Biorama #49

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P.B.B. — 11Z038861 M — 1040 WIEN —— WWW.FACEBOOK.COM/BIORAMA

KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

AUSGABE 49 — SOMMER 2017. WWW.BIORAMA.EU

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BIOPATENTE Was passieren kann, wenn Pflanzen zu geistigem Eigentum werden Growing Business: Die Hanfindustrie in Europa boomt — Bio vor Bio: Die Ökopioniere vor den Hippies — Vom Sattmacher zum Superfood: Plötzlich liegen Linsen, Erbsen und Bohnen im Trend —

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BIO aus den Tiroler Bergen

Bio-Bergkäse

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iste Hubert Rendl, Käserme l Reith im Alpbachta

Für die Herstellung der Käse wird Bio-Heumilch verwendet.

Bergkäse ist der Klassiker in unserem Tiroler Bio-Sortiment. Etwa zehn Liter Bio-Heumilch brauchen die Senner für die Herstellung von einem Kilo Käse. Dieser Hartkäse ist der ideale Begleiter auf Bergtouren. Für den Tiroler Ursprung bürgt das Gütesiegel „Qualität Tirol“.

biovomberg.at

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BIORAMA IM ABO

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6 AUSGABEN BIORAMA + PRÄMIE UM € 29,— *

THOMAS WEBER »100 PUNKTE TAG FÜR TAG. MIETHÜHNER, GUERILLAGRAFTING UND WEITERE ALLTAGSTAUGLICHE IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT« (RESIDENZ VERLAG) Den eigenen ökologischen Fußabdruck verbessern und trotzdem gut leben? Konkrete Beispiele wie das gehen kann beschreibt der BIORAMA-Herausgeber im Nachfolgeband zum Bestseller »Ein guter Tag hat 100 Punkte«. Er stellt nachahmenswerte Initiativen wie »Miete ein Huhn«, »Hack die Thujen klein« oder »Lass deine Sklaven frei« vor. Kreative Vorschläge, manchmal provokant, formuliert »im freundschaftlichen, amerikanischen Tonfall, ohne irgendwie oberlehrerhaft zu wirken« (Falter).

RALF OTTERPOHL »DAS NEUE DORF. VIELFALT LEBEN, LOKAL PRODUZIEREN, MIT NATUR UND NACHBARN KOOPERIEREN« (OEKOM VERLAG) Kochen lernen im Rhythmus der Jahreszeiten. Richard Rauch und Katharina Seiser zeigen im ersten Band in neun thematischen Kapiteln anschaulich und leicht nachzuvollziehen, wie man aus dem Besten, was uns der Winter schenkt, köstliche Mahlzeiten zubereitet. Viele Tipps und Tricks und warenkundliche Informationen runden den Band ab, der auch erfahrenen HobbyköchInnen viele neue Anregungen und wertvolles Wissen bietet. (Versand ab Ende August) * plus Aboprämie, z.B. einem der beiden Bücher. Solange der Vorrat reicht. Weitere Abo-Prämien unter www.monomarkt.at

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auftakt

inhalt

07 Editorial 08 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

Magazin

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16 Biopatente Wenn Biopatente zum Handelshemmnis werden 24 Growing Business Die Hanfindustrie in Europa boomt 32 Bio-Rohstoff als Meterware Ein Berliner Unternehmen beliefert Eco-Fashion-Labels 38 Bio vor Bio Die Ökopioniere vor den Hippies 44 Grenzgänger Ein junges Paar hütet im Burgenland Wanderschafe 52 Vom Sattmacher zum Superfood Plötzlich liegen Linsen, Erbsen und Bohnen im Trend 58 Sacha Inchi: Kann die Supernuss die Welt retten? Wächst in Laos das nächste Superfood? 62 Traumschlösser Wir zeigen ein paar innovative Fahrradschlösser

Marktplatz 70 Glasgeflüster Sarah Krobath und Jürgen Schmücking trinken Merlot 72 Eingebrockt & Ausgelöffelt Anna und Esa essen Heuschrecken 74 Marktplatz Kosmetik Mach es kurz – Produkte zur Enthaarung 76 Marktplatz Food Zuckergoscherl – Naschware in Bioqualität

Kolumnen 68 Malzzeit 78 Elternalltag

biopatente Was passieren kann, wenn Pflanzen zu geistigem Eigentum werden.

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44 grenzgänger Wir haben ein junges Paar und seine Schafherde im Burgenland besucht. Vom Leben zwischen ungarischer Grenze, blökenden Schafen und dem Aktienverkauf.

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74 mach es kurz Glattrasiert oder behaart? Das ist für manche eine Frage der Identität oder gar eine politische Entscheidung. Um es kurz zu machen: Wir haben uns mit natürlichen Enthaarungsprodukten beschäftigt.

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traumschlösser Man sollte seinen Drahtesel stets an die Leine legen, wenn er unbeaufsichtigt ist. Wir haben uns auf dem Markt der Fahrradschlösser umgesehen und die neusten Innovationen gesichtet.

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Euch hab i aber no nie da gsehgn! 2

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Unsere Bio-Gurkenraritäten aus dem burgenländischen Seewinkel treffen sich jetzt bei MERKUR und in ausgewählten BILLA Filialen. 1 Marketmore 76

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2 Tanja

3 Russe

4 Lemon

5 Gele Tros

6 Serpent Chiaro

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editorial, impressum

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»Wollt ihr nicht mal ...?«

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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das bloß nicht. Warum ich es dennoch hinausposaune? Einerseits um zu zeigen, wie viele spannende Themen es da draußen gibt, die sich durch unsere besondere biorama-Brille betrachten lassen. Sodass sich locker binnen kurzer Zeit ein Heft ein zweites Mal füllen lässt. Andererseits um euch anzuregen, uns auch weiterhin mit Vorschlägen, Fragen und euren Wünschen zu konfrontieren. Tut uns kund, was euch beschäftigt, welche Fragen ihr gerne beantwortet hättet, was oder wen ihr als vorstellenswert erachtet. Denn wie gesagt: Die Schwerpunktsetzung in der im Spätsommer erscheinenden Ausgabe verdanken wir allein unseren interessierten Lesern und einem Mail, das mit einem simplen »Wollt ihr nicht mal ...?« begann. Ja, es bleibt spannend! Einen schönen Sommer einstweilen,

impressum HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEUR Thomas Stollenwerk AUTOREN Jonas Achorner, Irene Maria Gruber, Micky Klemsch, Sarah Krobath, Ursel Nendzig, Bernadette Schmatzer, Jürgen Schmücking, Eléna Seitaridis, Wolfgang Smejkal, Werner Sturmberger, Bernadette Strohmaier, Manuela Tomic, Sina Trinkwalder, Helena Zottmann ART DIRECTOR Sig Ganhoer GESTALTUNG Manuel Fronhofer, Sig Ganhoer, Michael Mickl LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Micky Klemsch (Leitung), Bernadette Schmatzer, Thomas Weber DRUCK Niederösterreichisches Pressehaus, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. Gutenbergstrasse 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien; www. biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www.biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien

BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr.

foto Michael Winkelmann

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ffen gesagt: Unsere aktuelle Ausgabe war ein wenig anders geplant als sie nun vor euch liegt. Mit einem richtig fetten Schwerpunkt zu einem uns besonders wichtig und brisant erscheinenden Thema (wie es ihn zwei bis dreimal im Jahr bei uns gibt). Ein Thema, das ihr, werte Leserinnen und Leser, wiederholt an uns herangetragen habt. Ein Thema, an dem wir bereits seit einem dreiviertel Jahr arbeiten – und das wir nun relativ kurzfristig auf die folgende, im August erscheinende fünfzigste (50!) Ausgabe verschoben haben. Ganz einfach deshalb, weil es uns zu wichtig und brisant erscheint als dass wir einen Schwerpunkt dazu in Druck schicken wollten, mit dem wir noch nicht hundertprozentig zufrieden sind. Nein, worum es geht, werde ich hier heute noch nicht verraten. Ihr habt euch zu gedulden. Und, ja, wer wirklich hundertprozentig sichergehen möchte, dass er oder sie keine einzige Ausgabe von biorama versäumt, der oder die muss uns abonnieren (biorama.eu/abo). Zwar gibt es biorama wie gehabt gratis und unverbindlich zum Mitnehmen in vielen Boutiquen, Biohotels, Cafés, Co-working-Stätten, Hof- und Bioläden sowie in allen Denn’s Biomärkten. Doch wenn eine Ausgabe dort vergriffen ist, dann ist sie einfach weg. Wer zu spät kommt, gerade auf Urlaub war, hat Pech. Das lässt sich für uns nicht ändern. Dahingegen ermöglichen zahlenden Abonnenten auch uns als Redaktion Planungssicherheit weit über die jeweils nächsten anstehenden Ausgaben hinaus. Sie machen uns auch unabhängiger von Werbekunden, ermöglichen uns anspruchsvolle und mutige Schwerpunktsetzungen, die über das simple Vorstellen von neuen Produkten, durch das sich viele unserer Mitbewerber am Medienmarkt finanzieren hinausgehen. Doch genug der Abo-Werbung! Es ist auch gar nicht so als wäre das spontane Umdisponieren bei redaktionellen Inhalten in Medien wirklich etwas Besonderes. Das wollen wir euch hier gar nicht vorgaukeln. Meist kommunizieren Medien

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bild der ausgabe

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Bild der Ausgabe

Die Malediven, gelegen mitten im Indischen Ozean, sind einer der Orte, an denen man den Klimawandel am deutlichsten sehen kann. Wenn der Meeresspiegel steigt, betrifft das die Inselgruppe nämlich besonders drastisch. Schließlich sind die Inseln in Summe nur 298 Quadrat-Kilometer groß. Das entspricht ungefähr der Fläche Leipzigs. Das Klima der Inseln bietet sich an, um die Energie der Sonne besonders effizient zu nutzen. Wenn es auf den Inseln nur nicht so eng wäre. Doch die Sonne scheint auch auf die Wasseroberfläche, und so sorgen seit 2014 im Meer treibende Solarkollektoren für eine Möglichkeit, die kostenlos von der Sonne zur Verfügung gestellte Energie flächeneffizient einzufangen. swimsol.com

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bild Swimsol

Die Möglichkeit einer Insel

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Die Natur ist dreckig genug

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11 STREET TALK WIR FRAGEN, FÜNF PROKRASTINIERER ANTWORTEN.

»WAS HAST DU SCHON EINMAL BEGONNEN, ABER NIE FERTIGGEBRACHT?« Sabrina 30, Bloggerin

Santiago 18, Bäcker und Konditor

Die Idee meines Projekts zum Thema »Nachhaltigkeits-Talks«. Also im Rahmen von »ich mach es anders« habe ich überlegt, zu den Nachhaltigkeits-Blogs und NachhaltigkeitsTouren auch Nachhaltigkeits-Talks ins Leben zu rufen. Aber wegen Zeitmangel ist es bis jetzt nur eine Idee und nicht umgesetzt worden.

Die Schule. Stattdessen habe ich eine Lehre begonnen und abgeschlossen. Ich bin nicht so der Fan von der Schule, habe mich dann eben für die Arbeit entschieden und bin auf jeden Fall glücklicher damit!

Christina 27, Studentin

Thomas 30, Security

Ich habe zwei Studien angefangen und nicht zu Ende gebracht. Außerdem bastle und nähe ich, habe angefangen, Stoffe zusammenzustecken und jetzt liegen sie unvollendet herum. Ich glaube, man fängt täglich auch immer neu zu denken an, was man machen will.

Eigentlich ganz viel, weil mich vieles interessiert. Die Schule habe ich begonnen und nie abgeschlossen. Dann war ich Installateur und Kellner, zurzeit bin ich Security. Meine Eltern meinen, ich hätte alles abgebrochen, aber aus meiner Sicht habe ich einfach etwas Neues begonnen.

Mein Leben – ich bin noch nicht fertig damit. Ich beende aber die meisten Sachen nicht, weil ich lange dran bleibe. Sachen, die nicht beendet sind, sind spannend, wie die Imkerei, da geht s immer weiter, man erfährt immer Neues und es bleibt immer spannend. Also beenden ist meiner Meinung nach nicht das Ziel.

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INTERVIEW UND BILD Alyssa Kamoun und Katharina Jauk

Wolfgang 47, Imker

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Global Village

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Österreich

Deutschland

BILD Hermann Fleischlos, Timbercoast Instagram, Páramo Clothing

Wo Pilze zu Bratwurst werden Im Heimathafen Fleisch-Ersatzprodukte sind oft sehr synthetisch. Eine Firma aus Oberösterreich bringt nun Vleisch in Bioqualität auf den Markt.

13.890 Seemeilen hat der Segelfrachter Avontuur zurückgelegt, um mit seinen Segeln ein Zeichen für klimafreundliche Logistik zu setzen.

In der Küche gibt es viele Alternativen zu Fleisch. Viele davon sollen in Aussehen und Geschmack an Fleisch erinnern. Wer auf Fleisch verzichtet – aus welchen Gründen auch immer – möchte damit schließlich nicht automatisch auf fleischtypische Optik verzichten. Das führt dazu, dass bei vielen Fleischersatzprodukten Textur und Aussehen wichtiger sind als Inhaltsstoffe oder Qualität. So kommen »Vurst« und »Vleisch« oft aus der Chemiefabrik. Das ist zwar irgendwie absurd, aber Supermarktalltag. Hermann und Thomas Neuburger aus Oberösterreich wollen das ändern und bringen Fleischersatz aus Pilzen in Premium-Qualität auf den Markt. Eine Marktlücke. Grundzutat der Produkte aus dem Hause »Hermann Fleischlos« sind Bio-Kräuterseitlinge. Die Pilze werden zu Bratstreifen, Gyros, Käsebratwurst und Rostbratwürstchen verarbeitet. Vegan ist das Produkt allerdings nicht, denn es steckt Eiweiß aus Bio-Eiern darin. hermann-fleischlos.at

Ein einziges Containerschiff stößt etwa so viel Abgas aus, wie fünf Millionen Autos auf selber Strecke, heißt es. Das ist eine absurde Menge. Der internationale Schiffsverkehr auf den globalen Handelsrouten ist in den vergangenen Jahrzehnten extrem angestiegen. Angetrieben werden die meisten Frachtschiffe mit Schweröl. Dabei lassen sich die Ozeane auch angetrieben von Wind bereisen. #ReThinkShipping war das Motto des Projekts Timbercoast, für das im niedersächsischen Elsfleth der Frachtsegler Avontuur aus den 1920er Jahren restauriert wurde. Das Schiff war monatelang mit Freiwilligen an Bord unterwegs. Von der Nordsee in die Karibik und zurück. Unter Segeln transportiert wurden dabei Waren und Produkte aus nachhaltiger Erzeugung. Ein großes Abenteuer für die Mitstreiter von Initiator und Kapitän Cornelius Bockermann und ein Zeichen für umweltfreundliche Logistik. Eine kommerzielle Perspektive für den Warentransport unter Segeln gibt es auch nach der Rückkehr der Avontuur in ihren Heimathafen kaum. timbercoast.com

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Seit 30 Jahren stellen wir ökologisch unbedenkliche Wasch- und Reinigungsmittel von höchster Qualität und Effizienz her und:

wir denken noch weiter.

Uni Sapon Null-Müll-Konzept

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Kolumbien

Ein textiler Vorausgänger Die Outdoor-Marke Páramo will ein kleines Lotsenboot sein, dass der Industrie den Weg weist, mit Fair Trade und PFC-frei. Schon seit einem Vierteljahrhundert produziert das Label Páramo in Kolumbien Outdoor-Mode in Zusammenarbeit mit der Stiftung Miquelina. Beschäftigt werden sozial benachteiligte Frauen mit dem Ziel, ihnen zu einem selbstbestimmten Leben zu verhelfen. Rund 200 Mitarbeiterinnen hat die Textilfabrik der Stiftung Miquelina inzwischen. Seit Januar 2017 wird dort nach den strengen Kriterien der World Fair Trade Organization produziert. Die Produkte mit Páramo Labels sind seither die ersten Outdoor-Funktionstextilien mit Fair Trade Siegel. PFC-frei, also frei von Perfluorcarbonen, sind die Produkte aus kolumbianischer Produktion ebenfalls. Die chemischen Zusatzstoffe sorgen in vielen Funktionstextilien für wasserabweisende Eigenschaften der verarbeiteten Fasern, stehen aber auch im Verdacht, krebserregend zu sein. Der Marktanteil von Páramo im Outdoor-Segment ist zwar überschaubar, doch die zukunftweisenden Innovationen einer Branche entstehen bekanntlich häufig in kleinen und engagierten Firmen, die vorausgehen, bevor die großen folgen. paramo-clothing.com

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Nicht jeder Fleck braucht ein eigenes Putzmittel = weniger Verpackungsmaterial

2 Konzentrate zum Selber - Mischen = weniger Transporte / weniger Co2 weniger Müll

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MeiNe STaDT

MEINE STADT: DAS VEGANE KÖLN

Von sascha Keller

lIeBlIngsPlätze unD eco-hotsPots

Sascha Keller ist Theologe und der Betreiber von www.koelner-stadtfuehrung.de. Das Unternehmen vermittelt geführte Spaziergänge durch die Rheinmetropole. Zum Programm gehört auch eine vegane Stadtführung. Auch wenn es eher eine kleinere Weltmetropole ist: Köln bietet eine Menge Möglichkeiten für Veganerinnen und Veganer. Und das betrifft natürlich nicht nur Essen. Die vegane Stadtführung stellt das Leben ohne Produkte tierischen Ursprungs und die vegane Szene in Köln vor – für Besucher der Stadt und für alteingesessene Kölner. Da gibt es viel zu entdecken. Zum Beispiel einen Frisör, der auf Wunsch ausschließlich vegane Produkte verwendet und natürlich eine Menge Biosupermärkte und Cafés mit großer veganer Auswahl. Die Auswahl an veganen Angeboten reicht inzwischen aber auch weit in die Nischen: Bei Madame Miammiam lassen sich zum Beispiel vegane Hochzeitstorten bestellen. Jährlich finden große Veganmessen wie die Vegginale in Köln statt. Und: Die vegane Szene der Stadt ist gut vernetzt. Neben Facebook-Gruppen gibt es zahlreiche vegane Stammtische, zum Beispiel beim Signor Verde, das übrigens Kölns ältestes veganes Lokal ist. koelner-stadtfuehrung.de

Treffpunkt der Veganführung ist immer Signor Verde, das älteste vegane Café Kölns.

