘. Wie vom Sonnenlicht ausgeblichene Farben werden mit ‚Surf Artworks‘ und Strickwaren kombiniert und versprühen so entspanntes Urlaubsflair. „Unsere Kunden

können sich darauf verlassen, dass sie derzeit den besten Mix aus Fashion und Preis-Leistung erhalten“, verspricht Meier. Wir fragen ihn zum Schluss auch, wohin die Reise nach der FS-Saison 2018 gehen wird: „Wir werden unsere Schritte weiter gehen. Wir haben ein neues Designdepartment in Holland gegründet. Dieses lässt uns noch schneller reagieren. Außerdem werden demnächst weitere Segmente hinzukommen und den Bereich in dem wir uns wohlfühlen, immer weiter ausbauen. Wir werden ein verlässlicher Partner bleiben. Denim bleibt unser Kern. Darüber hinaus werden wir häufiger Flash-Kollektionen implementieren. Wir sind als Kernmarke in der kommerziellen Mitte angekommen und werden diese Position weiterhin mit viel Nähe zu und mit unseren Kunden ausbauen. LTB love to blue.“ de.ltbjeans.com

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

Macher PR AGENTUREN BOLD, FAKEPR, SILK RELATIONS

BOLD, FAKEPR, SILK RELATIONS

BE BOLD, BE FAKE, BE SILK Who run the world? Beyoncé würde sagen: „Girls!“ Who run Berlin? Wir sagen; Girls! Wer das anzweifelt, der hat noch keinen tieferen Blick hinter die Kulissen der deutschen Modeindustrie gewagt, deren Räder vor allem erfolgreiche PR-Agenturen mit stetig neuen Ideen in Bewegung bringen. Höchste Zeit also, Berlins PR-Powerfrauen hinter den drei Agenturen Bold, Fake und Silk genauer unter die Lupe zu nehmen. Drei Gespräche über Arbeit und darüber, wie sich diese im Laufe der Zeit verändert hat. Interview: Cheryll Mühlen, Fotos: Michael Mann

Clare Langhammer, Julia Winkels, Kerstin Geffert und Silke Bolms wissen, wie die Modeindustrie in Berlin funktioniert. In gewisser Weise bestimmen sie auf ihre eigene, subtile und manchmal nicht so subtile Art, wo es überhaupt langgeht. Sie und ihre Teams fungieren als Sprachrohr für Designer und Marken. Sie bauen ein allgemeingültiges Image auf. Sie verknüpfen die Macher mit den Machern und streuen ihre Saat im nahrhaften Boden der Presselandschaft. Doch auch

erfahrene Business-Ladies wie sie es sind, müssen neue Wege einschlagen, sich dem Wandel der Branche anpassen und sich den neuen Herausforderungen einer vernetzten, digitalen Welt stellen. Vorbei sind die Zeiten, in denen die klassische PR-Arbeit ausschließlich von guten Kontakten und ‚Socializing’ abhängig war. Dafür gewinnt eine andere ‚soziale’ Komponente zunehmend an Bedeutung: Social Media. Wir baten Clare Langhammer, Julia Winkels, Kerstin Geffert

und Silke Bolms daher um ihre ehrliche Einschätzung über die Zukunft von PR-Arbeit und räumen mit falschen Klischees dieser Branche auf. Übrigens: Wussten Sie, dass der uns heute geläufige Begriff Public Relations, kurz PR, bereits das erste Mal im Jahr 1882 an der US-amerikanischen Yale University verwendet wurde?… Nein? Jetzt schon!

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Macher BOLD / Julia Winkels

Julia Winkels, Co-Gründerin Bold

BOLD „Nicht selten verlangen Kunden die maximale Aufmerksamkeit zum minimalsten Preis. Das passt nicht zusammen.“ Julia, wann wurden Bold Berlin und Bold L.A. gegründet? Bold Berlin wurde um Juni 2010 gegründet und das L.A.-Office folgte im März 2014. Wieso wolltest du eine Agentur gründen und wie bist du auf den Namen gekommen? Die Idee kam, nachdem ich von Boston zurück nach Berlin gezogen bin. Ich hatte bis dato schon mehr oder weniger alle Stationen durch: PR-Agentur, Kommunikation auf Unternehmensseite und zuletzt dann Kreativdirektion in der Werbung. Ich habe mich gefragt, was jetzt noch kommen könnte. Insbesondere in den USA hatte ich die Chance viele unterschiedliche Agenturkonzepte kennenzulernen und war der Meinung, dass das Thema PR in Deutschland verstaubt, sehr klassisch und dadurch unattraktiv und irgendwie unsympathisch erscheint. Also habe ich kurzerhand meine langjährige Freundin Svenja Altan in Hamburg angerufen und sie gefragt, ob sie sich mit mir selbstständig machen will. Sie sagte sofort zu. Und wie ging’s dann weiter? Wir sind mit unserem Businessplan sehr strategisch an die ganze Sache herangegangen. Das war nicht ohne, denn ich war damals gerade Mutter geworden. Svenja und ich saßen also in meinem Wohnzimmer und wippten mit der einen Hand meine Tochter Ella in ihrer Schaukel und mit der anderen tippten wir unsere Ideen herunter, aber der Name fehlte bis zum Schluss. Irgendwann sagte ich dann ich zu Svenja: „Mach die Überschrift mal fett.“ Svenja, die einen amerikanischen Rechner hatte, antwortete: „Bold!“ So sind wir letztlich auf unseren Namen gekommen. Und heute ist das Thema ‚boldness‘ wichtiger denn je. Wir hatten also einen guten Riecher! Und wie viele seid ihr mittlerweile im Team? In Berlin sind wir 33 Leute und in L.A. sechs. Was zeichnet Bold aus? Wir sehen uns als die neue Generation in der PR. Die Themen Mut, also ‚boldness‘, Innovation und Community haben wir vor Anfang an groß geschrieben. Es ging und geht uns darum, unsere Kunden und die Presse zu inspirieren und dadurch ein hohes Maß an Authentizität auszustrahlen. Unser großes Netzwerk aus Journalisten, Influencern, Bloggern, Stylisten, Musikern, Designern oder auch Restaurant- und Shopbesitzern hilft uns Markenbotschaften zu entwickeln und zu verbreiten. Gleichzeitig ist dieses Netzwerk auch eine Art Qualitätssiegel: Funktionieren gewisse Ideen und Kampagnen hier, dann haben sie auch eine Relevanz für eine breitere Zielgruppe. Wie würdest du Berlin, Eure Homebase, beschreiben? Berlin ist ein alter Straßenköter. Irgendwie rotzfrech und nicht immer schön, aber voller Lebensenergie. Vor einigen Jahren war Berlin eine deutsche Hauptstadt. Heute ist Berlin eine Metropole – Trends werden hier schnell zu globalen Phänomenen. Das Thema Internationalität ist daher ein wichtiger Faktor der Stadt geworden. In vielen Bereichen Berlins spricht man fast ausschließlich Englisch. Das bedeutet auch, dass Themen, die hier ihren Ursprung haben, international aufgegriffen werden – sowohl von den Medien, als auch von individuellen Personen. Daher werden Lifestyle Marken hier international sichtbar. Das ist in anderen deutschen Städten nicht möglich.

Warum wurde eure zweite Dependance ausgerechnet in Los Angeles eröffnet? Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen beiden Städten? Als wir Bold Berlin eröffneten war Berlin noch immer sehr unkonventionell, erst recht in der PR-Szene. Heute ist die Stadt aber eine Must-Destination in der Lifestyle-Welt, genauso wie L.A. Beide Städte sind Spielwiesen für Subkulturen. Musik, Mode, Kunst und Design – Themen mit denen wir uns täglich beschäftigen. Welche Marken habt ihr bei euch neu im Portfolio? Wir sind sehr stolz darauf, Anfang des Jahres BMW und Mini dazu gewonnen zu haben. Wir waren der absolute ‚Underdog’ in einem intensiven, fordernden Pitch. Außerdem sind Ellesse, Bang & Olufsen Play, Made und MAC Cosmetics neu bei uns. Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß? Ich liebe es, in einem großen Team zu arbeiten und gemeinsam Kommunikationsinhalte neu zu definieren. Wir bleiben nie stehen, sondern überlegen immer, wie wir uns weiterentwickeln können. Gerade haben wir zum Beispiel eine eigene Capsule Kollektion gelauncht, die auf unserer Internetseite boldberlin.com verkauft wird. Wir haben mit Bold einfach die Möglichkeit, uns in den diversen Welten auszutoben. Das finde ich extrem spannend. Worin liegen denn heutzutage die größten Herausforderungen einer PR-Agentur? Die Zielgruppen werden immer größer. Vor einigen Jahren sprachen wir noch mit der Presse, dann kam Online hinzu und dann das Thema Influencer. Das Problem bei der Sache: Die Budgets blieben gleich, obwohl sich unsere Kommunikationspartner verdreifacht haben. Nicht selten verlangen Kunden die maximale Aufmerksamkeit zu dem minimalsten Preis. Das passt nicht zusammen. Leider gibt es viele Agenturen, die ihre Services für einen ‚Appel und ein Ei‘ verkaufen – was dabei herumkommt, ist fragwürdig. Das Thema Preisdumping ist definitiv eine Herausforderung. Nach welchen Kriterien kuratiert ihr euer Portfolio? Es gibt nur ein einziges Kriterium: Mögen wir die Marke oder nicht? Hier geht es nicht um die Größe oder Bekanntheit, sondern ob wir uns selbst als Teil der Zielgruppe sehen. Kommunikation ist heutzutage wichtiger denn je. Paradoxerweise, weil wir zwar mehr Mittel und Wege dazu haben, aber eigentlich weniger Face-to-Face miteinander reden. Inwiefern hat sich also der Austausch mit den Kunden und der Presse verändert? Ich muss sagen, dass ich hier eigentlich keine großen Unterschiede zum Anfang meines Berufslebens sehe. Natürlich hat sich der Jobinhalt von mir und meiner Partnerin stark verändert, da wir neben unseren Mitarbeitern und Kunden auch Finanzthemen und administrative Themen auf dem Tisch haben. Allerdings ist es uns extrem wichtig, dass unsere Mitarbeiter so regelmäßig wie nur möglich, Faceto-Face mit unseren Kontaktpersonen kommunizieren. Wir treffen täglich Presseverantwortliche, Kunden und auch unser Netzwerk. Daher sind alle Mitarbeiter bei Bold überdurchschnittlich ‚umtriebig‘. Klar – vieles wird heutzutage über Social Media-Netzwerke geteilt, aber wahre Kontakte, die ja nicht selten auch Freundschaften sind, überleben nur in der Realität.

Bold Communication & Marketing GmbH Torstrasse 68 10119 Berlin Kunden: AG, Art Youth Society, Asics, Barton Perreira, Bang & Olufsen Play, BMW, Bugaboo, Burton, Caran D’Ache, Casio, Eastpak, Ellesse, Freitag, G-Shock, Hemp Blue, Horizon Studios, K1XPM, Kenzo, LA Art Show, Le Temps des Cerises, Loco Dice, Made, MAC Cosmetics, Mai Più Senza, Mini, Mumm & Co., Onygo, Palladium, Puma, Rausch, Samsøe & Samsøe, Schildkröt, Sheen, Steinrohner, Stop the Water while using Me!, The 14th Factory, Tylko, Urban Outfitters, Valentine, Gauthier, Verbreuil, Wrangler, Yun, Zalando, Zalon, Zign

Inwiefern hat sich denn die Arbeit eines PRlers generell im Vergleich zu ein paar Jahren zuvor verändert? Vor vier Jahren kamen die Kunden zu uns und wollten in die Hochglanz-Magazine. Digital war damals lediglich ein ‚nice to have‘ – ganz anders als heute. Das Thema ‚Influencer‘ wird ja auch bereits in den Massenmedien hoch und runter besprochen. Wie schon erwähnt, sehen wir uns als eine neue Generation in der PR – daher fühlen wir uns in dieser Welt wohl. Aber auch hier gilt es, die richtigen Leute an Board zu haben. Nur wenn man ein Teil dieser Szene ist, wird man auch ernst genommen. Ihr arbeitet mittlerweile intensiv mit Influencern zusammen. Laufen die Instagram-Stars der Presse womöglich bald den Rang ab? “If you can read this, print cannot be dead.” Was zählt heute mehr: ein Clipping in Print, Online oder auf Instagram? Das ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich. US-Kunden priorisieren mittlerweile häufig Instagram und Blogs. Für deutsche Kunden ist Print noch immer Premium und damit unverzichtbar. Die PR-Arbeit leidet unter gewissen Image-Problemen. Welche Vorurteile würdest du gerne widerlegen? Die Vorurteile waren einer der Hauptgründe, Bold zu gründen. Wir wollten PR die Relevanz zurückgeben. Dabei ist ganz wichtig zu verstehen: Wir verkaufen nichts, sondern sehen und als Inspirationsquelle für die Presse. Nicht selten werden wir angerufen, um über potenzielle Themen zu sprechen, denn relevante Inhalte werden dankbar entgegengenommen. Es ist wichtig zu wissen, mit wem man spricht und womit sich die Kontaktperson redaktionell auseinandersetzt. Halbwissen schadet nicht nur der Agentur, sondern leider auch dem Image der Branche. Insgesamt geht es um persönliche Kontakte und nicht um einen den größten Verteiler. Worauf freust du dich zur kommenden Fashion Week am meisten? Auf spannende Gespräche am Tag, auf wilde Nächte und hoffentlich auf genügend Schlaf in der Woche danach.

