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Die Auszeichnung für die Besten der Besten im Nachhaltigkeitsbereich

Der Markt für nachhaltiges, verantwortungsbewusstes Investment wächst spürbar und bedeutsam. So hat sich die Summe von nachhaltigen Investmentfonds von 107 Mrd. Euro in 2021 in Deutschland bis heute auf über 246 Mrd. Euro mehr als verdoppelt und hat sich somit im letzten Jahrzehnt mehr als versiebzehnfacht. (Quelle:

FNG). Lag die Anzahl sogenannter ethisch-ökologischer Fonds vor einer Dekade noch bei circa 60 Fonds, so werben im Jahr 2022 mittlerweile mehr als 1.400 Fonds mit nachhaltigen Anlagekriterien um Investoren. Damit nimmt leider die Unübersichtlichkeit zu und so mancher ist mit Suche und Selektion überfordert.

Grund genug für die ProVita GmbH, Deutschlands nachhaltigem Finanzdienstleister, Anlegern und Beratern einen Überblick zu verschaffen. Das Stuttgarter Unternehmen beschäftigt sich bereits seit 1994 konsequent mit der Beratung, Konzeption und Vermittlung nachhaltiger Kapitalanlageprodukte und zählt somit zu den Pionieren in diesem Bereich. „Mit der wohl größten Datenbank als unabhängiger Anbieter wollen wir gleichzeitig mit der Award-Verleihung für die „Besten der Besten“ im Nachhaltigkeitsbereich Wettbewerb schaffen und dem immer noch vereinzelt vorhandenen Vorurteil eines Performancenachteils im Vergleich zu konventionellen Anlagen begegnen“, so ProVita Geschäftsführer Stefan Maiss.

Vorgehensweise für das Listing

Das folgende Schaubild soll die Vorgehensweise für das Listing aufzeigen. Insgesamt haben 964 Fonds, davon 738 nach Art. 8 und 226 nach Art. 9 der EU-Offenlegungsverordnung, die vorgegebenen Kriterien erfüllt und es in 66 Kategorien in die Veröffentlichung geschafft.

Die Kategorisierung umfasst demnach 478 Aktien-, 136 Misch-, 13 Dach-, 134 ETF-, 193 Renten- und 10 Geldmarktfonds und wird unter Berücksichtigung von Performance, SRI und Nachhaltigkeitskriterien gewichtet, untersucht und ausgewertet. So werden die Besten der Besten im Leistungsvergleich zu einem festgelegten Stichtag (30. September) jährlich auf ein Jahr, drei Jahre und fünf Jahre ermittelt. Sollte ein Fonds keine Daten zum 30.09. bereitstellen können (z. B. wegen Wochenende), so wird der nächstmögliche davorliegende Tag als Stichtag bewertet. Eine umfangreiche Datenermittlung wurde von Opal Hard- & Software Consulting GmbH unterstützt. In Einzelfällen wurden Daten bei den jeweiligen Fondsgesellschaften direkt abgefragt. Gleichzeitig wird tabellarisch Auskunft über die Nachhaltigkeitsziele/Ratings/Labels der jeweiligen Fonds erteilt.

SPA werden solche Wertungen/Auszeichnungen berücksichtigt. Für die aktuelle Auszeichnung haben wir uns aufgrund der umfangreichsten Datenerfassungen, strengsten Verfahrensbedingungen und Auswahlkriterien sowie dem Verbreitungsgrad innerhalb Deutschlands für die Researcharbeit von MSCI, ISS-ESG und dem FNG entschieden.

Der Nutzen von verschiedenen unabhängigen Ratings:

• Qualitätssicherung nachhaltiger Geldanlagen

• Mindestanforderungen nach international anerkannten Normen

• Verringerter Zeit- und Kostenaufwand für Anleger und Fondsanbieter

• Untersuchung durch verschiedene unabhängige Gesellschaften und Prüfmethoden

• Förderung des nachhaltigen Investmentmarkts

MSCI:

Orientierung durch Labels/Siegel/Ratings

Mittlerweile existiert eine Reihe von Labels/Siegeln/Ratings von mehreren Organisationen/Institutionen, die nachhaltige Investments „unter die Lupe“ nehmen. Hierbei werden verschiedene Ansätze/Kriteriologien verfolgt und unterschiedliche Prüfprozesse durchgeführt. Bei dem