Die Möglichkeiten in Köln lecker und vegan zu speisen sind groß.

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technisch versiert: da steht mehr dahinter Intelligente Planungen, komplexe Berechnungen und die genaue Installation von Haustechnikanlagen verlangen sehr spezielles Know-how. Das gilt erst recht für Unternehmen, die mit den Technologien der Zukunft arbeiten. So wie wir.

Der Salon Kastenbein & Bosch hat sich auf biologische und vegane Haarpflege spezialisiert.

Für Habibis der Falafel eine Instanz in der Zülpicher Straße: Falafel Habibi Schawarma.

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»Eat, share, live« lautet das Motto beim Restaurant Levo’s, das auch in der Zülpicher Straße liegt. Eine Empfehlung: die vegane Salatbar.

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Biopatente

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Patentlรถsung gesucht

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Thomas Stollenwerk

Bild

Heller / Agentur Argum Arche Noah / Schiltern

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Gerade versuchen zwei Brauereien, bestimmte Sorten von Gerste schützen zu lassen. Wie Patente auf Getreidesorten die wirtschaftliche Dynamik hemmen können, zeigt das Beispiel Teff.

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Biopatente

A

nfang Juni machte sich ein Pferdegespann auf den Weg durch München. Die schweren Brauerei-Pferde zogen begleitet von Blasmusik allerdings kein Bier, sondern Protestierende durch die Stadt. Ihr Ziel: Das Europäische Patentamt. Die Aktivisten überreichten den dort ansässigen Wächtern des geistigen Eigentums Dokumente, in denen ein offizieller Einspruch gegen eines von drei Patenten auf Gerstensorten erhoben wird, die von zwei Großbrauereien beantragt worden waren. Pferdgespann und Blaskapelle sollten für Aufmerksamkeit sorgen. Denn die Frage, um die es letztlich ging, ist eine von unüberschaubar großer Tragweite: Soll es möglich sein, Pflanzen zu geistigem Eigentum zu erklären? Über vierzig Initiativen und Vereine beteiligen sich am Einspruch gegen die Patente. Zum Beispiel der Verein Arche Noah, der für die Erhaltung der ökologischen Vielfalt eintritt. Katherine Dolan von Arche Noah hat zu Patenten auf Pflanzen eine ziemlich klare Meinung: »Durch ein Patent werden Pflanzen rechtlich gesehen zur Erfindung. Aber Pflanzen sind keine Erfindungen. Man hat in der Züchtung die Natur vielleicht effizienter gemacht oder beschleunigt, aber Pflanzen bleiben Produkte der Natur. Es gehört schon Arroganz dazu, zu sagen: Ich habe eine Pflanze erfunden «. Der Arroganz-Vorwurf richtet sich im konkreten Fall an die Brauerei-Konzerne Carlsberg und Heineken. Die Bierriesen haben die Patente beantragt, um dadurch bestimmte Gersten-Züchtungen schützen zu lassen, die das Brauen von Bier energieeffizienter machen sollen. Von »Energiespar-Gerste« ist die Rede. Gemeinsam brauen die beiden Konzerne jährlich mehr als 300 Millionen Hektoliter Bier. Mit dutzenden verschiedenen

Worum geht es konkret, bei den Patenten auf Braugerste? Zum Patent angemeldet wurden von Carlsberg und Heineken »Getränke aus Gerste und Malz mit niedrigem Gehalt an Dimethylsulfid« (Patent EP2373154) sowie »Gerste mit reduzierter Lipoxygenase-Aktivität (Patent EP2384110) und ein damit hergestelltes Getränk«. Dimethylsulfid und Lipoxygenase-Aktivität sind bei den Brauern deshalb unerwünscht, weil sie beim Brauvorgang geschmackliche Fehltöne verursachen können. Das, was die Konzerne als ihre Erfindungen ansehen, beruht auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste, wie sie in der konventionellen Züchtung häufig genutzt werden. In einem dritten Patent (Patent EP2575433) wollen die Konzerne die Verwendung der Pflanzen für die weitere Züchtung schützen lassen. Die Reichweite der Patente würde damit vom Gerstenfeld bis zum Bierglas reichen.

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Irene Schanda (Pressereferentin von Arche Noah), und Johanna Eckhardt (No patents on seeds!, Projektkoordinatorin).

Handelsmarken sind sie in Supermärkten weltweit vertreten. Nun beanspruchen sie auch noch ein Stück Natur für sich – sagen die Einen. Andere meinen: Die Unternehmen wollen sich die Ergebnisse ihrer Entwicklungsarbeit schützen lassen, genau so wie es Unternehmen in anderen Branchen auch tun. Eine komplexe Materie. Um eine Idee davon zu entwickeln, welche Folgen der Patentschutz von Pflanzen haben kann, hilft der Blick auf andere Beispiele.

Afrikanisches Getreide als geistiges Eigentum eines NiederländerS In Samoni, einem Dorf in der Region Ginde Beret im äthiopischen Hochland wird Ende Februar das Getreide Teff gedroschen. Dann geht hier die Erntezeit vorüber. Gedroschen wird, indem die Bauern ihr Vieh über die Ernte treiben. So lösen sich die Teffkörner von den Ähren und können per Hand vom Boden eingesammelt werden. Dazu wird gesungen und Tella getrunken, ein Erfrischungsgetränk aus vergorener Teffsaat. Den Ernteteil, den die Bauern nicht für ihren eigenen Bedarf brauchen, verkaufen sie auf dem Markt in Chulute. Esel bringen das Getreide in die Kleinstadt. Für einen Zentner Teff erhalten die Bauern von den Händlern dort rund 1.600 Äthiopische Birr, ungefähr 60 Euro. Mit bloßen Händen wird die Ernte der Region dann in lachsfarbene Säcke geladen, um sie auf die Märkte von Addis Abeba zu transportieren, in die Hauptstadt, die von hier nur 130 Kilometer – und gleichzeitig doch ein paar Stunden Fahrt entfernt liegt. Die schlechten Straßenverhältnisse erschweren den Handel mit Teff – dabei ist er so verlockend. Nicht nur für die Bauern aus dem Hochland. In Äthiopien ist Teff Grundnahrungsmittel. Aus

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ihm wird Injera gebacken, die landestypische Variante dünner Sauerteigfladen. International hat das äthiopische Getreide das Interesse der Lebensmittelindustrie geweckt. Denn die Zwerghirse hat ein paar Eigenschaften, die ihren Anbau und ihre Verarbeitung attraktiv machen. So ist Teff von Natur aus frei von Gluten. Das macht es zum potenziellen Superfood für westliche Märkte. Nur: Ganz einfach ist es nicht, mit dem äthiopischen Getreide Geld zu verdienen. Auch nicht für die Äthiopier selbst. Und das hat auch mit Patenten zu tun. In Hooghalen, einem gepflegten Ort in der Nähe von Groningen, weit weg vom äthiopischen Hochland, sehen die Häuser aus, wie man sich niederländische Landhäuser vorstellt. Roter Backstein, Reetdach, Sprossenfenster. Ein Idyll, dass auf die bäuerliche Vergangenheit der Landschaft verweist. Unter den Einwohnern von Hooghalen ist ein Erfinder – ein richtiger Pionier sogar. Sein Name ist Jans Roosjen. Herr Roosjen ist der Erfinder von Teff. Eragrostis tef ist zwar ein uraltes Getreide, aber erfinden konnte er es trotzdem. Zumindest nach der Definition des Europäischen Patentamtes. Dort wurde 2005 unter der Nummer EP 1646287 sein Name als Erfinder eingetragen. Das Patent umfasst die Verarbeitung und Vermarktung von Teff und es hat zur Folge, dass jeder, der Teff außerhalb Äthiopiens anbaut oder verarbeitet, eine Schutzgebühr an die Firma von Herrn Roosjen zahlen muss. Herr Roosjen ist auch deshalb ein Pionier, weil er der Inhaber des ersten Patents ist, das im Rahmen eines sogenannten abs-Vertrags im Dienste der Entwicklungszusammenarbeit eine positive Wirkung entfalten sollte. Dass ausgerechnet die Privatisierung einer Pflanze der Entwicklung dienen sollte, ist

reichlich überraschend, und Teil einer Geschichte, die illustriert wie kompliziert es zugeht, im globalisierten Agrar-Business.

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Ein Vertrag mit Verlierern Im Jahr 2005 kamen in Addis Abeba drei Parteien zusammen, um einen Vertrag zu schließen. Eine der Vertragsparteien war eine Firma namens Health and Performance Food International. Herr Roosjen aus Hooghalen war einer ihrer Gesellschafter. Die anderen Vertragsparteien waren das Ethiopian Institute of Biodiversity Conservation und die Ethiopian Agricultural Research Organization. Bei dem Vertrag, der miteinander geschlossen wurde, handelte es sich um einen sogenannten abs-Vertrag. abs steht dabei für Access and Benefit Sharing. Solche Verträge sollen die weltweite Biodiversität schützen, und dafür sorgen, dass niemand die genetischen Ressourcen eines Landes ausbeutet. Der Gedanke: Wenn Unternehmen die genetischen Ressourcen eines Landes nutzen, müssen sie mit den öffentlichen Stellen dieses Landes einen Vertrag schließen, der dafür sorgt, dass der Zugang (Access) und der Nutzen (Benefit) fair geteilt werden. So soll die Bevölkerung eines Landes an den Gewinnen aus dem Eintritt in die Globalisierung der Agrarwirtschaft beteiligt werden. Im abs-Vertrag zwischen den Äthiopiern und der niederländischen Firma ging es um Teff. Die Niederländer witterten ein gutes Geschäft. Der abs-Vertrag sicherte ihnen das Recht, Nahrungsmittel und Getränken auf Basis von Teff zu entwickeln und zu vermarkten. Im Gegenzug sollte Äthiopien an den Gewinnen beteiligt werden. In Form von Geld und Zusammenarbeit bei

Auf dem Markt im äthiopichen Chulute wird das glutenfreie Getreide Teff verladen.

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Leben achten. Achtsam leben.

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BIOPATENTE

21 der Verbesserung der Anbaumethoden. Außerdem sollte gemeinsam die Erforschung von Teff vorangetrieben werden. Davon sollte das arme Äthiopien profitieren. Schließlich erwartete man ein blühendes Geschäft mit dem Korn aus dem Hochland. Für die äthiopische Seite entpuppte sich der Vertrag entgegen der Erwartungen allerdings nicht als Segen. 2009, vier Jahre nachdem man den Vertrag unterzeichnet hatte, meldete die niederländische Firma Insolvenz an. Bis dahin hatte sie ganze 4.000 Euro nach Äthiopien überwiesen, und nur ein einziges kleines Forschungsprojekt hatte man gemeinsam realisiert. Zu allem Übel hatten die niederländischen Geschäftsleute die gewinnbringenden Aktivitäten rund um Teff in andere Firmen transferiert, die nicht an den Vertrag gebunden waren. Übrig blieben äthiopische Institutionen, die einen Vertrag mit einer inzwischen insolventen Firma geschlossen hatten, und niederländische Unternehmer, die weitreichende Rechte am Getreide Teff besaßen. Bloß waren sie nach der Insolvenz praktisch nicht mehr daran gebunden, die Gewinne daraus mit Äthiopien zu teilen. Diese Gewinne blieben ohnehin überschaubar. Regine Andersen und Tone Winge vom Kopenhagener Fridtjof Nansen Institut haben das Scheitern des Teff-Deals ausführlich analysiert. »Ein wichtiger Faktor für das Scheitern war, dass die niederländische Firma zu optimistisch war, was die erwarteten Gewinne anging« schreiben die dänischen Wissenschaftler.

EIN BIOPATENT ALS WIRTSCHAFTSHEMMNIS Dass Teff nie wirklich zu dem Superfood wurde, das es hätte werden sollen, hat aus niederländischer Perspektive auch mit einem Exportverbot für Teff zu tun, das die äthiopische Regierung 2006 verhängte, um die Weiterverarbeitung des Getreides im Land zu fördern. Die Wertschöpfung sollte im Land bleiben, statt in Fabriken außerhalb Afrikas stattzufinden. Verständlich. Die Niederländer allerdings wollten nicht in Äthiopien Teff-Produkte entwickeln, wie es sich die Äthiopier wünschten, sondern in Europa, wo sie sich auskannten. Das Exportverbot diente Jans Roosjen und seinen Geschäftspartnern fortan als Entschuldigung für das Scheitern des Teff-Vertrags. »Das Benefit Sharing wurde als Argument benutzt, um die äthiopische Seite dazu zu bewegen, das Teff-Patent zu akzeptieren«, fassen Regine Andersen und Tone Winge den Deal zusammen. »Am Ende führte das zu einem Monopol, das es für Äthiopien unmöglich macht, mit anderen Unternehmen abs-Verträge über Teff zu schließen, wenn diese aus Ländern stammen, in denen das Patent gilt.« Aus Perspektive der Patentbesitzer sollte das Patent dazu dienen, den Niederländern Gewinne zu sichern. Ohne die Aussicht auf Gewinne war schließlich ein Benefit Sharing nicht sehr verlockend. Dass die Äthiopier dem Vertrag unter die-

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»Das Benefit Sharing wurde als Argument benutzt, um die äthiopische Seite dazu zu bewegen, das TeffPatent zu akzeptieren.« – Regine Andersen und Tone Winge

sen Bedingungen zustimmten, war rückblickend wohl ein Fehler. Dabei hatte alles so euphorisch begonnen. Im Jahr 2005 galt der abs-Vertrag zwischen den Niederländern und Äthiopien noch als richtungsweisendes Vorbild. Die Euphorie von damals wich schnell der Erkenntnis, dass die Patentierung von Getreide nur sehr selten mehr als eine sehr überschaubare Anzahl von Gewinnern produziert. Auch heute ist Teff nur wenigen ein Begriff. Der Boom von Zwerghirse als Superfood hat nie stattgefunden. Dabei hat die Landwirtschaft auch in Europa ein Interesse an dem robusten Hochlandgetreide. Das Problem: Der Patentschutz macht aus Teff heute eine Art Privatgetreide. Als die Landwirtschaftskammer Niedersachsen vor einigen Jahren auf der Suche nach alternativen Getreidesorten für den Anbau in Norddeutschland auf Teff stieß, wurde schnell klar: Teff ließ sich in Deutschland nur dann anbauen, wenn man bereit war, an die Firma von Herrn Roosjen zu zahlen. Das senkt die Wirtschaftlichkeit des Anbaus und erhöht den Preis von Teffmehl. Die Landwirtschaftskammer erhob Einspruch gegen das Patent. Doch der Einspruch wurde 2010 vom Europäischen Patentamt abgewiesen. Im Fall der Gerste, die Heineken und Carlsberg sich patentieren lassen wollen, sieht Katherine Dolan ein ähnliche Probleme wie bei Teff: »Durch das Patent dürften Heineken und Carlsberg bestimmen, ob andere Zugang zur Gerste erhalten oder nicht – für den Anbau oder auch um damit Züchtungsarbeit zu machen. Und wenn sie die Gerste freigäben, könnten sie bestimmen, wie viel man für Zugang zur Gerste zahlen müsste.« Die

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Biopatente

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Das Europäische Patentamt betrachtet das uralte Hochland-Getreide Teff als eine Erfindung.

große Befürchtung: Patente produzieren Rechtssicherheit für wenige und Rechtsunsicherheit für alle anderen. »Biopatente haben eine abschreckende Wirkung, die dazu führt, dass weniger Züchtungsarbeit stattfindet«, meint Katherine Dolan. »Uns sind Beispiele bekannt, bei denen Leute ihre Züchtungsarbeit eingestellt haben, weil es durch bestehende Patente rechtliche Unsicherheit gibt.« Wenn Patente Innovation behindern, dann steht das im direkten Widerspruch zu ihrem eigentlich Zweck, Anreize für Forschung und Entwicklung zu schaffen. Dass Patente auf zwei unterschiedliche Weisen wirken können, meint auch der Marburger Innovationssökonom Michael Stephan: »Patente haben einerseits natürlich die Funktion, das Wissen, das man erzeugt hat, durch die Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, zu schützen. Also sie haben eine positive Wirkung. Auf der anderen Seite können gerade Patente im Bereich des Pflanzenbaus auch negative Wirkungen entfalten, weil sie Innovation auch blockieren können.« Gerade, wenn es um Pflanzenzucht geht, könne sich das bemerkbar machen. »Man muss auf vorangegangenes Wissen rekurrieren und wenn dieses mit Patenten geschützt ist, kann das zu Blockadewirkungen führen. Diese Besonderheiten können in der Summe diese negative Wirkung der Patente überwiegen lassen.« Die Folge solcher Innovationshemmnisse kann zum Beispiel eine Konzentration des Marktes sein. Im Sinne der Bierkon-

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zerne wäre diese Konzentration sicher. Im Sinne der Verbraucher wäre sie eher nicht.

