Biorama #54

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AUSGABE 54 — APRIL / MAI 2018. WWW.BIORAMA.EU

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V WIE VOLUNTOURISM

Freiwilligenarbeit zwischen Abenteuerlust, Selbstinszenierung … … und dem Wunsch zu helfen. Elektromobilität: Der Beitrag, den sie zur Mobilitätswende leisten kann. Textilindustrie: Potenziale der Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH. Haare färben: Was können Pflanzenfarben und worauf ist zu achten?

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OB MIT BBQ B E S T E B I O - Q U A L I TÄT GEMEINT IST?

Unser Bio-Weidejungrind gehört zum Feinsten. Das fängt bei der Feinfasrigkeit an, weil nach maximal zwölf Monaten geschlachtet wird, wenn das Fleisch besonders zart ist. Zudem sind alle Edelteile mindestens neun Tage gereift. Um mit so einer Delikatesse belohnt zu werden, muss man achtsam mit den Tieren umgehen.

Das garantieren wir Punkt für Punkt: Ja! Garantiert regionale Herkunft. Ja! 365 Tage im Jahr Freilauf. Ja! Artgemäße Haltung in der Herde. Ja! 100% Bio-Futter aus Österreich. Ja! Gibt’s bei Billa.

janatuerlich.at

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EDITORIAL, IMPRESSUM

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DÜRFEN WIR MÜSSEN REDEN

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ass uns Feedback freut, wäre keine großartige Neuigkeit. Dass es in den vergangenen Monaten auf jede unserer Ausgaben derart viel Resonanz, Zu- aber auch Widerspruch gab, dass wir uns dazu entschlossen haben, eine eigene Rubrik dafür ins Blatt zu rücken, aber durchaus. Unmittelbar nach dem Inhaltsverzeichnis findet ihr ab sofort unter dem Titel »Wir müssen reden« eine zeitgemäße Leserbriefseite. Dort abgedruckt: gekürzte Mails, Zuschriften und Stellungnahmen, aber auch auf Twitter, Facebook oder sonstwo im Netz mit biorama in Verbindung Gebrachtes. Auch dass unsere Themen anderswo nachgedruckt (aktuell etwa von der Zeitschrift »Achtsames Leben« aus Oldenburg) oder aufgegriffen werden (gegenwärtig etwa von den niederösterreichischen »Bezirksblättern« oder von der Recherche-Plattform »Addendum«) bestärkt uns in unserem journalistischen Tun. Wertvollem Input für Stories wiederum bekamen wir zuletzt am Biolebensmittelcamp in Berlin-Brandenburg, auf der Wiener Vertical-Farming-Konferenz Skyberries – oder im Schweizer Zermatt, wo wir uns von Naturkosmetikpionieren erklären ließen, worin die Schwierigkeit liegt, Sonnencreme herzustellen, die frei von Nanopartikeln ist. All das lest ihr demnächst auf biorama.eu oder in einer der folgenden Ausgaben. Worüber wir künftig jedenfalls auch verstärkt reden wollen: über Mobilität; nicht nur, aber besonders über die Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der Elektromobilität. In der vorliegenden Ausgabe machen wir damit gleich einen Anfang. Einerseits berichten wir aus Graz vom Feldtest der Crowd-Delivery-Plattform Briiings. Andererseits haben wir uns näher angeschaut, wie sich Elektromobilität wirklich nachhaltig in unseren Mobilitätsmix integrieren lässt. Und wie das für uns selbst aussehen kann, darüber bloggen wir in den nächsten Wochen auf biorama.eu unter dem Titel »Radelt zur Arbeit« – über unsere persönlichen Erfahrungen mit E-Bikes.

BILD Jürgen Schmücking

Anregende Lektüre wünscht und über Feedback freut sich,

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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SAVE THE DATE BIORAMA FAIR FAIR 2018 25.—27. MAI, CREAU WIEN FAIRFAIR.AT

IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTOREN Irene Maria Gruber, Theresa Imre, Micky Klemsch, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Armin Rudelstorfer, Bernadette Schmatzer, Paulina Scheiring, Steffi Schermann, Jürgen Schmücking, Mashiah Sheikh, Thomas Stollenwerk, Bernadette Strohmaier, Magdalena Sturm, Anika Suck, Yasmin Vihaus, Carola Wimmer, Paula Wurzenrainer GESTALTUNG Michael Mickl, Lisa Weishäupl COVERBILD istock.com / domoyega, istock.com / luisapuccini MONTAGE Michael Mickl ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Emma Eminenz, Micky Klemsch (Leitung), Bernadette Schmatzer, Thomas Weber DRUCK NP Druck Gesellschaft mbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www. biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien

BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechs Mal im Jahr.

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AUFTAKT

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INHALT

03 Editorial 12 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

Schwerpunkt: E-Mobilität

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28 E-Mobility Ihr potenzieller Beitrag zur Mobiliätswende 36 E-Mobile aus Handarbeit Autoliebhaber rüsten um 45 E-Bike-Studie E-Antrieb als Einstieg 47 Ulla Rasmussen Verkehrsexpertin im Interview 51 Smart Grid Dezentrale Energiesysteme

16 Voluntourism Reisen zwischen Hilfsbedürfnis und Selbstverwirklichung 22 Luftfahrt Kann Fliegen nachhaltig sein? 64 Nero Grill Grillkohle kann bio sein 66 Crowd-Delivery Wenn einem Fremde das Frühstück mitbringen 73 Ecofashion 10 Jahre REACH 77 Pflanzenhaarfarben Es gibt mehr als Henna-rot

Marktplatz 68 Eingebrockt & Ausgelöffelt Modulares Müsli 70 Marktplatz Food Verwandlungskünstler Tofu 80 Marktplatz Kosmetik Naturhaarfarben im Test

voluntourism Rund um das Bedürfnis, ins Ausland zu reisen, um zu helfen, ist eine ganze Tourismusbranche erwachsen. Die lokalen Auswirkungen im Zielland sind oft andere als die intendierten. So auch in Ghana, wo der Verein Braveaurora mit den Konsequenzen gut gemeinter Hilfe konfrontiert ist.

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BILD Braveaurora

Kolumnen 61 Malzzeit Der Biobier-Boom 82 Elternalltag Urlaubsluxus für Kinder

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BILD Armin Rudelstorfer, Jürgen Schmücking, istock.com/suteishi, Nero/Kilian Zagl

Magazin


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.54 neuer strom statt alten schläuchen

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BILD Armin Rudelstorfer, Jürgen Schmücking, istock.com/suteishi, Nero/Kilian Zagl

BILD Braveaurora

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marktplatz food Fernöstlicher Käse aus Sojamilch kann ganze Supermarktregale füllen. Es ist höchste Zeit, den Facettenreichtum des Tofu kennenzulernen, meint Jürgen Schmücking.

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ecofashion Welche Chemikalien in der Textilindustrie verwendet werden dürfen, regelt in der EU die Verorndung REACH. Nach 10 Jahren soll sie nun überarbeitet werden.

Die Autoliebhaber Martin, Heiko, Mario, Silvio und Richard haben unterschiedlichste Fahrzeugtypen elektrifiziert. Armin Rudelstorfer durfte in die Werkstätten sowie unter die Motorhauben blicken und Ökobilanz ziehen.

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nero grill Auftakt der Grillsaison! Nicht nur auf, sondern auch unter dem Rost kann man vieles richtig machen. Nachhaltige Grillkohle kommt aus dem Biowald.

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LESERMEINUNG

WIR MÜSSEN REDEN … Mails, Tweets und manchmal Liebesbriefe an die Redaktion – und unsere Antworten.

BETRIFFT: MASSENTIGERHALTUNG in BIORAMA Ausgabe 52 (Dezember 2017/Jänner 2018)

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ch möchte zum Katzenthema Die Texte zum des betroffenen Heftes einiThema Katzenge Dinge geraderücken, die haltung in der meiner Meinung nach erAusgabe 52 haben die Gemüter gänzungs- oder korrekturbedürftig erregt sind. Nach meinem Wissensstand wurden im Magen von Katzen mit Freigang 90 % Nagetiere gefunden, unter denen die Mäuse den größten Anteil halten. Es hängt eben auch davon ab, was die Katze findet, und das ist normalerweise keine Zwergmaus und keine Blauracke. Vögel laufen unter den restlichen 10 % Mageninhalt, zusammen mit allen Insekten etc. Jedoch ist hier von der Häufigkeit her das Aufscheuchen für den Vogel-Artenschutz problematischer als das Töten. Und für den Vogelschutz ist nicht die Katze, die auch früher schon häufig war, das größte Problem: Es sind die Agrargifte, die den extremen Insektenschwund verursachen, und es ist der naturentfremdete, urbane Ordnungssinn, der für Wildpflanzen bzw. -gehölze, die Körner und Beeren liefern, allenthalben kaum einen Zentimeter Platz lässt! Fakt ist, dass die Hauskatze seit Jahrtausenden ein Haustier ist undsich mit ihrer Intelligenz meistens auch an ein Leben ohne Freiganganpassen kann, ohne darunter zu leiden. Voraussetzung sind hier: genügendBeschäftigung und auch geistige Arbeit (z. B. Klickerübungen), Zuwendung,ein ungestörtes, warmes Plätzchen und meist auch wenigstens ein Artgenosse. Unter solchen Umständen wird für viele Katzen das Fenster zueiner Art Fernsehbild, das man nur manchmal beobachten will. Katzen, die in Innenstädten Freigang bekommen, werden im Durchschnitt während des vierten Lebensjahres überfahren und sterben an den Unfallfolgen.Für viele – auch in Wohngebieten mit Stadtrandlage – beschränkt sich der Freigang auf Pflastersteine, den SUV des Nachbarnall und eine Thujahecke, was

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auch nicht besonders artgerecht ist. Dies spricht in Zusammenhang mit der Unfallgefahr genauso wie die Interaktion mit den Vogelbeständen eher für eine Wohnungshaltung, gerne auch mit abgenetztem Balkon. — Peter Köwing, per Mail Es stimmt natürlich, dass Katzen nicht allein für den Rückgang bei Insekten, Kleinsäugern und Vögeln verantwortlich sind. Allerdings haben Forscher der University of Sheffield herausgefunden, dass allein die Anwesenheit einer Katze im Garten bewirkt, dass Vogeleltern ihren Küken um ein Drittel weniger Futter ins Nest bringen.

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Überblick behalten. Mit unserem Newsletter.

© Maximilian Urschl/DUH

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ur Pest, die in Ihrem Artikel über Katzen erwähnt wird: Die Pest ist nicht »mit der Wanderratte nach Europa gekommen«! Die Pest war eine Viruserkrankung in einer Provinz im östlichen China und wurde durch die Mongolen bei ihren Eroberungen von China bis zur Halbinsel Krim verschleppt. Angeblich haben die Mongolen sogar absichtlich Pestleichen ihrer Kämpfer über die Stadtmauer geworfen, um die Pest beim Gegner zu verbreiten und ihn dadurch zu schwächen. Es ist medizinisch erwiesen, dass die Pest nur durch Tröpfcheninfektion übertragen werden kann, also durch Atmen, Sprechen, Niesen oder Husten. Die Ratten wurden sehr schnell von der Pest befallen, weil sie überall zahlreich vorhanden waren und meistens mit dem Menschen auf ziemlich engem Raum zusammenlebten. Man merkte deshalb an den Ratten zuerst, wenn etwas nicht stimmte. Im 19. Jahrhundert wurde die Pest ein zweites Mal von China aus durch die Engländer, die Krieg gegen China führten, mit ihren Schiffen – diesmal über die ganze Welt – verbreitet. In den Jahrzehnten danach gelang es auch erstmals, diesen Virus zu identifizieren. Viele Ärzte haben sich bei diesen Forschungen selbst mit dem Virus angesteckt. In Wien waren es drei Mediziner, die sich noch infizierten. Ein Dr. Müller gilt offiziell als letzter Pesttoter von Wien. — Martina Pelz, via Mail

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Verbraucherschutzthemen der Deutschen Umwelthilfe.

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Sehen wir auch so.

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— Ali Mahlodji auf Twitter

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umwelthilfe umwelthilfe

Saubere Luft? Pestizide? Kohleausstieg? Müllvermeidung? Meeresschutz? Lebensmittelverschwendung?

Wir haben wieder etwas gelernt. Vielen Dank!

Zuschriften an redaktion@biorama.eu

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BILD DER AUSGABE

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EIN WOHNKASTEN FÜR 12.000 EURO

TEXT Irina Zelewitz BILD Mario Michael Rampitsch

Mario Michael Rampitsch hat sich eine »Arche« gebaut, abgeleitet hat er das vom lateinischen Arca für Kasten, Truhe. Sie kann ohne Fahrgestell auf Stelzen stehen – Auf eine Bootsplattform gehoben, kann sie schwimmen und, auf den Transportzug gestellt, fahren. Gebaut hat er Ressourcen- und kostenschonend – weniger als 12000 Euro hat sein Zuhause gekostet. Wie sich das ausgeht? »Indem man nicht mehr zur verfügung hat.» Im Eigenverlag hat er dazu ein Handbuch herausgegeben, das zeigt, wie man es nachmachen könnte. »Eine Arche bauen – Ein mobiles und autarkes Haus im Eigenbau.», Mahalo Eigenverlag, 2018. Bestellbar unter mahalove.at.

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Sei einfach

D R U C K

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M E D I E N

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D E S I G N

du selbst,

alle anderen gibt es schon!

INTERVIEW UND BILD Mashiah Sheikh, Carola Wimmer

„Unsere Mitarbeiter leben die VIELFALT und das spiegelt sich in unserer Arbeit wider.“

www.janetschek.at uns Besuchen Sie ook! ceb auch auf Fa

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G N

STREET TALK WIR FRAGEN, FÜNF PRIVILIGIERTE ANTWORTEN.

»WAS SIEHST DU ALS DEIN GRÖSSTES PRIVILEG?« Caro 25, Datenanalytikerin

Bernhard 63, Psychotherapeut

Für mich ist es das Schicksal, in eine gute Familie geboren worden zu sein und eine liebe Mutter gehabt zu haben. Generell in Österreich ist es für mich der offene Zugang zu Bildung. Man kann die Ausbildung machen, die man auch gerne machen will, und dem werden keine Grenzen gesetzt. Ich könnte jederzeit Ärztin werden – oder Floristin.

Die größten Privilegien für mich sind seelische und körperliche Gesundheit und in Frieden zu leben. Ich weiß, wie es ist, wenn das fehlt. Ich habe mit vielen Menschen zu tun und weiß, wie wenig selbstverständlich der scheinbar einfache Umstand ist, dass man in Frieden lebt und gesund ist.

Luca 26, Pianist

Andreas 73, selbstständig

Als Person eine gewisse Reife erreicht zu haben, im sozialen Umgang und auf spiritueller Ebene. Die Freiheit zu haben, eine eigene Meinung bilden zu dürfen. Religionsfreiheit zu haben. Und im Bezug auf meine Arbeit ist es zum Beispiel, in der Oper zu spielen, das ist ein großes Privileg

Mein größtes Privileg ist es, dass ich in der Früh aufwache und gesund bin. Je älter man wird, desto eher sieht man, dass die Gesundheit eines der wichtigsten Sachen im Leben ist. Wenn man jung ist, hat man andere Ziele. Im Alter wird man vernünftiger.

INTERVIEW UND BILD Mashiah Sheikh, Carola Wimmer

Arzi 22, Berufsschülerin Meine Freiheit. Ich kann als Frau meine Meinung äußern, mich so anziehen, wie ich will, entscheiden, in welche Richtung ich beruflich gehen will. Dass müssten eigentlich alle Frauen haben, aber viele können immer noch nicht machen, was sie wollen. Es zeigt sich auch in Familien: Bei Kindern übernehmen Frauen immer noch mehr Verantwortung als Männer und tragen die größere Last.

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GLOBAL VILLAGE

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DEUTSCHLAND

WIR SIND BUNTER EINE Bunstiftfarbe »Hautfarbe«? Endlich wird die Haut-Farbenfarbenpalette vielfältiger.

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NORDAUSTRALIEN

WELTMEERE

ALTES WISSEN AUS DOWN UNDER

ARMBÄNDER AUS FISCHERNETZEN

Ein Non-Profit-Unternehmen nützt Wissen von früher, um die Aborigines von heute zu stärken.

Das Unternehmen Bracenet stellt Armbänder aus alten Fischernetzen her, die aus dem Meer gezogen wurden.

In Nordaustralien fanden sich 2016 indigene Warnindilyakwa-Frauen zusammen, um ihre Geschäftsidee Wirklichkeit werden zu lassen. Sie wollten sich alten Wissens bedienen, das nur sie haben: Busch-Medizin. Aufbauend auf diesen Praktiken, die sie von ihren Vorfahren mitbekommen haben und heute noch einsetzen, um Krankheiten zu heilen und vorzubeugen, stellen sie in der Non-Profit-Organisation Bush Medijina nun Seifen und Cremes her. Mamarra (Blätter, die gegen Erkältung helfen), Dumburumba (australische Sandelholz) oder Angarrakaka (eine Beerenfrucht) sind die Inhaltsstoffe, die ihre Naturkosmetik von anderen Marken unterscheidet. Vom Sammeln der Rohstoffe bis hin zum Verpacken der Endprodukte – die Warnindilyakwa erledigen jeden Schritt in der Herstellung selbst und bieten ihre Produkte auf bushmedijina.com.au an. Das gemeinnützige Unternehmen will weiter wachsen, um möglichst vielen Aborigine-Frauen die Mitarbeit bei Bush Medijina zu ermöglichen. MASHIAH SHEIK

Hunderttausende Meerestiere werden jedes Jahr durch Reste von Fischernetzen verletzt oder getötet. Die sogenannten Geisternetze reißen beim Fischen ab oder werden nach der Benutzung einfach ins Meer geworfen – Teils sinken sie auf den Meeresgrund, teils treiben sie im Meer. In ihnen verheddern sich Schildkröten, Wale und andere Tiere, in einem einzigen Netz können bis zu vierzig Tiere hängenbleiben. Heatlhy Seas, die Partnerorganisation von Bracenet, holt die Geisternetze aus dem Meer und recycelt sie. Dazu setzen sie Taucher und Fischerboote ein, die die Meere um die Niederlande, Belgien, Griechenland, Italien und das Vereinigte Königreich durchkämmen. Geschätzt treiben in den Weltmeeren geschätzte 640.000 Tonnen alter Fischernetze. Nach eigenen Angaben hat Healthy Seas 2016 152 Tonnen Netze aus dem Meer geholt. Aus den Strängen der Netze werden von Bracenet in Handarbeit Armbänder hergestellt. Zehn Prozent des Erlöses gehen dabei an Healthy Seas. bracenet.net ANIKA SUCK

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MEINE STADT

MEINE STADT: OMSK LIEBLINGSPLÄTZE UND ECO-HOTSPOTS

VON MAGDALENA STURM

VOGELHAFEN

NATURA SIBERICA

Nicht weit vom Omsker Stadtzentrum entfernt, in der Au des Flusses Irtysch, liegt ein kleiner Naturschutzpark namens »Ptischja gawan«, auf Deutsch »Vogelhafen«. Omsker Wissenschafter haben herausgefunden, dass der Ort auf dem Wanderweg der Zugvögel von Westsibirien an die Überwinterungsorte im Süden liegt. Im Frühjahr und im Herbst laufen über hundert verschiedene Vogelarten in den »Vogelhafen« ein. Naturfreunde und Ökologiestudenten können dann Steppenmöwen, Singschwäne oder Kampfläufer beobachten.

Wer sich für Natur- und Biokosmetik aus traditionellen sibirischen Heilkräutern und Wildpflanzen interessiert, wird im Laden »Natura Siberica« fündig. Die für die Produkte notwendigen Kräuter, Wurzeln und Beeren werden in Zusammenarbeit mit indigenen Minderheiten in der südsibirischen Region Chakassien gesammelt. Dort wurde vor einigen Jahren auch die erste organische Farm Russlands gegründet. Viele Produkte sind vegan. Sie bestehen aus rein pflanzlichen Inhaltsstoffen wie Sanddorn, Sibirischer Zirbelkiefer oder Ginseng. Es gibt aber auch Gesichtscreme mit Beluga-Kaviar oder Rasierwasser aus Yak-Milch. naturasiberica.ru

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BILDER Natalia Turczynska, mpr.omskportal.ru, Guru Prasad, Natura Siberica, Yana Radionova, Magdalena Sturm

Magdalena arbeitet seit 2015 als Redakteurin in Omsk im Westen Sibiriens. Omsk ist mit 1,1 Millionen Einwohnern die siebtgrößte Stadt Russlands und ein führendes Industriezentrum – auf den ersten Blick nicht der Hort ökologischen Fortschritts. Umweltfragen spielen aber in Sibirien eine immer größere Rolle. In der sibirischen Waldsteppe, 45 Kilometer nördlich von Omsk, konzipierte der österreichische Permakultur-Experte Sepp Holzer das weitgehend autarke Ökodorf »Azgrad«, in dem Landwirtschaft in Permakultur betrieben wird. Auch in Omsk steigt das Interesse an einem ökologischen Lebensstil.