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Macher FAKEPR / Clare Langhammer

Clare Langhammer, Co-Gründeirn FakePR

FAKEPR „Ja, wir arbeiten verdammt hart!“ Wann wurde FakePR gegründet? FakePR wurde 2005 von mir und meinem Mann, Mike Langhammer, gegründet. Wir leben zusammen, wir arbeiten zusammen und wir lieben uns immer noch! Wie seid ihr denn auf den Namen gekommen? Witzig, dass du das fragst, da es sich bei dem Namen nicht um das handelt, was die meisten Leute grundsätzlich denken. Damals waren Oasis, Blur & Co. angesagt und wir haben uns ein paar lächerliche Namen überlegt wie SupernovaPR. Aber unsere Lieblingsmarke hieß damals Fake London, daher schien FakePR passend. Es war, als würde man einen Namen für das einzige Kind wählen. Okay, also ist der Name keine Assoziation mit der Branche. Bleibt dennoch die Frage: Ist Fashion ‚fake‘? Mode ist alles, was man sich von ihr wünscht: spaßig, unterhaltsam, politisch und ernst. Sie kann, wie Musik, den Moment oder das Gefühl des Tages ausdrücken. Sie ist auf deine Persönlichkeit zugeschnitten – ob extrovertiert oder introvertiert. Wie viele seid ihr mittlerweile im Team? Insgesamt sind wir zehn Leute. Neun Ladies und Mike! Was zeichnet FakePR aus? Als allererstes: das Team. Mike und ich schätzen uns sehr glücklich, so wundervolle Teammitglieder, mit unterschiedlichen Charakteren und fabelhaften Persönlichkeiten zu haben, die untereinander so gut zusammenarbeiten. Jeder in unserer ‚Familie’ arbeitet sehr hart, aber wir haben im Büro auch genauso viel Spaß miteinander. Zweitens: Wir glauben nicht an aggressive Strategien. Wir empfinden für das Medium, für das wir arbeiten sehr viel Respekt und wenn etwas einmal nicht nach Plan läuft, überdenken wir, anstatt etwas zu forcieren. Und drittens haben wir das Glück, eine so einzigartige und vielfältige Auswahl an Kunden zu führen, die viele Bereiche abdecken. Uns ist es sehr wichtig, dass die Marken unserer Kunden innerhalb des Showrooms untereinander nicht konkurrieren. Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß? Das ist einfach: die Kommunikation. Ich liebe es, mit den Medien zu reden. Zu den meisten Autoren habe ich während unserer langjährigen Zusammenarbeit auch Freundschaften aufgebaut. Übrigens ein weiterer Grund, weshalb ich die Press Days so gerne habe. Man trifft dann endlich diejenigen persönlich, mit denen man grundsätzlich nur am Telefon spricht oder Emails austauscht. Wenn man dann zum Ende hin endlich etwas mehr Zeit zum Plaudern hat, gleicht das fast schon einem Klassentreffen. Ich liebe auch einfach die Herausforderungen und blühe unter einem gewissen Druck regelrecht auf! Wie würdest du Berlin beschreiben? Berlin gehört zu den besten Städten der Welt, vielleicht ist sie sogar die Beste überhaupt. Ich habe bereits einige Male versucht, die Stadt zu verlassen, aber bin jedes Mal gescheitert. Berlin hat einfach seine eigenen Regeln und weniger Grenzen als irgendwo sonst. Deswegen liebe ich die Stadt so sehr. Sie ist voller Energie, Kunst und Kultur; hier wird man aus jeder Richtung inspiriert und Berlin ist einfach riesig!

Welche Marken habt ihr bei euch neu im Portfolio? Unser neuester Zugang ist Looks by Wolfgang Joop. Übrigens trage ich auch gerade ein Kleid aus der Kollektion. Es ist uns wirklich eine Ehre mit solch einem talentierten Ausnahmedesigner zusammenzuarbeiten und sehr faszinierend und inspirierend ihm bei der Arbeit zuzusehen. Er hat außerdem einen großartigen Sinn für Humor. Charlotte Tilbury ist aber auch erst seit kurzem bei uns. Ich liebe ihre Produkte, insbesondere die ‚Glow-Kollektion’ und die ‚Dry Sheet Maske’. Als würde man verpackte Jugendlichkeit bekommen. (lacht) Charlotte ist die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann. Sie ist schön, professionell, witzig und hat unglaublich viel Energie – so etwas habe ich noch nie erlebt. Nach welchen Kriterien kuratiert ihr euer Portfolio? FakePR ist eine Lifestyle-Agentur. Wir arbeiten mit Marken aus den verschiedenen Bereichen Mode, Beauty, Interior Design und Tourismus zusammen. Aber das wichtigste Kriterium: Wir lieben sie alle. Authentische Kommunikation ist nämlich nur dann möglich, wenn das Herz mit dabei ist. Und mit jedem Neukunden, mit jedem neuen Genre wachsen wir als Agentur an unseren Erfahrungen, egal ob gut oder schlecht. Worin liegen deiner Meinung nach heutzutage die größten Herausforderungen einer guten PR-Agentur? Die Medienlandschaft befindet sich im konstanten Wechsel. Um als Agentur langfristig erfolgreich zu sein, ist es umso wichtiger, für jede Marke über die für sie jeweils richtigen Mediakanäle zu kommunizieren. Die passende Strategie ist daher der Schlüssel zum Erfolg. Umso wichtiger ist es auch, mit unserem Team eng zusammenzuarbeiten, um zu gewährleisten, dass sie alle notwendigen Mittel haben, um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Gerade in Zeiten der Instagram-Informationsflut ist gute PR-Arbeit gefragt. Das ist sicher nicht leicht. Wie erzählt man heutzutage noch spannende Geschichten? Wie gewinnt man die geringe Aufmerksamkeitsspanne, die einem heute noch geschenkt wird? Die PR war schon immer eine sehr belebte Umgebung, daher ist es sehr wichtig, mit Leidenschaft zu kommunizieren. Es ist denkbar einfach: Wenn du für eine Marke brennst, hören dir die Leute zu. Was denkst du: Ist ein gutes Foto mit vielen Likes heutzutage mehr wert, als ein Artikel in einem Magazin oder Online? Ganz klar: Nein. Natürlich kommt es darauf an, mit wem man zusammenarbeitet, aber bei Instagram habe ich manchmal das Gefühl, dass man nie genau weiß, wen man eigentlich erreicht und man hört mittlerweile auch nicht gerade selten davon, dass Likes und Kommentare gekauft sind. Allerdings sind uns die Social Media-Manager, mit denen wir zusammenarbeiten, sehr vertraut und sie nehmen ihren Job sehr ernst. Nichtsdestotrotz ist die globale Reichweite bei Instagram natürlich von großem Vorteil. Mein Ziel ist es, eine Geschichte zu erzählen, eine Marke aufzubauen. Ein ganzseitiges Interview, das die Aufmerksamkeit von ein paar Minuten verlangt, wird für mich immer einen größeren Wert haben, als das sekundenschnelle Wi-

FakePR Münzstraße 15 10178 Berlin Kunden: A.P.C., Aeance, Alex Eagle, Allied Metal Works, Barbour, Barton Perreira, Charlotte Tilbury, C.P. Company, Fred Perry, German Press Days, Hemsley + Hemsley, Joseph, Josh Wood, Looks, Marlies Dekkers, Matchesfashion.com, Paige, P.E Nation, Raey, Stance, S‘well

schen über ein Smartphone. An Artikel kann man sich noch Jahre später zurückerinnern. Ein Bild, das man auf Instagram geliked hat, gerät manchmal schon nach einigen Minuten in Vergessenheit. Aber die Welt verändert sich nun mal und mit ihr auch die Medien. In einer idealen Welt bespielt man alle drei Ebenen. Apropos Veränderung: Inwiefern hat sich deine Arbeit im Vergleich zu ein paar Jahren zuvor geändert? Nun, sie ist definitiv komplexer geworden. Es gibt einfach viel mehr, das getan werden muss und auch die Erwartungen sind heutzutage höher. Heutzutage ist aber auch die Kommunikation untereinander wichtiger denn je. Paradoxerweise, weil wir zwar mehr Mittel und Wege dazu haben, aber eigentlich weniger Face-to-Face miteinander reden. Inwiefern hat sich also der Austausch mit den Kunden und der Presse verändert? Alles und jeder ist eigentlich konzentrierter, aber man wäre überrascht, wie sehr die Leute es genießen sich mit dir zu unterhalten – vor allem, wenn man zuhört und nicht in Eile ist. Der Nachteil hier in Deutschland ist aber, dass wir über das ganze Land hinweg verteilt sind. Umso mehr halte ich die German Press Days für essenziell. Eine Faceto-Face-Kommunikation ist weitaus einflussreicher als eine Email. Man sagt der PR ja vieles nach. Welche Vorurteile würdest du gerne widerlegen? Bevor ich mit PR-Arbeit angefangen habe, wusste ich nicht einmal, dass sie existiert. Der Job einer PR-Agentur findet immer im Hintergrund statt. Dabei ist unsere Kommunikation mit den richtigen Leuten in der Medienbranche doch erst der Grund, weshalb eine Marke ein gewisses Level an Aufmerksamkeit erreicht und dadurch auch wächst. Also ja, wir arbeiten verdammt hart! Welche Eigenschaften muss man heute besitzen, um in der Branche Fuß fassen, wenn nicht sogar überleben zu können? Mittlerweile ist es wichtiger denn je, relevant zu sein und zu Dingen auch mal Nein sagen zu können, die sich nicht richtig anfühlen. Wir haben schon öfter Marken mit einem guten Budget abgelehnt, wenn das Gefühl einfach nicht stimmte.

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

Macher SILK RELATIONS / Kerstin Geffert & Silke BOLMS

Kerstin Geffert & Silke Bolms, Gründerinnen Silk Relations

SILK RELATIONS „Hohe Kunden-Loyalität, Authentizität, Schnelligkeit, Professionalität und eine Null-Prozent-Bitches-Regel im Team.“ Wann wurde Silk gegründet? Silke: 2005. Wie kamt ihr auf die Idee, eure eigene Agentur zu gründen und wie kam der Name zustande? Kerstin: Ich komme aus dem klassischen Marketing, Silke war schon vorher in der PR tätig. Wir hatten das Gefühl, dass wir uns gut ergänzen würden und haben einfach losgelegt. Das war vor zwölf Jahren. Wir hießen ursprünglich SKR – Silke, Kerstin, Relations. Ernsthaft! Auf Dauer fanden wir Silk dann aber doch etwas eleganter. Wie viele seid ihr im Team? S: Wir haben aktuell 32 Mitarbeiter. Was zeichnet Silk Relations aus? S: Hohe Kunden-Loyalität, Authentizität, Schnelligkeit, Professionalität und eine Null-Prozent-Bitches-Regel im Team. Was macht euch an eurem Job am meisten Spaß? K: Es wird nie langweilig. S: Vielfältigkeit und das Entdecken immer neuer Möglichkeiten, Produkte und Projekte. Was hat Berlin, das andere Großstädte nicht haben? K: Eine verschwindend geringe Dichte an echten ChanelHandtaschen. S: Einen maximalen Grad an persönlicher Freiheit – Stichwort: im Schlafanzug zum Bäcker. Welche Marken habt ihr neu bei euch im Portfolio? K: Relativ neu bei uns sind das französische DOB-Label ba&sh, die dänische Brillenmanufaktur Ørgreen Optics und der Off-Prize-Retailer Saks Off 5th, der dieses Jahr noch fünf Filialen in Deutschland eröffnen wird. Außerdem beraten wir seit März 2017 auch unseren langjährigen Kunden Levi’s strategisch auf europäischer Ebene. Ein großer Schritt für eine ‚kleine Agentur’ aus Berlin... Werdet ihr zukünftig weitere internationale Projekte wie diese angehen? S: Unser Credo war schon immer langsames, gesundes Wachstum. Wir sind nie explodiert, weil dann die Kunden unter der Mitarbeiter-Akquise leiden würden. Wir setzen jetzt erst einmal den europäischen Levi’s-Umfang sauber und fundiert auf die Schiene und wenn der gut läuft, wird sich der Rest schon ergeben. Wir haben schon ein paar Bestandskunden, die ebenfalls Interesse bekundet haben, bei denen wir uns das auch gut vorstellen könnten. Nach welchen Kriterien kuratiert ihr euer Portfolio? S: Wir behalten einfach alles im Blick: die Mischung im Showroom, die Außenwirkung, die jeweiligen Anforderungen der Kunden, die Relevanz für die Presse. Derzeit

schauen wir bei nachhaltigen Brands genauer hin. Ein Feld, das insbesondere Silke sehr interessiert. Wir möchten zukünftig auch den Bereich Beauty weiter ausbauen. Stichwort ‚ausbauen‘: Ihr habt kürzlich auf die ‚Balenciaga-Ikea-Taschen‘ reagiert; nämlich mit eurer eigenen, sogenannten ‚Silkenciaga-Bag’. K: Die Silkenciaga-Bag war als kleines, augenzwinkerndes Goodie für unsere Top-Stylisten gedacht. Also für diejenigen, die tagtäglich in unserem Showroom ein- und ausgehen, um Styles unserer Kunden für Editorials auszuleihen. Schlussendlich ist daraus nebenbei eine ganz schöne Eigen-PR-Kampagne geworden; einfach weil die Taschen so gut ankamen. Worin liegen heutzutage die Herausforderungen einer PRAgentur? S: Mit klassischer PR-Arbeit alleine ist der Job lange nicht mehr getan. Alles greift viel stärker ineinander: PR, Social Media, Influencer-Marketing, Events, Seeding, Marketing. Und am liebsten alles in Echtzeit. Was bei diesem zum Teil chaotischen Mediamix immer stärker gefragt ist, ist eine fundierte strategische Beratung, die die Grundlage aller unserer Maßnahmen ist. Inwiefern hat sich die Arbeit eines PRlers im Vergleich zu ein paar Jahren zuvor geändert? K: Früher war man ein guter PRler, wenn man ein prall gefülltes Notizbuch mit den privaten Telefonnummern der wichtigsten Medienkontakte in der Tasche hatte. Heute muss man aber on top die Followerzahl der wichtigsten Influencer parat haben, dabei permanent Snapchat im Blick behalten und wissen, welcher Caterer die besten veganen Cupcakes der Stadt im Angebot hat. Kerstin, du bist fashiontechnisch sehr aktiv auf Instagram unterwegs. Kannst du eine Prognose abgeben, wohin es mit den Social Media-Kanälen zukünftig gehen wird? K: Ich persönlich habe schon immer gerne fotografiert und große Freude daran, mein kleines Schaufenster im Quadrat zu kuratieren. Aber ja, Instagram ist innerhalb kürzester Zeit ein ganz normales Tool in unserem Mediamix geworden. Und auch bei der Planung von Events denkt man mittlerweile ganz selbstverständlich an ‚instagrammable moments’. Wir nutzen den Kanal sowohl für Eigen-PR als auch für Recherche und Inspiration. Die Professionalisierung wird hier sicher weiter voranschreiten und die Spreu sich vom Weizen trennen. Reichweite wird, hoffentlich schon bald nicht mehr alles sein. Genau wie zielgruppenspezifische Magazine mit vergleichsweise kleiner Auflage werden auch Mikroinfluencer, die mit eigener Bildsprache ein spezifisches Publikum ansprechen, an Relevanz gewinnen. Was zählt denn heute mehr: ein Clipping in Print, Online oder auf Instagram? K: Das variiert glücklicherweise von Kunde zu Kunde sehr stark. Einigen ist die Zusammenarbeit mit Influencern weitest-