Die Behörde, die keine ist Entscheidungen über den Patentschutz werden im Europäischen Patentamt getroffen. Der größte Sitz der Institution liegt am Münchner Isarufer, ganz in der Nähe der mondänen Innenstadt. Ein Bürogebäude, das architektonisch irgendwo zwischen gläserner Eleganz und repräsentativer Machtarchitektur angesiedelt ist. Vor der Tür des Patentamts stehen so viele Flaggen, dass man glaube könnte, man befinde sich am Sitz einer Behörde der Europäischen Union. Der Eindruck trügt. Denn das Amt, das über alle europäischen Patente wacht, ist eigentlich gar keine richtige Behörde. Und mit der eu hat es auch nicht viel zu tun. Die European Patent Organisation, die das Patentamt betreibt, ist eine eigenständige Organisation mit 42 Mitgliedstaaten. Die Patentbehörde beschäftigt rund 6.800 Mitarbeiter, von denen über 70 Prozent einen Hochschulabschluss haben. Eine mächtige Institution, die ihr Jahresbudget von rund einer Milliarde Euro selbst erwirtschaftet. Durch Patentgebühren. Dass hier, bei den Wächtern des geistigen Eigentums an Begriffen wie Open Source, Commons oder Shared Knowledge kein vitales Interesse besteht, liegt nah. Für viele ist die bäuerliche Züchtungsarbeit der Jahrtausende alte Inbegriff von Open Source.

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Ganz einfach ist es nicht, eine Pflanze durch ein Patent schützen zu lassen. Ein ganz entscheidendes Kriterium ist dabei die Unterscheidung zwischen Erfindungen und Entdeckungen, die im europäischen Patentübereinkommen geregelt ist. Dieses Kriterium steht auch im Zentrum des Einspruchs gegen die Patente auf Braugerste. »Ein Kriterium für die Erteilung eines Patents ist, dass man etwas Neues erfunden hat. Wir sind der Ansicht, dass die Braugerste nicht neu ist, weil die Eigenschaften, die patentiert werden sollen, schon vorher existiert haben. Da werden zwei Gerstensorten einfach miteinander gekreuzt, um verschiedene Eigenschaften in einer Pflanze zu kombinieren. Das ist die älteste aller Züchtungsmethoden«, erklärt Katherine Dolan. Konventionelle Züchtungen und Entdeckungen sind besonders schwer patentrechtlich schützbar. Gezielte Mutationen im Erbgut und seine gentechnische Veränderungen werden schon eher als Erfindungen anerkannt. Dabei ist es nicht so, dass es Unternehmen immer gelingt, sich zu Erfindern erklären zu lassen. Im Jahr 2015 hat die Heinrich Böll Stiftung ermittelt, welche die aktivsten Unternehmen sind, wenn es um die Patentierung von Pflanzen geht. basf hatte damals um 777 Patente angesucht, von denen nur 211 auch erteilt wurden. DuPont hat 756 Anträge eingereicht, von denen 227 genehmigt wurden. Monsanto hatte 600 Patente beantragt und immerhin 221 Mal Erfolg. Bayer kam auf 465 Anträge und 219 erteilte Patente auf Pflanzen. Die Hürden für die Erteilung eines Patents auf Pflanzen liegen hoch und die Prüfung eines Patentantrags durch das Patentamt ist aufwändig. Die kostspieligen Verfahren lohnen sich vor allem dann, wenn mit einem Patent große Profitaussichten verbunden sind. Ebenfalls aufwändig und ressourcenintensiv ist es, Einspruch gegen ein Patent zu erheben. Denn die Beweislast liegt beim Patent-Gegner, erklärt Katherine Dolan: »Wir als die Einspruch erhebende Organisation müssen beweisen, dass die patentierten Eigenschaften einer Pflanze bereits existierten, und dass es nicht um eine Neuheit geht. Das müssen wir wissenschaftlich nachweisen.« Das europäische Patentübereinkommen sieht keine Möglichkeit vor, Beschwerden gegen Patente außerhalb des Patentamts geltend zu machen, zum Beispiel vor dem Europäischen Gerichtshof. Obwohl in den höchsten Gremien der Patentorganisation Vertreterinnen und Vertreter der Regierungen all ihrer Mitgliedstaaten sitzen, arbeitet die Organisation relativ autonom und unabhängig von geltender eu-Policy. Die besagt seit

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» Ein Kriterium für die Erteilung eines Patents ist, dass man etwas Neues erfunden hat. Wir sind der Ansicht, dass die Braugerste nicht neu ist, weil die Eigenschaften, die patentiert werden sollen, schon vorher existiert haben.« — Katherina Dolan November 2016, dass Pflanzen, die durch »im Wesentlichen biologische Verfahren«– also auch die klassische Züchtung – gewonnen werden, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sein sollten. Vorerst hat die Patentorganisation seither erst einmal alle Patent-Erteilungsverfahren, die Pflanzen aus konventioneller Züchtung betreffen, auf Eis gelegt. Noch im Sommer 2017 soll in den Gremien der Patentorganisation darüber entschieden werden, ob sich die Patentierungs-Praxis der Institution den geltenden euRichtlinien weiter annähert. Die Liste der Gegner von Patenten auf Pflanzen ist lang. Die Lister derer, die von ihnen profitieren ist kurz, aber lang genug, um Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen.

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Manuela Tomic

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GROWING BUSINESS Die Hanfindustrie in Europa boomt. Immer mehr Landwirte satteln um und die Produzenten werden erfinderischer. Und der Markt? Der ist noch längst nicht ausgeschöpft.

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A

ndreas Troger will das Image der Hanf-Pflanze aufpolieren. Und er hat Erfolg. 2015 startete Troger das erfolgreichste Crowdfunding-Projekt in Österreich: sein Wiener Cannabis-Startup Hanfgarten. In nur 35 Stunden sammelte Troger mit seinem Aufruf über 300.000 Euro ein. Am Ende der Crowdfunding-Aktion waren es fast eine Million Euro, die das Start-up lukriert hatte. Die Idee hinter dem Unternehmen ist einfach: Hanfgarten verkauft in einem Online-Shop 30 verschiedene Sorten von Hanfpflanzen und weitere Hanfprodukte wie Hanftee, cbd-Tropfen als Nahrungsergänzungsmittel, aber auch mehrere hundert Sorten Hanfsamen.

»Sobald das rechtlich möglich ist, möchten wir natürlich auch medizinische Cannabisblüten vertreiben.«

hAnf Per bestellunG Troger, der braungebrannte Steirer mit UndercutFrisur und schickem Sakko, ist längst ein Medienprofi. Er läuft von Fernsehauftritt zu Fernsehauftritt. Und er wird nicht müde zu erklären, wie vielfältig Hanf eingesetzt werden kann und, dass es nicht illegal ist, wenn man sich eine Hanfpflanze zu Hause züchtet, sofern sie keine Blüten bekommt. Mit Drogenmissbrauch durch diese spezielle Züchtung der Pflanzen hat er definitiv nichts am Hut. Aber, hakt Troger ein: »Sobald das rechtlich möglich ist, möchten wir natürlich auch medizinische Cannabisblüten vertreiben«.

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1993 2013 2015

6.000 Hektar in Europa angebaut

15.700 Hektar in Europa angebaut

25.000 Hektar in Europa angebaut

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Verwendung des Nutzhanfs in Europa (Gesamtproduktion: 94.500 Tonnen)

11.500 t

13.000 t

25.000 t

45.000 t

PRODUKTION VON SAMEN

VERBRENNUNGSANLAGEN

PRODUKTION VON HANFFASERN

BAUSTOFFE & TIEREINSTREU

6.000 t (2010) 11.500 t (2013)

7.800 Tonnen Strom 5.200 Tonnen Kompost

14.000 t Papier 6.500 t Dämmung 25 t Bekleidung

Erzeugung von Hanfbeton und Tiereinstreu

Seine Produkte werden, diskret und in Hipster-Verpackung, nach Hause geliefert. Für Anfänger gibt es sogar ein Komplettset mit selbstbewässerndem Topf und Lampe. »Für Menschen, die nicht unbedingt einen grünen Daumen haben«, erklärt Troger. Zuerst muss man die Stecklinge ein paar Wochen anwachsen lassen, um dann die Blätter ernten zu können. Wer sich gleich eine große Pflanze im Topf bestellt, spart Zeit. Die Blätter eignen sich nicht nur für Tee, sondern auch zum Würzen von Salaten, Fischgerichten oder auch in der selbstgemachten Limo. Und Troger ist nicht alleine mit seinem Vorhaben. Die Hanfindustrie in Europa wächst. Waren es 1993 noch knapp 6.000 Hektar Hanf, die europaweit angebaut wurden, so ist die Zahl 2015 auf 25.000 Hektar angestiegen.

beton, PAPier und co Die größten Produzenten finden sich in Frankreich und den Niederlanden. Die European Industrial Hemp Association (eiha) hat sich 2013 bereits angesehen, wofür der Nutzhanf in Europa verwendet wird. Auf den 15.700 Hektar wurden insgesamt 85.000 Tonnen Nutzhanf geerntet. Hanfschäben, kleine, holzähnliche Teilchen, die bei der Entholzung des Pflanzenstängels anfallen, machen dabei den größten Teil der Weiter-

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verarbeitung aus. Knapp 45.000 Tonnen Hanfschäben gehen für die Erzeugung von Hanfbeton in die Bauindustrie oder werden als Tiereinstreu, vor allem für Pferde, verwendet. Der zweitgrößte Industriezweig ist, mit 25.000 Tonnen, die Verwendung von Hanffasern. 57 Prozent, also rund 14.000 Tonnen der Fasern, werden für die Papierproduktion verwendet und 26 Prozent, rund 6.500 Tonnen, gehen in die Dämmstoffproduktion. Zum Vergleich: Nur 0,1 Prozent, also 25 Tonnen, der Hanffasern werden für die Bekleidungsindustrie verwendet. Auf Platz drei der Nutzhanfindustrie befindet sich mit insgesamt 13.000 Tonnen die Nutzung von Hanf für Verbrennungsanlagen, beispielsweise für die Stromerzeugung mit 7.800 Tonnen und 5.200 Tonnen werden für den Kompost weiterverarbeitet. Den größten Wachstumsmarkt aber verzeichnet der Anbau von Hanf für die Produktion von Hanfsamen. Von 2010 auf 2013 gab es hier eine Produktionssteigerung von 92 Prozent – also von 6.000 Tonnen auf 11.500 Tonnen. Tendenz weiter steigend. Und hier findet sich die neue Generation des Landwirtschaftszweigs wieder.

suPerfood hAnfsAmen Hanfsamen werden als Superfood gehandelt, da sie äußerst nährstoffreich sind. Neben allen essentiellen

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umstrittene mediZin Dass Hanf auch in medizinischer Hinsicht eine gesunde Wirkung haben kann, ist längst bekannt. In den usa ist medizinischer Hanf in 25 Staaten bereits legal. Vergangenes Jahr wurden dort im Medizinbereich 2,6 Milliarden Dollar umgesetzt. In Europa ist die Gesetzeslage in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich: In Belgien, den Niederlanden, Spanien, Italien, Finnland, Portugal, Tschechien und Großbritannien darf Cannabis arzneilich genutzt werden. In Österreich sind Zubereitungen aus Cannabis nicht verschreibbar, außer, es handelt sich zum Fertigarzneimittel. In Deutschland zählt Cannabis seit 2011, ähnlich wie in Österreich, zu den verschreibungsfähigen Arzneimitteln. Im März dieses Jahres hat der Bundestag aber eine Gesetzesnovelle verabschiedet, die

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der Landwirtschaft neuen Auftrieb gewähren könnte. In Deutschland können schwerkranke Menschen seit März auf Kassenkosten und per Rezept Cannabisblüten- und Extrakte bekommen. Sie erhalten die Arzneimittel in der Apotheke. Der Anbau ist staatlich kontrolliert, der private Eigenanbau von Cannabis, also der Blüte der Hanfpflanzen, bleibt weiterhin verboten. Auch Troger vertreibt über seinen Online-Shop hanfgarten.at cbd-Drops, die ausschließlich aus den Nutzhanf-Blüten gewonnen und als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden können. »Die Auflagen sind hier sehr schwammig und nicht eindeutig geregelt«, sagt Troger, »wir haben alles von unseren Anwälten prüfen lassen, um hier abgesichert zu sein«. Troger arbeitet für die Weiterentwicklung seiner Produkte mit einigen Ärzten und Forschungseinrichtungen, aber auch mit der Privatwirtschaft zusammen.

imagePolitur Seine Hanfpflanzen bezieht Troger von einem großen Gärtnerbetrieb. Diese werden in einer 10.000-qmGlashaus-Fläche in Wiener Neustadt gezogen und bewässert. Hier werden keine Pestizide, sondern nur Nützlinge und Mittel auf natürlicher Basis eingesetzt. Derzeit hat das Unternehmen zehn Mitarbeiter. In Graz hat Troger mittlerweile die erste Filiale eröffnet, in der Kunden die Hanfgarten-Produkte auch direkt vor Ort kaufen können. »Ergänzt wird das Ganze auch durch einen Verkaufsautomaten, in dem unsere Produkte mehr oder weniger rund um die Uhr, sieben Tage die Woche gekauft werden können«, sagt der Start-up-Unternehmer. Troger ist nicht alleine mit der Mission, der Hanfpflanze ein besseres Image zu verleihen. Auch in

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Hanffasern haben eine lange Tradition in der Herstellung von Seilen. Heute sind sie vor allem als Dämmstoff gefragt.

der Schweiz hat sich ein junger Unternehmer der steigenden Nachfrage nach Hanfprodukten angenommen. Der Schweizer Stevens Senn hat in einem ehemaligen Gartencenter in Zeiningen eine Indoor-Plantage mit rund 5.000 Hanfpflanzen errichtet. Bisher vertreibt er seine legalen Hanf-Produkte über einen Onlineshop. Seine Pure Production AG verkauft unter anderem Hanföl, Hanftee, Hanfschokolade, Hanfkekse aber auch Haarwachs aus Hanf. Einen Laden vor Ort möchte Senn noch eröffnen. Mittlerweile beschäftigt er schon zehn Mitarbeiter.

»legaliZe it«? Nutzhanf, Hanfsamen, Hanfbeton, Dämmstoffe aus Hanf, Tee und Hanfbier – diese Produkte lassen das Business in Europa immer schneller wachsen. Doch auch der Ruf nach der Legalisierung von Cannabis wird europaweit immer lauter. Bereits 2015 hatten die deutschen Grünen einen 60-seitigen »Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes« im Bundestag vorgelegt. Wenn es nach dem Entwurf der Grünen ginge, sollte ein Erwachsener bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich herumtragen oder daheim lagern dürfen. Der Anbau sollte weiterhin staatlich kontrolliert sein. Das aktuelle Betäubungsmittelgesetz, das den unerlaubten Umgang mit Cannabis bestraft, ist zwar ein Bundesgesetz, dessen Umsetzung und Rechtspraxis bleibt aber Ländersache. Während die Legalisierungsdebatte in Deutschland alle Jahre wieder aufflammt, wurden die Gesetze in Sachen Cannabis in Österreich weiter verschärft. Seit dem 1. Juni 2016 kann der Verkauf von Drogen auf offener Straße in Österreich mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden.

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»Wir weisen unsere Kunden darauf hin, dass es verboten ist, die Pflanze in die Blüte zu bringen und wir diesbezüglich auch keine Beratung geben«, erklärt Troger. Wenn der Staat das mit Gesetzen nicht verhindern könne, werde er es aber auch nicht können, sagt der Unternehmer. Er sieht die Prohibition als gescheitert an und hofft auf eine Gesetzeslage, die an die »Lebensrealität der Menschen angepasst ist«. Es werde endlich wieder Zeit, offen über das Thema Cannabis zu sprechen und brauchbare Alternativen zur Verbotspolitik zu bieten, sagt Troger. Eins steht fest: Das Negativ-Image von Hanf scheint längst überholt zu sein. Sunnyboys wie Troger dürften nicht zuletzt dafür verantwortlich sein.

»Wir weisen unsere Kunden darauf hin, dass es verboten ist, die Pflanze in die Blüte zu bringen und wir diesbezüglich auch keine Beratung geben.«

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Bio­roHSToFF ALS MeteRWARe Die Berliner Firma Lebenskleidung verhilft Eco-Fashion-Labels zu zertifizierten Bio-Stoffen. Mitgründer Enrico Rima hat uns erklärt, wie das funktioniert.

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Thomas Stollenwerk

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Nengloveyou / Shutterstock.com Lebenskleidung Cherie Birkner

Die Ökotextilimporteure Enrico Rima, Benjamit Itter und Christof Malkowski

co-Fashion boomt. Das klingt zwar unglaublich abgedroschen, aber es stimmt trotzdem, auch wenn der Marktanteil ökologisch produzierter und fair gehandelter Mode noch bei unter einem Prozent liegt. Mit der Nachfrage nach Mode, die anders hergestellt wird als die billige Fast-Fashion aus den Filialen der großen Textilketten, wächst auch die Nachfrage nach den Rohstoffen, die man dafür braucht. Deshalb gibt es Unternehmen wie Lebenskleidung aus Berlin. »Wir sind eine gots-zertifizierte Handelsagentur für Textilien«, erklärt Enrico Rima, einer der Gründer von Lebenskleidung. »Wir lassen in zertifizierten Betrieben Stoff als Meterware produzieren und vertreiben ihn europaweit an Designer, die keine eigene Sourcing-Abteilung haben. Wir sind ein Problemlöser, indem wir die ganze Supply Chain innovativer Stoffe übernehmen und sie uns ins Lager legen.« Der Kundenstamm von Lebenskleidung ist breit. »Wir beliefern Firmen, die ganze Kollektionen aus unseren Stoffen produzieren, aber auch die Dawanda-Hobbynäherin, die im Jahr fünf Meter Stoff braucht.« Die Berliner sind stolz auf diesen breiten Kundenstamm mit Abnehmern aus 44 Ländern. Aufgebaut wurde er mit Hilfe eines Webshops. In der Textilbranche ist ein funktionierender Webshop auch 2017 noch nicht Standard. Man bewegt sich eben in einer sehr klassischen Branche.

