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GROSSE TULLN UND KLEINER KNÖTERICH

Trügerische Schönheit: Der Japanische Staudenknöterich erreicht eine Wuchshöhe von drei bis vier Metern, wächst gerne in Uferzonen und bereitet heute LandwirtInnen wie LandschaftsarchitektInnen gleichermaßen Kopfzerbrechen. Er führt »zur Erosion des Erdreichs und lässt durch [seinen] dichten Wuchs keine anderen Pflanzen zu«, weiß das Schadregister der AGES. Nach Europa eingeführt wurde der Neophyt im 19. Jahrhundert aber absichtlich als Zierpflanze und Deckungspflanze, Mitte des 20. Jahrhunderts hat er begonnen, sich in Europa sprunghaft auszubreiten.

Der Staudenknöterich bildet ein Wurzelwerk aus Rhizomen, das, wenn es nicht innerhalb der ersten Jahre entdeckt und entfernt wird, kaum mehr wieder loszuwerden ist. Dann kann man nur noch durch konstante Mahd (einzelnes Abschneiden und Ausreißen der Triebe) seine Ausbreitung eindämmen, wobei empfohlen wird, begleitend auf Kon - kurrenzgehölze und Gräser zu setzen. Wer ihn ohne den Einsatz von Herbiziden (Glyphosat), dessen Einsatz etwa in Uferzonen glücklicherweise ohnehin kategorisch untersagt ist, dauerhaft entfernen möchte, dem bleibt nur mehr der komplette Bodenaustausch bis in eine Tiefe von mindestens einem Meter. ages.at

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Die Große Tulln bei Asperhofen: Die einstige Ufervegetation wurde entfernt, um das Trapezprofil freizuhalten. Nun entspricht der Zustand jenem bei der Regulierung in den 1920er-Jahren. »Unterm Gras sind die Ufer mit Betonwürfeln glatt ausgelegt«, weiß Oswald Hicker, Pächter des Fischereireviers. »Die fehlende Beschattung führt nicht nur zur Wassererwärmung, sondern ermöglicht auch Neophyten wie dem Japanischen Staudenknöterich sich ungehindert auszubreiten.« Invasive Pflanzen wie der Staudenknöterisch, aber aktuell auch das Springkraut oder die Goldrute können sich flächendeckend ausbreiten und das Aufkommen von Gehölzen verzögern oder verhindern.

Die Grosse Tulln bei Judenau: Mit enormem Aufwand von Gerät, Zeit und Geld werden die Ufer »kahlgeschoren«, auch um den Knöterich zu bekämpfen. »Die Maßnahme ist kontraproduktiv«, hat Hicker beobachtet. Da sich der gehäckselte Knöterich durch Rhizome vermehrt und bereits etwa zwei Zentimeter große Pflanzenteile genügen, damit diese erneut anwurzeln. »So hat sich die Pflanze inzwischen entlang der gesamten Grossen Tulln unkontrolliert verbreitet«, so Hicker. Die Pflanze breitet sich aber nicht nur durch das wachsende Rhizomnetz und die Verbreitung durch Menschen, die ihn bekämpfen wollen und unterschätzen, dass einzelne kleinste Pflanzenteile im Erdreich genügen, um neue Pflanzentriebe auszubilden –sondern auch durch die Flüsse, deren Ufer sie überwuchern. Pflanzenreste werden auch direkt über den Fluss an neue Ufer gespült.

Ein paar Meter weiter, ebenfalls bei Judenau: Eine Aufweitung hat es ermöglicht, dass wenige Meter unterhalb des kahlgeschorenen Uferabschitts eine kurze Strecke lang Weiden wachsen können. Die schnellwüchsigen Bäume haben ein Dach über den Fluss gespannt und schützen ihn so vor Überhitzung. Ihre

Wurzelstöcke strukturieren das Gerinne und bieten auch Fischen Unterstandsmöglichkeiten, um sich vor Fressfeinden wie Reihern, Kormoranen oder dem Fischotter zu schützen. Nicht zuletzt bildet das Blätterdach auch einen wirksamen Schutz gegen den sonnenliebenden Staudenknöterich.

Irina Zelewitz