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GOVINDA

BILDER Natalia Turczynska, mpr.omskportal.ru, Guru Prasad, Natura Siberica, Yana Radionova, Magdalena Sturm

Vor fünf Jahren wurde das Govinda als erstes vegetarisches Lokal in Omsk eröffnet. Angeboten werden vegetarische und vegane Köstlichkeiten wie Lavash, ungesäuertes Fladenbrot, mit Gemüse und Hummus. Bei den verwendeten Lebensmitteln wird auf ethische und biologische Produktion geachtet. An der »Eco-Bar« gibt es antialkoholische Getränke und belebende Energydrinks auf natürlicher Basis, ohne Chemie und Zusatzstoffe. Das Govinda organisiert Koch- und Yogakurse sowie Kleidertauschbörsen. govindacafe.ru

TEEJURTE

DATSCHAS

Im Park »Grüne Insel« direkt am Fluss Irtysch befindet sich eine traditionelle, mit Wollfilz eingedeckte Jurte. Die Besucher ziehen am Eingang die Schuhe aus und sitzen barfuß auf Polstern am Boden. Im Winter wird mit einem Holzofen geheizt. Wenn es draußen minus 30 Grad hat, wird es in der Jurte erst so richtig gemütlich. Es gibt eine große Auswahl verschiedenster Teesorten. Besonders gern trinkt man in Sibirien kräftige Schwarztees und Ivan-Chai, Weidenröschentee. Dazu gibt es vegetarische und vegane Leckereien. Bei der Musik von Hang Drums und tuwinischem Kehlkopfgesang vergisst man schnell die Zeit und den Alltagsstress um sich herum. vk.com/chai_yurta

Ein idealer Ort für eine Auszeit von der Stadt sind auch die Datschas. Schon mit den ersten warmen Frühlingstagen verbringen die Omsker ihre Wochenenden wieder mit der Familie auf ihren Grundstücken am Stadtrand, wo sie Obst und Gemüse anbauen. Die Datschas sind wahre grüne Oasen. Für die Mahlzeiten wird einfach der Garten geplündert, denn der gibt unglaublich viel her: von Kartoffeln, Karotten und Radieschen über Gurken und Tomaten bis zu Dill und Schnittlauch. Während die einen frischen Salat zubereiten, suchen die anderen die Himbeer- und Erdbeerstauden ab oder sammeln Pilze und Beeren im Wald. Was im Sommer nicht gegessen wird, wird in Einmachgläser abgefüllt.

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LAPSCHA Im Lapscha – einem kleinen, aber feinen Lokal im Stadtzentrum – gibt es eine große Auswahl vegetarischer Speisen und auf Wunsch wird man auch vegan bekocht, von einer Biozertifizierung von Gastronomiebetrieben ist man hier allerdings noch weit entfernt. Während man isst oder auch nur ein Glas russischen Mors, ein Getränk aus frischen Waldbeeren, genießt, kann man in den alten Büchern aus dem offenen Bücherregal schmökern und das Fahrrad ist sicher vor dem Lokal mit dem von Lapscha geliehenen Fahrradschloss abgesperrt. vk.com/lapsha55

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VOLUNTOURISM

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ZWISCHEND DIE W

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Irina Zelewitz

NDURCH E WELT RETTEN Wenn Menschen ins Ausland reisen, um zu helfen, sind die Motive oft schwammig. Die Überzeugung, auch bei kurzen Aufenthalten irgendwo helfen zu können, scheint aber größer denn je. Voluntourism nennt sich der wachsende Geschäftszweig. Seine vielleicht problematischste Ausprägung findet er in der Arbeit mit – vermeintlichen – Waisenkindern.

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ber 100 Milliarden US-Dollar hat der Tourismus im Jahr 2017 laut UN World Travel & Tourism Council (wttc) direkt zur globalen Entwicklung beigetragen. Nur als Tourist unterwegs zu sein, reicht vielen nicht, auch wenn das aus entwicklungsökonomischer Perspektive durchaus wertvoll sein kann. Das kulturelle Verständnis, das dadurch gefördert wird, noch außen vor gelassen. Viele wollen mehr sein als Urlaubsgäste. Und mehr darstellen. Etwas Echtes erleben. Helfen.

»Die meisten Kinder in den Waisenhäusern Afrikas sind keine Vollwaisen.« – Christin ter Braak-Forstinger

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Andere inspirieren, beeindrucken. Tue Gutes und instagramme darüber! Dieses Bedürfnis vor allem junger Menschen zu helfen, meist im globalen Süden, hat eine Milliardenindustrie entstehen lassen. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Voluntourism ist nicht pauschal zu beantworten. Zusammengesetzt aus den Wörtern »Volunteering« und »Tourism« bezeichnet er eine Art zu reisen, die sowohl touristischen Charakter hat, als auch Freiwilligenarbeit umfasst. Der Begriff dient der kritischen Abgrenzung zur Freiwilligenarbeit, die sich am ehesten durch ihren längerfristigen und weniger touristischen Charakter auszeichnet. Die Grenzen verschwimmen, doch wenn sich Sightseeing-Touren mit ein paar Tagen Walezählen und Brunnenbauen abwechseln, ist man wohl Voluntourist und zahlreiche Reiseblogs beschäftigen sich mit der vermeintlich perfekten »Balance« dieser beiden Elemente.

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DIE GESCHICHTE EINES PROTOTYPS Der Verein Braveaurora ist entstanden, nachdem Tamara Pottfay, Julia Obereder und Sarah Kotopulos, alle drei oberösterreichische Studentinnen des Studiums Soziale Arbeit ins ländliche Ghana aufgebrochen waren, um dort ein im Studium vorgeschriebenes Praktikum in einem Waisenhaus im ländlichen Ghana zu absolvieren. Dort waren sie schockiert von den Betreuungsverhältnissen im Waisenhaus und haben gemerkt, dass man dort mit verhältnismäßig wenig Mitteln viel bewegen kann. Dass die Kinder dort nicht in die Schule gehen und daher von ihnen, den Volunteers, unterrichtet werden müssen. Die drei sind ins nächste Dorf gefahren, um diese Botschaft an Freunde und Familie zu mailen. Die E-Mail ist im Originaltext auf der Website braveaurora.at unter »Die Geschichte« nachzulesen.

EIN AUSZUG: »Ohne Volunteers wuerde dieses Waisenhaus nie ueberleben. Deswegen haben wir beschlossen, fuer die Zeit, wo wir hier sind, das ganze Essen zu kaufen und auch nachhaltig was zu erarbeiten: wir planen Schafe und Hennen zu kaufen und fuer diese einen Stall bauen zu lassen, damit sich das Waisenhaus irgendwann selbst erhalten kann. Die letzten Freiwilligen haben eine Korn-farm aufgebaut und finanziert, deswegen wuerde jetzt nur mehr eine Bohnenfarm fehlen um die Ernaehrung der Kinder zumindest einmal am Tag zu garantieren... so etwas wuerde ca. 700 Euro kosten und deswegen sind wir gerade dabei, alle moeglichen Leute zu kontaktieren, um dieses Geld auf die Beine zu stellen.«

Die Bandbreite der Aktivitäten reicht von gemeinnütziger Arbeit in Dörfern und Gemeinden bis zu Naturschutz- und Citizen-Science-Projekten. Besonders attraktiv und gleichzeitig auch potenziell besonders problematisch ist die Arbeit mit Armen, insbesondere Kindern. Das Geschäft mit den hilfswilligen Touristen ist geschätzt jährlich zwei Milliarden schwer. Verlässliche Zahlen über diese Schätzungen hinaus gebe es keine, weder weltweit noch für den Norden Ghanas, wo die Organisation Braveaurora tätig ist, sagt dessen Vorsitzende Christin ter Braak-Forstinger. Der Verein Braveaurora hat sich der Unterstützung von gefährdeten Kindern und der Dorfentwicklung in Afrika verschrieben und arbeitet mit der Unterstützung von unicef. Selbst entstanden aus einer Initiative von Freiwilligen arbeitet auch diese kleine ngo mit Volunteers. Grundvoraussetzungen einer freiwilligen Mitarbeit sind unter anderem ein Motivationsschreiben und ein geplanter Aufenthalt von mindestens sechs Monaten.

»Bei nachhaltigem Volunteering geht es nicht im geringsten um Selbstverwirklichung, sondern darum, einen Mehrwert mit seiner Arbeit zu kreieren.« – Christin ter Braak-Forstinger

Über Ecken hat diese Geschichte Christin ter Braak-Forstinger erreicht, die angeboten hat, ihren üppigen Resturlaub zu konsumieren und zu Hilfe zu kommen, sobald die drei Studentinnen wieder zurück an die Uni müssten. Kennengelernt haben sie sich, als alle zurück in Europa waren und längst festgestellt hatten, dass die im Waisenhaus untergebrachten Kinder abends nach Hause zu ihren Angehörigen gehen.

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19 WAISENKINDER MIT ELTERN Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Braveaurora wissen besonders gut, was Voluntourism bedeuten kann, wenn er keinem nachhaltigen Konzept verpflichtet ist. Der Verein arbeitet mit Kindern aus Waisenhäusern. Vollwaisen sind diese jedoch in den seltensten Fällen. Qualifizierte Hilfe brauchen sie trotzdem dringend: »Die meisten Kinder in den Waisenhäusern Afrikas sind keine Waisen – Sozialwaisen ist der Terminus, der beschreibt, um welche Kinder es hier geht«, erzählt Christin ter Braak-Forstinger. »Orphans and vulnerable children« nennt diese die uno. Das Phänomen von Waisenhäusern ohne Waisenkinder ist auch in Indien und Südostasien stark verbreitet. In allen Ländern, die als Zielland für Freiwilligenarbeit sehr begehrt sind, würden diese für die »Nachfrage« durch Volunteers geschaffenen Einrichtungen nach demselben Prinzip funktionieren: Die Helfenden tragen zu den Rahmenbedingungen bei, die Hilfe notwendig machen – und zu den Waisenhäusern und den Bildern, die immer weiter Hilfswillige anziehen. Woran es liegt, dass manche Länder begehrter sind als andere? »Es muss den Abenteuerreiz geben und arme Kinder.« Ghana sei aber besonders stark betroffen.

WELCHE DIMENSION HAT DAS PROBLEM? In Ghana »sprießen illegale Waisenhäuser aus dem Boden, vor allem in Nordghana, wo wir aktiv sind«, weiß Christin ter Braak-Forstinger. Wie viele Kinder

Dr. Christin ter Braak-Forstinger ist Obfrau von »Braveaurora – Verein zur Unterstützung von gefährdeten Kindern und zur Dorfentwicklung in Afrika«. Sie und sämtliche ihrer Kollegen arbeiten ehrenamtlich.

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VOLUNTOURISM

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in solchen Einrichtungen leben, ist unbekannt. Auch für Nordghana kann Braveaurora nur Schätzungen abgeben. Zwar ist es nach aktuellem Stand der UN-Kinderrechtskonvention »illegal, im globalen Süden ein Waisenhaus zu eröffnen – weil es schlicht besser für ein Kind ist, im Familiengefüge aufzuwachsen – und Ghana hat dieses internationale Recht vorbildlich in der nationalen Gesetzgebung implementiert«, doch es scheitere schon an einer Überprüfung, ob dieses Gesetze überhaupt eingehalten werden, so die Vorsitzende von Braveaurora. Die für die Waisenhäuser zuständige Behörde ist in Ghana die Ministerialabteilung für Soziale Entwicklung (Department of Social Development) in Accra. »Die sagen sogar, sie wissen gar nicht, wie viele es gibt. Denn sie hätten überhaupt nicht die Mitarbeiterkapazitäten, um ›im Feld‹ zu untersuchen, wie viele es gibt.« Beim ghanaischen Department of Social Development seien im Jahr 2011 etwa zehn Waisenhäuser registriert gewesen. Die waren schon da, als das Gesetz entsprechend geändert wurde, und sind daher zugelassen. Seitdem ist es verboten, neue Waisenhäuser zu eröffnen. Christin ter Braak-Forstinger geht allerdings davon aus, dass es heute über 100 illegale Waisenhäuser allein in Nordghana gibt und »Wir arbeiten als kleines Projekt in Ghana, aber zusammen mit unicef. Würden viele solcher kleiner Organisationen ihre Erfahrungswerte sammeln, bräuchte es eine Organisation mit den Kapazitäten der uno, um diese zu sammeln und zusammenzuführen.«

Woher kommen die Waisenhäuser und die Volunteers? »Der typische Fall ist, dass über Vermittlungsbüros meist junge Frauen nach Afrika kommen. Sie wollen mit Kindern arbeiten, das kommt gut an«, erklärt Christin ter Braak-Forstinger. Meist würde außerdem keine Vorerfahrung geschweige denn deren Nachweis verlangt. Der übliche Voluntourism-Aufenthalt im Bereich Freiwilligenarbeit mit Kindern dauere dann rund zwei bis vier Wochen. Gegen Ende würden dann die Mittelmänner auf diese zugehen und gemeinsame Aufbauarbeit anregen. Oft seien dann jene, die das Geld organisieren, gar nicht mehr vor Ort, wenn die von den Volunteers eingeworbenen Spenden eintreffen. Und trotzdem wird es üblicherweise dem angekündigten Verwendungszweck

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Das Young Ambassadors’ Programme von Braveaurora wird von der UNICEF unterstützt. In dessen Rahmen machen Waisenkinder die Bevölkerung und vor allem Gleichaltrige auf die mit dem Leben im Waisenhaus verbundenen negativen Erlebnisse aufmerksam – auch übers Radio.

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BILDER Braveaurora

ANGEBOT UND NACHFRAGE


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» Engagement im Lebenslauf zu haben, ist ganz sicher ein häufiges Motiv, aber auch, ein Selfie verschicken zu können – inmitten von Kindern mit Kulleraugen.« – Christin ter Braak-Forstinger

zugeführt: »Die Mittelsmänner nehmen die – sagen wir – 5000 Euro – bauen dann damit zum Beispiel ein geplantes Gebäude«, erklärt Christin ter Braak-Forstinger, denn es handle sich um Reinvestitionen in dasselbe Geschäftsmodell, durch die sich dann langfristig Geld machen lässt. Und zwar so lange, wie Freiwillige und deren Spenden dafür sorgen, dass die Waisenhauser gebaut und von Kindern besiedelt werden, die »auf Abruf bereit stehen«, ist sich Christin ter Braak-Forstinger sicher. Die Landschaft der Anbieter von Freiwilligenarbeit im Ausland ist heterogen. Eigentlich sei eine Vermittlungsgebühr schon prinzipiell abzulehnen. Aber im Umkehrschluss davon auszugehen, dass alle Anbieter, die eine solche Gebühr verrechnen, unseriös wären, sei auch nicht zulässig. »Mein Eindruck ist, dass es nicht nur die bösen Anbieter gibt, die gezielt nur Geld mit Freiwilligentourismus machen wollen. Sondern da gibt es auch klassische Reiseanbieter, die sehen: ›Da gibt es ein Angebot für junge Menschen, die sich engagieren wollen!‹ Und die fallen dann auf eine zweifelhafte Organisation herein und nehmen deren Leistungen in ihr Angebot als Reiseanbieter auf.«

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REINTEGRATION Genau so herausfordernd wie die Bewusstseinsbildung bei den Freiwilligen ist manchmal aber auch die Wiederintegration der Kinder in ihre ursprüngliche soziale Umgebung – in den Alltag ihrer Angehörigen. Dafür braucht es allerdings meist auch die Zustimmung des Dorfältesten. Denn es sind Mittelmänner, die diese Dorfgemeinschaften erst auf die Idee bringen, die Kinder in ein Waisenhaus zu geben. Die Familien tun das dann meist im Glauben, das Richtige zu tun. Üblicherweise befinden sich Waisenhäuser sogar im selben Dorf, indem die Familien der Kinder leben. »Die Familien haben die Kinder oft aus sehr großer ökonomischer Not abgeschoben und die Kinder sind dann bald nicht mehr in das soziale Gefüge ihrer einstigen Umgebung integriert.« Die Kinder sind meist traumatisiert durch den Verlust ihrer Bezugspersonen und es braucht Zeit und Aufklärung, um die Kinder wieder in ihre Umgebung zurückzuführen. Braveaurora versucht,

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ein Vertrauensverhältnis zu den Dorfgemeinschaften aufzubauen, und leistet Informationsarbeit vor Ort.

REISEN BILDET DEN CHARAKTER Aber Christin ter Braak-Forstinger glaubt nicht daran, dass man das Problem in den Griff bekommen kann ohne Bewusstseinsbildung im Entsenderland. »Das Ziel ist, dass sich die Freiwilligen fragen: Wem bringt das was – außer mir vielleicht? Die Volunteers sind vielleicht auch einfach oft noch zu jung, um darüber jemals reiflich nachgedacht zu haben. Und es bräuchte wohl auch eine bessere Kontrolle der Organisationen.« Wenn der Fokus auf Hilfe liegen soll, liegt auf der Hand: Effizienter wäre dieses Geld wohl in Spenden an professionelle Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen investiert. Das gilt umso mehr, wenn die Helferinnen und Helfer weder eine fachliche Qualifikation für den Einsatzbereich haben noch vor Abreise eine angemessene Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt. Und je kürzer der Aufenthalt beziehungsweise der Teil der Reise, der der Freiwilligenarbeit dient. Bei Freiwilligenarbeit sollte jedoch das Projekt und die Tätigkeit im Vordergrund stehen. »Wir kriegen auch E-Mails von Eltern, die lauten: ›Unsere Tochter schließt bald die Schule ab, ist aber noch mitten im Selbstfindungsprozess. Kann die nicht ein paar Wochen bei euch in Ghana mitmachen?‹«, erzählt Christin ter Braak-Forstinger. »Man darf auch Altruismus als Motiv nicht außer Acht lassen. Aber kein Freiwilliger arbeitet aus purem Altruismus. Doch je länger man bleibt und je mehr Entbehrungen damit verbunden sind, umso glaubwürdiger wird ein altruistisches Hauptmotiv.« Ohne Freiwilligentourismus und Freiwilligenarbeit würde es den Verein braveaurora nicht geben, aber wohl auch gar nicht geben müssen. Doch manchmal darf am Ende einer Überlegung über Freiwilligentourismus auch die Entscheidung stehen, zuhause zu helfen und auf Reisen in erster Linie Urlaub zu machen.

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Thomas Stollenwerk

MIT FRITTIERÖL ÜBER DEN ATLANTIK F

ür den ökologischen Footprint jedes einzelnen Passagiers ist eine Flugreise desaströs. Trotzdem ist Fliegen weit verbreitetes guilty pleasure. Von vier Milliarden Passagieren im Jahr 2017 sollen die Fluggastzahlen laut International Air Transport Association (iata) bis auf 7,8 Milliarden Passagiere im Jahr 2036 wachsen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (bund) geht davon aus, dass schon heute rund fünf Prozent der klimarelevanten Emissionen auf die zivile Luftfahrt entfallen. Die iata geht von nur zwei Prozent aus. Fluggäste, die heute von Europa aus in die usa und zurück fliegen, kommen locker auf mehr als drei Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf. Das ist verdammt viel. Denn mit zwei Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf müssten sich die Menschen im Jahr 2050 begnügen, um das Zwei-Grad-Ziel aus dem Kyoto-Protokoll einzuhalten. 2016 kam das deutsche Umweltbundesamt in einer Studie zum Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch zu dem Schluss, dass Steuern

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»die Nachfrage nach Flugreisen dämpfen und Effizienzanstrengungen im Flugsektor anstoßen« könnten. Dieselbe Studie nennt allerdings auch einen Grund dafür, dass es bisher keinen großen Druck auf die Airline-Branche gibt, für mehr Sauberkeit am Himmel zu sorgen. Und der ist recht simpel: Diejenigen, die regelmäßig in ihren Genuss kommen, sind kaum bereit, auf Flugreisen zu verzichten. Das betrifft auch Menschen mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein. Denn auch die haben oft einen überdurchschnittlich hohen Ressourcenverbrauch, den sie dazu noch selbst unterschätzen, inklusive hoher Flugreiseaktivität: »In den sozialen Milieus, in denen nicht-materielle Werte hochgehalten werden, leisten sich viele von ihren hohen Einkommen einen Komfort und viele Aktivitäten, die mit hohen Ressourcenverbräuchen und CO2-Emissionen verbunden sind,« stellt die Studie fest. Höhere Steuern bedeuten für die extrem kompetitive Luftfahrt immer auch Wettbewerbsnachteile. Vor allem dann,

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Kann am Fliegen irgendetwas nachhaltig sein? Die niederländische Fluggesellschaft KLM gibt sich Mühe, möglichst sauber zu bleiben.


wenn höhere Steuern auf Kerosin, Tickets oder Emissionen nur in einzelnen Staaten erhoben werden.