Vielfalt aus Portugal Das andere Ende der Supply Chain ist weniger vielseitig. Der Großteil der Ware stammt aus Portugal und der Türkei. Ein kleiner Teil wird in Frankreich, Deutschland und Tschechien produziert. Wie kommt man eigentlich an nachhaltig produzierten Stoff? Eine Geheimwissenschaft stecke nicht dahinter, erklärt Enrico Rima: »Auf der gots-Website kann man zertifizierte

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Produzenten finden. Das haben wir am Anfang gemacht. Dann haben wir dort angerufen, sind hingefahren, haben uns Muster zeigen lassen. Und nur wenn das Bauchgefühl gestimmt hat, haben wir Stoff gekauft.« Zum Bauchgefühl trägt bei, vorab die richtigen Fragen zu stellen, was die ökologischen und sozialen Arbeitsbedingungen vor Ort angeht. Ein ausführlicher Rundgang in Strickerei und Färberei vor Ort gehört auch dazu. Gerahmt wird das Ganze durch den Global Organic Textil Standard und dessen Kriterien. Um mit Stoff zu handeln, muss man also bloß wissen, wo es ihn gibt, und ihn bestellen. Erfahrung spielt natürlich trotzdem eine Rolle, wenn man langfristig und im größeren Stil im Textilhandel mitmischen will. Nach ein paar Jahren im Geschäft hat man bei Lebenskleidung inzwischen eine Menge an Erfahrungen mit Produzenten in verschiedenen Ländern. In der Türkei hat man dabei langjährige Partner gefunden, die auch in das junge Unternehmen investiert haben. Trotzdem verlagert sich die Produktion im Moment zum Teil aus der Türkei nach Portugal. Dafür nennt Enrico Rima einen ganz pragmatischen Grund: »In der Türkei gibt es in der Regel nur sehr große Färbemaschinen mit sehr großen Mindestabnahmemengen. In Portugal sind die Färbereien flexibler. Deshalb haben wir uns auch diversifiziert. Bei den Türken zählt oft nur die Quantität.« In Portugal produzieren zu lassen, ermöglicht es Lebenskleidung, individuellere und mehr unterschiedliche Stoffe ins Angebot aufzunehmen. Die Mindestabnahmemengen liegen dort bei rund 100 Kilo pro Stoff, deutlich unter den Mindestmengen türkischer Hersteller. Das erlaubt es, innovativer zu sein. Für die Suche nach portugiesischen Partnern gibt es allerdings auch andere Gründe. »Portugal wurde von der Austeritätspolitik der EU

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»Die Konsumenten griffen trotz des doppelten, oftmals dreifachen Preises zum Produkt aus Österreich.«

ziemlich hart erwischt. Die beginnen gerade, wieder zu investieren und es passiert eine Menge Innovation. Auch weil viele sich aus der Türkei zurückziehen, wegen der politischen Situation. Dort werden Dinge auch innovativer und aktiver angeboten. In der Türkei muss man immer nachfragen. Da herrscht eher Basar-Mentalität.« Ein wichtiges Produktionsland für nachhaltige Textilien bleibt die Türkei dennoch. Allein schon wegen der Preise, die hier laut Rima nur marginal über den Preisen in Indien liegen.

Enrico Rima beim Besichtigen eines baumwollverarbeitenden Betriebes in Portugal.

Am Anfang stand ayurvedische Bettwäsche Beim österreichischen Lebensmittelproduzenten Lemberona merkte man schon vor einigen Jahren, dass die Nachfrage nach heimischen Hülsenfrüchten wuchs. »Die Konsumenten griffen trotz des doppelten, oftmals dreifachen Preises zum Produkt aus Österreich«, erzählt Geschäftsführerin Elmira Bertagnoli. Natürlich braucht es dazu auch die entsprechende Konsumentenansprache. »3,98 Euro oder 6,80 Euro für das Kilogramm Sojabohnen – da müssen wir sehr viel kommunizieren. Die Konsumenten wollen wissen, wie der Preis zustande kommt«, meint Eva Kiene, die bei Rapunzel für die Kommunikation zuständig ist. Europas kleiner strukturierte Landwirtschaft und die fair bezahlte Arbeitskraft machen Produkte aus Europa teurer als Importware aus China und den usa, wo man riesige Flächen bewirtschaften kann. »Würde der Konsument die pflanzlichen Eiweißeinheiten mit dem Preis gegenrechnen und das mit den Kosten für tierisches Eiweiß vergleichen, dann würde sich das allemal rechnen, aber das machen die wenigsten«, meint sie.

Ziel: Mehr Transparenz Das Geschäft mit ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Stoffen läuft gut. Viele Modelabels sind in den letzten Jahren symbiotisch gemeinsam mit Lebenskleidung gewachsen. Für viele Jungdesigner waren die Berliner der Door Opener, weil sie durch die Handelsagentur zum ersten Mal in der Lage waren, Stoffe in 20 verschiedenen Farben zu kaufen. Im Schnitt verkauft Lebenskleidung monatlich zwischen 10 und 15 Meter Stoff. Das Geschäft ist noch ausbaufähig. Im Denim-

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Das Büro von Lebenskleidung in Berlin ist gleichzeitig Showroom für kleine Labels, die hier Stoffmuster begutachten können.

Bereich zum Beispiel werden die Preise erst ab einer Abnahmemenge von 5.000 Metern interessant. Doch die Ziele von Lebenskleidung sind im Moment eher qualitativer Art: »Ich würde gerne noch mehr Transparenz hineinbekommen und genau wissen, wo unsere Garne herkommen«, erklärt Enrico Rima. »Bei unseren türkischen Herstellern wissen wir, woher die Biobaumwolle stammt. Bei den portugiesischen Herstellern wissen wir das noch nicht zu 100 Prozent genau. Wir wissen allerdings, dass alles Bio-gots Garn ist, und man könnte theoretisch eine Rückverfolgung bis zum Feld machen kann. Daran arbeiten wir gerade in jedem Gespräch.« Wer bei der Herkunft von Rohstoffen auf Nummer Sicher gehen möchte, muss dafür Geduld und auch Geld ins Reisebudget investieren. Im November steht für das Team von Lebenskleidung die nächste Sourcing-Reise an. Dabei folgen die Öko-Stoffhändler einem globalen Textil-Trend. Besucht werden Fair-Trade-BaumwollProduzenten in Afrika.

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2nd HAND, ABER NEUWERTIG Wer beim Shopping daneben gegriffen oder Mode in der falschen Größe geschenkt bekommen hat, kann mit neuwertiger 2nd-Hand-Ware Fashionistas bei willhaben glücklich machen.

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er sich für Mode interessiert, hat schnell einen großen Fashion-Fußabdruck. SecondHand-Shops helfen dabei, Outfits zu wechseln, ohne dass Mode zum Wegwerfprodukt wird, oder ungetragen im Schrank verstaubt. Einer der größten Marktplätze für Mode ist inzwischen willhaben. Mehr als 700.000 Modestücke und Accessoires stehen hier

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durchschnittlich zum Verkauf. Und dabei geht es nicht bloß um hippe Vintagemode oder das, was die Verkäufer sonst wegwerfen würden. Bei willhaben wird auch jede Menge Neuware und Ungetragenes gehandelt. Da warten für Käufer jede Menge Schnäppchen und aus so manchem unpassenden Geschenk oder Fehlgriff wird für Verkäufer noch ein guter Deal.

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Kaufst du viel Mode über willhaben? Nina: Ich kaufe meine Klamotten am allerliebsten Second-Hand. Wenn ich auf der Suche nach einem ganz bestimmten Teil bin, schaue ich meist zuerst, ob ich es irgendwo gebraucht finden kann, bevor ich in einen Laden gehe. Über willhaben habe ich auf jeden Fall schon einige Goldstücke ergattert! Findest du willhaben eher für klassiche Vintage-Mode interessant, oder für neuwertige Markensachen? Nina: Sowohl als auch. Auf willhaben kann man wirklich tolle, neuwertige Sachen finden. Manches möchte ich eben nicht »schon getragen« kaufen. Bei Schuhen spielt der neuwertige Zustand für mich eine wichtige Rolle. Nichts desto trotz liebe ich Vintage Mode! Es gibt bei mir kaum ein Outfit, in dem nicht mindestens ein Vintageoder Second-Hand-Teil integriert ist. Die Mischung aus beidem ist perfekt für mich. Zuletzt hast du auf willhaben bei veganen VejaSneakers zugeschlagen. Von wem hast du sie gekauft, und weißt du, wieso sie auf willhaben gelandet sind? Nina: Die Schuhe habe ich im 7. Bezirk von einem supernetten Mädchen abgeholt. Sie hat die Sneakers vor einiger Zeit online bestellt, weil sie in Wien mittlerweile überall ausverkauft sind. Die Größe war dann leider nicht passend. Schuhe fallen ja oft recht klein aus. So sind sie zuerst auf willhaben und schlussendlich in meinem Schuhschrank gelandet. Yay! Hast du selbst schon Sachen bei willhaben verkauft? Nina: Ja, klar. Hauptsächlich waren das aber Möbel. Ich verspüre immer wieder mal den Drang nach einem kleinen Tapetenwechsel, was meine Wohnungseinrichtung angeht. Für jedes neue Stück, das seinen Weg in meine vier Wände findet, muss sich ein altes verabschieden. Am schnellsten und unkompliziertesten funktioniert dieser Abschied über willhaben. Was Kleidung angeht, verkaufe ich über willhaben gerne »besondere Highlights« bzw. neuwertige Teile. Ansonsten bevorzuge ich Flohmärkte, weil ich so alles auf einen Schlag los werden kann. Der nächste Flohmarkttermin steht sogar schon fest! Ich werde meine Klamotten zusammen mit willhaben am Feschmarkt, 07. bis 09 Juli 2017, in Vorarlberg verkaufen. Hast du Tipps fürs Modeshopping auf willhaben? Nina: Es kommt ganz darauf an, wonach man sucht. Wenn ich mich einfach ein bisschen durchklicken und vom Angebot berieseln lassen möchte, dann suche ich nach Überbegriffen, die den Vibe der Klamotten, auf die ich gerade Lust habe, beschreiben. Jahrzehnte sind da zum Beispiel ein ganz guter Anfang. »60er, 70er, 80er« da ist eigentlich immer was dabei. Ansonsten findet man auch viel über die Tags »Vintage« und »Retro«. Neuwertige Sachen suche ich direkt über den Markennamen. ●

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Bio vor Bio

Bereits lange vor Birkenstock, Anti-AtomkraftProtesten und den Grünen betrieben Menschen ökologische Landwirtschaft.

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Werner Sturmberger

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Ullstein-Verlag – Charlotte Janz Wolfgang G. Vögele

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er Krieg war verloren und in ihm eine gesamte Weltordnung abhandengekommen. Im Angesicht der Katastrophe des Ersten Weltkriegs waren die Moderne und ihre Errungenschaften noch ein bisschen bedrohlicher geworden. Dass die deutsche Landwirtschaft sich in einer Krise befand, machte die Sache nicht einfacher. Die Geister, die man bereitwillig für die Steigerung der Erträge gerufen hatte, galten vielen nunmehr als verantwortlich für deren Einbrüche: »Der Einsatz von Chemikalien und Maschinen in der Landwirtschaft begann im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Eine erste Intensivierung dieser Methoden fand in der Zwischenkriegszeit statt, als durch das Haber-Bosch-Verfahren ein wesentlicher Nährstoff künstlich verfügbar wurde: Stickstoff«, erklärt Ernst Langthaler, Agrarhistoriker Wirtschafts- und Sozialhistoriker an der jku Linz. Trotz des massiven Einsatzes von Mineraldünger kam es in den Nachkriegsjahren zu Ernteeinbußen von bis 40 Prozent. Das Vorkriegsniveau wurde erst wieder Ende der 30er Jahre erreicht. »Erstmals traten ökologische Schädigungen an Böden und im Naturhaushalt auf: Bodenverdichtung, Bodenmüdigkeit, Saatgutabbau, Zunahme von Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall sowie abnehmende Nahrungsmittelqualität durch vermehrte Stickstoffdüngung«, erklärt der Karlsruher Agrarhistoriker Gunter Vogt. Die landwirtschaftliche Krise manifestierte sich in Ernteeinbrüchen und die materiell bedrohte Existenz der Bauernschaft. Erstmals sahen Menschen durch die Industrialisierung der Landwirtschaft ihre gesamte Lebensweise in Frage gestellt.

» Das biologische Verständnis von Bodenfruchtbarkeit und die darauf aufbauenden Landbaumaßnahmen versprachen, eine nachhaltige Landbewirt­ schaftung zu gewährleisten, die in Einklang mit den Grundsätzen der Lebensreform stand.«

Andere wiederum begriffen die Moderne als das Ende überkommener Ordnungen, als Keimzelle einer neuen Zivilisation und ihre Erkenntnisse als Werkzeuge für eine bessere Welt. Die Moderne war der Bezugspunkt von Ängsten und Hoffnungen gleicher-

maßen, manchmal sogar gleichzeitig. Als archetypisch dafür kann die Lebensreformbewegung gelten. Ihre Grundpfeiler waren die Rückkehr zu einer »naturgemäßen Lebensweise«: Vegetarismus, Ernährungsreform, Naturheilkunde, Körperkultur, Tier-, Natur- und Heimatschutz. Sie bildete den ideellen Rahmen des »natürlichen Landbaus«, der ersten Versuche ökologischer Landwirtschaft. Da man sowohl auf stickstoffhaltige Dünger und schwermetallhaltige Pestizide, also auch weitgehend auch auf Tierhaltung – man wollte vegetarisch leben – verzichtete, musste die Bodenfruchtbarkeit auf anderem Wege sichergestellt werden. Die Antwort fand man in der landwirtschaftlichen Bakteriologie: »Das biologische Verständnis von Bodenfruchtbarkeit und die darauf aufbauenden Landbaumaßnahmen versprachen,

1900

1913

1924

BASF nimmt die erste nach dem Haber-Bosch-Verfahren arbeitende Anlage zur Herstellung von Ammoniak in Betrieb

Rudolf Steiner hält die Vortragsreihe »Geisteswissen­ schaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft« auf dem Gut Koberwitz der Grafenfamilie Keyserling

der natürliche Landbau

1911

Entstehen der Forschungs­ Das Kaiserlichen Patentamt in disziplin »Landwirtschaftliche Berlin gewährt Fritz Haber das Bakteriologie« Patent für ein »Verfahren zur synthetischen Darstellung von Ammoniak aus den Elementen«

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ökopioniere

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Kurzbio Rudolf Steiner (*27. Februar 1861 in Kraljevec, Kroatien; † 30. März 1925 in Dornach, Schweiz) beschäftigte sich zunächst intensiv mit Philosophie und war als Goethe-Forscher tätig. In Berlin fand Steiner Anschluss an die theosophische Gesellschaft in deren Rängen er schnell aufstieg. Schlussendlich gründete er 1913 die Anthroposophische Gesellschaft. Neben dem biologisch dynamischen Landbau entwickelte der als asketisch und charismatisch beschriebene Esoteriker zudem eine eigene Schulform (Waldorfschulen), betätigte sich als bildender Künstler und Architekt, ersann die Eurythmie, schrieb Mysterienspiele, entwarf eine an die Homöopathie angelehnte medizinische Lehre, formulierte eine Wirtschafts- sowie eine spirituell argumentierende Rassentheorie und agierte als Religionsstifter.

Hans Müller (*4. Oktober 1891 in Hasle bei Burgdorf; † 5. Dezember 1988 in Grosshöchstetten) wuchs auf einen Emmentaler Bauernhof auf. Er arbeitete zunächst als Lehrer, war später vor allem politisch tätig. 1923 gründete er den Schweizerischen Verband abstinenter Bauern, 1927 die schweizerische Jungbauernbewegung, die dem frontistischen Spektrum zugerechnet wird. Gemeinsamer Nenner dieser Organisationen war die Forderung nach einer völkischen Erneuerung der Schweiz. Inhaltlich war die Arbeit der Jungbauern ebenso von Generationenkonflikten und den Differenzen zwischen Klein- und Großbauerntum bestimmt und verfolgte auch antikapitalistische und sozialpolitische Anliegen. Nachdem die Bewegung Mitte der 40er Jahre zusehends ihre politische Bedeutung einbüßte, gewann sie als Volksbildungsorganisation an Bedeutung und mutierte zur Keimzelle des »biologisch-organischen Landbaus«

Bioesoteriker Rudolf Steiner

eine nachhaltige Landbewirtschaftung zu gewährleisten, die in Einklang mit den Grundsätzen der Lebensreform stand«, so Vogt. Damit wies der ideologische Überbau durchwegs antimoderne Züge auf, während man zugleich auf die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft vertraute.

Steiner und das »Übersinnliche« Die Jahrhundertwende war eine Blütezeit für alternative Weltdeutungsmuster von Sozialismus über Feminismus, die Avantgarde bis hin zur Esoterik. Rudolf Steiner war einer der erfolgreichsten Vertreter letztgenannter Zunft. Im Jahr 1913 gründete er die anthroposophische Gesellschaft. In der Vortragsreiche »Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft« entwickelte er 1924 die Grundzüge der »biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise«. Eine Beeinflussung der Natur ist, Steiner folgend, nicht nur auf direktem physikalischem Wege, sondern auch über die drei von ihm identifizierten »übersinnlichen« Dimensionen mittels biologisch-dynamischer Präparate möglich. Die praktische Umsetzung und Erprobung erfolgte überwiegend auf großen Gütern im Osten Deutschlands. Da Steiner aber kein ausformuliertes Landbausystem

1925

1928

1930

1930

Gründung der Zeitschrift »Bebauet die Erde«: Magazin des natürlichen Landbaus

Gründung der »Arbeits­ gemeinschaft natürliche Landbau und Siedlung«

Gründung der Zeitschrift »Demeter – Monatsschrift für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise«

Vermarktung von Produkten unter dem Gütesiegel Demeter

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Bio über dem großen Teich und jenseits des Kanals vorstellte, sondern nur Hinweise für die Entwicklung eines solchen gab, flossen Erkenntnisse des traditionellen und natürlichen Landbaus mit ein. Schätzungen gehen von weniger als hundert biologisch-dynamisch bewirtschafteten Gütern in den späten 20ern aus. In den 30ern verbreitete sich die Anbauweise allmählich. Wegen weltanschaulicher Differenzen wurde die anthroposophische Gesellschaft 1935 von den Nazis verboten. Der Dachverband der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise konnte bis 1941 fortbestehen. Ermöglicht wurde das durch die Preisgabe des anthroposophischen Hintergrunds, die Aufnahme von Elementen der »Blut und Boden«-Ideologie und die punktuelle Kooperation mit dem Regime. Da mit Kriegsende die bisherigen Zentren der Bewegung, die Güter im Osten, verloren gingen, richtete sich der Fokus nach der Neugründung auf bäuerliche Familienbetriebe. Langfristig war die Entwicklung des biologisch-dynamischen Landbaus von einer vermehrten Übernahme biologischer Erkenntnisse und einem Bedeutungsverlust der anthroposophischen Anteile geprägt. Das führte zu einer vermehrten Annäherung an den Mainstream ökologischer Landwirtschaft.

