Komplex N°9 2016

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bisher dokumentgetrieben. Der Abnahmeprozess lässt sich durch die qualitativ hochwertigeren Informationen deutlich professionalisieren. Die Gepflogenheit, Objekt- und Anlagendokumentationen dreifach in Papier und einmal auf einem Datenträger in weiter bearbeitbarer Form zu liefern, wird endgültig ersetzt. Die rechtzeitige Definition von Datenformat und Informationsumfang in Form von Attributen kann grundsätzlich bereits während der Erstellung erfolgen und wird für die Weiterverwendung durch den Betreiber aufbereitet. Der Eigentümer muss dafür allerdings auch eine entsprechende Systematik definieren und eine geeignete Infrastruktur aufbereiten. Bei Entwicklungsprojekten, die im Risiko erstellt und erst während der Realisierung devestiert werden, sind Eigentümer und Betreiber sowie insbesondere deren ICT-Systeme zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht bekannt. Die Informa­ tionen werden daher universal aufbereitet, sodass sie nahtlos in eine Submission und von dort zum späteren FM-Provider überführt werden können. Entsprechend standardisierte Schnittstellen wie zum Beispiel COBie (Construction Operations Building Information Exchange – ein ausgeklügeltes Excel-File) sichern die Datenübernahme. Wenn bei der Erstellung bereits der Eigentümer und bestenfalls sogar die Betriebsorganisation bekannt sind, erfolgt dies noch früher, noch präziser und verursacht theoretisch keinen Zusatzaufwand. Am neuralgischen Punkt der Objektübergabe wird offensichtlich, dass sich die heutigen Rollen verändern und Chancen für neue Tätigkeiten entstehen. Der Stellenwert des FM steigt, weil es in Zukunft zum Besteller wird und mit den definierten Gebäuden, Prozessen, Daten und Regeln arbeitet. Betriebs- und Instandhaltungsstrategie, Service Levels, Implementierung usw. sind weiterhin Leistungen der Betriebsvorbereitung, die durch den professionellen Betreiber definiert werden. Dass diese jedoch nicht mehr von Grund auf neu erarbeitet werden müssen, sondern auf den vorliegenden Informationen aus dem Bauprojekt basieren, minimiert nicht nur die Fehlerquellen, sondern motiviert auch die Mitarbeiter. Mit BIM erstellte Objekte

und ebenso adäquat nachgeführter Dokumentation entsteht eine für den Gebäudebetrieb ausgezeichnete Datenbasis. Diese gilt es, nutzergerecht aufzubereiten und mit entsprechenden Tools verfügbar zu machen. Beim Betriebsstart auf der grünen Wiese ist der Einstieg für eine einzelne, autonom bewirtschaftete Liegenschaft insofern unkompliziert, als dass auf dem Modell aus dem Bauprojekt aufgebaut wird und im gleichen Atemzug die gesamte Bewirtschaftung mit zeitgemässen Bewirtschaftungstools beschafft und eingerichtet werden kann. Etwas komplexer gestaltet sich die Einbindung des mit BIM erstellten Objekts in die Bewirtschaftung eines bestehenden Immobilienportfolios. Mit dem Paradigmenwechsel eröffnen sich neue Möglichkeiten, und doch ändert sich nicht alles auf einen Schlag. Bis auf Weiteres werden die Systeme im Bestand weiter gepflegt, und eine Ablösung erfolgt schrittweise oder parallel. Die meisten Beteiligten operieren mit den bewährten Werkzeugen weiter, etwa Flächenmanagement, CAFM, Objektbewirtschaftung. Diese Tools können in der Regel an die BIMWelt angeschlossen werden und nehmen oft die Leaderrolle ein. Bis zum anstehenden vollständigen Generationenwechsel kann dabei eine zentrale Einstiegsoberfläche – die sogenannte Middleware – eine breite Verfügbarkeit der mit BIM aufbereiteten Daten auch in Drittsystemen sichern. BIM im bestand

Während bei Neubauten sämtliche Informationen bottom up und in der bestmöglich verfügbaren Detaillierung erstellt werden und die Kunst darin liegt, nur die wirklich benötigten Informationen jeweils am richtigen Ort abzubilden, wird beim sogenannten Retro-BIM viel mehr auf funktionale Information geachtet. Das heisst, bestehende Bauteile können zwar nachträglich aufwendig als 3D-CADObjekte erstellt und mit allen notwendigen Attributen aufgearbeitet werden, bereits ausreichend und ebenso zielführend kann aber auch die einfache Neuerstellung abstrakter Elemente sein. So lässt sich eine Kaltwasserpumpe beispielsweise nur als Kubus darstellen, anschreiben und mit einem Wartungsintervall hinterlegen.

Dank der von Grund auf neu erstellten, sehr ho- Der WEg Zur BIM-Strategie hen Information über das Objekt und seine sämt- Die Formulierung einer BIM-Strategie ist ein Prolichen Bestandteile mit voll umfassendem Inventar jekt in der Organisationsentwicklung und setzt


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