STEUERFREI SEIT ÜBER 70 JAHREN Schon im Jahr 1944 vereinbarten die damals 52 Mitgliedstaaten der iata im Chicagoer Abkommen, keine Steuern auf Flugbenzin zu erheben. Das sollte den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und die internationale Vernetzung fördern. Daran wurde bis heute nur verhalten und vereinzelt gerüttelt. Auf internationale Flugtickets wird meist nicht einmal eine Mehrwertsteuer erhoben. In den Niederlanden hat man im Jahr 2005 dennoch als erster und bislang einziger EU-Staat damit begonnen, Flugbenzin zu besteuern. Die Fluggesellschaft klm hat sich seither ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Der niederländische Flag Carrier mit seinen rund 120 Maschinen im Pantone-299-blauen Anstrich hat das Ziel, die nachhaltigste Fluglinie der Welt zu werden. Ein Besuch bei klm am Flughafen Amsterdam-Schiphol lässt erahnen, was die Airline im Sustainability-Management beschäftigt.

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BIO-TOAST UND BIO-SPRIT Wenn an Bord eines klm-Flugs das Frühstück serviert wird, gibt es Bio-Toastbrot mit holländischem Polderkäse. Echte Lebensmittel. Auf die Qualität des Caterings an Bord legt die Koninklijke Luchtvaart Maatschappij Wert. Lebensmittel – längst nicht alle in Bioqualität – sind allerdings eher ein winziger Aspekt für die Fluggesellschaft, wenn es um Ressourcenschonung geht. Schließlich ist ihr wichtigster Rohstoff nicht Toastbrot, sondern Treibstoff. »Es heißt ja immer, beim Fliegen würde viel Treibstoff verbraucht. Aber haben Sie sich einmal überlegt, wie hoch der Verbrauch ist, wenn man ihn pro 100 Kilometer und pro Passagier berechnet?» fragt klm-Techniker Jeroen Lodewijks, während er im Hangar 3 der klm-Basis von der Boeing 787 schwärmt, die hier gerade gewartet und geputzt wird. »Im Auto braucht man ungefähr acht Liter auf 100 Kilometern. Und das, während die meisten Menschen alleine im Auto sitzen. In der 787 befördern wir jeden Passagier mit einem Liter Benzin 47 Kilometer weit.« Dass der Flugzeugtyp, der vom Boeing-Marketing den Beinamen »Dreamliner« bekommen hat, besonders effizient ist, hängt mit einer Reihe von Innovationen zusammen. »Die 787 besteht fast komplett aus Kohlefaser, da wird fast kein Aluminium mehr

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verbaut,« erklärt Lodewijks die Gewichtsreduktion gegenüber anderen Flugzeugtypen. »Die Entwickler haben das Flugzeug neu erfunden. Die Philosophie dahinter war auch: Software wiegt nichts – also stopfen wir das Flugzeug voll mit Softwarelösungen.« Seit der Dreamliner in den klm-Farben fliegt, bekommen die Techniker in Amsterdam regelmäßig Software-Updates von Boeing, die den Betrieb der Maschinen sparsamer machen. »Heute fliegen wir die 787 viel effizienter als bei ihrer Einführung vor vier Jahren.« Leiser als andere Flugzeuge soll die 787 obendrein auch sein. Effizient zu fliegen, bedeutet nicht nur, moderne Maschinen einzusetzen, sondern auch, ständig aufs Gewicht zu achten. Der Blick auf die Waage ist ein ständiger Begleiter der Luftfahrt. Deshalb wurden bei klm auch die Zeitungen und Magazine an Bord durch ein digitales Lese-Angebot auf Screens am Sitz ersetzt. Es mag sein, dass bei solchen »operativen Effizienzsteigerungen« nicht der Klimaschutz die treibende Kraft ist, sondern eher die Kostenreduktion. Im Nachhaltigkeitsbericht macht sich allerdings so manche Sparmaßnahme gut – nicht nur bei klm.

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FRITTENFETT AUS KALIFORNIEN Natürlich macht es für die Klima- und Umweltbilanz einer Fluggesellschaft auch einen Unterschied, was in den Triebwerken ihrer Flugzeuge überhaupt verbrannt wird. Bei KLM wird deshalb mit Biokerosin experimentiert. 2011 hat klm zum ersten Mal Flugzeuge mit Biokerosin betrieben – damals als erste Airline weltweit. »Wir glauben daran, dass Biotreibstoff unseren ökologischen Fuß-

Die Maschinen vom Typ Boeing 787, genannt Dreamliner, fliegen auf Langstrecken besonders effizient.

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leBeN aUf Sicht

Barbara Nothegger | SieBeN Stock Dorf 176 Seiten, klappenbroschur | iSBN: 9783701734092

Die aktuelle Buchreihe für neue nachhaltige Wege

abdruck mittelfristig substanziell reduzieren kann, weil wir damit bis zu 80 Prozent unserer CO2-Emissionen sparen können.« erklärt Remona van der Zon aus dem csr-Team von klm. Bei die fliegenden Holländern wird auf der Strecke Los Angeles – Amsterdam Kerosin aus recyceltem Speiseöl eingesetzt. Der Grund: In Kalifornien steht die Raffinerie, von der die Niederländer das recycelte Frittierfett beziehen. Bisher macht der Biokerosin-Anteil nach Airline-Angaben rund drei Prozent aus. Beeindruckend ist das nicht unbedingt. Doch angeblich ist die Nachfrage der Airline nach Biokerosin größer als das Angebot. »Allgemein ist dieser Treibstoff schwer zu bekommen.« berichtet Inka Pieter, Umweltjuristin und bei klm verantwortlich fürs Sustainability Management. Außerdem sei er drei Mal

kowanda-Yassin | Öko DSchihaD 176 Seiten, klappenbroschur | 978 3 7017 3421 4

» Die Schwierigkeit ist, dass es in Europa so viele Menschen gibt, die gegenüber Kompensation kritisch eingestellt sind.« – Inka Pieter, KLM

Urs Niggli | alle Satt? | 978 3 7017 3419 1 erscheint im frühjahr 2018

so teuer wie konventionelles Kerosin. »Selbst wenn man mit Biokerosin fliegen möchte, ist das gar nicht so einfach. Wir versuchen, Regierungen und Ölkonzerne dazu zu bewegen, den Markt dafür voranzutreiben. Die Probleme liegen aktuell in der Supply Chain. Am besten wäre eine niederländische oder europäische Anlage fürs Speiseöl-Recycling.«

EMITTIEREN, ABER KOMPENSIEREN

reSiDeNzverlag.at

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Auch gesteigerte Effizienz und Biotreibstoffe ändern bislang nur wenig an den enormen CO2-Emissionen der Luftfahrt. UmweltDienstleister wie Atmosfair oder Myclimate bieten für Passagiere mit beunruhigtem Klimagewissen die Möglichkeit, sich per Kompensationszahlung mit dem Klimaschutz zu versöhnen. klm bietet diese Möglichkeit seit zehn Jahren durch ein eigenes Kompensati-

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ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM ORF RADIOKULTURHAUS

onsprogramm. Mit ein paar Extraklicks bei der Buchung fördern Passagiere dadurch zum Beispiel Aufforstungen in Panama. Nur: So richtig abheben tut das Programm nicht. Gerade einmal 60.000 Passagiere haben im Jahr 2017 freiwillig kompensiert – von über 30 Millionen. Inka Pieter sieht dafür einen simplen Grund: »Die Schwierigkeit ist, dass es in Europa so viele Menschen gibt, die gegenüber Kompensation kritisch eingestellt sind. Die Menschen mögen das Gefühl, etwas Schlechtes zu kompensieren, einfach nicht.« Bei einem Flug von Amsterdam nach Paris zahlen teilnehmende Passagiere 72 Cent. Für einen Langstreckenflug nach Panama-City liegt der freiwillige Beitrag zur CO2-Kompensation bei 11 Euro. Da stellt sich die Frage, weshalb nicht zumindest auf manchen Flügen die CO2-Kompensation ganz automatisch erfolgt. Dagegen spricht wohl vor allem der kurzfristige Wettbewerbsnachteil, der Airlines durch verpflichtende Kompensationssysteme entstehen würde. Beim Blick auf die Kosten halten es Airlines nicht anders als die meisten ihrer Passagiere: Wenn Kompensation die Tickets spürbar verteuert, dann wird eben darauf verzichtet.

© Gerfried Guggi

PAUL PLUT 25.05.2018

vestream iokulturhaus.ORF.at

auch als Video-Li auf rad

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LIVE @ RKH

ÖSTERREICHS CLUBSZENE IM ORF RADIOKULTURHAUS

NEUSCHNEE 12.06.2018

© Elodie Grethen

EIGENINTERESSE VOR KLIMASCHUTZ Das Geschäftsmodell von Fluggesellschaften ist es, Menschen in Flugzeugen – vorwiegend mit Strahltriebwerken – rund um den Globus zu befördern. Rund ein Drittel der Betriebskosten von Airlines entfällt dabei auf Treibstoff, heißt es. Dadurch liegt es im Interesse von Fluggesellschaften, den Treibstoffverbrauch und damit auch die CO2Emissionen möglichst gering zu halten. Das führt dazu, dass die Effizienz in der Branche ein riesiges Thema ist. Umweltfreundlich Fliegen – das geht dennoch nicht. So ehrlich müssen Airlines und ihre Passagiere sein. Daran ändert bisher auch Biokerosin aus Frittieröl kaum etwas. Was wirklich hilft, die Klimabilanz der Luftfahrt zu optimieren, ist weniger zu fliegen. Als Passagier kann man diese Entscheidung treffen. Als Fluggesellschaft eher nicht. Passagiere und Airlines teilen sich ganz offensichtlich ein Interesse: Immer häufiger zu fliegen. Solange sich daran nichts ändern, verpuffen alle Bemühungen um mehr Effizienz der Branche.

LIVE @ RKH

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vestream iokulturhaus.ORF.at

auch als Video-Li auf rad

WIE WIR.– 20:00 Uhr > Großer ORF. Sendesaal Eintritt: jeweils EUR 19,– vestream

eo-Li auch als Vid Mit ORF RadioKulturhaus-Karte RF.atWIR. ORF. s.OWIE 50% Ermäßigung auf radiokulturhau INFOS UND ONLINE-TICKETS: radiokulturhaus.ORF.at

ORF. WIE WIR.

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OHNE SCHMETTERLINGE KEINE BLUMEN. Und umgekehrt.

Helfen Sie mit, die Schmetterlinge zu retten und gärtnern Sie ohne Pestizide.

4 TIPPS FÜR EINEN SCHMETTERLINGSFREUNDLICHEN UND GIFTFREIEN GARTEN Wie schütze ich den Garten vor Schädlingen?

Wie beleuchte ich schmetterlingsfreundlich?

Pestizide schaden Mensch und Tier! Lieber Pflanzen mit Brennessel-, Ackerschachtelhalm- oder Rainfarnextrakten stärken. Kulturschutznetze oder alte Fliegengitter schützen vor Schädlingen im Gemüsebeet – Gelbtafeln und Pheromonfallen vor Obstschädlingen.

Künstliche Lichtquellen sind Todesfallen für viele nachtaktive Insekten. Checken Sie Ihre Außenbeleuchtung: Ist sie wirklich notwendig, verwenden Sie insektenfreundliche Lampen!

Wie werde ich lästiges Ungeziefer los? Auch Ungeziefer hat seine Rolle im Ökosystem – und wird am besten durch Nützlinge im Zaum gehalten. Wenn nötig, setzen Sie auf biologische Mittel.

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Welche Futterpflanzen brauchen Falter? Schmetterlingsraupen ernähren sich oft von unscheinbaren Gräsern oder »Unkraut«. Deshalb einem wilden Eck oder ungemähten Randbereichen im Garten Platz geben. Als Nektarpflanzen brauchen Falter Blumenwiese, Obstbäume und blühende Sträucher.

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Bunte, tanzende Schmetterlinge zeigen uns, wie schön und zugleich zerbrechlich das Leben ist. Früher gab es so viele, dass wir sie kaum beachtet haben. Heute freuen wir uns über jeden einzelnen. 4.000 Schmetterlingsarten gibt es in Österreich – überwiegend Nachtfalter. Leider ist diese Vielfalt gefährdet. Helfen wir den Faltern dabei, ihre Familien wieder zu vergrößern, indem wir nahrungsreichen und pestizidfreien Lebensraum für sie schaffen! In Zeiten des Bienen- und Insektensterbens kommt Haus- und Kleingärten eine wichtige Rolle als Lebensraum für Bestäuber und andere wichtige Tiere zu. Ungefähr 60 Tonnen chemisch-synthetische Pestizide werden in den österreichischen Gärten pro Jahr ausgebracht. Schmetterlinge reagieren darauf besonders sensibel. »Schmetterlinge und andere Bestäuber brauchen dringend unseren Schutz, denn schon heute sind zirka die Hälfte aller heimischen Tagfalterarten gefährdet«, erklärt Dominik Linhard von global 2000. »Wir Menschen profitieren direkt von Insekten wie Schmetterlingen und Bienen, denn sie sind hauptverantwortlich für den Ertrag unserer heimischen Obstund Gemüsesorten.« Ginge es nach bellaflora und global 2000 und ihrer Kampagne zugunsten der Schmetterlinge, wären sowohl Pestizide als auch Biozide in den privaten Gärten bald Vergangenheit. Deshalb haben global 2000 und bellaflora jetzt die Initiative »giftfrei gärtnern« gestartet. Gemeinsam mit allen Gartenbesitzern wollen sie die Gärten wieder zu Trittsteinen des Lebens werden

BILD Martin Aschauer

OHNE BLUMEN KEINE SCHMETTERLINGE. UND UMGEKEHRT. GLOBAL 2000 UND BELLAFLORA GARTELN PESTIZIDFREI.

lassen – Damit auch morgen noch Pfauenauge, Admiral oder Zitronenfalter durch unsere Gärten flattern. In der Broschüre »Ohne Schmetterlinge keine Blumen« findet man einfache Maßnahmen, um jeden Garten zur wertvollen Naturoase für die bunten Falter zu machen – zum Download unter schmetterlingssucher.at!

Blühende Wiesen, bunte Schmetterlinge – ein Anblick, den viele von uns noch aus der Kindheit kennen. Mittlerweile jedoch zählen Schmetterlinge zu den meist gefährdeten Tierarten weltweit. In Europa haben sich ihre Bestände seit 1990 um fast die Hälfte reduziert. Die meisten Schmetterlinge ernähren sich von ganz bestimmten Blüten. Darum haben wir eine spezielle Auswahl heimischer Pflanzen für die Schmetterlingsbox zusammengestellt. Bestellung unter: schmetterlingsgarten.at

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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

SCHMETTERLINGSBOX – PFLANZEN SIE IHRE EIGENE SCHMETTERLINGSWIESE!

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E-MOBILITÄT

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BILD istock.com/Paolo Paradiso

Rund die Hälfte der berühmten Londoner schwarzen Taxis soll bis 2021 elektrifiziert werden und so auch zur Verbesserung der Luftqualität in der Stadt beitragen. Die 9000 Elektrotaxis sollen mit einer Ladung eine Reichweite von 130 Kilometern schaffen, für längere Fahrten ist zusätzlich ein 1,5-Liter-Benzinmotor verbaut. Im Verzug ist man in der britischen Hauptstadt jedoch noch bei der Einrichtung der zur Umsetzung des ambitionierten Vorhabens nötigen Ladestationen.

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Armin Rudelstorfer, Martin Mühl

ELEKTROMOBILITÄT Elektromobilität kann mehr bringen, als dass Autos künftig mit Strom statt fossilen Energieträgern fahren, und ein entscheidender Teil einer Veränderung unseres Verkehrs sein.

BILD istock.com/Paolo Paradiso

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as Auto. Wirtschaftsfaktor, Basis unserer Mobilität, weit gekommen ist es durch eine Mischung aus einer Projektionsfläche von Emotionen und Status, vielfältiProbleme ignorierenden Politik und den Machtspielen ge Problemquelle, Objekt der Begierde. Auch wenn das der Autoindustrie als Wirtschaftsfaktor und Jobgeber. Auto in urbanen Gebieten an Attraktivität und Status Selbst jetzt sind die Reaktionen langsam und die Motive bereits deutlich eingebüßt hat, ist es in vielen Bereichen dahinter keine der Liebe zur Umwelt. Denn mit jedem und für viele Menschen noch sehr wichtig. Grund genug, abgesetzten Elektro- oder Hybridauto sinkt der Flottenverbrauch, der Hersteller spart das Auto und wie wir es sehen, weisich Strafzahlungen und ein weiter zu verändern. Elektromobiliterer Diesel darf verkauft werden. tät ist einer dieser Wege und spart Von der erhofften Disruption ist nicht nur CO2 und Stickoxide ein, CO2-ÄQUIVALENTE JE bisher wenig zu spüren. Tesla hat sondern kann auch als BrückenPERSONENKILOMETER zwar den Markt verändert – spielt technologie und Ermöglicher neuer in vielen Ländern aber zahlenmäMobilitätsformen gesehen werden. Benzin/Dieselßig eine geringe Rolle. Die etabVerbrenner: 185 g Die Betrügereien der Induslierten Hersteller beginnen ihre E-Mobilität im trie in der Dieselaffäre und nun Modellpalette zu elektrifizieren deutschen Strommix: 96 g der Gerichtsbeschluss, dass in E-Mobilität im österreiDeutschland Regionen und Städte und entwickeln erste ausschließlich chischen Strommix: 44 g ein Fahrverbot über – ältere – Dieelektrische Serien. An der konzepE-Mobilität mit Ökoselfahrzeuge verhängen können, tionellen Basis des Autos hat sich strom in Österreich: 29 g sorgen endlich für Diskussionen. So bisher jedoch wenig verändert. Wie

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ENERGIEAUFWAND Tank to Wheel in Energie je Passagier (kWh/100 km) beim suv wird erklärt, die Kunden würden es nicht anders wollen. Auf der anderen Seite gibt es Lieferprobleme und Wartezeiten bei alternativen Modellen.