MSCI ESG Fund Ratings sollen mehr Transparenz und ein besseres Verständnis der ESG-Merkmale von Fonds- und ETF-Komponenten in Anlegerportfolios bieten. Da die Zahl der ESG-Fonds zunimmt und ESG-orientierte Anlageoptionen und -strategien von Vermögens- und Fondsmanagern übernommen werden, sind wir bestrebt, die Tools und Lösungen bereitzustellen, die Anlegern helfen, ESGRisiken besser zu verstehen. ESG Investing (Sustainable Investing) wächst exponentiell, da immer mehr Anleger und Emittenten ESG- und Klimadaten und -instrumente nutzen, um ihre Anlageentscheidungen zu unterstützen. Die ESG-Ursprünge von MSCI reichen bis ins Jahr 1972 zurück. Der erste MSCI- ESG-Index wurde 1990 auf den Markt gebracht. Seit 1999 bewerten wir Unternehmen auf der Grundlage von branchenrelevanten ESG-Risiken. Wir sind stolz darauf, mit über 1.700 Kunden weltweit zusammenzuarbeiten, darunter führende Pensionsfonds, Vermögensverwalter, Berater, Banken und Versicherungen. https://www.msci.com/our-solutions/esg-investing/esgfund-ratings

ISS ESG:

Ist der Responsible-Investment-Bereich von Institutional Shareholder Services Inc., dem weltweit führenden Anbieter von ESG-Lösungen für Investoren, Asset Manager, Hedgefonds und Anbieter von Vermögensdienstleistun- gen. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Corporate Governance und 25 Jahren Erfahrung in der Bereitstellung von fundiertem Nachhaltigkeits-Research ist ISS ESG der Partner der Wahl für institutionelle Investoren. Diese können mit den Lösungen von ISS ESG nachhaltige Anlagepolitiken und -praktiken entwickeln und integrieren sowie entsprechende Portfoliounternehmen durch Screening-Lösungen beobachten. ISS ESG bietet darüber hinaus Klimadaten, Analysen und Beratungsdienstleistungen, mit denen Investoren klimabedingte Risiken über alle Anlageklassen hinweg messen, verstehen und bewerten können. Zudem liefert ISS ESG Research und Ratings zu Unternehmen und Ländern und ermöglicht es seinen Kunden, materielle soziale und ökologische Risiken zu identifizieren und Chancen wahrzunehmen. Dieses ganzheitliche Lösungsangebot wird zusätzlich ergänzt durch einen etablierten Standard für die Analyse, Bewertung, Prognose und Berücksichtigung der finanziellen Dimension von Unternehmen. https://www.issgovernance.com/esg/fund-rating/ https://www.issgovernance.com/file/publications/methodology/ESG-Fund-Rating-Methodology.pdf

FNG: https://www.forum-ng.org/de/qualitaet-und-standards/fngsiegel

Das FNG ist seit 2001 der Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum (D, A, CH). Zu unseren rund 200 FNG-Mitgliedern zählen Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Ratingagenturen, Finanzberater:innen, wissenschaftliche Institutionen, Versicherungen, NGOs und Privatpersonen. Darüber hinaus ist das FNG Gründungsmitglied des europäischen Dachverbandes Eurosif.

Datenerhebung

Seit Mai 2021 wurde eine umfangreiche Datenbank angelegt. Informationen wurden hierzu über Recherchearbeiten aus öffentlich zugänglichen Portalen und Datenbanken sowie den Webseiten der Fondsgesellschaften zusammengetragen und abschließend durch schriftliche Nachfrage bei den Gesellschaften selbst zur Kontrolle ausgewertet.

Regelwerk und Auswahlkriterien

Voraussetzung Zulassung in Deutschland

Es werden nur Publikums-Investmentvermögen mit Vertrieb in Deutschland (§§ 294, 310, 316 oder 320 KAGB) und inländischen Verwahrstellen (§§ 68 ff., 80 ff. KAGB) berücksichtigt.

