Widerspenstige Drucksachen

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6.1 Ikon und Symbol Neben Materialität ist Ikonizität einer der Kernbegriffe in der Diskussion um Typografie. Ikonizität bezeichnet im Kontext der peirceschen Zeichenkonzeption erst einmal einen Zusammenhang zwischen Zeichen und Objekt, der auf Ähnlichkeit beruht, weshalb Peirce das Konzept in frühen Fassungen seiner Semiotik auch als »Likeness« betitelt.1 Die Ähnlichkeitsbeziehung wird dabei zwischen Qualitäten des Zeichens-an-sich, also seiner zeichentheoretischen Materialität, und dem referierten Objekt hergestellt. Damit beschreibt Ikonizität ein semiotisches Kernprinzip des Bildlichen – wobei Peirce klar macht, dass Ikonizität kein Privileg des Visuellen ist, sondern beispielsweise auch auditiv wirkt.2 Klassische Betrachtungen von Schrift klammern Ikonizität oftmals aus, da sie primär an der symbolischen Natur von geschriebenen Zeichen interessiert sind. Auch Peirce schlägt erst einmal diesen Pfad ein, wenn er über Buchstaben als indexikalische Variablen spricht:

Both in these terminations and in the A, B, C, a likeness is relied upon to carry the attention to the right object. But this does not make them icons, in any important way; for it is of no consequence how the letters A, B, C, are shaped or what the terminations are. It is not merely that one occurrence of an A is like a previous occurrence that is the important circumstance, but that there is an understanding that like letters shall stand for the same thing, and this acts as a force carrying the attention from one occurrence of A to the previous one.3 Wie schon in Kapitel 4 entwickelt, kann eine Analyse von Schrift, die Typografie ernst nimmt, hier dem peirceschen Verständnis von Sprachwissenschaft nicht folgen, sondern muss einen Weg wählen, der die spezifische Materialität und Medialität von Schrift auch jenseits ihrer strukturellen Verwandtschaft zur Mündlichkeit beleuchtet. Auch wenn dieses

Ikonizität und Diagrammatik  —  53

1 Vgl. Peirce: CP, 1.558.

2 Vgl. ebd., 3.418.

3 Ebd., 2.287.


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