DIE MOBILE WELT BEWEGT SICH DOCH

Zukunft fehlen. Die Probleme des Individualverkehrs mit Verkehrsaufkommen, Staus, Unfällen, Flächenverbrauch und Zersiedelung werden allein durch Elektroautos nicht gelöst. Dies bewegt leider nur wenige Menschen dazu, über größere Umbrüche nachzudenken und im Kleinen an diesen zu arbeiten: zum Beispiel viel Rad und Bahn zu fahren und nach Möglichkeit regionale Produkte zu kaufen, die weniger Gütertransport verursachen. Allerdings kann die Elektrifizierung des Antriebs eine entscheidende Weichenstellung bedeuten, die weitere Schritte erst ermöglicht. Schon heute ist der Betrieb des Autos am Einsatzort vollständig emissionsfrei. Weder Stickoxide noch CO2, Lärm oder Feinstaub durch Bremsabrieb fallen an. Einzig die Feinstaubemission durch Reifenabrieb ist ähnlich wie bei herkömmlichen Autos. Der Wegfall der Belastung ist vor allem im urbanen Bereich ein wesentlicher Gewinn. Ein Vorteil ist außerdem, dass ein Elektrofahrzeug überall geladen werden kann – die Basis der benötigten Infrastruktur ist in jedem Haushalt und an jedem Arbeitsplatz vorhanden. Das Auto kann problemlos an der Steckdose aufgeladen werden, die Stromkosten liegen bei etwa zwei Euro je 100 km. Hinsichtlich Emotion und Komfort sind

Flugzeug (A320–200): 33 ICE (200 km/h): 18 U-Bahn: 15 PKW fossil: 46 Hybridauto: 33 Elektrofahrzeug: 15 QUELLE: TU Wien

Auch in den letzten Wochen gab es erfreuliche Nachrichten aus der Welt der Mobilität: Das vollelektrische Model S von Tesla verkaufte sich laut Schweizer »Handelszeitung« im letzten Quartal besser als die zwei Topmodelle der deutschen Oberklasse – der Mercedes S-Klasse und der bmw 7er-Reihe. Shenzhen, das chinesische Silicon Valley, stellt 16.359 vollelektrische Busse in Betrieb. Volvo wird ab 2019 keine Autos ohne Elektromotor mehr ausliefern, sondern nur noch vollelektrische oder Hybridfahrzeuge. Die Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren stellen die Schweden ein. VolvoEigentümer Geely hat gerade zehn Prozent von Daimler übernommen. Das Ziel: Daimler soll elektrisch werden. Dabei geht es Daimler nicht nur um pkw, sondern etwa mit dem Future Truck 2025 auch um Elektromobilität im Transport und dessen Vernetzbarkeit im Sinne der Industrie 4.0 und einer Digital Supply Chain. Aktuell sind das meiste davon kleine Schritte und Ankündigungen – die Konzepte für eine mobile

»Die Grenzen zwischen öffentlichem und Individualverkehr werden sich auflösen.«

Jaguar entwickelt mit dem noch 2018 auf den Markt kommenden I-Pace ein rein elektrisch angetribenes SUV. Gebaut wird das in England entwickelte Fahrzeug bei Magna Steyr in Graz. Zwei E-Motoren sollen die 400 PS mittels Allradantrieb auf die Straße bringen. Angekündigt sind 480 Kilometer Aktionsradius.

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Elektroantriebe aufgrund ihrer Laufruhe, der hohen Kraftentfaltung und des Wegfalls eines Schalt- oder Automatikgetriebes Verbrennungsmotoren ebenfalls überlegen. Dass wir von einem Auto einen bestimmten Sound erwarten, ist wohl veränderbare Konditionierung, und sein Fehlen ein lösbares Sicherheitsrisiko. Das Konstruktionsprinzip eines Elektroautos ist sehr einfach und weitgehend wartungsfrei. Die laufenden Kosten sind dementsprechend gering, die aktuell noch höheren Anschaffungskosten beruhen auf geringeren Stückzahlen und den hohen Kosten für die Batterien. Hier sind noch deutliche Preisreduktionen zu erwarten. Noch größer werden die Schritte, wenn die Elektromobilität einen Umstieg auf E-Bikes und E-Motorräder mit einschließt.

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ZURÜCK ZUM START Das Elektroauto hat nach wie vor zwei Probleme: Reichweite und Ladedauer. Beide sind einem Kernproblem der Elektrizität geschuldet. Elektrischer Strom ist eine einfache, sicher und leicht zu erzeugende, vielseitig verwendbare und effizient zu transportierende Energieform. Sie ist jedoch leider nicht sonderlich effizient speicherbar. Genau das hat seit Anfang des 20. Jahrhunderts, als 40 Prozent der Autos elektrisch fuhren – neben dem Lobbying der Ölindustrie –, zur Dominanz von Benzin- und Dieselantrieben geführt. Das Elektroauto war stets eine Wunschvorstellung der Ingenieure und

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Der Tesla Model S steht für die moderne, reichweitenstarke Elektromobilität und ist das drittmeistverkaufte Elektro-Auto in Österreich. Mitunter wohl weil sich die Fahrer bei einer Anmeldung als Firmenfahrzeug mit Privatbenutzung den Sachbezug und damit mehr als 10.000 Euro im Jahr sparen.

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BILDER Jaguar, Yannick Brossard / Planimonteur, Tesla

Der Renault Zoe ist an Neuanmeldungen gemessen österreichs wichtigstes und erfolgreichstes Elektro-Auto. Renault spricht von 300 Kilometern Reichweite und bietet neben Batteriemiete etwa auch Services wie Wartungs-, Pannen und Versicherungsverträge.

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Umweltpolitiker. Die Technik des Antriebs ist längst ausgereift, die Energiespeicherung blieb ein Desaster. Alternativen wie Wasserstoff gelten als taugliches Speichermedium, jedoch ist der Wirkungsgrad nicht höher als der von Benzin oder Diesel bei Verbrennungsmotoren, der Herstellungsprozess ist aufwändig und teuer. Die Entwicklung neuer Lithium-Ionen- oder LithiumEisenphosphat-Akkus ist noch nicht ausgereizt. Auch hier sind noch deutliche Verbesserungen und somit höhere Reichweiten zu erwarten.

GEGENWIND Der Elektroantrieb kann allein zwar keine nachhaltige Lösung für eine verfehlte Verkehrspolitik sein, allerdings einige gravierende Probleme lösen und Basis für weitere Evolutionsstufen bilden. Die Forderung nach mehr öffentlichem Verkehr ist berechtigt – allerdings ist das keine Frage des Antriebs. Solange Menschen Auto fahren, muss dieses verbessert werden. Elektroantriebe eignen sich aber für sämtliche Mobilitätsformen von Schiffen über Güterverkehr und Busse bis zur Maschinen in der Landwirtschaft und es gilt jetzt die nötige Infrastruktur auszubauen. Teile des öffentlichen Verkehrs wie U- und Eisenbahn sind bereits elektrifiziert und bei künftigen Transportmitteln wie Drohnen steht der elektrische Antrieb außer Frage.

WOHER KOMMT DER STROM? Elektromobilität ist im Betrieb natürlich nur dann emissionsfrei, wenn das Auto mit Strom aus erneuerbarer oder ökologischer Produktion geladen wird. Selbst beim vergleichsweise schlechten deutschen Strommix aber ist die CO2-Emission eines Elektrofahrzeugs gesamt besser als die von Verbrennern. Die Gesamtemission – Produktion von Fahrzeug und Treibstoff sowie laufender Betreib – liegt bei einem Elektroauto zwischen 40 und 178 Gramm CO2 je km (abhängig von Strommix und Fahrzeug), bei Autos mit Verbrennungsmotoren zwischen 200 und 350 g/km. Aktuelle Stromer benötigen zwischen 10 und 30 kWh pro 100 km. Das entspricht einem Verbrauch von etwa 1 bis 3 Litern Benzin. Ein über zwei Tonnen schwerer Benziner mit einer Leistung von 700 PS und einem Verbrauch von 2,5 Litern ist undenkbar, die Elektrovariante mit einem Verbrauch von 25 kWh – also 2,5 Litern – ist Realität.

DIE PRODUKTION Die CO2-Bilanz bei der Produktion eines Stromers liegt wegen der Batterie je nach Berechnung etwa zehn bis zwanzig Prozent über dem Verbrenner. Allerdings gleicht diesen Startnachteil die deutlich bessere Bilanz im Betrieb wieder aus. Auch war die Haltbarkeit früherer

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WESENTLICHE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ELEKTROANTRIEBEN UND VERBRENNUNGSMOTOREN Folgende Eigenschaften unterscheiden Elektroantrieb und Verbrennungsmotoren: Ein Elektroauto ist potenziell emissionsfrei zu betreiben. Direkte Emissionen im Betrieb werden keine ausgestoßen. Der Wirkungsgrad ist um den Faktor 3 höher. Bei Verbrennungsmotoren werden nur etwa 20 bis 30 % der Energie des Treibstoffs in Fahrleistung umgesetzt. Beim Elektroauto liegt dieser Anteil bei etwa 70 %. Es kann Energie beim Bremsen oder bei Talfahrten rückgewonnen werden. Der Motor dient als Generator und verwendet die Bremsenergie zum Laden der Batterien. Der Gesamtwirkungsgrad des Autos kann dadurch noch erhöht werden. Zumindest im urbanen Bereich sind Elektroautos frei von Lärmemissionen. Bei höheren Geschwindigkeiten treten Abroll- und Strömungsgeräusche auf. Das Konstruktionsprinzip eines Elektroautos ist deutlich einfacher, wodurch bei Produktion in höheren Stückzahlen ein Preisvorteil gegenüber konventionellen Autos zu erwarten ist. Elektromotoren sind kompakt, langlebig, ausgereift und wartungsfrei. Die Anzahl der Verschleißteile ist deutlich geringer und der laufende Betrieb ist somit kaum mit Kosten verbunden. Die Bremsen werden durch die Energierückgewinnung des Motors (Rekuperation) deutlich geringer belastest als bei Verbrennern. Die Feinstaubbelastung ist deutlich geringer, da Bremsabrieb (durch Rekuperation) und Verbrennung wegfallen und nur Reifenabrieb und Aufwirbelung von Straßenstaub auftreten. Es kann an jeder Steckdose geladen werden. Die Stromkosten liegen bei etwa zwei Euro pro 100 km.

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Volvo gehört mit dem XC60 mit Hybridantrieb zu den großen und schweren Luxusmobilen, die eher Genuss als Spritsparen zu ihrer Maxime machen. Mercedes bietet in dieser Liga eine Hybrid EKlasse, viele andere Hersteller ähnliche gelagerte Modelle

Akkugenerationen beschränkt – laut Erfahrungsberichvon Trafostationen und Energiespeichern an Hauptverkehrsachsen und im urbanen Raum. ten von Nutzern aktueller Batterietechnologien bieten neuere Akkus nach 300.000 Kilometern noch zumindest 80 Prozent der Leistung. An neuen Recycling-Modellen BLICK NACH VORNE und der Verwendung alter Akkus in anderen Bereichen Beim Versuch, einen gesellschaftlichen Wandel wird gearbeitet. Die Potenziale von Benzin- und Dieselzu steuern, ist die Diskussion um die CO2-Bilanz eines motoren sind weitgehend ausgereizt, bei den Batterien Akkus vergleichsweise irrelevant. Wir stehen vor der von Elektroautos sind noch Innovationssprünge, Effizieinmaligen Chance, den Verbrennungsmotor in die enzsteigerungen und Kostenreduktionen zu erwarten. Geschichtsbücher zu verbannen. Ein mögliches Szenario für die Mobilität der Zukunft könnte folgendes Eine andere Frage ist die immer wieder angesprosein: Wenn Menschen im urbanen chene Erhöhung der gesamten Bereich feststellen, dass Elektrobenötigten Energiemenge. Der autos komfortabel, kostengünstig Energiebedarf in Österreich liegt bei etwa 70 TWh jährlich. Der EnerEMISSIONEN und vor allem leise sind, werden sie gieverbrauch von fünf Millionen Betrieb (CO2/km) / Total Dieselfahrzeuge nicht mehr länger (Herstellung Treibstoff Elektroautos (aktueller Stand 2017: akzeptieren. Mittelfristig werden und Produktion Fahrzeug, autonom fahrende Autos, U-Bah4,9 Millionen pkw) macht etwa 10 Laufleistung 200.000 km) nen, Shuttlebusse oder Drohnen bis 15 TWh aus – entspricht also etwa 15 bis 20 Prozent des aktueluns und unsere Produkte befördern. Hybrid (Toyota len Gesamtverbrauchs. Nachdem Dabei wird zusätzlich einer der Auris): 128 g / 184 g auch die Produktion von Treibstofgrößten Risikofaktoren im Straßenfen elektrische Energie verbraucht, verkehr eliminiert: der Fahrer. Das Benzin (Golf, BMW 535): 150–250 g / 210–340 g die zur Gänze entfallen würde, Laden des Fahrzeugs wird vom Auto rechnet der vcö mit einem Mehrselbstständig durchgeführt und die Diesel (BMW 320d): 170 g / 231 g verbrauch von rund acht Prozent, heute aktuellen Fragen nach Reichwürden wirklich alle kfz elektrisch weite und Ladenetz werden beantGas (Skoda Octavia, Erdgas / Biogas): 108–0 wortet sein. Wir werden künftig fahren. Ein durch den Ausbau von erneuerbarer Energieproduktion, Autos nicht mehr besitzen, sondern Wasserstoff: 0 / 108–327 g (abhängig vom Strommix) Verwendung von dezentral und pribedarfsgerecht das jeweils benötigte vat erzeugter Energie und künftige Transportmittel buchen. Elektro (Tesla S): 0 / 50–178 g (abhänDie Grenzen zwischen öffentliintelligente Stromnutzung kompengig vom Strommix) sierbares Ausmaß. Investitionen in chem und Individualverkehr werden sich auflösen, da beides über Infrastruktur wären jedoch zwinElektro (Nissan Leaf ): 0 / 37 g (Ökostrom) gend nötig, um die benötigte Enerintegrierte Systeme gebucht werden gie in kurzer Zeit an den Ladestatikann und die Verkehrsmittel nur QUELLE: alainveuve.ch/wponen an die Autos abzugeben. Dies noch durch ihre Größe und die Reicontent/uploads/CO2-Emisbedeutet vor allem die Installation segeschwindigkeit unterschieden sionsvergleich-Rotta.pdf

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BILDER BMW, Martin Mühl

BMW präsentierte kürzlich in New York diesen rein elektrisch betriebenen Mini Cooper Classic – er bleibt leider ein Einzelstück.

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werden. Die für den Transport benötigte Energie wird elektrisch sein und wir werden diese lokal und dezentral auf unseren Dächern oder Wänden erzeugen und in unseren Kellern oder Autos speichern. Da Fahrzeuge der nächsten Generation nicht mehr durchschnittlich 23 Stunden parken, sondern im Idealfall 23 Stunden im Einsatz sind, werden diese wesentlich effizienter betrieben, als das bisher der Fall ist. Die Anzahl der Fahrzeuge sinkt und es werden sich neue Möglichkeiten für die Flächennutzung ergeben. In zwei Jahrzehnten werden wir uns nicht mehr erinnern können, wie laut, stinkend und aggressionsgeladen unsere Straßen und Städte zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren.

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NÄCHSTE SCHRITTE Sämtliche Technologien sind bereits vorhanden oder in Entwicklung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind noch offen. Die wesentliche Herausforderung liegt mittlerweile weniger beim autonomen Betrieb des Fahrzeugs als vielmehr beim Mischbetrieb autonom und manuell betriebener Fahrzeuge. Neben offensichtlichen Argumenten wie Lärm- und Abgasemissionen sind vor allem die höhere Effizienz, das einfache Konstruktions-

BILDER BMW, Martin Mühl

» Die Potenziale von Benzinund Dieselmotoren sind weitgehend ausgereizt.« prinzip und somit geringe Kosten durch Wartung und Betrieb sowie ein einfaches und risikoloses Laden relevant. In Kombination mit lokaler und privater Stromproduktion kann dies zu Unabhängigkeit des Konsumenten von Stromkonzernen und einer Demokratisierung des Energiemarktes führen. Ob diese eintritt, hängt davon ab, wer den Veränderungsprozess des Energiemarktes rascher nutzt. Eine wesentliche Aufgabe ist die Klärung der Sicherheits- und Datenschutzproblematik. Smarte Stromnutzung liefert dem Anbieter ein detailliertes Nutzungsprofil und der Prozess von Buchung, Routing und Abrechnung liefert Bewegungsprofile. Aufgrund unserer hohen Abhängigkeit von Energie und Mobilität sind diese Systeme (und vor allem die Bündelung beider) ein interessantes Ziel für Angriffe. Auf die Frage, welche Maßnahmen die deutsche Autoindustrie jetzt ergreifen müsse, um die Dieselkrise zu überwinden, meinte der deutsche Mobilitätsexperte Ferdinand Dudenhöffer in einem Interview mit Hanno Settele: Sie müsse gar nichts machen, aber dann mache es eben Google. Wir stehen vor erheblichen Transformationen von drei unser Leben bestimmenden Systemen. Es liegt an uns, die Richtung der Entwicklung unserer Mobilität, Logistik und Energieproduktion vorzugeben.

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Martin mit seinem umgebauten E-Käfer. Er lädt ihn mit Solarstrom vom eigenen Hausdach und fährt ihn täglich.

RECYCLINGAUTO Autoliebhaber, die ihre liebgewonnenen Wagen in Handarbeit in Elektrofahrzeuge umbauen – ein Werkstattbesuch.

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TEXT & BILD

Armin Rudelstorfer

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ie Produktion eines Autos verursacht etwa sieben Tonnen CO2-Emissionen. Nach 200.000 bis 300.000 km und durchschnittlich 18 Jahren werden die meisten Autos entsorgt. Dass dies auch anders geht, zeigen Elektroauto-Umrüster wie Martin. Zwei Wochen und 11.000 Euro hat es gebraucht, um Martins VW Käfer zu sanieren und zu elektrifizieren. Sein Auto ist der einfachste und kostengünstigste Umbau unter allen hier erwähnten. Die einfache Basis des Käfers ermöglicht einen Umbau in drei bis vier Tagen. Aufgrund des geringen Gewichts genügen kompakte Akkukapazitäten für eine akzeptable Reichweite. Unterstützung bei der Sanierung und Elektrifizierung des Käfers hat Martin von Heiko bekommen. Heiko ist Mitbegründer des nach ihm benannten auf Umrüstung spezialisierten Unternehmens Fleck in Norddeutschland. Dort wurde unter anderem ein DeLorean, das zeitreisende Auto aus dem Film »Zurück in die Zukunft«, elektrifiziert. Der geschäftige Pionier der Elektromobilität besitzt und nutzt mehrere Elektroautos, hat geschätzt etwa 30 Fahrzeuge selbst umgebaut und teilweise verkauft. Er versorgt andere Umbauer mit Komponenten und Bausätzen und schätzt, dass 300 bis 400 Fahrzeuge seine Handschrift tragen. Neben vielen anderen haben Silvio und Mario Motoren und Controller von Heiko verbaut.

VON ASTRA BIS JAGUAR Silvio rollt seinen VW-T3-Bus aus der Garage im oberösterreichischen Oftering – zumindest klingt es so, obwohl er fährt. Ein konventioneller T3 fällt negativ auf, da er – gemessen an heutigen Autos – sehr laut ist und

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mangels Katalysator eine deutliche Geruchsbelästigung bedeutet. Nicht jedoch Silvios T3, denn dieser wird durch einen leisen und leistungsstarken Elektromotor angetrieben. Silvio hat den Bus günstig erstanden und ihn in etwa 500 Arbeitsstunden und mit einer Investition von etwa 15.000 Euro zu einem Elektroauto umgebaut. Mario Reitermayr werkt etwa 50 km Luftlinie entfernt bei Ottensheim und baut als Akkumobil Autos für Kunden in Elektrofahrzeuge um. Da die Szene der Elektro-Umrüster klein ist, kennen sich die beiden. Marios privates Projekt: ein Jaguar XJ12 Baujahr 1985 in hervorragendem Zustand, den er ohne Motor erworben hat. Mit seinem noblen, aber trinkfreudigen 12-Zylinder-Motor hatte der Jaguar zwei Tanks – die beiden Tankdeckel dienen mittlerweile als Stecker für die beiden Ladegeräte. Die Noblesse hat das Auto behalten, den Motor hat Mario durch einen Elektromotor mit 75 Kilowatt Spitzenleistung ersetzt.

Bereitgestellt wird elektrische Leistung von gebrauchten Akkus eines verunglückten Teslas: Recycling auf vielen Ebenen. Richard fährt einen etwa 20 Jahre alten Opel Astra, der von ihm in 600 bis 700 Arbeitsstunden und mit 20.000 Euro Aufwand in zwei Jahren zu einem Elektro-Astra adaptiert wurde. Mittlerweile fährt Richard seit vier Jahren täglich mit dem Auto und nach anfänglichen Problemen mit Bremsen und dem Motorcontroller läuft der Astra heute wartungsfrei und fast ohne laufende Kosten.

PIONIERGEIST Die fünf verbindet Pioniergeist, der Wunsch nach individueller und selbstgestalteter Mobilität, ausgeprägtes technisches Verständnis und Unverständnis für lärmende, stinkende und ineffiziente Fahrzeuge. Ökologische Motive spielen mit, waren aber nur teilweise entscheidend. Sie alle besitzen mehrere, meist ältere Fahrzeuge, nutzen jedoch

Heiko beliefert E-Umrüster von Norddeutschland bis ins tiefste Oberösterreich (fleck-elektroauto.de). Es war anfangs der Gestank der Dieselabgase, der den Vater von vier Kindern für die Elektromobilität begeistert hat.

