Das Goetheanum – Sonderheft Grundeinkommen

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konstanze Brefin alt

LIEBESMÜHE Ursula Piffaretti ist Mitglied der Kerngruppe, die eine Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz starten will buchhinweise Auswahl verschiedener Bücher zum Thema Grundeinkommen von Ursula Piffaretti

Ursula Piffaretti, ehemaliges Vorstandsmitglied der Anthroposophischen Gesellschaft in der Schweiz, ist über die DVD ‹Bedingungsloses Grundeinkommen› auf die Initiative ‹Grundeinkommen für alle› von Daniel Häni und Enno Schmidt gestoßen. Sie war von diesem Ansatz Arbeit und Einkommen zu trennen überzeugt. Wenige Monate später gehörte Sie zur Kerngruppe, die im Frühling 2012 die Unterschriftensammlung zu einer Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz starten will. Sie ist Stiftungsrätin der Stiftung Kulturimpuls Schweiz, die sich als erstes Projekt dem Grundeinkommen angenommen hat. Zum Thema hat Ursula Piffaretti die Bücherliste zusammengestellt. Begeistert ist sie vom Buch ‹Die Arbeit des Einzelnen und der Geist der Gemeinschaft›. «Umwerfend, denn Peter Selg zeigt auf, wie Rudolf Steiner immer wieder versuchte, im Sozialen Neues anzuregen, und wie das oft zunächst gar nicht gehört und dann manchmal neun, zehn, zwölf Jahre später wieder aufgegriffen wurde. Selg verbindet diese Impulse.» Kaum hat sie angefangen sich für das Grundeinkommen zu engagieren, wurde heftig Kritik an sie herangetragen, weil mit dem Grundeinkommen kaum jemand mehr arbeiten wolle. «Ich wollte wissen, ob das stimmt, obwohl der Film zum Grundeinkommen aufzeigt, dass die meisten denken: ‹Ich würde schon weiter arbeiten – aber der Nachbar nicht.› Nun erinnerte ich mich, an das Buch von Peter Selg. Allein schon seine vielen Anmerkungen und Steiner-Zitate sprachen mich an, und tatsächlich stieß ich auf Seite 110 gerade auf die Aussage von Steiner, ‹dass der Mensch sein

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physisches Leben nicht bloß als Vorbereitung für das Leben nach dem Tode anzusehen hat, sondern … auch als Fortsetzung eines geistigen Lebens vor der Geburt. Dann wird aus einem faulen Menschen, der nichts tun will, ein Mensch, der sich bewusst ist, dass er auf der Erde etwas auszuführen hat, dass er eine Mission hat. Ehe nicht dieser Gedanke die Menschen durchdringen kann, kann es nicht anders werden, als dass die Menschen in den Materialismus hineinversinken.›» Essenziell ist für Ursula Piffaretti «wie Selg belegt, dass die soziale Dreigliederung parziell verwirklicht ist, auch wenn das Geistesleben zumeist vergangenheitsorientiert ist und die Wirtschaft versucht, alles zu dominieren, denn sie lebt nach der egoistischen Maxime: Wenn jeder für sich schaut, gehts allen gut.» Für Ursula Piffaretti beschränkt sich Wirtschaft nicht darauf, Arbeitsplätze zu schaffen, denn der äußere Fortschritt in der Berufsentwicklung führe zur Auflösung der menschlichen Bande. «Die Menschen würden mit ihrer Arbeit ihre Vorteile zu sichern versuchen, und damit bliebe zwischen ihnen nur die Konkurrenz als Beziehung. Mit dieser ‹Konkurrenzerwerbssucht› – so nennt es Steiner – hätten wir die Hölle. Und da sind wir auf dem besten Wege dazu.» Und weil echte Impulse für eine positive Zukunftsentwicklung nicht eher möglich seien, «als dass jeder Einzelne aus sich selbst heraus, aus Liebe für seine Mitmenschen arbeitet, macht es auch wenig Sinn, sie über den Lohn zur Arbeit zu zwingen, damit sie ihr Karma nicht verpassen. Erzwungene Liebesmüh bringt uns nicht weiter.»

Götz W. Werner ‹Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen›, Stuttgart 2006. Gespräche, Interviews und Texte mit Götz Werner, Benediktus Hardorp und anderen. Eine gut lesbare, aus der Praxis beschriebene, vielseitig informative Darstellung von den Fragen, Antworten, Einwänden zur Idee des Grundeinkommens. | ‹Einkommen für alle – der dm-Chef über die Machbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommens›, Köln 2007. Das Grundeinkommen als Kulturimpuls und warum es heute aktuell ist; wie Götz Werner dazu kam, sein Unternehmen ganz auf die Eigeninitiative der Mitarbeiter zu stellen, und welche Erfahrungen er daraus gewinnen konnte. Über Geld, Gerechtigkeit, Konsumsteuer. Das fundierte Sachbuch. Paul Mackay, Ulrich Rösch (Hrsg.) ‹Grundeinkommen für jeden Menschen. Eine Herausforderung für Europa?›, Dornach 2007. Vorträge, welche am gleichnamigen Kongress im Herbst 2006 am Goetheanum in Dornach gehalten wurden. Von Ulrich Rösch, Götz Werner, Matthias Spielkamp, Benediktus Hardorp und Götz E. Rehn und Beantwortung der Fragen der Kongressteilnehmer. Die wichtigsten Anliegen zur Idee des bedingungslosen Grundeinkommens werden in aller Kürze dargestellt. Götz Werner, Adrienne Goehler ‹1000 Euro für jeden. Freiheit – Gleichheit – Grundeinkommen›, Berlin 2010. Dieses Buch regt zum Umdenken an: «Ein bedingungsloses Grundeinkommen belohnt keine Leistungen, sondern ermöglicht sie erst.» Es befreit von wirtschaftlicher Existenzangst, es schafft Freiraum für Kreativität und Eigeninitiative, gibt der Arbeit ihren Sinn und den Menschen ihre Würde zurück.


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