Voraussetzung Offenlegungsverordnung Artikel 8 und Artikel 9

Im November 2019 wurden die Maßnahmen des EU-Ak- tionsplans „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR) verabschiedet. Dabei sollen unter Berücksichtigung der Merkmale beispielsweise die Zielerreichung der Nachhaltigkeitswirkung möglichst anhand von Indikatoren quantifiziert und mit einem Index oder einer Benchmark verglichen werden können. Für ein Listing ist entweder Artikel 8 oder Artikel 9 Voraussetzung. Der Unterschied zwischen Artikel 8und Artikel 9-Produkten ergibt sich aus der Gestaltung und Vermarktung des Produktes. Artikel 9-Produkte besitzen ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel (beispielsweise Reduktion von CO2-Emissionen oder Schaffung von bezahlbarem Wohnraum). Artikel 8-Produkte berücksichtigen dabei lediglich ökologische oder soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung. Für beide Finanzprodukte gelten zusätzliche Offenlegungspflichten in vorvertraglichen Dokumenten, im regelmäßigen Reporting sowie auf der Website, wobei sich die Anforderungen zwischen beiden Produktarten unterscheiden.

Voraussetzung Labels/Siegel/Ratings

Detaillierte Prüfungen und Ratings von weitestgehend unabhängigen Organisationen und Institutionen vermitteln einen Einblick in die nachhaltigen Strategien und Managementansätze sowie deren Ernsthaftigkeit bei Umsetzung und Einhaltung. Die mit den höchsten Qualitätsstandards und den umfangreichsten Datenerhebungen werden als Maßstab vorausgesetzt. Mindestens eines dieser drei ausgesuchten Labels/Siegel/Ratings ist Voraussetzung, um gelistet zu werden. Dabei müssen folgende Bewertungen erreicht sein:

1, 2, 3 Sterne FNG-Wertung (von max. 3 Sternen) und/oder mind. 4, 5 Sterne ISS-ESG-Wertung (von max. 5 Sternen) und/oder mind. A, AA, AAA MSCI-Wertung (von CCC-AAA)

Die jeweiligen Wertungen werden in den Performance-Listings aufgeführt, tragen aber nicht zum Ergebnis bei. Damit kann ein verfälschtes Ergebnis durch eventuell willkürliche Gewichtungen der Labels/Siegel/Ratings vermieden werden (Stichtag: 15. Juli 2022). Bei Performancegleichstand entscheidet das bessere Ratingergebnis zum Zeitpunkt der Erfassung über die Platzierung.

Unterschiedliche Wertungs- und Untersuchungsansätze

Warum kommt es vor, dass nachhaltige Ratings und Wertungen von verschiedenen Gesellschaften zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können? Zum einen gibt es verschiedene Verfahren und Untersuchungsansätze. So werden CO2- Ausstoß und ökologische Aspekte, soziale und kulturelle Eigenschaften sowie Verantwortlichkeit der Unternehmensführung unterschiedlich gewichtet und auch beurteilt. Das bedeutet, dass im Wesentlichen drei Faktoren* (Umfang, Bemessung und Gewichtung) bei abschließender Bewertung eine maßgebliche Rolle spielen, die dann eben zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Aus diesem Grund empfehlen wir, über die angegebenen Links zu den jeweiligen Homepages die spezifizierten und individuellen Untersuchungsansätze nachzulesen.

*Umfang: Unterschiede in der Zusammenstellung der zu untersuchenden Themenfelder

Bemessung: Unterschiede in den Indikatoren, die Themenfelder messen sollen

Gewichtung: Unterschiede in der relativen Wichtigkeit von Themenfeldern und/oder Indikatoren

Verfahren zur Eingliederung und Abstufung der Anlageklasse

Berücksichtigung des Zeitraums des nachhaltigen Managementansatzes

Auf den Zeitraum des nachhaltig ausgerichteten Managementansatzes wird geachtet, um zu vermeiden, dass beispielsweise ein Fonds bei einer Fünf-Jahres-Auswertung, der erst seit einem Jahr auf Nachhaltigkeit umgestellt hat, in die Bewertung mit eingeht. Dasselbe gilt analog auch für kürzere Zeiträume, wobei immer das Jahr der Umstellung voll mitzählt.

