Biorama #42

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P.b.b. — 11Z038861 M — 1040 Wien —— www.facebook.com/biorama

ausgabe 42 — APRIL / MAI 2016. www.biorama.eu

KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

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unterwegs Schwerpunkt Mobilität: Wie wir künftig von A nach B gelangen. Auf Schiene: Warum ist Bahnfahren eigentlich so teuer? #armeleuteessen: 10 Dinge, die wir bei unserem Selbstversuch gelernt haben. Kräuter selbst ziehen: Warum gekaufte Pflanzen häufig schlappmachen.

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auftakt

inhalt

07 Editorial 08 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

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Schwerpunkt: Mobilität

18 Auf dem Weg: Es kommt auf die kleinen Weichenstellungen an 22 Auf Schiene: Wieso ist Bahnfahren eigentlich so teuer? 24 Zu Wasser: Ökonomisch betrachtet haben Rhein und Donau wenig gemein 28 In der Luft: Trotz der Emissionen wird immer mehr geflogen 32 Auf dem Radweg: Mit Kindern Radfahren 36 Überall: Wie digitale Nomaden per Online-Stream arbeiten 41 #Armeleuteessen: Preiswert biologisch essen 46 Kleiderschrank: Recycling-Mode mit Frau Jona&son 52 Fensterbank: Kräuter selber ziehen 58 Unterwasser: Celine Cousteau im Interview 63 Am rechten Rand: Umweltschutz in braun

Marktplatz 72 DIY Rezept Oriechiette mit Brokkoli 76 Scharfe Knolle, überall! Essen und Trinken mit Ingwer 80 Natürliche Reisebegleiter Reise-Sets für den Urlaub

Kolumnen von a nach b Wir haben uns mit Mobilität beschäftigt. Das haben wir zwar schon oft gemacht, aber noch nie so ausführlich wie in dieser Ausgabe von biorama. Dafür haben wir uns auf Straßen, Schienen, aufs Wasser, in die Luft und vor Webcams begeben.

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68 Glasgeflüster 70 Speis & Trank 78 Elternalltag 80 Die Welt, die wir uns wünschen 82 Gregorianische Moral

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ETHNOCINECA.AT

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46 alte mode neu Recycling ermöglicht Fast Fashion ganz ohne verschwenderischen Umgang mit Textilien. Dem hat Frau Jona&son ein praktisches Buch gewidmet.

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ginger Jürgen Schmücking hat seinem Gaumen für die Food-Rubrik ein wenig Schärfe gegönnt, und das mit trendsicherer Exotik: mit Ingwer.

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für die fensterbank Kräutertöpfe aus dem Supermarkt haben oft eine verdammt kurze Halbwertszeit. Wie zieht man eigentlich erfolgreich Kräuter selbst?

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D a s g e h t a uf ke ine n Food-Blog!

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Von Apfelsaft bis Zwiebelschmalz – über 400 Produkte von Alnatura warten darauf entdeckt zu werden. Strenge Qualitätsgrundsätze sichern die einzigartige Bio-Qualität. Und das schmeckt man auch!

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editorial, impressum

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Wir Wohlstandsgesindel

Geht es nach einigen Twitterati, dann sind wir »Wohlstandsgesindel« oder realitätsferne »Rich Kids«, die sich über Arme lustig machen. Einen Tag lang war #armeleuteessen Trending Topic auf Twitter. Immerhin kamen dadurch hochgerechnet mehr als eine halbe Mio. Menschen mit unserem Schwerpunkt in Berührung. Ein paar Hunderttausend haben sich mit dem Thema wohl auch irgendwie beschäftigt. Das freut uns. Und noch mehr, dass das restliche Selbstversuchsmonat vergleichsweise ruhig und besonnen ablief. Drei Dutzend Blogbeiträge beweisen, dass wir mit der Themensetzung richtig lagen. In der aktuellen Ausgabe listen wir auf Seite 41 »10 Dinge, die wir bei unserem Selbstversuch gelernt haben«. Das ist doch nichts Neues! Ihr hättet doch nur mit Menschen, die wirklich in Armut leben, reden müssen, höre ich schon jetzt als Vorwurf. Haben wir natürlich! Und genau das haben auch einige der Menschen da draußen, die sich von uns zum Selbstversuch animieren ließen, getan. Mit teils überraschenden Einsichten. Nachzulesen unter #armeleuteessen – und demnächst in biorama. Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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Pflichtpraktikum Grafik / Design? Biorama sucht Praktikant_innen im Bereich Grafik / Design. Du bist in Ausbildung (oder hast diese bereits abgeschlossen) und möchtest ein Pflichtpraktikum absolvieren? Du bist motiviert, Werbung und Medien aller Art mitzugestalten und Erfahrungen zu sammeln? Du bist mit der Adobe Creative Suite vertraut, aber auch abseits des Screens gestalterisch und / oder konzeptionell tätig? Passt. Portfolio bitte an ganhoer@monopol.at

impressum HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEUR Thomas Stollenwerk AUTOREN Mirjam Bromundt, Sylvia Buchacher, Karin Chladek, Iwona Dullinger, Doris Fröhlich, Manuel Fronhofer, Miriam Frühstück, Tina Gallach, Pia Gärtner, Katharina Grabner, Christa Grünberg, Susanna Hagen, Micky Klemsch, Ellen Köhrer, Sophie König, Sarah Krobath, Sarah Latussek, Alexa Lutteri, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Michaela Pichler, Susanne Posegga, Julia Preinerstorfer, Sebastian Rahs, Parvin Razavi, Teresa Reiter, Matthias Schickhofer, Jürgen Schmücking, Elena Seitaridis, Mara Simperler, Wolfgang Smejkal, Anna Sperber, Werner Sturmberger, Julia Unterlechner, Katharina Wiesler, Irina Zelewitz, Helena Zottmann ART DIRECTOR Sig Ganhoer ILLUSTRATIONEN Katharina Hüttler / agentazur.com COVER Phibo / Photocase.de GESTALTUNG Sig Ganhoer, Erli Grünzweil LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Micky Klemsch (Leitung), Thomas Weber DRUCK Niederösterreichisches Pressehaus, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. Gutenbergstrasse 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien; www. biorama.eu, redaktion@biorama. eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www. biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien

BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr.

foto Michael Winkelmann

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rdentlich Wirbel gab es um unsere Ausgabe mit dem Schwerpunkt #armeleuteessen. Darin hatten wir zum einmonatigen Selbstversuch aufgerufen, um herauszufinden, ob es überhaupt machbar ist, sich mit den Referenzbudgets, mit denen man in Deutschland, Österreich und der Schweiz offiziell als arm gilt, gut zu ernähren. »Lässt es sich mit wenig Geld ausgewogen und nachhaltig essen?«, fragten wir am Cover der entsprechenden Ausgabe. Noch haben nicht alle, die sich zum Selbstversuch hinreißen ließen, ihr Fazit gezogen. Soviel kann schon gesagt werden: Ja, es ist möglich, aber … mit Betonung auf »aber«. Dass so ein Selbstversuch polarisieren würde, war uns klar. Auch den Hashtag #armeleuteessen hatten wir mit Bedacht gewählt. Gleich das allererste Wochenende nach Erscheinen der Ausgabe bescherte uns einen stürmischen Samstag, einen richtigen Shitstorm auf Twitter. Mit Kritik und Einwänden hatten wir gerechnet. Einige können wir durchaus nachvollziehen. Die Vehemenz der Beschimpfungen, mit der uns manche Zeitgenossen pauschal aburteilten und teils derb beflegelten, war allerdings überraschend.

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bild der ausgabe

08 klimawandel

Zwischen Feuer und Eis Simon Norfolk illustriert den Klimawandel mit Pyrografie und malt die Zukunft als Feuertanz. Anmutig, verwirrend und gespenstisch schön, so erscheinen die Bilder des britischen Pressefotografen. Er ist bekannt für Kriegsfotografie, für Bilder von einstürzenden Häusern und Soldatenporträts, für die er 2001 und 2012 mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet wurde. Im letzten Jahr entschloss er sich dazu, den drastisch voranschreitenden Klimawandel mit Pyrografie, also Feuerkunst in einer Serie zu illustrieren. Die grazile Feuerlinie zeigt, wo die Grenze des rapide schmelzenden Lewis Gletschers im amerikanischen Bundesstaat Oregon einst war. Die preisgekrönte Fotoserie, »When I Am Laid In Earth« kann noch bis zum 30. Juni im Kunsthaus Wien bestaunt werden.

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Text Theresa Loibl bild Simon Norfolk

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Naturkosmetik

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Kinderführungen bei STYX

Für unsere kleinen Gäste haben wir eine besondere Entdeckungsreise in der World of STYX geschaffen. Begleitet von einer Rätsel-Ralley, tauchen die Kinder in die Welt der Kräuter und der Schokoladen ein. Die Kinderführungszeiten sind auf der Homepage nachzulesen.

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Erfahren Sie mehr über die Bierbraukunst!

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street talk Wir fragen, fünf genügsame antworten.

Matthias 33, Ergotherapeut

Roxanne 28, Rechtsanwältin

Weil ich zu realistisch bin bezüglich der Existenzchancen. Ich wollte eigentlich immer Künstler werden und hab mich dann auch mal beworben bei einer Kunstuni, aber dann hab ich eingesehen, dass es irgendwie nicht so zielführend ist für meinen Lebensentwurf und habe deshalb diesen Weg dann verlassen.

Als Kind wollte ich Schauspielerin werden, aber ich habe mich verirrt und bin dann an der juristischen Fakultät gelandet und Anwältin geworden.

David 30, Student

Anonym 73, Pensionist

Weil ich mich nicht getraut habe, bisher. Vielleicht traue ich mich noch.

Ich bin ein Passiv-Künstler. Ich geh jetzt ins Museum und ich geh jeden Tag ins Konzert oder ins Theater oder sowas, weil ich das aktiv versäumt habe.

Liz 55, Sozialarbeiterin Wahrscheinlich, weil ich zu wenig kreativ bin. Ich hab nie was gelernt, nie ein Instrument gelernt. Wenn ich singe, sing ich ein bisschen falsch, ich kann auch nicht malen, nix. Ich mag die Kunst sehr gern, aber ich selbst bin sehr unkreativ.

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Interview und bild Theresa Girardi und Theresa Loibl

» Wieso bist du eigentlich kein Künstler?«

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Gell B a uer, ann jeder a z jet t k rtner sein! ä G o i B

Naturlich.

Der Ja! Natürlich Garten hat Zuwachs bekommen! 18 neue Sorten erweitern wieder das Sortiment. Und ab Mitte April sind verschiedene Gemüseund Erdbeerjungpflanzen für’s Bio-Gemüsebeet erhältlich. Mehr Infos unter www.janatuerlich.at

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GIBT’S BEI:

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global village

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radeln ohne alter

Das Recht auf Wind im Haar

hauptstadt-wald

Regional gebettet Ein Berliner Start-up macht ein Bett zum lokalen Produkt für den Kiez. Dabei werden integrative Werkstätten eingebunden. Kiezbett ist der Name eines jungen Start-ups. Und so nennt sich auch sein Produkt. Das Kiezbett dürfte das erste Slow-Bed der Welt sein. Die Geschichte ist ganz einfach: Holz wird ganz klassisch per Rückpferd aus einem Wald am Berliner Stadtrand geholt, in einem lokalen Sägewerk verarbeitet und schließlich zu einem Bettgestell samt Lattenrost verarbeitet. Das Ganze wird in Recycling-Materialen verpackt und regional angeboten. Regional bedeutet: nur in Berlin. Mit einem Teil der Erlöse sollen Naturschutz- und Inklusionsprojekte in Berlin gefördert werden und gemeinsam mit den Berliner Forstbetrieben sollen für jedes Bett drei Baumsetzlinge zum Erhalt der Hauptstadt-Wälder gepflanzt werden. kiezbett.de

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2012 besorgte sich der Däne eine Fahrrad-Rikscha und kutschierte die Pensionistin Gertrud zu Kopenhagens beliebter Hafenallee. Seine Idee strampelte sich schnell herum und wird inzwischen unter dem Namen »Cycling without Age« weltweit betrieben. Das Konzept ist selbsterklärend: Freiwillige RikschaPiloten holen mobilitätseingeschränkte Herrschaften aus Pflegeheimen und bringen sie ins örtliche Kaffeehaus, zur Eisdiele oder einfach nur an die frische Luft. Von Schülern bis hin zu rüstigen Rentnern – jeder der kann, darf kräftig in die Pedale treten. Mitbringen muss man lediglich ausdauernde Waden und genügend Zeit. Allein in Dänemark nahmen mittlerweile 111 Altersheime die Rikscha-Ausflüge in ihr Freizeitprogramm auf. Außerdem: Durch sogenanntes Corporate Volunteering beteiligen sich immer mehr Firmen (z.B. Google, Podio und Salesforce) und schreiben ihren Mitarbeitern die erradelten Stunden als Arbeitszeit gut. cyclingwithoutage.org

text Theresa Girardi bild Julia Kneuse, Cycling Without Age

Ole Kassow wollte nur mit Gertrud einen Ausflug machen. Heute machen über 3.000 Freiwillige »Radeln ohne Alter« möglich.

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global village

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recycling

kindermöbel

Zero Waste

Caspar kann viel

Ein japanisches Bergdorf hat keine Müllabfuhr, dafür das vielleicht ausgeklügeltste Recyclingsystem der Welt.

Dass Kinder älter werden, ist nichts Neues. Dass sie dabei wachsen, auch nicht. Dass der Schreibtisch mitwächst, aber sehr wohl.