Silk Relations GmbH Chausseestr. 123 10115 Berlin Kunden: AOD, Anne Bernecker, Asos, ba&sh, Calzedonia, Clarks, Clarks Originals, Conturelle, Davines, Dopper, Felina, German Press Days, Ibiotics, Intimissimi, Ivy & Oak, Levi’s, Levi’s Made & Crafted, Levi’s Vintage Clothing, Look Beautiful, Marshall Headphones, Molami, Nikewomen, Nike Sportswear, Ørgreen Optics, Qwstion, Red Wing Heritage, Reima, Saks Off 5th, Shoepassion, Tezenis, Tom Tailor, Tom Tailor Denim, Uniqlo, Urbanears, Veja

gehend egal, andere zahlen fünfstellige Beträge für Kooperationen mit entsprechender Reichweite. Ich liebe nach wie vor Print-Clippings in toll gemachten, hochwertigen Magazinen wie beispielsweise der ‚Achtung’. S: Am meisten freut mich, wenn das Clipping zu 100 Prozent auf Strategie ausgerichtet ist. Da ist es mir egal, ob Print, Online oder Social Media. Wobei ich auch finde, dass nichts über ein 1/1 Seite-Clipping in der Vogue geht oder gar das Cover – OMG! Kommunikation ist heutzutage wichtiger denn je. Paradoxerweise, weil wir zwar mehr Mittel und Wege dazu haben, dabei aber immer weniger Face-to-Face miteinander reden. Inwiefern hat sich also der Austausch mit den Kunden und der Pesse verändert? K: Kein Tag ohne Telko! Da viele unserer Kunden nicht aus Berlin kommen, beziehungsweise auch gar nicht in Deutschland ansässig sind, ist eine regelmäßige telefonische Abstimmung unumgänglich. Wir reisen aber auch viel und treffen unsere Kunden, so oft es geht und Sinn macht, auch persönlich. Wir bedienen uns aller Kommunikationskanäle, die es gibt; sei es Messenger, What’s App oder Insta Stories. Trotzdem glauben wir auch weiterhin an persönliche Kommunikation, Pressereisen, Frühstücke und Events… Die PR-Arbeit leidet unter gewissen Image-Problemen. Welche Vorurteile würdet ihr gerne widerlegen? S: Dass PR ein ‚billiges’ Marketing-Tool ist. Kommunikation ist so viel mehr als reines Advertising! K: Dass PR einfach ist, nur weil es manchmal leicht aussieht. Folgt nach eurer ‚eigenen Taschen-Kollektion‘ bald das nächste Projekt? S: Bestimmt! Ein Silk Hotel wäre doch schön, oder? Oder eine ‚Silk on tour‘-Travelagentur. Die besten Tipps für Shopping und Food hätten wir jedenfalls auf Lager.

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

macher Citizens of Humanity / Amy Williams

Citizens of Humanity / Amy Williams

HOW TO BE A WONDER WOMAN Amy Williams ist das, was man heute als moderne Powerfrau bezeichnen würde. Sie ist glücklich verheiratet, Mutter von zwei Kindern und erfolgreiche Karrierefrau. Als CEO des US-amerikanischen Modeunternehmens Citizens of Humanity ebnet sie mit dem Trio aus der gleichnamigen Marke, AGOLDE und Goldsign den Weg in die Zukunft des Denim. Interview: Cheryll Mühlen, Fotos: Citizens of Humanity

Die Geschichte von Amy Williams ist wie so viele Erfolgsgeschichten alles andere als geradlinig. Eigentlich nämlich, hatte die Amerikanerin Politikwissenschaften studiert, ehe aus einem Nebenjob bei den Einkaufshäusern Bloomingdale’s und später Macy’s am Herald Square in New York dann doch irgendwann Ernst wurde. Es dauerte nicht lange, bis Amy im Anschluss ihre langjährige Karriere bei Gap begann. In den 15 Jahren habe sie dort vieles über Denim lernen können, sagt sie heute. In diesen 15 Jahren kam es auch zu jener schicksalhaften Begegnung, die Williams’ heutige Karriere als Jeansexpertin begründete. 1999 lernte sie im Zuge einer Kooperation Adriano Goldschmied, ‚the godfather of denim‘ kennen, der später für ein neues Label arbeiten sollte, das 2003 von Jerome Dahan gegründet wurde: Citizens of Humanity. Einen kurzen Exkurs zu Lucky Brand Jeans sowie der Lancierung einer eigenen Kinderlinie später, klingelte dann 2009 ihr Telefon. Gary Freedman war am Apparat, Citizens’ COO. Ihre Karriere bei Citizens of Humanity nahm fortan ihren Lauf und nur zwei Jahre später, 2011, wurde sie zur Präsidentin ernannt. Ihr bis dato beeindruckender Erfolg in dieser Position führte sie von dort aus geradewegs zu ihrem gegenwärtigen Posten, den sie seit Mai 2015 innehält: CEO von Citizens of Humanity. Amy, als CEO eines Unternehmens bist du für vielerlei Baustellen verantwortlich. Worauf hast du anfangs deinen Hauptfokus gelegt? Vieles, was ich damals als Präsidenten begonnen habe, fahre ich heute fort. Wie zum Beispiel den Aufbau eines starken Teams für Design, Branding, PR und Vertrieb sowie die Entwicklung guter Beziehungen zu unseren Key-Account-Partnern auf der ganzen Welt. Außerdem gehört es zu meinen Aufgaben eine große Produktpalette zu schaffen und sicherzustellen, dass das Produkt, die Markenpolitik und die Unternehmenspraktiken mit jeder unserer individuellen Marken übereinstimmen.

Du bist zweifache Mutter, Ehefrau und gleichzeitig ‚the boss of the boss’. Das klingt nach vielen Herausforderungen. Wie darf man sich einen gewöhnlichen Tag bei Amy Williams vorstellen? Als erstes werde ich um 6:30 Uhr von mindestens einer unserer Zwillingstöchter wachgeküsst, gefolgt von einer schönen, starken, kaltgebrühten Tasse Eiskaffee. Danach checke ich meine Mails, um zu sehen, woran die Kollegen in Europa gerade arbeiten und antworte ihnen, bevor ihr Tag endet. (Anm. d. Red. Neun Stunden Zeitunterschied liegen zwischen L.A. und Deutschland.) Dann werden die Kinder für ihren Schultag fertig gemacht. Erst dann beginnt mein eigentlicher Arbeitstag. Das bedeutet: Viele Meetings und Anrufe mit unserem Team, um gemeinsam zu brainstormen, Dinge abzuarbeiten und sich gegenseitig zu motivieren. Außerdem verbringe ich viel Zeit mit unseren Design- und Branding-Teams und führe mit den Key-Accounts zahlreiche Meetings und Gespräche. Und zwischendurch? Viele, viele Emails! Zum Schluss darf aber die Quality-Time mit der Familie nicht fehlen. Das ist ganz wichtig. Wir essen immer gemeinsam zu Abend und ich versuche in der Regel, mit meinen Kindern für eine Weile draußen zu spielen. Das klingt ehrlich gesagt stressig, aber auch sehr gut durchgetaktet, was sicherlich keine einfache Aufgabe ist. Was ist denn in deinen Augen die größte Herausforderung im Bereich Denim? Ah, ich liebe es! Ich glaube, dass Herausfordernde an Denim ist das Erbe, die Geschichte und die Verantwortung, die an diesem Kleidungsstück hängt. Die Leute haben einfach eine sehr starke Bindung zu Jeans. Denim ist sehr technisch und in gewisser Weise auch sehr anspruchsvoll in der Herstellung. Es gibt daher nur eine sehr kleine Gruppe von talentierten Designern und Kaufmännern, die es verstehen, ein begehrenswertes Qualitätspro-

dukt herzustellen. Ich schätze mich daher sehr glücklich, derzeit mit einem derart großartigen Team mit solch herausragenden Talenten zusammenzuarbeiten.

„Man muss heutzutage ein guter Zuhörer sein – sowohl für den Kunden als auch für den Markt.“ Ein gutes Team ist die Basis für ein erfolgreiches Unternehmen. Besonders, wenn man mehr als eine Marke führt, wie das Trio aus Citizens of Humanity, AGOLDE und Goldsign. Aber was braucht ein Unternehmen, außer einem hohen Qualitätsanspruch und einem guten Team, um heutzutage marktrelevant zu bleiben? Ich glaube, man muss wissen, wofür die eigene Marke steht. Und das meine ich in jedem Sinne des Wortes. Produkt, Branding, Vertriebsansatz, Unternehmensphilosophie, Teamkultur und langfristige Vision. Man muss heutzutage ein guter Zuhörer sein – sowohl für den Kunden als auch für den Markt. Auch innovativ. Das gilt nicht nur für das Produkt, sondern auch für die Erschaffung von Chancen. Man sollte auch bei der Ausführung sehr bedacht sein und sich über das Endergebnis ebenso Gedanken machen, wie über TopVerkäufe. Kommen wir auf ein anderes Thema zu sprechen. Die Modewelt scheint eine reine Frauendomäne zu sein. Öffnet man jedoch die Türen zu den oberen Unternehmensetagen, stellt man fest, dass signifikant viele dieser Unternehmen von Männern geführt werden. Du bist also eher die Ausnahme. Wie ist es für dich als Frau ein so großes und erfolgreiches Unternehmen zu führen? Was sind die Vor- und was die Nachteile?

Vielleicht klingt das naiv, aber ich denke ehrlich gesagt nicht darüber nach. Ich habe mit intelligenten Frauen und Männern gleichermaßen zusammengearbeitet und konnte als Person daran wachsen. Das Gleiche habe ich für die Teams getan, mit denen ich gearbeitet habe. Das Härteste, mit dem ich aber persönlich am meisten zu kämpfen habe ist, das Gleichgewicht zu halten, eine anwesende und fürsorgliche Frau und Mutter zu sein und zeitgleich den Beruf auszuüben, den ich liebe und auch sehr gewissenhaft machen möchte. Ich versuche also immer die richtigen Entscheidungen um meine Prioritäten herum zu treffen und sage daher auch viele Einladungen zu Events oder zu Freunden ab, die während meines Arbeitstags stattfinden. Je älter ich werde und je älter meine Kinder werden, desto mehr fühle ich mich auch zu Hilfsorganisationen hingezogen wie zum Beispiel ‚Every Mother Counts’, dessen Arbeit und Bewegründe mit meiner Wertvorstellung einhergehen. Was könnte man tun, um andere arbeitende Mütter zu unterstützen? Ich unterstütze zum Beispiel ‚Every Mother Counts‘, weil ich, nachdem ich selbst Mutter wurde, gelernt habe, dass 98 Prozent von mütterlichen Todesfällen vermeidbar sind – und das mit nur sehr wenigen Mitteln. Die Mehrheit dieser betroffenen Frauen stammt aus Entwicklungsländern. Zwei sterben jeden Tag in den USA. Die Ursachen hängen mit Transport, Bildung und Versorgung zusammen. Mir persönlich liegt das Thema aber auch sehr am Herzen, weil mir meine Mütter – sowohl meine leibliche als auch Adoptivmutter sowie zahlreiche andere Frauen im Leben geholfen und mich unterstützt haben. Das hatte einen enormen Einfluss auf mich. Als ich acht war, wurde meine Adoptivmutter krank. Sie starb als ich 16 Jahre alt war. Sie nicht mehr emotional und körperlich bei mir zu haben, war und ist sehr herausfordernd. Ich möchte daher da-

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macher Citizens of Humanity / Amy Williams

Neben Citizens of Humanity gehören auch Goldsign und AGOLDE zum kalifornischen Unternehmen.

bei helfen, dass andere Kinder nicht ohne ihre Mutter aufwachsen müssen. Mutter zu sein, ist jeden Tag ein Geschenk für mich. Eines, das ich jeder Karte und jedem Strauß vorziehen würde. Wenn ich also einen Wunsch hätte, dann würde ich andere Frauen bitten, am Muttertag Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und das Geld für ‚Muttertagsgeschenke‘ lieber für einen guten Zweck zu spenden. Das wäre großartig und ein unglaublicher Tribut an die Mutterschaft und Erziehung.

