LIFESTYLE clean energy

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Ausgabe: 2012/1

LIFESTYLE CLEANENERGY

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windm端hlen.

Chinesische Weisheit

Top Thema: Green Building

Interview: Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil

International Special: GoGlobal China



EDITORIAL Liebe Leser,

Dear Reader,

“Zukunft: Die Ausrede all jener, die in der Gegenwart nichts tun wollen.“ Bei diesem Zitat von Literaturnobelpreisträger Harold Pinter muss ich an das denken, was mir während der Produktion dieser Zeitschrift zunehmend durch den Kopf ging: Warum reden eigentlich immer so viele von der Zukunft und davon, welche Entwicklungen es in Jahrzehnten geben wird, die unser Leben erleichtern und dabei Umwelt und Ressourcen schonen, anstatt sich schon heute für einen nachhaltigen Lebensstil zu entscheiden? Dabei steht uns ein so großes Angebot an alternativen, kreativen Produkten und Dienstleistungen zur Verfügung, die unseren Alltag bereichern und gleichzeitig umwelt- und klimafreundlich sind. So sind Gebäude, die aus Recyclingmaterialien bestehen beziehungsweise mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen, längst keine Zukunftsmusik mehr. In unserem Top Thema “Green Building“ beschäftigen wird uns eingehend damit. Außerdem stellen wir Ihnen neuste Fahrzeuge, die einen emissionslosen Fahrspaß versprechen, vor – besonderes Highlight: ein Fahrrad aus Karton. Sie erfahren, wie und wo Plastikmüll zur Energiequelle wird und es erwartet Sie ein Bericht über die Energiegemeinde Wildpoldsried, die gerade den Weg für die großflächige Implementierung von Smart Grids ebnet. Die Möglichkeiten, mit denen wir im Hier und Jetzt unser Leben “grüner” gestalten können, sind grenzenlos – wir müssen sie nur nutzen!

It is my pleasure to present our special edition GoGlobal. This first special is dedicated to China, a fascinating economy and culture that interacts globally and challenges global markets like no other nation on this planet. We hope that you will find this edition newsworthy and enjoy reading about trends, developments and other useful information regarding inbound and outbound investments, brought to you by our LIFESTYLE clean energy team, with the kind support of some highly respected experts in China, Germany, Sweden, and other countries across the world.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihre Corinna Lang, Chefredakteurin

Ralf Hartmann, Herausgeber

EDITORIAL

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Lifestyle 4 8

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This & That – Grüne Produkte für den Alltag Kleine Sonne mit großer Vision – Die Solartaschenlampe des Künstlers Olafur Eliasson Hüttenzauber in den Alpen – Urlaub für Naturbegeisterte

TOP THEMA: Green Building 12

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Gebaut für die Ewigkeit – Nachhaltig orientierte Baukunst Skandinavische Pragmatik – Interview mit Architekt Kai-Uwe Bergmann This & That – Highlights aus dem Bereich der grünen Architektur Nachhaltigkeit im Museumsbau – Künstlicher Nachbau naturbelassener Ökosysteme

INHALT

MOBILITY 24

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Wasserstoff: Emissionsfreier Kraftstoff für das 21. Jahrhundert – Ein Überblick This & That – Highlights aus dem Bereich der Wasserstofffahrzeuge “Wir stehen bei der Elektromobilität vor einem Technologiewandel“ – Interview mit Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil This & That – Highlights aus dem Bereich der nachhaltigen Mobilität

Weltneuheit Mando Footlose: Das erste faltbare E-Bike ohne Kette Seite 30

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go global: China 33 38 40

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Bigger. Greener. China. – The Greentech Sector in China China Goes Abroad – Challenges and Opportunities China: Inbound & Outbound Investment – Conducting successful Business between China and Europe From “Made in China” to “Designed in China” – China’s seven Strategic Emerging Industries Lost in translation? – Marketing and Communications: Dos and Don’ts


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Fuß fassen auf dem CleantechMarkt – Bessere Chancen auf Erfolg Ohne Cleantech keine Energiewende – Der CleantechDiffusionsprozess Schneller auf dem Markt – Digital Prototyping

Practice

ENERGY

Cleantech 47

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Kampf dem Plastikmüll – Wie Joghurtbecher zur Energiequelle werden Photovoltaik: Who’s in and who’s out? – Neuste Entwicklungen Did you know…? – Spannende Fakten über die Solarenergie This & That – Highlights aus dem Bereich der erneuerbaren Energien

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Ein Dorf leistet Vorarbeit – Smart Grid-Pilotprojekt in Wildpoldsried Qualifiziertes Fachpersonal gesucht – Interview mit dem Unternehmensberater Ernst Lotz Grüne Logistik – Ein etwas anderer Praxisbericht – Einmal mitnehmen, bitte!

Rubriken Outdooreinsatz für Sunny Bag: Integrierte Solarzellen zum Aufladen mobiler Endgeräte Seite 57

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Editorial Partner Impressum

Öl aus Plastikflaschen und Gummispielzeug: Ein Blick in die unmittelbare Zukunft des Kunststoffrecyclings Seite 52

INHALT

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This & That

Umweltschutzhüllen für iPad & Co.

©

Pa pe rn om ad

Gm bH

Papernomad aus Wien produziert Schutzhüllen für Elektrogeräte wie iPhones oder MacBooks, die ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Möglich wird das durch ein neuartiges Papierverbundmaterial, das sich in Sandwichstruktur aus einer BioPolymer-Membran, Schaf- und Baumwolle sowie mehreren Schichten Papier zusammensetzt. Als Kleber verwendet das Start-up-Unternehmen dabei organische Stärke und der Bandverschluss der Hüllen besteht aus Hanffasern. Die so produzierten Futterale sind aber nicht nur vollständig kompostierbar, sondern auch reiß- und wasserfest. Hinzu kommt, dass die Oberfläche, wie herkömmliches Papier, beschreibbar ist und so im Lauf der Zeit den Charakter und die Individualität des jeweiligen Besitzers widerspiegelt. Erhältlich sind die kompostierbaren Hüllen für Individualisten derzeit ab 23 Euro in ausgesuchten Boutiquen und direkt über die Website von Papernomad. www.papernomad.com

Haare waschen, Bäume pflanzen

© Yves Rocher

Das französische Kosmetikunternehmen Yves Rocher bietet umweltbewussten Kunden die Möglichkeit, durch den Kauf eines "I love my planet"-Glanz-Shampoos in Sachen Natur-, Klima- und Umweltschutz aktiv zu werden. Für jedes verkaufte Shampoo veranlasst die firmeneigene Umweltstiftung Foundation Yves Rocher nämlich die Pflanzung eines Baumes. Die groß angelegte Wiederaufforstungsaktion ist Teil einer Initiative des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) und soll aktiv dem Klimawandel entgegenwirken. Bisher wurden im Auftrag

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LIFESTYLE

© Yves Rocher

www.youtu.be/4rsqFdGhS_I

der Stiftung über 20 Millionen Bäume in 20 verschiedenen Ländern gepflanzt, das erklärte Ziel sind 50 Millionen bis zum Jahr 2014. Auch das "I love my planet"-Glanz-Shampoo selbst entspricht gehobenen Ökostandards: Das mit dem Umweltzeichen der Europäischen Union (Ecolabel) versehene Kosmetikprodukt ist biologisch leicht abbaubar und wird in einer vollständig recycelbaren Verpackung verkauft. www.yves-rocher-fondation.org/de/ de/pflanzen www.eu-ecolabel.de


Der in der Ukraine geborene Designer Igor Gitelstain hat einen Schaukelstuhl konzipiert, der durch sanftes Schaukeln Energie produziert. Als Energiequelle dient dabei die beim Wippen erzeugte Bewegungsenergie – mit ihrer Hilfe kann der Otarky Rocking Chair beispiels-

weise eine in den Kopfteil integrierte Leselampe mit Strom versorgen. Laut Konzept sollen das spezielle Gewichte ermöglichen, die beim Wippen in den hohlen Metallkufen des Schaukelstuhles vor und zurück gleiten und so Energie erzeugen. Neben der integrierten Leselampe könnte der Strom auch über eine Steckdose am Ende einer Schaukelkufe nutzbar gemacht werden. Ganz nebenbei ist der Otarky Rocking Chair auch optisch ein ziemliches Highlight. www.igorgitelstain.me/OtarkyRocking-Chair

Solartasche mit modischem Look Mit der Solartasche M azzurro verbannt das Wiener Label So-Fi leere Smartphone- und Handy-Akkus aus dem Alltag. Für ihren einzigartigen Look und die weltweit erste Direktladefunktion wurde die originelle und modular aufgebaute Lifestyle-Tasche bereits mit einem Red Dot Design Award ausgezeichnet. Die direkt in den Taschendeckel integrierten Solarzellen arbeiten auf drei unterschiedlichen Lichtwellen und versorgen diverse Elektroartikel jederzeit mit klimafreundlichem Sonnenstrom. Fünf-Volt-Geräte können so in zwei bis vier Stunden über einen integrierten USB-Port aufgeladen werden – kostenlos, mobil und nachhaltig. Die flexible und bruchsichere Laminierung schützt die Solarzellen dabei nicht nur vor Feuchtigkeit und Oxidation, sie ermöglicht auch eine graphisch designte Oberfläche und somit den völlig neuen Look dieser chicen Solartasche. www.so-fi.com

© J.W. Johnson

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Ein Schaukelstuhl als Kraftwerk

Stühle aus Straßenschildern Angeblich gibt es auf Deutschlands Straßen und Autobahnen 20 Millionen Verkehrsschilder, also durchschnittlich etwa alle 28 Meter eines. Das ist eine gewaltige Menge Altmetall, die da vor sich hin rostet und nur darauf wartet, irgendwann gegen neu blitzende Wegweiser ausgetauscht zu werden. Der Amerikaner Boris Bally leistet einen einfallsreichen Beitrag zur Müllvermeidung und baut aus ausrangierten Verkehrszeichen in schweißtreibender Handarbeit einzigartige Sitzgelegenheiten. Das bunt-trashige Design seiner Metallkreationen erinnert optisch ein wenig an Pop Art und zeigt eindrucksvoll, wie schön Abfall sein kann. Auch zum Schutz des Fußbodens greift Boris Bally übrigens auf Müll zurück: An den Unterseiten der Beine seiner Stühle aus Straßenschildern sind Champagnerkorken montiert. www.borisbally.com

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LIFESTYLE

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This & That

KOMPOSTIERBARES EINWEGGESCHIRR AUS BLÄTTERN

© VerTerra, Ltd.

Nur einmal verwendbares Wegwerfgeschirr gilt gemeinhin als ökologischer Supergau. Der Amerikaner Michael Dwork stellt mit seiner Firma Verterra allerdings Einweggeschirr der besonderen Art her, denn es ist vollständig recyclebar. Die umweltfreundlichen Teller, Schüsseln

und Schalen werden nur aus von Bäumen gefallenen Blättern und Wasser gefertigt. Dabei sehen die Produkte auch noch elegant aus und erinnern optisch eher an Designerstücke als an Wegwerfgeschirr aus Laub. Die Dinnerware von Verterra kann sogar zwei Minuten in der

Mikrowelle und bis zu 45 Minuten bei 350 Grad Celsius im Backofen aushalten. Trotzdem zerfällt das Einweggeschirr nach zwei Monaten komplett zu Kompost und sorgt in der Form sogar noch für 15 Prozent besseres Pflanzenwachstum. www.verterra.com

Mäuse und Tastaturen aus Bambus In den meisten Büros beschränkt sich der Einfluss der Natur auf ein paar halb vertrocknete Zimmerpflanzen und Computerkabelsalat unter den Schreibtischen. Dass das auch anders geht, zeigen die Neuzugänge der EcoLine-Produktserie von Hama. Der deutsche Zubehörspezialist präsentiert formschöne Tastaturen und Computermäuse, die aus Bambus hergestellt sind. Unter der optisch und haptisch angenehmen Naturoberfläche aus der schnell wachsenden Pflanze verbirgt sich allerdings Technik, die keine Wünsche offen lässt. Sowohl die Bambustastatur als auch die optische Bambusmaus sind wahlweise als Funk- oder Kabelvariante erhältlich. Die Tastaturen verfügen laut Hersteller außerdem über spezielle Softtouch-Tasten für leisen und sanften Anschlag und vier Schnellstarttasten, mit deren Hilfe sich Programme mit nur einem Fingerdruck starten lassen. © Hama GmbH & Co KG

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LIFESTYLE

www.hama.de/ecoline


Was wie der neuste Trend einer großen Modekette aussieht, stammt keineswegs aus dem Haus eines renommierten Pariser Designers, sondern aus einem der ärmsten Länder der Welt: Äthiopien. Sole Rebels wurden von der jungen Afrikanerin Bethlehem Tilahun Alemu entworfen und sind mit einer Sohle aus alten Autoreifen ausgestattet. Diese ursprüngliche "armeLeute-Sohle" hat in Äthiopien Tradition und avanciert nun durch einen chicen Oberschuh aus regional produzierten Materialien, wie Jute, Baumwolle oder Leder, zum echten Trendartikel. Zum größten Teil werden die – zu 100 Prozent in Hand-

arbeit hergestellten – Sole Rebels ins Ausland geliefert, wo sie in mittlerweile 33 Ländern die Füße modebewusster Menschen zieren. Und was 2005 am ärmlichen Stadtrand von Addis Abeba mit einer Handvoll Angestellten begann, hat sich so mittlerweile zu einem echten Großunternehmen gemausert. Rund 300 Menschen arbeiten für die Ökoschuh-Pionierin, die sich auch für die Zukunft noch viel vorgenommen hat: In absehbarer Zeit sollen eigene Geschäfte in Japan, Spanien, Kanada und Taiwan eröffnet werden und

© soleRebels Footwear

Trendige Ökoschuhe aus Äthiopien

Handtaschen die Produktpalette ergänzen. Ja, auch diese werden aus alten Autoreifen bestehen. www.solerebelsfootwear.co www.youtu.be/t1Jo1WO8aoU


Lifestyle MATTHIAS SCHAFFER

© Merklit Mersha

Kleine Sonne mit großer Vision Während sich die Industrienationen dieser Erde mehr oder weniger motiviert dem Kampf gegen den Klimawandel und der Umstellung auf erneuerbare Energiegewinnung widmen, haben – je nach Quelle – zwischen 1,3 und 1,6 Milliarden Menschen überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität. Etwa jeder fünfte Erdenbürger sitzt also nach Sonnenuntergang entweder im Dunkeln, oder ist auf teure und gesundheitsschädigende Alternativen wie Kerosinlampen angewiesen. Der Künstler Olafur Eliasson hat gemeinsam mit dem Ingenieur Frederik Ottesen eine kleine, aber feine Solarlampe namens “Little Sun” entwickelt, die diesem Missstand ein Ende bereiten soll.

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LIFESTYLE

Gelbes Solarlicht zum Umhängen Die gelbe Leuchte aus dem robusten Kunststoff Acrylnitril-Styrol-Acrylat ist an einem Umhängeband befestigt und erinnert optisch an eine Sonne oder eine Sonnenblume. Auf der Rückseite von Little Sun sind sechs mal sechs Zentimeter kleine Solarmodule integriert. Damit kann Little Sun unabhängig vom Vorhandensein eines Stromnetzes die Dunkelheit erleuchten und dort die Voraussetzung zum nächtlichen Lernen, Lesen, Kochen, Arbeiten oder geselligen Beisammensein schaffen, wo dies bisher unmöglich war. Laut Eliasson benötigt seine Kreation fünf Stunden Sonnenlicht, um fünf Stunden LED-

Licht zu spenden – die Haltbarkeit der Lampe soll insgesamt drei Jahre betragen. Während die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit die Optik der Solarlampe als absolut zweitrangig betrachtete und sie einfach nur möglichst robust und funktional gebaut hätte, entschied sich Eliasson, nach einer Testphase und zahlreichen Gesprächen in von Stromarmut betroffenen Gebieten Afrikas, letztlich ganz bewusst für ein formschönes Design. Laut ihm entspricht es nämlich in keinster Weise den Tatsachen, dass es armen Menschen völlig egal ist, wie etwas aussieht. Jeder Mensch mag schöne Dinge und dass der gelben Plastiklampe ihr schickes Aus-


sehen auch noch von einem berühmten Künstler verliehen wurde, könnte ihr einen klaren Vorteil gegenüber vergleichbaren Lampen verschaffen, die einfach nur leuchten. Olafur Eliasson selbst würde es jedenfalls ganz klar begrüßen, wenn seine Little Sun nicht nur Licht ins Dunkel brächte, sondern auch zu einer Art Statussymbol werden würde.

Kunst, Kommerz oder Hilfsprojekt? Dem Thema Licht widmet sich der in Kopenhagen geborene und in Island aufgewachsene Künstler übrigens nicht zum ersten Mal. 2003 installierte er für “The Weather Project” in einer Halle der Londoner Tate Gallery of Modern Art eine gigantische künstliche Sonne, die von über zwei Millionen Menschen bestaunt wurde. Seit 2006 ziert außerdem seine mehrteilige Lichtinstallation “light lab” das Dach der Ausstellungshalle Portikus in Frankfurt am Main. Little Sun befasst sich nun zwar wiederum mit dem Thema Licht, doch irgendwie ist diesmal alles anders. Das liegt einerseits an den für Eliasson unüblich kleinen Abmaßen der gelben Solarsonne und andererseits daran, dass sie die Grenzen zwischen Kunst, Wohltätigkeitsarbeit und profitorientiertem Unternehmertum verschwimmen lässt. Denn die Ziele der von Eliasson und Ottesen gegründeten LittleSun GmbH klingen eher nach den Wünschen einer Marketingabteilung, als den Visionen eines Künstlers oder gar den Träumen idealistischer Weltverbesserer: Bis zum Jahr 2020 sollen über ein Netzwerk aus Partnern, Lieferanten und Einzelhändlern 50 Millionen Stück der solarbetriebenen Taschenlampe verkauft

werden. Der in Berlin lebende Künstler bezeichnet das Geschäftsmodell seines Unternehmens als “profit to the point”. Im Klartext bedeutet das, dass Little Sun günstig in China produziert und über Großhändler an Einzelhändler und weiter an sogenannte “Mikro-Einzelhändler” in Entwicklungsländern ausgeliefert wird. Diese sollen dann dort von Dorf zu Dorf tingeln und die Solarleuchte aus Europa für umgerechnet elf Euro an den Mann oder die Frau bringen.

© Studio Olafur Eliasson

Das klingt erschreckend bekannt, aber im Gegensatz zu dem üblichen Ausbeutungssystem ist laut Eliasson bei Little Sun der Gewinn beim letzten Glied der Verkaufskette – dem fahrenden Händler – am größten. Außerdem ist er der Meinung, dass die meisten Menschen eine solche Lampe ohnehin lieber kaufen, als sie einfach geschenkt zu bekommen. Da laut Weltbank über 1,5 Milliarden Menschen von weniger als einem Euro pro Tag überleben müssen, könnte das allerdings unter Umständen schwierig werden.

Band auch für Menschen jenseits von elektrizitätsfernen Gegenden erhältlich. Sie kann direkt im eigenen Online Shop oder bei der Londoner Tate Gallery erstanden werden. Der Preis beträgt hier allerdings 20 Euro und von dem Differenzbetrag wird laut Olafur Eliasson der Verkauf in armen Regionen der Erde und die Arbeit seines sechsköpfigen Teams für mehr Licht im Dunkeln überhaupt erst ermöglicht. Lässt man das – zumindest hinterfragenswerte – Geschäftsmodell beiseite, haben Olafur Eliasson und Frederik Ottesen eine einzigartige Solarlampe geschaffen, die mit dem Prominentenbonus des Künstlers vielleicht tatsächlich das Zeug dazu hat, eine kleine Bewegung auszulösen. Wenn es gelingt, dass die Solartaschenlampe Little Sun tatsächlich bei den richtigen Menschen landet, könnte sie deren Lebensqualität zweifellos merklich verbessern. Niemand sollte nach Sonnenuntergang im Dunkeln sitzen müssen, sich mit den hochgiftigen Emissionen von Kerosinlampen die Gesundheit ruinieren und dafür auch noch ein Viertel seines kargen Monatsbudgets verschwenden. Wenn Little Sun also auch nur einer Handvoll Menschen neue Hoffnung und Freude bringen kann, ist es letztlich irrelevant, ob es sich dabei um große Kunst oder Kommerz handelt. www.littlesun.com Weitere Lichtquellen für Menschen ohne Zugang zu Elektrizität: www.barefootpower.com www.dlightdesign.com

Ein Leben im Licht

www.greenlightplanet.com

Selbstverständlich ist die emissionsfrei leuchtende Sonne am gelben

www.nokero.com

www.luminaidlab.com

LIFESTYLE

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Lifestyle

Hüttenzauber in den Alpen Langsam erhebt sich die Sonne hinter der schroffen Gebirgsformation. Erste Sonnenstrahlen tasten sich über frisch verschneite Berggipfel. Millionen Schneekristalle blitzen für einen kurzen Moment gleichzeitig auf. Im Umkreis von mehreren Kilometern beobachtet kein anderer Mensch dieses fantastische Ereignis. Der verschlafene Blick wandert weg von der grandiosen Aussicht und durch das Innere der kleinen Almhütte. Die Stube ist ausgekühlt. Das Feuer im Holzherd, das den Raum noch wenige Stunden zuvor gewärmt hat, scheint ausgegangen zu sein. Zeit für das Frühstück. Vielleicht versteckt sich in den Resten der Asche noch genug Glut, um das Feuer erneut zum Leben zu erwecken. WIE UMWELTSCHONEND DARF’S DENN SEIN? Ökologisch soll er also werden, der kommende Winterurlaub. Wer plant, in der kalten Jahreszeit einen Urlaub in einer Almhütte oder einer ähnlichen Unterkunft in den Alpen zu verbringen, der sieht sich bereits in der frühen Phase der

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Urlaubsplanung mit folgender Frage konfrontiert: Was wollen und brauchen wir denn nun wirklich alles in den Bergen?

