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Gemüsekreislauf

Das Forschungsprojekt Hypo Wave nutzt die Nährstoffe in kommunalem Abwasser zum Anbau von Paprika und Tomaten.

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Florian Jauk

Thomas Dockhorn

ist Projektleiter von Hypo Wave und Lehrender am Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der TU Braunschweig. Hydroponik spezialisiert sich auf den Anbau von Nutzpflanzen, die anstatt in Erde in einer Nährlösung wurzeln und entweder mit Grund- oder Trinkwasser bewässert werden. Das Forschungsprojekt Hypo Wave nutzt für ein hydroponisches Glashaus eine Technik, für die statt Grundwasser Abwasser zum Einsatz kommt. Das Verfahren eignet sich vor allem für Gegenden mit Wasserknappheit. Aber nicht nur.

SAUBERES WASSER OHNE NÄHRSTOFFE

Kläranlagen reinigen Abwasser in mehreren Stufen. In einer mechanischen Stufe werden grobe Verunreinigungen wie Steine und Hygieneartikel entfernt, danach folgen zwei biologische Klärstufen mit der gezielten Entfernung von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor. Das Wasser ist dann allerdings von Verunreinigungen und »Nährstoffen« geklärt – und wird in Flüsse oder andere Gewässer geleitet.

Manche der Nährstoffe können zur Bewässerung für hydroponische Gewächshäuser nützlich sein und den Verzicht auf Zugabe von Düngemitteln ermöglichen, weswegen Hypo Wave, das von der Technischen Universität Braunschweig geleitet wird, eigene Aufbereitungsanlagen entwickelt. In ihnen wird das nach der ersten Klärstufe aufbereitete Wasser, das noch in hoher Konzentration Nährstoffe beinhaltet, verwendet und so weiterbehandelt, dass das Wasser wie nach dem Durchlauf durch eine Kläranlage zwar gereinigt ist, aber dennoch für das Pflanzenwachstum essenzielle Stoffe enthält. »Schwermetalle sind einerseits Schadstoffe, aber auch Spurenstoffe, die Pflanzen zum Wachsen brauchen. Ob diese nützlich oder schädlich sind, kommt immer auf die Konzentration an. Was wir rausfiltern, sind zu hohe Konzentrationen an Spurenstoffen, organische Spurenstoffe und vor allem humanpathogene Keime«, erklärt Thomas Dockhorn, Projektlei-

ter und Lehrender an der Technischen Universität Braunschweig. So wird bereits von Kläranlagen aufbereitetes Wasser wenige Meter entfernt nochmals durch von Hypo Wave entwickelte Aufbereitungsanlagen gefiltert, damit Spurenstoffe in den für die Pflanzen gesunden Dosen in das Glashaus geleitet werden können.

Haben die Glashauspflanzen das Wasser aufgenommen, wird das sogenannte nährstoffabgereicherte Sickerwasser abgeleitet und kann zum Beispiel zur weiteren Bewässerung außerhalb des Glashauses verwendet werden. Es gibt auch die Möglichkeit, es im Sinne eines vollständigen Kreislaufs zur Bewässerung im Glashaus weiterzuverwenden – jedoch müssten dann wieder Nährstoffe beigemischt werden, sagt Dockhorn.

ABWASSER-GEMÜSE

Hypo Wave wird unter anderem vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung mit zirka 2,8 Millionen Euro gefördert. In Phase eins wurde zwischen 2017 und 2021 ein System mithilfe von Fallstudien in Deutschland und in der belgisch-deutschen Grenzregion sowie im portugiesischen Évora entwickelt. Im Nachfolgeprojekt, Hypo Wave Plus, wird nun die großtechnische Realisierung erprobt. Auf einer Glashausfläche von einem Hektar sollen nach Fertigstellung 700 Tonnen Tomaten und Paprika erzeugt werden. Das aufbereitete Abwasser kommt dabei aus einer umliegenden Kläranlage und wird danach von einer eigenen Aufbereitungsanlage in das hydroponische Glashaus geleitet. »Wir haben uns bisher zwar auf ländliche Gebiete konzentriert, eine Umsetzung des Systems ist aber auch im urbanen Raum möglich. Man könnte in Städten beispielsweise gereinigtes Grauwasser, also das Abwasser aus Küche und Bad, zur Bewässerung verwenden«, erklärt Dockhorn. Er hebt als Vorteile des Projekts gegenüber bestehenden hydroponischen Systemen vor allem Einsparungen von Nährstoffen und die Wiederverwendung von Wasser hervor, die Kombination bietet ihm zufolge »alles, was die Pflanzen benötigen«. Betriebe, die ein Glashaus besitzen, das mit einem Hydroponik-System ausgestattet ist, bräuchten für die Umsetzung des Forschungsprojekts Zugang zu einer Kläranlage, die vorgeklärtes Wasser liefert, das vom Hypo-Wave-Verfahren nochmals aufbereitet wird und ins Glashaus geleitet wird.

Die großtechnische Umsetzung des Forschungsprojekts ist bereits im Gange, bis es erste Kostproben gibt, wird es noch dauern. Ab 2024 soll es das erste Hypo-Wave-Gemüse im deutschen Einzelhandel zu kaufen geben. Für alle, die sich überzeugen wollen, wie gut Abwasser als Pflanzendünger funktioniert, gibt Dockhorn schmunzelnd einen Tipp für die »kleintechnische Anwendung« zuhause: Urin fungiere im Verhältnis 1:20 mit Leitungswasser als Nährstoffquelle für Tomaten – »Ihre Balkonpflanzen werden dankbar sein!«.

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