Wer hat’s (neu) erfunden? »Bis ins 20. Jahrhundert war die Sonne die primäre Energiequelle der Landwirtschaft. Mit dem Einsatz fossiler Energieträger änderte sich das. Beginnend in den 50ern ermöglichte diese neue Form der Energienutzung und die intensivierte Anwendung von chemischen und mechanischen Technologien eine rasche Steigerung der Arbeits- und Bodenproduktivität«, sagt Langthaler. Die nach dem Zweiten Weltkrieg anbrechende Agrarrevolution stellte eine Bedrohung für die Unabhängigkeit kleinbäuerlicher Strukturen von der Agrar- und Nahrungsmittelindustrie dar. Um sie abzuwenden und mit dem erklärten Ziel, die christlich-bäuerliche Lebensweise zu erhalten und weiterzuentwickeln, propagierte der Politiker, Bauernsohn und Botaniker Hans Müller in der Schweiz der 50er Jahre den »biologisch-organischen Landbau«. Darin verbanden sich Erkenntnisse des biodynamischen und natürlichen Landbaus mit dem Naturhaushaltskonzept, dem »Kreislauf der lebendigen

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Mit rund 20 Jahren Verzögerung begann die Beschäftigung mit ökologischer Landwirtschaft auch im englischsprachigen Raum. Die bisherigen Erkenntnise aus dem deutschsprachigem Raum wurden dabei kaum rezipiert. Den Grundstein bildeten die Arbeiten von Albert Howard und Robert McCarrison. Howard forschte gemeinsam mit seiner Frau Gabrielle und deren Schwester Louise in Pusa, Neu Delhi, an Pflanzenzucht und -schutz. Er entwickelte ein integratives Verständnis von Landwirtschaft und begriff die Gesundheit von Erde, Pflanzen, Tieren und den Menschen als eng verknüpft. Der Arzt Robert McCarrison forschte ebenfalls in Indien an den Zusammenhängen von Bodenfruchtbarkeit und Nahrungsmittelqualität. Konkrete Umsetzungen ähnelten oftmals den bereits in Deutschland umgesetzten Landbau-Konzepten. Ein spezifisch US-amerikanischer Zugang zu ökologischer Wirtschaftsweise entstand im Kontext der massiven Bodenerosion der 1930er Jahre. Die Mechanisierung der Landwirtschaft ermöglichte es, weite Teile der Prärie in Ackerflächen umzuwandeln. Anders als die tiefwurzelnden Gräser der Prärie verfügten die neugeschaffenen Weizenmonokulturen aber nur in geringem Ausmaß über die Fähigkeit, Feuchtigkeit zu speichern und den Boden vor Erosion zu schützen. Mehrere Dürrewellen führten zu schweren Sandstürmen, die als »Dust Bowl« oder »Dirty Thirties« in die Geschichte eingingen. Sie fügten der Ökologie und Landwirtschaft der Great Plains massive Schäden zu und führten zur Abwanderung großer Teile der Bevölkerung. Auch in den USA und England begleiteten romantisch-agrarische Ideale die alternativen Bewirtschaftungsformen. Eine vor allem urbane Bewegung in den USA der 40er und 50er Jahre setzt, genau wie die Lebensreformbewegung in Deutschland, auf Vegetarismus, Siedlungsideen und organischen Gartenbau.

1933

1934

1935

1938

Die biologisch-dynamischen Organisationen gehen im Reichsverband für biologischdynamische Wirtschaftsweise auf

Die erste von drei Dürren sucht die Great Plains heim und verursacht durch gewaltige Sandstürme massive Schäden

Nazis verbieten die Anthroposophische Gesellschaft

Mit dem Anschluss Österreichs an das Nazireich läuft die Stickstoffdüngung nun auch in Österreich in großem Stil an.

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ÖKOPIONIERE

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Die Schweizer Hans und Maria Müller gelten als christlich-soziale Biopioniere.

»Was sie verband, war das große Unbehagen gegenüber Industrie, Technik und dem Leben in den Städten und nicht so sehr eine explizite politische Ideologie.« — Gunter Vogt, Agrarhistoriker

Konzepte zu Gunsten der wissenschaftlichen Erkenntnisse des natürlichen und biologischen Landbaus aufgegeben. Der biologisch-organische und der biologische Landbau, der das Erbe des natürlichen Landbaus angetreten hatte, verschmolzen allmählich zum ökologischen Landbau der Gegenwart.

BIO HEUTE UND DAMALS

Substanz«, des deutschen Arztes und Mikrobiologen Hans Peter Rusch. Während seine Frau Maria sich der Entwicklung und Vermittlung der Landbauweise widmete, war Hans Müller vor allem politisch und organisatorisch tätig und kümmerte sich um den Aufbau von Vertriebsstrukturen. Die Genossenschaft »Heimat« belieferte neben Migros und dem Reformunternehmen Biotta auch VerbraucherInnen direkt per Versand. Etwa 200 Betriebe im Berner Oberland wirtschafteten in den 50ern und 60ern nach organisch-biologischen Grundsätzen. Die Vereinigung wirkte aber über die Grenzen der Schweiz hinaus und lieferte wichtige Impulse für die ökologische Nachkriegs-Landwirtschaft. In Deutschland führte sie zur Gründung des Dachverbands Bioland, in Österreich zu jener von Bio-Austria. In den 70ern wurden Ruschs

Während der Diskurs über Biolandwirtschaft seit den 80ern eher linkslastig ist, bewegten sich viele Biovordenker überwiegend in einem politisch rechten, völkischen Spektrum. Vogt, weist aber darauf hin, dass in der Lebensreformbewegung Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft Anschluss fanden: »Was sie verband, war das große Unbehagen gegenüber Industrie, Technik und dem Leben in den Städten und nicht so sehr eine explizite politische Ideologie.« In den 1920ern waren linke Bewegungen im Normalfall einfach nicht mit Landwirtschaft und dem Leben der Bauern befasst, sondern mit dem Elend der Arbeiterschaft – viele davon durch die Industrialisierung beschäftigungslose gewordene LandarbeiterInnen. Ökologie stand nicht auf der Tagesordnung, selbst wenn sich Marx dazu einige Gedanken gemacht hatte. Der größte Unterschied zwischen heute und damals ist wohl, dass Wissen um den Stellenwert nachhaltigen Wirtschaftens kein Nischenprogramm mehr ist. Was sich nicht verändert hat: Ohne harte (Überzeuguns-) Arbeit kann dieses Wissen nicht wirksam werden.

1940

1941

1946

1950

Eve Balfour gründet die auf Howards Erkenntnissen basierende »The Soil Association« als Dachorganisation biologischer Anbauweisen

Die biologisch-dynamischen Organisationen werden durch den SS-Sicherheitsdienst verboten: Beschlagnahmung von Literatur und zeitweise Inhaftierung einiger Landwirte.

Gründung »Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise«

Beginn der Verwissenschaftlichung der biodynamischen Konzepte

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»Die Produktion von Lebensmitteln wird zunehmend durch die Herstellung von Gartenbildern abgelöst.«

SCHICK LIFEHAC UNS DEIN K-VIDEO TIPPS & MIT TRICKS A U S DEM BIO-GA RTEN!

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Sarah Kumnig in dérive N°67: Nahrungsraum Stadt

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Der Inhalt dieser Veröffentlichung gibt allein die Meinung des Autors wieder, der allein für den Inhalt verantwortlich ist. Die Europäische Kommission haftet nicht für die etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen.

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Wanderschafe

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Grenzgänger

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Bernadette Strohmaier

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Johannes Hloch Bernadette Strohmaier

Ein junges Paar hat sich im SĂźdburgenland einen Bioschafbetrieb aufgebaut. Vom Leben zwischen ungarischer Grenze, blĂśkenden Schafen und Aktienverkauf.

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Wanderschafe

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E

s sind viele Kilometer, die der Schafbauer Alex im Jahr zu Fuß zurücklegt. Und dennoch kommt auch er ein wenig außer Atem, als er den steilen Abschnitt der Wiese hinauf geht. »Platz«, ruft er zu seiner Border Collie-Hündin Chica, die bereits vorstürmen will. Und dann im Dialekt »weida«, was »rechts« bedeutet. Am frühen Morgen haben er und seine Frau Julia 80 Mutterschafe und 40 Lämmer auf den schmalen Streifen Wiese gebracht. Natürlich zu Fuß. Jetzt, am Nachmittag, will er nochmals nach den schwarz-weiß gescheckten Tieren sehen und seinem Helfer beim Abbau des mobilen Elektrozauns am zuvor beweideten Wiesenstück helfen. Die Krainer Steinschafe – eine widerstandsfähige alte Rasse – mussten nicht weit umziehen. Die beiden Wiesenflächen befinden sich auf einem Weinberg bei Moschendorf im Südburgenland – getrennt nur durch acht Reihen Weinreben. Auch sie waren einst mit Weinreben bepflanzt. »Bei jedem Weingarten, der da ausgerissen wird, ruft mich der Bauer an: Meinen kannst haben «, sagt der 39-Jährige und erklärt, dass ihre fünf Wanderschafherden heiß begehrte Landschaftspfleger geworden sind. Denn würde auf den Wiesen zwischen den Weingärten der Wald beginnen zu wachsen, wären nicht nur die artenreichen Wiesen weg, auch das für die Weintrauben optimale Mikroklima würde sich aufgrund der Bäume verschlechtern. »Der Naturschutz ist mein

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»Wir haben fünf Krainer gekauft. Und dann ist alles recht schnell gegangen.«

Zugang zur Landwirtschaft«, sagt er und blickt auf die oben am Weinberg grasende Schafherde, welcher der grandiose Ausblick einerlei ist: hier trifft das burgenländische Riedelland auf die ungarische Ebene.

Als Quereinsteiger in die Landwirtschaft Alle zwei bis fünf Tage treiben Alex und Julia die insgesamt 360 Schafe und Lämmer auf eine neue Fläche, stecken die Zäune neu, mähen die Flächen nach. Das meiste zu Fuß. Keiner der beiden wuchs auf einem Bauernhof auf und doch interessierte beide die Landwirtschaft. Alex studierte deshalb Ökologische Landwirtschaft, Julia Landschaftsplanung. Vor zehn Jahren trauten sie sich, von Wien wegzugehen, um in den hintersten Winkel Österreichs zu ziehen und Neo-Bauern zu werden. »Wir haben fünf Krainer gekauft. Und dann

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47 ist alles recht schnell gegangen«, erzählt Alex. Das Paar hatte das Glück, dass Alex’ Eltern sich in Bildein im Alter niedergelassen haben und sie – ohne zu Beginn Unsummen in den Aufbau eines Hofes zu investieren – nach und nach Ihre Herde für die Zucht und die Bio-Fleischerzeugung aufbauen konnten. Sie improvisierten zu Beginn viel, »bis ein bisserl ein Geld da ist, dass man sich was G‘scheites leisten kann«, sagt Alex. In dieser Zeit vermehrte sich die Herde stetig. Und dann kam die goldrichtige Idee. Gemeinsam mit dem Naturschutzverein berta und dem Naturpark Südburgenländische Weinidylle brachten sie die Schaf-Aktie auf den Markt. 60 Euro kostet der Anteilsschein und man erhält in drei aufeinanderfolgenden Jahren je 1,7 Kilo Bio-Weidelammfleisch zurück. Abholen kann man das Fleischpaket am Hof oder beim Weidelammfest in Moschendorf. Offenbar ein Erfolg: Für das Jahr 2017 ist die Schaf-Aktie bereits ausverkauft.

» Wir haben eine große Freude mit den Endkunden, die selbst auf den Hof kommen oder von uns beliefert werden. Beim Supermarkt kriege ich keine E-Mail mit dem Feedback vom Kunden.« — Alex Elpons

Kein leichtes Geschäft Doch wer denkt, dass die Jungbauern vom Aktienverkauf leben können, liegt falsch. Vielmehr ist die Aktie ein charmantes Werbemittel zum Zweck: vor allem Leute aus Wien sind Stammkunden geworden. Ohne die landwirtschaftliche Förderung wäre nicht genug Geld zum Leben da. Alex hatte vor einiger Zeit Besuch von einem australischen Schafbauern: »Der braucht keinen

Stall, braucht keinen Traktor, hat keinerlei Auflagen, schlachtet in einer Wellblechhütte und vergräbt seine Schlachtabfälle hinterm Haus. Der hat den gleichen Preis in der Direktvermarktung wie wir«. Würden Alex und Julia unabhängig von der Förderung arbeiten wollen, müssten sie das Dreifache verlangen. Für eine große österreichische Supermarktkette könnten sie zwar auch

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produzieren, haben das Angebot jedoch ausgeschlagen. Das Paar ist überzeugt von seinem Weg der Direktvermarktung: »Wir haben eine große Freude mit den Endkunden, die selbst auf den Hof kommen oder von uns beliefert werden. Beim Supermarkt kriege ich keine E-Mail mit dem Feedback vom Kunden.« bioschaf.at

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WaSSER aKTiV

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SPEISEFISCH MIT SCHUTZBEDÜRFNIS

Gewässererwärmung, Überfischung, Verlust von Lebensraum der Seesaibling ist bedroht. Der Fisch des Jahres stellt hohe Ansprüche an die Wasserqualität und die gilt es zu erhalten.

Seit dem Mittelalter landet der Seesaibling auf den Tellern der Feinschmecker und auch heute noch ist der Wildfisch ein beliebter Speisefisch, von dem pro Jahr in Österreich 140 Tonnen produziert werden. Zum Vergleich: Von der Regenbogenforelle verspeisen wir 1.300 t im Jahr. Der Seesaibling lebt von Finnland bis Österreich in kalten, sauerstoffreichen Gewässern, sowohl im Süßwasser als auch im Meer. Trotz seines großen Verbreitungsgebietes ist er stark gefährdet, weshalb er 2017 wieder einmal zum Fisch des Jahres gewählt wurde.

Überfischung, mangelnder Nachbesatz oder Besatz mit Fressfeinden und Konkurrenten können dem Fisch aber zusetzen. Damit das nicht passiert, bemühen sich Fischereibetriebe um eine ordentliche Bewirtschaftung.

Schon 2005 war er der Fisch des Jahres, aber nachdem sich an seiner Gefährdung nicht viel verändert hat, wurde er 2017 wieder ernannt. Da es auf der Erde immer wärmer wird, nimmt auch die Temperatur in den Gewässern zu. Der prognostizierte Anstieg der Erdund Wassertemperaturen wird ihm zusetzen. Auch der Hunger auf regionalen Wildfisch könnte unter falscher fischereilicher Bewirtschaftung ein Problem werden. Der anspruchsvolle Wildfisch kann nur schwer in Aquakulturen gezüchtet werden, weshalb er dort nur vorgezogen und dann in den Gebirgsseen der Alpen freigelassen wird. Solange dabei keine Fehler passieren, ist diese Form der Wildzüchtung für den Fisch keine Gefahr.

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SteckBrIef SeeSaIBLIng • Salvelinus umbla (Seesaibling) • Gehört zur Familie der Lachsfische • Kann 15–75 cm lang werden • Kommt in tiefen, sauerstoffreichen Seen in ganz Europa vor. Man findet ihn in Finnland, Irland, Schottland, Island, in den alpinen Gebirgsseen sogar bis 2000 m Höhe (dann spricht man vom Schwarzreiter, der nur etwa 15 cm lang wird), aber auch im küstennahen Meer und in Flüssen.

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fISch deS JahreS

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DANUBE

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or a ti v e f get acer danube! cl e a n

GET ACTIVE FOR A CLEANER DANUBE!

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Sauberes Wasser ist die Grundlage für einen gesunden Lebensraum von Mensch und Tier. Das ist das Motto des heurigen Danube Days. Am 22. Juni findet wieder der Danube Day* statt. Diesmal im Wiener Stadtpark dreht sich beim Aktionstag alles um die Donau. 2857 Kilometer lang schlängelt sich die Donau durch Europa und berührt dabei nicht weniger als zehn Länder. Damit ist sie der internationalste Fluss der Welt. Um das zu unterstreichen ist am Danube Day jedes Jahr ein anderes Gastland geladen: Letztes Jahr waren Jugendliche aus der Ukraine zu Gast, heuer können sich die österreichischen Kinder und Jugendlichen ein Bild von der Slowakei machen. Mehr als 17 Aktionsstände gibt es am Danube Day, bei denen die DonaudetektivInnen, wie die TeilnehmerInnen am Danube Day heißen, Infos und jede Menge Unterhaltung bekommen. Am Generation Blue Stand dreht sich alles um den Stör. Mit einer spannenden Rätselrallye und umweltfreundlichen Give Aways werden die DonaudetektivInnen für ihre aktive Teilnahme belohnt.

Spielerisch die Donau kennenlernen 2016 kamen über 1.000 Kinder und Jugendliche und erforschten an den interaktiven Informationsständen den Fluss und seine Bewohner.