Im gesamten Alpenraum finden Naturbegeisterte eine Vielzahl von Ferienhütten vor. Die vorhandene Auswahl ist riesig, um nicht zu sagen: unüberschaubar. Im gesamten Alpenraum finden Naturbegeisterte eine Vielzahl von Hütten und ähnlichen Gebäuden vor, in welchen sich gewiss eine ausnehmend angenehme Zeit verbringen lässt. Sie alle grenzen sich klar vom üblichen Urlaub im Hotel ab. Dennoch ist es höchst erstaunlich, wie unterschiedlich der eigentlich einfache Begriff “Hütte” von den jeweiligen Anbietern interpretiert wird. FÜR LUXUSVERWÖHNTE UND PURISTEN. Frisch Verliebte treten ihren

gemeinsamen Urlaub höchstwahrscheinlich unter anderen Voraussetzungen an, als dies eine mehrköpfige Familie tut. Haben sich erst einmal alle Beteiligten auf eine Region geeinigt, kann mit der eigentlichen Herbergssuche begonnen werden. Nicht jeder verfügt über einen guten Freund, über den die entsprechende Unterkunft direkt reserviert werden kann. Somit bieten sich zumeist zwei Varianten an, um die passende Hütte in den Alpen zu finden: der Anruf bei der lokalen Tourismusinformation sowie die Suche im Internet. Spätestens jetzt wird den meisten Menschen bewusst, dass es sich bei Almhütten offenbar um äußerst wandlungsfähige Behausungen handelt. Vertreter des Purismus werden dabei ebenso fündig wie jene Urlaubswilligen, für welche die Zustellung des Gepäcks zur Almhütte mittels Motorschlitten ebenso selbstverständlich ist, wie die exklusive Verpflegung durch ein eigenes Cateringteam. Besonders authentisch sind ursprüngliche Almhütten. Diese befinden sich zumeist auf abgelegenen

© Steiermark Tourismus / Herbert Raffalt

JOACHIM KERN


© Steiermark Tourismus / ikarus.cc

Almen oder im unpräparierten Gelände. Erreichbar sind sie oftmals nur per Ski, nach langen Wanderungen oder über unbefestigte Forstwege. Ausgestattet mit Petroleumlampen, Kerzen und Holzofen garantieren ursprünglich belassene Hütten sehr naturnahe Erlebnisse. Ein Plumpsklo, das Fehlen von Strom und der nahe Brunnen mit kaltem Quellwasser verstärken den Eindruck, sich allein inmitten einer unberührten Naturlandschaft zu befinden. Wer jemals zur blauen Stunde auf der Holzbank vor einer Almhütte gesessen ist und dabei den aufgehenden Mond über den dunklen Berggipfeln beobachtet hat, wird diesen Moment wohl nie mehr vergessen. Die absolute Ruhe fernab der Zivilisation, das Prasseln des Feuers im Kamin und die Unendlichkeit des Sternenhimmels erzeugen bleibende Eindrücke. Freilich ist so viel Nähe zur Natur nicht jedermanns Sache. Entlang des Alpenbogens sind daher mittlerweile unzählige Angebote verfügbar, die punktgenau jedem erdenklichen Geschmack entsprechen. Dabei gilt

es zu beachten, dass besonders authentische Hütten in einigen Fällen während der Wintermonate nicht vermietet werden. Luxuriös ausgestattete Hütten oder solche mit einer gewissen Grundausstattung hingegen sind meist das ganze Jahr über verfügbar.

Die Erwartungshaltung von Urlaubern hinsichtlich des Umweltschutzes nimmt zu. ÖKOLOGISCHE HÜTTEN MIT FLAIR. “Das Erleben der Sinne und der Natur rückt, als Kontrapunkt zum Actionangebot, in den Mittelpunkt”, ist Georg Bliem, Tourismuschef des österreichischen Bundeslandes Steiermark, überzeugt. Seit rund zwei Jahren zeigen die Urlaubsgäste hier eine erhöhte Sensibilität hinsichtlich der Umweltthemen. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für die Anbieter, die sich einem kritischen

Publikum gegenübersehen. Dies gilt auch für die Ortschaft Schladming, den Austragungsort der Alpinen SkiWM 2013. Zusätzlich gibt die Region Steiermark mit ihrem Symbol, dem “Grünen Herz”, ein überdurchschnittlich starkes Markenversprechen. Daher haben Urlauber hier eine besonders hohe Erwartungshaltung hinsichtlich des Umweltschutzes. Besonderes Augenmerk gilt dabei den verwendeten Nahrungsmitteln, den eingesetzten Materialien sowie der gesamten Energieversorgung. Somit zählen etwa Beherbergungsbetriebe, die über Biomasseanlagen mit Energie versorgt werden, eindeutig zu den Gewinnern dieser Entwicklung. Wie stark die Auswirkungen dieses Umdenkprozesses auf den Alltag mittlerweile sind, ist gut an der zunehmenden Anzahl jener Almhütten erkennbar, die möglichst umweltschonend konzipiert sind und dabei dennoch über eine gewisse Grundausstattung verfügen. Auch luxuriös ausgestattete und ökologische Almhäuser erfreuen sich einer stetig wachsenden Beliebtheit. Wem dies dennoch einen Tick zu naturnah ist, der ist bestimmt in einem der zahlreichen Biohotels in den Alpen bestens aufgehoben. Immer mehr Hotelbetriebe halten sich mittlerweile an die strengen biologischen Richtlinien und ermöglichen ihren Gästen somit einen rundum ökologischen Urlaub. www.austria.info www.huetten.com www.biohotels.info www.steiermark.com www.skihuettenagentur.de

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Green Building JOACHIM KERN

GEBAUT FÜR DIE EWIGKEIT: NACHHALTIGE ARCHITEKTUR Nutzung ökologischer Werkstoffe, Berücksichtigung der Energieeffizienz, Integration erneuerbarer Energien – nachhaltig orientierte Baukunst ist facettenreich und simpel zugleich. Stets präsentiert sie sich dem Menschen in ihren unter-

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schiedlichen Ausprägungen. Oftmals spiegelt sie markante Eigenarten des Bauherrn oder des Architekten wider. Meist wird dabei der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes sowie jener der verwendeten Rohstoffe bedacht. Seltener fließen

weitere Faktoren, wie etwa soziokulturelle Aspekte, in die Planung eines Bauvorhabens mit ein. LIFESTYLE clean energy liefert eine Zusammenschau der aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Architektur.


© Jens Lindhe I Bjarke Ingels Group

KREISLAUF UND ÖKOLOGIE. Die Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe ist ein zentrales Element einer Kreislaufwirtschaft. Erst dadurch kann die Wirtschaft dem hierzulande vorherrschenden Verständnis von Nachhaltigkeit gerecht werden. Insbesondere in Mitteleuropa ist es jedoch noch längst nicht selbstverständlich, rezyklierte Baustoffe als hochwertige Materialien für Neubauten zu betrachten. Vielmehr gelten solche Ausgangsmaterialien als minderwertig und werden daher äußerst selten zur Errichtung neuer Gebäude eingesetzt. Im europäischen Raum entspricht ein Neubau, welcher den höchsten Energiestandards gerecht wird, am ehesten der allgemeinen Auffassung von den Prinzipien der Nachhaltigkeit. Dabei stellt sich jedoch die entscheidende Frage, was mit all jenen Rohstoffen passiert, welche in leer stehenden oder älteren Gebäuden bereits zum Einsatz gebracht wurden. In Zentraleuropa werden jährlich Milliarden Tonnen von Rohstoffen verbaut. Allein in Österreich wird der Rohstoffverbrauch des Bausektors auf jährlich 110 Millionen Tonnen geschätzt. Ökologisches Denken setzt voraus, dass Kreisläufe geschlossen werden. Konsequenterweise bedeutet dies, dass Architektur, die einen nachhaltigen und ökologischen Ansatz verfolgt, zukunftsweisende Wege einschlagen muss. In der Tat müssen hier deutlich mehr Aspekte in die grundsätzlichen Überlegungen einfließen, als lediglich der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes oder der Einsatz rezyklierter Rohstoffe. Nachhaltig orientierte Baukunst berücksichtigt daher auch soziokulturelle, geografische, ökonomische und ökologische Aspekte.

MATERIALFRAGE UND NUTZUNGSQUALITÄT. Entscheidungsträger räumen bei der Auswahl der verwendeten Materialien dem Nachhaltigkeitsgedanken einen erhöhten Stellenwert ein. Natürliche und nachwachsende Materialien, wie etwa Holz oder Stroh, erfreuen sich steigender Beliebtheit. Selbst der Möbelbereich reagiert auf den verstärkten Wunsch nach diesen Naturwerkstoffen. Hochglanzlackierungen bei Holzmöbeln und ähnlich aufwendige Verarbeitungsmethoden befinden sich derzeit im Rückzug. Der Werkstoff selbst, inklusive seiner natürlichen Oberflächenbeschaffenheit, rückt wieder verstärkt ins Blickfeld. Ähnlich verhält es sich mit dem Werkstoff Stein, der gleichfalls eine Renaissance erlebt.

Natürliche und nachwachsende Materialien erfreuen sich steigender Beliebtheit. Die Auswahl der eingesetzten Materialien ist und bleibt ein beliebter Zankapfel. Puristen etwa schwören darauf, dass die eingesetzten Rohstoffe für einen Neubau innerhalb eines möglichst kleinen Umkreises des zukünftigen Standorts verfügbar sein müssen. Andersdenkende wiederum argumentieren, dass selbst energieintensive Ausgangsmaterialien wie Aluminium bei einem durchdachten Gebrauch hervorragend in den Wiederverwertungskreislauf zurückgeführt werden können. In welch unterschiedliche Richtungen sich etwa der Wandel in Bezug auf die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit entwickeln kann,

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© Iwan Baan I Bjarke Ingels Group

Green Building JOACHIM KERN

zeigt ein kurzer Vergleich zwischen Zentraleuropa und den USA. Die Entwicklung neuer Bauteile zielt in Europa eindeutig auf Wertbeständigkeit und Qualität ab. Neue Bauteile werden daher meist dahingehend entwickelt, dass sie, bezogen auf ihre Lebensdauer, zu einer Reduzierung der Kosten bei einer gleichzeitigen Anhebung der Qualität führen. In den Vereinigten Staaten von Amerika hingegen leiteten Nachhaltigkeitszertifikate eine gegensätzliche Entwicklung ein. Zweifellos achten Bauherren auch dort auf die Wiederverwertbarkeit der Bauteile. Zugleich werden allerdings auch verstärkt bereits rezyklierte Materialien bei der Planung und Errichtung neuer Gebäude berücksichtigt.

In den USA finden bereits rezyklierte Materialien schon heute verstärkt Verwendung im Bauwesen. Erwiesenermaßen nimmt bei der Planung und Errichtung eines Gebäudes auch die Sicherstellung der Nutzungsqualität eine wichtige Rolle ein. Eine ganzheitliche Orientierung hinsichtlich des Lebenszyklus des Gebäudes kann auch dazu führen, dass es anfangs zu höheren Aufwendungen in der Planung und Ausführung kommt. Diesem primären Mehraufwand stehen später jedoch erhebliche Einsparungen in der Nutzung sowie eine höhere Nutzungsqualität gegenüber.

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Danish Expo Pavilion 2010

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ENERGIEVERBRAUCH UND ENERGIEEFFIZIENZ. Hinsichtlich der Energiezukunft ist die Menschheit gegenwärtig mit der Frage konfrontiert, ob auch in Zukunft ausreichend Ressourcen zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stehen, um die Energieversorgung von Haushalten und Industrie gleichermaßen sicherzustellen. Das Bewusstwerden unserer globalen Verantwortung führt dazu, dass vielerorts politische Ziele in Form von Energievisionen ausformuliert werden. Gleichermaßen sehen auch Investoren in der alternativen Energieversorgung ein immenses Zukunftspotenzial und fordern langfristige Lösungen der Entscheidungsträger ein. Langfristig betrachtet bewegen sich Gebäude daher in eine neue Richtung. Eine Umwandlung vom Energieverbraucher hin zum Energieproduzenten ist technisch durchaus machbar. Dabei wird das Ziel verfolgt, die Energieeffizienz bei der Produktion und während des Betriebs eines Gebäudes derart zu steigern, dass Bauwerke durch Integration erneuerbarer Energien zu Plusenergiehäusern werden. Als solche generieren sie im alltäglichen Betrieb mehr Energie als sie selbst benötigen.

während der laufenden Nutzung ist in Mitteleuropa ein zentrales Entscheidungskriterium. Moderne Richtlinien im Baubereich sowie neue energetische Standards haben dazu geführt, dass ein modernes Passivhaus einen Heizenergieverbrauch von typischerweise 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr aufweist. Ein Niedrigenergiehaus erreicht hier bereits einen Wert von 30, während der Heizenergieverbrauch von Gebäuden aus der Gründerzeit zwischen 120 und 160 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegt. Diese Zahlen belegen, dass auch die nachhaltig orientierte Sanierung bereits bestehender Gebäude in Zukunft deutlich an Wichtigkeit zunehmen wird. Aktuell ist innerhalb Europas ein immenser Anstieg an Kühlenergie zu verzeichnen. Noch vor sieben Jahren belief sich die Größe der gekühlten Gebäudeflächen innerhalb der EU auf 1.800 Millionen Quadratmeter. Bis 2020 werden es voraussichtlich 2.800 Millionen Quadratmeter sein. Während jedoch in Europa hauptsächlich öffentliche Gebäude und Bürogebäude klimatisiert werden, sind in den USA zusätzlich 80 Prozent der Wohnhäuser mit einer Klimaanlage ausgestattet. Neben technischen Lösungen, wie etwa solarbetriebenen Kältean-

HEIZEN UND KÜHLEN. Der spätere Energieverbrauch eines Gebäudes


© Jens Lindhe I Bjarke Ingels Group

lagen, sehen viele Experten auch in der Einführung adaptiver Raumtemperaturen anstelle von definierten Temperaturen ein immenses Potenzial zur Energieeinsparung. Mitunter

Die alternative Energieversorgung birgt ein immenses Zukunftspotenzial im Gebäudesektor. führt auch die Berücksichtigung bislang nicht beachteter Sichtweisen zu erstaunlichen Ergebnissen. So zeigen groß angelegte Untersuchungen in Europa, dass außen liegende Jalousien bei Bürogebäuden, deren Außenwände zu 45 Prozent verglast sind, eine Reduktion des Kühlenergiebedarfs von 70 Prozent bewirken. Daher werden auch solche Überlegungen in Zukunft verstärkt die Entscheidungen von Bauherren und Architekten beeinflussen. Davon unabhängig verfolgen Architekten derzeit verstärkt die Strategie, bereits für andere Zwecke eingesetzte oder ohnedies vorhandene Energie so oft wie möglich zu nutzen. Dabei steht etwa die gemeinschaftliche Nutzung von Abwärme, kühler Luft oder Licht im Vordergrund, die sich auch über mehrere Gebäude hinweg erstrecken kann.

LICHT UND SCHATTEN. Ohne Zweifel hat Licht einen hohen Einfluss auf die psychophysiologischen Prozesse des menschlichen Organismus. Daher ist das Wohlbefinden des Menschen unmittelbar an die Tageszeiten gekoppelt. Der bewusste Einsatz von Tageslicht wirkt sich somit, in Abhängigkeit vom gewünschten Effekt, aktivierend oder beruhigend auf die Bewohner eines Gebäudes aus. Architekten greifen daher auch verstärkt auf neueste Erkenntnisse der Lichtwirkungsforschung zurück, um das Medium Licht optimal einsetzen zu können. Richtig eingesetzt führen Licht und Schatten daher nicht nur zu einer Reduzierung des Energiebedarfs eines Gebäudes. Gleichzeitig kann natürliches Licht auch als Wegweiser fungieren, Materialeigenschaften sichtbar machen, Raumzonen definieren oder konkrete Informationen vermitteln. Den kreativen Anwendungsmöglichkeiten scheinen hier keine Grenzen gesetzt zu sein. Nachhaltig orientierte Baukunst bringt folglich tatsächlich mehr Licht in unseren Alltag.

GRÜN TUT GUT Die Begrünung von Büro- und Wohnanlagen ist zwar ein alter Hut, ihre Wirkung ist dadurch aber nicht weniger bedeutsam. Denn die Pflanzen verbessern nicht nur das städtische Mikroklima, reinigen die Luft und wirken wärmedämmend, -speichernd und schallschützend. Sie haben darüber hinaus bei ihrem Anblick auch eine besänftigende Wirkung auf den Menschen, heben die Stimmung und fördern das Konzentrationsvermögen.

ARCHITEKTUR DER KURZEN WEGE Ein wichtiger Aspekt der nachhaltigen Architektur ist die „grüne“ Logistik. Liegen Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Wohnräume sowie Dienstleistungs-, Freizeit- und Bildungsorte in Gehweite zueinander – oder befinden sich gar in einem Gebäudekomplex – wird der motorisierte Individualverkehr weitestgehend überflüssig, was sowohl die Umwelt als auch den Geldbeutel entlastet.

GENERATIONEN ZUSAMMENBRINGEN Soziale Integration ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Generationenverbindendes Wohnen trägt diesem Bedürfnis Rechnung. Das Miteinander von Jung und Alt – sei es in einem Haus oder einer ganzen Wohnsiedlung – erhöht die Lebensqualität durch gegenseitige Hilfe und gemeinsame Freizeitgestaltung. So hält zum Beispiel die Betreuung von Kindern Rentner fit und entlastet die Eltern.

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Interview

SKANDINAVISCHE PRAGMATIK Seit rund sechs Jahren ist KaiUwe Bergmann für das dänische Architekturbüro Bjarke Ingels Group (BIG) tätig. Der Architekt ist Leiter der Niederlassung in New York, Associate Partner und Verantwortlicher für den Bereich Business Development. Im Expertengespräch mit LIFESTYLE clean energy plaudert der Globetrotter über seine ganz persönliche Definition einer nachhaltig orientierten Architektur, kulturelle Unterschiede hinsichtlich der Definition von Nachhaltigkeit sowie über die Herangehensweise von BIG an neue Bauvorhaben. Herr Bergmann, Sie gelten in Fachkreisen als Experte für das Thema nachhaltige Architektur. Wie definieren Sie persönlich eine nachhaltig orientierte Baukunst? Ich persönlich, und auch wir als Architekten bei BIG, sehen Nachhaltigkeit nicht nur als Arbeit, die darauf abzielt, effizientere Bauten herzustellen, die sich etwa durch mehr Isolierung oder kleinere Fensterflächen auszeichnen. Die Art und Weise, wie wir unsere Städte bauen und darin leben, hat auch wesentlichen Einfluss darauf, wie ganze Systeme funktionieren und wie Energie eingesetzt wird. Folglich geht es darum, auf das Bestehende zu achten. Gerade die Erzeugung von Energie selbst benötigt viel Kraft und Arbeitsaufwand. Es 16

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ist daher wichtig, bereits erzeugte Energie mehrmals, also zwei-, dreioder gar viermal, zu verwenden.

“Von der globalen Perspektive aus betrachtet ist Nachhaltigkeit eine kulturelle Entscheidung.” Derzeit wird etwa jene Abwärme, die bei Tiefkühlanlagen in Supermärkten entsteht, ungenutzt ins Freie geleitet. Wenn man also Hitze erzeugt, indem man Lebensmittel tiefgefriert, so kann diese Hitze auch irgendwo anders erneut genutzt werden. Dies kann im selben Gebäude, in einem anderen Gebäude oder gar in einem anderen System geschehen. Was wäre, wenn über einem Supermarkt ein öffentliches Schwimmbad errichtet werden würde? Was wäre, wenn dort etwa die heiße Luft, welche beim Tiefkühlen der Lebensmittel entsteht, dazu eingesetzt werden würde, um das Schwimmbad zu heizen? Wohin entwickelt sich die nachhaltige Architektur momentan? Gibt es hier eine gemeinsame Richtung? Nachhaltigkeit ist eine sehr kulturelle Frage. Wir sehen, dass jede Kultur Nachhaltigkeit anders definiert.

© Bjarke Ingels Group

JOACHIM KERN

Kai-Uwe Bergmann

So spielen etwa in Mitteleuropa die benötigten Kilowatt pro Stunde pro Quadratmeter eine wichtige Rolle. Hier versuchen die Menschen, die Gebäude systematisch zu kontrollieren. Das erreichen sie, indem sie ein perfektes Instrument bauen, das den Energiebedarf so gering wie möglich hält. In den skandinavischen Ländern Europas hingegen spielt die Kalkulation der Gebäude nicht so eine große Rolle. Dort rückt die Nachhaltigkeit einer ganzen Stadt in den Mittelpunkt. Zum Beispiel fährt man in Kopenhagen nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad. Als Stadt treffen die Menschen auch gemeinsam die Entscheidungen, etwa ob der städtische Raum dichter bebaut wird. In den USA ist die Auswahl der Materialien entscheidend. Bedingt durch die Zertifizierungen müssen hier die Materialien wiederverwendet werden oder erneut verwendbar sein. Die Architekturprojekte von BIG sorgen stets für großes Aufsehen und Begeisterung. Wie lautet Ihr Erfolgsgeheimnis? Wir beginnen kein Projekt, indem wir uns das Ziel setzen, Begeisterung zu wecken. Wir sind nicht verpflichtet, einen bestimmten Stil umzusetzen, nur weil dieser momentan als cool erachtet wird. Unsere Architektur ist sehr pragmatisch, sehr analytisch und sehr konzeptionell.


© Iwan Baan I Bjarke Ingels Group

© Dragor Luftfoto I Bjarke Ingels Group

Superkilen

Danish Expo Pavilion 2010

Ein neues Gebäude wächst aus den Herausforderungen, aus dem Bedarf des Projekts, aus dem des Bauherren oder aus jenem des Klimas heraus. Entscheidend ist somit auch der Ort, an welchem ein Projekt realisiert wird. Wir setzen daher nicht nur einfach einzelne Häuser oder Wohnbauten an irgend-

skandinavische Pragmatik innerhalb dieser analytischen Zugangsweise.