2.000 Einwohner, 34 Eimer und 0 Müll – so sieht die Abfallbilanz von Kamikatsu im Südwesten der japanischen Shikoku-Insel aus. Alle Bewohner kompostieren dort selbst. Was nicht in den eigenen Garten kann, wird zur örtlichen Recyclingstation gebracht. In mühsamer Sortierarbeit trennt die Bevölkerung ihre Abfälle in 34 verschiedene Kategorien. 34? Richtig gelesen – von A wie Aludosen über Feuerzeuge und Yoghurtbecher bis hin zu Zeitungspapier. Als Anreiz für die Fleißarbeit bekommen besonders eifrige Mülltrenner ein monatliches Lotterieticket geschenkt. Trotzdem gefällt das Konzept nicht jedem. Damit die Zero-Waste-Station alle Materialien verwerten kann, müssen diese vorher nämlich fein säuberlich ausgespült werden. So will die Initiative bis 2020 komplett auf Müllverbrennung verzichten.

Bis zu 70 cm wächst ein Kind zwischen vier und 14 Jahren. Mit caspar hat der Grazer Möbel- und Spielzeughersteller Perludi einen Tisch kreiert, der sich nicht nur der Größe, sondern auch den wachsenden Anforderungen von Kindern anpassen soll. Er sieht schön aus und kann erstaunlich viel: Die Bleistiftbeine, die in vier verschiedenen Farben zu haben sind, lassen den Fichtenkorpus im Handumdrehen wachsen und auch wieder schrumpfen. Egal ob Malen, Spielen oder später Schreiben – durch Kautschukringe und eine Feststellschraube fixiert, kann die Tisch­ neigung verändert und unterschiedlichen Funktionen angepasst werden. Wird’s mal unordentlich, sind Zeichensachen, Stifte und andere Schätze fix im Tischfach verstaut. Das Beste an der Sache? caspar wird mit 100 % Solarenergie hergestellt.

rdnd-kamikatsu.com perludi.com

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müllvermeidung

kaffee-kooperative

Plastik mit Pep

Kostbarer Wildwuchs

Wieso ständig neuen Kunststoff produzieren? Das fragte sich auch David Katz und rief 2014 die erste Plastic Bank ins Leben.

Die Kaffeekirsche wächst eigentlich auf Bäumen und wird in Zeiten von Plantagenwirtschaft immer seltener.

Der Name der kanadischen Initiative ist Programm, Plastik seine Währung. In Peru und Kolumbien gestartet, tauschen mittlerweile auch Plastic Bank-Filialen in Haiti literweise Müll gegen Nahrungsmittel, Kleidung, Geschirr oder auch eine Akkuladung Strom. Seit dem Tsunami 2010 sieht es dort nämlich wüst aus. Die Plastic Bank verhilft dem Schrott zu neuem Wert und trägt dazu bei, das Land aufzuräumen. In den Recycling-Stationen wird der Müll in Pellets verwandelt und anschließend als Social Plastic oder auch Plastik mit Pep an Unternehmen weiterverkauft. Der Kosmetikhersteller Lush ist bereits mit im Boot, viele weitere sollen folgen – damit Tonnen von Plastikflaschen künftig nicht mehr nur in Flüssen und Meeren vor sich hinrotten.

Schon gewusst? Kaffee kommt von Kaffa. Das einstige Königreich im Südwesten Äthiopiens ist der Entdeckungsort der berühmten Arabica-Sorte, die heute in aller Munde ist. Der Ursprungskaffee wächst in den Bergnebelwäldern auf bis zu acht Meter hohen Bäumen und wird von Kleinbauern kletternderweise geerntet. Weil das ganz schön mühsam ist und die Erträge im Vergleich zur Plantagenwirtschaft gering, unterstützt der deutsche Verband für ökologischen Landbau, Naturland, die über 4.000 Sammler vor Ort. Nicht nur Erntegebiete und Mengen werden kontrolliert, auch die kostbare Kaffeekirsche selbst bekommt genügend Zeit, um unter der äthiopischen Sonne zu trocknen. Durch direkten Verkauf wird garantiert, dass die örtlichen Kooperativen von der Ernte leben können. Dass sich das lohnt, schmeckt man: Der von Naturland zertifizierte Wildkaffee gehört zu den aromatischsten Sorten.

socialplastic.org

naturland.de

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text Theresa Girardi bild Flickr, Adam Cohn, CC BY 2.0 , Perludi, Naturland

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Meine Stadt

MEINE STADT: Bad Meinberg

von Christoph Harrach

Lieblingsplätze UND Eco-HotSpots

bild Patrick Lenninger

Der Trendforscher Christoph Harrach wohnte in Frankfurt, ehe er 2012 samt Familie in die Kleinstadt Bad Meinberg am Teutoburger Wald zog. Dort gibt es ein einmaliges Projekt: die Yogastadt Bad Meinberg. Da lebt er mit über 300 gleichgesinnten Yogis und betreibt das Internetportal KarmaKonsum.de. Harrach bietet Beratungs-, Forschungs- und Vortragstätigkeiten im Bereich nachhaltige und gesunde Lebensstile an. www.harrach.com

Das Haus Yoga Vidya ist mit jährlich über 1.500 Seminaren und rund 90.000 Übernachtungen das größte Seminar- und Ausbildungszentrum für Yoga und Ayurveda in Europa. Ich kenne das Haus schon seit der Eröffnung und habe dort meine Ausbildung absolviert und Familienurlaube verbracht. Auch viele der rund 200 Mitarbeiter kenne ich, die übrigens die größte alternative Lebens- und Arbeitsgemeinschaft in Deutschland darstellen. Diese Verbindung war auch der Grund unseres Umzugs in den Kurort. www.yoga-vidya.de

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Das internationale Natur- und Kulturdenkmal Externsteine zieht jährlich rund eine Mio. Besucher an, davon viele aus dem alternativen Milieu. Die Steinformation mit keltischem Ursprung gilt als einer der wichtigsten spirituellen Kraftorte der Welt und wird oft in einem Atemzug mit dem Steinkreis von Stonehenge und den Pyramiden von Gizeh genannt. Ich genieße dort Spaziergänge in den wunderschönen Wäldern und die besondere Stimmung an den vielen Meditationsplätzen rund um die Steine. www.externsteine.de

NAMASTÉ!

Kurkuma LAT T E

von SONNENTOR So alt wie die Ayurvedische Lehre, ist das Wissen über die besonderen Inhaltsstoffe von Kurkuma – und genauso lange gibt es sie schon, die „Goldene Milch“. Heute als „Kurkuma Latte“ bekannt, besticht das goldgelbe Trendgetränk durch die sonnige Farbe, einen wunderbar mollig-süßlichen Geschmack und einen scharf-herben Abgang. Kurkuma Latte von Sonnentor gibt es in den zwei köstlichen Sorten Vanille und Ingwer. Zu entdecken im Bio-Fachhandel und auf www.sonnentor.com

ne u !

Viele alteingesessene Gewerbetreibende beklagen, dass die vielen Yogatouristen dem Kurort und ihrem Geschäft nichts bringen würden. Ein schönes Gegenbeispiel ist unser toller Bioladen NaturPur. Die Ladeninhaberin Heidrun Köhler versteht es sehr gut, ihr Angebot auf die neuen Zielgruppen und Einwohner in Bad Meinberg auszurichten. Neben einer großen Auswahl von regionalen Produkten ist sie spezialisiert auf vegan, Rohkost und Superfood. O-Ton einer Freundin aus Berlin, die zu Besuch war: »So einen gut sortierten Laden finde ich in ganz Berlin nicht.«

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In zwei Sor ten: Vanille & Ingwer

Da wächst die Freude.

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Verkehr der Zukunft

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Jonas Vogt

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Birdys / Photocase.de Wikimedia Commons CC BY-SA 2.0

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SCHWERPUNKT MOBILITÄT

Während Googles selbstfahrende Autos durch die Schlagzeilen düsen, arbeiten Stadt- und Verkehrsplaner anderswo sehr konkret am Verkehr von morgen. Dort geht es dann gar nicht mehr um die großen Lösungen. Trotzdem sind es tiefgreifende Veränderungen.

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enn Menschen die Zukunft prognostizieren sollen, verstecken sie sich dabei gerne hinter großen Begriffen. In der Hoffnung, dass dann niemand so genau nachfragt. Multimodalität ist zum Beispiel so ein Begriff. Oder Intermodialität. Oder E-Mobility. Keine Angst: Am Ende dieses Textes werden wir wissen, was sich hinter zwei dieser drei Worte verbirgt. Eines ist zumindest sicher: Es wird den Verkehr der Zukunft geben. Auch morgen werden wir uns von A nach B bewegen, und grundsätzlich werden uns dafür wahrscheinlich auch dieselben Verkehrsmittel zur Verfügung stehen: Füße, Fahrräder, der öffentliche Nahverkehr, Autos. Bei Bussen und Autos mag hie und da der Fahrer verschwinden, ein Elektromotor in den pkw oder an das Zweirad kommen. Aber abgesehen von ein paar Außenseiter-Speziallösungen wie Stadtseilbahnen liegen die Bausteine des Verkehrs der Zukunft auf dem Tisch. Die wichtigen Debatten drehen sich eher darum, wie sie zusammengesetzt werden sollen. Braucht es technische Neuerungen? Braucht es Big Data? Ist eine Stadt nur eine Stadt der Zukunft, wenn es eine Smart City ist? Wenn man gemein sein will, könnte man sagen, dass die Beanwortung dieser Frage davon abhängt, ob man bei einer Gemeinde arbeitet oder ihr etwas verkaufen will. Den eher konservativen, skeptischen Part, wenn es um die großen Lösungen geht, nehmen dabei die Verkehrs- und Stadtplaner ein.

Weg von den groSSen Lösungen Michael Glotz-Richter ist einer dieser vorsichtigen Stadtplaner. Der freundliche Mann ist seit knapp 20 Jahren erfolgreich Referent für nachhaltigen Verkehr in Bremen. In Sachen Radnutzung ist die Hansestadt, verglichen mit ähnlichen großen Städten, am oberen Rand. Wie ist man dorthin gekommen? »Ich würde jetzt gerne große, tiefgreifende Projekte nennen«, sagt Glotz-Richter. »Aber es waren eher die kleinen, unscheinbaren Änderungen, die wie Glieder einer Kette zu der Erhöhung des Radverkehrs geführt haben.« Abkürzungen, Änderungen in Ampelschaltungen, so etwas. Andere

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Städte haben auch gute Erfahrungen mit Radschnellwegen gemacht. Kurzum: Dinge, die es attraktiver machen, das Auto stehen zu lassen. »Nachhaltige Mobilität sollte nicht aus einer Verzichtsethik heraus entstehen«, ergänzt Glotz-Richter. »Wir dürfen die Leute nicht zwingen. Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und der öffentliche Nahverkehr sollten Spaß machen.« Die Dreifaltigkeit aus den letzteren drei Fortbewegungsmitteln heißt bei den Verkehrsplanern Umweltverbund. In welchem Verhältnis diese dann darin zueinander stehen, ist letztlich fast egal. Auf jeden Fall ist der Umweltverbund der Schlüssel zu allem. Zu einer höheren Luftqualität, zu einer besseren Nutzung des öffentlichen Raums, Verringerung der Kosten, mehr Gesundheit und Lebensqualität für alle. Weg mit den Autos also. Oder zumindest mit dem privaten Autobesitz. Dem entgegen steht der pkw als Fetisch. Nicht nur als zentraler Bezugspunkt und zentraler Fehler der Nachkriegs-Stadtplanung – die grünen Wellen sind nach wie vor auf Autos ausgerichtet –, sondern auch als gefühlte Verlängerung des eigenen Wohnzimmers. An sich sinnvolle Lösungen wie Carpooling scheitern oft auch an der Sperre in den Köpfen. Hermann Knoflacher ist mittlerweile jenseits der 70, aber genau dieses Thema bringt ihn immer noch auf die Palme. »Wenn ich mich in mein Auto setze, werde ich sofort vom Menschen zum Autofahrer. Aber dabei nehme ich der Gesellschaft öffentlichen Raum und Sicherheit weg. Das müsste man viel stärker marktwirtschaftlich einpreisen.« Knoflacher ist Professor für Stadtplanung an der TU Wien und kämpft seit über 40 Jahren für seine Idee, dass die österreichische Bundeshauptstadt eigentlich ganz gut ohne Autos auskäme. Mittlerweile hat das durchaus Früchte getragen, auch die zahlreichen Ex-Studenten, die seine Lehre in Entscheidungspositionen getragen haben. »Der Autoverkehr nimmt ab, ebenso der private Autobesitz. Wir haben die Strukturen verändert, und damit verändert sich auch das Verhalten der Menschen. Das zeigt sich dann auch in den Daten.«

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Verkehr der Zukunft

Herr Gscheit & Frau Schlau Herr Gscheit Schlau Herr Gscheit & & Frau Frau Schlau Herr Gscheit & Frau Schlau Herr Gscheit Schlau Herr Gscheit & & Frau Frau Schlau Herr Gscheit & Frau Schlau Herr Gscheit Schlau Herr Gscheit & & Frau Frau Schlau Frau Schlau Frau Schlau & & & Frau Schlau