„Was ich nicht mag sind Egos. Habe ich nie getan und werde ich auch nie tun.“ Zurück zu deinem Job. Was genau liebst du an ihm? Was eher weniger? Ich liebe die Menschen, die Energie, die Kreativität. Ich liebe es, jeden Tag die Möglichkeit zu haben, zu wissen, wie es einem selbst und dem Unternehmen geht. Wie sich die Produkte verkaufen und wie man daran die Effektivität ‚messen‘ kann. Was ich überhaupt nicht mag sind Egos. Habe ich nie getan und werde ich auch nie tun. Ich finde, dass Egos sehr destruktiv sein können. Sie holen einfach nicht das Beste aus einem Menschen heraus, was im Umkehrschluss bedeutet, dass das Beste auch nicht erreicht werden kann. Niemand weiß alles, aber die Magie, die innerhalb eines tollen Teams entsteht, ist unglaublich. Mit deiner Vita sowie deiner aktuellen Position schauen sicherlich viele Frauen zu dir hinauf. Hast du dich jemals als Vorbild gesehen? Ehrlich gesagt nein, schon gar nicht als Gender-Vorbild. Ich bin vielmehr jemand, der sehr leidenschaftlich ‚proklamiert‘ das zu finden, was man liebt, jemand, der hart arbeitet und nett und großzügig zu anderen Menschen ist. Ich glaube wirklich, dass man mit Ehrlichkeit

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– vor allem sich selbst gegenüber – und dem, was man liebt, automatisch härter arbeitet und einem so gute Dinge wiederfahren. Du bist sehr erfahren in dem, was du tust. Was würdest du deinem jüngeren Ich heute sagen? Dass es immer seinem Instinkt für Menschen folgen soll. Das wiederum klingt nach einer ‚Lektion gelernt‘-Geschichte. Ja. Ich habe einmal nicht auf mein Bauchgefühl gehört. Das Ergebnis war schlussendlich nicht das, was ich mir erhofft hatte. Ich würde also meinem jüngeren Ich vielleicht noch sagen, dass man immer sagen sollte, was man denkt, aber auf eine respektvolle Art. Die besten Dinge entstehen, wenn man verschiedene Diskussionen und Debatten aus verschiedenen Blickwinkeln führt. Apropos Blickwinkel: Wie würdest du die aktuelle Marktsituation beschreiben? Leider gibt es mittlerweile weit mehr auf dem Markt als der Konsument braucht oder in der Lage ist zu konsumieren und zu verstehen. Ich habe auch das Gefühl, das es eine Art Cut gab, dem Verbraucher gerecht werden zu wollen. Wenn man kuratiert, redigiert und sich ernsthaft Gedanken über das macht, was man letztlich auf den Markt bringt, dann gewinnt man den Kunden auch langfristig – sowohl in den Stores als auch online. Welche Länder sind für eure Marken denn am wichtigsten und welche würdest du gerne weiter wachsen sehen? Die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Italien und Australien sind definitiv unsere stärksten Märkte. Wir würden unsere Marken aber auch gerne in Japan weiter vorantreiben und arbeiten gerade intensiv daran, das zu verwirklichen. Daher wird AGOLDE dieses Jahr auch endlich in Japan

lanciert. China und Südkorea sind zwar beides eher kleine Märkte für uns, aber wir sind dort im Handel sehr erfolgreich platziert und sehen dort ebenso großes Potenzial. Wo siehst du Citizens of Humanity in naher Zukunft? Citizens of Humanity wird weitere, begehrenswerte Denimprodukte kreieren und lancieren – sowohl in den Menswear- und Womenswear-Bereichen. Wir werden auch mit unserem E-Commerce expandieren und vielleicht sogar den weltweiten Versand einführen. Außerdem werden wir unser sehr interessantes Branding-und Content-Programm mit unseren Händlern weiter ausbauen sowie unser Business in den asiatischen Märkten vorantreiben. AGOLDE wächst zudem rasend schnell und wir hoffen, dass sich diese Entwicklung langfristig fortsetzt. Alles in allem möchte ich in erster Linie, dass mein Team weiter wächst und es Teil von etwas Besonderem sein kann. Eine Sache interessiert mich noch. Wie viele Paar Jeans besitzt eigentlich der CEO eines Jeansunternehmens? Zu viele, um sie zu zählen! Vielleicht so um die 40. Und welche davon ist deine Lieblingsjeans? Die, die mir an dem Tag, am besten passt. (lacht) Eigentlich aber eine Slim-BoyfriendStyle. Die ist für mich am bequemsten und vielseitig einsetzbar, wie der Citizens ‚Emerson‘-, ‚Corey‘- oder ‚Liya‘-Fit. Kannst du dich noch an deine allererste Jeanshose erinnern? Ja, es war eine Levi’s-Cordhose, die ich von meiner Cousine geerbt habe. Als ich in der fünften Klasse war, hat mich meine Mutter immer gezwungen, Kleider zu tragen. Ich habe also meine geliebte Cordhose im Rucksack versteckt und sobald ich in der Schule war

direkt angezogen. Ich hatte gewissermaßen schon immer einen starken Sinn dafür, was ich einmal tun und tragen würde. Mehr als 40 Jahre später hat sich mein Style nicht wesentlich verändert: ein tolles Paar Jeans, eine weiße Bluse und eine Jacke, fertig. Du kommst aus New York, lebst aber in L.A. Wie hat Los Angeles dein Verständnis von Mode beeinflusst? Ich habe L.A. schon immer geliebt: den Lifestyle, die Leute, die kreative Energie, die damals von der Film- und TV-Industrie ausging und heute von Kunst, Entertainment, Mode und der digitalen Welt ausgeht. Aber auch von den Menschen, die hierher kommen, um ihre eigenen, kreativen Träume zu erfüllen. Die Westküste hatte in meiner Vorstellung immer ein großartiges Gespür für Stil. Los Angeles lädt dazu ein Jeans, ein locker sitzendes T-Shirt, offene Schuhe und tolle Accessoires zu tragen. Über die letzten Jahre sind aber auch unglaublich viele verschiedene, kreative Typen aus den Medien, der Mode und Design nach L.A. gezogen. Das hat zur Folge, dass Elemente der Ostküste, wie zum Beispiel das polierte, urbane Feeling von New York sich mit Downtown L.A. mixen. Daraus resultiert ein sehr cooler Style und Mix aus Mode – insbesondere in der Menswear und jungen Mode. Das ist sehr inspirierend. Gibt es einen Ort, an dem du noch nie warst, aber gerne hinmöchtest? Indien! Ich liebe die Kultur und die Menschen dort. Ich kann mir vorstellen, dass es wunderbar sein muss, dort Zeit zu verbringen. Ein sehr inspirierendes Land. Bhutan steht aber auch auf meiner Liste. Und zum Schluss: Wie lautet dein Lebensmotto? Lebe, was du liebst. Danke dir, Amy!


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Newcomer Yulia Yefimtchuk

Yulia Yefimtchuk

MODE MIT KONZEPT Die Ukrainerin Yulia Yefimtchuk kreiert Mode mit einer politischen Dimension und ruft dazu auf, „das Leben in all seiner Schönheit zu genießen“. Wie? Mit unmissverständlichen Slogans, so anregend wie brachial. Text: Vanessa Pecherski Wie politisch kann Mode sein? Das ist eine Frage, die angesichts der prekären Weltlage relevanter denn je erscheint. Feminismus, Wahlen, Kriege, Klimawandel und Terror – die Missstände könnten brisanter kaum sein. Und regen konsequenterweise immer mehr Designer dazu an, Stellung zu beziehen und ihre Meinung unverblümt auf Stoff zu bringen. Yulia Yefimtchuk ist eine solche Designerin, die sich auf die wortwörtliche Oberfläche fokussiert und damit unmissverständliche Mode kreiert: quasi vom Reißbrett straight into your face! Die Oberflächen ihrer Entwürfe dienen der Ukrainerin dabei als Canvas für kritische Botschaften: „Maschinen produzieren Maschinen“ lautet beispielsweise der Hauptslogan ihrer Herbst/Winter-Kollektion 2016/2017. Die großen, kyrillischen Lettern, die auf den Entwürfen prangen, sind nicht zu übersehen; sie sollen unter anderem dazu anregen, das „Le-

ben in all seiner Schönheit zu genießen“, die es abseits von der uns antreibenden harten, routinierten Arbeit zu bieten hat. Davon angetrieben, jedes Kleidungsstück zu einem kunstvollen Signal zu machen, thematisiert Yefimtchuk, die als Finalistin des Modefestivals in Hyères (2014) erstmals ein internationales Publikum auf sich aufmerksam machte, in ihren Kollektionen tiefgründige Themen wie die Ausbeutung der Arbeiterklasse. Auch Propaganda-Plakate der ehemaligen Sowjetunion, die aktuellen Unruhen in ihrem Heimatland oder der Konstruktivismus der Zwanziger Jahre finden sich darin wieder. Mit geräumigen Silhouetten setzt Yefimtchuk darüber hinaus ein Zeichen gegen die „Instrumentalisierung des weiblichen Körpers“, indem sie ihn raffiniert umhüllt und dadurch besonders kraftvoll erscheinen lässt. Die wiederkehrenden Basis-Farben Schwarz, Rot und Weiß werden

flächig und kontrastreich eingesetzt und erinnern dabei nicht nur an ukrainische Trachtelemente, sondern stehen stellvertretend für die Emotionen Selbstbewusstsein, Arbeit, Kraft, Freude und Frieden. Kraftvolles Blau und kreischendes Gelb werden lediglich eingesetzt, um die Botschaften noch „lauter“ erscheinen zu lassen. Die Jungdesignerin besticht neben ihrer reflektierten Auseinandersetzung mit der Macht von Mode vor allem mit ihrem konsequenten Konzept, das denkbar einfach und eindringlich ist: Reduzierte Formensprache trifft auf limitierte Farbpalette trifft auf Statement-Slogan. Im spannenden Zusammenspiel dieser drei Elemente entpuppt sich Yefimtchuks Mode als Sprachrohr, das trotz, oder gerade wegen seiner unbehaglich-mahnenden Aura sowohl den Träger, als auch den Betrachter in seinen Bann zieht – fernab von banalen Oberflächlichkeiten.

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Newcomer Zazi Vintage

Zazi Vintage

Von A bis ZAZI Ganzheitlich, konsequent und ohne Kompromisse: Unter dem Label Zazi Vintage kreiert die Gründerin Jeanne de Kroon Unikate, die Geschichten zwischen Vergangenheit und Zukunft schreiben. Ganz nebenbei gelingt ihr damit der Brückenbau zwischen Entwicklungshilfe und Modewelt. Text: Vanessa Pecherski Wann immer es in der Mode um die Themen Verantwortung, Nachhaltigkeit und Transparenz geht, wandert man – so scheint es – stets auf einem schmalen Grat aus Imageproblem, Öko-Muff und vermeintlichem Mitläufertum, das den versierten Konsumenten eher abschreckt, anstatt ihn für die genannten Themen nachhaltig zu sensibilisieren. Wie ethisch kann Mode in Zeiten des Massenkonsums sein? Wie können Produzenten und Konsumenten von Mode profitieren? Ferner noch: Kann Mode Menschen gar zusammenbringen? Es sind komplexe Fragen, mit denen sich die 22-jährige Niederländerin Jeanne de Kroon so verantwortungsbewusst wie leidenschaftlich auseinandersetzt. Aus ihrer persönlichen Ambition heraus, benachteiligten Frauen in entwicklungsarmen Ländern eine Stimme zu verleihen, entschloss sie sich vor einem Jahr das High-End-Modelabel Zazi Vintage zu gründen. Das Credo dahinter: Hier wird nichts Neues produziert, sondern nur bisher Bestehendem neues Leben gegeben.

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Nach verstaubten Flohmarktfunden sucht man hier allerdings vergebens. Die Kollektionen, beziehungsweise ‚Kapitel’, setzen sich aus wunderschönen Kleidern, Mänteln und Blusen zusammen, die die Wahlberlinerin de Kroon auf ihren Reisen um die Welt entdeckt hat. Hochwertige Vintage-Seidenfasern, die von Familien aus Usbekistan gesammelt werden oder auch recycelte Teppiche aus der Mongolei bilden die Basis für wunderschöne Unikate, deren opulent-ethnischer Look gepaart mit fließend-weiten Silhouetten herrlich feminin und ungezwungen daherkommt. Bei Zazi ist Vintage keine stilistische Umschreibung, sondern gelebte Wertschätzung, die das Handwerk, das Produkt und den Menschen dahinter gleichermaßen respektiert und zelebriert. De Kroos, die jahrelang im internationalen Modebusiness tätig war, gelingt es außerdem, ihre ethische Mode ansprechend und absolut zeitgemäß zu inszenieren und zwar ohne den erhobenen Zeigefinger, der bei diesem Diskurs allzu oft mitschwebt.

Jedes der liebevoll gefertigten Kleidungsstücke hat dabei eine ganz individuelle Geschichte, die förmlich darauf wartet, fortgesetzt zu werden: „Frauen kommunizieren mit ihren Kleidern untereinander. Ich möchte, dass jeder genau weiß, wo ein Kleidungsstück herkommt, von wem es hergestellt wurde und wen es schlussendlich unterstützen wird. Ich bin überzeugt, dass ich durch die Verbindung beider Seiten – den Frauen, die die Kleider produzieren und den Frauen, die die Kleider tragen – eine Brücke schlagen kann“. Und zwar mit Mode, die einen wortwörtlichem Mehr-Wert schafft: Mit dem Erlös von nur einem Kleid profitieren die Frauen, die die Kleider in Indien fertigen, finanziell und können oberhalb der allgemeinen Armutsgrenze leben. Recycling, Fairness und Frauenpower. Wertschätzung, Individualität und Andersartigkeit. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Jeanne de Kroon gelingt die Gratwanderung – von A bis Zazi.


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marken P.E Nation / Pip Edwards & Claire Tregoning

P.E Nation / Pip Edwards & Claire Tregoning

Dynamisches Duo Ein Jahr, fünf Kollektionen, zwölf monatliche Drops, 85 Länder und unzählige Kaffees... So fassen zumindest die beiden Gründerinnen des australischen und ultracoolen ‚Fashion meets Activewear‘-Newcomers P.E Nation, Pip Edwards und Claire Tregoning, den beispiellosen, globalen Erfolg seit der Gründung vor gerade Mal einem Jahr zusammen. Interview: Cheryll Mühlen

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marken P.E Nation / Pip Edwards & Claire Tregoning

Pip Edwards & Claire Tregoning starten seit 2016 mit ihrem Label P.E Nation richtig durch.

