ATLAS 07 deutsch

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Sterne, Kompass, GPS – Navigation in der Seefahrt gestern und heute Die Seefahrer der Antike konnten ihre Position zwar nicht sehr präzise bestimmen, doch ihre Sinne waren geschärft. Sie­ ­orientierten sich an den Sternen und an Zeichen der Natur: ­Geruch, Farbe und Tempe­ratur des Wassers, V ­ orkommen und Wege bestimmter Vögel und Fische. Das Lot verriet ihnen die ­Wassertiefe und ob der Grund felsig oder schlammig war. Wie der biblische Noah schickten sie ­Vögel vor, um nach Land Ausschau zu halten. Über Jahr­ tausende gaben sie ihr Erfahrungswissen mündlich weiter.

text:  Martin Kaluza illustration:  Olaf Hajek Kompass Der erste Kompass bestand aus einer magnetischen Nadel, die in einer Was­ serschale schwamm. Chinesische See­ fahrer kannten ihn schon im 10. Jahr­ hundert, und über arabische Händler gelangte er nach Europa. Die Idee, eine magnetische Nadel fein ausbalanciert auf einen Pin aufzulegen, wurde erst­ mals 1269 schriftlich erwähnt. Für die Seefahrt war schließlich die im 16. Jahr­ hundert entwickelte kardanische Auf­ hängung ein entscheidender Fortschritt: Zwei im rechten Winkel zueinander angebrachte Drehlager glichen die Be­ wegungen des Schiffs aus und hielten den Kompass in der Waage.

Sextant und Jakobsstab Um 1730 entwickelte der englische As­tronom John Hadley den Sextanten. Das Gerät ist im Prinzip nichts weiter als ein Winkelmesser. Sein einfacherer Vorläufer, der Jakobsstab, wurde im 13. Jahrhundert erfunden, setzte sich in der Seefahrt aber erst im 15. Jahrhun­ dert durch. Der Sextant ermittelt sehr präzise die Höhe der Sonne oder eines anderen Gestirns über dem Horizont. Um daraus ihre Position zu bestim­ men, schlagen Navigatoren in Tafeln die Ephemeriden nach, die voraus­ berechneten täglichen genauen Stel­ lungen der Himmelskörper. Eines der frühesten Exemplare veröffent­ lichte der Astronom Regio­ montanus 1474. Sein promi­ nentester Abnehmer war Christoph Kolumbus. Zu die­ ser Zeit konnten Seeleute die Breite bereits auf 30 Seemeilen genau bestim­ men.

Chronometer Den Längengrad zu bestimmen, galt über Jahrhunderte als Ding der Unmög­ lichkeit. Dazu müssen Seefahrer zu­ nächst den Sonnenhöchststand ermit­ teln. Der westfriesische Kosmograf und Instrumentenbauer Gemma Frisius hatte bereits im 16. Jahrhundert er­ kannt, dass man den Längengrad be­ stimmen kann, wenn man den Mittags­ stand der Sonne ermittelt und mit der exakten Uhrzeit eines anderen Ortes vergleicht, dessen Längengrad bekannt ist. Doch es sollte bis 1761 dauern, bis eine zuverlässige Uhr den Durchbruch brachte. Der englische Uhrmacher John Harrison baute einen sekundengenauen Chronometer, den man auf dem Schiff mitnehmen konnte. Der Chronometer zeigte die Zeit am Nullmeridian an, der durch Greenwich verläuft. Die Seefahrer mussten nun nur noch den Zeitunter­ schied zwischen dem Schiff und der Greenwich-Zeit berechnen. Ein Blick in die nautischen Tabellen verriet den Längengrad.


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