SRI (Summary Risk Indikator)

Der SRI ist ein standardisierter Risikoindikator, der sowohl die Volatilität (Schwankung) eines Finanzinstruments als auch die Bonität des Emittenten berücksichtigt. Bei der Volatilität des Finanzinstruments spricht man von Marktrisiko. Bei der Bonität des Emittenten von Kreditrisiko. Als Ergebnis dieser Kombination gibt es eine Einstufung in einer fünfstufigen Skala, wobei zwei ein geringes und sechs das höchste Risiko darstellt. Bei Investmentfonds wird nur das Marktrisiko betrachtet, da das Kreditrisiko in einem Fondsportfolio gestreut ist. Eine Ausnahme bilden Garantiefonds, hier wird auch die Bonität des Garantiegebers mitberücksichtigt. Es werden also in den unterschiedlichen Kategorien nur Fonds mit derselben SRI-Klasse verglichen (nicht zu verwechseln mit SRRI-Klasse). In Ausnahmefällen, in denen kein SRI-Wert ermittelbar oder vorhanden ist, wurde SRRI-1 angenommen.

Zeitraum

Stichtag für die Performanceermittlungen ist Freitag, der 30. September 2022. Von diesem Datum werden die zurückliegenden 12, 36 und 60 Monate für den Wertzuwachs in Prozent gemessen.

Voraussetzung Währung und Mindestvolumen

Es werden nur die Euro-Tranchen berücksichtigt. Mindestvolumen > 10 Mio. Euro.

Voraussetzung Fonds-Tranchen

Es werden nur die Retail-Tranchen (inkl. Kick-back) berücksichtigt.

Thesaurierend/ausschüttend

Es wurde grundsätzlich die thesaurierende Tranche gelistet. Bei Fonds, die keine thesaurierende Tranche führen, haben wir die ausschüttende Tranche berücksichtigt.

Voraussetzung Anzahl der Fonds pro Kategorie

Es müssen mindestens fünf Fonds für ein Listing pro Kategorie vorhanden sein. Ab dem 15. Juli 2022 wurde das Listing vorgenommen und die einzelnen Kategorien erstellt.

Datenabgleich

Um eine Übereinstimmung von öffentlich zugängigen Datenbanken und Angaben der Fondsgesellschaften zu gewährleisten, wurden alle Fondsgesellschaften bereits im Mai 2022 aufgefordert, über ein Datenblatt die für ein Listing erforderlichen Angaben zu machen. Anfang Oktober wurden die umfangreichen Recherchearbeiten abgeschlossen. Fast alle Fondsgesellschaften sind dem nachgekommen; für die wenigen Ausnahmen wurden die erforderlichen Informationen auf öffentlich zugängigen Datenbanken recherchiert. Für Vollständigkeit und Richtigkeit kann daher keine Gewähr übernommen werden.

Sustainable Development Goals der UN

Um die Ausrichtung und Schwerpunkte der Fonds einfacher zu erkennen, wurden bei den Fondsgesellschaften auch die fünf wichtigsten der 17 SDGs (Sustainable Development Goals) abgefragt. Noch nicht alle Gesellschaften waren so weit und konnten diese benennen. Dennoch kann resümiert werden, dass sich bereits ein überwiegender Teil damit beschäftigt. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung sind politische Zielsetzungen der Vereinten Nationen, die weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene dienen sollen. Mit dieser sogenannten Agenda 2030 will die Weltgemeinschaft auf unserer Erde ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und dabei gleichsam die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft bewahren. Sie hatte ihren Ursprung bei der

Klimakonferenz 2012 in Rio, wurde im Herbst 2015 von der Generalversammlung der UN verabschiedet. (Neben den 17 globalen Zielen sollen auch 169 Unterziele bis 2030 wirkungsvolle Veränderungen vorrangig in diesen Bereichen herbeiführen).