Nachhaltig iN wieN Klimawandel findet Stadt

Nachhaltig iN wieN Klimawandel findet Stadt

Kostenfreie Veranstaltungen —

von Mai bis Oktober 2016

Der Klimawandel: Ursachen, Gefahren und Handlungsfelder Donnerstag, 12. Mai 2016, 19.00 Uhr VHS Josefstadt | 8., Schmidgasse 18 Zum Auftakt der VHS-Reihe „Nachhaltig in Wien: Klimawandel findet Stadt“ beschäftigen wir uns mit den Grundlagen des Klimawandels. Wodurch entsteht er, welche Auswirkungen bringt er mit sich und vor allem: Wie können wir selbst als KonsumentInnen, ArbeitnehmerInnen und BürgerInnen darauf Einfluss nehmen? Sind wir dazu verdammt die Folgen zu ertragen oder gibt es noch eine realistische Chance etwas zu verändern? Dazu werden zunächst unterschiedliche Perspektiven von ExpertInnen eingebracht und anschließend gemeinsam kritisch reflektiert und diskutiert. Eintritt frei! Anmeldung unter events@vhs.at

www.vhs.at/nachhaltiginwien

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It’s the Intermodalität, stupid! Strukturen verändern – was heißt das genau? Und welche Strukturen braucht es für eine moderne Stadt? Das ist der richtige Moment, um zu den Buzz-Wörtern vom Anfang zurückzukommen. Multimodalität im Personenverkehr heißt einfach, dass verschiedene Verkehrsformen in einer Stadt oder Gemeinde verhanden sein müssen. Ich habe für denselben Weg die Wahl zwischen mindestens zwei gleichwertigen Alternativen, zum Beispiel Rad und Straßenbahn. Intermodalität bedeutet einen einfachen Wechsel zwischen Verkehrsarten für Teilstrecken. Wenn ich also als Pendler mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahre, dort in einen Nahverkehrszug einsteige und in der Stadt selbst mit dem Car2go unterwegs bin, ist das Intermodialität wie aus dem Lehrbuch. Die beiden Konzepte werden zu Recht in den Mittelpunkt der Planungen gerückt. Manche Maßnahmen können lohnenswert, aber auch sehr teuer sein. Madrid hat im Zuge ihres Interchange Plan große Umsteige­ stationen wie Moncloa unter die Erde gebaut. Dort funktioniert die reibungslose Verteilung von über einer Mio. Passagiere von Vorstadtzügen auf Busse und wieder zurück reibungslos. Es geht oft aber auch um kleinere Maßnahmen wie eine Überdachung von Fahrradstellplätzen an Bahnhöfen oder eine angebrachte Kamera, um die Zahl an Diebstählen zu senken. »Wir müssen das in der Planung von Bahnhofen mitbedenken. Das ist gar nicht so schwer, aber eine Frage des Mindsets«, erklärt Glotz-Richter. Gute Verkehrsplanung sei ihm Übrigen nicht teuer, »schlechte Verkehrsplanung allerdings schon.« Ein Tiefgaragenplatz koste im Neubau knapp 30.000 Euro. Weniger Autos bedeuten also weniger Kosten. Auch sein Kollege Knoflacher spricht das Thema an: Der Autostellplatz nähme 20 % der Mieten ein. Das Thema der hohen Miete und Baukosten sind also nicht vom Thema Privatauto zu trennen.

Das (Elektro)Auto als Kampfzone Wenn es an die Frage geht, welche veränderte Rolle das Auto im Verkehr der Zukunft spielen könnte, werden die Diskussionen sofort schwierig. Das Privatauto ist ein emotionales Thema, egal wie man zu ihm steht. Das bestätigt auch Stephan Landau von NextHamburg. Der Think-Tank ist auf Bürgerbeteiligung spezialisiert

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Hermann Knoflacher demonstriert: Jedes Auto besetzt unseren öffentlichen Raum.

und hat in Deutschland zahlreiche Dialoge, Workshops und Erhebungen gemacht. »Das Thema Verkehr ist dabei fast immer das größte, prägendste, emotionalste. Da lassen sich schon fast unterschiedliche Lager identifizieren«, sagt Landau. Allerdings wird auch sein Team gelegentlich überrascht: Als man vor einiger Zeit in Braunschweig Bürgerideen vor einer kfz-Zulassungsstelle erhob, kamen auch sehr viele Ideen zum Radverkehr zusammen. »Es gibt die Stereotypen, aber meistens sind die Menschen halt doch nicht ausschließlich Autofahrer oder Radfahrer.« Womit wir wieder beim Thema Multimodalität wären. In den Internetforen ist eher das Auto an sich der Stein des Anstoßes, auf den Experten-Panels ist es die E-Mobility. Kaum ein Konzept ist so umstritten. Was auch damit zusammenhängt, dass sich darunter jeder etwas anderes vorstellt. Für einen Stadtplaner macht es keinen Unterschied, ob ein Auto mit elektrischem oder konventionellem Motor angetrieben wird. Es nimmt genauso viel Platz weg und verursacht genauso viel Stau. Die Fans der E-Mobility hingegen sehen eine historische Chance. Gar nicht mal wegen den Emissionen – die zu verringern ist eine Frage der Stromerzeugung, die außerhalb der Mobilitätsfrage liegt. Sondern weil die Umstellung dazu genutzt werden soll, elementare Zukunftsmodelle wie Carsharing zu etablieren. Aida

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Abdulah koordiniert das Projekt ebridge, bei dem die EU Pilotprojekte in 15 Städten und Gemeinden von Mailand über Berlin bis Carmarthenshire in Wales gefördert hat. Auch in Österreich waren Gemeinden dabei. Die studierte Umweltwissenschaftlerin Abdulah ist dabei nicht ins Lager der E-Mobility-Gegner gewechselt. »Uns ist klar, dass es dabei nicht nur um ein Auswechseln gehen darf.« Aber gerade in den kleinen Gemeinden seien die Ergebnisse durchwegs positiv gewesen. Dort könnten schon ein, zwei Elektroautos, die prinzipiell jedem offenstehen, einen Bewusstseinswechsel herbeiführen. Unterstützt durch Bürgerbusse oder andere genossenschaftliche Konzepte könnte so auch die Landbevölkerung weg vom Privatauto. Es ist fast so, als würde es den Verkehr von morgen zweimal geben. Einmal in den glänzenden Broschüren, den großen Theorien, den technischen Sprüngen. Und dann in den paar Prozentpunkten weniger Individualverkehr in Bremen oder in dem Carsharing-Projekt in einer Gemeinde, deren Namen man sofort wieder vergessen hat. Verhältnismäßig winzige Justierungen wie ein breiterer Radweg oder eine neue Ampel schaffen es normalerweise nur in den Lokalteil einer Zeitung. Aber es könnte durchaus sein, dass gerade diese Dinge die entscheidenden Weichen dafür stellen, wie wir uns morgen fortbewegen.

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Bahnfahren im Preis-Vergleich

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Wien–Berlin: D 130 Euro und 10 Stunden Fahrt Zehn Cent kostet Reisenden in der EU im Schnitt ein gefahrener Eisenbahnkilometer. Österreich liegt mit 5,9 Cents deutlich, Deutschland mit 8,9 knapp darunter. Bahnfahren ist objektiv betrachtet also eigentlich relativ günstig, solange man die Alternativen ausblendet. text

Werner Sturmberger

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Rowan / Photocase.de

ie Herstellung einer Dienstleistung kostet nun einmal etwas. Wieviel, hängt ganz von den Rahmenbedingungen ab. Bei Bahn, Bus und Flugzeug sind diese stark unterschiedlich«, sagt Günther Penetzdorfer, international tätiger Verkehrsplaner. Eine der größten Kostenstellen der Bahn ist das Trassenentgelt. Dieses muss pro zurückgelegtem Kilometer an den Schienennetz-Betreiber entrichtet werden. »Das ist eine Maut auf der Schiene. Ein Bus muss so etwas für das Straßennetz nicht entrichten. Der Wettbewerb ist also verzerrt«, erklärt er. Ein weiterer wesentlicher Kostenfaktor ist das Fahrpersonal: Aufgrund der hohen Standards im Arbeitsrecht und bei der Ausbildung liegen diese höher als bei Fernbussen. Große Unterschiede gibt es auch bei den Fahrgastrechten: »Die Bahn haftet verschuldensunabhängig für Verspätungen, Bus und Flugzeug verschuldensabhängig. Wenn man bei der Bahn den Anschluss aufgrund einer Verspätung verpasst, muss sie über nachts entweder für die Unterbringung oder den Transport zum Zielort aufkommen. Das ist für den Fahrgast natürlich toll, das sind aber alles Kosten, die sich summieren und bei Bus und Flugzeug nicht anfallen«, erläutert Karl-Peter Naumann, Sprecher des Fahrgastverbands Pro-Bahn.

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Versteckte Subventionen bei Bus und Flugzeug Ein weiterer Unterschied: Private Anbieter konzentrieren sich auf lukrative Strecken. Die großen BahnUnternehmen bieten ein flächendeckendes Verkehrssystem an und bedienen auch schlecht ausgelastete Strecken, von der Hauptstadt bis nach Hinterdupfing. Dafür erhält sie aber Subventionen: Konkret bedeutet dies, Kommunen in Deutschland bzw. Gebietskörperschaften in Österreich bezahlen für die Bereitstellung von Zügen. Ein Zugticket deckt je nach Strecke zwischen fünf und 80 Prozent der gesamten Betriebskosten ab, erklärt Penetzdorfer. Auch Bus und Flugzeug werden subventioniert, allerdings indirekt. Wenn die tatsächlichen für die Benutzung der Straße anfallenden Kosten von den Benutzern allein und nicht auch aus dem allgemeinen Steuertopf bezahlt werden würden, wäre der gesamte Straßenverkehr sehr viel teurer. Flugzeuge zahlen zwar Gebühren für die Nutzung von Luftraum und Flughäfen, diese sind aber verhältnismäßig gering. Viele, vor allem Regional-Flughäfen, sind im öffentlichen Besitz und werden aus Steuermitteln mitfinanziert. Der Flugverkehr ist, anders als Bahn und Bus, von der Energiesteuer befreit. Damit verfügt das energiehungrigste und abgasintensivste Verkehrsmittel über den günstigsten Zugang zu Energie. Während eine Stunde Zugfahrt pro Person mit 1,2 Kilogramm CO² zu Buche schlägt, fallen beim Fliegen 30,2 Kilogramm an.

Bahnverkehr stöSSt an Grenzen Die 1983 fertiggestellte Hochgeschwindigkeits­ verbindung Paris-Lyon hat die Vormachtstellung des Flugverkehrs mühelos gebrochen, erzählt Penetzdorfer. Das Gleiche gelte für die 2008 eröffnete Strecke MadridBarcelona, die die Fahrtdauer auf 150 Minuten verkürzte. Die Attraktivität der Bahn bei kürzeren Fahrtzeiten ist beinahe konkurrenzlos. Der Ausbau entsprechender Verbindungen geht aber eher schleppend voran. Für die kaum größere Distanz zwischen Fernsehturm und Stephansdom sitzt man nach wie vor gut zehn Stunden im Zug und anstatt der EU-weit durchschnittlichen zehn Cent pro Kilometer wird für diese Strecke mehr als das Doppelte fällig. Daran wir nicht nur deutlich, dass der Eiserne Vorhang auch in der Entwicklung von Streckennetzen seine Spuren hinterlassen hat. Innerhalb der eigenen Grenzen hat jedes Bahn-Unternehmen eigene technische Standards etabliert: Heute gibt es vier Spurweiten, etwa zwanzig verschiedene Zugsicherungssysteme und eine Vielzahl unterschiedlicher Stromspannungen. Eine Angleichung dieser Standards würde nicht nur helfen Geld, sondern auch Zeit zu sparen. In Kombination mit dem Ausbau der Netze würde das die Attraktivität von Fernzügen deutlich steigern. Der Leitspruch der Europäischen Union – In Vielfalt geeint – scheint beim Bahnfahren an seine Grenzen zu stoßen.

Mangelnde Kosten-Wahrheit »Der Energieverbrauch der Bahn ist relativ günstig. Außerdem fährt sie elektrisch, was es erlaubt, sie mit erneuerbaren Energien und daher beinahe CO²-neutral zu betreiben. Das ist bei Bussen deutlich schwieriger und bei Flugzeugen erst recht«, so Naumann. Aktuell werden die ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen – Feinstaubbelastung, Smog, anthropogener Klimawandel – nicht in den Reisekosten abgebildet. Die Kosten für Flug- und Straßenverkehr wären deutlich höher, die Bahn damit deutlich konkurrenzfähiger. Eine Entwicklung hin zu mehr Kostenwahrheit ist allerdings nicht zu beobachten: Als einziger EU-Mitgliedsstaat heben die Niederlande eine Kerosinsteuer ein. Bestehende Luftverkehrssteuern sind zu niedrig, um bestehende Wettbewerbsverzerrungen zu beheben, bzw. Steuereffekte zu erzielen.

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WIEN–BERLIN IN CO2

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Erzeugtes CO2 (in Kilogramm)

Auf der Seite ecopassenger.org lassen sich Energieverbrauch und Emissionen für Bahn, Auto und Flugzeug berechnen. Die Herausforderung dabei: Eine Strecke finden, auf der die Bahn nicht gewinnt.

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Flüsse

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Der Rhein und die Donau sind zwei der großen Ströme in Europa. Wenn es um die Warenströme geht, die auf ihnen umweltfreundlich transportiert werden, spielen sie allerdings in ganz unterschiedlichen Ligen.

An der Mündung des Rheins fungiert der Hafen von Rotterdam als globaler Verkehrsknotenpunkt

Der Rhein und die Donau sind zwei der großen Ströme in Europa. Wenn es um die Warenströme, die auf ihnen umweltfreundlich transportiert werden, geht, spielen sie allerdings in ganz unterschiedlichen Ligen.