* Der Danube Day wurde am 29. Juni 2004 von der iksd (Internationale Kommission zum Schutz der Donau) zum ersten Mal ausgerufen, seither veranstalten die Mitgliedsstaaten jedes Jahr ein Fest rund um den Aktionstag.

Noch mehr Infos zum Danube Day gibt es unter www.generationblue.at und www.danubeday.at

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Was ist denn eigentlich eine Talsperre? Das ist ein Absperrbauwerk, also ein Staudamm oder eine Betonkonstruktion, das der Wasserspeicherung dient. Das kann ein Wasserkraftwerk sein, ein Fischspeicher, ein Hochwasserrückhaltebecken oder ein Beschneiungsbecken in Skigebieten. Sind in Österreich schon einmal Katastrophen an solchen Bauwerken passiert?

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heLmut czernY Helmut Czerny ist Geschäftsführer der Österreichischen Staubeckenkommission des BMLFUW (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft). Seit 32 Jahren prüft er fast jedes größere Staubecken, das in Österreich gebaut wurde. Nur Projekte, die den sehr hohen Anforderungen der Staubeckenkommission entsprechen, werden auch bewilligt und errichtet.

Ja, das letzte Mal aber schon vor über 100 Jahren. Damals versagte im heutigen Tschechien ein Hochwasserrückhaltebecken während starker Regenfälleaufgrund baulicher Mängel. Die Staubeckenkommission wurde danach gegründet, um solch Unfälle in Zukunft zu verhindern. Aufgrund zweier großer Talsperrenunglücke in Italien und Frankreich wurde 1966 der ständige Unterausschuss der Staubeckenkommisson »Talsperrenüberwachung« ins Leben gerufen. Wie sicher sind die Staubecken in Österreich? Österreich hat extrem hohe Sicherheitsanforderungen, die höchsten in Europa. Wir haben sowohl betreffend die konstruktive Sicherheit als auch hinsichtlich Überwachung sehr hohe Anforderungen. Auch kleinere Stauanlagen werden bereits nach sehr strengen Kriterien bemessen. Selbst beim exzessiven Hochwasser 2002 funktionierten die Sperren problemlos. Talsperren sind nun aber auch immer Hindernisse für Fische etwa bei der Wanderung. Mit welchen Maßnahmen schützt man Fischbestände? Manchmal sind Fischaufstiegshilfen die Lösung. Viele große Sperren sind aber in einem Bereich, wo es gar keine Wanderung mehr geben kann, weil die natürlichen Abstürze darunter zu groß sind. Dort, wo es möglich ist, werden Fischaufstiegs- oder Fischwanderhilfen nachgerüstet oder gleich von vorn herein eingeplant.

bild BMLFUW / Christopher Fuchs, Peter Rauchecker

DonaudetektivInnen heißen die TeilnehmerInnen des Danube Day. Ihre Aufgabe ist es, bei Spurensuchen, Lernspielen und Experimenten so viel wie möglich über die Donau herauszufinden.

Hier geht’s direkt zur digitalen Landkarte Entgeltliche Einschaltung des BMLFU W

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Bio Global

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Sonja Wlcek Reinhard Gessl

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Aedka Studio / Shutterstock.com Prachaya Roekdeethaweesab / Shutterstock.com Sayan Puangkham  / Shutterstock.com Manusaporn Bhamorbutr / Shutterstock.com Reinhard Gessl

Sacha Inchi: Kann die Supernuss die Welt retten? Im südostasiatischen Laos herrschten Anbau-Bedingungen, unter denen die Bergnuss Sacha Inchi zum nächsten Star am SuperfoodHimmel werden könnte.

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ebensmittel mit besonders positiven Eigenschaften heißen längst »Superfood«. Aber schon zu Zeiten, in denen man den Begriff noch nicht kannte, wurden Nahrungsmittel ins Scheinwerferlicht gestellt. Ein Apfel am Tag hielt einem den Arzt vom Leib, Lebertran hauchte schwächelnden Kindern eine gesunde Farbe ins Gesicht, Milch verhalf zu unzerbrechlichen Knochen und ab und zu ein Spinat ließ den Bizeps schwellen. Auch damals hörte man die Botschaft gerne: Mit nur einer täglichen Einnahme kannst du ganz easy all deine Ernährungssünden kompensieren und einen entscheidenden Schritt zum fast ewigen Leben machen. Nachteilig an den historischen Trendlebensmitteln war ihr meist »gesunder« Geschmack. Nur sexy waren sie (dadurch) gar nicht. Da Essen aber hauptsächlich der Nährstoffaufnahme diente und noch keine Ersatzreligion war, spielte das keine große Rolle.

Superfoods von heute müssen SpaSS machen Die Superfoods der letzten Zeit heißen Acai, Maqui, Goji, Moringa oder Chia. Auch diese exotischen Früchte und Samen zeichnen sich durch außergewöhnlich hohe Gehalte in irgendwas aus. Sie versprechen mit dem täglichen Genuss einen gesundheitlichen Mehrwert. Und – hier haben wir den Unterschied zu früher – ein Superfood von heute muss Spaß machen. In der Genussroutine neue Akzente setzen können. Ein fotogenes Äußeres und ein exotischer Namen machen sich zudem in den sozialen Medien mit vielen Likes sehr positiv. Der

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» Die mehr als 90 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren liegen in einem idealen Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 vor.«

Hype um ein »Must-have«-Lebensmittel dauert stets nur kurz, dann muss ein neuer Stern am Ernährungshimmel erstrahlen. Ein vielversprechender Kandidat für so ein Superfood von morgen ist Sacha Inchi. Die »Berg-Erdnüsse« wachsen als wunderschöne Sternfrucht, der Name klingt mystisch, die Aussprache ist unklar und das Zeug schmeckt ziemlich lässig. Sowohl das Öl als auch die Nüsse sind zudem Weltmeister bei den essentiellen Fettsäuren. Die mehr als 90 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren liegen in einem idealen Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 vor. Diese Werte schafft nicht einmal das traditionell hochgelobte Leinöl!

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In Laos könnte Sacha Inchi zum Star werden Sascha Inschi ist eine in der Amazonasregion beheimatete Rankpflanze. Sie ist immergrün, liebt es warm und wuchert mit genügend Wasser wie Unkraut. Mit bescheidenem Nährstoffbedarf und robuster Gesundheit eignet sie sich hervorragend für den Bio-Anbau. Nach dem Auspflanzen braucht es nur sechs Monate, bis aus den Blüten die hell- bis dunkelbraunen Früchte sternförmig ausgereift sind. Daraus werden vier bis sechs flach-runde, reinweiße Nusskerne herausgelöst. Gleichzeitig mit der Ernte blüht die Pflanze neu und junge Nüsse wachsen ebenfalls nach. Das macht ein maschinelles Ernten unmöglich. Händisches Pflücken schreit nach einem Billiglohnland. Hoher Wärmebedarf mit genügend Regen nach den Subtropen. Im südostasiatischen Kleinstaat Laos bildet sich im Moment gerade eine Bergnuss-Keimzelle. Ausgehend von der Biofarm »Mai Savanh Laos« haben gut 100 Kleinbauern ihre Kleinstflächen biozertifizieren lassen und nun die interessante Dauerkultur ausgepflanzt. In der Hoffnung, dass Sacha Inchi für sie die gewinnbringende Supernuss wird.

» Im südostasiatischen Kleinstaat Laos bildet sich im Moment gerade eine Bergnuss-Keimzelle. Ausgehend von der Biofarm Mai Savanh Laos haben gut 100 Kleinbauern ihre Kleinstflächen biozertifizieren lassen und nun die interessante Dauerkultur ausgepflanzt.«

Wie schmeckt nun diese Bergnuss? Roh schmeckt sie eher grausig. Aber: geröstet und leicht gesalzen erinnern die Knabberkerne sehr angenehm an beste Erdnüsse. Der Biss ist knackig und überraschend unfettig. Das hellgelbe Öl riecht und schmeckt dagegen mild nach zerriebenen Blättern und einem Hauch von grünen Bohnen. Fürs Frittieren ist das Öl zu wertvoll, sowohl von den inneren Werten her als auch vom Preis. Salate, Pestos oder kalte Soßen mögen das neue Öl aber sehr. Ob die Bergnuss aus Laos den Sprung auf das oberste Superfood-Stockerl schaffen wird? Das Zeug dazu hätte sie sicher! Aber eigentlich wäre es schade, denn Superfoods sind ja eher kurzlebig. Die Bergnuss in Bio-Qualität hätte einen fixen Platz in unserem Küchenkastl verdient. Denn sie ist eine der wirklich Guten: als Knabberspaß oder am Salat. Daher: Augen offen halten im Bioladen! Wer zu Gojibeeren und Chiasamen noch Bergnüsse kauft, wird 100 Jahre alt! Ziemlich sicher! Sonja Wlcek und Reinhard Gessl bereisen mehrere Monate lang im Rahmen eines Sabbatical die ganze Welt, um Trends aus der ökologischen Landwirtschaft zu sammeln. Darüber bloggen sie unter organic17.org

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Vom Sattmacher zum Superfood Die Großeltern-Generation greift sich wohl gerade an den Kopf. Plötzlich liegen Linsen, Bohnen und Erbsen im Trend. Vor 30 Jahren wollte sie niemand mehr essen.

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Helena Zottmann

Andrii Gorulko / Shutterstock.com Piyaset / Shutterstock.com

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ie Regalmeter für Hülsenfrüchte werden mehr und immer mehr. Die Konsumenten entscheiden sich für (Bio-)Produkte aus Europa, obwohl dasselbe Produkt aus China oder Kanada oft nur halb so viel kostet. Wer gibt dabei eigentlich den Ton an? Folgt das Angebot wirklich der Nachfrage? »Einerseits sind es sicher die Konsumenten, die sich mehr und mehr für Produkte aus der Nähe entscheiden und die Nachfrage fördern«, meint Eva Kiene vom deutschen Bio-Lebensmittelhersteller Rapunzel. Gleichzeitig erkennen auch Politiker und Landwirte, dass die traditionellen Zwischenfrüchte nicht nur wichtige ökologische Funktionen erfüllen, sondern gesund und günstig ganze Städte ernähren können. Nicht umsonst sind Linsen und Bohnen in bevölkerungsstarken Ländern Grundnahrungsmittel.

Hülsenfrüchte im Trend In einigen europäischen Ländern hat sich der Anteil der Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, gerade bei rund zehn Prozent eingependelt, auch wenn es dazu nur wenige wirklich belastbare Zahlen gibt. »Das treibt die Nachfrage nach pflanzlichem Eiweiß stark an«, meint Barbara Altmann, Agraringenieurin bei Rapunzel und für die strategische Rohstoffplanung zuständig. Dadurch befassen sich auch Familienmitglieder mit Fleischersatzprodukten und eiweißreichen Pflanzen. Außerdem greifen Konsumenten immer lie-

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ber zu heimischen Produkten. »Das hat auch etwas mit Sicherheit zu tun: Was näher liegt, kann man besser überprüfen«, meint Altmann, deren Arbeitgeber Rapunzel mit Bio-Bauern aus ganz Europa zusammenarbeitet und auch Bio-Produkte aus China importiert.

Prioritäten- und Preisfrage Beim österreichischen Lebensmittelproduzenten Lemberona merkte man schon vor einigen Jahren, dass die Nachfrage nach heimischen Hülsenfrüchten wuchs. »Die Konsumenten griffen trotz des doppelten, oftmals dreifachen Preises zum Produkt aus Österreich«, erzählt Geschäftsführerin Elmira Bertagnoli. Natürlich braucht es dazu auch die entsprechende Konsumentenansprache. »3,98 Euro oder 6,80 Euro für das Kilogramm Sojabohnen – da müssen wir sehr viel kommunizieren. Die Konsumenten wollen wissen, wie der Preis zustande kommt«, meint Eva Kiene, die bei Rapunzel für die Kommunikation zuständig ist. Europas kleiner strukturierte Landwirtschaft und die fair bezahlte Arbeitskraft machen Produkte aus Europa teurer als Importware aus China und den usa, wo man riesige Flächen bewirtschaften kann. »Würde der Konsument die pflanzlichen Eiweißeinheiten mit dem Preis gegenrechnen und das mit den Kosten für tierisches Eiweiß vergleichen, dann würde sich das allemal rechnen, aber das machen die wenigsten«, meint sie.

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60 Mineralstoffe und Spurenelemente Es gibt kaum ein Lebensmittel, das derart viele positive Wirkungen auf die Gesundheit nachgesagt bekommt: Zusätzlich zum hohen Proteingehalt von bis zu 40 % bestehen sie aus langsam verdaulicher Stärke, leicht löslichen Zuckern, Ballaststoffen, Mineralstoffen und Vitaminen, aber auch aus sekundären Pflanzenstoffen wie Isoflavonen, die in Nahrungsergänzungsmitteln zum Einsatz kommen und sowohl gegen Altersbeschwerden helfen als auch das Risiko hormonabhängiger Krebsarten deutlich reduzieren. Leguminosen regulieren nachweislich den Cholesterinspiegel und wirken Diabetes mellitus entgegen. Inzwischen ist auch schon durchgedrungen, dass man wesentlich mehr damit machen kann als Linseneintopf. Das beweist nicht nur die indische und orientalische Küche, auch in modernen Interpretationen europäischer Küchen finden Hülsenfrüchte mehr und mehr Platz.

» Der Bauer hat ein geringeres Ausfallsrisiko als wenn er nur Getreide anbaut und er verdient mit der düngenden Zwischenfrucht dazu.«

Altes Wissen am Acker Hülsenfrüchte, oder Leguminosen, wie sie botanisch heißen, sind protein- und nährstoffreiche Nahrungsmittel für Mensch und Tier, und sie halten den Boden gesund: Sie binden Stickstoff aus der Luft im Boden und machen ihn für nachfolgende Feldpflanzen verfügbar. Hülsenfrüchte haben in Europa eine lange Tradition. Als Speisepflanzen wurden sie nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend von Weizen und Mais verdrängt. »Die düngenden Zwischenfrüchte verschwanden fast aus heimischem Anbau«, sagt Bertagnoli. Seit Anfang des Jahrtausends tut sich auch politisch etwas in ganz Europa. »Es ist eine langsame Entwicklung, aber ich glaube schon, dass der Öko-Sektor auf die konventionelle Landwirtschaft Einfluss hatte«, meint die Agrarwissenschafterin Barbara Altmann. Auch in die Politik ist vorgedrungen, dass man bodenschonende Bewirtschaftung fördern muss und so gibt es nun auch für extensiv genutzte Grünlandflächen, Fruchtfolgen und Anbaudiversität Fördergelder. »Leguminosen in der Fruchtfolge schaffen eine Win-Win-Situation«, meint Altmann: »Der Bauer hat ein geringeres Ausfallsrisiko als wenn er nur Getreide anbaut und er verdient mit der düngenden Zwischenfrucht dazu.«

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Wir

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wo unser

Pfeffer wächst. Was soll das eigentlich? Internationale Konzerne, die plötzlich die Nachhaltigkeit für sich entdecken? Die mit Regionalität werben, aber mit Herkunft oft nur den Ort der maschinellen Etikettierung meinen? SONNENTOR wurde von Anfang an von regionalen Bio-Bauern beliefert. Und da zum Beispiel Pfeffer nicht bei uns wächst, beziehen wir ihn aus einem eigenen Anbauprojekt in Tansania. Etikettiert und verpackt wird er bei uns im Waldviertel – übrigens per Hand. Mehr Infos über unsere Anbauprojekte unter: www.sonnentor.com/ herkunft

SONNENTOR Bauer Cleopa aus Tansania

www.son nentor.c om

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traumschlösser Zur Sicherheit zeigen wir ein paar innovative Fahrradschlösser.

Seatylock

Viele modebewusste Radfahrerinnen und Radfahrer setzen bei ihrem Zweirad auf einen puritanischen Look. Da wäre es natürlich praktisch, wenn das Schloss, das immer zum Rad gehört, sich nicht als klobiges Anhängsel optisch aufdrängte, sondern elegant verschwinden könnte. Zum Beispiel unter dem Sattel. So oder ähnlich könnte die Überlegung am Beginn der Entwicklung von Seatylock gelautet haben. Das Schloss ist fest mit dem Fahrradsattel verbunden, den man zum Verschließen des faltbaren Schlosses abnimmt. Nicht uninteressant. Kostenpunkt: ca. 120,– Euro.

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Hiplok Z-Lok

Das, was dem Z-Lok optisch am nächsten kommt, ist ein klassischer Kabelbinder. Allerdings gehört zum Z-Lok ein Schlüssel und im Gegensatz zu den meisten Kabelbindern lässt es sich immer wieder öffnen und schließen. Und natürlich ist das britische Fahrradschloss trotz seiner Ähnlichkeit zum Kabelbinder wesentlich stabiler. Verkauft wird Z-Lok paarweise. Denn die Entwickler haben das Schloss mit Blick auf Fahrrad-Träger konzipiert, die am Heck oder auf dem Dach von Autos montiert werden, und an denen Vorder- und Hinterreifen eines Fahrrads jeweils per Z-Lok in Ketten gesichert werden können. In sehr sicheren Gegenden reicht das minimalistische Schloss vielleicht auch, um ein stylisches Rad auf leichtem Wege an Geländern, Zäunen oder Fahrradständern zu sichern. Kostenpunkt: ca. 20,– Euro.

Fahrradjäger Insect

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Thomas Stollenwerk BILD

Hersteller

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Ein richtiges Fahrradschloss ist Insect aus dem Hause Fahrradjäger eigentlich nicht. Insect ist eine Alarmanlage fürs Zweirad. Ist Insect scharfgestellt, schlägt es Alarm, sobald jemand versucht, das Fahrrad, an dem Insect befestigt wurde, zu stehlen. Und zwar durch ohrenbetäubenden Lärm und durch eine Push-Benachrichtigung an das Smartphone des Besitzers. Besonders interessant: Alle Smartphones in der Umgebung, auf denen die App ebenfalls installiert ist, erhalten ebenfalls eine Diebstahl-Benachrichtigung, und die Fahrradjagd kann beginnen. Insect kommt 2017 auf den Markt. Im Moment kann man online vorbestellen. Kostenpunkt: 99,– Euro.