Die Idee, ein gemeinsames Label ins Leben zu rufen entstand, wie sollte es anders sein, relativ spontan. Genauer gesagt beim gemeinsamen Lunch. Etwas Praktisches und zugleich Stylisches sollte her. Und ihre Ansprüche waren hoch. Schließlich sind beide berufstätige Mütter aus der Modebranche. (Pip und Claire arbeiteten zuvor unter anderem beim australischen Label Sass & Bide.) Daher wusste das Duo auch ganz genau, was ihnen – und offensichtlich tausenden von anderen Frauen – fehlte. Dass sie mit ihrem straßen- und gym-tauglichen, zeitgenössischen 80er- meets 90er-Vibe dabei mitten ins Schwarze treffen würden, das ahnten selbst Pip und Claire nicht. Und doch ist dieser modische Durchbruch nicht nur dem vorherrschenden Streetwear-Trend und den sexy Sport-Designs geschuldet. Vielmehr ist es das dynamische Duo hinter der Marke, dass es versteht, den Lifestyle rund um die Marke P.E Nation authentisch mit seinen Kunden, oder besser:‚Followern‘ (60.000) zu teilen. Nicht nur beruflich, sondern auch privat seid ihr beide sehr aktiv auf Instagram. Inwiefern hat Social Media zu eurem Erfolg beigetragen? Pip: Wir haben einige Monate vor dem Launch mit unserem P.E Nation Instagram-Account begonnen und einige Moods geteilt, die eine Idee davon vermittelten, wie die Marke später aussehen würde. Das hat uns ermöglicht, vorab eine Community aufzubauen und unsere Persönlichkeit und kreative Vision mit unserem Publikum zu teilen. Instagram ist eine großartige Plattform, mit seinen Kunden in direkten Kontakt zu treten. Claire und ich sind daher auch immer sehr bemüht, auf Kommentare und Fragen einzugehen. Stichwort ‚kreative Vision’. Wer oder was inspiriert euch? Claire: Alles! Architektur, Musik, Design, Film… P: …und Pinterest! (lacht) Wenn ihr nach einem so unglaublich aufregendem Jahr zurückblickt: Was war euer denkwürdigster Moment seit der Gründung von P.E Nation? P: Da gibt es so viele! Ob nach nur zwei Wochen nach dem Launch auf der Fashion Week zu zeigen, globale Händler wie Net-à-Porter und Selfridges für uns gewinnen zu können, unsere Ziele innerhalb des ersten Jahres erreicht zu haben oder namhafte Stars wie Olivia Palermo, Ruby Rose, Hailey Baldwin, Sofia Richie oder Khloé Kardashian in unseren Designs zu sehen... Eigentlich ist es jeden Tag aufs Neue aufregend, Frauen in P.E Nation zu sehen; es wird einfach immer besser für uns. Wie kamt ihr überhaupt auf die Idee P.E Nation ins Leben zu rufen? Habt ihr etwas auf dem Markt vermisst oder eine Nische füllen wollen?

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C: P.E. wurde ins Leben gerufen, nachdem wir eine sehr interessante Unterhaltung beim Mittagessen führten. Pip und ich hatten bereits einige Jahre zusammengearbeitet und teilen ohnehin eine sehr ähnliche Ästhetik und Vision. Wir wollten einfach etwas schaffen, dass wir tragen würden, etwas, das unserem eingespannten Lifestyle als arbeitende Mütter, die immer mehrere Dinge auf einmal erledigen, gerecht wird. Wir wollten einfach etwas Funktionales und Stylisches, das wir den ganzen Tag tragen können. Und wie seid ihr auf den Namen gekommen? P: Der Name sollte für das stehen, was die Marke später sein sollte. P.E. steht hier für Physical Education (Anm. d. Red.: Sportunterricht/Sportstunde). Zufälligerweise sind das zugleich auch meine Initialen. Was definiert P.E Nation? P: Oh, gute Frage! Ich glaube, die Leute können P.E Nation mit gutem Design, einer starken Ästhetik und ‚Street Vibes‘ in Verbindung bringen, aber eigentlich wird P.E von unseren Kunden definiert. Sie sind diejenigen, die unsere Sachen tagtäglich anziehen und immer wieder nach mehr verlangen. Für sie machen wir das. Für sie machen wir P.E Nation. Eine eigene Marke zu gründen ist ohne Zweifel immer mit großen Risiken verbunden. Was war bei euch das größte Risiko? P: Sagen wir mal so: Es gibt sehr viele unterschiedliche Teile, die zu einem Puzzle gehören. Das Risiko dabei ist, für jedes dieser Teile verantwortlich zu sein. Wie lange hat es denn von der Idee bis zur Umsetzung der ersten Kollektion gedauert? C: Vom Konzept bis zum Launch hat es ein Jahr gedauert. Wurde das finale Produkt Eurer Vorstellung im Kopf gerecht? C: Es war sogar besser als wir uns es erträumt haben. Wie sah es denn mit anderen Herausforderungen aus? Was hat euch am meisten Schwierigkeiten bereitet und was die wenigsten? P: Zu Beginn? Der Cashflow und pünktlich zu liefern. Jetzt? Das schnelle Wachstum, die Struktur und das Personal. Die kleinste Hürde war definitiv das Design. Ihr seid beide ‚working moms‘. Wie gelingt es euch, Business und Familie unter einen Hut zu kriegen? P: Kein Tag ist wie der andere. So viel steht fest. Wir arbeiten beide durch jede Facette unseres Unternehmens. Entweder am Design, mit unserem Sales- und Produktionsteam, unserer PR- oder mit unserer Finanzabteilung.

Hauptsächlich verbringen wir aber unsere Tage mit Meetings. C: Es ist eigentlich wie bei jedem anderen berufstätigen Elternteil auch: harte Arbeit!

„Als berufstätige Mutter verspürt man mehr Druck. Jeder Tag ist ein Balanceakt.“ Fühlt Ihr euch denn als Frauen – im Vergleich zu den Männern – auf eine Art stärker tatsächlich beides zu managen? Unisono: Auf gar keinen Fall! P: Ich glaube, als berufstätige Mutter verspürt man sogar mehr Druck. Wir müssen uns um das Business und um das Familienleben kümmern. Jeder Tag ist daher ein Balanceakt, aber letztlich machen wir das, weil wir es lieben – es ist unsere Leidenschaft und unsere Bestimmung. Es gibt daher keine Option zu Versagen. Du machst es einfach möglich. Apropos Balanceakt: Seht ihr P.E Nation eher als Mode- oder als Sport-Marke? C: Beides. Wir sehen es als ‚Active meets Sports‘-Brand. Wir haben sowohl ‚off-duty‘ als auch ‚Performance Pieces‘ in der Kollektion. Im Grunde wollten wir einfach Produkte entwickeln, die die Trägerin durch den ganzen Tag begleiten. Also nicht nur von A bis B, sondern von A bis Z. P: Mit P.E Nation kann man überall hingehen. Vom Fitness Studio zum Office bis hin zum Meeting und anschließendem Dinner – man sollte nur vielleicht die Schuhe vorher wechseln und ein wenig Denim zum Outfit hinzufügen. Reden wir über Australien. War euer Heimatland eher ein Vorteil oder Nachteil, um den internationalen Modemarkt zu erobern? P: Wir glauben, dass es ein Vorteil ist. Australier sind sehr aktiv und das Trainieren ein Teil unserer DNA. Hier ist es immer warm, die Leute sind immer draußen, wollen sich einfach wohlfühlen und gut aussehen. Ich habe außerdem das Gefühl, dass Australien die Speerspitze von Activewear ist. Wir sind daher genau dort, wo wir sein müssen. Auf welche Länder legt ihr neben Australien ein besonderes Augenmerk? P: Das wären die USA, das Vereinigte Königreich und Neuseeland. Wir verzeichnen aber auch eine wachsende Kundschaft in Singapur und China, genauer gesagt Hong Kong. Mittlerweile liefern wir über unseren OnlineStore in über 80 Länder. Und wie fühlt es sich an, jemanden im Fitness Studio oder auf der Straße in Euren Sachen zu sehen? C: Wir müssen uns immer noch gegenseitig kneifen. Es ist sehr surreal, wenn man jeman-

den sieht, der Sachen trägt, die wir entworfen haben. Ihr habt vorhin erwähnt, dass eine der aktuellen Herausforderungen das schnelle Wachstum sei. Wie hart ist der Druck, diesem Erfolg gerecht zu werden? P: Wir setzen uns nicht unter Druck – zumindest versuchen wir es. (lacht) Wir machen einfach weiter wie zuvor, stets im Blick, weiter zu wachsen. Ich glaube, es gibt Druck einerseits und es gibt Ergebnisse andererseits. Wir hatten eine so unglaubliche Resonanz auf unsere Marke und unsere Produkte, dass wir das einfach aufrechterhalten müssen. Ihr habt einmal gesagt, dass ihr so gut zusammenarbeitet, dass man meinen könnte, ihr wäret eine Person. Wessen Stärke ergänzt wessen Schwäche? P: Kreativ gesehen, sind wir auf der gleichen Wellenlänge. Wir arbeiten beide in allen Bereichen unseres Unternehmens, aber eigentlich sind wir für zwei Bereiche hauptverantwortlich: Claire ist für das Designteam zuständig und ich für Marketing und PR. Ein Hauptaspekt eurer Marke ist Sport. Wie wichtig ist Workout für euch und wie sieht derzeit euer Lieblings-Training aus? P: Es ist definitiv Teil unseres Lifestyles. Wir testen unsere Produkte in einer Reihe von Aktivitäten selbst – von HIIT (Hochintensives Intervalltraining) über Boxen bis hin zu Yoga ist alles dabei. Pilates ist derzeit jedoch unser Favorit. Und was ist aktuell euer Lieblingsteil aus der letzten Kollektion? C: Ganz eindeutig die ‚Silk Bomber‘. P: ... und die ‚Play Off Jacket‘, die jetzt im Juni lanciert wurde. Worauf können wir uns denn in naher Zukunft bei P.E freuen? C: Wir werden unsere erste MenswearKollektion auf den Markt bringen. Der erste Drop ist im Oktober. Außerdem werden wir in der Januar-Order, neben Active- und Streetwear, auch unsere erste Swim-Kollektion lancieren. P: Und für 2018 stehen auch einige Kollaborationen auf dem Plan. Es gibt also sehr viel Spannendes zu entdecken. Wir sind gespannt! Aber bevor wir das Interview an dieser Stelle beenden, vervollständigt bitte noch diesen Satz: Wenn ich nicht in der Modeindustrie arbeiten würde, wäre ich wahrscheinlich… C: Gelangweilt! Es gab nie eine andere Wahl für mich. P: Dito. Vielen Dank. pe-nation.com


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RETAIL Trendessay: Der millennial-Faktor

Trendessay: Der Millennial-Faktor

Wie flexibel kannst du sein? Der internationale Modehandel ist im Umbruch. Auf verändertes Konsumverhalten reagieren immer mehr Modehäuser und Marken mit Neuerungen. „See-Now-Buy-Now“, höher, schneller, weiter. Modeunternehmen und Retailer stellen sich entweder komplett neu auf oder schließen für immer. Doch wie weit kann beziehungsweise muss man sich für einen konstanten Erfolg verändern? Text: Deniz Trosdorff, Foto: Imaxtree

Es ist verblüffend einfach: Ich kaufe sehr gerne immer wieder neue Kleidung und Accessoires ein, weil ich Mode liebe und weil ich Mode als Kommunikationsmittel verstehe. Sicherlich bin ich als Moderedakteurin vorbelastet, denn tagtäglich kommen meine Kollegen und ich mit kreativen Visionen, Trends und Samples in Berührung. Aber auch vor meiner Tätigkeit als Moderedakteurin war ich gewöhnlich stets auf der Suche nach etwas Neuem, nach Styles, die meiner momentanen Stimmung entsprach. Nach Mode, die meinem Lebensstil Ausdruck verleihen mochte. Im Vergleich zu meiner Jugendzeit, in der ich mich mit der entsprechenden Klamotte zu einer Gruppierung zugehörig machte, bin ich in den Jahren immer mehr dazu übergegangen, Produkte zu kaufen, die frei von Zwängen, am besten zu meinem heutigen Ich passen . Ich bin ein sogenannter ‚Millennial‘, laut Wikipedia auch zugehörig zur ‚Generation Y‘ oder ‚Generation Me‘, die die Geburtsjahrgänge zwischen 1980 und 1999 umfassen. Eine Generation, die sich von den vorigen emanzipiert hat. Die feststehende Werte, Systeme und Normen hinterfragt, und vermehrt auf das eigene Bauchgefühl hört. So prägte sie unter anderem die Begrifflichkeit ‚Work-Life-Balance‘, die auf der Frage basiert: Was tut mir hier und jetzt gut und was hilft mir weiter? Nicht um jeden Preis Unabhängig davon, dass ich und viele meiner Altersgenossen dieser Gruppierung angehören, ist es erstaunlich, wie selbstbewusst und geradezu revolutionär diese ‚Generation Y’ jahrzehntelang festgefahrene Strukturen mit ihrem Denken und Handeln innerhalb weniger Jahre aufgeweicht und zum Teil verändert hat. Aber zurück zur Mode. Wer hatte sie damals nicht? Seine Lieblingsmarken. Regelrechte Institutionen, denen man blind vertraute, weil sie entweder für