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Teresa Reiter

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en Rhein möcht’ ich sehn, der da ungereimt bleibt«, hat Kurt Tucholsky einst über Europas alten Herrn unter den Flüssen geschrieben. Und wahrlich, es ist schwer, sich mit ihm zu messen. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden an den Häfen im Rheingebiet 50 Millionen Tonnen Waren umgeschlagen, in über 600.000 Containern. Kein Wunder, fließt der alte Angeber doch durch wichtige Wirtschaftsräume wie die Rhein-Ruhrund die Rhein-Main-Neckar-Region und bedient wichtige Industriezweige wie Metall-, Papier- und die Chemie-Industrie. An seiner Mündung liegt dann auch noch wie ein funkelnder Diamant der internationale Seehafen Rotterdam. Die Donau hingegen ist von ihrer Topografie her ein »natürlicherer« Fluss, mit allen charmanten Charakterzügen, die den Gütertransport erschweren. Sie birgt Untiefen, Schlingen und wechselnde Wasserstände, die so manches Transportunternehmen an ihrer Verlässlichkeit zweifeln lassen können. Der Anteil der Güter, die im Donauraum über Wasser transportiert werden, liegt bei weniger als zwei Prozent der gesamten Transportleistung und damit deutlich niedriger als im europäischen Durchschnitt. 2014 machten der Österreichischen Wasserstraßen-Gesellschaft Via Donau zufolge Transporte im Donaukorridor etwa zwölf Prozent des Güterverkehrsaufkommen aus. Geholfen hat diesen Zahlen über die letzten Jahre nicht einmal die EU-Osterweiterung. Am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (wifo) vermutet man, sie habe vielleicht sogar einen gegenteiligen Effekt gehabt, da die Oststaaten bisher weit mehr auf den Straßenausbau als auf Wasser- und Schienentransport setzen.

Kostengünstiger, aber langsamer Dabei ist der Wassertransport nicht nur ökologischer, sondern pro Tonnenkilometer auch deutlich kostengünstiger als Straße und Schiene. Unternehmer wollen es aber nicht nur billig, sondern auch schnell und zuverlässig, weiß auch Fritz Lehr, Geschäftsführer vom Hafen Wien. »Der große Nachteil der Wasserstraße ist, dass sie nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied«, sagt er. Zum einen gäbe es das Problem von generell seichten Stellen durch die Veränderung des Untergrundes und unterschiedliche Sedimentablagerungen und zum anderen spielen Wetterbedingungen, wie etwa die sehr trockene Vegetationsperiode des letzten Jahres, die automatisch Tiefstände von sämtlichen Wasserstraßen bedeutete, eine Rolle. Dies führe etwa dazu, dass man Schiffe nicht

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Vergleichsweise beschaulich: der Güterverkehr auf der Donau. Banaler Grund: Sie mündet in keinen internationalen Seehafen.

mehr so schwer beladen könne, weil man nicht wissen kann, wie die Wasserstände der Donau zwei Wochen später aussehen. Gleichzeitig sei der Transport doch deutlich langsamer als auf dem Landweg. Erschwerend wirke sich auch der niedrige Öl- und somit ebenfalls niedrige Dieselpreis aus, der den Transport auf der Straße noch attraktiver macht. Jedoch habe es bereits zuvor, seit der Erfindung des Automobils, eine klare Präferenz für die Straße gegeben. Die Güterströme, die durch den Wiener Hafen gehen, kommen etwa nicht großteils über den Wasserweg, dieser macht nur etwa zehn Prozent aus. Hingegen kommen die Hälfte der Transporte per lkw und etwa 40 Prozent über Schiene. »Bei Häfen, bei denen der Wasserweg ein Meer ist, ist das manchmal anders, gedrittelt etwa. Aber bei Binnenhäfen wie dem Wiener Hafen spielt der Wasserweg sicher nicht die Nummer eins«, so Lehr.

Kooperation der Donauländer Lehr betont aber, dass die Wasserstraße von Österreich gefördert würde und dass man sich auch in unterschiedlichsten Interessensvertretungen dafür einset-

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rettet die รถkos.

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Überschaubar, aber ausbaufähig: Ein höheres Güterverkehrsaufkommen auf der Donau könnte EU-weit bis zu 15.000 zusätzliche Arbeitsplätze mit sich bringen.

ze, dass diese vermehrt genutzt würde. Zwischen den Donauländern gibt es seit geraumer Zeit auch maßgebliche Kooperation bezüglich der Belebung der Wasserstraße, wie etwa die EU-Strategie für den Donauraum (eusdr), die eine Vielzahl von Themengebieten wie Innovation, Umweltschutz und administrative Kooperation der Donaustaaten abdeckt. Am Hafen Wien glaube man auch, dass die Wasserstraße ein Zukunfts­ thema sei, wobei man nicht abschätzen könne, wie sich die Situation entwickelt. »Vor 30 Jahren hatten wir die gleichen Themen, da ist die Wasserstraße Donau auch nicht weniger attraktiv gewesen als heute«, gibt Lehr zu bedenken. Es gelte auch zu beachten, dass Donauländer verschiedene Interessen haben. Bulgarien etwa verfüge über keinen großen Binnenhafen, habe also weniger Grund, seinen Anteil an der Wasserstraße, der durchaus verbesserungswürdig sei, zu sanieren. Was eine Kapazitätssteigerung der Donau als Transportweg generell in Zahlen bringen würde, ist schwer abzuschätzen. wifo-Experte Gerhard Streicher erinnert an teure Anstrengungen im Hafenausbau, die zu Geisterhäfen führten. Er weist auch auf die wifo-Studie »Danube +20« hin, die sich mit Szenarios zur Schaffung von Arbeitsplätzen an der Donau auseinandersetzt. Darin versuchte man, die wirtschaftlichen Effekte einer 20-prozentigen Steigerung im Donau-Transportvolumen zu schätzen. Das Ergebnis war ein moderates: Ins-

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gesamt, das heißt über die gesamte EU verteilt, kam man auf ein Wachstumspotenzial von etwa 10.000 bis 15.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen, von denen einige hundert auf Österreich entfallen wären.

Aufschwung nicht wahrscheinlich Des Pudels Kern ist jedoch, dass die Donau nicht an einem internationalen Seehafen mündet. Zwar steigen auch die Umschlagzahlen des größten Schwarzmeerhafens bei Konstanza in Rumänien, doch sind diese im Jahr 2015 zustande gekommenen 56.336.772 Tonnen nicht einmal eine Taschenversion des mächtigen Rotterdam. Letzteres agiert in einem völlig anderen Kontext und ist an die großen Nordsee- und adriatischen Häfen angebunden und verfügt somit über ganz andere Volumina, dieser Meinung ist auch Gerhard Streicher. »Ein Schwarzmeerhafen wird ziemlich sicher nie eine auch nur annähernd vergleichbare Größe und Bedeutung wie die großen Atlantikhäfen haben, dazu ist schon der Anreiseweg zu umständlich.« Auch potenzielle Erdöltransporte in der Region würden mehr auf Pipelines setzen als auf den Schiffstransport. Auch ein ökonomischer Aufschwung der Schwarzmeer-Anrainerländer sei momentan »nicht gerade unausweichlich«. Nicht zuletzt machen ungelöste politische Probleme in der Region zumindest mittelfristig den Anbruch goldener Zeiten nicht sehr wahrscheinlich, so Streicher.

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Fliegen im Mobilitätsvergleich

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Werner Sturmberger

»In den Pfützen schwimmt Benzin«

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So wie Reinhard Mey vor 40 Jahren einen romantisch verklärten Blick auf die Luftfahrt zu werfen, verunmöglicht heute die zunehmende Gewissheit über deren Folgen. Eine entsprechende Verhaltensänderung ist aber ausgeblieben. Im Gegenteil: Der Flugverkehr nimmt stetig zu.

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eisen ist der Fetisch der Mittel- und Oberschicht. Es erfüllt unterschiedlichste Bedürfnisse – Beruf, Erholung, Bildung – nicht zuletzt auch Distinktion. Es ist das Automobil des 21. Jahrhunderts und das noch bessere Statussymbol, weil es so vieles – von Materialismus bis Postmaterialismus – symbolisieren kann. In einer Gesellschaft, in der Mobilität vorwiegend positiv konnotiert ist und an Vorstellungen von Freiheit knüpft, erfährt es selbst eine quasi religiöse Verehrung. Problematisch ist die Art und Weise, wie man diesem goldenen Kalb huldigt: »Menschen wollen mobil sein. Fliegen ist daher subjektiv natürlich immer sinnvoll. Es erlaubt uns, dem Wunsch nach globalen Austausch mit einer globalen Mobilität zu begegnen. Das Problem ist der große ökologische Rucksack. Objektiv betrachtet ist es daher sehr selten sinnvoll«, so Stephan Rammler, Professor für Transportation Design an der hkb Braunschweig. Während die Entwicklung des motorisierten Individualverkehrs in weiten Teilen Europas stagniert, wächst der Flugverkehr stetig. Das ist nicht verwunderlich, denn die Eigenschaften des Flugzeugs entsprechen den sich verändernden gesellschaftlichen Anforderungen: »Wir leben in der Beschleunigungsmoderne. Die Zeitabläufe werden im Grunde immer dichter. Das ist der goldene Käfig der Ökonomie und wir sind gezwungen, da mitzuschwimmen«, erklärt Rammler. Oder eben mitzufliegen.

Am Boden bleiben Wie die Massenmotorisierung des 20. Jahrhunderts gezeigt hat, stehen Mobilitätsverhalten und gesell-

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schaftliche Rahmenbedingungen in einem Wechselspiel von Bedingen und Ermöglichen. Die Fähigkeit, größere Distanzen schnell überwinden zu können, hat zu einem explosionsartigen Wachstum der Vorstädte beigetragen. Da Suburbia in Beton gegossen ist, hat der motorisierte Individualverkehr damit gleichzeitig die eigene Notwendigkeit zementiert. Genau wie dieser schafft der Flugverkehr – mit 3,6 Mrd. Passagieren rechnet man heuer, um 800 Mio. mehr als noch vor fünf Jahren – seine eigene Realität. Teil dieser sind einerseits der Verbrauch fossiler Energieträger und die daraus resultierenden Emissionen, andererseits eine Vielzahl neuer Chancen zu internationaler Kooperation und Austausch. Eine Rückkehr zum Status quo ante ist weder wünschenswert noch realistisch. »Es geht nicht darum, komplett auf das Fliegen zu verzichten. Für viele Menschen ist das aufgrund beruflicher oder familiärer Eingebundenheit auch gar nicht möglich. Die Globalisierung hat familiäre Netzwerke entstehen lassen, die in manchen Fällen über mehrere Kontinente verteilt sind«, sagt Rammler. Er erinnert aber daran, dass die unaussprechliche isländische Flugpause – der Vulkan Eyjafjallajökull – gezeigt habe, dass physische Präsenz nicht immer notwendig ist: »Die Unternehmen haben ihre Videokonferenzanlagen in Betrieb genommen. Die Schwierigkeiten waren überschaubar. Natürlich lassen sich nicht alle Verhandlungen und Gespräche damit substituieren.« Das gilt natürlich umso mehr für private Angelegenheiten, wo die Virtualisierung von Kommunikation viel früher an ihre Grenzen stößt – ein Chat ist kein Ersatz für eine Umarmung.

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Fliegen im Mobilitätsvergleich

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Luftschiffe statt luftschlösser Die Anreise der Delegierten zur Weltklimakonferenz per Flugzeug verursachte rund 3.000 Tonnen CO². Die Umsetzung der beschlossenen Vereinbarungen hat natürlich einen tausendfach höheren Einfluss auf das Klima als die Konferenztätigkeit selbst. Selbst wenn es kaum einen besseren Grund zu Fliegen geben dürfte als den Planeten zu retten, setzte man sich auch anlässlich der Konferenz kritisch mit dem eigenen Mobilitätsverhalten auseinander. Die Initiative »Train to Paris« brachte Delegierte aus Europa, China, der Mongolei und Russ­ land aus diesem Grund per Zug nach Paris. Verhaltensänderungen wie diese – innerhalb Europas mit der Bahn zu reisen und der sinnvolle Einsatz von Fernflügen – werden sich aber nicht über guten Willen allein herstellen lassen. Es braucht politische Initiativen zur Verbesserung der Infrastruktur – Ausbau der internationalen Bahnverbindungen – und Schaffung von Anreizen, diese auch zu nutzen. Sprich: eine Verteuerung des Fliegens, etwa durch eine Kerosinsteuer, um Folgekosten realistisch abzubilden. Nicht zuletzt wird es auch technische Innovationen brauchen, um Flugreisen zu ersetzen. Rammler wünscht sich etwa eine Renaissance des Luftschiffs – die technischen Möglichkeiten existieren bereits, abgesehen von längeren Reisezeiten spricht nichts dagegen. Der Erfolg nachhaltiger Mobilitätsformen wird aber auch auf ein entschleunigtes Wirtschaftssystem mit langsameren Transportzyklen angewiesen sein. Das Mobilitätsbedürfnis der gegenwärtigen Konfiguration der Weltwirtschaft hat seinen Preis: Der Transportsektor verursacht rund ein Viertel der globalen CO²-Emissionen. Für Rammler ist daher klar: »Mobilität ist nicht nur ein Bedürfnisbereich oder ein politisches Handlungsfeld neben anderen, sondern einer der zentralen Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit unserer globalen Zivilisation überhaupt.«

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Die Anreise der Delegierten zur Weltklimakonferenz per Flugzeug verursachte rund 3.000 Tonnen CO2

Anschnallen! Basierend auf aktuellen Trends werden sich die CO2-Emissionen der globalen Tourismusindustrie – aktuell ca. fünf Prozent – bis 2035 mehr als verdoppeln. Für die Hälfte davon ist die kommerzielle Luftfahrt verantwortlich sein. Dabei sind die CO2-Emissionen nur ein Teil des Problems. Die Emissionen finden in besonders sensiblen Regionen unserer Atmosphäre statt. Experten gehen davon aus, dass der Anteil am menschenverursachten Klimawandel deutlich größer ist als jener an den Emissionen. Während der Luftverkehr für rund zwei Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich ist, wird ein doppelt bis fünfmal so hoher Anteil am Klimawandel angenommen.

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Radfahren mit Kindern

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Ein Kind, ein Fahrrad und viele Antworten Wege und Schwierigkeiten, um die lieben Kleinen velozipedisch in den Straßenverkehr einzugliedern.