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faHrrad

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Tex Lock

Ein leichtes Fahrradschloss, das trotzdem stabil ist, und sogar bei einem Angriff mit einem Schweißbrenner nicht sofort klein beigibt – diesem Anspruch soll Tex Lock gerecht werden, ein Fahrradschloss aus High-Tech-Fasern. Leicht, schön und sicher soll es sein. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schlössern im höherwertigen und besonders stabilen Segment ist das Textilschloss besonders flexibel. Im Fahrradalltag, wenn Räder häufig an verwinkelten Stellen angekettet werden sollen, ist das sicher nicht unpraktisch. Und auch zum Transportieren im Rucksack oder um die Schultern gehängt ist ein biegsames Schloss einfach besser geeignet als ein massiver Stahlbügel. Auch das textile Schloss steht offenbar kurz vor der Markteinführung und kann bereits vorbestellt werden. Dabei müssen sich Käufer für eine Kombination von Textilstrang und passendem Vorhängeschloss entscheiden. Kostenpunkt: ca. 100,– Euro.

Skunklock

Wer sich schon einmal ein Fahrrad hat stehlen lassen, kann sicher mit den Entwicklern von Skunklock fühlen, die von sich behaupten, das erste Fahrradschloss, das zurückschlägt, entwickelt zu haben. Der Name Skunk leitet sich von der englischen Bezeichnung für Stinktier ab. Denn das Skunklock funktioniert so: Der Stahlbügel des Schlosses ist zugleich ein Druckkörper, in dessen Inneren ein stinkendes und Brechreiz auslösendes Gasgemisch steckt. Es entweicht, sobald das Schloss beschädigt wird, zum Beispiel durch einen Fahrraddieb. Die technische Entwicklung des wehrhaften Fahrradschlosses wurde per Crowdfunding realisiert und die Markteinführung soll kurz bevorstehen. Kostenpunkt: ca. 100,– Euro.

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Litelok

Die Hersteller von Litelok beanspruchen, mit ihrem Textilschloss das leichteste Fahrradschloss der Welt entwickelt zu haben. 1.100 Gramm wiegt das Schloss, das es in drei Farbvarianten gibt, und das in geöffnetem Zustand 73 Zentimeter lang ist. In Tests hat man herausgefunden, dass es mindestens fünf Minuten dauert, Litelok mit herkömmlichem Werkzeug zu durchtrennen – also ohne Schlüssel. Auf der Litelok-Website kann man sich im Video ansehen, wie Testdiebe sich am Schloss vergeblich abmühen. Das Schloss hat einen stolzen Preis und die Textilschlaufen zum Befestigen des Liteloks am Fahrrad sind im Preis nicht enthalten. Kostenpunkt: ca. 100,– Euro

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Federspiel A | Helge Schneider – 240 Years of Singende Herrentorte! D | Hiromi Duet feat. Edmar Castañeda J/COL | AKA Trio – Antonio Forcione, Seckou Keita, Adriano Adewale I/SEN/BRA | Fendika ETH | Juan Pablo Villa & Friends NZ/BRA/A | Kurt Rosenwinkel Caipi Band USA/BRA | Bareto PER | Sam Amidon Trio feat. Shahzad Ismaily und Ben Goldberg USA | Donny McCaslin Group USA | Ranky Tanky USA | Blick Bassy CMR | Idris Ackamoor & The Pyramids MLI | Salif Keita MLI | UVM. Die Konzerte finden IN DER WACHAU UND UMGEBUNG statt – u.a. inmitten der Weingärten der Winzer Krems, im Schloss zu Spitz und iM Schaugarten der ARCHE NOAH.

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JEDE BEERE HAT IHRE ZEIT

Erdbeeren – und andere süße Früchtchen Mit dem Frühling erwacht auch die Lust auf frisches Obst. Erdbeeren sind da die ersten auf dem Markt. Sie werden heute weltweit angebaut und sind daher das ganze Jahr über verfügbar. Allerdings sollte man sich nicht täuschen lassen: Frühe Erdbeeren kommen aus geheizten heimischen Glashäusern oder aus Folienhäusern in wärmeren Anbaugebieten. Mit ein wenig Geduld kann man sich über vollreife und wirklich wohlschmeckende, heimische Erdbeeren freuen. Viele Kochzeitschriften oder auch Speisekarten führen uns mit ihrer Themenauswahl saisonal in die Irre: Wenn die ersten wärmeren Tage ins Land gezogen sind, finden sich neben dem unumgehbaren Bärlauch die Erdbeeren auf der saisonalen Karte. Und das, obwohl die wirklich guten Erdbeeren noch mindestens zwei, eher noch drei Monate auf sich warten lassen. Wir sollten uns die Zeit nehmen, und auf regionale Ware aus dem Freiland warten, denn dann ist der Genuss am größten und die Umweltbelastung am kleinsten. Wobei Erdbeeren außerhalb der Saison vor allem durch mangelnden Geschmack auffallen – weniger durch eine besonders hohe Pestizidbelastung. Viele Kochzeitschriften oder auch Speisekarten führen uns mit ihrer Themenauswahl saisonal in die Irre: Wenn die ersten wärmeren Tage ins Land gezogen sind, finden sich neben dem unBILDER: Shutterstock.com

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umgehbaren Bärlauch die Erdbeeren auf der saisonalen Karte. Und das, obwohl die wirklich guten Erdbeeren noch mindestens zwei, eher noch drei Monate auf sich warten lassen. Wir sollten uns die Zeit nehmen, und auf regionale Ware aus dem Freiland warten, denn dann ist der Genuss am größten und die Umweltbelastung am kleinsten. Wobei Erdbeeren außerhalb der Saison vor allem durch mangelnden Geschmack auffallen – weniger durch eine besonders hohe Pestizidbelastung. Die Ergebnisse des Pestizidreduktionsprogrammes der Umweltschutzorganisation global 2000 zeigen, dass sich bei Erdbeeren die gefundenen Rückstandmengen seit vielen Jahren auf niedrigem Niveau halten. Mehr als 90 % der Erdbeerproben halten die strengen prpObergrenzen ein. 100 % der Erdbeeren aus Österreich und Spanien haben im Jahr 2016 die prp-Obergrenzen eingehalten. Allerdings sollte man asaisonale Erdbeeren mit Herkunft Deutschland, Belgien, Niederlande oder Italien, die in der Zeit August bis Oktober in den Regalen zu finden sind, aufgrund höherer Rückststandsbelastung, eher meiden. In dieser Zeit gibt es zudem genügend fruchtige Alternativen die gerade Saison haben.

Saisonale Beeren sind gesund

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Ökologischer Fußabdruck Für all jene, die auf einen kleinen ökologischen Fußabdruck Wert legen, sind folgende Informationen wichtig: Durchschnittlich werden in Österreich 4,1 kg Erdbeeren pro Jahr und Kopf gegessen. Stammen die Erdbeeren aus Spanien fallen für diese Menge allein für den Transport 1001 g CO2 an, österreichische Erdbeeren hingegen verbrauchen nur 28 g. Mehr zum prp-Programm von global2000: https://www.global2000.at/themen/ pestizidreduktionsprogramm

Entgeltliche Einschaltung

Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und Cranberries weisen unabhängig von Jahreszeit und Herkunft geringe Pestizidrückstände auf. Hier stehen andere ökologische Fragen wie extrem weite Transportwege / Flugzeug, Verpackungswahn und Landverbrauch im Vordergrund. Anders bei Ribisel, die sehr häufig die prp-Obergrenzen (beziehen sich auf Verzehr von 1 kg / Tag lebenslang!) nicht einhalten können. Hier empfehlen sich klar Ribisel aus biologischem Anbau oder aus dem Hausgarten und nur in der Zeit von Mitte Juni bis Mitte August! Tiefergehenden Einblick über die Pestizidbelastung bei Beerenobst aber auch anderen Obst & Gemüse liefert der Statusbericht chemischer Pflanzenschutz den global 2000 jährlich für REWE erstellt: www.global2000.at/publikationen/statusbericht-chemischer-pflanzenschutz-2015. Wer bei Pestizidfreiheit ganz sicher gehen will, greift zu Früchten aus biologischer Produktion! Beerenobst aus biologischer Produktion ist nicht nur frei von Pestiziden, es schont auch das Klima. Dies deshalb, weil die im Bioanbau eingesetzten Betriebsmittel z.B. Dünger in ihrer Produktion weniger Energie benötigen und Obst und Gemüse aus biologischer Landwirtschaft im Freiland oder im unbeheizten Folientunnel produziert werden. Wenn die Bioprodukte dann noch aus Österreich kommen, fällt auch die Belastung durch den langen Transport weg. Reif und frisch geerntete Früchte enthalten zudem noch alle wertvollen Inhaltsstoffe und schmecken besser. Solche Früchte bieten sich für die Vorratshaltung an. Als Marmelade, in Alkohol einlegt oder tiefgekühlt liefern sie das ganze Jahr über herrlich  aromatische Fruchtdesserts.

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SANDER AND LIGHTNING Wie das Biobier in die rheinhessische Winzerfamilie Sander kam.

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ort wo die Brauer hausen, können sich die Hauer brausen! Ein flotter Spruch den ich erstmals aus dem Mund eines Innviertler Seniorbrauers hörte, ein Spruch aber, der natürlich umgekehrt genauso funktioniert. Jahrzehntelang haben sich die beiden Produkte ausgeschlossen. Entweder das eine – oder das andere. Das Produkt Wein hat sich in den letzten 30 Jahren extrem positiv entwickelt, speziell nach dem Weinskandal von 1985 ging man vollkommen neue Wege. Qualität statt Quantität hat sich die neue Generation auf die Fahnen geschrieben. Eine Entwicklung, die das Genussmittel Bier in den letzten Jahren durch die Craft-BierBewegung ebenso durchmachte. Umso erstaunter war ich, als ich von Ulrich Sander erfahren habe. Der Winzersohn aus Worms hat vor wenigen Jahren begonnen, mitten in der Weinhochburg Rheinland-Pfalz Bier zu brauen. Genaugenommen Biobier. Denn genau deswegen bin ich auf ihn aufmerksam geworden: Bei den Best of Bio-Awards im Bayrischen Hof bei München konnte ich im vergangenen September endlich mal das Pils No.1 oder das 736 India Pale Ale verkosten. Letzteres hat die Verkoster besonders begeister. Was für blumiges Hopfenaroma. Da vermochte man Litschi- und Mangotöne am Gaumen zu verspüren. Für viele recht neu, das

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Malzzeit

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man auch über Bier so sprechen kann. Craft Bier eben. Qualität statt Quantität und Genuss vor Besäufnis. Eine ähnliche Entwicklung wie es so mancher Weinbauer in den späten 1980er Jahren durchmachte. Schade, dass es dazu den Kick des Glykol-Weinskandales gebraucht hat. Bei Bier hat es so einen Skandal nicht gebraucht, es reichte schon, dass viele Genussmenschen mit dem Gebräu aus Industriebrauereien einfach nicht mehr zufrieden waren. Wie aber steht der junge Biobrauer zu Wein? »Wie sagt der Winzer doch gleich? Das beste an der Weinprobe ist das Pils danach. Das ist mehr als ein flacher Spruch«, sagt Ulrich Sander und hat seine Begründung darin, dass nach der hochkonzentrierten Verkostung verschiedener Weine ein herbes Pils sehr hilfreich ist Kopf, Gaumen und Zunge wieder zu neutralisieren. Nach einem Tag voller Hopfen, Malz, Arbeit und Schweiß geht doch nix über ein Gläschen trockenen, jungen, säurebetonten, rheinhessischen Rieslings.« Wo er recht hat, hat er recht: Wein und Bier sind beides sehr hochwertige Genussmittel, die sich nicht widersprechen oder gar kanibailisieren. Auch die oft vorgenommene kategorische Einordnung in Geniesser- und Volksgetränk ist falsch und hat das Bier nicht verdient. Mit seinen Bieren beweist Ulrich Sander das. »Spinn doch nicht!!« war die erste Reaktion von Gerhard Sander auf die Idee seines Sohnes, eine kommerzielle Braumanufaktur zu starten. Als Winzer wusste er natürlich sehr wohl um die notwendigen Anstrengungen und Bemühungen des Selbstständigseins. Insbesondere in einem sehr investitionsintensiven produzierenden Lebensmittelgewerbe wie einer Bio-Brauerei. Bio stand übrigens nie zur Diskussion, das hatte Ulrich schon von Vater Gerhard und Grossvater Otto-Heinrich eingeimpft gehabt. Otto-Heinrich Sander war in Deutschland der erste Winzer, der durch aktives Beobachten und Erforschen landwirtschaftlicher, botanischer und biologischer Zusammenhänge Mitte der 1950er erkannte, das es für den Menschen und insbesondere für seinen Lebensraum besser ist Landwirtschaft anders zu bertreiben als damals üblich war. So begann es schon in dieser Zeit seine Weinberge nach ökologischen Gesichtspunkten zu bewirtschaften. Trotzdem sieht Ulrich Sander heute den Begriff Bio nicht als zentralen Punkt seines Marktetings oder als usp. Denn am wichtigsten ist ihm hochwertige, technologisch und geschmacklich ausgereifte Spitzenbiere zu brauen. Und dies ist ihm durchaus gelungen. Zum Wohl!

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glasgeflüster / Sarah Krobath und Jürgen Schmücking

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Merlot—Memories

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com

Eine Rebsorte und zwei Weine, die uns an damals denken lassen — Jeden auf seine Weise.

sarah: »Weinmachen wie früher« lautete das Thema der biorama-Lesersafari, zu der sich an einem Sonntag Ende September 2013 eine Runde interessierter Laien im burgenländischen Weingarten von Franz Reinhard Weninger in Horitschon eingefunden hatte. Seit 2006 bewirtschaftet die Familie Weninger ihre Lagen hier im Mittelburgenland, im Südburgenland und im ungarischen Balf nach biodynamischen Richtlinien und legt dabei besonderen Wert auf lebendige Böden und einen sorgsamen Umgang mit der Natur. Wie früher wurden die vollreifen Trauben für den Biorama Raw Merlot mit vereinten Kräften von Hand gelesen, gerebelt und mit den Füßen gequetscht. Ein Prozedere, das in jedem Fall das Bewusstsein der Lesehelfer für den Wert des selbstgemachten Weines geschärft, vor allem aber eine handverlesene Qualität als Grundlage geliefert hat, die ihresgleichen sucht. Fast vier Jahre, nachdem der Wein im Barriquefass in Weningers Keller spontan vergoren und gereift wurde, gibt es jetzt das Ergebnis zu verkosten: Merlot unplugged! Nicht nur, was das Rubinrot im Glas mit reifer Beerenfrucht und Noten von Liebstöckl betrifft, denn die komplette Verarbeitung fand ohne Strom und Maschinen statt. Wer den ausdrucksstarken Wildfang mit kompaktem Kern und kräftigen 14,5% selbst kennenlernen möchte, sollte besser nicht lange fackeln – die Serie ist auf wenige hundert nummerierte Flaschen limitiert. Woraus: aus Begeisterung fürs Handwerk. Wozu: einer Fußmassage bei Kerzenlicht. Mit wem: Selbermachern und Selbermacherinnen.

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jürgen: Ich weiss nicht, welcher Teufel mich geritten hat, als ich Sarah »Merlot« als Thema fürs Glasgeflüster vorschlug. Die Erinnerung an die Italienurlaube der frühen Jugend, in denen – am Campingplatz in Grado – der Wein im Glasballon mit Plastikkorb am Campingtisch stand, sind noch immer präsent. Ich war alt genug, um kosten zu dürfen, und ich mochte ihn nicht. Ich sah aber, dass die Eltern eine ziemliche Freude an ihm hatten. Meine Erkenntnis, dass man sich einen Wein auch schön trinken kann, hat ihren Ursprung am Strand von Grado. Mir blieb Merlot seither immer suspekt. Entweder es sind günstige, leicht süssliche, aber immer charakterarme Weine, wie sie die Amerikaner gerne trinken und daher in rauen Mengen produzieren. Oder – anderes Extrem – es sind Weine, die ich mir nicht leisten kann. Der Masseto aus Bolgheri oder Château Pétrus, einer der teuersten Weine der Welt. 95 % Merlot. Es muss also auch andere Merlots geben. Nur welche? Sarah scheint fündig geworden zu sein. In Margreid, in den Weingärten von Alois Lageder wächst ein Merlot, der sich sehen lassen kann: XV Merlot Riserva – Tiefdunkles Kirschrot. Ausdrucksstarkes, sehr komplexes Aroma nach reifen, roten Beeren) und feiner Würze. Ein Großteil der (recht kleinen) Menge reift im Stahltank, der Rest in kleinen Holzfässern). Für den Wein bedeutet das, dass Röstaromen nur sehr zart wahrnehmbar sind. Woraus: am besten aus Chianti-Gläsern. Wozu: Carne cruda. Mit wem: Mit dem Mädel, mit dem ich damals in Grado um die Zelte zog. Jössas, die könnte schon Oma sein.

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Eingebrockt & ausgelöffelt

[Heu]Schreck dich nicht!

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Oder eben doch – zumindest, wenn es um den Einsatz vom Heuschreck und weiteren Insekten in deinem Speiseplan geht.