eine bestimmte Qualität oder symbolisch für einen Lifestyle standen. Heute kämpfen diese täglich neben gefühlt 10.000 Mitbewerbern um die Gunst ihrer Kunden, die sich mit den Jahren verstärkt durch den Einfluss des Internets emanzipiert haben und wesentlich informierter sind und aktiv hinterfragen – der Beginn des nächsten Dilemmas: Wer ist unser Kunde, wer sind wir und wen wollen wir wie erreichen, ohne dabei unglaubwürdig oder gar unauthentisch zu wirken? Die gleichen Fragen gelten übrigens auch und insbesondere für den Einzelhandel. Essenzielle Fragen, die man sich immer wieder stellen muss, um erfolgreich zu sein. Die Antwort darauf scheint vermeintlich einfach, doch ganz so pauschal ist das Ganze dann doch nicht zu behandeln. Es ist ein Fakt, dass immer mehr inhabergeführte, individuelle Läden sowie Brands besonders im Textilbereich von der Bildfläche verschwinden. Immer wieder wurden und werden Gründe für das Ausbleiben von Kunden und geringen Umsätzen mit undankbaren und insbesondere unberechenbaren Variablen wie dem Wetter, falsch getimten Kollektionen, fehlender Infrastruktur, Konkurrenz von Seiten der großen Modeketten und vor allem aus dem Netz gesucht und an diesen festgemacht. Der Handelsverband Deutschland (HDE) prognostizierte vor kurzem, dass in den kommenden fünf Jahren möglicherweise etwa 50.000 Läden für immer ihre Türen schließen werden. Insbesondere die Textilbranche leidet darunter. Bei einer aktuellen vom HDE durchgeführten Befragung bewertet fast jeder dritte befragte Händler die aktuelle Geschäftslage als schlecht. Neben der oben bereits aufgeführten Online-Konkurrenz werden auch Billiganbieter wie Primark, aber auch falsche Einkaufspolitik sowie Rabattschlachten als Belastung für den stationären Einzelhandel genannt. Thomas Rasch, Hauptgeschäftsfüh-

rer des Modeverbandes GermanFashion, kommentierte kürzlich: „Es ist eine Verrücktheit, dass in der Branche inzwischen im Hochsommer Winterpullis angeboten werden und im Winter Bikinis und T-Shirts, weil angeblich die Modehungrigen die neuen Kollektionen haben wollen.“ Crazy, sexy, cool! – Aber nicht um jeden Preis. Ich denke, also kaufe ich Einen Hoffnungsschimmer für den unabhängigen, stationären Handel und Marken mit starkem Background bildet eine aktuelle Studie, die von der internationalen Managementberatung Bain & Company gemeinsam mit der Luxusmode-Plattform Farfetch durchgeführt wurde. Auch hier stehen wieder einmal die Millennials im Mittelpunkt und sind stellvertretend für einen Trend, der zum allgemeinen Nachdenken anregt. Bis zum Jahr 2025 werden nach Angaben der Studie ‚The Millennial State of Mind‘ 40 Prozent aller Käufe von Luxusartikeln im Bereich Kleidung, Schmuck, Schuhe und Accessoires von den heute 16- bis 35-Jährigen getätigt. 2016 waren es noch 27 Prozent. Der Kunde im Luxussegment verlangt einiges, denn er ist anspruchsvoll. Nicht nur hochwertige Produkte, sondern auch ein exzellenter Service rund um den Einkauf werden heutzutage eingefordert. „Wir gehen davon aus, dass auch in Zukunft der meiste Umsatz mit Luxusartikeln im stationären Einzelhandel gemacht wird“, erklärt Serge Hoffmann, Partner bei Bain & Company sowie Experte für den Handel und die Luxusgüterbranche. Die Bain-Studie prognostiziert, dass im Jahr 2025 sogar 75 Prozent aller Käufe von Luxusartikeln im Bereich Kleidung, Schmuck, Schuhe und Accessoires in Flagship-Stores, Boutiquen und Outlet-Centern erfolgen. Doch ohne Internet geht hier in Zukunft auch nichts, denn 70 Prozent der Einkäufe erfolgen in Kombination mit dem World Wide Web. Vor seiner Kaufentscheidung besucht der Kon-

sument mindestens die Webseite der Marke, um sich zu informieren. Darüber hinaus kaufen die Jüngeren auch mehr im Internet. Von den Konsumenten zwischen 18 und 24 Jahren haben 14 Prozent ihren ersten Luxusartikel online erworben. Die Millennials tauschen sich zudem online mit Gleichaltrigen über begehrte Labels aus und holen deren Meinung ein, bevor sie kaufen. Sie erwarten zudem, dass die Marken ihre persönlichen Werte und Gefühle repräsentieren oder zumindest mit ihnen in Einklang stehen. Be a millennial! Gewiss, die Gesamtsituation im Modebusiness könnte deutlich rosiger aussehen, wenn ein Umdenken von allen Marktbeteiligten stattfinden würde. Individuelle Konzepte, ein stärkeres Zusammenarbeiten zwischen Industrie und Handel sowie interessante Markenmixe in den Sortimenten sind ein guter Schritt gegen den Einheitsbrei, der bereits jetzt in vielen Einkaufsstraßen der Innenstädte und Online-Shops vorherrscht. Mut zur Diversität, Mut zur Andersartigkeit und unbetretenen Pfaden auch im Onlinebereich, vor dem sich einige Händler und auch Marken immer noch stark sträuben und immer noch wenig zu Nutze machen. Dass online auch seine Vorteile hat, haben die oben aufgeführten Ergebnisse der Bain-Studie bewiesen. Sicherlich klingen diese Worte in manchem Ohr wie verklärt-optimistisches, gutes Zureden und sicherlich sind sie nicht als Pauschallösung für jeden zu bewerten, aber sie können zum Nach- und im optimalen Fall zum Umdenken anregen. Durchhaltevermögen und Individualität sind weitere Parameter, die, gleich aus welcher Warte man auf das ganze Marktgefüge schaut, eine gesunde Grundlage für die Zukunft bilden. ‚Be a Millennial‘ und höre auf dein Bauchgefühl, denn es liegt in deiner Hand, etwas zu ändern.

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RETAIL Alberto / Marco Lanowy

Marco Lanowy ist stolz auf den Alberto Concept Store und arbeitet stets an neuen Ideen.

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J’N’C News – Brancheninformationen, 25. Jahrgang, Ausgabe 02-2017, Montag, 30. Juni 2017

RETAIL Alberto / Marco Lanowy

Alberto / Marco Lanowy

ALEXA TRIFFT ALBERTO „Mach das, was du kannst“, sagt Marco Lanowy, Geschäftsführer Retail, Sales und Marketing. Und wenn man sich einmal näher mit dieser Aussage und dem, was dahinter steht befasst, wird klar: Das Mönchengladbacher Traditionsunternehmen Alberto kann nicht nur Hosen, sondern auch Stores. Der zuletzt im Oktober 2016 eröffnete Concept Store ist nämlich ein echtes Highlight – und zwar nicht nur in seiner Heimatstadt. Inspiriert von neuen Chancen durch Veränderung, verknüpft Alberto Ästhetik und Emotionen mit modernster Technik. Interview: Cheryll Mühlen, Fotos: Bernd Wichmann

„Guten Morgen, heute ist der Weltschildkrötentag. Wusstest du, dass es auch in Deutschland und Österreich eine heimische Schildkrötenart gibt? Die europäische Sumpfschildkröte. Leider gibt es nur noch wenige dieser Art bei uns. Aber wäre es nicht toll, wenn die Population wieder steigen würde? Ich mag Schildkröten nämlich echt gerne. Dieses Gefühl in einem schützenden Panzer zu stecken. Ich kann es so gut nachvollziehen.“ Dürfen wir vorstellen? Das war Alexa und ihre amüsante Reaktion auf ein simples „Guten Morgen“ von Marco Lanowy, als wir ihn im neuen Alberto Concept Store in Mönchengladbach begrüßen. Alexa ist Amazons beeindruckend futuristisches, sprachgesteuertes Technikgadget, das neuerdings auch als Ansprechpartner in Albertos Concept Store fungiert. Es verbreitet aber nicht nur unnützes Wissen, sondern weiß eigentlich so ziemliches alles über das Unternehmen Alberto. Dafür wurde es extra programmiert. Wenn man es zum Beispiel mit „Alexa, frag Alberto nach Geschichte“ anspricht, antwortet es sehr fundiert und spannend. Es erzählt dem Zuhörer aber auch etwas über den ‚Super Fit’ oder die Hosengröße 52. Alexa knows best, sozusagen. Bisher waren solcherlei ‚Unterhaltungen’ den Smartphones vorbehalten, angesichts der vielfachen, neuen Möglichkeiten, ergibt sich jedoch folgende Frage: Ersetzt der programmierte Voice Service womöglich irgendwann den Sales Assistant und ist das ein vielversprechendes Zukunftskonzept für den stationären Handel? Ich kann Alexa alles fragen, was hier storetechnisch relevant ist, richtig? Ja, aber sie erzählt auch jeden Tag etwas Neues, wie zum Beispiel das mit der Schildkröte. Wie kamt ihr überhaupt auf die Idee Alexa zu integrieren? Mich hat es einfach fasziniert, eine Sprachsteuerung frei in den Raum zu stellen. Wir wollten Alexa auch als eine Art Schulungstool nutzen. Tatsächlich haben wir bereits einige Kunden gehabt, die Alexa dabei haben wollten, damit das Ganze etwas fröhlicher gestaltet ist. Man fragt sie etwas und die Leute stehen fasziniert um dich herum.

Und was passiert mit den Verkäufern? Wie sieht das Ganze in fünf Jahren aus? Welche Funktion hat der Verkäufer dann noch im Store? Man kann Haptik und Düfte nicht über das Handy vermitteln. Das Vermitteln von Emotionen und sinnlichen Erfahrungen wird daher immer die ausschließliche Stärke des Menschen sein. Hosen kauft man mit den Augen, mit den Fingerspitzen und mit dem Hintern. Das sind alles Gefühlsmomente. Besonders letzteres. (lacht) Ja, das bekommt man über Elektronik nicht vermittelt. Außerdem: Wenn ich mich mit vielen jungen Leuten unterhalte, bestellen die online gar nicht so viel wie wir immer alle glauben. Sie sind sogar viel Storegeprägter als man glaubt. Ein weiteres Plus: Wir bieten jeglichen Service an, den man kriegen kann. Das heißt? Das heißt, man kann bei uns zum Beispiel auf den ‚Shop by appointment‘-Service zugreifen. Wir öffnen dann um 18:30 Uhr den Store nur für einen Kunden, der dann bis 20 Uhr beraten wird. Kein anderer kommt dann hier rein. Und was kostet dieser Service? Nichts. Eigentlich haben wir auch montags und dienstags geschlossen, aber wenn jemand sagt, ich kann nur montags, dann machen wir eben montags für den Kunden auf. Bedeutet: Ihr seid für den Kunden extrem flexibel. Ja. Wir wollen einfach, dass das Shoppen etwas Besonderes bleibt. Wann kam eigentlich die zündende Idee einen Concept Store zu eröffnen? Wir haben diese Immobilie gekauft und uns überlegt, was wir damit machen könnten und ich hatte schon immer den Wunsch, einen Store zu eröffnen. Ich wollte Alberto für unsere Kunden, aber auch für unsere Mitarbeiter begehbar machen. Begehbar ist er auf jeden Fall. Euer Store fällt schon von außen aus dem Rahmen, aber hier drinnen: das sieht so toll aus! Gerade diese Rückwand. Man könnte meinen, dahinter liefe der Rhein entlang. Hier herrscht einfach ein sehr schönes Ambiente. Das Ambiente ist uns sehr wichtig. Wir wollen nicht verschrecken, sondern Jeder soll hier reinkommen und sich wohlfühlen.

Faszinierend ist wohl das richtige Wort. Wir haben es immer mehr mit künstlichen Intelligenzen zu tun, die unterschiedliche Stärken aufweisen. Alexa wird es bald auch als Kamera und als Bildschirm geben. Wer weiß, wo das hinführt. Man wird vielleicht gescannt und nach seinem Outfitwunsch gefragt und Alexa zeigt dir Möglichkeiten auf, wo du dieses Outfit am schnellsten herbekommst. Ob man das auch alles so möchte, das weiß ich nicht, aber ich finde wir gehen mit der Sprachsteuerung einen Schritt weiter in eine neue Retail-Zukunft. Bei uns wird es im Store demnächst eine Alexa-Connection zur Warenwirtschaft geben. Das heißt, wenn man im Bedienprozess ist und wissen will, ob diese Hose hier im Store ist, aber nicht runter ins Lager rennen möchte, kann man Alexa einfach fragen und sie antwortet dann zum Beispiel mit: „Im Store.“

Kommen wir auf eure Member Card zu sprechen. Eigentlich ist so etwas doch heutzutage schon fast ein rotes Tuch, weil viele Kunden davon genervt sind... Es ist keine Member Card im klassischen Sinne, sondern eine Store Card. Und diese Store Card hat einen großen Vorteil: Der Kunde kann hier reinkommen, sie dem Mitarbeiter hinlegen und dieser kann dann anhand der Karte im System sehen, was der Kunde gekauft hat, welche Größe er trägt usw. Emails bekommen unsere Kunden auch nur, wenn im Store etwas Besonderes stattfindet, wie ein Event oder ein Schlussverkauf. Wir wollen niemandem etwas andrehen.

Man muss den Kunden also nicht mehr alleine lassen. Genau, man ruft es einfach in den Raum und erhält Informationen. Mit solchen Intelligenzen clever umzugehen, finde ich sehr spannend.

Die Store Card ist also eine Art Kundenkartei? Genau. Darum geht es bei uns auch: Wir halten fest, was der Kunde gekauft hat, damit wir den Hosenkauf beim nächsten Mal erleichtern können. Und wenn die Hose nicht

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passt, bekommt man sie bei uns kostenlos geändert. Warum kostenlos? Weil wir sagen: Jeder geht hier mit einer passenden Hose raus. Das ist unser Anspruch. Das klingt ja alles viel zu gut, um wahr zu sein… Ich habe nur eine Vision. Eine Vision von Handel. Am Anfang standen wahnsinnig viele Bedenken im Raum, wieso ich gerade im oberen Teil von Mönchengladbachs Innenstadt einen Store eröffnen möchte. „Ihr seid doch weit weg vom Schuss“, hieß es. Aber was braucht man denn für einen Hosenkauf? Ruhe.