Mit einer Untergliederung in drei Teilbereiche – Biosphäre, Gesellschaft und Wirtschaft – lassen sich die einzelnen Ziele besser zuordnen:

Wir sehen einerseits, dass die globalen Krisen zunehmen: Klima-, Umwelt-, Flüchtlings-, Bonitäts-, Währungs-, Inflations-, Realzins-, Staatsschuldenkrise etc... Allein um die Auswirkungen und Schäden von Klima- und Umweltkrisen bezahlen zu können, rechnen führende Wissenschaftler bereits

Umsetzungsmittel stärken und globale Partnerschaft mit neuem Leben erfüllen

Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung

Widerstandsfähige Infrastruktur inklusive und nachhaltige Industrialisierung, Innovationen unterstützen

Armut in jeder Form und überall beenden

Friedliche und inklusive Gesellschaften, Zugang zur Justiz für alle, rechenschaftspflichtige Institutionen auf allen Ebenen aufbauen

Wohnorte sicher, widerstandsfähig, inklusiv und nachhaltig gestalten

Bezahlbare, verlässliche, nachhaltige Energie für alle

Nachhaltige Konsumund Produktionsmuster sicherstellen

Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern

Gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters

Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung, lebenslanges Lernen

Mädchen und Frauen zur Selbstbestimmung befähigen

Hunger beenden, bessere Ernährung, nachhaltige Landwirtschaft

Landökosysteme schützen, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Verlust der Biodiversität beenden

Ozeane, Meere und ihre Ressourcen erhalten und nachhaltig nutzen

Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser

Umgehend Klimawandel bekämpfen heute mit einer Größenordnung von fast 10 % des Weltsozialproduktes. Wie hoch wird der Anteil wohl noch werden, in den nächsten 10 oder 20 Jahren? Wenn man all diese Krisen und deren Gründe auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduzieren möchte, haben dann nicht alle ursächlich mit dem Einsatz und der Verwendung von Geld und Macht zu tun? Würde das nicht andererseits im Umkehrschluss gleichzeitig bedeuten, dass der Großteil der Verantwortung in den Händen der Investoren, Finanziers, der Banken liegt? Welches Wachstum, welche Branchen, unter welchen Bedingungen wurde finanziert? Müsste aber nicht gleichzeitig auch die Politik bestimmte Rahmenbedingungen festlegen, um positive Abläufe und Handlungen zu fördern und negative schärfer zu sanktionieren?

Hinweis: Die einzelnen Fonds sind nicht den oben genannten SDGs verpflichtet, sondern es sind nur Momentaufnahmen der aktuellen Ausrichtung, welche sich zukünftig auch wieder ändern können.

Divesting?

finanzwelt sprach dazu mit dem ProVita-Geschäftsführer und Initiator des Sustainable Performance Awards®, Stefan Maiss:

Welche Auswirkungen würde dies wohl auf Attraktivität und Wertigkeit dieser Konzerne haben? Ein weiteres Beispiel, wie Fonds/Aktienbesitzer Einfluss nehmen können ist, Finanzmittel bei Kapitalerhöhungen bereitzustellen, um Produktivität zu steigern und somit Wachstum zu ermöglichen. Das wohl einflussreichste Mittel ist aber die Stimmrechtsausübung von Aktionären oder dem Fondsmanagement auf Hauptversammlungen (Engagement). Eine interessante, aktuelle Studie der Universität Augsburg, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Finance and Banking, untersucht erstmals ausführlich, ob umfangreiche Divestments bereits Aktienkurse und CO2Emissionen beeinflusst haben.“

Empirische Studie: Divestments beeinflussen Aktienkurse und CO2-Emissionen

„Eine wesentliche Frage wird sein, ob man durch Verlagerung von Geldströmen positiven Einfluss auf Unternehmen, unsere Umwelt und den Klimawandel nehmen kann, um beispielsweise die CO2-Emissionen zu senken und unsere Lebensgrundlage auch für zukünftige Generationen zu bewahren. Und in dem Zusammenhang wäre zu klären, ob bei Verkauf von Aktien oder Fondsanteilen, die ‚nur den Besitzer wechseln‘ auch Wirkung erzielt werden kann? Um es schon an dieser Stelle anhand eines bekannten Zitates von Carl August Sandburg (1878 - 1967) zu verdeutlichen: ‚Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin‘. Übertragen auf den Finanzbereich würde es dann etwa heißen: ‚Stell dir vor, es gibt Rüstungsaktien, und keiner will sie haben‘. Oder: ‚Stell Dir vor, es gibt Unternehmen, die Strom aus Kohle/Gas/Öl/ Atom erzeugen und keiner will diesen mehr haben.‘