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n vielen Küchen und Köpfen ist der Funke noch nicht übergehüpft, aber wir plädieren auf mehr Offenheit und Spaß am Verkosten, wenn es um die kleinen alternativen Proteinlieferanten geht. Über 2 Milliarden Menschen ernähren sich von Insekten, mehr als 1.900 Arten sind essbar. In der westlichen Gesellschaft lösen sie jedoch bei vielen Ekel aus. Die Fähigkeit sich zu ekeln ist angeboren, wovor wir uns aber ekeln, wird erlernt, bzw. kulturell geprägt. Gerade deshalb ist es uns wichtig, dass wir alle über den eigenen Schatten hüpfen, denn es zahlt sich nicht nur geschmacklich aus. Insekten sind reich an Nährstoffen und gut für die Umwelt. Bei der Züchtung wird so einiges eingespart und die Rechnung macht Sinn. Vergleicht man etwa Mehlwürmer mit Rindern, zeigt sich Folgendes: 1. Mehlwürmer benötigen weniger als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen, die im Vergleich

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für die Zucht von Rindern benötigt werden. 2. Der Wasserbedarf ist viel geringer – 15.500 Liter pro Kilogramm Rindfleisch vs. 300 Liter pro Kilogramm Mehlwurm. 3. Durch geringeren Raumbedarf können Treibhausgase drastisch reduziert werden – nur etwa 1 % jener Treibhausgas-Emissionen, welche bei der Zucht von Säugetieren anfallen. Christoph Thomann will mit insektenessen.at ein neues Bewusstsein für die kleinen Tierchen schaffen und hochwertige, in Europa gezüchtete Insekten vermarkten. Er ist ein Pionier in dem Gebiet und engagiert sich mit viel Hingabe für die Erweiterung unserer kulinarischen Horizonte. Der hervorragende Koch & Culinary Designer Stefan Trautsch setzt mit ihm gemeinsam Insekten auf den Speiseplan. Er hat für uns einen Burger kreiert, der es in sich hat – Heimchen & Heuschrecken, um genau zu sein.

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ROTE-RÜBE-BURGER MIT HEIMCHEN & HEUSCHRECKEN Die Laibchen: 500 g Rote Rüben gekocht 50-60 g Gries 100 g Heimchen gemahlen 1 2 Teelöffel Ras el Hanout Heuschreckensalz Die Roten Rüben werden gekocht und sehr fein gehackt – die Küchenmaschine leistet hier gute Dienste. Auf mittlerer Temperatur verdampft ihre Flüssigkeit in einer großen Pfanne, wobei sich ihr Geschmack intensiviert und die Laibchen beim Braten Form bewahren. Oha, der Tipp taugt uns. Danke Stefan! Die eine Hälfte der gemahlenen Heimchen kommt gemeinsam mit 40 Gramm Gries, der königlichen Gewürzmischung Ras el Hanout und (Heuschrecken-) Salz zu den roten Rüben. – Das Heuschrecken-Salz entsteht beim Backvorgang der köstlichen Heuschrecken, die ohne frittiert werden zu müssen, knusprig und gschmackig veredelt werden. – Die andere Hälfte der Heimchen wird in einer Pfanne angeröstet. Davon kommt wieder eine Hälfte – sind bei 25 Gramm unterwegs – direkt zur Laibchen-Masse. Vor dem Formen mindestens 30 Minuten kaltstellen. Für die Panier der Laibchen wird die zweite Hälfte der angerösteten Heimchen mit etwas Gries und nochmals Ras el Hanout vermengt. Aus der gekühlten Masse werden Laibchen geformt, gut zusammengepresst und in der Panade gewälzt. In Rapsöl auf beiden Seiten anbraten und mit den restlichen Zutaten einen herrlich vielschichtigen Burger hochziehen.

DER AUFBAU Burgerbrot – am besten selbstgemachte Brioche Buns. Schafsjoghurt –mit Koriander, Salz, Pfeffer und Zitrone. Brokkoli und Jungzwiebel – halbiert und kurz angebraten. Grüner Spargel – »ang spitzt (an den Enden), ang witzt und (mit etwas Wasser) aufg gossen« Rote-Rübe-Laibchen mit Heimchen – frisch angebraten. Gurken – in Streifen geschnitten. Chilis und Salzheuschrecken – als Topping nach individuellem Belieben.

BilD

Anna Zora text

Über den Tellerrand schauen und hungrig auf Neues bleiben. Mahlzeit!

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Esa Lotte

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MACH ES KURZ! Spätestens kurz vor dem Sommer wird die Frage drängend, ob man die Haare stehen lässt oder nicht.

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n Abhängigkeit von Lebenstil und Einstellung entscheidet jede(r) für sich, ob man lieber glattgeschert oder behaart seinen Mitmenschen gegenübertreten will. Jede(r) wie er will soll hier definitv die Maxime sein – abseits jeglicher Vorurteile und Kontroversen. Für all jene, die haarloses Körpergefühl bevorzugen und möglichst praktisch und schnell herbeiführen wollen, haben wir die besten biologischen Enthaarungsprodukte ausgewählt. Diese sind übrigens noch eher spärlich vertreten – so warten wir noch zum Beispiel auf den biologisch abbaubaren Einwegrasierer.

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1 // FÜR MINIMALISTEN Wir haben probiert, ob das Konzept der Vielfachverwendung von Dr. Bronner 18-in-1-Naturseife auch zum Rasieren taugt. Und ja, es taugt, vor allem durch die antiseptische Wirkung der Sorte Teebaumöl, dieses lindert und beruhigt auch bei den typischen kleinen Rasierwunden. drbronner.de

2 // FÜR ENTSCHLOSSENE Aloe Vera und Sonnenblumenöl pflegt beim großen »Ratsch«, Kiefernharz und Bienenwachs bilden die Grundlage der Acorelle Kaltwachs Enthaarungsstreifen. Diese können sich über wenig Mitbewerb freuen, denn biozertifizierte Wachsstreifen sind noch eine Seltenheit. acorelle.com

3 // IN DER KOMFORTZONE Zwar nicht bio-, aber fairtradezertifiziert begeistert uns der Fairsquared Bikinizonen Rasierer trotzdem. Für die weibliche Intimzone entwickelt, lässt er sich durch seine – zugegebenermaßen – kleine, aber ergonomische Form möglichst druckfrei und präzise führen und vermindert so potenzielle Verwundung. Das ergänzende Sortiment an Pflege begleitet den gesamten Rasierprozess unternrum. fairsquared.info

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Bernadette Schmatzer

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4 // URLAUBSFLIRT

7 // TREIBGASLOSER SCHAUM

Ein wahrer Klassiker ist das Ligne St. Barth Après Solaire Après Rasage Gel, dessen Duft in uns tropische Assoziationen mit der Karibikinsel hervorruft. Passend: denn es kühlt, pflegt und erfrischt auch nach Sonne und Rasur dank Aloe Vera und Minze. Es zieht unglaublich schnell ein und hinterlässt keinerlei Film oder Schmierspuren. Von uns zum Urlaubsbegleiter auserwählt. lignestbarth.com

Das Plaine Rasierpulver Starterset etabliert eine etwas andere Art der Rasurhilfe: per Hand mischt man das Pulver im kleinen Schälchen mit Wasser an, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Ergebnis: Der Schaum ist verblüffend haltbar, ergiebig und trocknet die Haut nicht aus. Definitv die Alternative zur Treibgasdose. plaine.de

5 // HITECH GEL Das Grown Alchemist Shaving Gel Sandalwood & Sage verspricht ausgeklügelt den Rasierprozess zu optimieren: die Geltextur soll das Haar erweichen und aufrichten, um besser angeschnitten zu werden. Sandelholz & Koriandersamenöl übernehmen den Pflegepart. grownalchemist.com

6 // VISKOSEWUNDER Auch wenn das Origins Easy Slider Pe-Shave Oil für Männer vermarktet wird, würden wir es keiner Frau vorenthalten. Der Duft ist dezent und klar als unisex einzustufen. Die Öltextur lässt die Klinge widerstandlos und sanft über die Haut gleiten. Bemerkenswert ergiebig ist es auch noch: man kommt mit sehr wenig davon aus – schon einige Tropfen reichen aus. origins.de

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MASKE FÜR RASURBRAND 1 Packung Topfen mit 1 EL Honig und 10 Tropfen Kamillenöl anrühren. Die Mischung auf die gereizte Haut auftragen. Nach 10 bis 15 Minuten sanft mit warmem Wasser abspülen.

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Jürgen Schmücking

ZUCKERGOSCHERL Ein kleiner Überblick über das Beste, das der Bio-Bonbon-Markt zu bieten hat.

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s ist durchaus nicht so, dass biologisch erzeugte Lebens- und Genussprodukte automatisch auch gesund sind. Gesünder in jedem Fall. Das zeigen etliche Studien. Gesund ist aber auch Bio-Zucker nicht. Oder BioSchnaps. Für den Rausch macht es keinen Unterschied, ob es Biowein oder Bioschnaps war. Ebenso macht es für den Bauchumfang keinen Unterschied, ob die Süssigkeiten aus Öko-Zutaten sind. Aber wie beim Wein ist es eine Frage der Haltung. Und meistens ist es einfach so, dass die Bio-Produkte besser schmecken als ihre Chemo-Brüder. Das gilt auch für Zuckerl. Hier ein kleiner Überblick über das beste, das der Bio-Bonbon-Markt zu bieten hat.

1 // BERGILA LaTsCHeNBoNBoNs BIo Sie sehen nicht nach feiner Klinge und filigranem Gaumenkitzel aus. Vielmehr wie aus den Dolomiten gesprengte Felsbröckelchen. Aber der erste Eindruck täuscht. Öffnet man die Verpackung, strömt intensiver Berggeisterduft daraus. Enorm intensiv. Bergila, der Kräuterhandwerksbetrieb aus dem Südtiroler Pustertal weiß, wie mit Aromen umzugehen ist. Das Latschenkieferöl wird durch Wasserdampfdestillation gewonnen und ist dadurch den Aromen der ursprünglichen Pflanze ganz nah. Auch am Gaumen alpiner Zuckerlspaß. Sehr rustikal und ausgesprochen harmonisch.

2 // GEPA / FAIRTRADE BIo BoNBoNs ZITroNe THYMIaN Sie haben alles, was ein Hybridzuckerl braucht. Auf der einen Seite sind sie vom Thymian getragen und erinnern am Gaumen an allerbeste Hustenbonbons. Im Abgang gesellt sich eine knackige Säure dazu und Zitrone sorgt für ein sommerliches Frischegefühl. Nicht zu süß und sehr harmonisch.

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3 // KEIKO BIo CLassIC MaTCHa DroPs Von Keiko stammen feinste Matcha-Tee-Spezialitäten in verschiedenen Formen. Das Geschäft mit dem MatchaGeschmack in anderen Trägern als der Teetasse ist im Haus ein Nebenzweig, allerdings ein guter. Neben der Matcha-Schokolade gibt es diese Drops und sie sind großartig. Präzise, sortentypisch, aromatisch und gut

4 // SONNENTOR BIo-BeNGeLCHeN FreCHe FrÜCHTCHeN Ich weiss nicht, wie lange es diese Gummifruchtgummidinger gibt. Mein Bub war danach süchtig, und das ist bereits 12 Jahre her. Am Gaumen wirken sie wie eine Mischung aus Marschmellows, Gummibärchen und Fruchtgelée und sie schmecken tatsächlich so, wie sie aussehen. Also wie Himbeeren, Zitronenspalten, Bananen. Nur die Kirsche, die sieht – im Fall günstiger Interpretation – wie ein Hintern aus.

5 // ZURÜCK ZUM URSPRUNG BIo-ZUCKerL saLBeI THYMIaN Aus dem Hause Hofer kommt ein wirklich ernst zu nehmendes Produkt. Die Grundlage bilden ätherischaromatische Thymian-Noten. Wuchtig, mediterran. Dann kommt Salbei, und fast wirkt es, als hätte dieser die Aufgabe, den Thymian in die Schranken zu weisen. Das macht er allerdings recht zurückhaltend. Besonders auffällig wird er erst beim Zerbeißen. Dann aber ordentlich. Sehr gelungene Komposition.

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elternalltag / Ursel Nendzig

Achtung, diese Kolumne wird vermutlich ihr Leben verändern. Denn ich werde Sie nun an den Ergebnissen einer siebenjährigen Feldstudie teilhaben und profitieren lassen.

illustration Nana Mandl, Durch Berdsigns / Shutterstock.com

Mann-o-meter

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er himmelschreiende Männerüberschuss in meinem Alltag hat tatsächlich etwas Gutes: Ich habe nun verstanden, wie Männer ticken. Und, soviel gleich vorweg, ich bin selbst überrascht, wie beneidenswert einfach sie gestrickt sind. Doch! Das meine ich völlig ernst: es muss wahnsinnig entspannend sein, ein Mann zu den, kratzen, beißen und beschimpfen sein. Erstens: Alles ist ein Wettbewerb. Erst dachte sich bis einer blutet und / oder heult. Und drei Sekunden danach bauen sie ich, auf so einen plumpen Trick würden sie niemals hereinfallen. wer ist als erstes angezogen? wer ist zusammen Lego. He! Wir sind doch gezuerst im Badezimmer? wer ist am schnellsten im rade böse aufeinander!? Wir brauchen doch jetzt sicher eine langwierige AusBett? Es reicht sogar, einfach nur zu sagen: wer? Und alle schreien: Ich! Ich! Ich! Zweitens: Es sprache mit theatralischer Versöhnung!? gibt keinen Zwischenton. Was sie sagen, meinen Keine Spur. Fünftens: Wenn sie wirken, als würden sie gerade über den Sinn des sie auch. Wenn sie sagen: »gut«, dann ist es auch Lebens nachdenken, ist das nicht so. Erst gut. Es ist nicht eigentlich schlecht. Sie wollen dann übrigens auch nicht, dass man nachvor Kurzem kam es zu diesem überraschenden Dialog mit dem älteren Sohn, wir beide bohrt. Drittens: Du spielst Ball? Du bist mein Freund. Für eine echte Männerfreundschaft am Boden kniend und in einem Haufen Baugenügt ein einziges gemeinsames Hobby. Es steine wühlend. Sohn: »Mama, weißt du, wobraucht dafür weder tiefsinnige Gespräche ran ich grade denke?« Ich, gespannt-ergriffen: noch gibt es so etwas wie erstbesten, zweit»Woran denn, mein Kind?« Sohn: »Wenn ich so wackle, dann bewegt sich mein Pimmel in besten oder letztbesten Freund. Männerder Unterhose hin und her.« Sechstens und freunde müssen nicht die gleichen Filme Wichtigstens: Ein Furz ist etwas Lustiges. Haoder Stofftiere gut finden. Sie müssen nicht einmal die gleiche Sprache spreben Sie diese einfache Regel verinnerlicht, ist ein chen – wozu auch? Zwei Jungs, ein Ball, wirklich unbeschwertes und humorvolles Leben eine Wiese, ein Tor. Fertig. Viertens: mit Männern tatsächlich greifbar nahe. Laden Sie Nur, weil wir uns prügeln, heißt das ihn ein, einen Bauchfurz auf ihrem Bauch machen noch lange nicht, dass wir Streit haben. zu dürfen. Oder schenken Sie ihm ein Furzkissen. Oder eine Dose Furzschleim (Ja! Das gibt es wirkFür jemanden wie mich, der in seilich! Man drückt mit den Fingern in eine glibbrige nem ganzen bisherigen Leben noch Masse und produziert dadurch Furzgeräusche. Der nie gehauen wurde oder hat, war Renner!). Unsterblich sind Sie natürlich, wenn sie das tatsächlich die überraschendste echt Fürze produzieren. Während einer Mahlzeit. Erkenntnis: Jungs hauen sich mit der Faust ins Gesicht, treten sich Und sie danach ausschweifend kommentieren. Ist das nicht entspannend? Bitteschön! Gern geschehen. in den Hintern, reißen sich zu Bo-

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Leben auf Sicht Die aktueLLe buchreihe für neue nachhaLtige Wege

Wohnen neu erfinden Als Barbara Nothegger Mutter wurde, wagte sie das Experiment und schloss sich mit ihrer Familie einem gemeinschaftlichen Hausprojekt in Wien an. 100 Menschen bauten sich ein Haus mit flexiblen Wohnungen, Gärten, Freiräumen für Kinder und einem ökologischen Lebensstil. Die Bewohner wollten füreinander da sein – ganz so wie früher im Dorf. Doch wie gelingt ein Zusammenleben in einer von Individualismus geprägten Welt? Sind gemeinschaftliche Wohnprojekte eine Antwort auf drängende Fragen wie Vereinsamung, hohe Mieten und Ressourcenverschwendung? Barbara Nothegger zeigt anhand von vergleichbaren Häusern in Deutschland und der Schweiz, wie gute Nachbarschaft zu mehr Lebensqualität führt, und schildert humorvoll, wie sie in ihrem Wohnprojekt glücklich wurde.

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ach einem Jahr Pause haben wir in diesem Jahr wieder eine Biorama Fair Fair veranstaltet. Das heißt: wir haben Aussteller aus den Bereichen Organic Food, Eco-Fashion, Upcycling-Design und Mobilität dazu eingeladen, ein Wochenende lang ihre Produkte auszustellen. In diesem Jahr war die Fair Fair vom 19. bis 21. Mai in der Creau Wien zu Gast. Die Creau – das ist ein kreativ genutztes Areal neben der Wiener Trabrennbahn in der Krieau. Dort warten alte Pferdeställe auf ihren Abriss. Und bis sie der wachsenden Stadt weichen, bieten sie Platz für Veranstaltungen. An drei Frühsommertagen gab s ein Bühnenprogramm, gute Unterhaltung und die Möglichkeit, in jeder Hinsicht nachhaltige Produkte direkt vor Ort an den Ständen von 28 Ausstellern zu erwerben, oder sich einfach inspirieren zu lassen. 15 verschiedene gastronomische Angebote, die wie in den Vorjahren vom Adamah Biohof zusammengestellt wurden, sorgten für Nährwert mit Mehrwert. Wir bedanken uns bei über 3.000 Besucherinnen und Besuchern. Und: Wir freuen uns auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr! fairfair.at

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