“Wir sind nicht verpflichtet, einen gewissen Stil umzusetzen, nur weil dieser momentan als cool erachtet wird.” eine Stelle. Vielmehr denken wir darüber nach, wie wir Städte bauen können, die zugleich auch die gesamte Komplexität des Lebens in den jeweiligen Bauten widerspiegeln. Wenn ich den Erfolg des Architekturbüros BIG kopieren möchte, welche Fähigkeit muss ich unbedingt besitzen? Bjarke Ingels hat unter anderem zwei Jahre lang in Holland gearbeitet. Dort gibt es eine sehr analytische Zugangsweise zur Architektur, die Herr Ingels sicherlich mitgenommen hat. Als er zurück nach Skandinavien zog, suchte er gleichzeitig auch nach sozialen Werten für die Gesellschaft. Dadurch entstand eine eigenständige

In welcher Umgebung wohnen Sie persönlich gerne? Ich persönlich bin ein Weltenbummler. Mir ist es wichtig, das Stadtleben und die Menschen um mich zu haben. Gleichzeitig ist mir auch die Natur sehr wichtig. Daher schätzte ich New York, wo ich momentan lebe, ebenso, wie ich Kopenhagen, Venedig oder Stockholm schätze. Gleichermaßen zieht es mich jedoch nach Island oder Grönland. Auch die Natur in Nordamerika oder Kanada ist beeindruckend. In diesem Sinne brauche ich persönlich alles. Mir geht es darum, die Möglichkeit zu haben, mich von der Natur und den Menschen inspirieren zu lassen, um meinen eigenen Weg zu gehen. Welches Haus oder welche Wohnung würden Sie auch als Geschenk dankend ablehnen? Mir ist eines sehr wichtig: Tageslicht. Dort, wo ich wohne, muss Tageslicht eine sehr wichtige Rolle spielen. Ich muss den Tag und die Nacht spüren können. Herr Bergmann, herzlichen Dank für das Gespräch. www.big.dk

© Johan Fowelin I Bjarke Ingels Group

Auf einen Blick Die Bjarke Ingels Group (BIG) aus Dänemark gilt als einer der hellsten Sterne am internationalen Architekturhimmel. Das weltweit agierende Team aus Architekten, Designern, Baufachleuten und innovativen Köpfen agiert in den Bereichen Architektur, städtebauliche Planung, Forschung und Entwicklung. Dabei verschieben die Experten regelmäßig die Grenzen das Machbaren und beweisen somit eindrücklich, dass Nachhaltigkeit, zukunftsorientierte Städteplanung und Lebensqualität auch im innerstädtischen Bereich realisierbar sind.

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© Studio Nicoletti Associati

PUTRAJAYA FLEET Putrajaya ist das neue Verwaltungszentrum von Malaysia, südlich der Hauptstadt Kuala Lumpur. Die Planstadt wurde auf mehreren miteinander verbundenen Inseln angelegt. Bemerkenswert ist der Hauptwohnkomplex, auch bekannt als Putrajaya Fleet, der sich wie eine majestätische Segelboot-Flotte aus der Lagune erhebt und besonders energieeffizient konzipiert wurde. Die äußeren Hüllen der Gebäude bilden eine Art Rippensystem, das im Inneren der Häuser Schatten erzeugt, ohne dabei den Blick nach draußen zu verdecken. Die offene Gestaltung der Räume ermöglicht bei geöffneten Fernstern eine natürliche Ventilation. Grüne Inseln im Inneren und zwischen den Bauten sorgen für ein angenehmes Klima. Im Vergleich zu anderen typischen Bauwerken dieser Größenordnung wird der Energieverbrauch um rund 50 Prozent gesenkt. www.manfredinicoletti.com

Mit dem Energy Tower Burj Al-Taqa hat das Dortmunder Büro Gerber Architekten international GmbH das erste Null-Primärenergie-Hochhaus entworfen, das speziell auf die klimatischen Bedingungen des Mittleren Ostens ausgerichtet ist. Der Energy Tower entwickelt die traditionellen Klimatisierungstechniken der historischen Windtürme Arabiens weiter. Diese hatten seitliche Öffnungen und in der Mitte zwei sich kreuzende Wände, entlang derer auf der einen Seite kühle Luft einströmt, während auf der anderen Seite heiße Luft austreten kann. Der Energy Tower Burj Al-Taqa mit seinen 322 Metern Höhe versorgt sich komplett selbst mit Energie – über eine flammenförmige Windturbine auf der

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Gebäudekrone und ein Solarschild, das in die Doppelfassade eingebaut ist. Hängende Gärten sorgen für die Frischluftverteilung und die Befeuchtung der Räume. Überschüssige Energie wird in Wasserstoff- und Heißwassertanks im Keller des Gebäudes gespeichert. Projektentwickler in Bahrain, Riad und Dubai treiben die Realisierung des Energy Towers zurzeit voran. www.gerberarchitekten.de

BIQ – Das Algenhaus Der Energiegewinnung aus Mikroalgen wird ein großes Potenzial zugeschrieben. In speziellen Bioreaktoren vermehren sich die drei bis fünf Mikrometer kleinen Einzeller sehr schnell und können große Mengen Energie erzeugen. Im Rahmen der internationalen Bauausstellung 2012 in Hamburg wurde der Grundstein für das BIQ gelegt, ein Haus, in dessen Fassade Photobioreaktoren für die Algenzucht integriert sind. Unter Sonneneinstrahlung und Zugabe von CO2 sowie Flüssignährstoffen liefern sie Biomasse und Wärme für die Beheizung der Innenräume des Hauses. Auf der sonnenzugewandten Vorderseite des Hauses sind lichtdurchlässige, plattenförmige Kollektoren installiert, in deren Hohlräumen die Mikroalgen in einem Kulturmedium zirkulieren. Geerntet werden sie in einem Technikraum im Inneren des BIQ. Die Algenfassade eignet sich für die Anwendung an unterschiedlichsten Gebäudetypen, insbesondere großflächigen Industrie- und Gewerbebauten. Anfallendes CO2 kann dort gleich durch die Mikroalgen abgebaut werden. www.biq-wilhelmsburg.de

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© Gerber Architekten

Energy Tower Burj Al-Taqa

© KOS Wulff Immobilien GmbH I on3 Studio GmbH I Otto Wulff Bauunternehmung GmbH

This & That


© Peter Vetsch

Leben wie ein Hobbit und dabei noch etwas für die Umwelt tun? Möglich ist das in sogenannten Erdhäusern. Unter der Erde angelegte Gebäude strahlen nicht nur eine ganz eigene Gemütlichkeit aus, sie profitieren auch von der natürlichen, ausgleichenden Erdwärme. Im Sommer kühlt das umgebende Erdreich und im Winter isoliert es und bietet zugleich Schutz vor Witterungseinflüssen wie Regen oder Wind. Im Inneren des Erdhauses werden so das ganze Jahr über angenehme klimatische Bedingungen geschaffen. Durch den Wärmeausgleich werden die Temperaturen im Gebäude konstant gehalten, was zu einem geringen Energieverbrauch führt und somit die Energiekosten niedrig hält. Durch die Erdbedeckung sind die Häuser zudem hervorragend schallgeschützt, und durch den zum Teil unterirdischen Bau und die Dacheindeckung des Bauwerks mit Erde ergibt sich für das Grundstück viel Nutz- und Grünfläche, was zugleich die Luftqualität verbessert. Ein überirdisches Wohnvergnügen. www.erdhaus.ch www.archy-nova.de

Back to the roots mit Mass Timber Der kanadische Architekt Michael Green hat Holz als Bauelement wiederentdeckt und will damit hoch hinaus. Mass Timber heißt die neue Entwicklung, ein Baustoff, der aus mehreren Schichten Holz besteht, die rechtwinklig zueinander verleimt werden. Daraus entsteht ein extrem belastbares, feuerresistentes Baumaterial, mit dem man höher und sicherer bauen kann, als in der herkömmlichen Holzrahmenbauweise. Gleichzeitig kann auf Beton und Stahl verzichtet werden, was einen

erheblichen Umweltvorteil bedeutet: Zum einen bleibt durch die Verwendung des Holzes der darin enthaltene Kohlenstoff gebunden, zum anderen wird der hohe Energieverbrauch bei der Herstellung von Stahl und Beton vermieden. Zunächst ist ein zehnstöckiges Gebäude in Prince George im Bundesstaat British Columbia geplant, langfristig kann sich Green aber auch Gebäude mit 30 Stockwerken und mehr vorstellen. www.mg-architecture.ca

© Michael Green Architecture Inc.

© Oppenheim Architecture + Design

Die Unterirdischen

COR-TOWER Im opulenten Design-District in Miami ragt ein auffällig gestalteter Turm wie aus einem Salvador-DalíGemälde entstiegen in die Höhe. Der COR-Tower ist der erste nachhaltige Wohn- und Geschäftskomplex in der Gegend und eine wahre Ökomaschine. Kleine Windturbinen, die in unregelmäßige runde Löcher in die Außenwände des Gebäudes integriert sind, erzeugen Strom. Die Warmwasserbereitstellung übernehmen Solarkollektoren. Mechanische Vorrichtungen vor den Fenstern und Schattenspender sorgen für natürliche Kühlung. Die Baumaterialien des Passivhauses sind umweltverträglich und frei von schädlichen Chemikalien. Die Bodenfliesen bestehen aus recyceltem Glas und die Flure sind mit Bambus verkleidet. Gartenterrassen und LoggiaBereiche sollen für eine natürliche Atmosphäre sorgen. Entworfen vom Architekturbüro Oppenheim repräsentiert das 120 Meter hohe Bauwerk ein einzigartiges dynamisches Zusammenspiel zwischen moderner Architektur, Ingenieurskunst und ökologischem Ansinnen. www.inhabitat.com/tag/cor-tower

GREEN BUILDING

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KEN YEANGS SOLARIS

DAS ROTIERENDE ÖKOHAUS

Der malaysische Architekt Ken Yeang ist einer der bedeutendsten Vertreter ökologisch ausgerichteter Architektur und weltweit für bioklimatische Wolkenkratzer und Niedrigenergiehäuser bekannt. Von ihm stammt die Idee des vertikalen Urbanismus‘ und des vertikalen linearen Parks, die er unter anderem 2011 im Solaris Building in Singapur verwirklichte: eine grüne Oase im Herzen der puslierenden Metropole. Das Solaris wurde nach streng ökologischen Parametern konstrukiert. Schattenspender und Belüftungsschlitze sind dem Sonnenstand am Äquator angepasst, so dass möglichst wenig Hitze in das Innere des Gebäudes dringt. Dachgärten und begrünte Terrassen dienen als thermische Puffer und schaffen Orte der Entspannung. Eine 1,5 Kilometer lange Rampe verbindet das Solaris mit dem angrenzenden Park und setzt diesen in einer Spirale bis zur Spitze des Gebäudes fort. Pflanzen und andere Organismen können sich dadurch ungehindert zwischen allen begrünten Bereichen bewegen, es entsteht ein gesundes Ökosystem. www.trhamzahyeang.com/project/large-

© T. R. Hamzah & Yeang Sdn. Bhd.

buildings/solaris_01.html

Im US-Bundesstaat New York ist eines der wohl kreativsten Ökohäuser der Welt zu bestaunen: Das kreisrunde Dome House steht in atemberaubender Kulisse im Wald nahe des Städtchens New Paltz und kann sich komplett um die eigene Achse drehen und dadurch individuell nach der Sonneneinstrahlung ausrichten. Das aus den Naturbaustoffen Stein und Holz bestehende Bauwerk mit einer Wohnfläche von über 275 Quadratmetern ist eine Art Riesenkuppel, deren Aufbau sich an der Schale eines – oft als lebendes Fossil bezeichneten – Nautilus orientiert. Durch seine aerodynamische Form trotzt das Gebäude Wind-

stärken von bis zu 240 Kilometer pro Stunde sowie heftigen Erdbeben der Stärke acht. Noch mehr als mit seiner äußerst kreativen Optik beeindruckt das Haus jedoch mit einem ganz speziellen Feature. Das von der Herstellerfirma Domespace aus Frankreich nach aktuellsten Umweltstandards konstruierte Dome House ist nämlich auf einer elektrisch betriebenen Achse gebaut und kann um ganze 360 Grad gedreht werden. Der Vorgang selbst ist sehr energiesparend, der eingebaute Motor verbraucht gerade einmal ein Viertel des Stromes eines üblichen Staubsaugers. www.domespace.com

TOMATEN AUS DEM 25. STOCK Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt inzwischen in Städten, die sich immer weiter ins Umland erstrecken. Im Zuge dessen werden die Wege von den landwirtschaftlichen Anbauflächen, wo Nahrungsmittel produziert werden, hin zu den Konsumenten in die Populationszentren, länger und aufwändiger. Sinnvoll wäre es daher, Nahrungsmittel auch in der Stadt anzubauen. Die Frage ist nur wo? Eine Antwort darauf bietet Vertical Farming. Anstatt wertvolle Flächen zu besetzen, verlagert man den Anbau einfach in die Höhe. In mehrstöckigen Gewächshäusern gedeihen Obst, Gemüse, Pilze oder Algen ganzjährig und platzsparend. Wegweisend auf dem Gebiet des Vertical Farming ist die skandinavische Firma Plantagon, die im schwedischen Lin-

© Plantagon, Illustration: Sweco

köping bereits ein mit Abwärme und Kohlendioxid betriebenes vertikales Gewächshaus baut, in dem sich, nach seiner Fertigstellung im Jahr 2014, bis zu 500 Tonnen Lebensmittel jährlich produzieren lassen. www.plantagon.com

© Courtesy Domespace International Design: P. Marsilli - Photo: B. Thoby

This & That


Im Herzen Mailands ragen zwei Hochhäuser in den Himmel, die eine Revolution in der innerstädtischen Architektur einläuten. Als vertikaler Wald konzipiert, werden die beiden Türme bei ihrer Eröffnung im Jahr 2013 mit Tausenden Grünpflanzen bewachsen sein. Bosco Verticale, so der Name des Bauprojekts, ist der erste vertikale Wald weltweit, der tatsächlich gebaut wird. 730 Bäume, 11.000 bodenbedeckende Pflanzen und 5.000 Sträucher wird der Bosco Verticale schlussendlich beherbergen. Diese Menge an Grünpflanzen entspricht in etwa einem Waldstück mit einer Größe von einem Hektar. Bei der Klimatisierung der Gebäude spielt

© Boeri Studio

WALD MAL VERTIKAL

der Wald eine ausschlaggebende Rolle. Im Sommer schützt das Laub der Blätter die Wohnungen und Büroräume vor der direkten Sonneneinstrahlung. Im Winter, bei tieferem Sonnenstand, kann das Licht jedoch ungehindert durch die kahlen Bäume in das Innere der Räume vordringen. Diese werden somit erwärmt und zugleich beleuchtet. Der Wald bietet

auch einen natürlichen Schutz vor dem Lärm der Großstadt, produziert wertvollen Sauerstoff und schafft ein eigenes Mikroklima, welches maßgeblich zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt. www.stefanoboeriarchitetti.net

© Michele Puzzolante Designer

Solar Floating Resort

Das Solar Floating Resort des italienischen Industriedesigners Michele Puzzolante ist eine futuristische Mischung aus Luxushotel, U-Boot und Yacht, das seinen Energieverbrauch zu 100 Prozent aus Solarenergie deckt. Die schwimmende Insel funktioniert

komplett energieautark und ist das perfekte Feriendomizil für den energiebewussten Urlauber. In die Oberflächen der Außen- und Innenwände sind Solarzellen eingearbeitet, die Strom aus Sonnenlicht und der künstlichen Beleuchtung gewinnen. Die

gesamte Konstruktion des Solar Floating Resorts erfolgt nach einem Lego-ähnlichen Baukastenprinzip. Die Einzelteile werden fabrikfertig geliefert und lassen sich innerhalb kürzester Zeit zusammensetzen. Die fertige Solarinsel bietet auf rund 110 Quadratmetern Platz für sechs Personen. Eine extravagante Besonderheit versteckt sich unter Wasser, wo man durch eine Glaskuppel die Unterwasserwelt bestaunen kann. Ob Puzzolantes Solar Floating Resort jemals die Weltmeere befahren wird, ist noch unklar. Angeblich haben potenzielle Investoren jedoch bereits ihr Interesse bekundet und wollen mehrere der solarbetriebenen Urlaubsinseln auf den Philippinen realisieren. www.mpd-designs.com

GREEN BUILDING

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Green Building SUSANNE PÄCH

Nachhaltigkeit im Museumsbau Naturkundemuseen, lange eher verstaubt wirkende Kulissen für ausgestopfte Tiere und fleischlose Saurierknochen, erleben derzeit eine Renaissance. In einer Zeit, in der Urbanisierung und Bevölkerungsexplosion die Natur immer mehr in den Hintergrund drängen, laden sie in eine künstliche Welt von naturbelassenen Ökosystemen zum Staunen ein. Weltweit öffnen laufend neue Naturmuseen als Besucherattraktionen ihre Tore – vielfach auffallend inszenierte Eventtempel wie das Eden Project in Cornwall. Dort ist mitten in einem verlassenen Bergbaugebiet unter geodätischen Kuppeln ein exotisches Pflanzenparadies zu bewundern. Aber ganz gleich, welches Architekturkonzept die Betreiber einer solchen Naturschau verfolgen, ein grundlegendes Prinzip eint alle ihre Baumeister: Sie berücksichtigen das strenge Diktat des “grünen Bauens”. Allerdings muss sich die Nachhaltigkeit den jeweiligen spezifischen

Anforderungen unterwerfen. Zwei Museen mit höchst unterschiedlichen Vorgaben zeigen das exemplarisch. Das 2010 eröffnete Londoner Darwin Center vom internationalen Architekturbüro C. F. Møller Architects beherbergt die Sammlungen von 17 Millionen Insekten und drei Millionen Pflanzensamen. Ihre Anordnung in übereinander gelagerten mobilen Kabinetten in einem sieben Stockwerke umfassenden Kokon gibt Raum auf der Länge von siebeneinhalb Kilometern. Seine Temperatur darf zum Schutz der wertvollen Sammlungen 17 Grad nicht übersteigen und die Luftfeuchtigkeit muss konstant auf 45 Prozent gehalten werden. Der massive Betonkokon ist auf der Außenseite wärmeisoliert. So wird das Klima in den Archiven passiv reguliert. Der ihn umgebende Glasmantel dient zusätzlich als Wärmepuffer. Trotz dieser speziellen Anforderungen entspricht der Bau im britischen Zertifizierungssystem BREEAM der zweithöchsten Klasse “Excellent”.

Ozeaneum: In Stralsund entstand eine Aquarienlandschaft, deren klimatisch unterschiedlichen Bedingungen über aufwändige Simulationen in der Planungsphase energetisch optimiert wurden. © Johannes-Maria Schlorke I Behnisch Architekten

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GREEN BUILDING


© Eden Project

Eden Project: In Cornwall entstand ein künstliches Ökosystem in nachhaltiger Bauweise. Die größten Gewächshäuser der Welt nutzen für die geodätischen Kuppeln eine neue, ökologisch optimierte Leichtbau-Folienkonstruktion aus Kunststoff.

Das vor wenigen Jahren eröffnete Ozeaneum des Deutschen Meeresmuseums von Stralsund bildet Nordund Ostsee mit ihrer regionalen Flora und Fauna nach. Die Aquarien brauchen unterschiedliche Temperaturen bis zu Null Grad Celsius. Neben der Reinigung des Wassers müssen Strömungen erzeugt werden, um den Meerestieren ihre gewohnte Umgebung zu bewahren. In Räumen mit Aquarien herrschen besondere klimatische Bedingungen. Die Wasseroberflächen geben kontinuierlich Wasserdampf an die Raumluft ab und die extrem starke Aquarienbeleuchtung erwärmt den Raum zusätzlich. Für Heizung, Kühlung und die dafür erforderlichen Pumpsysteme wird ein erhebliches Maß an Energie benötigt. Das Architekturbüro Behnisch Architekten hat daher im Vorfeld umfangreiche Simulationen durchgeführt, die bereits in der Planungsphase einen möglichst geringen Energieverbrauch sicher stellten. In die Simulationen gingen sämtliche Aspekte ein, die erforderlich waren, um den Tieren bestmögliche Umgebungsbedingungen zu sichern. Die daraus resultierenden Werte stimmen den Energiebedarf für Kälte, Wärme sowie Beleuchtung optimal aufeinander ab. Wie ausgefallen oder avantgardistisch die Konzepte im Museumsbau auch sein mögen, die Berücksichtigung ökologischer Ansätze hat sich auch in dieser Sparte der Baukunst als ein Muss etabliert. www.hyperraum.tv/2012/09/18/nachhaltigkeit-im-museumsbau www.edenproject.com www.nhm.ac.uk/visit-us/darwin-centre-visitors/index.html www.meeresmuseum.de


Mobility JOACHIM KERN

Wasserstoff: Emissionsfreier Kraftstoff für das 21. Jahrhundert

© BMW AG, München (Deutschland)

Schon heute liegen die technischen Voraussetzungen hinsichtlich Brennstoffzellen, der Speicherung von Wasserstoff sowie für Wasserstofftankstellen vor. Gleiches gilt für die Produktion, die Verarbeitung und die Verteilung des Energieträgers. LIFESTYLE clean energy widmet sich daher der Frage: Wie steht es derzeit um das häufigste chemische Element im Universum? Überzeugt die Spitze des Periodensystems auch als Kraftstoff der Zukunft?