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Das Kind als Alleinfahrer

s soll sich hier also um Kinder und Fahrräder drehen. Sehen wir der Tatsache zunächst ins Auge. Kinder gelten innerhalb der Vertrauensregel als ganz besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer. Und Fahrräder sind im Vergleich zu anderen Fortbewegungsmitteln wohl auch nicht gerade Sicherheitsgaranten auf der Straße. Und trotzdem: Je früher der Kontakt zu Drahteseln beginnt, desto schneller werden sich die Kleinen zu großen Kennern entwickeln und so sicher wie möglich durch die Straßen kurven. Die Auswahl an Fahrradarten und manchmal auch -abarten ist jedenfalls riesig. Je nach Verwendungszweck, Budget, Alter und Anzahl der zu befördernden Kinder bieten sich verschiedene Systeme an, die alle ihre Vor- und Nachteile haben.

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Christina Wetter-Nohl illustration 42

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Die offensichtlichste Option besteht darin, dem Kind ein eigenes Fahrrad unter den Allerwertesten zu klemmen. Bereits nach ersten Lauferfolgen gibt es die Möglichkeit, die Kleinen mit Lauf- und Dreirädern auf das klassische Fahrrad vorzubereiten. Kinder, die mit solchen Gefährten bereits Erfahrungen gesammelt haben, beherrschen das Fahrrad in der Regel schneller und besser als jene, die zu Beginn noch auf ein Stützrad angewiesen sind und keinerlei Vorkenntnisse hinsichtlich Lenken, Anhalten, Gleichgewichtssinn und Koordinationsvermögen haben. Erst mit etwa zwei oder drei Jahren ist das Kind motorisch soweit, ein eigenes Fahrrad sicher lenken zu können. Unter zwölf Jahren dürfen Kinder in Österreich jedoch nur in Begleitung einer mindestens 16-jährigen Person unterwegs sein, es sei denn, die freiwillige Radfahrprüfung des Jugendrotkreuzes wurde erfolgreich abgelegt. Dann ist das Alleinfahren bereits mit zehn Jahren erlaubt. Für alle Kinder in Österreich gilt übrigens die Helmpflicht bis zum Alter von zwölf Jahren. In Deutschland müssen Eltern gemäß ihrer Aufsichtspflicht selber abschätzen, ab wann ihre Kinder alleine Fahrradfahren dürfen. Ab einem Alter von zehn Jahren haften Kinder jedenfalls selber für etwaige Schäden bei von Ihnen verursachten Verkehrsunfällen. Helmpflicht besteht derzeit keine, wohl aber eine klare Empfehlung, einen Helm zu tragen. Den umweltbewussten Lesern sei hier Woom Bike ans Herz gelegt, ein Wiener Kinderrad-Hersteller, der Wert auf Upcyling, Klimaschutz und Schadstofffreiheit legt.

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total schlagfertig: drei Engel für Walter Haustechnik ist eine reine Männerdomäne? Weit gefehlt! Wir von Niedermühlbichler trumpfen mit echter Frauenpower auf. Dann heißt es „ Action!“ für Bäder, WCs, Heizungsanlagen, Solaranlagen, Wärmepumpen und vieles, vieles mehr.

Der Kindersitz Sobald das Kind selbstständig sitzen kann, darf es in einem Kindersitz befördert werden. Auf einem Rad soll jedoch nur ein Sitz befestigt werden und dieser darf in Österreich auch nur hinten angebracht sein. Aber – und das ist kein Beamtenscherz – durch eine EU-Gleichstellungsklausel ist es dennoch zulässig, dass der Kindersitz auch vor dem Fahrer montiert wird. In Deutschland sind beide Möglichkeiten erlaubt, wobei die Heckvariante aufgrund höherer Sicherheit eher empfohlen wird. Zusätzliches Gepäck mitzunehmen ist, wie man sich unschwer vorstellen kann, schwierig. Und auch mit dem Wetter muss man sich arrangieren können. Außerdem ist ein Kindersitz wohl nicht unbedingt die bequemste, wohl aber die kostengünstigste Variante.

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radfahren mit kindern

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Der Fahrradanhänger Fahrradanhänger haben vor allem zwei große Vorteile: Zum einen können mit den passenden Vorrichtungen bereits Babys transportiert werden und zum anderen haben darin mehrere Kinder Platz. Außerdem bietet der Fahrradanhänger Wetterschutz und Platz für Einkäufe oder Ähnliches. Qualität hat hierbei jedoch ihren Preis und genügend Platz für die Lagerung muss auch vorhanden sein.

Trailerbike UND Kupplung Zu den optischen Sonderlingen gehören wohl das Trailerbike und die Kupplungssysteme. Hierbei werden alle möglichen Fahrradarten an ein Erwachsenenrad befestigt. Das sieht dann im komischsten Fall aus, als würde man das Kind mit seinem Rad abschleppen. Dennoch bietet es den Vorteil, dem Kind das Fahrraderlebnis nahezubringen und doch sicher hinter sich zu wissen. Längere Strecken können so bestritten werden und das Kind kann mitstrampeln, muss es aber nicht.

Lastenfahrrad Hierzulande gehört es wohl noch zu den FahrradExoten, doch das Lastenrad, wie man es aus Kopenhagen oder Amsterdam kennt, ist bereits im Vormarsch. In der Transportbox haben ebenso wie im Fahrradanhänger gleich mehrere Kinder, auch Babys, bequem Platz. Wetterschutz ist gewährleistet und auch hier kann Gepäck oder der Einkauf leicht transportiert werden. Unterstützung durch einen Elektromotor ist bei häufigem Bergauf-Fahren empfehlenswert. Wie der Fahrradanhänger auch, wird eine sichere Unterstellmöglichkeit benötigt und auch die Preise für Lastenräder sind verhältnismäßig hoch.

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Entscheide weise! Ein Kind braucht also noch nicht einmal sitzen zu können, um Teil der Fahrrad-Community zu sein. Schier unendlich scheinen die Wege, ein oder mehrere Kinder in die Welt der Fahrräder einzugliedern. Man muss sich nur für den passenden entscheiden!

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Pia Gärtner

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Benicce / Photocase.de Planetbackpack.de

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Verbindungsaufbau die Welt im Stream Der Stream aus dem Hörsaal, die Therapie-Sitzung mit dem Psychologen per Skype, der Video-Call mit den Kollegen in weiter Ferne: Vieles lässt sich online regeln. Müssen wir das Haus bald gar nicht mehr verlassen, oder werden wir ständig unterwegs sein?

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eit es Tablets gibt, die so viel wiegen wie ein Apfel, wird das Leben der Digitalen Nomaden um einiges leichter. So nennt man Menschen, die digitale Technologien nutzen, um völlig ortsunabhängig und ohne fixen Arbeitsplatz von überall aus zu arbeiten. Als Blogger, Freelancer, Angestellte oder alles zusammen. Voraussetzung: Eine (möglichst schnelle) Internetverbindung. Viele kombinieren so Reisen und Arbeiten. Etliche Blogs widmen sich diesem flexiblen Lebensstil. Einer der bekanntesten deutschsprachigen ist »Planet Backpack« von Conny Biesalski. Dort heisst es: »Die Welt und jeder Ort ist dein Zuhause. Dein Leben passt in deinen Rucksack. Du verdienst als Digitaler Nomade von überall dein Geld. Dein Business kannst du überall mit hin nehmen. Du machst jeden Tag, was du liebst und worauf du Lust hast.« Wow, das klingt nach einem traumhaften Lebensentwurf! Selbstverwirklichung pur, mit Bonusmeilen. »Das Digitale Nomadentum ist eine Bewegung, die voll im Rollen ist und jeden Tag größer wird. Über die Jahre sind die Zahlen an ortsunabhängigen Unternehmern weltweit kräftig angestiegen und ich treffe rund um die Welt immer mehr auf Leute, die wie ich ihr Geld online verdienen. Es gibt immer mehr Konferenzen, Events, Blogs, Coworking-Retreats, Facebook-Gruppen und all-

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gemein Infrastruktur für uns Digitale Nomaden – ein klares Zeichen, dass der ganze Lifestyle wächst und wächst«, erzählt uns die Globetrotterin. Über 14.000 Mitglieder hat die Gruppe »Digital Nomads around the world« auf Facebook. Im Mai trifft sich die mobile Szene in Berlin. Dort findet die dnx, die Konferenz der Digitalen Nomaden, statt – natürlich per Stream weltweit zu verfolgen.

Überall arbeiten? Oder Arbeit überall? Überall zu arbeiten, ist kein Hippie-Lebensentwurf mehr. Und auch wer kein Digital Nomad ist, kann die neue digitale Kommunikation in immer mehr Bereichen nutzen. Was privat längst zum Alltag gehört, um mit Freunden im Ausland oder der Familie in Kontakt zu bleiben, verändert die Arbeitswelt: Skype, Facetime, Google Hangout und Co können eine Menge Zeit, Geld und Emissionen einsparen helfen. Besonders für große Unternehmen lohnt sich Videotelefonie: Die gesamte Telekom Austria Group hält jährlich um die 16.000 Video­konferenzen ab. Tochter A1 spart jährlich mit Meetings per Stream rund 2.000 eintägige Geschäftsreisen ein – und damit 150 Tonnen CO² pro Jahr, heißt es aus dem Unternehmen. »Unified Communication« wird das Optimieren von Kommunikation mit technischen Mitteln für bessere Zusammenarbeit in Firmen genannt: geteilte Kalender zeigen die Verfügbarkeit von Kollegen, Dokumente werden gleichzeitig online bearbeitet und Videokonferenzen ersetzen die Runde im Besprechungszimmer. Aber nicht nur für klassische Bürojobs sind Skype und Co. wichtig: Längst kann man sich per Video-Tutorial Fachwissen aneignen. Italienischkenntnisse im Videotalk mit Muttersprachlern zu verbessern – kein Problem. Schüler in Europa können Gitarrenstunden vom Lehrer in New York bekommen und Unis stellen Vorlesungen schon seit Jahren per Livestream ins Netz. Eigentlich keine schlechte Sache. Aber kann Unterricht im klassischen Sinn dadurch wirklich ersetzt werden? Eher nicht. Haptisches Vermitteln und Berührungen sind im Stream schließlich ausgeschlossen. Auch in anderen Bereichen werden Mikrofon und Webcam immer smarter genutzt. Wenn man heutzutage online ein Bankkonto eröffnen möchte, ist dafür nicht einmal eine Unterschrift nötig. Dass gemachte Angaben

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Conny Biesalski lebt das Leben einer digitalen Nomadin. Zuhause: ein Rucksack, ihr Office, ein Macbook.

stimmen, und das man selbst auch wirklich man selbst ist, bestätigt man während eines Video-Telefonats im Web-Browser, indem man Ausweisdokumente vor die Kamera hält und indem man Zahlencodes vorliest, die von der Bank in Echtzeit an das eigene Handy gesandt werden. Spezialisierte Call-Center bieten solche VideoTelefonate zur Persönlichkeits-Verifizierung an. Sogar im Gesundheitsbereich wird Kommunikationstechnik wichtiger. Es gibt Yoga-Webinare, OnlineSelbsthilfegruppen oder medizinische Beratung per Stream. Manche Ärzte, vor allem Spezialisten, erledigen Check-ups per Video und können so den Patienten in einem größeren Radius zwischen den persönlichen Behandlungsterminen helfen.

Es bleiben Fragen Die praktischen Vorzüge der Technologie liegen auf der Hand. Aber wo neue Technologien sich ausbreiten, kommen immer auch skeptische Fragen auf. Nicht wenigen spuken Datenleak-Horrorszenarien durch den Kopf, wenn sie an vertrauliche Gespräche, die von Webcams aufgezeichnet werden, denken. Und neben der Sicherheits-Diskussion bestehen noch andere, ganz praktische Fragen. Wo zahlen digitale Nomaden zum Beispiel ihre Steuern? Lässt sich der Arbeit in Zukunft räumlich nicht entkommen? Bild- und Tonübertragungen in Echtzeit werden unser Verhältnis zur Sesshaftigkeit verändern, und wo wir uns aufhalten, wird immer weniger wichtig, solange ein Computer in der Nähe ist. Ob das die Mobilität wirklich fördert oder sie in vielen Bereichen überflüssig macht, das wird sich zeigen.

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#armeleuteessen

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#armeleuteessen 10 Dinge, die wir bei unserem Selbstversuch gelernt haben.

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inen Monat lang haben wir gemeinsam ausprobiert, ob es möglich ist, sich von wenig Geld bio zu ernähren. Schließlich tritt die Biobranche mit dem Versprechen an, die Menschheit auf umweltfreundliche, gesunde und nachhaltige Weise ernähren zu können. Das muss dann auch wirklich kostengünstig möglich sein. Für den kollektiven (Selbst)Versuch hatten wir den Titel #armeleuteessen gewählt – und aufgerufen, es uns gleichzutun. Einige Leserinnen und Leser fanden das zynisch. Dass Armut nicht allein am Budget festzumachen ist, ist klar. Dass es uns nicht darum ging, »Armut zu spielen« (so ein Vorwurf ), hatten wir im Vorfeld klargestellt. Unser Ziel war es auszuprobieren, ob Lebensmittel in Bioqualität das Zeug dazu haben, mehr als ein »Reiche-Leute-Essen« zu sein, ob sie preiswert und alltagstauglich sein können. Dabei haben wir und die Bloggerinnen und Blogger, die sich dem Versuch #armeleuteessen angeschlossen haben, einiges gelernt, gut gegessen, häufiger als sonst selbst gekocht, verdammt wenig weggeworfen und mindestens zehn Erkenntnisse gewonnen. Die zahlreichen Blog-Beiträge finden sich unter www.biorama.eu/armeleuteessen

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Von bescheidenem Budget bio essen, das geht mit Disziplin, Planung und Verstand.

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Gastronomie in Bioqualität ist verdammt kostspielig – und kaum verfügbar.

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An viel zu vielen Orten herrscht Konsumzwang.