Ausgangspunkt dieser Studie war die Identifikation der Fonds, die sich im Beobachtungszeitraum besonders stark dekarbonisierten. Die von diesen Fonds zum Zweck der Dekarbonisierung verkauften Aktien wurden dann aggregiert, um die Aktien zu identifizieren, die vom gesamten Fondsmarkt am stärksten divestiert wurden („Aktien mit hohem Divestment-Verkaufsdruck“). Dann konnte mittels Ereignisstudien untersucht werden, ob sich bei diesen Unternehmen besondere Veränderungen der Aktienkurse und des CO2-Ausstoßes ergaben. Die erste Ereignisstudie vergleicht die Aktienkursentwicklung („kumulative industrieadjusterte Renditen“) der Gruppe der divestierten Unternehmen („hoher Divestment-Verkaufsdruck“) mit den Aktienkursentwicklungen zweier Vergleichsgruppen („hoher genereller Verkaufsdruck“, z. B. aus finanziellen Gründen, und „kein Verkaufsdruck“) vor, während und nach den Divestments.

Abbildung 1 auf der folgenden Seite zeigt, dass die Gruppe divestierter Unternehmen (durchgezogene Linie) über zwei Jahre mit -6,7 % einen deutlich höheren und auch nachhaltigeren durchschnittlichen Kursverlust erlitt als die Gruppe der Unternehmen mit generellem Verkaufsdruck (schwarz gestrichelt). Die Gruppe der Unternehmen ohne Verkaufsdruck zeigte wie erwartet keine nennenswerten Kursveränderungen (grau gestrichelt). Somit führten Divestments langfristig zu niedrigeren Aktienkursen, was im Sinne der Befürworter:innen von Divestments ist. Durch den Rückgang der Aktienkurse haben die Unternehmen einen Anreiz, ihr ökologisches Verhalten zu überdenken und anzupassen, um wieder attraktiver für Aktionär:innen zu werden. Daher stellt sich die Frage, ob diese Unterneh- men infolge der Divestments auch ihre CO2-Emissionen verringerten. Um dies zu prüfen, vergleicht die zweite Ereignisstudie die kumulativen Veränderungen der Scope 1+2 CO2-Emissionen der drei Gruppen.

Abbildung 2 zeigt, dass bei den divestierten Unternehmen ein Rückgang der CO2-Emissionen um durchschnittlich 2,3 % zu beobachten war (durchgezogene Linie). Die CO2-Emissionen der Unternehmen der Kontrollgruppen stiegen hingegen um durchschnittlich ca. 6 % bzw. 8 % an. Weitere Tests zeigten u. a., dass dieses Ergebnis unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der divestierten Unternehmen ist und somit z. B. kein Ergebnis einer geringeren Produktionstätigkeit darstellt. Diese Beobachtung lässt den Schluss zu, dass Fonds mit gezielten Divestments eine Reaktion der betroffenen Unternehmen hin zu klimafreundlicherem Verhalten auslösen konnten.

Fazit: Divestments unterstützen den Kampf gegen den Klimawandel

Im Ergebnis zeigt die Studie, dass institutionelle Anleger:innen über die Dekarbonisierung ihrer Portfolios einen positiven Impact im Kampf gegen den Klimawandel generieren können. Diese Erkenntnis sollte dazu beitragen, dass bezüglich des Divestments bisher skeptische private, institutionelle und öffentliche Anleger:innen ermutigt werden, sich den Divestment-Initiativen anzuschließen, was deren Durchschlagskraft weiter erhöhen würde.

• Die Erkenntnis ist, dass umfangreiche Divestments von Fonds die Aktienkurse klimaschädlicher Unternehmen um durchschnittlich ca. 7 % reduziert haben.

• Diese Kursverluste führten schließlich dazu, dass die betroffenen Unternehmen ihre CO2-Emissionen im Vergleich zu anderen Unternehmen um durchschnittlich ca. 10 % reduzierten.