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MOBILITY

DAS ELEMENT. Auf unserem Planeten ist das Element Wasserstoff in einer dermaßen großen Menge vorhanden, dass in diesem Zusammenhang zweifellos das Wort “unbegrenzt” verwendet werden kann. Das reaktionsfreudige Element kommt jedoch auf der Erde unter normalen Umständen nicht als atomarer Wasserstoff H, sondern in seiner gebundenen Form als H2 vor. Streng genommen handelt es sich bei diesem geruch- und farblosen

Gas um keine echte Energiequelle. Vielmehr fungiert H2 als klassische Sekundärenergie und übt somit die Funktion eines Energieträgers aus. Wird Wasserstoff als Trägermedium – etwa als Kraftstoff – eingesetzt, so kann mit seiner Hilfe Energie gespeichert und zugleich transportiert werden. DIE HERSTELLUNG. Leider gibt es keine von der Natur gebildeten Lagerstätten, die es dem Menschen


ermöglichen, Wasserstoff günstig und mit einfachen technischen Hilfsmitteln zu gewinnen. Das reaktionsfreudige Element kommt auf der Erde jedoch auf vielfache Weise gebunden vor. Somit stehen der Wissenschaft heute Dutzende unterschiedliche Möglichkeiten zur Gewinnung von Wasserstoff zur Verfügung. Kohle, Erdgas und Mineralöl nehmen auch heute noch eine zentrale Rolle bei der industriellen Produktion von H2 ein. Biogas, Bioalkohole, Holz und Algen werden hierbei erst in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen, ebenso die Wasser-Elektrolyse. Die direkte thermische Aufspaltung von Wasser wird voraussichtlich erst in rund zehn Jahren wirtschaftlich interessant. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang auch die Art der verwendeten Energie, die im Zuge des Produktionsprozesses zum Einsatz kommt. Schlussendlich kann die Produktion von Wasserstoff erst dann tatsächlich als umweltfreundlich bezeichnet werden, wenn die gesamte Energie, die bei der Herstellung des Energieträgers eingesetzt wird, ausschließlich aus erneuerbaren und klimafreundlichen Energiequellen stammt. DER KRAFTSTOFF. Der Einsatz des molekularen Wasserstoffs H2 als Kraftstoff ist unmittelbar an die Weiterentwicklung zahlreicher anderer Komponenten beim Fahrzeugbau gekoppelt. Dazu zählen etwa die entsprechenden Wasserstofftanks sowie die Brennstoffzellen selbst. Diese konstante Weiterentwicklung der Bestandteile stellt nicht nur ein enormes Wertschöpfungspotenzial dar. Zugleich hat sie auch direkte

Auswirkungen auf die Leistung eines mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugs. Dies ergibt sich aus den Eigenschaften des Energieträgers. H2 weist zwar die höchste Energiedichte in Bezug auf sein Gewicht auf, zugleich nimmt er jedoch auch ein extrem großes Volumen ein.

Die richtige Speicherung ist entscheidend. Ursprünglich forschten alle Beteiligten dahin gehend, den Kraftstoff bei extrem niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zu nutzen. Derartig stark gekühlt kondensiert Wasserstoff zu einer transparenten Flüssigkeit. Erst Jahre später, und nachdem bereits große Summen in dieses Vorhaben geflossen waren, erwies sich diese Vorgehensweise als nicht alltagstauglich. Auch jene Methoden, Wasserstoff für seine Lagerung und seinen Transport vorübergehend in irgendeiner Form physikalisch oder technisch zu binden, sind – zumindest derzeit – vom Tisch. Techniker setzen hierzu chemische Verbindungen oder unterschiedliche Metalle ein. Dabei wird H2 von dem jeweiligen Trägerstoff aufgenommen und später wieder abgegeben. Leider ergeben sich hierbei jedoch zusätzliche Risiken oder unerwünschte Nebeneffekte. Riskant ist hier unter anderem die Verwendung der chemischen Verbindung Carbazol, die äußerst giftig und zudem umweltschädlich ist. Der Einsatz von Metallen wiederum führt automatisch zu einem höheren Gewicht. Dadurch verringern

sich in weiterer Folge die Reichweite sowie der Wirkungsgrad des Systems. Temperaturschwankungen, die automatisch bei solchen Prozessen auftreten, sorgen für zusätzliches Kopfzerbrechen bei den Konstrukteuren. Letztendlich einigte sich die gesamte Branche vorübergehend auf eine andere Speichertechnologie, auch wenn diese einige technische Herausforderungen mit sich bringt. Dabei wird der Kraftstoff auf 700 bar komprimiert. Erst die Speicherung unter diesem extrem hohen Druck stellt sicher, dass ausreichend Wasserstoff getankt werden kann. Nur so erzielt ein Auto mit Wasserstoffantrieb alltagstaugliche Reichweiten. Sicherheitstechnisch gilt diese Variante zwar als unbedenklich, konnte jedoch bislang längst nicht alle Experten zur Gänze überzeugen.

Fünf Kilogramm H2 ermöglichen Wasserstofffahrzeugen mit Brennstoffzellen eine Reichweite von zirka 500 Kilometern. Ein Auto, welches mit fünf Kilogramm Wasserstoff betankt ist, erzielt derzeit eine Reichweite von rund 500 Kilometern. Dabei fällt auch der Brennstoffzelle eine entscheidende Rolle zu. Reagiert H2 nämlich mit Sauerstoff, so kommt es zu einem Austausch der Elektronen. Die Brennstoffzelle wiederum wandelt die dabei freigesetzte Energie direkt in elektrische Energie um. Eine Verbrennung des Kraftstoffs,

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Mobility JOACHIM KERN

wie dies bei herkömmlichen Automobilen der Fall ist, findet nicht statt. Letztlich gibt der Auspuff daher auch keine gefährlichen Emissionen, sondern lediglich Wärme und Wasserdampf ab.

© OMV Aktiengesellschaft

DIE MARKTENTWICKLUNG. Wie aktuelle Studien belegen, stehen Europas Bürger dem Element Wasserstoff als Energieträger äußerst positiv gegenüber. In den vergangenen zehn Jahren arbeitete die Wirtschaft daran, einen entsprechenden Markt für H2 als Kraftstoff aufzubauen. Aktuell befindet sich Europa in einer Übergangsphase. Bis ins Jahr 2030 ist europaweit der Aufbau einer entsprechenden Infra-

struktur geplant, um den Energieträger auch im Alltag nutzen zu können. Noch gibt es im deutschsprachigen Raum eine geringe Anzahl von öffentlichen Wasserstofftankstellen. Erste öffentliche Betankungsstationen dieser Art wurden in Deutschland zwar bereits vor einigen Jahren eröffnet, eine flächendeckende Versorgung ist momentan jedoch noch nicht gegeben. In Österreich wurde die erste öffentliche Wasserstofftankstelle erst Mitte Oktober 2012 von dem internationalen Öl- und Gasunternehmen OMV in Betrieb genommen. Konkrete Pläne für den flächendeckenden Aufbau eines Versorgungsnetzes liegen hier nicht vor.

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MOBILITY

Wenngleich hinter den Kulissen bereits an einer lückenlosen Wasserstoffinfrastruktur für Europa gearbeitet wird, so wird der Aufbau einer solchen wohl noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Zahlreiche Automobilhersteller drängen in den Zukunftsmarkt. Zugleich läuft die Zeit davon, auch wenn Experten nicht damit rechnen, dass die Nutzung von Wasserstoff als emissionsfreier Kraftstoff vor dem Jahr 2030 für die breite Masse wirtschaftlich interessant wird. Schon jetzt drängt der Automobilhersteller Daimler ebenso in diesen jungen Markt, wie dies die Konkurrenten Ford, Toyota oder Hyundai tun. Auch BMW zeigt starkes Interesse an diesem Zukunftsmarkt. Die ersten in Serie hergestellten Brennstoffzellenfahrzeuge sind bereits für das Jahr 2013 angekündigt. Fest steht, dass sowohl die zukünftige Kosten- und Leistungsentwicklung als auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausschlaggebend dafür sind, wann genau der große Durchbruch des Wasserstoffs als emissionsfreier Kraftstoff erfolgt. Zweifellos werden wir in Zukunft öfters an der Tankstelle den Satz hören: “Fünf Kilogramm Wasserstoff, bitte.” Der Weg dorthin ist jedoch noch weit.


© Fraunhofer IFAM Dresden

This & That

Wasserstoff-Rikscha mit bis zu 200 Kilometern Reichweite Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von Brennstoffzellenfahrzeugen ist die Speicherung des Wasserstoffs. Der Energieträger sollte möglichst wenig Raum einnehmen und trotzdem eine hohe Reichweite erlauben. Den Fraunhofer-

Instituten für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung sowie für Solare Energiesysteme ist es nun gelungen, ein neuartiges Energiesystem zu konstruieren, das dieser Anforderung gerecht wird: Sie kombinierten einen kompakten Metall-

hydridtank mit einer 250-Watt-Brennstoffzelle. Diesen Antrieb bauten sie in eine Rikscha ein, die sie auf den Namen Hydrogenia tauften. Der Clou des Systems ist, dass die Abwärme der Brennstoffzelle für die wärmeverbrauchende Freisetzung des Wasserstoffs aus dem Hydrid genutzt wird. Der Hydrogenia gelingt es dadurch, eine Fahrstrecke von bis zu 200 Kilometern zurückzulegen. www.ifam-dd.fraunhofer.de www.hyperraum.tv/2012/08/30

ERSTES BRENNSTOFFZELLENFAHRZEUG GEHT IN SERIENPRODUKTION Der Automobilhersteller Hyundai startet mit seinem ix35 FCEV die Produktion des weltweit ersten für die kommerzielle Vermarktung in Serie hergestellten Brennstoffzellenfahrzeugs. Bis 2015 soll die Fertigung kontinuierlich auf 1.000 Fahrzeuge ansteigen. Anschließend wird ein Produktionsvolumen von 10.000 Einheiten angestrebt. Geplant ist, die 136 PS starken Autos ab 2013 an öffentliche Institutionen sowie an private Nutzer, wie etwa Unternehmen mit eigenem Fuhrpark, zu verleasen. Neben dem klimaneutralen Betrieb – als Emission entweicht lediglich Wasserdampf – lässt sich der ix35 FCEV, so verspricht der Hersteller, im Alltag ohne Einschrän-

kungen bewegen: Er beschleunigt in 12,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und bietet eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde. Die gesamte Antriebstechnik ist im Motorraum sowie in der Bodengruppe untergebracht, weshalb an Bord die gleichen Platzverhältnisse für Insassen und Gepäck zur Verfügung stehen wie in

© Hyundai Motor Deutschland Gmb H

einem herkömmlich betriebenen Serienmodell. Der Verbrauch liegt bei 0,96 Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer Fahrstrecke, die Reichweite mit einer Tankfüllung beträgt damit bis zu 588 Kilometer. www.hyundai.de

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Interview CORINNA LANG

Herr Minister Zeil, welche Bedeutung hat die Elektromobilität für Bayern? Die Automobilindustrie gehört zu den wichtigsten Branchen in Bayern. Experten gehen davon aus, dass mindestens jeder siebte Arbeitsplatz im Freistaat direkt oder indirekt am Auto hängt. Unser Ziel beziehungsweise das unserer Hersteller muss es daher sein, neben den Fahrzeugen mit den weltweit besten und sparsamsten Verbrennungsmotoren auch die Innovationsführerschaft im Bereich Elektromobilität zu übernehmen, damit die Automobilindustrie auch weiterhin Garant für Wertschöpfung und Beschäftigung in Bayern ist. Worin sehen Sie dabei die größte Herausforderung? Wir stehen bei der Elektromobilität vor einem Technologiewandel innerhalb der Automobilbranche. Die Elektromobilität erfordert neue Konzepte und Lösungen und es genügt nicht, bei herkömmlichen Fahrzeugen einfach das Antriebsaggregat auszutauschen. Die Industrie muss sich in vielen Bereichen neu aufstellen und

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© Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

Mit dem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität will Deutschlands Regierung zur Leitnation für Elektromobilität werden. Wir sprachen mit Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil über die aktuellen politischen Entwicklungen in diesem Bereich.

Martin Zeil, Bayerischer Wirtschaftsminister

sortieren. Daher sind Forschung und Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Man muss hier als Staat rechtzeitig die richtigen Impulse setzen, wenn man weiter eine Vorreiterrolle spielen will. Das tun wir als Bayerische Staatsregierung mit unserer Fünf-Punkte-Strategie Elektromobilität. Der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung sieht vor, dass im Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen unterwegs sind. Automobilexperte Ferdinand Du-

denhöffer rechnet eher mit 100.000 Elektrofahrzeugen hierzulande bis 2020. Wie lautet Ihre Prognose? Ich beteilige mich nicht an diesen Zahlenspielen. Ich bin davon überzeugt, dass wir einen bunten Strauß an Übergangslösungen bei den Antriebstechnologien haben werden. Wegen der Reichweitenproblematik werden dem reinen Elektroauto im Stadtverkehr, also bei kurzen Strecken, die meisten Erfolgschancen zugeschrieben. Bei Fahrzeugen, die längere Strecken zurücklegen müssen, werden wir einen langen Übergangszeitraum haben, in welchem ver-


“Wir stehen bei der Elektromobilität vor einem Technologiewandel” schiedene Technologien, darunter auch Plug-in-Hybride, nebeneinander existieren. Diese Fahrzeuge zählen für mich ebenso wie Range Extender-Fahrzeuge auch schon zu den Elektrofahrzeugen. Im aktuellen Forschungsbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität ist zu lesen, dass in Zukunft wohl zusätzliche monetäre Anreize für Elektroautos erforderlich seien, um die ambitionierten Ziele der Regierung einhalten zu können. Wird es doch noch Prämien geben? Wir setzen nicht auf Kaufprämien für einzelne Fahrzeuge. Es ist meistens schief gegangen, wenn die Politik glaubte, sie wüsste, wie genau die Zukunftstechnologie aussieht, siehe zum Beispiel das Wasserstoffauto. Die Aufgabe des Staates ist es, die richtigen Rahmenbedingungen festzulegen. Daher bin ich der Meinung, dass wir gut dabei beraten sind, einen breiten Förderansatz zu wählen. Höre ich da eine gewisse Enttäuschung heraus, was die Entwicklung von Wasserstofffahrzeugen betrifft? Für mich ist das einfach nur ein Beispiel dafür, dass die Politik einen breiten Förderansatz fahren muss. Denn letztlich entscheiden die Erfinder, die Ingenieure, die innovativen Unternehmen und der Markt – also die Gemeinschaft aller Bürgerinnen und Bürger –, was die Zukunftstechnologie ist. Das kann und soll man

nicht von oben verordnen. Aber ich habe durchaus Zuversicht, dass die Wasserstofftechnologie im Fahrzeugbereich noch beeindruckende Fortschritte erzielt und zu einer der möglichen Optionen unserer künftigen Mobilität wird. Technologiewettbewerb, auch der zwischen “konventionellen” Elektrofahrzeugen und der Wasserstofftechnik, belebt schließlich Ehrgeiz und Kreativität. Um Bayern zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität zu machen, haben Sie bereits 2010 die von Ihnen bereits erwähnte Fünf-Punkte-Strategie beschlossen. Können Sie diese fünf Punkte kurz skizzieren? Zum einen bauen wir die Forschungslandschaft aus und investieren über 70 Millionen Euro in diesem Bereich. Zweitens fördern wir innovative Anwendungsvorhaben der Elektromobilität in den drei bayerischen Modellregionen in Bad Neustadt an der Saale, in Garmisch-Partenkirchen und im Bayerischen Wald mit insgesamt 30 Millionen Euro. Ferner verstärken wir die Elektromobilitätsaktivitäten im Rahmen der ClusterOffensive Bayern. Darüber hinaus unterstützen wir das vom Bund benannte bayerisch-sächsische Schaufenster “Elektromobilität verbindet”. Last but not least runden wir unsere Strategie durch Aktivitäten ab, mit denen die Rahmenbedingungen für die Markteinführung von Elektromobilen verbessert werden sollen.

Zum Beispiel setzen wir uns für die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos oder den Nachteilsausgleich für Elektrofahrzeuge bei der Dienstwagenbesteuerung ein. Gibt es analog zum Fünf-PunktePlan für Elektromobilität auch einen Fünf-Punkte-Plan für Brennstoffzellenfahrzeuge? Nein, aber das ist natürlich in der allgemeinen Forschungsförderung enthalten. Wir haben in unserer Gesamtstrategie im Bereich Energie forschung und Energietechnologie eine große Anzahl an Projekten, die Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam entwickelt haben und die wir als Staatsregierung unterstützen. Die Brennstoffzelle ist ja schon länger in der Pipeline und kommt jetzt wieder mehr, gerade auch im Zusammenhang mit der Energiewende natürlich. Grundsätzlich bin ich der Meinung, man sollte in der Energieforschung nie etwas verwerfen, man sollte sich nur immer im Klaren sein, dass jede Technologie Zeit braucht, und jede Technologie ihre Zeit hat. Herr Minister Zeil, vielen Dank für das Gespräch.

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© Mando Footloose

This & That

Faltbar und ohne Kette Auf der Eurobike 2012 in Friedrichshafen feierte eine echte Weltneuheit Premiere: Das Mando Footlose ist das erste faltbare E-Bike ohne Kette. Es verspricht saubere Hosenbeine und der serielle Hybrid-Antrieb sorgt für echten Fahrspaß. Beim Treten verwandelt sich mechanische Energie in elektrische und speist so den Akku des E-Bikes. Durch das aktive Auf-

laden lässt sich die Reichweite von 30 Kilometern nochmals steigern. Über einen Hebel steuert man den Motorantrieb und fährt auf dem Mando Footloose auf Wunsch sogar ohne in die Pedale zu treten. Entwickelt wurde das Konzept von den Automobilzulieferern Mando Corp. und Meister Inc. Abgerundet wird es durch ein mit intelligenter Sensor-

technik ausgestattetes Innenleben, das für ein hohes Maß an Komfort, Sicherheit und Diebstahlschutz sorgt. Das Mando Footloose ist je nach Land und Zulassungsvorschriften in verschiedenen Varianten ab Mitte 2013 in Europa verfügbar und kann sogar für das Fitnessprogramm zu Hause als Indoor eTrainer eingesetzt werden. www.mandofootloose.de

Ein Fahrrad aus Karton

© Uri Ackerman

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MOBILITY

Ingenieure hatten sein Vorhaben für absolut unmöglich erklärt, aber Izhar Gafni ließ sich nicht beirren. Dem in Israel lebenden Bastler ist es in einer dreijährigen Experimentierphase tatsächlich gelungen, ein voll funktionsfähiges Fahrrad komplett aus Recyclingkarton herzustellen. Die bei der Konstruktion verwendete Technik beruht auf Origami, der japanischen Kunst des Papierfaltens. Auf diese Art behandelte Kartons erreichen eine derartige Stabilität, dass das Pappfahrrad in seiner prognostizierten Lebenszeit von über zwei

Jahren bis zu 150 Kilogramm schwere Personen tragen und äußeren Einflüssen, wie Feuchtigkeit, trotzen kann. Nahezu unglaublich ist auch der Look: Während der erste funktionierende Prototyp noch an eine Verpackungsbox mit Rädern erinnerte, ist dem fertigen Zweirad sein ungewöhnliches Grundmaterial nicht mehr anzusehen. Bei Materialkosten von gerade einmal acht Euro plant der Erfinder sein umweltfreundliches Kartonfahrrad nun zu einem Preis von rund 50 Euro auf den Markt zu bringen. www.vimeo.com/37584656


LUXUS-PEDELEC IM VINTAGE-LOOK

© Faraday Bicycles Inc.

Das Faraday Porteur mit seinem wunderschönen Retro-Design sieht aus wie ein City-Fahrrad der Luxusklasse – und fühlt sich auch so an. Doch das stylishe Fahrrad kann mehr. Ausgestattet mit einem 250-KilowattElektromotor, der über einen Hebel am Lenker zugeschaltet werden kann, zieht das Faraday nicht nur Radfans, Technikbegeisterte und Designer in seinen Bann, sondern auch jene Per-

sonen, die bereits beim kleinsten zu überwindenden Hügel in Panik geraten. Das Erscheinungsbild des Pedelecs ist inspiriert von den klassischen Lieferfahrrädern der 1940er und 50er Jahre. Durch hochmoderne Komponenten entspricht es jedoch dem neusten Stand der Technik. Ein integrierter, widerstandsfähiger Computer regelt das intelligente System zur Tretkraftunterstützung, welches die Leistung des Fahrers erkennt und das Vorderrad elektrisch antreibt. Der Stahlrahmen mit Doppeloberrohr und

E-BIKE DER SUPERLATIVE Der Regensburger E-Bike-Hersteller PG Trade & Sales GmbH setzt mit dem BlackTrail 2 neue Maßstäbe. Das exklusivste, teuerste und schnellste E-Bike wird ab Frühjahr 2013 in einer Auflage von 667 Stück zu einem Nettopreis von 100.000 Euro verfügbar sein. Das 9,5 PS starke Fahrrad kommt bei Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometer pro Stunde bis zu 100 Kilometer weit. Bei 50 Kilometer pro Stunde verdoppelt sich die Akkureichweite auf 200 Kilometer. Wie beim Vorgängermodell setzt PG Bikes ausschließlich auf beste und modernste Technik: Die Kraft des Motors wird via Karbonriemen auf die Hinterachse übertragen. Der Rahmen ist eine Kombination aus Carbon und Titan – ebenso wie Hinterbau und Gabel.

Die Li-Ionen NCA-Batterie sowie die restlichen Komponenten können permanent per Fernwartung überwacht werden. Außerdem lässt sich das gesamte Fahrsystem digital per WLan, App und GPS an das eigene Smartphone und das Internet anbinden. Beim vollelektrischen Fahren erledigen Akku, Motor und Generator die gesamte Arbeit. Wird zusätzlich zum Elektrobetrieb in die Pedale getreten, kann durch den angeschlossenen Generator Akkuleistung gespart und die Laufzeit verlängert werden. Ambitionierte Radler können auch ausschließlich über die Pedale vorankommen.

Frontgepäckträger ist in drei Größen erhältlich. In ihn sind auch die Vorder- und Rücklicht-LEDs eingebaut, die sich automatisch ein- und ausschalten. Der im Rahmen integrierte Akku mit 110 Wattstunden soll für zirka 25 Kilometer reichen und in 45 Minuten aufgeladen sein. Mit nur rund 18 Kilogramm ist das Fahrrad geradezu ein Leichtgewicht, das sich auch gut eine Treppe hinauftragen oder in den Bus laden lässt. Momentan ist das chice Pedelec zwar nur in den USA erhältlich, in Zukunft soll sich dies aber ändern. www.faradaybikes.com

©P G Tr ade &

Sale s Gm bH

Anders als beim klassischen Fahrrad wird die Kraft allerdings nicht direkt auf das Rad übertragen, sondern über den Generator in Form von elektronischer Energie an den Motor weitergegeben. www.pg-bikes.com/#blacktrailtwo-1

MOBILITY

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© Tesla Motors, Inc.