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Nicht alles, was bio ist, ist automatisch ökologisch sinnvoll.

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Zeit ist Geld: Wer selbst kocht, spart viel Geld – und wirft kaum etwas weg.

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Sich vegan zu ernähren ist deutlich leichter, als sich komplett bio zu ernähren.

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Wer Vorräte anlegt, ist im Vorteil. Besser noch: Selbst Marmelade machen, Gemüse und Obst konservieren.

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Wer wenig Geld für geselliges Essen und Trinken ausgeben kann, vereinsamt.

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Alkohol ist ein Luxusprodukt.

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Selbstversuche sind eine fragwürdige, aber mitunter erhellende, Methode.

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Wasser Aktiv

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Helena Zottmann

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Chistopher Fuchs

Wasser bewusst wahrnehmen »Der sorgsame Umgang mit Wasser ist der erste wichtige Punkt. Dieses Bewusstsein ist in Österreich schon sehr gut verankert«, sagt Daniela Fuchs-Hanusch. Sie leitet die Forschungsgruppe »Nachhaltige Optimierung von Wasserinfrastrukturen« an der TU Graz und hält sich derzeit an der Universität in Kapstadt auf, um dort ihr Wissen weiterzugeben. »Das ganze komplexe System muss funktionieren, von der Quelle oder dem Brunnen bis zum Wasserhahn im Haushalt.« Auch in Österreich. Die vielen Menschen in der Wasserwirtschaft sorgen für sauberes Wasser, sowohl in der Wasserleitung als auch in unseren Flüssen und Seen. Deshalb stand der Weltwassertag heuer unter dem Thema »Wasser und Jobs«. Seit 1993 findet der Weltwassertag am 22. März statt. Jedes Jahr finden dazu unterschiedliche Events statt, die den sorgsamen Umgang mit Wasser bewusst machen. In Wien und Innsbruck zum Beispiel konnten Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene einiges zum Thema Wasser und Jobs lernen.

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11 Songs zum Thema Wasser sind auf der CD »We love Water« der Generation Blue gesammelt. Aus über 50 Einreichungen – von der Polka über den Donauwalzer bis hin zu Rap – wählte eine Jury aus. Die besten Songs finden sich nun auf der CD »We love Water«, die am Weltwassertag 2016 in Tirol präsentiert wurde.

Entgeltliche Einschaltung

In Österreich ist es fast selbstverständlich: Wasser. Die hohe Qualität ist Teil der nationalen Identität, nirgendwo anders ist den Menschen so bewusst, woher ihr Wasser kommt. Aber ist das schon alles?

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Wasser Aktiv

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Am Weltwassertag 2016 wurde die Generation Blue CD vor großem Publikum präsentiert. Die drei Bands Brasstards aus Oberösterreich, Junger Schwung aus Tirol und Hardchor H12 aus Wien stellten die CD im orf Landesstudio Tirol am 22. 3. vor. Im Bild mit dem Organisationsteam (li. Stefan Wildt von der Wasserwirtschaft, Land Tirol und Susanne Brandstetter, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft re., vorne sitzend li. Andreas Angermann vom NP Hohe Tauern). Auf der Plattform von Generation Blue gibt es weitere Fotos vom Event und viele spannende Informationen zum Thema Wasser.

Auch in Graz feierte man den Weltwassertag – hier mit einem Wettbewerb. Wie viel Arbeit steckt in einem Kubikmeter Wasser und wie lange braucht man für das Befüllen? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten das mit einem einfachen Trinkbrunnen und kleinen Kanistern herausfinden.

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»Mehr als H²O« hieß die Weltwassertag-Aktion im Wiener Belvedere. Ein experimenteller Rundgang zu den Wasserbildern des Belvederes und anschließendes Mikroskopieren von Wassertierchen aus dem Nationalpark Donau-Auen sorgten für Spannung bei den jungen Gästen.

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Trinkwasser trinken, beobachten und schützen. Dass sauberes Wasser aus den Leitungen fließt und die WCSpülung so einfach funktioniert, ist mit viel technischem Aufwand und viel Wissen verbunden. Viele Menschen arbeiten jeden Tag daran, dass dieser Luxus für uns fast selbstverständlich wirkt. Sie warten und verlegen Wasserleitungen, prüfen etwa die Wasserqualität im Chemielabor oder zeichnen technische Pläne, sodass auch wirklich jeder Haushalt effektiv am Wassernetz angeschlossen ist. Mit der Trinkpass-Aktion will das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemeinsam mit Römerquelle und aqa das Bewusstsein für Trinkwasser bei Schülerinnen und Schülern stärken. Der Trinkpass hilft dabei zu beobachten, wie viel Wasser man täglich trinkt. Nebenbei kann man damit sogar Preise gewinnen. Rund 30.000 Trinkpässe werden jährlich verteilt. Auch heuer kann man wieder bis 15. Juni mitmachen – auf Generation Blue gibt es alle Infos zum Trinkpass und noch mehr spannende Spiele und Infos.

Aktuelle Wasserinformationen, Hintergründe und Interviews auf

Daniela Fuchs-Hanusch Leiterin der Forschungsgruppe »Nachhaltige Optimierung von Wasserinfrastrukturen« an der TU Graz

Sie forschen zum Thema »nachhaltige Optimierung von Wasserinfrastrukturen« – welche Infrastrukturen kann man sich darunter vorstellen? Es handelt sich dabei um Trinkwasserversorgungsnetze und Kanalisationsnetze. Diese wurden in Österreich im letzten Jahrhundert errichtet. Die für diese Netze verantwortlichen Betreiber müssen diese Netze so betreiben, dass sie möglichst lange genutzt werden können und jene Abschnitte erneuern, bei denen ein weiterer Betrieb aus wirtschaftlichen aber auch ökologischen Gründen keinen Sinn mehr macht.

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w generwaw. blue.attion

Was heißt nachhaltige Optimierung? Warum ist das Wort Nachhaltigkeit dabei so wichtig? Nachhaltige Optimierung heißt, die Systeme nicht nur an kurzfristigen Zielen orientiert zu betreiben. Also nicht nur jene Mängel beheben, die offensichtlich werden, wie etwa ein akuter Rohrbruch. Nachhaltige Optimierung heißt im Gegensatz dazu schon aktiv zu werden und Wasserverluste zu erkennen, bevor sie offensichtlich werden. Leckagen zu reparieren, bevor sie zu großen Rohrbrüchen werden. Das ist sowohl im wirtschaftlichen Kontext nachhaltig: eine kleine Leckage zu beheben ist immer billiger als einen großen Rohrbruch, der bereits die Straße unterspült hat; wie auch im ökologischen Kontext, denn ein lange laufendes Leck führt über die Zeit zu enormen Trinkwasserverlusten. Trinkwasser ist die wichtigste Grundlage menschlichen Lebens. In Österreich ist die Ressource fast selbstverständlich – ist diese Sicherheit gefährdet? Die Sicherheit, dass wir in Österreich genügend Wasserressourcen zur Versorgung der gesamten Bevölkerung verfügbar haben, sehe ich nicht gefährdet. Selbst in den trockeneren Regionen Österreichs ist die Trinkwasserversorgung auch in den zukünftig noch weiter zunehmenden Trockenperioden gesichert. Trotzdem sollte man die Verfügbarkeit von Trinkwasser nie als selbstverständlich ansehen. Die sichere Versorgung mit Trinkwasser hat auch immer etwas damit zu tun wie gut die Qualität der Infrastrukturen ist. Es gibt wasserreiche Länder mit Wasserverlusten bis zu 50 % aufgrund der schlecht instandgehaltenen Netze, wo es dann auch fast täglich zu Unterbrechungen der Versorgung kommt.

Bild ORF Tirol, Stefan Wildt, Harry Fischer – Photodesign, Natascha Unkart, BMLFUW / Alexander Haiden

Generation danube

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Upcycling kann auch elegant sein, wie dieses schicke Seidenkleid beweist.

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Ein Pyjamaoberteil wird zum Statement-Piece mit asymmetrischer Schulterdrapierung.

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benteuer verspricht Frau Jona&son in ihrem Buch ReDesign. Schließlich lädt die Autorin zu einer Reise der besonderen Art ein: Sie startet im Kleiderschrank, aber auch in sich selbst. Ist man mit dem Inhalt nicht zufrieden, wird man es bald sein. So das Versprechen. Sie geht verständnisvoll mit den sich schnell ändernden Bedürfnissen ihrer Leserinnen um, die Kleidern eine immer kürzere Lebensdauer verleihen. Ungetragene Stücke sollen nicht im Nirvana der Mülltonne landen. Sie sollen in neuer Form wiedergeboren werden. Das ist nachhaltig, umweltbewusst, sozial. Und das Beste: Man entwickelt dabei seinen individuellen Stil, abseits von Fast Fashion und lernt noch dazu ein neues Handwerk. ReDesign ist aber keineswegs etwas Neues. Vielmehr ist es eine in Vergessenheit geratene Fertigkeit, die unsere Großmütter im Alltag beherrschen mussten, als es noch keine Fashion-Discounter gab. Das Buch führt an diese alte Technik wieder heran. Es enthält 45 Anleitungen, die man ohne großes Vorwissen bewältigen kann. Die Arbeitsschritte sind anschaulich illustriert. Danach soll man selbstbewusst seine eigenen Designs verwirklichen können. Auch Vintage-Kleidung kann so angepasst werden. Das macht Flohmärkte und Second-Hand-Läden zu günstigen Stoffbörsen. Am Ende hat man schöne Kleidung ohne schlechtes Gewissen und ohne viel Geld ausgegeben zu haben. Beim Nähen lernt man außerdem sich selbst kennen, entdeckt seine eigene Kreativität und emanzipiert sich nebenbei auch noch von kurzlebigen Modetrends. »Die Zeit, die wir dafür aufwenden, ist sinnvoll verbrachte Zeit«, sagt Frau Jona & son. Also, an die Nähmaschinen, fertig, los!

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Manche St端cke kann man ganz einfach mit etwas Stofffarbe aufpeppen.

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Ein altes T-Shirt wird als Beanie und Fransenschal wiedergeboren.

Wer glaubt, Kartoffeldruck sei nur etwas fĂźr den Handarbeitsunterricht, wird hier eines Besseren belehrt.

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DIY-Kräuter

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ie Kräutertöpfe aus der Gemüseabteilung im Supermarkt sind für den schnellen Verbrauch gedacht. Dicht gesät werden sie rasch bei hohen Temperaturen und viel Licht gezogen. Fast Food, sozusagen. Die bis zu 20 Einzelpflanzen, die in einem Supermarkt-Basilikumtopf stecken, bräuchten für ein gesundes Wachstum eigentlich einen viel größeren Abstand. Nur selten gelingt es, die Pflanzen erfolgreich umzutopfen. Besser ist es, man setzt von Anfang an auf hochwertige Jungpflanzen. Schneller ernten kann man, wenn man auf vorgezogene Kräuter aus der Gärtnerei zurückgreift. Will man sich selbst im Anbau versuchen, gibt es einiges beachten. Vorab sollte man sich die gewählten Kräuterarten näher ansehen. Mit welchen Bedingungen muss die Pflanze an ihrem natürlichen Standort zurechtkommen? Handelt es sich um eine ein-, zwei- oder mehrjährige Art? Die Kräuterklassiker des Mittelmeerraumes entfalten ihr Aroma am besten, wenn man sie kargen Nährstoffverhältnissen aussetzt. Durch kleine, dicke Blattstrukturen, Behaarung oder eine gräuliche Wachsschicht sind sie bestens an trockenheißes Klima angepasst. Rosmarin, Thymian oder Lavendel trotzen deshalb den widrigen Bedingungen auf Balkon und Terrasse besonders gut. Groß- und weichblättrige Arten in sat-

Angezogen pikiert: DIY-Kräuter Topfkräuter aus dem Supermarkt haben nach der ersten Ernte meist nur ein kurzes Leben auf Balkon und Fensterbank. Wieso ist das so und wie kultiviert man sie selbst erfolgreich?

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Birgit Warnung

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ten Grüntönen wie Basilikum oder Petersilie sind meist durstiger und auch was die Nährstoffversorgung angeht anspruchsvoller. Hohe Lichtansprüche haben allerdings fast alle Kräuter. Ein heller warmer Platz am Fenster ist deshalb auch schon bei ihrer Anzucht entscheidend.

Basics Kräuteranzucht Die Aussaatgefäße sollte man bis knapp unter den Rand mit feiner, nährstoffarmer Anzuchterde befüllen. Die Samen nicht zu dicht ausstreuen, leicht andrücken und je nach Anspruch – Licht- oder Dunkel-Keimer – mit Erde übersieben. Während der Keimung ist das Substrat immer schön feucht zu halten. Besonders fein verteilen lässt sich das Wasser mit einer Sprühflasche. Die Sämlinge entwickeln sich dann rasch und konkurrieren untereinander. Damit sie sich gut entwickeln können, muss man sie vereinzeln. Sobald sich nach den Keimblättern die ersten echten Blätter zeigen, ist der Zeitpunkt für das sogenannte Pikieren gekommen.

