Die Beste Zeit Nr. 22 2013

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Paragraphenreiter Kann ich mit Kunst auch Umsatzsteuer sparen?

Susanne Schäfer, Steuerberaterin Geschäftsführerin der Rinke Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/ Steuerberatungsgesellschaft

Bei Einkäufen im Supermarkt steht auf dem Kassenzettel, meist unter der Gesamtsumme der eingekauften Waren, in geringfügigen Abwandlungen der Vermerk „davon zu einem Umsatzsteuersatz von 19%“ sowie „davon zu einem Umsatzsteuersatz von 7%“. Hat man Möhren, Butter und Hackfleisch gekauft, finden sich die Beträge hierfür in der Teilsumme mit dem Umsatzsteuersatz von 7%, lagen Sojamilch und Hummer im Einkaufswagen, finden sie sich in der Summe mit dem Umsatzsteuersatz von 19% wieder. Der Gedanke hinter der Zweiteilung des Umsatzsteuersatzes bestand, wie es im Regierungsentwurf aus dem Jahr 1963 hieß, darin, „bestimmte Güter des lebensnotwendigen Bedarfs“ zu verbilligen. Darum steht in der „Liste der dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegenden Gegenstände“ der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG so allerlei: „genießbare Schlachtnebenerzeugnisse“, „Vogeleier und Eigelb“, „Gemüse, Pflanzen, Wurzeln und Knollen, die zu Ernährungszwecken verwendet werden“, „getrocknete Hülsenfrüchte“ und „Gemälde und Zeichungen, vollständig mit der Hand geschaffen, sowie Collagen und ähnliche dekorative Bildwerke, Originalstiche, -schnitte und -steindrucke“ und „Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst aus Stoffen aller Art“. Ist ja auch klar, schließlich lassen sich diese für den durchschnittlichen Bundesbildungsbürger ebenfalls dem lebensnotwendigen Bedarf zurechnen. Erwirbt er ein entsprechendes Originalgemälde von einem Händler, der letztendlich 10.000 Euro in seiner Kasse behalten will, zahlt der Kunstkäufer hierfür 10.700 Euro. Die Differenz von 700 Euro führt der Händler an sein Finanzamt ab.

„Am liebsten auf der Bühne, und wer weiß wo sonst noch, sind mir Sätze, die man auch tanzen könnte.“

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Der begünstigte Steuersatz gilt allerdings nur für „Originale“. Bild- und Siebdrucke unterliegen demgegenüber – vermutlich mangels Lebensnotwendigkeit – dem Regelsteuersatz von 19%. Will der Händler aus deren Verkauf 10.000 Euro behalten, muss er seinem Kunden 11.900 Euro in Rechnung stellen und 1.900 Euro an den Fiskus abführen. Richtig logisch ist das nicht. Darum war im Jahr 2012 im Gespräch, das Umsatzsteuergesetz dahingehend zu vereinfachen, künftig einfach alle Kunstwerke dem Regelsteuersatz von 19% zu unterwerfen. An diesem Punkt endete die Ähnlichkeit von Grundnahrungsmitteln zu Kunstwerken dummerweise. Erstens schienen sie laut Gesetzesentwurf weitaus weniger förderungswürdig zu sein, und zweitens ist ihre Nachfrage weitaus preiselastischer. Zu deutsch: die abgesetzte Menge reagiert weitaus stärker auf einen geänderten Preis. Möhren, Butter und Hackfleisch kaufe ich im Zweifel auch noch, wenn sich ihr Preis um 11 Prozentpunkte erhöht, Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst aber möglicherweise nicht mehr. Zum Glück ist der Vermittlungsausschuss, was Steuervereinfachung angeht, richtig gut: Ab 2014 unterliegen auch die bislang begünstigten Originalkunstwerke einem Umsatzsteuersatz von 19%. Dafür wird dieser Steuersatz wahlweise nur noch auf 30% des Verkaufspreises angewendet, beträgt also im Ergebnis nur noch 5,7%. Richtig logisch ist das immer noch nicht. Aber schließlich unterliegt Möhrensaft ja auch einem Umsatzsteuersatz von 19%.

„Das Leben ist sportlich: Der, den du überholst, sitzt dir danach im Nacken.“

Zugelaufene Sprüche

„Mit guten Absichten überschminkt die Seele ihre Pickel“

2013 Verlag HP Nacke Wuppertal 80 Seiten, 9.00 Euro ISBN: 978-3-942043-90-8

„Das wäre ein wunderbares Leben gewesen, sagte der Neunzigjährige, wenn man vorher gewusst hätte, dass alles gut geht.“

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