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40 Der 44-kW-Motor liefert 75 kW Spitzenleistung im Jaguar. Er wird von Batterien mit einer Gesamtleistung von 55 kWh gespeist, die aus einem verunfallten Tesla stammen.

»Mit seinem noblen, aber trinkfreudigen 12-Zylinder-Motor hatte der Jaguar zwei Tanks – Die beiden Tankdeckel dienen mittlerweile als Stecker für die beiden Ladegeräte.« Biorama 054_018-045_Story1.indd 40

Der Profi-Umrüster Mario Reitermayr (akkumobil.at) mit seinem künftigen Alltagsfahrzeug. Einem Jaguar XJ aus dem Baujahr ’85.

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Silvios provisorisches Kontrollpanel liefert ihm Überblick über den Zustand sämtlicher elektrischer Komponenten seines T3-Busses.

im täglichen Betrieb ein Elektrofahrzeug. Reichweiten zwischen 100 und 250 Kilometern ermöglichen allen eine uneingeschränkte Mobilität im Alltag, ebenso wie sie alle von problemlosem, wartungsfreiem und kostengünstigem Betrieb ihrer Fahrzeuge schwärmen. Verschleiß spielt kaum eine Rolle.

INDIVIDUELLE ÖKOBILANZ Die Beweggründe der Umbauer reichen von Bastler- über Autoleidenschaft bis hin zu Begeisterung für die Effizienz des Antriebs. Heiko betont mehrfach, wie sehr ihn die Geruchsemission der Dieselfahrzeuge störe. Heiko und Mario laden ihre Fahrzeuge darüber hinaus mit selbstproduzierter Solarenergie und zumindest für Heiko war der Überschuss an elektrischer Energie aus eigener Produktion der Anstoß für den ersten Umbau. Die genauen Zahlen zur Ökobilanz der Akkus können sie nicht liefern. Silvio, Heiko und Mario verwenden gebrauchte Lithium-Ionen-Akkus. Heiko ist überzeugt, dass aktuelle Akkus bei guter Pflege 400.000 bis 600.000 Kilometer Laufleistung schaffen. Richard betrachtet den Umbau eines Oldtimers aus ökologischer Sicht als durchaus problematisch, da die Energiebilanz je gefahrenen Kilometer bei einem kaum bewegten Auto naturgemäß nicht optimal ist. Die Frage nach der Ökobilanz eines Umbaus kann somit nur individuell und abhängig vom Fahrverhalten betrachtet werden. Die Kosten eines Umbaus hängen vom Fahrzeug, der gewünschten Reichweite, Motorleistung, Ladeleistung beziehungsweise -dauer und dem Eigenanteil am Arbeitsaufwand ab. Sie liegen im Bereich von 10.000

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Wo früher ein lauter und geruchsintensiver Verbrennungsmotor gewerkt hat, findet nun ein deutlich kompakterer Elektromotor seinen Platz.

Silvio mit einem seiner drei Elektrofahrzeuge. Der T3 wurde von ihm nicht nur zum E-Bus, sondern auch zum Camper umgebaut.

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Richard vor seinem Astra am Ort der einstigen Transformation. Er nutzt den Opel nun seit vier Jahren als Alltagsauto.

»Der Umbau eines Oldtimers, der nur an Schönwettertagen zum See gefahren wird, ist ebenso unwirtschaftlich wie der Oldtimer selbst.« Biorama 054_018-045_Story1.indd 42

adaptieren. Würde man ein Elektroauto mit einem Verbrennungsmotor versehen wollen, wäre dies deutlich komplexer.

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bis 50.000 Euro – nach oben wie immer offen. Ob sich das lohnt, hängt von der Art der Nutzung ab, da die laufenden Kosten durch einen Umbau sinken. Sowohl für Treibstoff, Reparaturen, aber auch Steuern. Der Umbau eines Oldtimers, der nur an Schönwettertagen zum See gefahren wird, ist ebenso unwirtschaftlich wie der Oldtimer selbst – Wirtschaftlichkeit ist aber nie ein Grund für einen Oldtimer. Grundsätzlich ist der Umbau aufgrund des einfachen Funktionsprinzips des elektrischen Antriebs nicht aufwändig. Es sind lediglich der Elektromotor, die Steuerungselektronik (Controller), ein Ladegerät und die Batterien einzubauen. Die Batterien können mehrere Hundert Kilo wiegen und stellen hinsichtlich ihres Volumens eine Herausforderung dar. In der Regel werden sie unter dem Auto oder verteilt im Koffer- und Motorraum angebracht. Da der Bremskraftverstärker, die Servolenkung und die Heizung vom Verbrennungsmotor angetrieben werden, sind diese entsprechend zu

Die Frage nach der wirtschaftlichen Tragfähigkeit, in diesem Bereich unternehmerisch tätig zu sein, können Mario und Heiko klar beantworten: Beide sind bis Ende 2018 ausgebucht. Der Elektroumbau ist ein kleiner, aber funktionierender Markt. Elektromobilität wird nachgefragt. Die eingesetzten Komponenten sind technisch ausgereift, aufgrund der geringen Stückzahlen aber von wirtschaftlicher Reife noch weit entfernt. Batterien sind mittlerweile langlebig und belastbar, Energiedichte und Reichweite allerdings noch stark ausbaufähig. Auch für Anwendungen in kritischen Umgebungen ist die Technologie geeignet: Eines von Heikos aktuellen Projekten ist der Umbau von zwei Land-Rover-Geländewagen in Tansania. Der Einsatz in Naturparks und die geringe Dichte an konventioneller Tankinfrastruktur motivierten die Betreiber zum Umbau. Die Energie wird dort autonom per Photovoltaik erzeugt. Für Menschen abseits der afrikanischen Abgeschiedenheit bietet der Umbau die Möglichkeit einer emotionalen Kombination aus Individualität, Innovation und einem Hauch Science-Fiction. Nicht nur beim elektrischen DeLorean.

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WER EINMAL AUFS E-BIKE KOMMT … … der kommt auf den Geschmack. Ein Großversuch in Norwegen zeigt, dass E-Bikes Menschen aufs Rad bewegen.

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issenschaftler am Institut für Transportökonomie im norwegische Oslo und an der Fakultät für Umwelt der Universität im britischen Leeds wollten herausfinden, ob E-Bikes tatsächlich dabei helfen, Menschen zum Fahrradfahren zu animieren. Schließlich ist eines der Versprechen von E-Bike-Herstellern, durch die Unterstützung aus dem Akku Menschen dazu zu motivieren, sich in ihrem Alltag gesünder zu bewegen. Für ihre Studie haben die Wissenschaftler im Großraum Oslo, wo fast ein Viertel der norwegischen Bevölkerung lebt, eine Umfrage durchgeführt. Abgefragt wurde die allgemeine Einstellung zum Fahrrad. Anschließend wurden einem Teil der Befragten für einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen E-Bikes zur Verfügung gestellt. Nach Rückgabe der E-Bikes wurden die Probanden erneut befragt, mit dem Ziel herauszufinden, ob sich ihre Einstellung geändert hatte. Die Studie hat einige interessante Ergebnisse zutage gefördert. Diejenigen der Befragten, die am wenigsten Fahrrad fahren, zeigten das größte Interesse am Kauf eines E-Bikes, während diejenigen Befragten, die am häufigsten Fahrrad fahren, das geringste Interesse am Kauf eines E-Bikes zeigten. Daraus folgern die Mobilitätsforscher, dass E-Bikes wohl nicht zu einer Reduktion des Radverkehrs ohne Elektroantrieb führen werden, allerdings zu einer Zunahme des Radverkehrs insgesamt zu Lasten anderer Verkehrsmittel. E-Bikes sind für regelmäßige Radfahrer offenbar kein attraktives Angebot – wohl aber für Fahrrad-Neulinge. Die Forscher waren davon ausgegangen, dass viele Bewohner des hügeligen Umlands von Oslo gerade wegen der vielen Steigungen, die es auf Wegen dort zu bewältigen

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gilt, Interesse an E-Bikes haben dürften. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Hügellage der Region nur mittelmäßig relevant für die Einstellungen zum Fahrrad bzw. E-Bike ist. Was sich allerdings bestätigte, war die Vermutung, dass die Probanden das E-Bike als Tool wahrnehmen, dass ihre Gesundheit verbessern kann. »Diejenigen, die am E-Bike-Versuch teilgenommen haben, gaben an, dass sie die Extrapower des Motors für mehr Geschwindigkeit genutzt haben, auch bergauf und für längere Strecken ohne ins Schwitzen zu geraten«, schreiben die Autoren der Studie. Die Befragung am Ende des Versuchs ergab außerdem eine Veränderung in der Preiswahrnehmung: Die »willingness to pay« erhöhte sich während der Testphase. Das heißt: Wer während des Versuchs in den Genuss der E-Bike-Mobilität kam, war am Ende bereit, mehr für ein E-Bike auszugeben, als zuvor. »Die Leute sind sich der Vorteile von E-Bikes nicht bewusst. In Ländern, in denen E-Bikes noch keine starke Marktposition haben, können das Verbreiten von Wissen über E-Bikes und Möglichkeiten, sie auszuprobieren, eine effektive Strategie darstellen, mehr Menschen zum Kauf eines E-Bikes zu motivieren.« Allerdings schrecke der hohe Anschaffungspreis noch viele Menschen ab. Einiges von dem, was die Forscher in Norwegen herausgefunden haben, dürfte auch in anderen Teilen Europas gelten. Die Studie »A push to cycling—exploring the e-bike‘s role in overcoming barriers to bicycle use« von Asla Fyhri, Eva Heinen, Nils Fearnley und Hanne Beate Sundfør ist im Oktober 2017 erschienen.

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ULLA RASMUSSEN IM INTERVIEW

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INTERVIEW

Martin Mühl

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BILD istock.com / Alice Fox, VCÖ

Wer auch Bus, Bahnen und Fahrrad dazuzählt, kann mit E-Mobilität etwas verändern. Ein Interview mit Ulla Rasmussen, Expertin des Verkehrsclubs vcö.

Wie schätzt der vcö Elektromobilität ein? Das un-Klimaabkommen von Paris gibt unmissverständlich vor: Bis zum Jahr 2050 muss der Verkehr unabhängig von Erdöl und anderen fossilen Energieträgern werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind aus Sicht des vcö drei wesentliche Grundschritte zu setzen: 1. Verkehr vermeiden: Hier sind Raumordnung und Siedlungsentwicklung zentral. 2. Verkehr verlagern: Das bedeutet: mehr öffentlicher Verkehr und mehr Radverkehr statt Auto. 40 Prozent der Autofahrten betreffen Strecken unter fünf Kilometern – bei entsprechender Infrastruktur können viele aufs Fahrrad verlagert werden. 3. Verbrauch verringern: Und hier spielt die E-Mobilität eine zentrale Rolle. Der E-Motor ist a) wesentlich effizienter – verbraucht also weniger Energie – und hat b) den Vorteil, dass er mit Strom aus erneuerbarer Energie angetrieben werden kann – Strom, der regional erzeugt werden kann, im Gegensatz zu den Erdölimporten aus Staaten, in denen meist große Defizite hinsichtlich Demokratie und Menschenrechten bestehen wie etwa Saudi-Arabien. Unter welchen Bedingungen bringt Elektromobilität die größten Veränderungen? Die größte Veränderung hin zu einem umwelt-

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verträglichen Verkehrssystem ist dann möglich, wenn die E-Mobilität in ihrer gesamten Bandbreite genutzt wird. Zum einen die Bahnen, Straßenbahnen und U-Bahnen, die schon seit mehr als 100 Jahren mit Strom angetrieben werden. Zum Zweiten gilt es, das Potenzial von E-Fahrrädern viel stärker zu nutzen: 60 Prozent der Autofahrten sind kürzer als zehn Kilometer – mit Elektrofahrrädern sind auch Distanzen von 15 Kilometern für viele gut machbar. Nötig ist dafür eine gute Infrastruktur für den Radverkehr. Zum Dritten E-Carsharing forcieren, wie dies etwa bei einem Projekt im steirischen Vulkanland forciert wird. Wesentlich ist

»60 Prozent der Autofahrten sind kürzer als zehn Kilometer – mit Elektrofahrrädern sind auch Distanzen von 15 Kilometern für viele gut machbar.« 28.03.18 11:45


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ULLA RASMUSSEN IM INTERVIEW

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EIGENBAU AUS UNGEDULD Zukünftige Mobilität heißt zwingend auch: überflüssige Fahrten vermeiden. Das bedeutet für die Deutsche Post: die letzte Meile optimieren und Transportfahrten, wo immer möglich, vermeiden. Das geschieht derzeit über intelligente Routenplanung, neue Auslieferungsmodelle, Packstationen oder private Paketkästen. Für die nötigen Fahrten hat die Deutsche Post, da kein passendes Fahrzeug auf dem Markt war, Streetscooter-Fahrzeuge, E-Bikes und E-Trikes entwickelt und in Eigenregie produziert. Mittelfristig möchte das Unternehmen seine gesamte Brief- und Paketzustellflotte durch Elektrofahrzeuge ersetzen, betrieben mit Strom aus erneuerbaren Quellen.

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»Die Hersteller sind zu langsam – was dazu geführt hat, dass die Deutsche Post ihre E-Transporter selber herstellt.« auf 50 Gramm CO2 / Fahrzeugkilometer, mit Ökostrom auf 24 Gramm CO2 / Fahrzeugkilometer. Für Deutschland liegt der Wert laut einer Studie der Vrije Universiteit Brussel für E-Autos bei etwas mehr als 100 Gramm CO2 / Fahrzeugkilometer. Welche Rolle spielen hier Wohn- und Arbeitsort? Das E-Auto ist für ländliche Gegenden ideal, weil hier die Zahl der Einfamilienhäuser hoch ist und über die Garage leicht geladen werden kann – idealerweise mit Photovoltaikanlage am Dach. Gleichzeitig sind auch in der Region rund 95 Prozent der Autofahrten kürzer als 50 Kilometer. Inwieweit geht es bei Elektromobilität auch um Berufsverkehr oder Gütertransport? Das Potenzial ist absolut vorhanden, ebenso die Bereitschaft vieler Unternehmen. Gerade bei den Zustelldiensten, aber auch bei Handwerkern oder Bäckern sind E-Fahrzeuge ideal. Das Problem ist, dass die Hersteller zu langsam sind – was dazu geführt hat, dass die Deutsche Post ihre E-Transporter selbst herstellt. Gibt es nach Einschätzung des vcö einen Zusammenhang zwischen Elektromobilität und anderen Trends wie neuen Modellen von Besitz und Leasing und überhaupt anderen Mobilitätsmodellen? Insgesamt verbessert Carsharing die Kostenbilanz von e-pkw. Denn dem höheren Anschaffungspreis stehen deutlich niedrigere Kosten beim Betrieb gegenüber. Wird ein E-Auto viel genutzt – wie das bei Carsharing der Fall ist –, rechnet sich das E-Auto schneller. Seit 1988 ist der VCÖ eine auf Mobilität und Transport spezialisierte gemeinwohlorientierte Organisation. Ihre Zielsetzung lautet: »ein ökologisch verträgliches, ökonomisch effizientes und sozial gerechtes Verkehrssystem«.

BILD Deutsche Post AG

zudem, dass der suv-Boom und der Trend zu »größer, breiter, schwerer« bei Autos beendet wird und stattdessen eine »Diät« kommt. Groß ist das Potenzial auch im urbanen Gütertransport durch E-Transporter – wie sie etwa die Deutsche Post bereits sehr stark einsetzt – sowie E-Cargo-Bikes. Welchen Unterschied macht der heimische Strommix, der dank Jahrzehnten mit viel Wasserkraft besser ist als der Deutschlands und anderer Länder? Dank des hohen Anteils von Wasserkraft und des wachsenden Anteils von Strom aus Sonne und Windenergie weist die E-Mobilität hierzulande eine deutlich bessere CO2-Bilanz auf als in Deutschland, wo noch immer Kohlekraftwerke eingesetzt werden. Mit österreichischem Strommix kommen e-pkw laut Umweltbundesamt in ihrer Gesamtbilanz aus Herstellung Fahrzeug, Bereitstellung Energie, Recycling und dergleichen

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SMART GRID

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Armin Rudelstorfer

STROM NEU NÜTZEN BILD istock.com / chinaface

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Wie in weit zurückliegender Vergangenheit kann künftig Energieerzeugung und –verbrauch örtlich beieinander liegen und doch ganz neu gesteuert werden.

rüher war Energieproduktion sehr einfach. Einige wenige Unternehmen betrieben einige wenige große Kraftwerke. Der Strom wurde über Hochspannungsnetze zu den Städten transportiert und dort verbraucht. Nun sind wir hier Mitten in einem Wandel. Die Anlagen entstehen dort, wo die Energie – meist Wind oder Sonne – verfügbar sind, sind deutlich kleiner als die etablierten Kraftwerke und speisen vor allem keine konstante oder kalkulierbare Energiemenge in die Netze. Man benötigt Speicherlösungen und Strom muss noch mehr als bisher

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vom Ort der Produktion zum Ort des Verbrauchs transportiert werden. Noch früher haben wir vorhandene Energie am Entstehungsort genutzt und Mühlen an Bächen und Städte an Flüssen gebaut. Damals war dies notwendig, heute wäre es immer noch effizient. Private Photovoltaikanlagen finden immer weitere Verbreitung und private Stromspeicher sind keine Utopie mehr. Wir benötigen aber eine Integration in die bestehenden Stromnetze – und diese müssen Intelligent gemanagt werden. Smart

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Handels GesmbH

SMART GRID

Grids koordinieren Produktion, Speicherung, Netzeinspeisung und Verbrauch. Letztendlich ist ein Smart Grid ein digitaler Marktplatz für elektrische Energie, die im Gegensatz zur Strombörse auch Privatkunden zugänglich ist. Intelligente Vernetzung ermöglicht angebotsund nachfrageabhängigen Energieaustausch, effiziente und demokratische Energienutzung, einen hohen Grad an erneuerbaren Energien und mitunter Unabhängigkeit von großen Anbietern – sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

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Möglich sind aber nicht nur private Photovoltaikanlagen, auch Energierückgewinnung über Wärmetauscher, kleine Wasserkraftgeneratoren oder private Windkraftanlagen könnten in Haushalten und für private Unternehmen eine Rolle spielen. Wärmetauscher führen die Abwärme von Anlagen oder Abwasser in eine nutzbare Energieform zurück. Sie werden derzeit primär in Industrieanlagen angewendet. Solche Anlagen in kleinerem Maßstab für eine nicht-industrielle Anwendung wären jedoch möglich. Solarpanele werden ebenso immer kleiner und flexibler und können wie das per Crowdfunding finanzierte Modell »Simon« auf jedem Balkon eingesetzt werden. Bei der Produktion von schwankender Energie wie Photovoltaik – die Produktion findet statt, wenn die Sonne scheint, der Verbrauch aber mitunter Abends und Nachts – kann die im Haushalt nicht verbrauchte Energie in das öffentliche Stromnetz abgegeben oder in Heimspeicher für den späteren Verbrauch gespeichert werden. Der wesentliche Vorteil lokal produzierter Energie: In der Regel wird sie ökologisch gewonnen und oft werden dafür bereits vorhandene bauliche Strukturen – etwa Dächer – genutzt.

SPEICHERUNG Bei der lokalen Speicherung von Energie sind große Pumpspeicherwerke ungeeignet, hier werden primär Batteriespeicher angewendet. Die Speicherung von elektrischer Energie ist dabei nach wie vor ein zentrales Problem von Elektrizität. Bis vor zwei Jahrzehnten war primär die robuste aber ineffiziente und wenig haltbare Technologie der Bleiakkus verfügbar. Gegenwärtig bieten aktuelle Lithium-Ionen- oder LithiumEisenphosphat-Technologien erstmals beständige und effiziente Technologien zur Speicherung von Strom. Lösungen zur Heimspeicherung sind unter anderem von Tesla oder Kreisel zur wirtschaftlich kalkulierbaren Preisen verfügbar. Batteriespeicher bieten zudem den Vorteil, dass sie eine Reaktion auf Strombedarf innerhalb von Millisekunden ermöglichen und nicht wie ein Kraftwerk erst minuten- bis stundenlang »hochgefahren« werden müssen. Eine alternative Speichertechnologie wäre Powerto-Gas, wobei eine Umwandlung des überschüssigen

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»Eine Diskussion über Smarte Energiesysteme ist untrennbar mit Fragen nach IT-Sicherheit und Datenschutz verbunden.«

Stroms per Elektrolyse in Wasserstoff und in Folge mit CO2 in Methan erfolgt. Kalorische Energieträger sind einfacher speicherbar als Strom und können in vorhandene Gasnetze eingespeist werden. Wasserstoff kann per Brennstoffzelle einfach in elektrischen Strom rückgewandelt werden. Der Gesamtprozess ist aber aufwendig und sein Wirkungsgrad ist relativ schlecht bei etwa 25 Prozent. Die Verfügbarkeit von kosteneffizienten und wartungsarmen Kleinanlagen wäre jedoch auch diese Technologie denkbar. Der gegenwärtige Boom im Bereich der Elektromobilität führt nicht nur zu rascheren Entwicklungssprüngen und Kostensenkungen bei Speichertechnologien, sondern vielmehr dazu, dass in Haushalten ein zusätzlicher Batteriespeicher durchschnittlich 23 Stunden täglich ungenutzt in der Garage parkt. Wird das Elektroauto in das intelligente Netz integriert (Vehicle-to-Grid) kann es bei entsprechender intelligenter Nutzung als zusätzlicher Smart-Grid-Faktor eine gewichtige Rolle spielen.

