ATLAS 07 deutsch

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24 »Kasachstan!«

Arm, reich, schön Morgens um 7 steht Wladimir vor der Tür. Berufsfahrer, rus­ sischer Kasache, der so wenig Englisch spricht wie unsereins Russisch, eine wortkarge, gestenreiche Fahrt beginnt. Wir wollen ins rund 380 Kilometer entfernte Khorgos. Auf dem Land blicken wir in das andere Gesicht Kasach­ stans: Unterentwicklung, Arbeitslosigkeit, Armut. Wir kom­ men durch Dörfer, deren einziger gepflasterter Weg die Durchgangsstraße ist, fahren vorbei an rumpelnden Esels­ karren, an Kindern, Frauen und Alten, die im Schatten sitzen und verkaufen, was ihr Land hergibt, Melonen, Äpfel, Kar­ toffeln. Hier hocken die Alten, die nie etwas hatten, und die ­Jungen, die kaum etwas bekommen werden; groß ist die ­neugierige Skepsis in den Gesichtern: Was der Fremde wohl bringen mag? Das soziale und kulturelle Gefälle zwischen Stadt und Land ist immens – um diesen Graben zu schließen, Durch den Naturpark Altyn Emel – nach Khorgos, wo der Dry Port bereits arbeitet

sind 25 Jahre Unabhängigkeit und freie Wirtschaft einfach nicht genug. Wir durchqueren Altyn Emel, einen von 16 Nationalparks, 4.600 Quadratkilometer groß = fünfmal Berlin, 12-mal Wien. Hier wohnen der Sibirische Steinbock, die Kropfgazelle und das Argali, hier wurde das Przewalksi-Wildpferd wieder ange­ siedelt und der Buchara-Hirsch; Schilder warnen vor wild kreuzenden Pferden. Und die kasachische Kuh liebt es, unver­ mittelt hinter Kurven zu stehen – nur Vollbremsungen retten uns vor Zusammenstößen. »Kasachstan!«, kommentiert ­Wladimir, wie er übrigens alles derart kommentiert, was ihm abwegig erscheint. Und das ist einiges. In Altyn Emel – ein wundervoller Ausschnitt der ökologi­ schen und geologischen Vielfalt dieses großen, fast men­ schenleeren Landes, das reich ist an Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas, Gold, Mangan, seltenen Erzen und vielen anderen –


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