This & That

© Govecs GmbH

ELEKTRO-LIMOUSINE EROBERT DEN MARKT

Elektroroller mit austauschbarer Batterie Über 60 Prozent der Deutschen wünschen sich Wechselbatterien für Elektrofahrzeuge, so das Ergebnis einer aktuellen Emnid-Umfrage. Der ERoller GO! S1.4 des Münchner E-Mobility-Unternehmens Govecs erfüllt diese Anforderung. Er verfügt über eine 15 Kilogramm leichte Wechselbatterie, die nach einem kurzen Ladezyklus an jeder beliebigen Steckdose wieder bereit für die Straße ist und auf diese Weise über Lücken in der Ladeinfrastruktur hinweg hilft. Bereits nach einer Stunde am Netz erreicht der leergefahrene Stromspeicher wieder rund 80 Prozent seiner Kapazität. Eine Komplettladung dauert zwei bis drei Stunden. Mit voller Batterie kommt der ERoller rund 35 bis 50 Kilometer weit. Wem das nicht reicht, kann zusätzliche Wechselbatterien separat erwerben, wodurch der Reichweite des Rollers kaum noch Grenzen gesetzt sind. www.govecs.com

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MOBILITY

Mit seinem Model S bringt Tesla Motors die weltweit erste PremiumLimousine, die von Grund auf als Elektroauto entwickelt wurde, auf den Markt. Der Fünftürer tritt, was Raumangebot, Handling und Styling angeht, mit den besten Autos seiner Klasse in Wettbewerb. Herzstück des Model S ist der im Fahrzeugboden untergebrachte elektrische Antriebsstrang, der ein einzigartiges Fahrerlebnis sowie eine Reichweite von bis zu 480 Kilometern bietet. Das

Model S gibt es mit drei AkkuVersionen, 40, 60 und 85 Kilowattstunden. Bis Ende 2012 will das Unternehmen 5.000 Model S ausliefern und ab 2013 eine Stückzahl von bis zu 20.000 Autos pro Jahr produzieren. Weltweit gingen bereits mehr als 10.000 Vorbestellungen für das ab 49.900 US-Dollar erhältliche Fahrzeug ein. In Europa sollen die ersten Model S Anfang 2013 ausgeliefert werden. www.teslamotors.com/de_DE/models

Elektroauto auf zwei Rädern Mit dem C-1 hat das amerikanische Start-up-Unternehmen Lit Motors ein Elektrofahrzeug entwickelt, das die Grenzen zwischen Auto und Motorrad verschwimmen lässt. Obwohl es nur auf zwei Rädern fährt, hält das Gefährt selbständig die Balance und fällt angeblich selbst bei einem Seitencrash nicht um. Der stylishe E-Kabinenroller aus Kalifornien soll ab Ende 2014 für 24.000 US-Dollar erhältlich sein und hauptsächlich klima- und umweltbewusste Großstadtmenschen ansprechen. Auch die technische Ausstattung des ElektroKabinenrollers kann sich sehen lassen. Die in einem Acht-Kilowatt-Akku gespeicherte Energie soll pro Ladevorgang Entfernungen von bis zu 320 Kilometern ermöglichen. Bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde in sechs Sekunden erreicht das aerodynamische C-1 Höchstgeschwindigkeiten von über 160 Kilometer pro Stunde. Das C-1 bietet Platz für zwei Passagiere und so viel Gepäck wie diese auf einer Flugreise mitnehmen dürften. www.litmotors.com www.youtube.com/watch?v=xdmgDgcZfvY © Lit Motors


Š China Tours

Go Global: ========================================================================

China

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Daniel Seemann

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Bigger. Greener. China. ========================================================================

© China Tours

China has become the world’s economic engine in times of crisis. This is also true for the greentech sector, which is growing at a faster pace than in many other countries around the globe. However, China still has some work to do.

The past two years have been times of growth and expansion for China’s greentech markets. Although the greentech sector still faces macroeconomic challenges, China’s overwhelming need for energy and environmental technology continues to foster its rapid growth.

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“China's strategy over the past 20 years was to build, build, build and grow. Now, there is a strong focus on energy and efficiency,” says Ellen Carberry, co-founder and Managing Director of the China Greentech Initiative (CGTI), the only platform between China


and international partner companies dedicated to identifying, developing and promoting green technology solutions in China. It was formed by 500 decision makers from 100 organizations. CGTI has just released their 2012 China Greentech Report, which summarizes their institutional point of view for Greentech in China.

Green growth with risks ahead

the 12th Five Year Plan, the report prognosticates that China’s energy mix will slowly shift from coal to other fuels. This is based on strong macroeconomic facts. When it comes to energy, China already has to import over half of its oil. The country is also heavily reliant on coal, which produces high emissions of carbon and other air and water pollutants. Another major impetus for a changing energy policy in China is a

rising public awareness, following a number of major pollution incidents in 2011.

Invest locally, export globally China initiated several policies to support the domestic greentech industry. But 2011 also saw the continuation of an earlier trend, with the renewable energy sector dominating outbound

Several macroeconomic challenges were identified for China’s greentech markets in the report. One big obstacle is the focus on state-led growth in the energy sector that may especially harm those greentech industries dominated by smaller private companies, such as solar or energy services. In addition, a general drop in Chinese exports has particularly hurt manufacturers in these energy sectors. Furthermore, a frugal monetary policy, together with a gradual decline in investment and infrastructure spending, has hurt financing for greentech-related projects. And finally, demographic shifts are increasing labour costs across the greentech sector. Nevertheless, the report predicts that this might lead to greater innovation and automation in renewable energy manufacturing and consolidation in other energy fields.

Since 2011, the Chinese government started to react to these circumstances by lifting targets for energy efficiency, solar and wind. In addition, the country enacted new policies in the area of energy taxes and carbon trading. However, in other areas such as biofuels, progress has faced setbacks or has been uneven. Still, based on targets in

Š China Tours

Changing energy policy

Huxingting Tea House at Yu Gardens

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investments and companies going abroad to deal in this area. 2011 also saw a new push for investing in basic infrastructure abroad – such as European water and power grid utilities – to achieve asset diversification and financial returns. The report states that in the future, China will continue to deploy its capital, labour and technology abroad, deepening international collaboration and cooperation in the area of greentech.

Greentech market opportunities

Low priced renewables, limited funding 2011 was a positive year for renewable energy in China, especially for solar and wind energy. In that year, the Central Government published concrete installation targets for renewable energy by 2015, doubled the surcharge rate for renewable energy and introduced specific carbon reduction policies. However, Chinese solar module makers suffer from severe overcapacity problems and squeezed profits, as the demand from European and U.S. markets for Chinese module sales weakens. To help absorb excess solar production, the Chinese government stimulated its domestic market by raising the feed-in tariff for solar power. In the

wind sector, China installed a capacity of about 18 gigawatts in 2011. Biomass power generation also experienced rapid growth thanks to favourable policies. Given the high cost of renewable energy projects, limited funding sources have become a bottleneck for project development. Debt – such as bank loans and bonds – is currently the main source for wind and solar financing, but good terms are only available to the largest enterprises or state-owned enterprises. At the very least, there is direct financial support available from the Chinese government for wind and solar energy – including tax credits, preferential land-use policies and lowinterest loans.

The biggest smart power grid ever Energy efficiency targets and the rising share of renewable energy in the country’s energy mix represent a big challenge to the Chinese power grid as it is currently designed and operated. For this reason, China has begun with the construction phase of its “Strong and Smart Grid Plan”. It aims to establish

Shanghai, China

© private

© Siemens AG

CGTI identifies different sectors in which the greentech industry might grow in the future. The size of conventional energy in China’s energy mix is still huge – and although the government continues to restructure the coal mining industry, it will continue to experience strong growth. The nuclear and gas sectors will also continue profiting from government policy support in the future. However, stricter emission standards will affect coal plants, and the government will introduce carbon tra-

ding pilot programs. And despite large investments in the sector, China’s domestic gas production is stretched to the limit and has not kept up with consumption, increasing reliance on imports. These developments could make energy from renewable sources an incremental alternative for the future of China’s energy supply.

Ellen Carberry

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© China Tours

Beijing, Beijing Opera

the world’s largest smart power grid by 2020, including ultra-high voltage lines and distribution networks in urban and rural areas, remote monitoring, twoway communications and an electric vehicle (EV) charging infrastructure. China’s energy storage market continues to grow consistently. Using the potential of the expanding smart grid, this sector has the potential to improve the connectivity of intermittent renewables, such as wind and solar. Yet, high costs, unproven technology and a lack of governmental policy direction make storage a tough sell over the next few years, as CGTI reports.

Electric mobility on the rise China’s automotive market is the world’s largest and is growing rapidly. However, it will still be dominated by conventional vehicles for the next decade, as indicated by the CGTI

report. Yet cleaner transportation is an important element of China’s plan to reduce carbon emissions and use of fossil fuels. To improve fuel efficiency, China continues to raise conventional vehicle emission and fuel economy standards. In contrast, there have been few developments in the past year on biofuels. China focuses a strong policy support on electric vehicles, which has raised expectations for the growth of the EV industry in the country. Several companies have already taken the lead in the development of the battery-charging segment by building infrastructure for EVs across the country.

“Because of that problem, CGTI was created. The annual reports can be taken as a compass for understanding China’s rapidly changing greentech market.” The Chinese market could become more and more interesting for investors, notably from Germany. “China and Germany will become an economic intersection for the future,” Carberry says. “This is especially true for the mindset and the innovation power of both countries.” It is an opportunity not to be missed by German greentech entrepreneurs – especially in times of crisis. www.china-greentech.com

The Chinese greentech forest “China is like a vast forest, a vast ocean. It is a rapidly changing market, where information and relationships are not transparent,” explains Carberry.

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The CGA Team

© China Tours

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China Goes Abroad: Challenges and Opportunities ========================================================================

Europe has emerged as a key destination for Chinese outbound abroad. In the second quarter of 2012, the region received US$5 billion in investment – up from US$ 1.7 billion in the first quarter – and accounted for 48 percent of all mergers & acquisitions and 95 percent of all nonresources deals.

among investors in the People’s Republic of China (PRC): while some are seeking to increase their market share or procure a steady supply of raw materials, other investors are aiming to expand their knowledge base, acquire new technologies, expand their business scope and/or tap new markets for their products.

Indeed, Chinese companies are diversifying their investment profiles worldwide into a range of industries beyond the traditional outbound areas of energy and natural resources. This reflects the range of experience and goals

The challenges for outbound investors In undertaking an outbound investment project, Chinese companies and individuals are inevitably faced with challenges at each stage in its lifetime.

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These range from fundamental matters such as understanding the language and culture of the target jurisdiction, to complex matters such as how to work with local management personnel, how to finance business development, how to operate within the local legal framework, and how to resolve disputes. As with any area of business, the details of every transaction are different and present a unique set of issues to address. It is particularly critical to conduct solid due diligence at the beginning of a project, to understand the tax implications of an investment, and to have


access to knowledgeable consultants and legal advisors. As has been wellreported, it is also often the case that Chinese investment in foreign countries or new industry sectors face resistance by local officials or community groups. It is thus critical that new projects have the right government relations and public relations strategies, so that relevant stakeholders are informed and on board with the new Chinese partners.

Working towards a solution Jesse Chang, Managing Partner of the Chinese firm TransAsia Lawyers, has advised on PRC-related investments for nearly 30 years. While representing Chinese clients with regard to their outbound investment projects, Jesse realized that there was no comprehensive, convenient source of information for investors to consult about the questions and challenges that they face in “going abroad”. Together with his colleagues from TransAsia’s outbound investment practice, Jesse has launched

ChinaGoAbroad.com (CGA), a platform dedicated to providing practical, authoritative data to PRC investors. CGA was co-founded by TransAsia and the China Overseas Development Association (Association) under the National Development & Reform Commission (NDRC, the PRC ministry in charge of inbound and outbound investments). The Association joined the project after the NDRC decided that CGA’s website was not only useful, but was critical to the success of Chinese investments abroad. The NDRC’s endorsement of CGA followed the appointment of Mr Zhang Guobao as the new President of the Association. Mr Zhang was formerly the Vice Chairman of the NDRC and head of the National Energy Bureau. His appointment reflects the importance to the NDRC of outbound investments, and how CGA is aligned with the Association’s mission to support such transactions. CGA offers numerous services to outbound investors from China, including advice on making overseas trans-

actions from leading international services providers and information about industries worldwide that are of specific interest to Chinese investors. They also offer details of actual investment opportunities around the world, the ability to connect directly to service providers, and the opportunity to make connections during workshops, conferences and other events. The platform also enables service providers and industry experts to reach out to one another offline and form teams to support Chinese companies in “going abroad”. The provision of informative, reliable, and easily accessible information and advice in this manner is just one important way of helping Chinese investors to interact globally and encouraging outbound investment. www.chinagoabroad.com

© Siemens AG

Chongqing, China

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The CGA Team

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China: Inbound & Outbound Investment ======================================================================== Opportunities for investment between China and Europe continue to abound, with European companies seeking to access China’s consumer market and build good relations with the world’s new economic power-house, and Chinese companies seeking to expand their knowledge base and diversify their businesses overseas. However, in both cases it is important to be well-prepared and thorough: while the financial newspapers are full of success stories and highprofile deals, in reality few achieve their full potential.

Setting the stage The central government in China has placed a significant emphasis on outbound investments as a sustained policy. In large part, this is due to the country’s need to secure a reliable and long-term supply of natural resources. To a lesser extent, it is due to swelling foreign exchange reserves and upward pressure on the Renminbi. Meanwhile, businesses, and even governments across the globe, are actively seeking Chinese investors to help bolster their economies, many of which are still recovering from the global financial crisis. Notwithstanding the explicit “Going Abroad” policy of the Chinese government, and the efforts that have been made to increase access to foreign exchange and streamline domestic

approvals, the outbound investment process itself remains complex, unpredictable and time-consuming. This is true of both the internal and external procedures required of Chinese investors. As a result, investments involving Chinese entities are often delayed, or fail altogether. Just as Chinese investors must anticipate this difficult approval process when undertaking projects abroad, their foreign partners are advised to study and understand it thoroughly. Meanwhile, even as political and economic reforms have opened up further opportunities to foreign investors in China, subtle shifts have taken place in the environment for companies seeking to invest in the People’s Republic of China (PRC). While the desire for foreign technologies and know-how remains strong, Chinese companies, government officials and consumers alike have become increasingly sophisticated and selective with regard to how, and with whom, they do business. For example, localization through training and overseas higher education is creating a strong, multi-lingual force of managers in Chinese companies. This has clear advantages for those companies as they explore investments overseas. It makes it easier for investors from outside China to interact with them; but it also means greater competition among foreign enterprises, experts and job-seekers in the PRC market.

Doing business internationally: be prepared and open-minded! To stand apart from the crowd and conclude transactions successfully, it is important for any investor venturing into a foreign country – including to or from China – to be well prepared. This sounds obvious and easy, but in practice demands focus and dedicated resources.

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Identify clear goals, and prioritize them. Select and identify the right opportunity: know your partner’s background. Make sure your company qualifies for the bid and/or meets local regulations.

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Think carefully about the market consequences both at home and abroad. Understand labor laws and employment regulations: do not assume that what applies in one’s home country will apply in the target jurisdiction. Become familiar with the local business environment, community, customs and practices. Be flexible and innovative – this will help you deal with issues you could not anticipate. Surround the project with good advisors.

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Patrik Lockne

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From “Made in China” to “Designed in China”:

China’s seven Strategic Emerging Industries ======================================================================== The Chinese government is hoping that seven Strategic Emerging Industries will generate 15 percent of Gross Domestic Product (GDP) by 2020. They are: alternative energy, biotechnology, information technology, advanced equipment manufacturing, advanced materials, alternative-fuel cars, and energy-saving and environmentally friendly technologies. Three of the seven are directly related to sustainability issues. This means foreign cleantech companies looking to China for sales or for Research & Development can expect a great number of policy changes.

First, the good news: companies in these industries can expect favourable tax policies, easier access to capital, increased willingness among stateowned enterprises to invest in solutions, and a welcoming attitude from local authorities who will eagerly compete to attract foreign investment and know-how. However, companies can also expect increasing Chinese competition, price pressure from local manufacturers, demands for technology transfer and perhaps even an increased risk of intellectual property rights violations as domestic companies scramble to compete. © Patrik Lockne

In March 2011, China announced its 12th Five Year Plan. The aim of the plan is to see China develop from an economy driven by investment and export of manufactured goods towards one that is more innovative and where domestic consumption drives growth. To achieve this, China will need to create consumer confidence by strengthening social security, make sure growth is more evenly distributed, and foster a new set of industries. A popular way of phrasing the change is to say the country wants to go from “Made in China” to “Designed in China”.

Beijing, China

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Š China Tours

Li River near Guilin in southern China

It will be impossible to ignore the Chinese market, particularly for companies in new industries where standards have yet to be firmly set and established. Given the size of the Chinese market, what becomes a standard there could well become a global standard. The Chinese government, in contrast to some Western counterparts, can also afford to take a long-term approach to economic development. This is very beneficial in cleantech areas, where initial investment may be large and the returns some time away. Companies looking to do business in the Chinese market should do their homework. Try to get an understanding of what is happening in your specific industry. What policy tools will be used? What are the main companies and government agencies and how do they work together? What are the main challenges for China in this industry? What does China want to accomplish?

Once this is understood, the company should try as best possible to show how it can contribute. Demonstrate how your offering supports the direction China wants to take its economy. To which Strategic Emerging Industry does it correspond? How does it address the challenges there? An economic five-year plan may sound like an anachronism, but in an economy that is still dominated by state-owned companies, and where government actively directs economic development, they still play an important role. It will pay off to know what is in China’s plan.

About the Author Patrik Lockne has worked as a communications consultant since 1997, and was based in Beijing from 2006 to 2012. He helps clients in industries ranging from aviation to beverages with corporate communications and public affairs. He has also chaired the European Union Chamber of Commerce in the China Marketing and Communications Forum. He currently works as a PR consultant for the Swedish PR agency Springtime, which is part of the GlobalCom PR Network.

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Lost in ================================================================================== Interest is growing in inbound and outbound investment across continents, with European and Chinese companies discovering the market potential for their products and solutions abroad. Communication is becoming a key factor for success in a market where the proven methods and mes-

saging of the home market can hardly ever be translated 1:1. A campaign that has been a huge success in China might leave European customers totally puzzled, and vice versa. Many companies are faced with the challenge of adapting their marketing, PR and communications tactics

Wibke Sonderkamp

Marketing and Communications in Europe: 10 Dos and Don’ts

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In terms of culture and communication, there is no such thing as “The European Market” that so many companies are looking to cover today. You’re looking at 27 member states with 23 official languages and centuries-old cultural differences. It’s helpful to define a number of focus countries and expand the outreach step by step. Local expertise is key. It is advisable to define an umbrella strategy which is then locally adapted and executed in the European key markets. This would include preferences of customers, partners or investors in each market. Localization vs. translation: An ever-present challenge is the many languages in Europe. A professional local “translation” is therefore a critical success factor. Translators should understand the topic so they are able to grasp the meaning and message of the content. They should then transfer this into a local version which should be more than a pure translation and should take local aspects into account. This includes simple things such as text structure or popular buzzwords, as well as small content changes e.g. by including local angles or references.

4.

Communication channels and preferences differ from market to market. Ask your local partners to recommend channels; or whether you should choose between a print, online and social media focus, phone or e-mail contact or personal meetings vs. conference calls.

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Backing up brand value: editors in many European countries expect a lot more proof of marketing messages than, for example, in the USA. Make sure to include proven facts and figures, certifications or test results into the communication. Be prepared to be questioned about the proprietary claims and quality of your offerings. Although Chinese products have gained a lot of respect in certain industries, many consumers are still biased by years of reports of Chinese copies. Be aware that there is a growing consciousness regarding the sustainability of products among European consumers, who look into production conditions, materials, energy demand, etc.

8.

Don’t expect advertisement or brand campaigns to work 1:1 across continents. The audience’s taste as well as the signals and meanings of images, colors and messaging can be totally different in China than they are in Europe.

9.

Define clear goals and expectations with your clients or communications consultants in order to avoid unrealistic expectations and to focus on key targets.

10.

Work out a clear and transparent cost structure showing exactly what the budget includes and what it doesn’t. Unexpected extras are very problematic and can endanger the relationship.

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translation?

================================================================================== to a new market situation. This is especially true in the fastgrowing renewable energy market, where machines and components make their way from Europe to China, while many large-scale production products from China to Europe.

Below are a few initial Dos and Don’ts provided by communications experts who help companies successfully bridge this communication gap in their every day work.

Patrik Lockne

Marketing and communications in China: 10 dos and don’ts

1.

Don’t treat China as a single market, treat it like a continent. There are large variations – more so than in all of Europe – both when it comes to purchasing power and knowledge about product categories and brands. Unless you have massive resources, focus on a narrow area, perhaps a single city.

2.

Chinese customers sometimes value your offering in a way that is different from what you are used to. Perhaps at home you discuss the total cost of ownership with customers – in China, upfront cost may be more important. Prepare to educate.

6.

Don’t expect to get free recognition by customers just because you have a foreign brand. It doesn’t impress Chinese customers the way it used to.

7.

The Chinese media market is huge and has a fragmented geography and readership. Don’t expect to advertise your way into the market, as it will be hard to reach a narrow audience through paid media. Focus instead on a strategy that aims to get your customers talking and influencing one another.

8.

Find out what government plans there are relevant to your product category. The Chinese economy is to a large extent directed by the state, so keeping abreast of regulations and policy will be important.

3.

Don’t accept having to pay journalists to write. If you find you have to, you should rethink which journalists you are talking to, and if the news or information you offer is interesting enough. The same ethical standards on relations to media should apply to China as to other markets.

4.

9.

Talk to your customers to find out what their needs and expectations are. Don’t be surprised if you have to adjust both product and messaging, as the Chinese market is often different to your home market.

5.

Communicate that you are taking the Chinese market seriously by selecting a good Chinese brand name, using highest-quality translations, localized photos, etc. Don’t just use material from somewhere else, it won’t be taken seriously.

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Take online and social media seriously. In a country as vast as China, online media offers good coverage, and Chinese internet users are very active in sharing their experience with products and services. It is necessary to have a strategy that takes this into account.

10.

Prepare to be copied. The Chinese market may call for special efforts to make sure customers can verify that the products they purchase are genuine.