INTELLIGENTE VERBINDUNG DER ELEMENTE Im Stromnetz wie auch in lokalen dezentralen Netzen sind sowohl das Stromangebot als auch der Verbrauch variabel und nur bedingt kalkulierbar. Um diese unterschiedlichen Faktoren zu koordinieren, benötigt es intelligente Steuerung, Information und deren automatisierte Verarbeitung. Die einfachste und seit Jahrtausenden funktionierende Variable für diese Information ist der Preis. Der Austausch auf Strombörsen erfolgt moderiert über den Preis und für den privaten Teilnehmer ist diese ebenfalls möglich. Bei hohem Angebot an Energie, ist der Preis gering – oder teilweise sogar negativ – und die Verbraucher können problemlos Strom aus dem Netz ziehen oder Stromspeicher aufladen. Bei hoher Nachfrage sinkt das Angebot und der Preis steigt. Mit dem Preis steigt auch der Anreiz, die Energie rückzuführen oder Strom aus den Speichern wieder abzugeben. Die Schwankungen können gering sein und dieser Prozess muss automatisiert werden. Dazu ist eine Informationsinfrastruktur nötig, die alle Komponenten vom Stromanbieter, über den Heimspeicher bis zur Waschmaschine verbindet. Neben fle-

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xiblen Stromtarifen ist auch ein Smartmeter, also ein intelligenter Stromzähler, nötig. Und dieser hatte aufgrund potenzieller Sicherheitsprobleme und Datenschutzbedenken keinen glorreichen Start. Das Hacken eines Smartmeters eines Linzer Energieversorgers dauerte aufgrund von Sicherheitslücken nur zehn Minuten. Eine Diskussion über smarte Energiesysteme ist somit untrennbar mit Fragen nach IT-Sicherheit und Datenschutz verbunden. Allerdings werden ähnliche Steuerungsmechanismen längst in anderen Bereichen wie beispielsweise automatisierten Finanzhandelssystemen angewandt. Die Regel ist einfach: Bei niedrigem Preis, verbrauche Strom! Ist er hoch, dann versuche, es zu vermeiden! Ziel sollte sein, dass auch unsere Geräte dieser Regel folgen – etwa indem sie zu Zeitpunkt des niedrigsten Preises angewiesen werden, die Wäsche zu waschen. Gegenüber den etablierten Großstrukturen produzieren und speichern Smartgrids die Energie am Ort des Verbrauchs. Eine weitere Form von intelligentem Umgang mit Energie könnte die smarte Konzeption von

»Womöglich werden Energieanbieter künftig ihre Rolle nicht mehr als Stromproduzenten, sondern als Energiedienstleister sehen.« Standorten sein. Wenn in vorindustrieller Zeit Müller oder Sägewerke ihre Gebäude an Flüssen errichteten, dann taten sie das, um die lokal vorhandene Energie zu nutzen. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit wäre die Bewertung von Standorten anhand der potenziell nutzbaren Energie ein Denkanstoß für Unternehmen und Gemeinden.

NOCH KANN GESTALTET WERDEN Die Veränderungen in der Stromproduktion finden statt – kleinere Strukturen und Batteriespeicher werden sich ergänzen. Die aktuellen Entwicklungen im Bereich Elektromobilität entwickeln sich in eine ähnliche Richtung. Etablierte Energieanbieter erkennen dies und betreiben Forschungsprojekte mit Batteriespeichern und testen Smartgrids. Womöglich werden sie künftig ihre Rolle nicht mehr als Stromproduzenten, sondern als Energiedienstleister sehen. Für die Haushalte kann diese zu mehr Kontrolle über die Energieproduktion

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Unternehmen wie Tesla und Kreisel (Bild), aber auch klassische Stromspeicherhersteller wie Varta, bieten immer mehr Speicherlösungen für Eigenheim und kleine Unternehmen an.

und einem höheren Anteil erneuerbarer Energie führen. Die Kosten sind nicht direkt vergleichbar, da eine Verschiebung von laufenden Kosten zu langfristigen Investitionen erfolgt. Zusätzlich zur intelligenten Steuerung für den Strom sind flexible Tarife und ein intelligente Haus- und Gerätesteuerung nötig. Die eigene Produktion und Speicherung ist für Integration ins Smartgrid nicht zwingend nötig, jedoch im Sinne des ökologischen Grundgedanken sehr empfehlenswert. Neben der Elektromobilität können Smartgrids den zweiten große Umbruch für die Energieproduktion des 21. Jahrhunderts darstellen. Die etablierten Energieproduzenten stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie Automobilhersteller. Sie müssen ihre Rolle in einer veränderten Energiezukunft neu definieren, in der Elektrizität kalorische Energieträger weitgehend ersetzen wird. Großkraftwerke und Hochspannungsnetze können durch Smartgrids entlastet, jedoch auf absehbare Zeit nicht ersetzt werden. Der Energiemarkt für Haushalte wird jedenfalls an bestehende Informationsnetze integriert und digital werden. Diese Änderung ruft derzeit neue Mitspieler aus der digitalen Welt auf den Plan und Amazon steigt gerade in diesem Markt ein. Noch kann dieser Prozess gestaltet werden.

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1.982 Grundwassermessstellen in Österreich werden bis zu zwölfmal im Jahr untersucht, so wird die Wasserqualität ständig beobachtet. In Österreich ist die Wassergüte durchwegs gut – und gerade deswegen müssen wir sehr genau auf sie Acht geben. Um Grundwasserkörper zu schützen, werden auch Schadstoffe genau beobachtet. Nitrat spielt in der industriellen Landwirtschaft eine wichtige Rolle als Düngemittel, im Grundwasser kann es in erhöhten Konzentrationen aber zu Problemen führen. Deswegen gibt es Programme, die den Landwirtinnen und Landwirten in Österreich helfen, nicht nur Lebensmittel zu produzieren, sondern auch durch Vermeidung von Nitrateinträgen die Gewässer zu schützen.

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WIR FEIERN DAS WASSER Der Welt-Wassertag findet jedes Jahr am 22.3. statt und stand heuer unter dem Motto »Wasser & Natur«. Diesmal widmete sich der Weltwassertag der Suche nach naturbasierten Lösungen für sauberes Wasser. Die Nutzung natürlicher Potenziale von Ökosystemen stand dabei im Zentrum. Der Aktions- tag wurde 1993 von der unesco ins Leben gerufen und will auf die Bedeutung des Wassers für die gesamte Menschheit aufmerksam machen. Mehr Infos zum Weltwassertag und den Events gibt es unter wasseraktiv.at oder generationblue.at.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BMNT

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Durst macht aus Wasser Wein – denn nichts ist unverzichtbarer als sauberes, trinkbares Wasser. Deshalb wird die Wasserqualität auch regelmäßig überprüft.

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WASSER AKTIV

NITRAT-AKTIONSPROGRAMMVERORDNUNG Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe – in Form von gelöstem Nitrat gelangt es in die Pflanze, im Boden und im Grundwasser ist es in zu hohen Dosen nicht erwünscht. Beim Düngen achten LandwirtInnen daher besonders auf die Dosis.

DER BODEN.WASSER. SCHUTZ.BERATER DI Robert Schütz ist seit 2009 Boden. Wasser.Schutz.Berater in der Landwirtschaftskammer Oberösterreich und berät landwirtschaftliche Betriebe hinsichtlich der idealen Düngung.

Was ist Nitrat und was bedeutet es im Trinkwasser? Nitrat ist ein wichtiger Pflanzennährstoff. Auch der Mensch nimmt Nitrat durch die Ernährung und durchs Trinkwasser auf. Im Körper wird Nitrat zu Nitrit und ist in dieser Form ab gewissen Dosen schädlich.

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Wie können LandwirtInnen die richtige Düngehöhe ermitteln? Das ist Teil der Beratungsaufgabe in den Landwirtschaftskammern. Jede Kulturpflanze hat einen bestimmten Stickstoffbedarf und je nach Ertrag wieder einen eigenen Bedarf. Ziele ich auf einen sehr hohen Ertrag ab, wie das in der konventionellen Landwirtschaft der Fall ist, brauche ich auch mehr Dünger. Kann der Ertrag aber nicht erreicht werden– z.B. durch Dürre oder Hagel –, dann kann das überschüssige Nitrat ins Grundwasser gelangen und zum Problem werden. Das eigene Ertragspotential und die eigenen Ziele zu kennen, sind oft Thema der Beratung und ein Punkt, an dem gemeinsam mit den LandwirtInnen gearbeitet wird.

Wie sieht das in der Praxis aus – wer meldet sich bei wem? Einerseits melden sich LandwirtInnen telefonisch oder kommen zum wöchentlichen Sprechtag auf die Bezirksbauernkammern. Umgekehrt gehen auch wir in unseren 55 Arbeitskreisen »Boden. Wasser.Schutz« gezielt zu den LandwirtInnen. Insbesondere gehen wir auf jene zu, die sich in Nitratrisikogebieten befinden. Das sind Gebiete, in denen mehr als 30% der Messstellen erhöhte Nitratwerte aufweisen. In Oberösterreich betrifft das zum Beispiel die Traun-Enns-Platte, zwischen den Flüssen Traun und Enns. Die Betriebe in dieser Region werden verstärkt informiert und kümmern sich um eine sorgsame Düngung. Dafür gibt es zahlreiche Sprechtage, Workshops und andere Angebote in ganz Österreich. Mehr Infos dazu gibt es hier: lko.at und hier: bwsb.at

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Für Kleinkinder früher, Erwachsene können höhere Mengen verarbeiten. Im Grundwasser gibt es deswegen einen Grenzwert von 50 mg/l. Dieser Grenzwert wird streng überprüft.

BILD BWSB, LK OÖ

dieser Dünger wandelt sich allmählich mit mehr oder weniger großer zeitlicher Verzögerung im Boden überwiegend zu Nitrat um. Ist Nitrat erst einmal freigesetzt und im Bodenwasser gelöst, sollte es möglichst bald von den Pflanzenaufgenommen werden, sonst gelangt es in tiefere Bodenschichten bis ins Grundwasser. Am 1.1.18 trat eine Novelle zur Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung in Kraft, durch die LandwirtInnen in Gebieten mit hohen Nitratgehalten im Grundwasser strengere Auflagen haben: Die Düngung muss noch mehr an den Bedarf der Pflanzen angepasst und besser nachvollziehbar werden. Damit besteht für landwirtschaftliche Betriebe ein stärkerer Beratungsbedarf. Dieser wird von den Landwirtschaftskammern durchgeführt.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BMNT

Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe – in Form von gelöstem Nitratgelangt es in die Pflanze, im Boden und im Grundwasser ist es in zu hohen Dosen nicht erwünscht. Beim Düngen achten LandwirtInnen daher besonders auf bedarfsgerechte Menge. Nitratdünger steigert die Erträge – die Erfindung des chemisch hergestellten Mineraldüngers Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Haber-Bosch-Verfahren war einer der wichtigsten Motoren der konventionellen Landwirtschaft. Plötzlich war der wichtige Pflanzennährstoff Stickstoff schnell und günstig verfügbar und die Erträge steigerten sich rasant. Im Bio-Landbau sind nur organische Dünger wie Kompost, Mist,Gülle und stickstoffhältige Handelsdüngerorganischer Herkunft erlaubt. Auch der Stickstoff


WASSERAKTIV FACTBOX 1.982 untersuchte Grundwassermesstellen tragen dazu bei, die Trinkwasserqualität in Österreich zu sichern.

7,89 MIO. ÖsterreicherInnen sind ans Trinkwassernetz angeschlossen (= 90%).

10%

78.490 KM

BILD istock-com / Manuela Weschke / da-vooda / GreenTana / -VICTOR-

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BMNT

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Durch ein langes Netz an Leitungen fließt österreichisches Trinkwasser

135 LITER

Rund Wasser werden pro Tag und pro Person in Österreich verbraucht.* Davon:

29%

Klospülung Duschen und Baden * (Quelle: Studie WAVE von der BOKU, 2012)

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5 EINFACHE TRICKS… … wie du mit Trinkwasser sorgsam umgehst. Die Auswirkungen mögen nicht auf Anhieb bemerkbar sein, aber sie sind stark. Vieles davon hat man schon in der Volksschule gehört – das meiste gilt noch immer. Eine kleine Erinnerung:

Dusche nur kurz, nimm nur selten ein Vollbad und dreh den Wasserhahn beim Zähneputzen zu.

Iss weniger Fleisch – die Fleischproduktion und die damit verbundene Produktion von Futtermittel benötigt immense Mengen Trinkwasser.

Die restlichen bekommen Wasser aus hauseigenen Brunnen oder Quellen.

34%

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3% Trink- und Kochwasser

Wirf keine Zigarettenstummel oder sonstigen Müll in die Natur oder in den Kanal. Giftstoffe können in der Kläranlage nicht entfernt werden.

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BIER BOOMT WIE NIE Trotz Absatzrückgängen ist vor allem die Craft-Bier-Szene dafür verantwortlich, dass Qualität und Vielfalt in eine neue Dimension gerückt sind. Das merkt man auch bei Biobier. TEXT

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Micky Klemsch

erade die Industrie und die Verbände messen ihr Biergeschäft gerne in Hektolitern. Und da gab es in den letzten Jahrzehnten massive Einbrüche. In Österreich ging der Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2017 zwar mit +1,7% auf 106 Liter wieder ein wenig nach oben, in Deutschland kämpft man aber mit massiven Einbrüchen und bilanziert schon unter 102 Litern pro Kopf. Dagegen hält die Craft-Bier-Bewegung: mit handwerklich gemachten Bieren und kreativen Sorten abseits des Mainstreams. Da kostet das Glas schon einmal das Doppelte oder Dreifache, dem Bierkenner ist es das aber wert. Ein in einem alten Whiskeyfass gereifter Barley Wine – so nennt man sehr starke Biere mit Alkoholgehalt jenseits der 10 Prozent – ist mit einem aus der Fernsehwerbung bekannten Industriebier auch nicht zu vergleichen. Auch die noch spärlich gesäten Biobrauer erhalten durch den Craft-Bier-Boom Zuwachs. Traditionelle Biobier-Brauer erweiterten in den letzten Jahren ihr Sortiment mit sogenannten Kreativbieren. In der Oberpfalz bringt Lammsbräu regelmäßig seine GourmetbierEditionen in Großflaschen heraus. Die Kollegen vom Riedenburger Brauhaus im Altmühltal haben mit der

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Doldenserie gar eine komplette Range an Kreativbieren, die das Sortiment der klassischen Biere im bundesweiten Vertrieb ergänzt. Hier möchten wir aber einige neue Projekte beleuchten, die trotz stark erhöhter Rohstoffkosten und schwieriger Verfügbarkeit von biologisch zertifiziertem Aromahopfen auf Ökoqualität setzen. Auf der Biofach haben

In Berlin steppt der (Bio-)Bär

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Das Team der Finne-Brauerei braut in Münster ganz in Bio

wir Thorsten Schoppe entdeckt. Mit seinem SchoppeBräu ist er einer der frühen Protagonisten der Berliner Craft-Bier-Szene, wo der deutschlandweite Hype seinen Ausgang genommen hat. Mit seiner Biermarke »Bär« hat er seit Anfang 2018 auch eine komplette BioRange. Aktuell beliefert er Biomärkte und -gastronomie im Großraum Berlin mit den Sorten Pilsner, Englisches Porter und einem India Pale Ale. Fünf verschiedene biologisch angebaute Hopfensorten geben zum Beispiel seinem »Blauen Bär« – dem India Pale Ale – seinen intensiv fruchtig-bitteren Geschmack. In Münster ist dem jungen Team der Finne Brauerei Nachhaltigkeit eine Herzensangelegenheit. In der Stadt, die vormals mit über 100 Brauereien aufzeigen konnte, sind in diesem Jahrzehnt lediglich drei Betriebe. Mit ihrem Brew Pub im Kreuzviertel haben die ehemaligen Heimbrauer eine Basis geschaffen, als Wanderbrauer stellen sie auf der Anlage einer befreundeten Brauerei in Zeil am Main die größeren Sude her. Gründer Flo Böckermann erzählt uns: »Aufgrund des Reinheitsgebots gehen viele Konsumenten davon aus, dass deutsches Bier per se bio ist. Daher braucht es eine spezielle Kommunikation bei der Vermarktung. Zudem ist die Rohstoffbeschaffung schwierig. Man merkt, dass die Biohopfennachfrage anzieht und viele Hopfensorten gar nicht oder stark begrenzt verfügbar sind. Daher sind wir als kleine Brauerei froh, dass wir einen tollen Familienbetrieb gefunden haben, von dem wir langfristig einen Großteil unseres Biohopfens bekommen.« Keiner der Gründer kommt übrigens aus Skandinavien, Finne sagt der Münsteraner in seiner Geheimsprache Masematte zum Bier. Das dürfte jetzt nicht mehr ganz so geheim bleiben.

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Einen interessanten Ansatz hat auch das Team von Wolfscraft im bayerischen Freising zu bieten. Auch sie brauen als Wanderbrauer ihre organischen Biere und sind damit in diversen Bioläden und -supermärkten in Bayern gelistet. Der Wolf – so verlautet es auf der Website der Marke – ist das Markenzeichen ihrer Biere, weil er genauso unangepasst wie der Geschmack von Wolfscraft ist. Und dem Wolf will man auch Gutes tun, so hat die Crew im Hintergrund – Marketingprofis aus der Spirituosenbranche – eine Wolfspatenschaft des deutschen Naturschutzbunds (nabu) übernommen. Damit wollen sie einen kleinen Teil dazu beitragen, dass Wölfe in Deutschland wieder eine sichere Heimat finden. Ähnlich wie sie selber, die mit den Wolfscraft-Bieren daran arbeiten, dass gutes, unangepasstes Bier wieder in sein natürliches Habitat zurückkehren kann.

Thorsten Schoppe braut jetzt auch Bio

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GRILLSAISON

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Thomas Weber

Die natürliche Art des Grillens propagiert ein Start-up aus Schwäbisch Hall – mit der weltweit ersten Grillkohle mit Biozertifizierung, Grillgewürzen und BBQ-Sauce. Offensichtliches Vorbild der drei Gründer von Nero: die Lifestyle-Markenwelt von Weber Grill.

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REGIONALE GRILLKOHLE Zurück zu Hause recherchierten sie, dass zwei Drittel der dort verkauften Grillkohle Tropenholz enthalten – und waren bald von der Idee überzeugt, eine wirklich

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GLÜHT GUT

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ass Alutassen oder die auf Tankstellen to go verkauften Einweggriller ökologisch bedenklich sind, leuchtet ein. Auch dass bei Fleisch und Wurst am Rost weniger mehr ist und dabei ausschließlich Bioqualität gekauft werden sollte, sickert langsam in den Mainstream. Dass allerdings nicht bloß zählt, was auf den Rost kommt, sondern auch, woraus die Glut besteht und womit angezündet wird, ist noch den allerwenigsten bewusst. Das war auch bei Aaron Armah, Jakob Hemmers und Rolf Wagner nicht anders, bevor die drei Freunde aus Baden-Württemberg bei einer gemeinsamen Reise nach Ghana mit eigenen Augen sahen, welche katastrophalen Auswirkungen ihre Grill-Leidenschaft andernorts hat. Denn der Großteil der Grillkohle stammt aus Tropenwäldern. Weshalb der Grill-Boom der vergangenen Jahre dazu geführt hat, dass in Afrika und Südamerika jahrhundertealte Wälder für die Kohlegewinnung kahlgeschlagen wurden. »Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 250.000 Tonnen Holzkohle verbraucht«, erzählt Aaron Armah.

