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SINNSUPPE

Go liquid!

Text von

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IRINA ZELEWIZ

Eine kleine Suche nach dem Sinn in der Suppe.

Suppen verfügen über magische Kräfte – wie jedes gute Gericht können sie mehr als nur satt machen, sondern versorgen mit Nährstoffen, von Aminosäure bis Zuversicht. Selbstverständlich kann eine Suppe auch eine vollständige Mahlzeit darstellen, nur glauben müssen wir es noch. Dass die Mehrheit der hiesigen Bevölkerung über viele Jahrhunderte mehrmals täglich vor allem irgendwas zwischen Brei und Suppe zu sich genommen hat, wird mit der Armut verknüpft, nichts anderes zur Verfügung zu haben. Essen, dass einen lahmlegt, muss man sich aber auch erst mal leisten wollen. Geschmackssache freilich, ob man Suppe mag, doch ihr Ruf als vollwertige Mahlzeit auch für jene, die gerade nicht krank im Bett liegen, ist verbesserungswürdig.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind die Vorteile der Suppe für geschwächte Personen ähnliche wie die für jene, die ihre Energien nach manchen Mahlzeiten lieber für anderes aufwenden, als zu verdauen:

Suppen lassen sich auch in mittelmäßig ausgestatteten Teeküchen einfach auf Komforttemperatur bringen. Unser Körper muss relativ viel Energie aufwenden zum Heizen – und »den Fremdkörper Nahrung auf Körpertemperatur aufzuheizen, ist für manche Körper anstrengend, macht müde und fördert auch Verdauungsbeschwerden«, weiß Ernährungswissenschaftlerin Claudia Nichterl.

Der Hauptvorteil von Suppen liegt allerdings in der Zugänglichkeit von Nährstoffen. Das Zerlegen von Nahrung ist Arbeit , in der Suppe ist der Großteil davon bereits erledigt. Nichterl erklärt das folgendermaßen: »Die Nährstoffe sind gelöst. Die Mineralstoffe und die Vitamine aus dem Gemüse und bei Fleisch auch dessen Aminosäuren gehen in die Suppe über, die kann die Darmschleimhaut einfach aufnehmen, das gibt Energie und Kraft.« Damit Nährstoffe gelöst werden kö nnen, müssen allerdings nährstoffreiche Lebensmittel als Zutaten her. Sorgen, dass beim Kochen ein allzu großer Teil der wertvollen Nährstoffe verloren gingen, zerstreut sie mit dem Hinweis, dass vieles roh nicht von allen Menschen gut verstoffwechselt werden könne. Um temperaturempfindliche Vitamine wie Vitamin C in die Suppe zu bringen, empfiehlt sie frischen Schnittlauch oder Petersilie zum Drüberstreuen auf klaren Suppen und bei Cremesuppen einen Spritzer Zitrone. Diese werden übrigens erst durch Zugabe von viel Obers oder Butter von einem leicht verdauliche Gericht zu einem beschwerenden und kalorienreichen – »Das kann sehr müde machen«, weiß Nichterl.

Und auch Gemüsesmoothies und kalt zubereitete Suppen sind für alle, die sie gut verdauen können, eine bessere Option zur Nährstoffversorgung, als das Gemüse durch die Saftpresse zu jagen und so besonders wertvolle Inhaltsstoffe mit dem Trester zu entsorgen.

WARMER ENERGYDRINK

Nichterls Anliegen ist aber vor allem eine »große Rennaissance der Kraftsuppe«. Damit meint sie Rinder- oder

Hühnerbrühe oder eine Gemüsesuppe – mit stückigem Gemüse als Einlage. »Dann hat man dann auch was zu beißen. Gemüse liefert auch Ballaststoffe, fördert die Sättigung.« Die Erfahrungsmedizin, wie Nichterl Medizinisches Wissen abseits der Schulmedizin wie etwa Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und Traditionelle Europäische Medizin (TEM) zusammenfasst, weise dem Löffeln von etwas Warmem eine nährenden Effekt zu. So oder so würde einleuchten, dass Suppe eine Pause verlangt, nicht im Gehen gegessen wird, insgesamt »entstresst«, findet Nichterl, die ihr Konzept der »integrativen Ernährung« als Mix aus unterschiedlichen Schulen als Weiterbildung vor allem für Ernährungsberufe anbietet. Auch die Schulmedizin weiß natürlich um den Wert von Suppen zur Tonisierung und nicht zuletzt als Flüssigkeitszufuhr für Menschen, die dazu tendieren, zu wenig zu trinken. Ob eine Erkältung durch regelmäßige Zufuhr von Hühnersuppe verkürzt werden kann, ist allerdings nach wie vor eine der großen Streitfragen rund um die Kraft der Kraftsuppe, »für die Darmgesundheit aber ist klar: Die in Kraft- und Knochensuppen enthaltenen Aminosäuren unterstützen die Heilung von Entzündungsprozessen im Darm«, fasst Nichterl zusammen.

Eine Basis für solche Kraftsuppen für VegetarierInnen und VeganerInnen bieten Hülsenfrüchte, auch sie verfügen über Aminosäuren. Nichterl warnt allerdings vor zu viel konzentriertem Sojaprotein aufgrund seines Allergenpotenzials und empfiehlt statt extrahierten Sojaprodukten eher eine Vielfalt an Hülsenfrüchten wie Linsen und Käferbohnen. Als Basis für eine vegane Kraftsuppe empfiehlt sie, nicht nur, aber auch aufgrund der guten Verträglichkeit: rote Linsen. »Eine gute Suppe, auch auf pflanzlicher Basis, ist wie ein Energydrink.«

MUT ZUR SUPPE

»Ich bin keine Gegnerin der Wurstsemmel«, nimmt Nichterl vorweg, wenn sie gefragt wird, wie man den Österreicher, womöglich noch schwieirger als die Österreicherin, vom Weckerl zum Ausprobieren von Suppe als Mittagessen bringt. »Mein Vorschlag wär, eine der zwei Wurstsemmeln, die viele als Mittagsjause zu sich nehmen, durch 200–300 Milliliter Suppe zu ersetzen.« So kommt man dem Ziel mehrerer Gemüseportionen am Tag einen großen Schritt näher.