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Cleantech CORINNA LANG

© juwi

Cleantech-Unternehmen schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Allen gemeinsam ist die Intention, durch den Einsatz neuartiger Verfahren, Produkte und Dienstleistungen Effizienzverbesserungen sowie Leistungs- oder Produktivitätssteigerungen zu erzielen und dabei gleichzeitig den Emissionsausstoß beziehungsweise den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Doch nicht jedes der Start-up-Unternehmen kann sich am Markt profilieren. So erhöhen sie ihre Chancen auf Erfolg: Eine Cleantech-Lösung sollte in jedem Fall mit einem entsprechenden Wertzuwachs aufwarten können. Hierzu zählt zum Beispiel eine signifikante Energieeinsparung oder deutliche Ressourceneffizienz gegenüber

Fuß fassen auf dem Cleantech-Markt herkömmlichen Lösungen genauso, wie ein attraktiver Return on Investment. “Ein belastbarer Businessplan ist unerlässlich, um am Markt mit einer Cleantech-Lösung erfolgreich zu sein. Voraussetzung dafür sind nach der Entwicklungsphase umfangreiche Tests, um die Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen”, erklärt Dr. Andreas Breuer, Leiter Neue Technologien/Projekte der RWE Deutschland. Entwicklungen, die sich direkt an Endkonsumenten richten, sollten noch ein ganz anderes Kriterium erfüllen: “Die Lösungen müssen für den Endverbraucher möglichst bequem sein, Spaß machen und gleichzeitig den Geldbeutel entlasten“, konstatiert

Gabriele Riedmann de Trinidad, Leiterin Konzerngeschäftsfeld Energie, Deutsche Telekom. Breuer und Riedmann de Trinidad sind beide Teil der Jury des Munich Cleantech Conference Venture Awards 2012. Dieser wird auf der 6. Cleantech Konferenz des Technologienetzwerks Munich Network am 22. November 2012 in München vergeben. Der Award zeichnet junge, ambitionierte Unternehmen mit innovativen, marktreifen Lösungen und überzeugenden sowie hochskalierbaren Geschäftsmodellen aus. www.cleanenergy-project.de/mccventure-award

CLEANTECH

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Cleantech LINDA KLEINSCHMIDT

Ohne Cleantech keine Energiewende Die Energiewende steht als politisches Leitmotiv derzeit ganz oben auf der Agenda von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. So rief Bundeskanzlerin Angela Merkel die Gesellschaft am 23. Juni 2012 dazu auf, notwendige Veränderungen zur Umsetzung der Energiewende zu akzeptieren. Dies betrifft insbesondere die infrastrukturellen Aspekte, die sich aus dem Ausbau erneuerbarer Energien ergeben. International ist die Energiewende untrennbar mit dem Erreichen von Klimaschutzzielen und auf nationaler Ebene überwiegend mit dem Ausstieg aus der Atomenergie verknüpft. Doch die Energiewende ist mehr als ein politisches Programm. Sie defi-

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CLEANTECH

niert diejenigen Schlüsselfaktoren, mit deren Hilfe globale Zielsetzungen tatsächlich erreicht werden können: Energiegewinnung, Energieeffizienz, Energiespeicherung, Smart Energy, Umweltschutztechnologie sowie Dienstleistungen. Zur Umsetzung der Energiewende bedarf es wiederum einer Vielzahl an Instrumenten, also sauberen Technologien in ihrer konkreten Anwendung – häufig zusammengefasst unter dem Begriff “Cleantech”. Bis heute besteht jedoch keine einheitliche Definition von Cleantech. Ist es eine Branche, ein Wachstumsmarkt, eine Anwendung, eine Philosophie, eine Bewegung oder sogar die ganzheitliche Lösung der Herausforderungen des 21. Jahrhun-

© Mechatron

derts? Das Deutsche CleanTech Institut (DCTI), ein Beratungs- und Analysedienstleistungsunternehmen für die Cleantech-Industrie, versteht darunter eine aktuell stattfindende Bewegung, die in der Zukunft dazu führen wird, dass saubere Technologien selbstverständlich und global in sämtlichen Bereichen angewendet werden. Damit liegt der Fokus dieses Ansatzes auf der Anwendung. Die Bewegung durchläuft dabei einen Prozess mit vier Zyklen: Die erste Phase wird maßgeblich getrieben durch Idealisten, die Investitionen in Cleantech aufgrund eines ökologischen Gedankens vornehmen. Ihr Ziel besteht hauptsächlich darin, durch die Anwendung sauberer Technologien die Umwelt zu schonen und Klimaschutz voranzutreiben. In der zweiten Phase sehen eigenkapitalgetriebene Investoren zunehmend Möglichkeiten, durch Beteiligungen an Cleantech, hohe Rendite zu erwirtschaften. Demnach ist diese Gruppe primär durch ökonomische Gewinnorientierung getrieben. Durch gezielte Subventionen und Förderungen, wie beispielsweise das EEG, kann das Interesse dieser Investoren gesteigert werden, da so Renditen positiv beeinflusst werden können. In der dritten Phase kommen als weitere Investoren Unternehmen hinzu, die ebenfalls vornehmlich vor einem ökonomischen Hintergrund in


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saubere Technologien investieren. Denn durch die Anwendung von Cleantech können, unter anderem durch die Verbesserung von Energieund Materialeffizienz, Kosten reduziert werden – insbesondere langfristig. Aufgrund steigender Energiepreise, die durch Ressourcenendlichkeit determiniert werden, sind Unternehmen in Zukunft mehr und mehr dazu gezwungen, unternehmerische Kostenoptimierung auf dieser Ebene vorzunehmen, um langfristig (insbesondere global) wettbewerbsfähig zu bleiben. In dieser Phase wird zudem begonnen, ökologische und ökonomische Interessen zu verbinden, denn viele Unternehmen stellen sich auch durch die Anwendung sauberer Technologien auf den gesellschaftlichen Wandel ein. Immer mehr Konsumenten legen Wert darauf, dass sie Produkte konsumieren, die umweltverträglich sind und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Demnach werden die Investitionen der Unternehmen auch zur Verbesserung ihres Images getrieben. In der vierten Phase erfolgt schließlich die umfassende Verknüpfung zwischen ökologischen und ökonomischen Aspekten. Cleantech wird zur Optimierung von Energieeffizienz ganzheitlich angewandt, das heißt nicht nur Unternehmen investieren, sondern auch private Haushalte (zum Beispiel in Smart Home-

Lösungen). Die Anwendung sauberer Technologien wird “selbstverständlich” und Cleantech in seiner Gesamtheit den entscheidenden Wachstumsmarkt des 21. Jahrhunderts darstellen. Ausgelöst wird dieser Effekt beispielsweise dadurch, dass die innovativen Technologien aufgrund von Lerneffekten kostengünstiger werden, sodass die Attraktivität auch für kleinere Investoren (private Haushalte) steigt. Auch wenn Zahlen belegen, dass Clean Technologies umfassende Lösungen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts liefern können, fehlt es an Kommunikation zur Wissensvermittlung und Akzeptanzsteigerung. Welche Technologien sind bereits marktreif und können wie eingesetzt werden? Bereits seit mehreren Jahren entwickelt das DCTI nicht nur Strategien zur Reduktion von klimaschädlichen Gasen und zur Schonung endlicher Ressourcen, sondern unterstützt auch eine gesellschaftspolitische Akzeptanzsteigerung von innovativen, nachhaltigen Unternehmensphilosophien. So vergibt es beispielsweise für besonders klimafreundliche Produktlösungen die Auszeichnung “Innovation pro Energiewende”, um einerseits Transparenz für Verbraucher zu schaffen, sowie andererseits Unternehmen zu verdeutlichen, dass sie auf Produktebene einen wichtigen Beitrag für die Energiewende leisten.

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Die Autorin Linda Kleinschmidt ist als Business Development Managerin beim Deutschen CleanTech Institut tätig. Ihre Arbeitsfelder umfassen schwerpunktmäßig die Studienerstellung sowie die Analyse volkswirtschaftlicher Modelle im Bereich der sauberen Technologien. www.dcti.de

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CLEANTECH

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Cleantech ERWIN BURTH

Schneller auf dem Markt Die Cleantech-Branche boomt: Nach Angaben des Beratungsunternehmens Roland Berger stieg der weltweite Umsatzwert von CleantechProdukten im Jahr 2011 um zehn Prozent auf 198 Milliarden Euro. Bis 2015 wird dieser Bereich mit einem geschätzten Volumen von 240 bis 290 Milliarden Euro voraussichtlich Öl- und Gastechnologien überholen. Damit entwickelt sich der Markt für Umweltgüter endgültig von einer Nischenbranche zu einer dynamischen Industrie. Trotz des starken Wachstums steht die von Start-ups geprägte Branche vor komplexen Herausforderungen. Junge Unternehmen müssen umweltfreundliche Alternativen zu bestehenden Lösungen entwickeln und diese schnell auf den Markt bringen, um Umsatz zu generieren. Die Entwicklung von Cleantech-Lösungen ist jedoch oft ein langwieriger, umfangreicher Prozess, da sie in bestehende Infrastrukturen und Systeme integriert und unter Verwendung alternativer Materialien entwickelt werden müssen. Eine schnelle Markteinführung neuer Produkte ist auch deshalb ein entscheidendes Kriterium, da der Cleantech-Bereich noch sehr jung ist und ein starker Wettbewerb herrscht. DIE RICHTIGE LÖSUNG FINDEN Digital Prototyping hilft CleantechUnternehmen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Qualitativ

hochwertige 3D-Konstruktions- und Simulations-Lösungen unterstützen bei der Entwicklung von CleantechProdukten, da sie die Erstellung digitaler Modelle ermöglichen. Auf der Grundlage eines einzigen digitalen Prototypen können Konstrukteure Produkte entwerfen, visualisieren und simulieren sowie unter realistischen Bedingungen testen, bevor sie gebaut werden. So lassen sich potenzielle Fehler oder Schwachstellen frühzeitig erkennen und beheben und es müssen weniger physische Prototypen entwickelt werden, die teuer sind und unnötig Material verbrauchen. Cleantech-Unternehmen können somit in kürzerer Zeit innovativere Produkte auf den Markt bringen. Digital Prototyping macht den gesamten Entwicklungsprozess schlanker und effizienter, da alle Abteilungen aus Konzeption, Konstruktion und Fertigung auf das virtuelle Modell zugreifen und damit arbeiten können. Der Ingenieur hat außerdem die Möglichkeit, verschiedene Entwürfe digital zu testen und auszuloten, ob und wie ein Produkt mit weniger Kosten und Material erstellt werden kann. Besonders für Start-ups bietet diese Technologie entscheidende Wettbewerbsvorteile. Allerdings sprengen geeignete Softwarelösungen meist das Budget junger Unternehmer. Um die Entwicklung sauberer Technologien voranzutreiben, unterstützt der Softwareanbieter Autodesk diese

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Unternehmen mit seinem Cleantech Partner Programm. Start-ups aus diesem Bereich können sich dafür bei Autodesk bewerben und bekommen für 50 Euro Software-Lösungen im Wert von bis zu 120.000 Euro. So machte es auch die TimberTower GmbH. Das Start-up stellt Windkraftanlagen her, deren Türme aus Holz anstatt aus Stahl bestehen, und hat dadurch einen komplett neuen Ansatz in der Energiegewinnung durch Windkraft gefunden. Damit ist TimberTower eins von vielen Unternehmen, das sich dank der Unterstützung von Autodesk einen Anteil an der boomenden Branche sichern konnte.

Der Autor Erwin Burth ist Business Development Manager Cleantech bei Autodesk. www.autodesk.de/cleantech

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Energy JOSEPHIN LEHNERT

© Daniela Hartmann, Flickr.com

Kampf dem Plastikmüll – wie Joghurtbecher zur Energiequelle werden Vor der Anlage stapeln sich Müllsäcke, Berge von Plastikteilen, zu Ballen gepresst: Plastikflaschen, Joghurtbecher, Gummispielzeug, Cellophan. Feinkörniges Plastikgranulat verkocht in Reaktoren zu einer zähflüssigen Masse, blubbert durch Rohre und Leitungen. Was am Ende ins Reagenzglas tropft, erinnert in keiner Form mehr an Käseverpackungen oder alte Einkaufstüten. Es hat

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einen goldgelben Farbstich und die Konsistenz von Sonnenblumenöl. Und letztlich ist es auch nichts anderes als Öl in reinster Form. In einer Schweizer Pilotanlage wird nicht Stroh zu Gold, sondern Kunststoff in Öl umgewandelt – kein Erdöl, aber ein mit leichtem Heizöl vergleichbares und DIN-zertifiziertes, hochwertiges Öl. – Ein Blick in die unmittelbare Zukunft des Kunststoffrecyclings.

Der Ölpreis steigt, die Ressourcen werden knapp, gleichzeitig wachsen die Müllberge vor unseren Haustüren von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr. Zeit etwas zu unternehmen, dachte sich Eberhard Nill, und “erfand” kurzerhand die Syntrol®-Technologie. Anstatt zu hohen Kosten und zunehmenden Umweltauswirkungen Erdöl aus tiefen und immer tieferen Gesteinsschichten zu pumpen, könne er


ia otol a, F hotk p ©

es einfach aus Kunststoffabfällen gewinnen, so Nills Idee. Denn Plastik besteht aus nichts anderem als ungesättigten Kohlenwasserstoffverbindungen, also zum Beispiel Erdöl, Kohle und Erdgas. In der herkömmlichen Kunststoffsynthese wird vor allem Rohöl als Ausgangsprodukt eingesetzt. Um an den wertvollen Rohstoff zu kommen, musste Nill also lediglich die Syntheseschritte der Kunststoffherstellung rückgängig machen. Nill, Diplomingenieur und Spezialist für chemische Verfahrenstechnik, schlug zwei Fliegen mit einer Klappe. Er fand nicht nur eine Möglichkeit, mit einfachen Mitteln Öl zu gewinnen, sondern gab zugleich auch Antwort auf eine zunehmend bedeutende Frage: Wohin mit den riesigen Mengen Müll, die hierzulande ununterbrochen anfallen? Allein in Deutschland werden jedes Jahr 18 Millionen Tonnen Kunststoff auf den Markt gebracht, rund 4,5 Millionen Tonnen davon werden recycelt. Würde man den gesamten jährlichen Abfall deutscher Haushalte auf einem Fußballfeld stapeln, wäre der Stapel fast 6.000 Meter hoch, doppelt so hoch wie die Zugspitze! In Deutschland wird Plastikmüll werkstofflich recycelt, also aufbereitet und zu neuen Produkten verarbeitet.

Ein Teil wird verbrannt, was ökologisch wenig vorteilhaft ist. Der energetische Wirkungsgrad ist mit 20 Prozent unwirtschaftlich und kaum effektiv. Zudem werden, bezogen auf die Nutzenergie, große Mengen CO2 emittiert. Der restliche Plastikmüll

Würde man den gesamten jährlichen Abfall deutscher Haushalte auf einem Fußballfeld stapeln, wäre der Stapel doppelt so hoch wie die Zugspitze! wird rohstofflich recycelt, also in die Ausgangsbestandteile Öl oder Gas zerlegt. Dieses Verfahren der Thermolyse ist nicht neu, wurde bereits 1937 entwickelt und patentiert, aufgrund der hohen Kosten aber bisher nicht im großtechnischen Maßstab angewendet. Ingenieur Nill hat die Technologie nun aus der Schublade gekramt und an neue Anforderungen angepasst. Syntrol-Thermolyse heißt das Verfahren und ist denkbar einfach: Hochkalorische, also organisch nicht

abbaubare Kunststoffe werden verflüssigt und in einem dreistufigen Verfahren zu Produktöl umgewandelt. Der Schlüssel zum Erfolg ist die richtige Vorsortierung der Ausgangsstoffe. In die Verölungsanlage werden nur ausgewählte Materialien eingespeist: Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Buten, Styrol. Chlorhaltige Kunststoffe (PVC) werden aussortiert, ebenso PET, das anderweitig verarbeitet wird. Durch die sorgfältige Sortierung vermeidet man, dass das Endprodukt im Nachhinein aufwändig gereinigt oder aufbereitet werden muss. Die aussortierten Plastikabfälle werden mit moderner Zerkleinerungstechnik für die Weiterverarbeitung vorbereitet, auf eine optimale Größe gebracht und gereinigt. In der Verölungsanlage werden die geschredderten Kunststoffe zunächst geschmolzen und anschließend weiter auf 400 bis 500 Grad Celsius erhitzt, so dass sich die Molekülketten aufspalten. Dabei entstehen Gase, die in einer nächsten Stufe abgekühlt und dadurch wieder verflüssig werden. Verbleibende, nicht kondensierbare Gase werden für die Erzeugung von Prozesswärme genutzt. Am Ende des Verölungsprozesses steht ein qualitativ hochwertiges, schwefelarmes und verkaufsfähiges Produkt-

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Energy JOSEPHIN LEHNERT

öl, vergleichbar mit leichtem Heizöl. Es ist Dekra-zertifiziert und hat einen Wirkungsgrad von gut 90 Prozent. Der energetische Wirkungsgrad des gesamten Verölungsverfahrens ist extrem hoch, dank des minimalen Einsatzes von Fremdenergie und geringfügigem Eigenverbrauch, und sehr effektiv. Aus 1.000 Kilogramm Plastikmüll lassen sich 850 Liter Heizöl gewinnen.

Organisch nicht abbaubare Kunststoffe werden verflüssigt und in einem dreistufigen Verfahren zu Produktöl umgewandelt, das vergleichbar mit leichtem Heizöl ist. Das Syntrol-Verfahren ist erstmals in einer Pilotanlage in der Schweiz erfolgreich getestet worden. Seit 2006 werden hier Kunststoffabfälle zu Heizöl recycelt. Abfälle werden aus den Gemeindesammelstellen im Kanton Zug sowie von Industrie, Gewerbe und Bau angeliefert. Im

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Jahr sind es rund 6.000 bis 8.000 Tonnen Kunststoffe. Nach der Sortierung bleiben rund 3.500 Tonnen Kunststoff übrig, hauptsächlich Polypropylen. Im Pilotbetrieb wurden einige Schwierigkeiten der großmaßstäblichen Kunststoff-Thermolyse deutlich. Entscheidend ist etwa die Verfügbarkeit, also den 24-StundenBetrieb aufrecht zu erhalten. Außerdem muss die Qualität des Kunststoffmixes permanent so ausgeglichen und angepasst werden, dass eine gleichbleibende Qualität des Öls gewährleistet ist. Die Technologie soll nun im industriellen Maßstab in Deutschland realisiert werden. Die Finanzierung übernimmt ein Beteiligungsfonds, der Öko-Energie Umweltfonds 1 des Bremer Investmenthauses Ventafonds. Im Rheinauhafen der Stadt Mannheim erfolgte am 20. Juli 2012 der Spatenstich für die erste industrielle Kunststoff-Öl-Recycling-Anlage. Der Standort ist optimal. Denn neben der Schienen- und Straßenanbindung gibt es dort eine optimale Schnittstelle mit der Binnenschifffahrt. Außer Kunststoffabfällen können hier auch große Mengen Altöl angeliefert werden, das ebenso als Ausgangsstoff für die Thermolyse einsetzbar ist. Bis Ende 2013 sollen noch drei wei-

tere Produktionslinien aufgebaut werden, um dann die volle Produktivität von vier Anlagen zu erreichen. Jede Anlage kann jährlich rund 5.000 Tonnen Kunststoff verarbeiten. Weil zehn Prozent des Abfalls nicht konvertierbar sind, ergibt sich bei einem 80-prozentigen Wirkungsgrad der Thermolyse pro Anlage ein jährlicher Output von 3.600 Tonnen Produktöl, das entspricht rund 4,3 Millionen Litern. Alle vier Anlagen kämen zusammen auf eine Gesamtkapazität von etwas über 17 Millionen Liter pro Jahr.

Die Technologie wird nun im industriellen Maßstab in Mannheim realisiert. Ein lohnendes Geschäft, findet Oskar Edler von Schickh, Geschäftsführer, Öko-Energie Umweltfonds 1. Das Fondsvolumen beträgt 26,8 Millionen Euro. Ab einer Mindestbeteiligung von 10.000 Euro können sich Anleger am Fonds und damit an den Anlagen beteiligen und bis zum Ende der Fondslaufzeit mit einer prognostizierten Gesamtausschüttung von rund 235 Prozent rechnen. Pro Jahr ist eine Ausschüttung von 14 Prozent zu erwarten. Das Ganze ist also nicht nur ein vorbildliches Umweltprojekt, sondern auch eine höchst rentable Anlage für Investoren.