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»Deutschlandweit verschwindet innerhalb eines Jahres umgerechnet eine Regenwaldfläche von 1.900 Fußballfeldern auf unseren Grills.«

BILD Nero

— Aaron Armah, Nero-Gründer

nachhaltige Grillkohle herzustellen: biozertifiziert und regional. Die Idee für Nero war geboren. Weil auch in unseren Breiten Kahlschläge und Pestizideinsatz im Wald üblich sind und Wald nicht zwingend nachhaltig bewirtschaftet wird, war den dreien Holz, das aus deutschen Wäldern stammt, nicht genug. Sie wandten sich an den Naturland-Verband – der sie schließlich in den Saarbrücker Stadtwald führte. Dieser wird als sogenannter Dauerwald bewirtschaftet. Das heißt: Dort werden nie alle, sondern nur punktuell Bäume gefällt. »In einem stark laubholzdominierten Wald wie dem Stadtwald Saarbrücken fallen im Rahmen der Pflege- und Durchforstungsarbeiten Holzqualitäten an, die für die Möbelproduktion ungeeignet sind. Dort stellt die Weiterverarbeitung zu Holzkohle eine sinnvolle Vermarktungsergänzung dar«, erklärt NaturlandWaldexperte Martin Reinold. Die Naturland-Richtlinien für den Biowald sichern auch, dass das Kronenmaterial und Äste im Wald verbleiben, wo sie als Biotop (Totholz) und natürlicher Dünger dienen. »Zudem setzen wir auf eine hocheffiziente Kohleproduktion«, so Aaron Armah. »Dabei wird Ökostrom gewonnen und in das öffentliche Netz eingespeist. Dieses moderne Herstellungsverfahren gewährleistet eine Holzkohle in gleichbleibender Qualität und Nachhaltigkeit.« Davon, dass sich der Gesamtverbrauch an Grillkohle hierzulande auch nachhaltig und regional decken ließe, ist Armah überzeugt. Was dafür bislang fehlt: regionale Produzenten, die auf das Prinzip Dauerwald setzen. Einstweilen setzt man in Schwäbisch Hall anderweitig auf Wachstum – und erweitert das Sortiment. Zusätzlich zur Holzkohle und zum Grillanzünder (aus natürlichem Wachs, ohne fossile Brennstoffe oder Palmöl) gibt es nun auch Biogrillsaucen und BBQ-Gewürzmischungen. Und auf die Konkurrenz und ganz konkret auf das Imperium von Weber Grill angesprochen bekennt Gründer Aaron Armah: »Ja, für uns ist es denkbar, dass wir auch Grills unter der Bio-Grillmarke Nero entwickeln und vertreiben.« Möge die Glut mit ihnen sein.

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ASADO RILLEVENT

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TEIL 1, 15.03. - 18.11.2018:

WARUM ISST DIE WELT, WIE SIE ISST? AUS DER ERDE AUF DEN TELLER

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CROWD-DELIVERY

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Paulina Scheiring

BRIIING IT ON! CROWD-DELIVERY IM FELDTEST Flottes Heim-Lieferservice lässt sich nicht mit umweltbewusster Lebensführung vereinen? Vielleicht doch. In Graz wird gerade getestet und getüftelt – die Stadtbewohner sind Versuchskaninchen für das Konzept einer Crowd-Delivery-Plattform: Jeder wird zum potenziellen Lieferanten – ob zu Fuß oder mit dem Rad.

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»Einmal das ›Gramm-Frühstückssackerl‹ bitte, bin heute, Dienstag, und Mittwoch jeweils von 18–19 Uhr zu Hause.« Doch wie kann man diesen attraktiv gestalten, ohne dass die Kundschaft auf die Bequemlichkeit des Sich-liefernLassens verzichten muss? Als Antwort auf solche Fragen entwickelten Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität Wien (Verkehrssystemplanung) gemeinsam mit dem auf die Konzeption digitaler Assistenzsysteme ausgerichteten Unternehmen Evolaris ein spezielles DeliveryKonzept, bei dem einerseits die gesamte Crowd liefernd aktiv werden kann und gleichzeitig der Fokus darauf liegt, den kleinen urbanen Einzelhandel zu fördern.

CROWD-DELIVERY – UND WAS IST NEU? Die Crowd – das ist jeder, du und ich. Die Idee bei Crowd-Delivery-Konzepten ist, dass sich Privatpersonen untereinander ein Mitbringservice bieten, bei dem sie etwa am Nachhauseweg eine Lieferung auflesen und diese für den Nachbarn oder für andere sich

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I

» ch geh in die Stadt, soll ich dir was mitnehmen?« – eine oft gestellte Frage, die sich üblicherweise nur an Freunde, den Mitbewohner oder die Oma richtet. Sie schafft eine klassische Win-Win-Situation: Man profiliert sich als zuvorkommendes soziales Wesen, hat wenig Mehraufwand und tut anderen einen echten Gefallen. Dieses Prinzip liegt auch der Idee von »Briiings« zugrunde – der alternative Lieferservice setzt auf Zustellung per pedes und hat es sich zum Ziel gemacht, die regional ansässigen Geschäftslokale zu fördern. Das Crowd-Delivery-Projekt entwickelt sich vor dem Hintergrund eines stetig wachsenden Onlinehandels. Von weit her – meist aus Amazonien und Zalandoland – rollen die Pakete heran und finden ihren Weg in die Grazer Haushalte. Gleichzeitig entsteht immer öfter das Bedürfnis, stattdessen den lokalen Marktplatz sowie eine autofreie Zustellung zu fördern. Denn für Städte ist nicht nur das gesteigerte Verkaufsaufkommen und die damit einhergehende Feinstaubbelastung problematisch. Auch der Rückgang der regionalen Käufe stellt eine Bedrohung für die Geschäftslandschaft in der Innenstadt dar. Die größten Verlierer des boomenden Onlinehandels sind jene lokalen Geschäfte und kleinen Boutiquen, denen die Kapazitäten fehlen, um einen Webauftritt zu gestalten und aktiv am Onlinegeschäft teilzunehmen. Sie sind auf ihren Standort angewiesen.

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in der Nähe befindende Personen mitnehmen. Idealerweise bedeutet dies nur einen geringen Mehraufwand, während sich der Empfänger lästige Einkaufs(um)wege erspart. Briiings erweitert dieses Konzept um zwei Komponenten: Zum einen sollen die Pakete ressourcenschonend mit dem Fahrrad oder zu Fuß an die Zustelladresse gelangen, zum anderen stärkt der Service die Präsenz lokaler Händler, denn nur von diesen kann über die gleichnamige Plattform bestellt werden. Fundament dieses Botendienstes ist ein gewisses Vertrauen an die teilnehmenden Individuen und ein Hang zur uneigennützigen Tätigkeit. Wie sieht das konkret aus? Ich mache den Versuch: Ein Fahrrad saust über meinen Bildschirm, die Plattform präsentiert sich im hippen Blitzblau und verspricht eine »umweltfreundliche Lieferung – fast like a cliiick«. Einmal auf der Plattform eingeloggt, kann‘s losgehen. Ich wähle das gewünschte Produkt aus; für den Feldtest präsentieren hier einige Grazer Läden ihre Waren. Es werden vordergründig regionale Produkte angeboten und die Shops zeichnen sich allesamt durch ihr nachhaltiges Geschäftsmodell aus. Meine Wahl fällt auf »Das Gramm«, einen verpackungsfreien Lebensmittelmarkt. Jeder, der auf Essbares in Gläsern steht, liebt diese nach frischen Kräutern und angebratenen Gemüse duftende Greißlerei in der Neutorgasse. Einige Klicks später ist die Bestellung vollendet: »Einmal das ›Gramm-Frühstückssackerl‹ bitte, bin heute, Dienstag, und Mittwoch jeweils von 18–19 Uhr zu Hause.« Es dauert nicht lange, schon bekomme ich die Bestätigung per E-Mail, dass mir eine gewisse Sophie G. das Paket noch heute Abend zustellen wird. Sehr cool! Sobald die Bestellung über Briiings von einem Teilnehmer angenommen wird, sind für diesen meine Adresse und Telefonnummer ersichtlich. Sophie G. kann mir also Bescheid geben, sollte sie sich verspäten oder doch erst am nächsten Tag erscheinen. Doch ich habe Glück, es läutet pünktlich um 18 Uhr an der Tür: Sophie

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G. und mein Frühstückssackerl sind da! Ich überreiche ihr das Geld und wir tratschen ein Weilchen, dabei stellt sich heraus, dass sie direkt gegenüber wohnt – »Beim nächsten Mal«, versichere ich, »bring ich dir was mit!« Im Falle eines tatsächlich unzuverlässigen Lieferanten kooperiert Briiings mit Fuhrwerk, einem lokalen Fahrradkurierdienst, sodass bei Ausfall der Crowd das Paket trotzdem geliefert wird. Und damit das Beliefern nicht rein auf Selbstlosigkeit basiert, führt die Plattform auch ein »Leaderboard«. Darauf werden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach ihren absolvierten Kilometern gelistet. Ab einer gewissen Anzahl an angenommenen »Jobs« und zurückgelegter Strecke erhält man Gutscheine zur Belohnung. Und was sagen die teilnehmenden Geschäftsleute dazu? »Ich glaube, dass unser Bekanntheitsgrad dadurch enorm wächst. Allein in dieser Testphase des Projekts haben wir unzählige Frühstückssackerln verkauft und mehr Leute wurden auf die besondere Qualität unserer Produkte aufmerksam«, meint die Verkäuferin im Gramm. »Außerdem haben wir keinen großen Aufwand, wir stellen die Produkte auf die Plattform und achten darauf, dass wir diese lagernd führen, damit keiner was bestellt, was dann nicht da ist … Das wars aber auch schon.« Einen Monat lang waren die Probanden im Rahmen eines Feldtests unterwegs. Momentan werden die Ergebnisse ausgewertet und Verbesserungsvorschläge eingearbeitet. Damit ist das Forschungsprojekt abgeschlossen und es gilt jemanden zu finden, der die Idee aufgreift, ein Start-up gründet und das Miteinander vorabringt. Es ist ein Stupser in die richtige Richtung, um ein rücksichtsvolles und freundliches Zusammenleben im urbanen Raum zu forcieren. Denn durch Briiings erweitert sich der Kreis jener, die fragen »Ich geh in die Stadt, soll ich dir was mitnehmen?« um die gesamte Nachbarschaft. Davon haben im besten Fall alle was.

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EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT

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ODE AN DAS MÜSLI

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ie Geschichte des Müslis begann um 1900 in Fahrt zu kommen, als der junge Schweizer Arzt Maximilian Bircher-Benner – richtig, daher der Name – den Patienten in seiner Klinik ein »Mus« als wohlbekommendes Abendmahl nahelegte. Er begründete die Vollwertkost und machte die »Apfelspeis«, wie sie anfänglich noch bezeichnet wurde, zum Kernprodukt. Das Wesentliche war die Kombination von Obst, Nüssen und Vollkornflocken – ergo Ballaststoffe mit Vitaminen: eine ziemlich revolutionäre Kreation neben der schweren Küche anno dazumal. Das Griss um die gesunde und bekömmliche Speise begann so richtig zu hypen und eroberte im deutschsprachigen Raum bald alle Frühstückstische. Wir wissen das Müsli sehr zu schätzen und freuen uns

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schon beim Schlafengehen, wenn eines im Kühlschrank »angsetzt« auf den Morgen wartet. Wir bevorzugen diese Variante, da sich die Nährstoffe der einzelnen Zutaten in eingeweichter Form so richtig entfalten können und die Verdauung viel effektiver tätig werden kann. Hol raus, was drinsteckt! Freunde des Müslis wissen, dass die Kombinationsvielfalt keine Grenzen kennt und auf alle Geschmäcker individuell eingehen kann. Wir verraten euch, auf was wir so stehen, geben eine Basis vor und beginnen die endlose Liste an Müsli-Ingredienzen, auf deren Ausbau wir uns immer freuen. Kombiniert die jeweiligen Zutaten je nach Saison, Verfügbarkeit und Geschmack.

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Esa Lotte BILD

Anna Zora

2. DER MORGEN DANACH 1. DER ANSATZ Für ca. 4 hungrige Personen, nach Gespür auf jegliche Dimensionen abänderbar.

Getreide ca. 200 g Hafer-, Weizen-, Gersten-, Dinkel-, Buchweizen-, Roggenflocken, Hirse oder Amarant

Samen ca. 100 g Lein-, Chia-, Mohn-, Sesam-, Hanf-, Floh- oder Plantago-Samen

Getrocknete Früchte ca. 100 g

Nach Belieben und für das Mundgefühl Sonnenblumenkerne, geriebene Hasel-, Wal-, Macadamia-, Pekannüsse, Mandeln in Blattform bzw. gerieben bzw. als Mus, Cashewkerne, Kürbiskerne, Kokosraspeln, frische Beeren oder Bananen

Zum Würzen und Süßen Zimt (!), Kardamom, Ahornsirup, Agavendicksaft, Honig, Bienenpollen oder Krokant

Für 1LevelUp Power Kokos-, Lein-, Sesam-, Distel-, Argan-oder Hanföl Entweder pur oder mit etwas Joghurt oder Buttermilch verlängert genießen.

Rosinen, Datteln, Dörrzwetschken, Goji-Beeren, Marillen oder Cranberries

Flüssigkeit ca. 400 ml Saft von 4 Orangen, Karottensaft, Wasser, Milch, Molke oder Früchtetee

Äpfel & Zitrone 2 frisch geriebene Äpfel mit dem Saft einer Zitrone

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MARKTPLATZ FOOD

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TOFU: VERWANDLUNGSKÜNSTLER AUS FERNOST TEXT

Jürgen Schmücking

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r ist die Mutter aller Naturkost-Kost. Das Alpha und das Omega vegetarischer Essweise. Aus dem Fernen Osten kommend und bei Feinschmeckern – zu Unrecht – übel beleumundet: der Tofu. Sieht man einmal davon ab, dass er, mit einer Ausnahme, geradezu entstellt hässlich verpackt im Regal steht und dass ihm zweifelhafte Rezepturen ordentlich zusetzen, ist der Tofu ein Proteinbringer mit eindrucksvollem kulinarischen Potenzial. Man muss in nur aus der Birkenstockschlapfenecke holen. Rein lebensmitteltechnisch gesehen ist Tofu nichts anderes als Käse, der aus Sojamilch gekäst wird. Die Parallelen zum Käse ziehen sich durch: Das Eiweiß in der Sojamilch wird zu Stocken gebracht. Ganz frisch und feucht ist das dann Seidentofu. Für festere Konsistenzen wird der Tofu gepresst, für noch härtere Bandagen geräuchert und besonders kreative Tofisten würzen den Tofu mit Basilikum, Chili, Pfeffer oder was ihnen sonst in den Sinn kommt. Hier ein paar Beispiele aus den Super- oder Fachmarktregalen .

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1 SPAR, VEGGIE BIO-TOFU GERÄUCHERT Die beiden SPAR-Tofu-Produkte sind die einzigen, die in einer schicken Kartonverpackung angeboten werden. Allerdings muss man in diese Verpackung nur kurz reinschauen und weiß sofort, warum. Optisch wirkt der geräucherte Tofu verrunzelt und trocken. Das ist er aber nicht. Im Gegenteil, er schmeckt erstaunlich frisch, filigran geräuchert und fest.

2 VEGAVITA, BIO-TOFU GERÄUCHERT Vegavita ist die Eigenmarke des Rewe-Konzerns für Vegetarier und Veganer. Und dass Rewe das mit den Eigenmarken gut draufhat, zeigt auch »Ja! Natürlich«. Also ist auch das Tofu-Angebot beachtlich, nur eben nicht in jeder Filiale verfügbar. Da gäbe es nicht nur geräuchert, sondern auch »stark geräuchert«, Tofu zum Grillen und Seidentofu im Glas. Aber auch der einfach geräucherte ist eine Zierde seiner Art. Sauber, kräftig, bissfest und richtig gut.

3 SPAR, VEGGIE BIO-TOFU NATUR Für beide SPAR-Produkte (und das spricht für sie) gilt: die Biosojabohnen kommen aus Österreich, beide Tofus sind vegan zertifiziert, die einzigen, die ungekühlt gelagert werden können, daher auch die mit den längsten aller Mindesthaltbarkeiten. Sensorisch ist der Bio-Tofu Natur auch nicht uninteressant. Wasser, Sojabohnen und ein wenig Gerinnungsmittel.

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4 NATÜRLICH FÜR UNS, BIO TOFU NATUR Es ist erstaunlich, dass man mit wenig Zutaten (Soja, Wasser, Calciumsulfat), noch dazu im exakt gleichen Verhältnis, also 20% Soja, der Rest Wasser, das Calciumsulfat als Gerinnungsmittel, so unterschiedliche Geschmäcker produzieren kann. Dieser Tofu sieht grauenhaft aus, schmeckt aber abartig gut und kommt den Originalen aus China schon sehr nahe.

5 NATÜRLICH FÜR UNS, BIO TOFU CHILI »Chili« heißt er natürlich nur, weil es die identitätsstiftende Zutat ist. Mengenmäßig macht der Chili laut Zutatenliste 0,7% vom Gesamtprodukt aus. Aber man sieht und schmeckt ihn, und das ist gut so. Der Tofu wirkt durch die Gewürzmischung (bei der auch Paprika im Spiel ist) dunkel. Geschmacklich ist er aber frisch und einigermaßen saftig. In Summe ein durchaus gelungenes Experiment.

6 TAIFUN, SEIDENTOFU Vegan, bio, demeter. Und die Königsklasse unter den Tofus dieser Welt. Seidentofu ist quasi der Frischkäse. Schwimmt fast noch in der Sojamolke, die bei der Eiweißgerinnung übrigblieb und ist daher der saftigste, glatteste Tofu ever. Japaner servieren Seidentofu gern mit Sojasauce und frischen Algen oder mischen ihn unters Maguro Tataki, das Thunfischtatar. Taifun schickt jedenfalls ein außerordentlich gelungenes Produkt ins Rennen.

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7 VEGAVITA, BIO-TOFU NATUR Schnittfest und trotzdem saftig und weich. Sortentypischer Sojageschmack, ohne dabei zu »gesund« zu wirken. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Am besten in Scheiben schneiden, in einer Marinade aus (guter) Sojasauce und Whisky marinieren und mit reichlich hauchdünn geschnittenen Frühlingszwiebeln servieren. So schmeckt der Frühling.

8 TAIFUN, BLACK FOREST TOFU Wieder Taifun, diesmal aber nicht biodynamisch, sondern »nur« bio. Dafür aus dem Schwarzwald. Oder so. Nein, er heißt »Black Forest«, und eher ist damit »dunkler Wald« gemeint. Buchenholzgeräuchert und mit einer Gewürzmischung aus Kümmel, Petersilie und Meersalz verfeinert riecht der Black Forest Tofu einfach wie feuchter Waldboden. Und schmeckt auch so.

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ECO-FASHION

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Mashiah Sheikh

KEINE DATEN, KEINE MARKTZULASSUNG?

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In der EU entscheidet seit zehn Jahren die Verordnung reach, welche Chemikalien in der Herstellung von Textilien erlaubt sind. Sie wird demnächst überarbeitet. Wie groß ist ihr Potenzial, international neue Maßstäbe für eine umweltfreundlichere Textilproduktion zu setzen?

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s gibt viele Gütesiegel, die dem Konsumenten helfen sollen, zu beurteilen, wie umweltfreundlich ein Kleidungsstück produziert worden ist. Wenn alleine der Gesetzgeber die ökologischen Standards in der Textilindustrie prägen würde, wie grün wäre die Modewelt dann? Ein Kriterium, an dem die Erfüllung von Nachhaltigkeitsstandards ersichtlich ist, ist der Einsatz von Chemikalien. Sie machen bis zu 30 Prozent des Gewichts

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eines Kleidungsstücks aus. In dessen Produktion kommen Chemikalien zur Verarbeitung, Veredelung, Formgebung und als Farbe zum Einsatz und werden somit zu einem zentralen Thema, wenn es um Konsumentenschutz und Eco-Fashion geht. 2008 ist in der Europäische Union mit der Chemikalienverordnung reach (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) ein Verordnung

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in Kraft getreten, die in der EU produzierende Unternehmen zwingt, offen zu legen, welche Chemikalien sie einsetzen. Im entsprechenden zentralen Register wurden bisher Informationen zu mehr als 17.000 Stoffen gesammelt.