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DIY-Kräuter

54 Besser ist es, man setzt von Anfang an auf hochwertige Jungpflanzen.

Dafür wird die Erde leicht befeuchtet und die jungen Kräuter werden vorsichtig mit einem Pikierstab, alternativ mit einem Bleistift, aus der Erde gehoben. Dann wird ihnen in neuen Töpfen mehr Platz gegeben. Die Jungpflanzen sollten nun hell, aber nicht zu warm stehen. Sie werden sonst dünn und langstielig. Nach den letzten Frösten – das kann bis Mitte Mai dauern – gewöhnt man die Kräuter langsam an Licht und Temperatur im Freien. Einmal abgehärtet, kann man sie auspflanzen. Man kann Kräutererde kaufen oder Pflanzerde im Verhältnis 1:1 mit Sand mischen. Etwas Kompost reicht als Dünger aus. Sehr wichtig ist die Wahl ausreichend großer Gefäße. Vor allem für mehrjährige Kräuter ist eine Drainageschicht aus Blähton oder Kies empfehlenswert. Möchte man verschiedene Arten in einem Gefäß kombinieren, wählt man am besten Pflanzpartner mit ähnlichen Ansprüchen. Topfpflanzen gehen häufiger durch zu viel als zu wenig Wasser ein. Gießen sie Kräuter deshalb selten aber durchdringend. Komplizierte Bewässerungssysteme kann man durch mit Wasser gefüllte Flaschen umgehen, die man einfach kopfüber in die Kräutertöpfe steckt.

Specials für die Fensterbank Mit den Wachstumsbedingungen in Innenräumen kommen leider nicht alle Kräuter auf Dauer zurecht. Lichtmangel ist hier oft der begrenzende Faktor. Viele Kräuter benötigen für ein optimales Wachstum langfristig auch die Temperaturunterschiede der Jahreszeiten. Möchte man auf würziges Grün auf der Fensterbank dennoch nicht verzichten, bieten sich zum Beispiel Zitronengras, Ingwer oder Thai-Basilikum an. Anstatt herkömmlichen Koriandergrüns, das sich oft rasch erschöpft, kann man auch zum mehrjährigen pfeffrigfrischen Vietnamesischen Koriander greifen. Kurzfristig gelingt am Fenster auch der Anbau von Thymian, Basilikum oder Oregano. Bei der Pflege hat jedes Kraut seine eigenen Ansprüche. Viele wollen zurückgeschnitten werden oder brauchen ein spezielles Winterquartier. Manche Arten lassen sich zudem nicht nur über Samen, sondern auch durch Teilung des Wurzelstockes, Ableger oder Stecklinge vermehren. Der Blick ins Fachbuch empfiehlt sich allen, die tiefer in die Materie eintauchen wollen. Empfehlung: Andrea Heistinger – »Kräuter richtig anbauen. Das Praxisbuch für Biogarten, Topf und Balkon« (2016).

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Mehr als nur Seele-Baumeln-Lassen Das BioParadies SalzburgerLand bietet mit der sanften und nachhaltigen Variante von Alpentourismus mehr als die übliche Gelegenheit zur Auszeit vom Alltag. Entschleunigung, das ist »die gezielte Verlangsamung einer sich bisher ständig beschleunigenden Entwicklung«, heißt es im Duden. In diesem wichtigsten Wörterbuch der deutschen Sprache ist der Begriff erst seit der Jahrtausendwende zu finden. Denn: Entschleunigung ist ein eher junger Trend, einer der letzten zwei Jahrzehnte. Doch er ist gekommen, um zu bleiben. Und darauf setzt man auch an der Schnittstelle von Landwirtschaft und Tourismus, zum Beispiel im Salzburger Land. 1999 hat dort alles mit einer Handvoll Pionieren aus dem Bio- und Tourismusbereich begonnen. Daraus sind inzwischen 32 Hotel-, Gastronomie- und bäuerliche Betriebe geworden, die zusammen das BioParadies SalzburgerLand bilden. Dass ausgerechnet in Salzburg so stark auf Bio-Tourismus gesetzt wird, ist dabei alles andere als ein Zufall. Schließlich ist das österreichische

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celine cousteau

Die Enkelin von Jaques-Yves Cousteau produziert Umwelt-Filme für NGOs. Im Mai ist sie zu Gast bei den Wiener Erdgesprächen. BIORAMA hat die Wahl-Kalifornierin zum Skype-Interview getroffen.

»Mit dem Rücken zur Wand ist es schon zu spät«

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Celine Cousteau

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Die Kraft von Bildern ist sehr stark, wir sind visuelle Kreaturen. Film ist eine großartige Art und Weise, Menschen wirklich in eine Geschichte eintauchen zu lassen. Celine Cousteau

Spricht am 3. Mai bei den »Erdgesprächen« im Wiener MQ über ihr Engagement: Celine Cousteau

biorama: Was sind die Vorteile von Film als Medium, um Politik- und Umwelt-Anliegen zu promoten? cousteau: Die Kraft von Bildern ist sehr stark, wir sind visuelle Kreaturen. Film ist eine großartige Art und Weise, Menschen wirklich in eine Geschichte eintauchen zu lassen. Wir brauchen mehr Geschichtenerzähler und nicht nur im Film. Wir brauchen mehr Geschichtenerzähler, die von humanitären und Umwelt-Herausforderungen erzählen. Wir brauchen Sänger und Songwriter. Wir brauchen Tänzer. Wir brauchen Schauspieler. Wir alle haben die Möglichkeit zu sagen: »Hey, schau, ich habe diese Message und darum geht es.« Stellen sie fest, dass ihre Arbeit der letzten Jahre Veränderungen bewirkt hat? Was ich sehe, ist eine großartige, kontinuierliche Aufnahme der Botschaft. Ich sehe, dass die Menschen immer noch sehr hoffnungsvoll sind, dass sie immer noch für gute Zwecke kämpfen wollen. Mehr und mehr Menschen stellen die richtigen Fragen. Aber: Wir bewegen uns langsam. Wir verstehen langsam. Und wir verändern uns langsam. Darum denke ich, dass wir weitermachen müssen.

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Können wir als Gesellschaft überhaupt schnell genug Veränderungen bewirken, oder sind wir zu langsam, um auf die großen Krisen zu reagieren? Da gibt es einen Gletscherforscher, an den ich immer denke, wenn ich diese Frage gestellt bekomme: Lonnie Thompson. Ich bin mit ihm in Peru auf dem Qori KalisGletscher gewandert und habe ihn dort interviewt. Er sagte, unglücklicherweise würden sich die Leute erst ändern, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Und wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, ist es schon zu spät. Das liegt daran, dass die Auswirkungen unseres Handelns lange brauchen, um in der Umwelt eine Reaktion auszulösen. Wir sehen jetzt erst die Auswirkungen der Industriellen Revolution, was Emissionen betrifft. Wenn man diese Art der Verzögerung bedenkt, bedeutet das, dass wir heute große Veränderungen bewirken müssen, sonst dauert es noch viel länger, bis wir Auswirkungen sehen. Manche Menschen glauben, dass es einen Kipppunkt gebe, ab dem keine Erholung mehr möglich sei. Ich weiß es nicht, ich bin keine Wissenschaftlerin, aber ich glaube, dass wir in der Lage sind, uns zu ändern und dass wir das einfach müssen. Vielleicht sind

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Theresa Loibl bild

Capkin van Alphen / CauseCentric Productions, Michael Clark

Dreharbeiten in aller Welt: oft im Dienste kleiner ngos

wir auch bereit dazu, wenn wir realisieren, dass es um Leben und Tod geht. Sie haben Cause Centric Productions gegründet, um kleinen ngos zu ermöglichen, ihre Message mit den Mitteln des Films zu erzählen. Daraus ist inzwischen die Celine Cousteau Film Fellowship entstanden. Worum geht es dabei? Cause Centric Productions wurde ursprünglich erschaffen, um Multimedia Content für kleine NonProfit-Organisationen, die kein großes Budget haben, zu erstellen. Das war selbst jahrelang eine Non-ProfitOrganisation. Inzwischen ist Cause Centric Productions keine Non-Profit-Organisation mehr, weil wir diesen Status eigentlich gar nicht gebraucht haben. Wir können nun kommerzielle Sponsoren nutzen, was uns erlaubt, Spenden von wirtschaftlichen Drittpartnern anzunehmen. Im Non-Profit-Bereich bleibt die neue Celine Cousteau Film Fellowship aktiv mit der Idee, meinen Namen weiterzugeben und mit der gleichen Philosophie, dass wir als Kollektiv wichtige Stimmen unterstützen können, indem wir visuelle Kommunikationswerkzeuge herstellen. Wer arbeitet mit Ihnen? Sind das Freiwillige? Das sind ich selbst und mein Partner, Çapkin van Alphen. Er ist mein Kameramann, übernimmt die Buchhaltung und er hilft mit der Logistik während der Produktion. Wir zwei arbeiten beinahe Vollzeit. Bei der Celine Cousteau Film Fellowship habe ich mit Adam Benton einen Geschäftsführer, der die Organisation leitet. Die Mitglieder der Fellowship müssen sich bewerben. Im Moment ist das eine bezahlte Mitgliedschaft, aber wir hoffen, dass wir in den nächsten Jahren Stipendien für die Studierenden anbieten können, sodass sie aufgrund ihrer Leistung in die Gemeinschaft aufgenommen werden, und nicht wegen ihrer ökonomischen Möglichkeiten. Das heisst, man bezahlt dafür, mit Ihnen zu arbeiten.

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Was kann man denn dabei lernen? Wir sind keine Filmschule. Wir erwarten, dass sich Bachelor- und Masterabsolventen aus unterschiedlichen Disziplinen bewerben. Also, wer sich für die Kameraführung bewirbt, sollte wissen, wie man filmt. Wer sich für Filmschnitt bewirbt, sollte wissen wie man schneidet. Was wir bieten sind Möglichkeiten, unter unserem Namen zweckorientierte Geschichten zu erzählen, mit voller Ausstattung von Anfang bis Ende. Und wie sieht es bei Cause Centric Productions mit der Finanzierung aus? Also im Moment arbeite ich schon seit vier Jahren an einem Film über den brasilianischen Amazonas. Ein Teil der Arbeit ist selbstfinanziert, manches sind Spenden, manches ist geliehen. Für den Filmbearbeitungsprozess haben wir einen einzelnen Spender, also das, was man in den USA einen Angel Donor nennt, gefunden, der sich dafür entschieden hat, diesen Prozess zu finanzieren. Wir suchen noch nach genossenschaftlichen und möglicherweise subventionierten Geldern für unsere Promotion-Kampagne. Dafür werden wir auch eine Crowdfunding-Kampagne starten. Glauben Sie, dass kleine Film-ngos den großen PR-Kampagnen und dem Lobbying großer Firmen wie Monsanto oder Nestlé unter diesen Bedingungen etwas entgegensetzen können? Das ist schwierig. Ich würde sagen, ihnen etwas entgegenzusetzen, ist nicht das Ziel. Wenn man nicht dasselbe Budget hat, kann man nicht dieselbe Zahl an Menschen erreichen und typischerweise wird man wahrscheinlich nur sein eigenes Netzwerk erreichen. Und das ist bereits überzeugt von dem, was man tut. Obwohl ich hier wirklich positiv in meiner Antwort klingen möchte, die Wahrheit ist, dass wir durch die Filme nicht einmal unsere Marketingkampagnen refinanzieren können. Es ist eine schwierige Arena, in der wir da spielen.

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Michaela Pichler

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» Naturschutz ist Heimatschutz« ———— über den Braunton in der grünen Szene Gegen Umwelt- und Tierschutz kann niemand etwas sagen. Deshalb tarnen sich Rechtsextreme unter ökopolitischen Inhalten. Was dabei entsteht: Braun-grüne Camouflage.

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Umweltschutz von Rechts

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Unschuldig und frei? Auch die Lebensreform-Bewegung mit ihrem übersteigerten Körperbewußtsein inspirierte Nazis und später NeuRechte im Kampf gegen die »Verhausschweinung des Menschen«.

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n den Schaufenstern eines großen Modekonzerns präsentieren sich Plastik-Mannequins, eingehüllt in echten Pelz – davor demonstriert eine kleine Gruppe Tierschützer, sie verteilen Flyer, eine Frau schreit wütend ins Megaphon und versucht, ignorante Passanten zum Stehenbleiben zu bringen. Szenen wie diese sind nichts Neues, meistens handelt es sich dabei um ein paar lin-

Buchautor auf den Spuren brauner Ökos: Peter Bierl

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Das volls Interview tändige mit d Journalist en Peter Bem ierl ist auf w w w .bior nachzules ama.at en.

ke Aktivisten, die ihren Glauben an ein gemeinsames Besseres noch nicht mit den 1970ern begraben haben. Nichts Besonderes, Umweltschutz ist doch schon immer Thema bei den Linken. Oder etwa doch nicht? Der deutsche Journalist und Buchautor Peter Bierl befasst sich schon seit seinem 17. Lebensjahr mit den Hintergründen grüner Umweltgruppierungen. Als er in den 1980er Jahren den Grünen beitrat (1991 ist er wieder ausgetreten), wuchs sein Misstrauen gegenüber einigen Umweltkollegen und ihren eigentlichen Beweggründen. »Ich fand damals manche Ideen unverständlich, anderes war offensichtlich rechts – etwa wenn Leute sagten, wir dürften keine Ausländer reinlassen, weil das die Umwelt belastet«, erzählt Bierl. Wenn man die Geschichte der Umweltbewegung bis zu ihrer Geburtsstunde zurückverfolgt, verwundern solche rechtsextremen Ansichten kaum. Ihre Grundlage finden sie in der Lebensreform- und Heimatschutzbewegung Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Mit ihnen entstanden die ersten Naturschutzbewegungen, die Landschaft und Lebewesen vor Industrialisierung und Überbevölkerung bewahren sollte. Im Reichstierschutzgesetz von 1933 griffen Nationalsozialisten im Dritten Reich diese ökologischen Überlegungen auf und integrierten sie in ihre menschenfeindliche Ideologie. Die deutsche Rasse sollte damit samt Lebensraum »geschützt werden«. »Diese Verbindung, diese ideologische Affinität und persönliche Beteiligung wurde selbst nach dem Zweiten Weltkrieg nicht aufgearbeitet.« erklärt Bierl. Ehemalige NSSympathisanten schafften es in den 70er Jahren sogar,

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Umweltschutz von Rechts

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66 mit öffentlichen Umweltschutz-Forderungen ihre dunkelbraune Vergangenheit vergessen zu lassen. »Paradebeispiel ist der österreichische Autor Günther Schwab, ein alter Nazi, der den Weltbund zum Schutz des Lebens aufbaute und die zweite Umweltbewegung, die AntiAtom-Bewegung sowie die Grünen in ihrer Gründungsphase beeinflusste.« Ökofaschismus dient hier als Hilfsausdruck – damit sind Gruppen und Personen gemeint, die mit tatsächlichen oder vermeintlichen Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes oder Erkenntnissen der Ökologie antisemitische, nationalistische, rassistische oder sozialdarwinistische Ansichten rechtfertigen.

