Widerspenstige Drucksachen

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die Zukunft des Magazins in einer »new simplicity«.177 Tatsächlich zeigen einige von Carsons Designs aus diesem Jahr so etwas wie Zurückhaltung, ein wirklicher Bruch lässt sich allerdings nicht ausmachen. Was nachweislich in diesem Jahr bricht, ist Carsons Verhältnis zu Ray Gun – nach 30 Ausgaben verlässt er Ende 1995 das Magazin.

7.5 Frontpage Die Geschichte von Frontpage beginnt an einem der Geburtsorte des deutschen Techno, dem passend betitelten »Technoclub« in Frankfurt am Main. Als Club im Club wird hier ab Mitte der Achtziger erst im »No Name« später in der Flughafendisktothek »Dorian Gray« elektronische Musik gespielt. Als Ort für Plattenkritiken, Interviews und szenenahe Termine gibt der Club ab Mai 1989 ein eigenes Fanzine unter dem Titel »Frontpage« heraus. Das Heft ist – wie viele Fanzines seiner Zeit – kostenlos, schwarz-weiß und auf DIN A5 gefaltet. Die erste Ausgabe umfasst nur acht Seiten, aber wie die Szene selbst expandiert auch das Heft: Schon Ende 1990 wird die Auflage auf 10.000 verdoppelt und der Umfang des monatlich erscheinenden Magazins überschreitet schnell 20 Seiten, die sich wiederum von A5 auf A4 vergrößern. Die Editoriale von Jürgen Laarmann – der sich mit Armin Johnert den Chefredaktionsposten teilt – machen schon früh klar, dass Frontpage nicht nur elektronische Musik dokumentiert, sondern aktiv eine sich entwickelnde Clubkultur mitgestalten soll. Dieser Anspruch drückt sich klar im Claim »Forcing the Future« aus, den das Magazin ab 1990 unter seinem Logo führt. Laarmann sieht diese Zukunft weniger im von EBM (Electronic Body Music) und Industrial geprägten Programm des Technoclubs, sondern in den musikalischen Entwicklungen, die sich in Berlin seit dem Mauerfall vollziehen. Der Streit der konkurrierenden Techno-

144  —  Störungen in der digitalen Typografie

177 Vgl. Poynor: »Paganini

Unplugged«, S. 253.


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