Die Beste Zeit Nr. 22 2013

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Ein Spiel, das manches „nicht ist“ Gedanken über weite Entfernungen. Eine Kontaktaufnahme vom büro für zeit + raum. Uraufführung Inszenierung: Anne Hirth und Christian Kesten Musikalische Leitung: Christian Kesten Bühne und Kostüme: Alexandra Süßmilch Lichtdesign: Arnaud Poumarat Dramaturgie: Johannes Blum – Oliver Held Besetzung: Irena Tomaži – Ivan Fatjo – Ariel Garcia – Gregor Henze – Gregory Stauffer Fotos: Tom Buber

Ariel Garcia, Gregory Stauffer, Irena Tomažin, Ivan Fatjo, Gregor Henze

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Eine Grundannahme, der kein Theaterfreund widersprechen würde, ist, dass eine Theateraufführung vom Zusammenspiel lebt. Eine andere, verwandte heißt: „Zwei Aufführungen desselben Stücks sind nie genau gleich.“ Beides sind für den Zuschauer wirklich vor allem Annahmen – denn wie soll er sie wahrnehmen? So recht auffallen werden ihm diese Regeln wahrscheinlich vor allem, wenn etwas schiefläuft. „Gedanken über weite Entfernungen“ ist so gesehen und kühl gesagt: Lernobjekt. Das Performanceprojekt der Theatermacherin Anne Hirth vom Berliner „büro für zeit+raum“ zusammen mit Christian Kesten führt im Kleinen Schauspielhaus Prozesse vor, die beim Theater ständig stattfinden sollten – bloß dass sie sonst unauffällig bleiben. Das gilt für Prozesse vor wie auch hinter den Kulissen: Einerseits zeigt der Abend ein Grundmuster, das beim Spielen die Handlung von Stücken bildet, nämlich „Aktion und Reaktion“. Und andererseits zeigt es das Training für derlei Bühnen-Austausch, wie man es abseits auf der Probe betreibt. Das könnte alles trocken und kompliziert ankommen beim Publikum – so wie dieser Text es für den Leser möglicherweise tut. Die Zuschauer zumindest am Premieren-

abend waren aber vorgewarnt: Nicht die Regisseurin zwar, aber Dramaturg Johannes Blum führte in Anliegen und Arbeitsweise von Anne Hirth ein, die nicht im üblichen Sinne Stücke inszeniert. Nicht erwarten sollten die Besucher von der bevorstehenden Uraufführung außerdem Figurenrollen der einzelnen Schauspieler, einen fertigen Text und noch einiges mehr. Sodass die Frage einer zuhörenden Teilnehmerin nahelag: „Was denn dann?“ Bei der Aufführung, einem ganz ungewöhnlichen Erlebnis, wurde klar: Stimmt, das alles ist „Gedanken über weite Entfernungen“ nicht, und diese Offenheit läßt ja manches hoffen. Es gibt allerdings noch mehr, das es nicht ist. Nicht ist es zum Beispiel das gesammelte Ergebnis seiner acht Vorläufer. Soll heißen: Lange bevor die eigentlichen Proben hin zur Premiere begannen, hatten Hirth und ihre Mitstreiter in lockerer Folge zu ganz unterschiedlichen Terminen namens „morsen eins bis acht“ eingeladen – außer im Schauspielhaus auch im „Kunstraum Olga“ in der Elberfelder Nordstadt und anderswo. Was dort zusammengetragen wurde an Eindrücken und Assoziationen – wer nach dieser Vorbereitung für die abschließende Produktion ein Feuerwerk an Einfällen zum Thema


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