„Hosen kauft man mit den Augen, mit den Fingerspitzen und mit dem Hintern. Das sind alles Gefühlsmomente.“ Nun habt ihr scheinbar genau den richtigen Weg gefunden, euer Konzept den Bedürfnissen eurer Kunden anzupassen. Aber woran scheitern so viele andere Stores? Jede Stadt erlebt in ihrer Phase eine Art ‚Umcodierung’. Städte wie Berlin, London oder Tokio zum Beispiel. Viertel, die früher hip waren, sind nicht mehr hip. Warum? Weil die Investmentstruktur sich gedreht hat. Je mehr Leute in das hippe Viertel wollen, desto teurer wird es. Die Einnahmen stehen nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand. Letztlich hat man mit der Zeit einen Wanderzirkus innerhalb der Stadt aufgebaut, der immer wieder neues Investment bringt. Die Frage, die offen bleibt, ist, wie sich der Umcodierungsprozess innerhalb des Zentrums gestalten wird. Natürlich müssen die Städte für spannende Konzepte offen sein. Aber genauso muss der Handel auch offen dafür sein, diese Umcodierung zu erkennen. Du hast es vorhin schon einmal erwähnt, dass online zunehmend eher als Inspirationsquelle dient und verstärkt stationär geshoppt wird. Wie wird die Zukunft des Retail generell aussehen? Du sprichst genau das an, wo wir uns eigentlich hinbewegen müssen. Viele sehen sich leider untereinander noch als Feindbild. Wir müssen heute lernen, intelligent mit den Dingen umzugehen. Jeder wird die Erfahrung gemacht haben, dass nicht jeder Social Media-Kanal gleichzeitig der passende Zielgruppenkanal ist. Aus meiner Sicht muss es eine Verbindung der Möglichkeiten geben. Was wäre denn so schlimm daran, wenn man dem Kunden die Wahl lässt, ob er online oder im Store einkauft? Man darf auch nicht vergessen, dass viele es mittlerweile als lästig empfinden, zur Post zu rennen, um die Ware entweder abzuholen oder zurückzuschicken. Viele Dinge müssen sich einfach verzahnen. Die Funktion eines Stores hat sich aber auch geändert. Ein Geschäft soll heutzutage vielmehr inspirierende Präsentationsfläche sein und zum Verweilen einladen. Ein wahnsinnig guter Store ist April First aus Berlin. Sie arbeiten mit so vielen tollen Elementen: Emotionen, Look, Sprache und Interior. Und genauso stelle ich mir unseren Laden vor – natürlich in unserer eigenen Sprache. Wir probieren einfach viele Dinge aus. Du hast auch schon einige Male gelacht und geschmunzelt seit du hier bist. Und ge-

nau das wollen wir bei unseren Händlern und unseren Endverbrauchern erzeugen. Dennoch ist der heutige Endverbraucher ein verwöhnter Endverbraucher. Denn, ohne es negativ zu bewerten, haben die meisten Kunden eine sehr geringe Aufmerksamkeitsspanne. Wie gelingt es euch stetig neue Reize zu schaffen, um langfristig eine emotionale Bindung zum Kunden aufzubauen? Wir waren zum Beispiel mit einem Stand auf einer Bike-Messe in Berlin. Dort hatten wir eine Kooperation mit Schindelhauer. Der Clou war: Man konnte unsere Fahrradhose auf dem Schindelhauer Fahrrad ausprobieren und wir konnten vor Ort erklären, worin der Vorteil in unseren Bike-Hosen liegt. Die meisten Händler haben gesagt: Wir brauchen keine Jeans zum Biken. Komischerweise haben wir auf der Messe dann aber 100 Hosen verkauft und auf einmal liegen wir bei Fahrrad-Retailern im Shop und verkaufen bis zu 400 Hosen. Neue Impulse schaffen ist daher das Motto. Apropos neue Impulse: Ihr habt nebenan auch das Fashion-Hotel initiiert. Was genau ist das? Ich wollte Designern aus der Mönchengladbacher Hochschule Niederrhein, die sich keine Miete für einen Store leisten können, die Möglichkeit geben, innerhalb der Stadt eine Plattform zu haben, auf der sie ihre Entwürfe ausstellen können. Wie eine Art Pop-up? Genau. Wir hatten bis zum 31. Mai ‚Hotelgäste‘. Jetzt folgt ein neues Projekt im FashionHotel. Der Name wird bleiben, aber die Projekte ändern sich. Mir macht es einfach Spaß nebenher noch so etwas zu initiieren. Man merkt’s. Okay. (lacht) Du sprichst sehr engagiert und positiv darüber. Ich habe auch ein wahnsinnig cooles Team um mich herum, das diese Ideen mitmacht. Das ist das Tolle. Wir haben niemandem hier in der Firma auferlegt, dass er auch im Store arbeiten muss. Teilweise müssen wir den Mitarbeitern sagen, dass sie heute nicht im Store arbeiten können, weil schon genug Personal da ist. Wie cool ist das? Wie erreicht man das? Sei echt! So einfach? Ja. Jeder merkt heutzutage, ob du echt bist oder nicht. Ist es nicht schön, wenn deine Mitarbeiter nicht nur spüren, dass sie im Laden mitmachen können, sondern dass sie auch in der Firma in ihrer Form mitgehen können? Es muss immer jemanden geben, der die Richtung vorgibt. Der Prozess kann auch mal etwas länger dauern, aber umso mehr können über den Prozess hinweg mitgenommen werden. Man wird es nie schaffen, alle zu 100 Prozent mitzunehmen. Dafür gibt es nämlich die Meinung, aber wenn sich jemand im Großen und Ganzen wiederfinden kann, dann bekommt das doch einen ganz anderen Spirit. Wir müssen keinen Alberto-Campus bauen, um die Leute zu begeistern, für das Produkt oder die Marke zu arbeiten, sondern überzeugende Inhalte schaffen. Und diese Inhalte sind eine Art Geisteshaltung. Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch.


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retail Mitteilungen Saks Off 5th

Erste Europa-Dependance in Düsseldorf Seit dem 8. Juni weht ein von Hauch New York über die Shoppingmeile von Düsseldorf. Pünktlich zum Sommer feierte das USamerikanische Premium Off-Price-Konzept ‚Saks Off 5th’ seine Europapremiere im renovierten, ehemaligen Carsch-Haus. Auf rund 3.500 Quadratmetern und fünf Etagen bietet die Tochtergesellschaft der kanadischen Hudson’s Bay Company die angesagten Trends international begehrter Marken für Damen und Herren. „Das von unseren Einkäufern sorgfältig ausgewählte Sortiment umfasst Damen- und Herrenmode, Schuhe und Accessoires und wird um Sport, Beauty sowie eine Home- und Interieur-Abteilung ergänzt“, sagte Wayne Drummond, Präsident Saks Off 5th Europe. „Diese Kombination aus relevanten Marken, tollen Preisen und ständigen Neuheiten fehlte bislang im deutschen Fashion-Handel.“ Ständige Neuheiten bedeutet, dass das gesamte Sortiment circa alle neun Wochen wechselt, sodass sich Kunden stets auf eine frische und inspirierende Auswahl der begehrtesten Top-Marken und Designerlabels freuen können. Weitere Filialen sollen bis Ende des Jahres in Frankfurt am Main, Stuttgart, Heidelberg und Wiesbaden sowie Rotterdam folgen. /cm www.saks-off-5th.de

Samsøe & Samsøe

Zweiter Flagship Store in Berlin

Canada Goose

Mehr E-Commere in Europa Neben der Eröffnung von gleich zwei neuen internationalen Flagship Stores in Chicago und London, treibt die Canada Goose Holdings Inc. den E-Commerce auf dem europäischen Markt deutlich voran, indem sie in gleich sieben Ländern lancieren: Deutschland, Schweden, den Niederlanden, Irland, Belgien, Luxemburg und Österreich. Damit will das Unternehmen ab Herbst seine komplette Produktrange für den Endverbraucher verfügbar machen. „Die Eröffnung unseres ersten europäischen Stores markiert nicht nur einen Meilenstein bei Canada Goose, sondern ist außerdem die Erfüllung eines Traums“, kommentiert Dani

Reiss, Präsident und CEO von Canada Goose. „London und Chicago sind zwei weltbekannte Shopping-Destinationen und ich bin stolz, das kanadische Erbe, unsere Erfahrung sowie unsere beispiellosen Produkte in diese historischen Straßen zu transportieren.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte das kanadische Unternehmen seine ersten beiden Flagship Stores in Toronto und New York eröffnet. Die erste E-Commerce-Plattform ging 2014 online. 2015 folgten die USA und ein Jahr darauf Großbritannien und Frankreich. /cm

Guess Europe

Direktexpansion 2016 hat Guess Europe begonnen, seine Expansionsstrategie zu intensivieren. Das Ziel? Die Markenentwicklung sowie alle Vertriebskanäle Europas, vom Handel über E-Commerce bis hin zum Großhandel selbst zu kontrollieren. Und die Investitionen haben sich gelohnt: Das US-amerikanische Unternehmen verzeichnete in dem im Januar 2017 abgeschlossenen Geschäftsjahr für Europa einen Umsatz von 790 Millionen USD. Dieses Wachstum erhofft sich Guess auch für das laufende Jahr und Folgejahre. Um die Expansion weiter voranzutreiben, setzt Guess Europe auf die Öffnung von bisher nicht erschlossenen europäischen Märkten. „Russland, die Türkei und Nordeuropa sind für Guess sehr wichtige Märkte. In all diesen Märkten haben wir 2016 direkte Niederlassungen aufgebaut, um den Vertrieb besser kontrollieren zu können, uns auf Neueröffnungen zu konzentrieren und um sicherzustellen, dass die Marke richtig positioniert wird. 2016 haben wir in diesen Ländern fast 20 Geschäfte eröffnet und wollen 2017 noch einmal nachlegen“, erklärte Victor Herrero, Chief Executive Officer bei Guess, Inc. 2016 und 2017 hat Guess in zehn neuen Märkten Fuß gefasst, darunter Andorra, Finnland, Schweden, Dänemark, Griechenland, Türkei, Russland und Irland. /cm www.guess.eu/de

Cushman & Wakefield

SHOPPINGCENTER BOOM

Samsøe & Samsøe Alte Schönhauser Strasse 31 10119 Berlin, Mitte

2017 werden europaweit schätzungsweise 4,5 Millionen Quadratmeter neue Shoppingcenter-Flächen auf den Markt kommen, weitere 2,3 Millionen sollen 2018 folgen. So lautet zumindest das Ergebnis der ‚European Shopping Centre Development Report’-Studie des globalen Immobilienberatungsunternehmens Cushman & Wakefield. Sie weist auf, dass Shoppingcenter europaweit die Steigerung der Kundenfrequenz und den Ausbau von Gastronomie und Freizeit fokussieren. Der Neubau von neuen Centern steht jedoch nur vereinzelt auf der Tagesordnung. Russland zeigte sich als der aktivste Markt in Europa. Seit der Finanzkrise hinken Westeuropa, Mittel- und Osteuropa in Bezug auf den Neubauflächenzuwachs hinterher. Dieser Trend soll sich auch 2017 fortsetzen. Cushman & Wakefield geht jedoch davon aus, dass Westeuropa im Jahr 2018 seine Spitzenposition wieder einnehmen wird. Besonders Deutschland gelte als das Top-Investitionsziel Europas. München, Köln und Hamburg weisen sehr geringe wirtschaftliche Risiken auf, denn die Einkaufszentrumsdichte liegt in diesen Städten deutlich unter dem westeuropäischen Durchschnitt von 357 Quadratmetern pro 1.000 Einwohner. Im Jahr 2017 werden in Deutschland 36.000 Quadratmeter neue Shoppingcenter-Fläche erwartet, für 2018 sind es fast doppelt so viel. Das sind beispielsweise das ‚DorotheenQuartier‘ in Stuttgart, das ‚Loom Bielefeld‘, die ‚East-Side Mall‘ und das ‚SchultheissQuartier’ in Berlin. /cm

www.samsoe.com

www.cushmanwakefield.de

Diesen Juli eröffnet Samsøe & Samsøe seinen nunmehr zweiten Flagship Store auf der Alte Schönhauser Straße in Berlin. Bereits Anfang Januar feierte die dänische Marke den Erfolg des ersten Geschäfts in der Westberliner Shopping Mall ‚Bikini Berlin’. Der neue Shop umfasst mehr als 200 Quadratmeter und verfügt über die längste Schaufensterfront in ganz Berlin-Mitte, von der Alte Schönhauser Straße bis in die Weinmeisterstraße hinein. Im Erdgeschoss präsentiert der Store das gesamte Portfolio an Mens- und Womenswear sowie Schuhe und Accessoires. Das Konzept des Interieurs setzt sich aus unterschiedlichen Materialien wie Kupfer und Marmor, nachhaltigem Holz sowie Glas zusammen und basiert auf der klassischen skandinavisch-minimalistischen Designtradition. Flexible Module bieten dem Shop genug Raum, um das Samsøe & Samsøe-Universum um jede Kollektion herum darzustellen. Weitere Shoperöffnungen sind in Hamburg, München, Köln, Düsseldorf und Stuttgart geplant. /cm

www.canadagoose.com

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Messen Radar Pepe Jeans

Rückkehr auf die Messelandschaft 45 Jahre Pepe Jeans. Das muss gefeiert werden! Den Start macht das spanische Label mit der Teilnahme an der Sommerausgabe der Panorama Berlin – der erste Messeauftritt seit dem Ende der Bread & Butter. Aber auch die Frühjahr/Sommer-2018-Saison hält einige Geburtstagsüberraschungen bereit. Text: Cheryll Mühlen Den ersten Hinweis, wohin die Reise demnächst gehen wird, liefert bereits die Pre-Kollektion für Frühjahr/Sommer 2018. Inspiriert von der britischen Künstlerplattform ‚The Art House’, gibt sich diese Kollektion – ähnlich wie Kunstwerke – sehr kreativ und differenziert. Alle Kleidungsstücke sind durchdacht und explizit ausgewählt, die Kollektion in die sechs Themen ‚The Function of Fashion‘, ‚The Art of Denim‘, ‚Walk the Line‘, ‚The Colour Creative‘, ‚Leather Love‘, ‚The Cotton Canvas‘ unterteilt. Nicht umsonst wurde sie mit ‚The Curator‘ betitelt. Wie viel Wert das Unternehmen auf ein selektiertes, passendes und homogenes Ambiente legt, beweist es unter anderem mit ihrer Rückkehr auf die deutsche Messelandschaft. „Wir standen schon seit längerer Zeit in Kontakt mit der Panorama. Wir sehen es unserem Kunden gegenüber als unsere Verantwortung an, wieder dabei zu sein. Am Anfang fehlten uns auf der Messe die zu