Markt ist konstant. Öffentliche Verwaltungen, Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser sowie Großwohnanlagen produzieren alleine in der Umgebung des Standortes Mannheim mehr als genug Kunststoffabfall, welcher zur weiteren Verarbeitung in unserer Anlage zur Verfügung steht“, so von Schickh. Ein steigender Ölpreis erscheint vor diesem Hintergrund auf einmal gar nicht mehr so bedrohlich. Zum Plastikjoghurtbecher muss man deswegen aber nicht gleich greifen. Kunststoffmüll gibt es genug und wird auch in absehbarer Zukunft in ausreichenden Mengen verfügbar sein. Am besten und klimafreundlichsten ist und bleibt am Ende aber immer noch: gar keinen Müll zu produzieren.

www.nill-tech.de www.plastoil.ch www.ventafonds.de www.oekoenergie-umweltfonds.de

a a, Fotoli © photk

© Stadt Mannheim

Das aus Kunststoff recycelte Öl kann mit dem Preis von “Gasöl” konkurrieren und sogar unter dessen Preis angeboten werden. Die Einsatzmöglichkeiten des Öls sind vielfältig: für Blockheizkraftwerke in der Industrie, als Heizöl oder, mit entsprechenden Zusatzstoffen, sogar als Diesel. Von Schickh spricht der Verölungstechnologie großes Potenzial zu. Vor allem wenn Rohstoffe knapp werden und sich Erdöl weiter verteuert, könnte ein adäquater und zugleich umweltfreundlicher Ersatz für herkömmliches Heizöl entstehen. Mit der Technologie ließen sich drei bis fünf Prozent des deutschen Rohölimports abdecken, erklärt von Schickh. Versorgungsengpässe sind dabei nicht zu befürchten. “Die Zulieferung der benötigten Abfallstoffe ist nicht konjunkturunabhängig, der

© Ventafonds GmbH

Syntrol-Anlage

Stadt Mannheim, Luftaufnahme

ENERGY

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Energy

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JOACHIM KERN

PHOTOVOLTAIK: WHO´S IN AND WHO´S OUT? Kaum ein technischer Fachbereich ist so kurzlebig und rasch in Bewegung, wie jener der Photovoltaik. Neue Entwicklungen und die konstante Weiterentwicklung bisheriger Lösungen führen dazu, dass sich auch die möglichen Anwendungsgebiete der jeweiligen Technologien laufend erweitern. LIFESTYLE clean energy befragte unterschiedliche Experten zu diesem Thema und liefert eine Momentaufnahme der aktuellen Situation. AKTUELLE ENTWICKLUNGEN. “Insbesondere im Bereich der Mobilität oder bei tragbaren Geräten sind glasbasierte Photovoltaikmodule heute eher ein schlechter, da rein preisgetriebener, Kompromiss. Dünnschichtmodule wiederum sind in den meisten Fällen zu ineffizient”, erläutert Oliver Lang, Inhaber von Lang Consulting Engineering in Berlin. Daher entwickelten der Experte und sein Team im Laufe der vergangenen Jahre zwei neuartige Solarmodule. Besonders hervorzuheben ist in diesem Fall die bruchresistente Funktion der beiden Modularten. Basieren diese etwa auf flexiblen Kugelsolarzellen, wie es bei der Serie

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MEF der Fall ist, so brechen sie auch bei einer starken Verbiegung nicht. Module der Serie HES wiederum beruhen auf speziellen Rückkontaktzellen, die auch als High-Efficiency-Solarzellen bezeichnet werden. Somit erbringen diese Module auch trotz eines Bruchs weiterhin die volle Leistung. Beide Neuentwicklungen basieren auf kristallinen Zellen, wodurch die Module keiner nennenswerten Degradation unterliegen. Der Wirkungsgrad bleibt folglich im Laufe der Jahre konstant hoch. Darüber hinaus weisen sowohl die Module der Serie MEF als auch jene der Serie HES keine Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit auf. Diese und weitere Eigenschaften führen dazu, dass die Neuentwicklungen einfach in Wände, Geräte oder Kraftfahrzeuge integrierbar sind. Das dementsprechend weite Anwendungsgebiet, hohe Wirkungsgrade sowie das geringe Flächengewicht runden die Module ideal ab. DER NETZGEKOPPELTE BEREICH. Dieses Anwendungsgebiet der Photovoltaik stellt nicht nur heute, sondern auch in Zukunft zweifelsfrei den

Massenmarkt der solaren Energiegewinnung dar. Hier geht der Trend eindeutig hin zu höheren Wirkungsgraden. Kristalline Zellen werden in diesem Bereich weiterhin jene Zellen hinter sich lassen, welche auf Dünnschichttechnologien basieren. In den vergangenen zwei bis drei Jahren konnten bei diesen ein beinahe unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt werden. Die beiden Gründe hierfür liegen in der maximalen Automatisierung der Produktion sowie in der allgemeinen technologischen Weiterentwicklung. “Spezialtechnologien, wie etwa die konzentrierende Photovoltaik einerseits oder die organische Photovoltaik andererseits beziehungsweise Farbstoffzellen setzen sich vermutlich nur in einigen wenigen Fällen und in Nischenmärkten durch”, ist Oliver Lang überzeugt. MOBILE ANWENDUNGEN. Deutlich größere Chancen räumen Experten den neuartigen Solarmodulen in Leichtbauweise und ähnlichen Konzepten ein. Diese werden sich vermutlich im Mobilitätsbereich durchsetzen. Der gesamte Outdoor-


© Schott Solar

Bereich, tragbare Geräte sowie neu entstehende Anwendungsmöglichkeiten bieten hier ein weiträumiges Betätigungsfeld. Ähnlich sieht dies auch Kerstin Kurre, Produktmanagerin des österreichischen Spezialunternehmens Sunny Bag: “Bislang statteten wir unsere Produkte mit Solarpaneelen aus, bei welchen eine Technologie namens Triple Junction zum Einsatz kam. Derzeit bereiten wir einen Wechsel hin zu flexiblen monokristallinen Paneelen vor.” Sunny Bag entwickelt und produziert Umhängetaschen, welche über integrierte Solarzellen verfügen. Die solcherart gewonnene Solarenergie wird in einem leistungsstarken Akku zwischengespeichert und kann somit zum Aufladen mobiler Endgeräte verwendet werden. Schon diesen Herbst bringt das Unternehmen ein neues Produkt auf den Markt, dessen Solarpaneele eine deutlich höhere Leistung aufweisen, als dies bisher der Fall war.

© Siemens AG

einschlagen wird. Fest steht jedoch, dass Solarzellen der neuesten Generation nicht nur mit jenen Zellen in direkter Konkurrenz stehen, die einen traditionellen Aufbau aufweisen. Darüber hinaus zählen auch fossile Energiequellen sowie die atomare Stromerzeugung zu ihren direkten Gegenspielern. Konkurrenzfähige Photovoltaikzellen der jüngsten Generation haben daher das Potenzial, den gesamten Energiemarkt zu revolutionieren oder zumindest nachhaltig in Bewegung zu bringen. Schon heute investieren internationale Konzerne und Großinvestoren gewaltige Beträge in die Weiterentwicklung dieser Technologie. Das Erfolgsrezept ist jedenfalls klar: hohe Wirkungsgrade durch effiziente Umwandlungsprozesse bei gleichzeitig niedrigen Preisen.

www.l-c-e.de www.sunnybag.at www.solarfassade.info www.thesolarcentre.co.uk

© Ralf König, Sunny Bag

© Lang Consulting Engineering

FAZIT UND PERSPEKTIVEN. Derzeit lässt sich nur schwer prophezeien, welche exakte Richtung der gesamte Photovoltaikbereich

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Energy FRANZISKA BUCH & WIBKE SONDERKAMP

Did you know…? Die Einsatzmöglichkeiten für Solaranlagen sind vielseitig. Neben den bekannten Dachanlagen können kleine Inselanlagen in ruralen Gebieten Haushalte mit Elektrizität versorgen und auf umweltfreundliche Weise zur Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern beitragen. Gleichzeitig ist es möglich, mit großen Solarparks im Bereich von mehreren Hundert Megawatt den Strombedarf ganzer Industrieanlagen zu decken. Rund um die Solarenergie und ihren Beitrag zur weltweiten Energiesicherheit sowie zur Bekämpfung des Klimawandels gibt es zahlreiche spannende Fakten aus Studien oder aktuellen Berechnungen, die uns überraschen: WUSSTEN SIE SCHON...

… dass man mit Solarmodulen auf einer Dachfläche von nur

35 Quadratmetern

0,3 Prozent

… dass der Erdoberfläche ausreichen würden, um den Energiebedarf der gesamten Weltbevölkerung mit Solarenergie abzudecken? X Natürlich plant niemand, die Energieversorgung zukünftig rein durch Solarenergie abzudecken. Angesichts der knapper werdenden fossilen Ressourcen bleibt jedoch nur der Weg zu alternativen Energiequellen.

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Die Solarenergie wird mit ihrer hohen Verfügbarkeit über den Tag in Kombination mit anderen erneuerbaren Energietechnologien, wie Windenergie, Biomasse und Wasserkraft sowie der Weiterentwicklung von Speicheroptionen, dazu beitragen, die Ziele der Regierungen und den Wunsch der Bevölkerung nach nachhaltiger Energie zu erreichen.

bereits einen Drei- bis Vier-Personenhaushalt mit Energie versorgen kann? X Bei aktuell rapide steigenden Energiepreisen macht Solarenergie unabhängig von hohen Stromkosten. Zwar wird die Einspeisevergütung für Solaranlagen immer weiter abgesenkt, doch werden die Module gleichzeitig immer günstiger und neue Energiespeicherlösungen machen es möglich, den Großteil der Sonnenenergie im eigenen Haushalt zu verbrauchen.


… dass jeden Tag die gleiche Menge CO2 durch die Verbrennung fossiler Treibstoffe und die Herstellung von Zement ausgestoßen wird, wie in

17 Millionen Heißluftballons Platz hätte?

… dass pro Jahresproduktionskapazität von zehn Megawatt Solarleistung

… dass einer von fünf Menschen auf der Welt noch immer keinen Zugang zu modernen, sauberen Energiequellen hat? X Etwa

200 bis 400

Arbeitsplätze im Bereich Forschung, Entwicklung, Produktion und Installation in der Solarindustrie geschaffen werden?

… dass eine Fünf-Kilowatt-Solaranlage über die Laufzeit von 20 Jahren so viel CO2 einspart wie

1,3 Milliarden

Menschen sind von ineffizienten, emissionsintensiven Energiequellen wie Kerosin oder Dieselgeneratoren abhängig. Die Weltbank schätzt, dass 780 Millionen Frauen und Kinder täglich die gleich Menge an Partikeln aus Kerosinrauch einatmen wie Konsumenten von zwei Päckchen Zigaretten am Tag. Solarenergie kann diesen Menschen zu einem gesünderen und würdevolleren Leben verhelfen.

4.800

Bäume über ihre gesamte Lebenszeit aufnehmen?

… dass mit Photovoltaikzellen, hergestellt aus einer Tonne Silizium, genauso viel Energie erzeugt werden kann, wie durch das Verbrennen von

Weitere Did you know…?‘s finden Sie auch auf der Facebook-Fanpage von Suntech Power: www.facebook.com/SuntechPowerEurope

500.000 Tonnen Kohle?

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© Andreas Hetfeld

This & That

Grüne Kohle aus Bioabfall

© net_efekt, Flickr.com

In Halle an der Saale soll im März 2013 eine Demonstrationsanlage zur Herstellung von hochwertigen Brennstoffen aus Biomüll in Betrieb gehen. Aufgrund des hohen Wasseranteils konnte ein großer Teil dieser Abfälle bisher nur sehr eingeschränkt genutzt werden. Die neue Anlage ver-

mag genau das zu ändern und ist bundesweit die erste kontinuierlich laufende in dieser Größenordnung. Pro Jahr soll sie rund 2.500 Tonnen Biomüll aus der Region in wertvolle Energieträger umwandeln. Möglich macht das die Kombination aus bisher üblichen Verwertungsverfahren und der Hydrothermalen Karbonisierung (HTC), einem Schnellverfahren zur Herstellung von Pflanzenkohle. Der dabei in wenigen Stunden entstehende Brennstoff lässt sich in sämtlichen mit Braunkohle betriebenen Anlagen verwenden und kann so die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen der Stadt erheblich senken. www.hws-halle.de www.dbfz.de

Tiefengeothermie in der Lüneburger Heide In der niedersächsischen Gemeinde Munster-Bispingen entsteht das erste kommerziell genutzte Geothermiekraftwerk im Norddeutschen Becken. Mit 4.800 Meter tiefen Bohrungen soll in der Lüneburger Heide 160 Grad Celsius heißes Solewasser zur CO2-freien und witterungsunabhängigen Strom- und Wärmeversorgung nutzbar gemacht werden. Die dabei verwendete EGS-Technologie (Enhanced Geothermal System) erzeugt mit hohem Druck künstliche Erweiterungen der Fließwege in der Tiefe, damit mehr heißes Wasser strömen kann. Bei einer geplanten Förderrate von 30 Liter pro Sekunde soll ab 2013 ein Wärmetauscher etwa 2.250 Haushalte mit Wärme und eine Kalina-Anlage rund 2.000 Haushalte mit Strom versorgen. Für das überzeugende Gesamtkonzept erhielt das Tiefengeothermieprojekt Ende Mai 2012 auf dem New Energy Partnering Congress in Zürich eine Auszeichnung.

© Lüneburger Heide GmbH

www.ihr-stadtwerk.de

DER SONNENBAUM VON NIMWEGEN Man muss nicht viel Fantasie aufwenden, um das Vorbild aus der Natur in dem neuen Kunstwerk von Andreas Hetfeld auf dem Vorplatz des Technoviums in Nimwegen zu erkennen. Der zwölf Meter hohe Sonnenbaum aus Stahl und Aluminium mündet in einem imposanten Blütenstand mit 97 Solarzellen und verleiht der Bezeichnung Naturstrom eine ganz neue Dimension. Durch angebrachte Lichtsensoren richtet sich die Blüte des Stahlkolosses immer in die hellste Himmelsrichtung. So erhöht sich der Energieertrag um bis zu 45 Prozent und der Sonnenbaum wird zu einem lebendigen Kunstwerk, das – wie eine Sonnenblume – selbständig dem Stand der Sonne folgt. Mit dem gewonnenen Solarstrom beleuchten in den Baum integrierte LED-Lampen Nächte und dunkle Tage, die Restenergie fließt ins öffentliche Netz. Wie viel Strom die Solarsonnenblumenkerne produzieren, verrät ein Bildschirm in der Eingangshalle des Technoviums. www.hetfeld.nl/de-sonnenbaum.php www.zonneboom.info


Dass Wasserkraftwerke nicht nur Klima und Umwelt schonen, sondern auch ein optisches Highlight im Erscheinungsbild einer Region sein können, kann am Illerufer in Kempten im Allgäu bewundert werden. Als Ersatz für ein altes Wasserkraftwerk aus den 50er Jahren errichtete das Allgäuer Überlandwerk, mit Unterstützung des Ingenieurbüros RMD Consult und des Architekturbüros Becker Architekten, dort ein hocheffizientes Laufwasserkraftwerk, das sich sanft in den Naturraum der Iller und

© Allgäuer Überlandwerk, Foto: Brigida González

Wasserkraft trifft Architektur

den denkmalgeschützten Industriekomplex einer ehemaligen Baumwollspinnerei und -weberei einfügt. Nach über acht Jahren Planung und Bauzeit versorgt das neue Kraftwerk am Illerufer mit einem Jahresertrag von

10,5 Gigawattstunden nun etwa 3.000 Haushalte mit CO2-freiem Strom und räumte ganz nebenbei bereits mehrere Architekturpreise ab. www.auew.de www.becker-architekten.net

WINDSTROM AUS LUFTIGER HÖHE fähigkeit erhält das Kraftwerk durch Helium. Dicke Kabel sorgen dafür, dass die Ballonturbine selbst bei Hurrikans nicht davon fliegt und der gewonnene Strom auch zum Erdboden transportiert werden kann. Auch die Hamburger SkySails GmbH zapft erfolgreich ertragreiche Höhenwinde an – in diesem Fall über dem Meer. Ihr SkySails Power System besteht aus einem Zugdrachen mit Seil und einem Generator, der aus den Bewegungen des Drachen die Windenergie in 200 bis 800 Metern Höhe in Strom umwandelt. Dabei wird das Zugseil des Drachen von einer Seil© SkySails GmbH

© Altaeros Energies

Ausreichend starke Windverhältnisse für die dauerhafte Auslastung von Windkraftanlagen sind schwer zu finden. Altaeros Energies, ein Spin-off-Unternehmen des Massachusetts Institute of Technology, löst dieses Problem, indem es das Windkraftwerk einfach in luftige Höhen verfrachtet. Die Airbourne Wind Turbine besteht aus einem ringförmigen Ballon mit einem Durchmesser von 10,7 Metern, der in ein leichtes Gerüst integriert wurde. In der Mitte ist ein Windrad montiert, das die stetig wehenden Höhenwinde in nutzbare Energie umwandelt. Seine Flug-

trommel gezogen, die mit dem Stromgenerator verbunden ist und Energie erzeugt, wenn der Drache in die Luft steigt. Ist das Seil ausgerollt, wird der Lenkdrache automatisch in eine Position gebracht, in der er deutlich weniger Zugkraft auf das Seil ausübt. Mit Hilfe der Seilwinde wird das Seil dann wieder aufgerollt. Hierfür wird nur ein sehr geringer Teil der zuvor gewonnenen Energie benötigt und der Rest kann in das Stromnetz eingespeist werden. Die gesamte Technik ist auf einer schwimmenden Trägerplattform installiert und auch bei großer Meerestiefe einsetzbar. www.altaerosenergies.com www.youtu.be/rsHUALU--Wc www.skysails.info/deutsch/power/powersystem

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Practice CORINNA LANG

© Siemens AG

EIN DORF LEISTET VORARBEIT

Die Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu hat sich nicht nur mit ihrer Pionierarbeit im Hinblick auf den Ausbau erneuerbarer Energien einen Namen gemacht: Rund dreimal so

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PRACTICE

viel elektrischen Strom aus regenerativen Energien erzeugt die Ortschaft, wie sie verbraucht. Seit April 2011 findet in dem rund 2.500Seelen-Dorf nordöstlich von Kempten

außerdem das hierzulande umfassendste Pilotprojekt statt, das die Implementierung eines Smart Grids in der Praxis testet.


© Siemens AG © Siemens AG

Ein Smart Grid sorgt dafür, dass sich durch einen bidirektionalen Energie- und Kom-

Ein regelbarer Ortsnetztrafo gleicht

munikationsdatenfluss erneuerbare Energiequellen besser ins Netz integrieren lassen

Spannungsschwankungen aus

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2022 all seine Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Gleichzeitig will die Bundesregierung bis zum Jahr 2050 den Treibhausgasausstoß um 80 Prozent gegenüber 1990 senken sowie 80 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien generieren. Damit diese Energiewende nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, muss das komplette Energiesystem umgebaut werden, denn die bestehenden Stromnetze können der stark schwankenden Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie nur begrenzt standhalten. SMART GRID Momentan liegt die regenerativ erzeugte Menge an Strom in den meisten Regionen noch unter dem Verbrauch und kann somit ohne besondere Auswirkungen auf das Netz eingespeist werden. Doch sobald vor Ort mehr Strom erzeugt wird als benötigt, wird der Stromüberschuss

in das vorgelagerte Netz zurückgespeist und die gewöhnliche Energieflussrichtung dreht sich um. Für diese Rückspeisung sind die Komponenten des konventionellen Stromnetzes allerdings nicht ausgelegt. Abhilfe sollen hierbei sogenannte Smart Grids schaffen. Ein Smart Grid ist ein intelligentes, sich selbst überwachendes, hochgradig automatisiertes Stromversorgungsnetz, das sich – mit Hilfe leistungsfähiger Informations- und Kommunikationstechnologie – besser steuern, regeln und kontrollieren lässt als ein herkömmliches Netz. Ein solches System ist beispielsweise auch in der Lage, Energiespeicher, wie die Batterien parkender Elektrofahrzeuge, bei einem Überschuss an Strom aufzuladen sowie den Stromverbrauch von Kühl- und Klimaanlagen großer Industriebetriebe abhängig von der Verfügbarkeit der elektrischen Energie im Netz zu steuern und so starke Stromschwankungen auszugleichen.

ENERGIEDORF WILDPOLDSRIED Damit sich das Energiemanagement in einem derartigen Smart Grid effizient umsetzen lässt, besteht jedoch noch sehr viel Forschungs- und Entwicklungsbedarf. An diesem Punkt kommt die Gemeinde Wildpoldsried ins Spiel. In dem kleinen Dorf östlich der Iller herrschen bereits heute Verhältnisse, wie sie für Deutschland für die 2020er Jahre erwartet werden. In der Ortschaft wird rund dreimal so viel Strom aus Biomasse, Wind- und Sonnenenergie erzeugt, wie verbraucht wird. Der Schlüssel zu diesem Erfolg liegt nicht nur darin, dass die Zustimmung der Einwohner zum Ausbau der Erneuerbaren vor Ort eingeholt wurde und diese an den Projekten auch wirtschaftlich partizipieren. Der geringe Bürokratieaufwand trägt ebenfalls dazu bei, wie Arno Zengerle, Erster Bürgermeister der Gemeinde Wildpoldsried, verrät: “Wir sind eine sehr kleine Gemeinde mit zweieinhalbtausend Einwohnern.

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Practice CORINNA LANG

IRENE Seit April 2011 ist Wildpoldsried Schauplatz des ambitionierten Experiments “Irene”. Irene steht für “Integration regenerativer Energien und Elektromobilität” und ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördertes Projekt zur Erforschung des Stromnetzes der Zukunft. Gemeinsam wollen Siemens, das Allgäuer Überlandwerk (AÜW), die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen sowie die Hochschule Kempten in dem Projekt technische und wirtschaftliche Lösungen herausarbeiten, die sich für Verteilernetzbetreiber aus den fluktuierenden, dezentralen Stromeinspeisungen erneuerbarer Energien ergeben. Über einen Zeitraum von 30 Monaten werden Photovoltaik- und Biogasanlagen, die das AÜW ins Verteilernetz eingebunden hat, im Sinne eines Smart Grids betrieben. SO EASY Herzstück des intelligenten Stromversorgungsnetzes – oder besser gesagt sein Gehirn – ist dabei das selbstorganisierte Energieautomatisierungssystem “So Easy” von Siemens: Autonome Software-Module planen und koordinieren die Energieverteilung, sodass das Netz effi-

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PRACTICE

© Siemens AG

In kleinen Gemeinden funktionieren die Dinge schneller, man kennt sich, alles läuft auf Zuruf. Es muss nicht erst Papier geschwärzt werden, sondern ein Projekt wird schnell umgesetzt und implementiert.”

