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AUSWÄRTS ESSEN

BioGastronomie

Gut essen kann man bald mal wo. In zertifizierten Biobetrieben kann man aber richtig gut essen. Damit tut man sich was Gutes – und lässt die Umwelt dabei mehr in Ruhe. Wir zeigen auch heuer wieder drei unserer Favoriten. Nicht ganz zufällig sind es dieses Mal Wiener Betriebe. Dort tut sich mit Unterstützung einer Initiative der Stadt in jüngerer Vergangenheit schlicht mehr Neues als andernorts.

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PURE AM PRATERSTERN

Pur essen, wo die Polizei residierte

Text von

THOMAS WEBER

Es war eine der vielbeachteten Neugestaltungen öffentlicher Plätze in der Wiener Innenstadt: der Praterstern in der Leopoldstadt – seit zwei Jahrhunderten Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs, ein gigantischer Kreisverkehr mit der Statue des Marine-Admirals Tegetthoff inmitten. Manche strandeten hier zwar ganz, bleiben aber wollte keiner. Ob als PendlerIn oder auf der Suche nach Erholung oder Vergnügen (im Grünen oder im Wurstelprater): Man zog weiter. Kulinarisch war der Praterstern ohnehin Ödnis. Nach der Neugestaltung des Platzes durch Kenh Architekten ist das anders. Und in die alte Polizeistation zog das »Pure am Praterstern« ein. Das biozertifizierte Lokal verfügt über einen Gastgarten und versteht sich gleichermaßen als Deli wie als Bistro. »Unser Deli orientiert sich an den berühmten Beispielen in New York: schnell, praktisch, für den kleinen Hunger zwischendurch, ein Mittagessen im Büro oder ein unkompliziertes Abendessen zu Hause«, erklärt Daniela Weigl, Personalchefin der Yamm-Gruppe, zu der das »Pure« gehört, das sie derzeit aufgrund von Personalmangel leitet. Neben einem Tages- und einem Wochenteller (Mo.–Fr., 11.30 bis 17 Uhr) gibt es stets eine Auswahl an vegetarischen und veganen Snacks wie Sandwiches, Quiche, Salate und Süßem. »Besonders stolz sind wir auf unsere großteils vegane Pure-Patisserie.«

pure-restaurant.at

Das »Pure am Praterstern« versteht sich als Deli und Bistro, und bietet regionale vegetarische und vegane Snacks, einen Tages- und einen Wochenteller.

SIBELS BIO BISTRO

Text von

MARTIN MÜHL

Sensorikkönnen auf Türkisch

Es spricht sich langsam rum und gelingt immer öfter: Die Qualität einer Küche hängt maßgeblich nicht nur an den Zutaten und deren Verhältnis zueinander, sondern auch an einem anderen sensorischen Maß, der Konsistenz. Das nennen manche die Physik des Kochens, andere sprechen von der Wirkung von Hitze, Fett, Salz oder Zeit und für wieder andere ist es so selbstverständlich, dass sie keine Worte dafür brauchen. Sibel Hatapoglu Kollinsky verfügt über dieses Wissen, Gefühl und Können. Sie kommt aus der Türkei, hat dort ein Restaurant ebenso geführt wie eine Biolandwirtschaft mit Gästezimmern, davor in Innsbruck Betriebswirtschaft studiert und betreibt nun seit einigen Jahren in der Wiener Burggasse »Sibel’s Bio Bistro«. Hier bietet sie Mittagsmenüs (inklusive veganer Variante) und abends Essen á la carte.

Auf der Speisekarte stehen Suppen, Mezze und Hauptspeisen, teilweise in mehreren Varianten und sinnvollerweise nicht nur die Vorspeisen, sondern auch die Hauptspeisen oft in zwei Größen zur Auswahl. Der Betrieb ist voll biozertifiziert, das gilt daher auch für fast alle Zutaten, die hier – zu mehrheitlich vegetarischen, teilweise veganen Gerichten verarbeitet werden. Die Leidenschaft und Freude, mit der sie das macht, merkt man als Gast aber vor allem im Handwerk. Die Fleischlaiberl sind nicht nur entsprechend gewürzt, sondern ausgesprochen weich und schmiegen sich an Zunge und Gaumen, die türkische Moussaka-Variante besteht aus kleinen »Törtchen« mit Melanzani-Boden und die gebratene Leber erfreut mit einem Spiel zwischen knackigen Röstaromen außen, einem weichen Kern in einem Beet aus marinierten rohen Zwiebeln. Die auch für Bioqualität stolzen Preise machen angesichts der eher kleinen Portionsgrößen die Lage im 7. Bezirk wohl notwendig. Die Freude und der Genuss, der hier möglich sind, wenn sich die Speisen in Mund und Nase ausbreiten, lassen das aber gerne und leicht vergessen. Sibel Hatapoglu Kollinsky, die hier teilweise mit mit ihrer weiblichen Verwandtschaft kocht, bietet außerdem Caterings und Kochkurse an.

sibels.wien

LIEBER OHNE

How low can you go?

Text von

IRINA ZELEWITZ

Dass sich in ein Lokal die Reduktion von Foodwaste jeder Art oben auf die Prioritätenliste setzt, geschieht glücklicherweise inzwischen häufiger.

Dass in einem Betrieb nur deswegen gekocht wird, wohl selten: Im Unverpacktladen »Lieber ohne« allerdings, im sechsten Bezirk, in der Otto-Bauer-Gasse, einer Seitengasse der Mariahilferstraße, haben die BetreiberInnen Markus Ivany und Claudia Mäser das Gastroangebot zur Restlverwertung entwickelt – und seit 2022 gibts das ganze voll biozertifiziert. Mittagsteller (Tageskarte dazu findet sich online) zum Daessen (so lange Platz am großen Tisch neben der Eingangstür ist) oder Mitnehmen – wahlweise ins eigene, mitgebrachte Glas oder gegen Pfand im Mehrweggebinde (meist ein Rexglas). Wer will, macht sich mit Suppe und Nachspeise ein ganzes Biomittagsmenü draus.

Und wenn man schon mal da ist, kann man auch gleich bio-regional und verpackunsgarm einkaufen, was man für zuhause braucht. So komfortabel kann Low-Waste-Lifestyle sein.

lieberohne.at