WAS BEDEUTEN 10 JAHRE REACH? Einerseits dürfen die oft in Färbemitteln enthaltenen Schwermetalle Chrom, Nickel und Blei in der EU nicht mehr für Verbraucherprodukte verwendet werden. Ebenso ist das beim Waschen von Kleidungsstücken eingesetzte und Gewässer vergiftende Nonylphenol seither verboten. Außerdem wurden 181 Chemikalien als besonders besorgniserregend und somit registrierungspflichtig klassifiziert. Alle anderen Chemikalien müssen erst registriert werden, wenn sie innerhalb eines Jahres in einer Menge von mehr als einer Tonne hergestellt werden. »Es gibt 1400 bis 2000 Stoffe, die ebenso schädlich sind. Der Gesetzgeber handelt jedoch nicht — Manuel präventiv, sondern erst, wenn ein Schaden schon entstanden ist«, sagt Manuel Fernández, Chemie-Experte der Umweltschutzorganisation bund. 43 weitere Chemikalien brauchen eine Zulassung für ihre Verwendung und die EU möchte ihre Herstellung und Verbreitung schrittweise ganz einstellen. Auch hier sieht Fernández Handlungsbedarf auf Seiten der EU: Derzeit würden die Zulassungsanträge der meisten Firmen genehmigt, in Zukunft müsse es eine strengere Bewertung geben. Andererseits ist es auch reach zu verdanken, dass

wir in Europa nun erstmals einen Überblick darüber haben, welche Chemikalien in welchem Ausmaß eingesetzt werden. Denn: Seit der Einführung der reachVerordnung müssen Produzenten und Importeure die Risiken ihrer Stoffe für Mensch und Umwelt bei der Registrierung selbstständig angeben. Die europäische Chemikalienagentur echa, verantwortlich für die Bewertung der Stoffe, bekommt trotzdem noch regelmäßig unvollständige Registrierungsunterlagen. Noch gilt in der EU nicht die Regel »Keine Daten, keine Marktzulassung!«. Daher gelangen auch Chemikalien auf den Markt, die nicht ausreichend untersucht worden sind oder bei denen notwendige Informationen fehlen. »Das Potenzial von reach wurde bislang nicht

»Es haben sich verschiedene Länder das europäische Chemikalienrecht zum Vorbild genommen.«

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Fernández, Chemie-Experte gänzlich ausgeschöpft. Unternehmen kommen ihrer Auskunftspflicht bisher mehrheitlich nicht nach«, sagt Fernández. Laut der Chemikalienverordnung hat der Verbraucher ein Auskunftsrecht, welches bislang auch zu wenig wahrgenommen wurde. EU-weit kann man mit der App »Scan4Chem« den Barcode auf einem Produkt scannen, um Auskunft über die darin enthaltenen Schadstoffe zu erhalten. Hat der Hersteller diese noch

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nicht selbst veröffentlicht, lässt sich über die App eine Anfrage schicken, woraufhin innerhalb der nächsten 45 Tage Informationen bereitgestellt werden müssen.

WACKELN SOGAR MINDESTSTANDARDS? Im Juni 2018 will die Europäische Kommission gemeinsam mit Parlament und Interessenvertretungen die bisherige Funktionsweise von reach evaluieren – und entsprechend nachbessern. Zur Diskussion steht eine Vereinfachung des Registrierungsprozesses zur Entlastung der Industrie. Gleichzeitig soll die Anzahl an Datenlücken bei der Registrierung gesenkt werden. »Anfänglich ist es eine Belastung für eine Firma, in ein nachhaltiges Produktdesign zu investieren. Aber im Nachhinein ist es auch ein Marktvorteil. Gerade in Mitteleuropa ist das ein wachsender Markt, denn Verbraucher entwickeln zunehmend ein Nachhaltigkeitsbewusstsein«, meint Fernández über die Klagen der Industrie über zu hohe reach-Auflagen. Er glaubt auch daran, dass die EU mit ihrem Handeln international eine Veränderung bewirkt: »Es haben sich verschiedene Länder, darunter auch China, das europäische Chemikalienrecht zum Vorbild genommen und diese Staaten sind dabei, in ihrer Gesetzgebung entsprechende Änderungen vorzunehmen.« Es wird sich zeigen, ob die Neuauflage von reach eher von Industrieinteressen geleitet sein wird oder ob der Fokus auf Konsumenten- und Umweltschutz liegt – und ob sie damit global neue Maßstäbe für den Umweltschutz setzt. Bis ein »Made in Europe«-Label aber das gleiche Konsumentenvertrauen genießt wie etwa gots oder ivn Best wird sich politisch noch einiges tun müssen.

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HAARE FÄRBEN

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Bernadette Schmatzer

FARBENLEHRE Von Mythen und einigen Wahrheiten rund um Naturhaarfarben.

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mwelt- und gesundheitsfreundliches Haarefärben ist für viele schnell zusammengefasst: Henna. Knapp und kurz, dennoch selten emotionslos. Oft zum Märchen ausgemalt und persönlich grundiert von leidvoller Selbsterfahrung oder eben der einer Freundin der Freundin. Manch Opfer trug in Folge gar grünes Haupthaar, angeblich dauerhaft. Viele schrecken aus Angst vor potenziellen Missgeschicken, manche mit ästhetischen Vorbehalten: Der unverkennbare orange-rote Ton scheint für manche schon von weitem laut »Bio« zu schreien.

NATÜRLICH – ABER FAD? Dabei ist es ein glattes Vorurteil, das Fans subtilerer und breiter Farbmöglichkeiten oft von Naturhaarfarben absehen lässt. Neben Rot und Rotbraun gibt es viele Nuancen. Mit natürlichen Farben bewegen wir uns im

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ganzen Spektrum von Blond bis Schwarz. Die Mischung verschiedener Pflanzenkomponenten macht’s möglich. Die Rottöne stammen vom pulverisierten Blatt des Hennabaums. Andere Pflanzen, die Farbveränderungen ermöglichen sind etwa Indigo (Reng) für blaue bis blau-schwarze Töne; Weizen, Kurkuma und Cassia für Gelb, also Blond-Nuancen. Rubia intensiviert Rottöne, Nagar Matha ergibt ein sanftes Braun. Hibiskus kann bei dazu geeigneter Naturhaarfarbe sogar Pink bis Lila hervorbringen – was dann gar nicht mehr so sanft und natürlich daherkommt. Das Tückische: Entscheidend ist die Ausgangsfarbe und die Vorbehandlung. Um mit dem Thema vertraut zu werden, empfiehlt sich vor allem Anfängern deshalb der Besuch eines Naturfrisörs (siehe Testberichte nächste Seite).

dass als problematisch und hautreizend geltende Stoffe vermieden oder zumindest minimiert sind. Zu den bedenklichsten Stoffen in Haarfärbemitteln gehören neben den bereits erwähnten: Resorcin, Ammoniak, Wasserstoffperoxid, PEG/PEG-Derivate sowie halogenorganische Verbindungen. Anders als in konventionellen Präparaten finden sich in Naturhaarfarben eben Stoffe mit von Natur aus pflegenden und heilenden Eigenschaften. (Im Ayurveda finden sie deshalb auch bei anderen medizinischen Indikationen Anwendung, etwa im dermatologischen Bereich.) So pflegt in der indischen Heilkunst zum Beispiel Henna, Rhabarberpulver, Cassia oder Neem auf vielfältige Weise die Haut.

NATUR IST NICHT GLEICH NATUR / GREEN-COLOUR-WASHING Manche vermarkten den Mythos Henna gnadenlos. So bedienen sich gewisse industrielle Hersteller noch immer des Prädikats »Henna« im Produktnamen, um natürliche und Bio-Qualität zu suggerieren, obgleich in ihren Produkten auch bedenkliche Stoffe wie allergene Formaldehydabspalter (z. B.: Imidazolidinylharnstoff, Diazolidinylharnstoff,) oder karzinogene aromatische Amine (z. B.: Phenylendiamin oder Aminophenole) enthalten sind. Der kritische Blick vermeidet also manche Inhaltsstoffe und achtet auf geprüfte Labels. Diese garantieren,

Lawsonia Insermis … Der Hennastrauch wird vor allem zum Färben von Haaren und Bemalen von Händen und Füßen verwendet. Weniger bekannt: Auch Wolle und Seide lassen sich damit färben.

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FAKTENCHECK PFLANZENFARBE: WAS IST MÖGLICH, WAS NICHT?

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ie Argumente gegen Naturhaarfarben werden weniger. Richtig angewendet kann man sehr breit agieren. Mit einigen Kniffen, ein wenig Experimentierfreunde und dem Bewusstsein, dass wirklich jedes Haar anders ist, lassen sich auch die Nachteile, welche Naturhaarfarben nachgesagt werden, wettmachen.

ein. Eine Schutzschicht umhüllt das Haar, das Haar wird weder geöffnet, noch wird in seine Struktur eingegriffen. Die chemische permanente Färbung hingegen basiert auf einer oxidativen Reaktion, die das Haar strukturell dauerhaft verändert und in das Haar eindringt und es so brüchig macht.

ANWENDUNG BEI VORBEHANDELTEM HAAR

Erstaunlich ist, dass helle Pflanzenfarben kürzer als konventionelle Produkte einwirken müssen. Bei dünkleren Farbtönen ist mit ungefähr 45 bis 60 Minuten zu rechnen. Lediglich beim allerersten Färben kann der Einwirkprozess länger dauern, da das Haar oft noch von Rückständen anderer Pflegeprodukte umhüllt ist. Der Naturfrisör empfiehlt eine entsprechende Reinigung.

Man kann chemisch vorbehandeltes Haar natürlich färben, allerdings sollten seit der chemischen Färbung 4 bis 6 Wochen vergangen sein. Probesträhnen sind sinnvoll, denn das Ergebnis ist stets individuell und schwer vorhersehbar.

FARBSPEKTRUM UND -AUFNAHME Extreme Farbänderungen im allgemeinen und von Dunkel auf Hell sind nicht erzielbar. Von Hell auf Schwarz ist allerdings möglich. Gänzlich homogen wird die Färbung im Gesamteindruck aber nie, die individuellen Farbnuancen und -unterschiede innerhalb der Naturhaarfarbe bleiben erhalten. So ergibt sich ein natürliches Haarbild mit weichen Abstufungen. Von Vorteil: Der „Helmeffekt“ einheitlicher Überfärbung wird vermieden; auch ein starker und auffälliger Kontrast beim Nachwuchs fällt weg.

FÄRBEPROZESS Der Färbeprozess basiert auf einer physikalischen und enzymatischen Reaktion, die Haarstruktur wird nicht dauerhaft verändert. Die Farbstoffe dringen nicht in den Haarkern

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EINWIRKZEIT

GRAUABDECKUNG Hier ist Übung und Geduld gefragt, ein Färben grauer Haare ist mit dem richtigen Mischverhältnis dennoch möglich. Auch für eine Grauabdeckung muss das Haar frei von Filmbildnern (Silikone, Conditioner u. Ä.) sein. Am besten testet man hier langsam an einzelnen Strähnen, um die individuelle Reaktion des Haars kennenzulernen. Achtung: Henna soll mit kochendem Wasser angerührt werden. Zitronensaft kann die Leuchtkraft verbessern. Indigohaltige Farben sollen jedoch nicht mit Wasser, das heißer als 50°C ist, angerührt werden, andernfalls kann das Farbergebnis sonst rötlich werden. Das Haar kann blau- oder grünstichig werden, wenn Indigo pur angewendet wird. Also zuerst mit rotem Henna und danach mit schwarzen Pflanzenhaarfarben färben.

HALTBARKEIT Pflanzenhaarfarben gelten in der Färbelehre als semipermanente Farben, überstehen bis zu 24 Haarwäschen und sind also länger anhaltend als eine Tönung, aber nicht permanent.

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MARKTPLATZ KOSMETIK

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NATÜRLICH SIND DIE GEFÄRBT! Die biorama-Redaktion wollte wissen, wie gut das Färben mit Naturhaarfarben funktioniert und ob es wirklich wahr ist, dass man mit Grünstich rechnen muss, wenn man mit Hennafarben über zuvor chemisch-synthetisch gefärbte Haare färbt. Ein kollektiver Selbstversuch. 1

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Irina Zelewitz glaubt jetzt an die Kraft der Rhabarberwurzel von »Le Erbe di Janas«. Der Wunsch war, winterliche Farblosigkeit zu bekämpfen und rauszufinden, was Pflanzenhaarfarben bei hellbraunen Haaren können, wenn man nicht rot oder dunkelbraun färben möchte. Die Wirklichkeit ... überraschend! Wer hätte darauf gewettet, dass nach satten 60 Minuten Einwirkzeit das Pflanzenpulver »Rabarbaro« die versprochenen »Goldtöne zaubert«? Und die kann man sich nicht einbilden.

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Mashiah Sheikh hat mit »Radico Colour Me Organic« in »Weiches Schwarz« gefärbt. Der Wunsch: eine Naturhaarfarbe zu finden, die graue Haare abdeckt und einen dauerhaft von den chemischen Haarfarben wegbringt. Die Wirklichkeit: »Weiches Schwarz« fällt auf! Noch nie wurde ich so häufig gefragt, ob ich meine Haare gefärbt habe. Die Pflanzenhaarfarbe ist genauso farbintensiv wie ihre chemisch-synthetische Konkurrenz und die Grauabdeckung hat funktioniert.

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Steffi Schermann (wir haben die haarfärbebegeisterte Kollegin von der Nachrichtenagentur APA ausgeborgt) hat »Hennetica« von »La Saponaria« in der Farbe Granatapfel probiert. Der Wunsch war, auf meinen blond gebleichten Haaren einen natürlichen, satten Rotton zu erzeugen, der lange hält. Die Wirklichkeit ist erdbeerblond. Bei Naturhaarfarben weiß man wohl tatsächlich nie, was man kriegt. In meinem Fall aber zum Glück Komplimente.

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BILD

Lisa Weishäupl

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Yasmin Vihaus färbt ihre Haare in »Schokobraun« von »Logona«. Der Wunsch: ein kräftigeres, strahlenderes Braun durch ein Produkt, das die Haarstruktur weniger angreift als herkömmliche Haarfarben. Die Wirklichkeit: So einfach das Anrühren der Farbe, so schwierig das Auftragen. Der Packung liegen keine Hilfsmittel wie Handschuhe, Dosierflasche oder Pinsel bei und die Farbe verklebt meine langen Haare. Trotz langem Einwirken ist der Farbton meiner zuvor ungefärbten dunkelbraunen Haare nicht erkennbar verändert.

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Thomas Weber ist jetzt »cognacblond«. Der Wunsch: eine Reise in die Kindheit. Heute dunkelblond und im Haupthaar immer schütterer wollte ich schauen, ob mein Haar nach der Behandlung mit der Farbe von »Santé« noch so glänzt wie auf den alten Kinderfotos. Damals trank man den Cognac noch und ich war im Sommer immer richtig blond. Die Wirklichkeit: ist abhängig vom Lichteinfall. Am deutlichsten sichtbar ist die neue Farbe in der Sonne, da schimmert sie so, dass manche bei meinem Anblick womöglich sofort Lust auf einen Cognac bekommen.

Paula Wurzenrainer hat hasenfüßig »Dunkelbraun« von »Radico Colour Me Organic« probiert. Der Wunsch war, auszuprobieren, wie gut mit einer hennabasierten Farbe über »Chemie« gefärbt werden kann. Die Wirklichkeit hat leider gezeigt: Die Neugier war groß, die Vorsicht noch größer. Ich traute mich nicht, die volle Einwirkzeit abzuwarten. Bis auf schönen Glanz gab es keine Veränderung, aber eben auch nicht die bei mir sonst häufigen Kopfhautirritationen, und vor Grün fürchte ich mich jetzt nicht mehr! Auf einen zweiten Versuch mit dem Rest der Packung – dieses Mal mit der gesamten Einwirkzeit!

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Bernadette Schmatzer hat die Mischung Pulverfarbe Dunkelbraun mit die Haarfarbe Creme Nougat-Braun von Logona probiert sowie Mineralerde-Vor- und Color Fix Nachbehandlung. Der Wunsch war, herauszufinden ob man eine akzeptable Färbung grauer Haare hinkriegt, die bei mir noch wenig, aber sichtbar sind. Die Wirklichkeit: das graue Haar wurde ähnlich wie bei einer chemischen Tönung sanft getönt – heller als beim Rest, aber durchaus kaschierend.

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KOLUMNE ELTERNALLTAG

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TEXT

Ursel Nendzig

DER GYROS-MANN Das hier ist ein Appell: Nehmt den Urlaubsdruck raus! Vergesst St. Moritz und die Seychellen, eure Kinder würden euch solche Reisen nämlich leider nicht danken!

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in Schulkind zu haben ist eigentlich eine großartige Sache. Weil Kinder in diesem Alter einfach großartig sind, weil sie lesen lernen und das alles. Was aber nicht cool nicht spätestens mit dreieinhalb Jahdaran ist: dass man vom Ferienkalender regelrecht ren Schifahren gelernt haben, dass geknechtet wird. Hauptsaison-Sklave. Urlaubs-Mitwir die einzige Familie sind, die nicht dreitausend Euro für einen Schiurlaub läufer. Herden-Reiser. Es mag vielleicht nicht der ausgibt. Ich muss mir anhören, dass jegrößte aller Einschnitte im Elternleben sein, jedendes Kind in Österreich Schi fahren könfalls aber einer der mühsamsten! Erschwerend kommt hinzu: Schulkinder vergleinen muss, weil Nationalsport, weil es eben immer schon so war, weil blablabla. chen sich mit ihren Mitschülerinnen viel stärker, als das Kindergartenkinder mit den GruppenkolSchifahrdruck von allen Seiten. Überhaupt: Urlaubsdruck! Man muss den Kinleginnen tun. Weil altersmäßig homogen, erstens, dern ja was bieten, oder? Einmal haben und weil alle zugleich im Urlaub, zweitens. So wir das auch probiert und beschlossen, kommt es, dass nach den Semesterferien das jetzt machen wir auf dicke Hose und biegroße Jammern losgeht: Alle waren Schi fahren, ten auch was. Drei Wochen Griechenland, nur ich nicht! O.k., sag ich dann, komm her, Kind, haben es so richtig krachen lassen, sind mit ich zählte dir gerne alle Gründe auf, warum das so ist, gerne in alphabetischer Reihenfolge. Nicht? Auch gut. Schifahren ist extrem teuer. Deshalb ein Elitensport. Wir mögen keinen Elitensport, wir haben früher schon Tennis verweigert, als Tennis der Fähre gereist, um dann am schönsten Strand noch das war, was später Golf werden sollzu stranden. Haben uns aus Faulheit mittags eine te. Fürs Schifahren braucht man unendlich Pita mit Gyros beim Imbissstand eines alten Manviel Equipment. Du kannst nicht Schi fahnes geholt, sind aber jeden Abend essen gegangen. ren. Wenn wir dich in einen Schikurs steDas war Luxus! cken, müssen wir ab dann dauernd Schi fahren gehen, damit sich das auch ausGelohnt hat es sich nicht. Kinder interzahlt. Schifahren ist ein Sport ohne essiert es nicht, wie teuer ein Urlaub war Zukunft. Wegen des Klimawandels. oder wie weit weg. Die interessiert nur: Mir tun die Berge leid. Wir wollen Wiederholung des Gewohnten. Die nicht mit tausend Menschen in der wollen jedes Jahr ins gleiche ranzige Apartment in Kroatien fahren und beim Schlange vor dem Lift stehen. gleichen Standler das gleiche Eis kaufen. Ja, sorry, aber da musst du Manchmal fragen wir die Söhne: durch. Was nicht ganz stimmt: Boah, wisst ihr noch, in Griechenland, das war super, so weit weg und Ich muss da durch! Ich Autorin Ursel Nendzig, muss dem Druck standdas Schiff und alles. Und die Söhne Mutter zweier Söhne, halten, dass mein Kind sagen immer nur: Ja, der Gyrosberichtet live aus der Mann, der war echt ursuper. eines der wenigen ist, die Achterbahn.

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ILLUSTRATION Nana Mandl

»Kinder interessiert es nicht, wie teuer ein Urlaub war, oder wie weit weg.«

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