Modefabriek

WE SHOULD ALL BE FEMINISTS

Die 49. Ausgabe der niederländischen Modefabriek (MF) zollt den aktuell wieder aufkeimenden Feminismus-Bewegungen Tribut und feiert damit einflussreiche Frauen der Mode sowie die wiederbelebte ‚Girl Power‘ in der Industrie. Doch auch Diversität, Gender und die realistische Darstellung von Schönheit werden zwischen dem 09. und 10. Juli am RAI in Amsterdam thematisiert. Den Auftakt macht die Ausstellung, die auf ein Jahrhundert weiblicher Ikonen zurückblickt – von Marlene Dietrich bis hin zu Beyoncé. Das Feminismus-Thema wird aber auch im MF-Programm #LEARN prominent integriert. Beim MF-Talk von Irene van Doesburg von Studio Anne-Irene hingegen, dreht sich alles um ihre Trendprognose ‚The Future is Female‘. Sie sieht den Ruf nach Gleichheit und Vielfalt als eines der Hauptthemen in der Modewelt. Dass sie damit richtig liegt, bewies nicht nur Designerin Angela Missoni bei ihrer jüngsten Show, als sie zum Women’s March ‚Pussy Riot’-Mützen verteilt hat, sondern auch muslimische Models wie Topmodel Halima Aden, die auf dem Runway Hijabs tragen. Und auch bei renommierten Labels wie Comme des Garçons, Vêtements, Balenciaga, Louis Vuitton und Céline kommen starke, clevere Frauen als Models zum Einsatz, während etablierte Modehäuser wie Prada und Gucci sie mit ultra-femininen Styles ausstatten. Die Modefabriek wird daher ganz in einem stark weiblichen Zeichen stehen und eine klare Botschaft senden, getreu dem Motto von Coco Chanel: „Ein Mädchen sollte zwei Dinge sein, wer und was sie will.“ /cm www.modefabriek.nl

uns passenden Brands, das richtige Umfeld, in dem wir uns präsentieren wollten“, äußert Uwe Boser, Country Manager Pepe Jeans, gegenüber der J’N’C News. „Als das Umfeld aus Marken wie Lee, Guess, Tigha, Mavi, LTB und Jack & Jones gegeben war, haben wir die Gunst der Stunde genutzt.“ Die Gunst der Stunde nutzen sie auch, um ihr 45-jähriges Bestehen adäquat zu feiern. Ein Flagship Store-Opening auf der Londoner Regent Street und zwei neue ‚Custom Studios’ sind geplant. Das darin integrierte neue Shopsystem wird dabei bereits in der ‚Nova’ Halle der Panorama Berlin vorgestellt. „Wir wollen einfach ein bisschen Musik machen und schaffen es vielleicht, aus der Nova eine Jeanshalle zu machen“, so Boser weiter. ‚The Art of Denim‘, wenn man so will – ebenfalls Thema der Kollektion. Eine Garderobe könne ohne Jeans nicht existieren, heißt es seitens Pepe. In ‚The Art of Denim‘ präsentieren sie

Scotch & Soda

Premiere auf der Premium

daher die „Trophäen“ der Pepe Jeans London Kollektion. Kuratiert mit einem Auge für Kunst meets High-Fashion meets Praktikabilität. Die Jeans, sozusagen als Leinwand, wird mit maßgeschneiderten Streifen, Farb-Explosionen und bearbeiteten Umschlägen sowie Oberflächen veredelt. Auf die Frage, was wir kurzund langfristig von Pepe Jeans erwarten können, antwortet Boser ganz klar: „Pepe Jeans war schon immer modisch eher kommerziell unterwegs. Wir liegen im Denimbereich mit unseren guten Preisen und unserem super Service ganz weit vorne. Seit zweieinhalb Jahren sitzen wir auch mit unserem NOSProgramm fest im Sattel. Auch unsere NOSOberteile werden im Markt toll angenommen. Es wird nachbestellt und nachbestellt. Wir verzeichnen große Erfolge und ich bin einfach nur happy.“ www.pepejeans.com/de

Jacket Required

WOMENSWEAR ERWÜNSCHT

Zur nunmehr 13. Ausgabe gibt es diesen Juli auf der mittlerweile etablierten Londoner Menswear-Messe Jacket Required erstmals auch einen Womenswear-Bereich. Die zusätzliche Plattform soll den bereits bestehenden Ausstellern und weiblichen Besuchern entgegenkommen und sei eine Reaktion auf den wachsenden Trend zu anspruchsvoller Street- und Casualwear für Frauen. Die Jacket Required findet vom 26. bis 27. Juli 2017 auf dem Gelände von The Old Truman Brewery statt. /cm www.jacket-required.com

B74 Ordershow

Das Amsterdamer Fashion- und LifestyleLabel Scotch & Soda stellt zur Frühjahr/Sommer-Saison 2018 erstmals auf der Premium Berlin aus und feiert damit seine Premiere auf Deutschlands Messelandschaft. „Berlins lebendiger, kreativer und offener Spirit gleicht dem von Amsterdam, unserer Homebase“, sagt Alex Jaspers, Global Director Merchandising von Scotch & Soda. „Die Premium Berlin bietet sich als richtiger Präsentationsort für Scotch & Soda an, da es unseren Wachstumsplänen für den hiesigen Markt entgegenkommt. Wir freuen uns darauf, die Messefläche auf der Premium nach unseren Wünschen zu gestalten und unsere komplette Hauptlinie zu präsentieren.“ Dem niederländischen Modelabel steht da-

SELECTED GOODS

für eine Fläche von 220 Quadratmetern zur Verfügung – inklusive Außenterrasse. Die Teilnahme an der Premium Berlin sei Teil einer Reihe von Schritten, das Wachstum der Marke auf dem deutschen Markt voranzutreiben. Außerdem steht die Fortsetzung der Markteinführung von zwei saisonalen Kampagnen, unter dem Motto ‚From Amsterdam, From Everywhere‘, an. Die dritte Phase dieser Kampagne wird zum Herbst/Winter 2017 veröffentlicht. Scotch & Soda eröffnete zudem 2016 insgesamt drei Showrooms in Deutschland, darunter einen 1.500 Quadratmeter großen Showroom in Düsseldorf. /cm

Auf der Berliner Straße 74 trifft sich vom 27. bis 29. Juli wieder eine erlesene Auswahl von Heritage Brands zur B74 Order Show in Frankfurt. Die ‚By Appointment Only‘-Veranstaltung zeigt Marken wie Johnson Motors, Sunset Surf, Coldtech, Otter Wax, Red Wing Shoes, Passion France, Stetson, Kytone, Tellason, Topo Designs, 1st-Patrn, East Harbour Surplus, Vetra, Croots, Manifattura Ceccarelli, Rancourt & Co, Golden Bear Sportswear, Orcival und GRP. Neu dabei sind außerdem Indigofera, Milden, Keep und Freitag. /cm

www.scotch-soda.com/de

www.b-74.de

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Das letzte Wort Julia Seemann

Das Letzte Wort …hat Designerin Julia Seemann Interview: Cheryll Mühlen

Julia Seemann, wo sie sich am wohlsten fühlt: in ihrem Atelier.

Dein Label ist schlicht nach dir benannt. Hattest du überhaupt jemals vor, es anders zu benennen oder unter einem Künstlernamen zu arbeiten ? Nein, einen anderen Namen habe ich mir nie überlegt, da ich es am natürlichsten fand, dem Label meinen Namen zu geben. Was ist denn deine bisher unglaublichste Erinnerung oder Erfahrung als Designerin? Der Moment während einer Show, bei dem alles zusammenkommt und man das Resultat sieht, auf das man wochenlang hingearbeitet hat. Du nimmst dieses Mal aber nicht an der Berlin Fashion Week teil. Warum? Der Grund, warum ich überhaupt erst im Januar in Berlin gezeigt habe war, dass ich zwei Monate zuvor von MercedesBenz und Elle auf die Fashion Week Berlin eingeladen wurde und somit eine gesponserte Show erhielt. Eine einmalige Sache also. Okay, schade... Wie sieht ein Tag in deinem Leben aus? Gibt es überhaupt so etwas wie einen Alltag? Ich verbringe die meiste Zeit tagsüber in meinem Atelier in Zürich, wo ich an neuen Projekten arbeite, aber auch administrative Sachen erledige. In der Freizeit verbringe ich viel Zeit mit meinem Freund. Aber auch Zeit für mich selber zu haben und genug Schlaf zu bekommen ist mir sehr wichtig, um kreativ arbeiten zu können. Und wohin ziehst du dich zurück, um dem ganzen ModeStress zu entkommen? Um abzuschalten, lese ich gerne oder höre Musik. Ich verbringe außerdem sehr gerne Zeit bei meiner Mutter und meinen Geschwistern, um der Hektik des Alltags ein wenig entfliehen zu können.

Kontext relativ unbekannt, was ein Nachteil sein kann. Ich bewerte das jedoch als positiv, da dieser Aspekt dazu genutzt werden kann, etwas Neues zu schaffen. Was sind denn deiner Meinung nach heutzutage generell die größten Herausforderungen für einen Jungdesigner? Die Beschleunigung des internationalen Wettbewerbs durch das Internet sowie der Umbruch in der Fashion-Industrie. Letzterer kann aber auch eine Chance sein, da man als junges Label nicht ganz so festgefahren ist wie etablierte Brands und daher flexibler auf Trends, beziehungsweise Tendenzen reagieren kann. Ein anderes, großes Hindernis ist aber sicherlich die Beschaffung eines Startkapitals und der richtige Umgang damit. Dein ‚Startkapital‘ dürfte sich nach Rihannas Auftreten in Julia Seemann sicherlich schlagartig vermehrt haben. Erinnerst du dich noch, wo du warst als sie plötzlich deine Sachen trug? Ja! Ich war während der New York Fashion Week mit meinem Vater und meiner Schwester auf unserem Hotelzimmer am Time Square. Rihanna als Kundin – das gleicht so etwas wie einem Ritterschlag. Wie sieht deine allgemeine Wunschzielgruppe aus? Eine Wunschzielgruppe existiert bei mir nicht. Jeder soll für sich selber entscheiden, ob ihr oder ihm meine Sachen gefallen und sie oder er diese auch tragen möchte. Ich habe zwar beim Entwerfen eine Person mit einer bestimmten Attitüde vor Augen, jedoch lässt sich dies nicht auf nur eine einzige Zielgruppe beschränken. Wie würdest du deinen persönlichen Stil beschreiben? Unkompliziert.

Woher beziehst du deine Inspiration? Meist aus persönlichen Interessen wie Kunst, Musik und den damit verbundenen Subkulturen sowie aus persönlichen Erfahrungen und meinem Umfeld.

Und der Stil deines Labels? Wie würdest du ihn beschreiben? Das überlasse ich dem Träger, beziehungsweise dem Betrachter.

Du bist geborene Schweizerin. Was waren die Vorteile und was die Nachteile, als Designerin in der Schweiz und später international Fuß zu fassen? Die Schweiz verfügt über ein sehr gutes Bildungssystem, auch in künstlerischen Bereichen. Ich denke dies hat sicherlich einen großen Teil zu meinem persönlichen Werdegang beigetragen. Die Schweiz ist allerdings im internationalen Fashion-

Ab wann wusstest du, dass du Designerin werden wolltest? Als ich mit zehn Jahren meine erste Nähmaschine zu Weihnachten bekam. Was ist dein Lieblingswort in der Mode? Ich benutze kein Mode-Vokabular.

Die Zürcher Designerin Julia Seemann ist seit ihrer Diplom-Kollektion zur New York Fashion Week H/W 2015 nicht mehr aufzuhalten. Warum? Weil Julia Seemann das Tragbare mit dem Polarisierenden gekonnt verbindet.

Gibt es Fashion No-Gos? Wenn ja, welche wären das? Meiner Meinung nach ist in der Mode so ziemlich alles erlaubt, daher gibt es für mich auch keine No-Gos. Trägst du viel von deinen Entwürfen? Es könnte demnächst etwas öfter vorkommen. Was ist denn dein Lieblingsteil, das du selbst entworfen hast? Ein Riesen-Hoodie mit Siebdruck aus der letzten Kollektion, welcher der 80er-Jahre-Band ‚Xmal Deutschland’ gewidmet ist. Ruhm oder Ehre? Ehre. Model oder Influencer? Hauptsache authentisch. Print oder Online? Print. Welche Ziele hast du dir für dich und dein Label in den nächsten Jahren gesetzt? Mein Ziel ist es, das Label in den nächsten Jahren international zu etablieren sowie voll und ganz von meinem Beruf als Designerin leben zu können. Was ist deiner Meinung nach gerade das spannendste das in der Modewelt vor sich geht? Der Umbruch des Fashion-Systems. Verreist du demnächst? Ja. Und wohin? Nach Mailand zur ‚White’-Tradeshow.

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