Kühe fürs Biogas, Solarmodule auf den Dächern: Die Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu ist Vorreiter bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien

zienter betrieben werden kann. Unterschieden werden dabei die “Personal Energy Agents”, sie regeln die Interaktion zwischen den dezentralen Verbrauchern und Erzeugern sowie dem Netz, und die “Network Transport Agents”, welche die Stromflüsse und Spannungen des Netzes in Echtzeit messen. Außerdem überwacht der “Area Administrator” die Spannungsqualität und sichert die Netzstabilität durch Noteingriffe ab. Der Balance Master dagegen koordiniert die lokalen Agenten und gleicht die Nachfrage und Erzeugung der Energie innerhalb des Netzes aus. Gegen Ende des Projekts soll außerdem eine Strombörse realisiert werden, über welche die Agenten Strom handeln können. Der Vorteil von So Easy: Es ist skalierbar. Wenn also das Smart Grid wächst, steigen die Kosten nur moderat an. SENSOREN Die Daten über die individuellen Stromeinspeise- beziehungsweise -verbrauchsmengen erheben die

rund 200 im System verteilten Messsensoren. Eingebaut in kleine schwarze Kästchen mit Mobilfunkverbindungen sammeln und anonymisieren sie beispielsweise die Daten der PVAnlagen. Momentan treffen so pro Tag gut drei Gigabyte Daten in der AÜW-Zentrale in Kempten ein. Später soll die Zahl der Messpunkte auf die kritischen Stellen im System reduziert werden. Ferner sind mehrere Wettermessgeräte und Webcams, die den Wolkenzug beobachten, angebracht. Auf diese Weise wollen die Projektbeteiligten einen möglichst genauen Eindruck gewinnen, wie sich verschiedene Wetterbedingungen auf die Netzstabilität auswirken. AKTUATOREN Um Überlastungen des Netzes oder eine Überschreitung der Grenzwerte der Nennspannung zu verhindern, wurden in Wildpoldsried regelbare Netzkomponenten, sogenannte Aktuatoren, in das Smart Grid eingebaut, die in Echtzeit angesteuert werden


© Siemens AG

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Elektrofahrzeuge dienen, eingebunden in ein Smart Grid, als Stromspeicher, wenn

Wildpoldsried produziert mehr als drei-

gerade Stromüberfluss vorherrscht

mal so viel Energie, wie es verbraucht

können. So gleicht ein regelbarer Ortsnetztrafo Spannungsschwankungen aus – in Hochspannungsnetzen nichts ungewöhnliches, in Netzen mit Niederspannung jedoch ein absolutes Novum – und ein stationärer 300-Kilowatt-Lithium-Ionen-Batteriespeicher fängt Stromspitzen ab. Darüber hinaus lassen sich die Wechselrichter der integrierten PVAnlagen zentral steuern, damit es bei starker Sonneneinstrahlung nicht zu einer überhöhten Wechselspannung im Netz kommt. Erlaubt ist das allerdings nur, weil die IreneSolaranlagen eine Ausnahmegenehmigung bekommen haben. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz schreibt nämlich vor, dass der in Deutschland produzierte Solarstrom komplett abgenommen werden muss – nur für Neuanlagen gelten inzwischen andere Bestimmungen. LADEINFRASTRUKTUR FÜR ELEKTROAUTOS Um auch das Mobilitätsszenario 2020 abzudecken, wurden in drei

Straßenzügen 36 Elektrofahrzeuge eingebracht, die einer Auswahl an Wildpoldsriedern über ein Dreivierteljahr zu Testzwecken zur Verfügung standen. Gemessen wurden dabei nicht nur das gesteuerte Laden beziehungsweise Entladen der Fahrzeuge, sondern – mittels GPS – auch die Bewegungsprofile der Fahrzeuge. “Die Leute haben die Fahrzeuge genutzt wie einen Zweitwagen. Wir haben die GPS-Profile aufgenommen und über entsprechende Datenschutzerklärungen in das Irene-Projekt integriert”, erklärt Dr. Michael Fiedeldey, Bereichsleiter Technik bei der Allgäuer Überlandwerk GmbH. Die ersten Testergebnisse sind bereits ausgewertet und deuten darauf hin, dass der Anteil an Elektrofahrzeugen, die 2020 auf Deutschlands Straßen unterwegs sein könnten, keinen kritischen Punkt im Hinblick auf die Belastung des Netzes darstellen.

AUSBLICK Noch bis September 2013 wird an dem Sechs-Millionen-Euro-Projekt geforscht und so ein wichtiger Beitrag zur späteren Realisierung flächendeckender Smart Grids – und somit zur Energiewende – in Deutschland geleistet. Ganz billig wird die Energiewende natürlich nicht. Denn die Energieinfrastruktur muss ausgebaut werden. “Wir investieren in Deutschland eine Menge Geld, um im Grunde genommen die gleiche Energie zu erzeugen, die wir heute im Netz haben und das wird zur Verteuerung führen”, konstatiert Rudolf Martin Siegers, Leiter Siemens Deutschland. Über Smart Grids werden die Stromerzeugung und der Stromverbrauch durch verbessertes Energiemanagement jedoch ausbalanciert und der Netzausbau deutlich verringert. Auf diese Art und Weise sind wiederum eine Reduzierung der Netzentgelte und damit eine netzbedingte Entlastung des Strompreises möglich. www.projekt-irene.de

PRACTICE

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Interview

QUALIFIZIERTES FACHPERSONAL GESUCHT Die Realisierung von Erneuerbare-Energien-Anlagen schafft eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Wirtschaftszweigen, die seit Jahren einen deutlichen Stellenabbau verzeichnen, hat sich in Deutschland die Zahl der Arbeitsplätze im Bereich der Regenerativen seit dem Jahr 2000 etwa vervierfacht. Im Jahr 2011 waren hierzulande rund 382.000 Menschen in der Branche beschäftigt, bis 2020 soll diese Anzahl auf insgesamt eine halbe Million steigt, schätzt der Bundesverband Erneuerbare Energie. Durch das schnelle Wachstum der Branche kann der Arbeitsmarkt die zunehmende Nachfrage nach qualifiziertem Personal jedoch nicht entsprechend bedienen und viele Unternehmen leiden an akutem Fachkräftemangel. Wir sprachen mit Ernst Lotz, Geschäftsführer der Hartmann & Lotz Unternehmensberatung GmbH, über diese Diskrepanz und die Möglichkeiten, sie zu überwinden. Herr Lotz, neben der Personalvermittlung für die IT- und Mikroelektronikindustrie fokussiert sich Ihre Agentur seit Jahren zunehmend auf die Erneuerbare-EnergienBranche. Worin unterscheidet sich die Mitarbeitersuche für diese Branche von der anderer Industrien? Bei der Personalsuche im Bereich der Erneuerbaren ist eine größere Flexibilität bezüglich etwaiger Kompromisse bei den Stellenprofilen feststellbar. Das dürfte darauf zurückzuführen sein, dass hier die Nachfrage größer ist als das Angebot an geeigneten Bewerbern. Warum ist es für Firmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien so schwierig, qualifizierte Mitarbeiter zu finden? Aufgrund der noch relativ jungen Branche fehlt in diesem Industriesegment ein kontinuierlich gewachsenes Potenzial an geeigneten Kandidaten. Außerdem sind die Einkommensmöglichkeiten häufig geringer als in vergleichbaren Industriezweigen. Dies macht es schwieriger, erfahrene Bewerber zu einem branchenübergreifenden Stellenwechsel zu motivieren.

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PRACTICE

© privat

CORINNA LANG

Ernst Lotz

Welche Qualifikationen sind in dieser Branche besonders wichtig? Für die zu besetzenden Positionen werden in der Regel einschlägige Kenntnisse aus den jeweiligen Bereichen der erneuerbaren Energien vorausgesetzt. Im Bereich Vertrieb dagegen ist die höchste Kompromissbereitschaft festzustellen, hier werden oft auch Bewerber aus themenfremden Fachgebieten eingestellt. Ist der Mangel an Fachkräften wirklich so dramatisch oder machen die Firmen auch Fehler bei der Suche nach Mitarbeitern? Bei Fachkräften, zu deren Anforderungsprofil das Beherrschen der deutschen Sprache in Wort und Schrift gehört, ist im Gegensatz zu Bewerbern, die weder über Deutschkenntnisse noch über eine Arbeitsgenehmigung für den EU-Raum verfügen, eine rückläufige Tendenz zu bemerken. Was das eigene Verschulden betrifft, so wäre es für manche Firmen sicherlich von Vorteil, sich gedanklich einmal auf die Bewerberseite zu begeben. Auch für Unternehmen gilt es, im gesamten Bewerbungsprozess einen positiven Eindruck zu hinterlassen, da Bewerber oft mit mehreren Arbeitgebern in Kontakt stehen. Was empfehlen Sie Firmen, die Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden? Zunächst sollte einmal der eigene Rekrutierungsprozess auf den Prüfstand gestellt werden: Ist die Vorgehensweise attraktiv für die Zielgruppe und entspricht sie dem aktuellen Stand der Möglichkeiten? Auch der Titel der ausgeschriebenen Position sollte sorgsam gewählt werden und dem gängigen Vokabular des angezielten Bewerberkreises entsprechen. Wenn die klassischen Methoden der Rekrutierung versagen und die eigenen Ressourcen nur begrenzt sind, sollte darüber nachgedacht werden, eine qualifizierte Personalberatung hinzuzuziehen.


Wie können Sie Firmen bei der Suche und Auswahl geeigneter Mitarbeiter unterstützen? Wir unterstützen die Unternehmen – je nach Bedarf – über den gesamten Einstellungsprozess: von der detaillierten Stellenbeschreibung bis hin zur Unterzeichnung des Einstellungsvertrages. Unser Schwerpunkt ist die gezielte Ansprache von berufserfahrenen Kandidaten in den für uns spezifischen Industriebereichen. Gerade die langjährige Erfahrung und technische Expertise unserer Berater garantiert eine kompetente Direktansprache und trifft bei den Kandidaten auf eine hohe Akzeptanz. Wie wird sich der Arbeitsmarkt im Bereich der Regenerativen Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln? Die aktuellen Zahlen für das kommende Jahrzehnt prognostizieren in diesem Bereich einen Anstieg von weit mehr als 100.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. In Verbindung mit der Neubesetzung bestehender Arbeitsplätze durch ausscheidende Mitarbeiter wird dies weiterhin zu einer steigenden Nachfrage führen. Voraussetzung sind natürlich eine weiterhin prosperierende Wirtschaft und wirtschaftspolitisch vernünftige Rahmenbedingungen. Die deutsche Solarbranche hat momentan sehr zu kämpfen. Einige Unternehmen mussten bereits Insolvenz anmelden. Wie wirkt sich dies auf den Arbeitsmarkt aus? Sehen Sie eine Chance, dass sich die Solarindustrie wieder erholt? Leider hat die Subventionspolitik nicht für die nötigen Anreize gesorgt, um ein mit der bestehenden Energiewirtschaft abgestimmtes Konzept zu gewährleisten. Insbesondere in der Solarzellenfertigung führt dies nun zu einem Verlust an Arbeitsplätzen. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass der Ausstieg aus der Atomenergie die Regenerativen weiterhin stark beflügeln wird. Deutschland ist nach wie vor der Schlüsselmarkt für erneuerbare Energien. Nicht zuletzt ausländische Unternehmen tragen dem Rechnung und werden ihren Teil zur Erholung der Solarindustrie beisteuern. Vielen Dank für das Gespräch. www.haleurope.de Weitere Anbieter: www.sunjobconsult.com www.convent-personal.de www.greentechstaff.de Jobbörse: www.cleanenergy-project.de/jobs


Practice SOPHIE SCHMID

GRÜNE LOGISTIK – EIN ETWAS ANDERER PRAXISBERICHT ENDLICH SEMESTERFERIEN! Juhu, Sonne, Strand und Meer rufen – und dem Rufen will man doch gerne folgen. Will man, kann man aber nicht. Denn für eine Studentin wie mich gestaltet sich die Urlaubsplanung mangels finanziellen Polsters dann doch etwas schwieriger. Zum Glück gibt es die beste Freundin, die zwar leider seit drei Semestern am anderen Ende von Deutschland lebt, die man aber jeder Zeit spontan besuchen kann, wenn man mal eine räumliche Veränderung benötigt. Nachdem die Auswahl meines Urlaubsortes also stand, stellte sich jedoch die Frage: Wie komme ich, wie bereits erwähnt, arme Studentin, möglichst günstig von A nach B? Und umweltfreundlich sollte es natürlich auch noch sein! Nach genauerer Betrachtung fiel das Zug fahren schon mal aus. Mittlerweile sind die Preise für eine Zugfahrt vom Süden in den Norden Deutschlands fast höher als ein

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Flugticket! Doch Fliegen wollte ich aufgrund des hohen Treibhausgasausstoßes – insbesondere bei derartigen Kurzstrecken – nicht. Blieb also nur noch die Fahrt mit dem Auto, das mir meine Eltern für die zwei Wochen, in denen sie selbst verreist waren, zur Verfügung stellten. Um Spritkosten zu sparen und aus Umweltschutzgründen wollte ich das Prinzip von Mitfahrzentralen ausprobieren. Von Freunden hatte ich schon viel über diese gehört. Reisende können sich online registrieren und ihre Fahrtroute angeben. Für einen selbst festgelegten Preis bieten sie anderen Reisenden die Möglichkeit an, mitzufahren und so die Nutzung weiterer Fahrzeuge überflüssig zu machen. Ich stellte mein Angebot ein und bekam schnell verschiedene Anfragen von Personen, die an meinem gewünschten Reisetag auch nach Hamburg fahren wollten.

Die Gruppe war bunt gemischt, eine Praktikantin und zwei Studenten – alle etwa in meinem Alter. Besser kann es eigentlich nicht laufen – dachte ich. Ich erträumte mir schon eine unterhaltsame Autofahrt mit einer lustigen Truppe. Im Traum verging die Zeit wie im Flug und in null Komma nichts war ich für wenig Geld an meinem Reiseziel. Falsch geträumt! Es fing alles recht gut an, am vereinbarten Treffpunkt waren tatsächlich alle pünktlich erschienen und so konnte ich alle auf einmal einsammeln und wir uns direkt auf den Weg in unsere Ferien machen. Doch schon nach wenigen Minuten war ich nicht mehr so glücklich über die Zusammenstellung der Gruppe. Kaum waren wir losgefahren, mussten wir auch schon wieder anhalten, weil dem jungen Herrn auf der Rückbank schlecht wurde und er mit der Praktikantin auf dem Beifahrersitz den Platz tauschen wollte.


Dazu bekam das grüne Gesicht neben mir wieder eine gesündere Farbe und begann, mich mit sinnlosen Fragen zu löchern. Nur mit starker Selbstbeherrschung konnte ich mich davon abhalten, alle auf der Autobahn auszusetzen. Als wir endlich in Hamburg ankamen, waren meine Nerven zum Zerreißen gespannt. Man muss wohl wirklich Glück mit seinen Mitfahrern haben – oder vielleicht tatsächlich lieber Gegenstände transportieren, die einem nicht auf die Nerven gehen können. Diese Idee ließ mich nicht in Ruhe. Möglicherweise hatte ich ja eine Marktlücke entdeckt? Doch nein, Google belehrte mich schnell eines Besseren. Wie ich herausfand gibt es bereits unter dem Namen “get-it-home” eine Transportbörse für Güter aller Art. Ähnlich wie bei den Mitfahrzentralen können sowohl Fahrtangebote als auch Mitnahmegesuche eingestellt werden – nur dass eben keine Personen, sondern Gegenstände mitgenommen werden.

Vor meiner nächsten größeren Reise – das habe ich mir fest vorgenommen – werde ich mich auf dem Portal erkundigen, ob jemand zum Beispiel einen Schrank, Fernseher oder überdimensionalen Teddybären an meinen Zielort zu versenden hat und diesen dann gegen einen bestimmten Betrag mitnehmen. Außerdem muss ich mir die Transportmöglichkeit auch für den nächsten Einkauf über eBay merken, wenn ich mal wieder eine Kommode haben möchte, die jedoch in Bremen steht und mir die Extrafahrt zur Selbstabholung zu viele CO2-Emissionen verursacht und außerdem auch viel zu kompliziert ist. www.get-it-home.com www.mitfahrzentrale.de www.mitfahrgelegenheit.de www.nachbarschaftsauto.de

© Shutterstock

Die war nicht sehr unglücklich über den Tausch, da sie anscheinend Gefallen an dem anderen Studenten auf der Rückbank gefunden hatte. Zumindest interpretierte ich das in ihr albernes Gekicher, das von da an alle paar Minuten durch das Auto hallte. Während sich die zwei also prächtig amüsierten, hatte sich mein Beifahrer dazu entschieden erst einmal nicht mehr mit mir zu sprechen. Die Reise mit dem Auto nahm ihn wohl so mit, dass er mit leicht grünlichem Gesicht aus dem Fenster starrte. Als wir dann auch noch im Stau standen wünschte ich mir, ich hätte anstatt einer Horde fremder Menschen lieber eine Topfpflanze oder ein friedliches Bücherregal zu transportieren. Auf der Rückbank erzählte die junge Dame gerade ihrem Sitznachbarn ihre komplette Lebensgeschichte und zwar in einem Tempo, das bestimmt nicht gesund war.

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Partner

Munich Network

T.A. Cook Conferences

Munich Network ist ein Verein von Technologieunternehmen zur einen und zur anderen Hälfte von Forschungseinrichtungen, Beteiligungsinvestoren, Finanzdienstleistern, Beratungshäusern und Unternehmerpersönlichkeiten. Mitglieder erzielen im Munich Network hohen Nutzen. Denn in den Netzwerken verbindet Munich Network Technologieunternehmer. Untereinander, mit Industrie und Anwendern, mit Forschung und Entwicklung, mit Investoren und über alle regionalen und nationalen Grenzen hinweg. Die zahlreichen Plattformen bieten den direkten Zugang zu Kontakten, Innovationen, Kapital, Know How und Perspektiven. Munich Network unterstützt so die Anstrengungen der Mitglieder für erfolgreiche Innovationen in etablierten und ebenso in jungen Technologieunternehmen. Die Mitglieder verstehen den industriellen Innovationsprozess als ein vernetztes, ineinander verzahntes System. Im Munich Network ist cleantech_net die Plattform für Clean Technology-Unternehmer, -Industrie, -Investoren, -F&E und -Interessierte. www.munichnetwork.com

T.A. Cook Conferences ist führender Tagungsveranstalter für internationale Konferenzen, Kongresse und Seminare zum Asset Performance Management. Dazu zählen jährliche Summits wie die MainDays sowie Events zu Shutdown & Turnaround oder Mobile Instandhaltung. Kunden von T.A. Cook sind anlagenintensive Unternehmen der Prozess- und Utility-Industrie sowie deren Infrastruktur-Dienstleister. Hierzu zählen Unternehmen der Branchen Erdöl, Chemie, Kunststoff, Pharma, Bergbau, Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie Gas-, Wasser- und Stromversorger.

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Hyperraum.tv Hyperraum.TV ist ein medienrechtlich lizenzierter Fernsehsender für Wissenschaft und Technologie. Er bietet sieben Tage in der Woche journalistisch gemachtes Programm mit Reportagen, Interviews und Studiosendungen. Ergänzt wird das unabhängige Programm mit Werbefenstern redaktionell gestalteter Infomercials aus der Industrie. Sämtliche Videos lassen sich on demand auch aus der Mediathek abrufen. Die Bereiche Erneuerbare Energien und Elektromobilität gehören zu den Schwerpunkt-Themen in der Berichterstattung des Senders.

Deutsches CleanTech Institut (DCTI) Das DCTI ist einer der ersten und heute führenden CleanTech-Serviceprovider in Deutschland mit nationaler wie internationaler Vernetzung in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Im Rahmen seines Service-orientierten Ansatzes legt das DCTI seinen Schwerpunkt auf angewandte Forschung im Themenfeld der sauberen, zukunftsfähigen Technologien und integriert wissenschaftliche Erkenntnisse in praktikable Konzepte. Das DCTI bietet Lösungen für Unternehmen an, die sich in dem globalen Wachstumsmarkt CleanTech frühzeitig und erfolgreich positionieren möchten.

ChinaGoAbroad (CGA) CGA ist ein von TransAsia Lawyers gegründetes mitgliedschaftsgebundenes Projekt. Es stellt chinesischen Unternehmen Informationen über internationale Investitionsmöglichkeiten, ausländische Geschäftsstandorte und marktführende Dienstleistungsanbieter zur Verfügung. Dabei bietet CGA neben einer informativen zweisprachigen Website auch einen Beratungsdienst mit einem Portfolio privater Investitionsprojekte. www.chinagoabroad.com

www.hyperraum.tv www.dcti.de

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UrbanTec Im national hochkarätig besetzten Kongress der UrbanTec in Köln diskutieren Vertreter der Industrie mit Stadtverantwortlichen und Wissenschaftlern die Bedeutung der Urbanisierung in den Themenschwerpunkten Energie & Wasser, Gebäudeenergieeffizienz und Mobilität und geben einen Ausblick auf ihre “Vision der Stadt in 30 Jahren”. www. urbantec.de

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IMPRESSUM HERAUSGEBER CleanEnergy Project / GlobalCom PR-Network GmbH Ralf Hartmann (V. i. S. d. P.) Münchener Straße 14 85748 Garching b. München T: +49 89 360 363 3 www.gcpr.de | www.gcpr.net www.cleanenergy-project.de

REDAKTION Chefredaktion Corinna Lang Redaktion Franziska Buch, Dominique Cottee, Ralf Hartmann, Joachim Kern, Josephin Lehnert, Matthias Schaffer, Wibke Sonderkamp

Stellenbörse Sie sind auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern im Bereich erneuerbare Energien, Cleantech und Nachhaltigkeit? Unsere Stellenbörse steht Ihnen kostenfrei zur Verfügung: www.cleanenergy-project.de/jobs

Eventkalender

Autoren Erwin Burth, Linda Kleinschmidt, Patrik Lockne, Judith Mantei, Lauren Mertens, Susanne Päch, Sophie Schmid, Judith Schomaker, Daniel Seemann, The CGA Team GESTALTUNG Tapetenwechsel Brigitte Günther

Sie organisieren eine Messe, eine Konferenz oder ein Networking-Event zu Energie- und Umweltthemen? Veröffentlichen Sie Ihre Veranstaltung in unserem Eventkalender: www.cleanenergy-project.de/events

Projektdatenbank Sie haben ein spannendes Cleantech-Projekt und suchen für dieses noch Unterstützer? Hier haben Sie die Möglichkeit, Ihr Projekt vorzustellen oder gezielt nach interessanten Projekten zu suchen: www.cleanenergy-project.de/projekte/cleanenergyprojektdatenbank

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TITELSEITE Bild Stühle aus Verkehrszeichen von Boris Bally, © J.W. Johnson ANZEIGENBETREUUNG Corinna Lang T: +49 89 360 363 42 E: corinna@gcpr.net Nachdruck und elektronische Wiedergabe nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Die CO2-Emissionen dieses Magazins wurden kompensiert durch die Unterstützung folgenden Klimaschutzprojekts: Aufforstung, Pendravan, Indien



Ausgabe: 2012/1

LIFESTYLE CLEANENERGY

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen bauen Windm端hlen.

Chinesische Weisheit

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Interview: Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil

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