• Divestments können folglich ein probates Mittel für private, institutionelle und öffentliche Anleger:innen zur Eindämmung des Klimawandels sein.

Originalstudie

Martin Rohleder, Marco Wilkens and Jonas Zink; The effects of mutual fund decarbonization on stock prices and carbon emissions; Journal of Banking & Finance 134, 106352 (2022): https://doi.org/10.1016/j.jbankfin.2021.106352

Die Ausführungen dieses Beitrags orientieren sich an einer Zusammenfassung der Originalstudie, die über die Wissenschaftsplattform Sustainable Finance verfügbar ist unter: https://wpsf.de/publikation/pb-10-2021-divestment/

Abbildung 1: Entwicklung der kumulativen industrieadjustierten Rendite vor, während und nach Divestments

Abbildung 2: Entwicklung der kumulativen Veränderungen der CO2-Emissionen vor und nach Divestments

Hoher Divestment-Verkaufsdruck Hoher genereller Verkaufsdruck Kein Verkaufsdruck Divestmentereignis

Eine Erläuterung der Studie steht auch zur Verfügung unter: https://youtu.be/i3r30iRbtI8

Die von der Mercator-Stiftung finanziell unterstützte Studie wurde verfasst von: PD Dr. Martin Rohleder, Privatdozent am Lehrstuhl für Finanz- und Bankwirtschaft der Universität Augsburg, Prof. Dr. Marco Wilkens, Professor für Finanz- und Bankwirtschaft an der Universität Augsburg, Jonas Zink, CFA, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanz- und Bankwirtschaft der Universität Augsburg.

Kann der Finanzsektor zur Umsetzung der SDGs beitragen und beispielsweise unser Klima retten?

Fünf Bio. Euro müssen einer Studie zufolge insgesamt investiert werden, damit Deutschland im Jahr 2045 klimaneutral werden kann. Um das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland bis zum Jahr 2045 zu erreichen, sind Gesamtinvestitionen in Höhe von rund fünf Bio. Euro erforderlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Prognos Institut, Nextra Consulting und das Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) im Auftrag der staatlichen Förderbank KfW erstellt haben. Nur: Wer soll das bezahlen, besser gesagt, wer soll dahingehend investieren? Diese hohe Summe mag so manchen auf den ersten Blick beeindrucken. Unternehmen wir allerdings keine Anstrengungen in diese Rich- tung, so ist mit einem Vielfachen an volkswirtschaftlichen Schäden zu rechnen. Von daher kann es wohl kaum sinnvollere Investitionen geben.

Krisen bedeuten auch Chancen. Und durch Erkenntnis sowie entsprechendes Handeln kann man die „Not wenden“. Nun zur Frage: Wer ist „man“? Und wie kann man als Einzelner möglichst einfach – ohne größere Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen – einen positiven Beitrag leisten? Ganz einfach: Indem man seine Kapitalanlagen, Depots und Investmentfonds zukunftsorientiert, verantwortungsbewusst und nach den eigenen Wertevorstellungen ausrichtet. Machen auch Sie aus Ihrem Geld gutes Geld (make good money out of your money)! Hoffen lässt auch folgendes Umfrageergebnis: Bis 2030 wollen fast 83 % der Investoren bei ihrem gesamten Vermögen ESG-Faktoren berücksichtigen, über 50 % wollen dies schon 2025 tun. Dies ergab eine Umfrage von Allianz Global Investors, bei der 490 institutionelle Investoren aus 13 Ländern mit insgesamt 15 Bio. US-Dollar verwaltetem Vermögen befragt wurden.

Mag ein Einzelner scheinbar auch noch so wenig Einfluss mit der Anlage seines Ersparten haben, so ist die Summe Vieler in der Lage, nachweislich bedeutende Veränderungen herbeizuführen! Und wir sollten uns mehr und mehr darüber bewusst werden: Wir sind auch verantwortlich für das, was mit unserem Geld geschieht. Jeder kann seinen Beitrag dazu leisten, mag er auf den ersten Blick auch noch so gering erscheinen. Und damit sind auch die vielen Berater:innen und Vermögensverwalter:innen gemeint, denen nun auch der Gesetzgeber dieses Thema auf die Agenda gesetzt hat. (fw)

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