Der Grund, warum grüne Inhalte immer wieder auch in rechtsextremen Programmen propagiert werden, ist simpel: Mit breit diskutierten Themen wie Atomausstieg, Monokulturen und Genmanipulation landen solche Vertreter trotz rechter Ausrichtung in der Mitte der Gesellschaft. Es fällt schwer, sich einen Aktivisten für Tierschutz vorzustellen, der im nächsten Moment gegen Ausländer, Juden oder Muslime wettert. Durch Öko-Magazine wie Umwelt & Aktiv, die für rechtsextremes Gedankengut auch abseits der Neonazi-Szene sorgen, wird diese Vorstellung Realität – moralischer Dualismus par excellence! Der grüne Tarnmantel, der beispielsweise auch dem Parteiprogramm der npd übergestreift wird, hält einem genaueren skeptischen Blick aber nicht stand: Das Vokabular, das in den Kampagnen immer wieder verwendet wird, lässt altbekannte Argumentationslinien der Rechten erahnen, mit denen Rassismus und Xenophobie in vermeintlichen Umweltinhalten transportiert werden. Von Heimatschutz, Kulturlandschaft und Artenschutz ist da die Rede, die als nationalsozialistische Codierungen besorgte Wutbürger wie auch grüne Aktivisten ansprechen sollen. Mit Parolen wie »Naturschutz ist Heimatschutz« wird gegen alles Fremde Stimmung gemacht – denn der deutsche bzw. österreichische Boden werde als Kulturlandschaft von außen bedroht. Es geht um »die Erhaltung der biologischen Substanz des Volkes«. Peter Bierl klärt an dieser Stelle die Blindheit grüner Nazis auf: »In der Regel sind es, was Bausünden, Umwelt- und Landschaftszerstörung betrifft, heimische Unternehmen, Landwirte und Kommunalpolitiker, die für Neubauten, Gewerbegebiete oder Aussiedlerhöfe sorgen.« Auch in Österreich verschwammen unlängst die Grenzen zwischen Braun und Grün: Als die Supermarktkette Spar Ende 2015 in einigen Wiener Filialen Halal-Fleisch testweise anbot, kam es in Social Media-Netzwerken zu einem Shitstorm. Die muslimische Schlachtungstradition wurde hier von braunen wie von grünen Tierschüt-

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Alter Nazi und früher Anti-Atom-Aktivist: der Österreicher Günther Schwab

zern angeprangert, bis die Supermarkt-Kette unter dem öffentlichen Druck ihr Angebot zurückzog. »Die Kampagne gegen Halal-Fleisch ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Rassismus gegen Muslime in unserer Gesellschaft tief verankert ist und ihm wenig entgegengesetzt wird. Das ist aus meiner Sicht nicht in erster Linie auf eine ökofaschistische Strategie zurückzuführen«, erklärt der Wiener Politikwissenschafter Benjamin Opratko. »Dass sich die Kampagne in diesem Fall gegen eine bestimmte Form der Tierschlachtung gerichtet hat, war völlig willkürlich.« Die eigentliche Message war stattdessen: Rassismus und Xenophobie, notdürftig versteckt hinter Tierschutz-Anliegen.

Hinter die grüne Fassade blicken Aktionen wie der Halal-Fleisch-Shitstorm zeigen, dass rechte Inhalte in vermeintlich »gute« Absichten verpackt alltagstauglich sind und sich in schneeballartiger Manier verbreiten. Das kennen wir schließlich nicht nur vom Umwelt- und Tierschutz, sondern auch von anderen gesellschaftlich-relevanten Themen wie den Frauenrechten, der Religion oder Verteilungsfragen. Auch beim Umweltschutz ist ein ein kritischer Umgang mit den Forderungen in Parteiprogrammen, Kampagnen und Organisationen wichtig. Um menschenfeindliche Ideologien zu enttarnen, muss auch hinter so manche vermeintlich grüne Fassaden geblickt werden.

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glasgeflüster / Sarah Krobath und Jürgen Schmücking

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Goldrausch

illustration Nana Mandl, iStock.com / Plateresca

Zwei innovative Drinks vergolden uns die Vorfreude auf den Sommer.

sarah: »Ein Orangenwein. Kein Orange Wine. Echter Orangenwein!« Neugieriger hätte mich Jürgen nicht machen können. Dass es sich beim Familienbetrieb Naranjas Chè nicht um ein Weingut, sondern Zitrusbauern handelt, die seit fünf Generationen biologisch Orangen, Zitronen und Clementinen in Valencia anbauen, konnte ich also bereits ahnen. Auf der Suche nach einer neuen Produktidee hatten sich die drei Brüder glücklicherweise gegen Marmelade und für den Tarongino entschieden. Wein von Orangenbäumen statt Rebstöcken? Warum eigentlich nicht?! Fruchtsaft, der sich mittels Hefe vergären lässt, liefern beide. Wird anschließend noch die Orangenschale mazeriert, entsteht, nun ja, kein Wein im klassischen Sinn, aber ein frisches, leichtes goldgelbes Getränk mit dem betörenden Duft von Bitterorangen, Honig, Yuzu und einem Hauch Passionsfrucht. Der Tarongino schmeckt nach Sommer und spannt einen herrlichen Bogen von der anfänglichen intensiven Fruchtsaftsüße – die »Nimm 2«-lutschende Kindheitserinnerungen weckt – über die gut eingebundene Säure zum langen, zestig-herben Abgang. Gut gekühlt und wohlgemerkt unverdünnt geht der Orangenwein fast als rassiger spanischer Cousin des Südtiroler Hugo durch. Frei nach »Nimm 2«: Vino und naschen.

jürgen: Rein optisch betrachtet, bietet die Kalê ein faszinierendes Schauspiel. Weil die erste Charge noch unfiltriert auf den Markt kam und der Flaschenboden satt mit feinem Trübstoff bedeckt ist, wirkt die Flasche wie die alkoholische Variante einer Original Wiener Schneekugel. Nur eben in strahlendem Bernstein statt in winterlichem Weiß. Die Flasche ist, um noch kurz beim Optischen zu bleiben, ein großer Wurf. Ein ästhetisch höchst anspruchsvolles Etikett, massive Form, Glasverschluss. Und der Geist in der Flasche? Der bietet ein Potpourri an vertrauten Düften ebenso, wie die eine oder andere Note, die den Genießer erst einmal mit einem Fragezeichen zurücklässt. Aus der Komplexität der Aromen lassen sich klar erkennen: Eukalyptus, Ginko, Zitrusfrucht. Genauer gesagt, es ist nicht irgendeine Zitrusfrucht. Es ist Yuzu und weil die japanische Frucht gern einen vertrauten Partner an der Seite hat, ist auch Matcha im Spiel. Der Rest hat Wirkung. Guaraná (belebt den Geist), Damiana (belebt die Lenden), Baldrian (beruhigt dann wieder). Apropos Libido. Dass der Kalê unfiltriert ist, stimmt nicht ganz. Weil noch kein Schichtenfilter verfügbar war, verwendeten Miriam Strobach und Gregot Einetter einfach einen Damenstrumpf. Welcher Art genau, sei der Fantasie der Leser überlassen.

Woraus: Aperitifglas oder Cocktailschale Wozu: zur Urlaubsplanung – gut möglich, dass diese zugunsten von Spanien ausfällt Mit wem: der sonnenbebrillten besten Freundin

Woraus: Aus einem Double Old Fashioned-Glas, das sich nach oben verjüngt: Unten viel Platz für Eis, oben werden die Aromen im Glas gehalten. Wozu: .. immer, wenn nach dem Dinner auch vor der Liebe ist. Mit wem: Am liebsten mit Kalê selbst, der materialisierten Grazie vom Etikett.

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Für den Schnittlauchkäse wird Almschnittlauch verwendet.

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»mein Sommer in einem GArten« von ChArleS DuDley WArner, GeleSen von lutz mAGnuS SChäfer Einen Klassiker der amerikanischen Gartenliteratur, ursprünglich 1870 in Buchform erschienen und später über 50 Mal neu aufgelegt, hat der ambitionierte Hörbuchverlag Der Diwan hier ausgegraben – und von Lutz Magnus Schäfer einlesen lassen. Höchst vergnüglich wie sich Charles Dudley Warner, ein enger Freund und Nachbar Mark Twains, hier durchs Gartenjahr sinniert. Erzählt er vom Unkrautjäten, der Erdbeerkunde oder Nachbars Hühnern, dann räsoniert er schnell auch über Freundschaft, Moral, Kindererziehung, die Ehe oder Politik. All das ist höchst vergnüglich und will immer wieder von neuem gehört werden. Eine schwere Empfehlung für alle leidenschaftlichen Hobby-, Profi- und Balkon-Gärtner. 168 Minuten Hörgenuss auf drei CDs

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GREEN BRANDS Austria in der dritten Runde

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Die Abschlussfeier - mit Ehrung aller Marken und Veröffentlichung des Buchs der GREEN BRANDS Austria 2016 – findet Ende November in Wien statt. Die aktuell ausgezeichneten Marken sind

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DIY rezept #armeleuteessen

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La cucina povera Lange Zeit waren Bauern in Italien sehr arm und daher gezwungen, aus den wenigen Zutaten, die ihnen zur Verfügung standen, das tägliche Essen zuzubereiten. In der italienischen Arme-Leute-Küche werden aus lokalen Produkten, Essensresten und Pasta einfache, jedoch raffinierte Speisen gekocht. Einige dieser Gerichte haben es in die Speisekarten der Gourmet-Restaurants dieser Welt geschafft. Wieso also nicht aus Saubohnen, Kohlrabi, Broccoli oder Hülsenfrüchten unerwartet köstliche und herzhafte Gerichte kreieren und die Einfachheit des Kochens und Essens genießen? Über Generationen wurde die Cucina Povera mit Einfallsreichtum weiterentwickelt. Die Herausforderung, aus bescheidenen Zutaten Gerichte auf den Tisch zu zaubern, die jeden überzeugen und keine Wünsche offenlassen: Das ist für mich Kochen.

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Parvin Razavi

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Oriechiette mit Brokkoli (6 Personen / Preis pro Portion: € 1,80) » 500 g Oriechiette » 1 Brokkoli, untere Ende vom Strunk entfernen und in nicht zu kleine Röschen schneiden » 1 kleine Zwiebel, sehr fein gehackt » 125 g Crème fraîche » 50 g Parmesan » 125 g Kirschtomaten » 25–30 g geschälte Mandeln, in einer Pfanne anrösten

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Arnold Pöschl

Pasta kochen. 2–3 Brokkoli-Röschen in Streifen schneiden und beiseite legen, den Rest der Brokkoli entweder im Dampfeinsatz garen oder mit etwas Wasser weichkochen. In der Zwischenzeit die Kirschtomaten sowie den in Streifen geschnittenen Brokkoli in einer Pfanne scharf anbraten, bis er bissfest ist und beiseite stellen. Zwiebel in Öl glasig dünsten und anschließend den Brokkoli zufügen und mit einer Gabel zerdrücken. Etwa 100 ml Wasser sowie die Crème fraîche zufügen, alles gut vermengen und kurz aufkochen lassen. Geriebenen Parmesan unterheben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die abgetropften, al dente gekochten Oriechiette mit der Brokkoli-Sauce vermischen und pro Portion mit etwas gerösteten Mandeln, Brokkoli und Kirschtomaten dekorieren. Einen Hauch frisch geriebene Zitronenzeste rundet dieses einfache, aber extrem köstliche Gericht ab.

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Scharfe Knolle, überall Ingwer ist ein sensationell belebender Geschmack voller Schärfe und unverkennbarer Einzigartigkeit. Die Weichei-Variante davon kennen wir als optischen Akzent auf dem Sushibrett. Aber die Knolle kann mehr. Viel mehr.

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Jürgen Schmücking

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rst kam das Root Beer. Das wurde nur innerhalb einer überschaubaren Zielgruppe ein Renner. Dann kam die abgepufferte Variante: Ginger Beer. Die Zahl der Fans wuchs. Der Ingwer schafft nämlich einen meisterlichen Spagat. Die Pflanze wärmt, sagen uns ayurvedische Lehre und Traditionelle Chinesische Medizin. Dadurch belebt sie. Sie belebt aber auch durch Frische und kühlt dadurch den Körper. Vor allem, wenn sie in Kombination mit Kohlensäure oder Zitrusfrucht unterwegs ist. Als Heilpflanze wirkt Ingwer antioxidativ und antiseptisch. Er ist gut für Gelenke, Leber, Darm und Galle. Für Puristen gibt es die Essenz: Ingwerpresssaft. Der sei allerdings nur lupenreinen Ingwerfetischisten ans Herz gelegt. Ob der Ingwer mild oder eher scharf ist, entscheidet der Erntezeitpunkt. Wer Ingwer zu Hause anbauen will, wird schnell feststellen, dass das höchstens als Zierpflanze möglich ist. Die hat zwar eine schöne Blüte, die Wurzelknolle wird in unseren Breiten aber eher kümmerlich. Selbsthandanleger sollten sich mit Knollen vom Bio-Markt eindecken und dann Schneiden, Einlegen, Trocknen, Einkochen, Ansetzen.

1 // Anjola Bio-Ingwer-Zitronenlimonade In den 50er Jahren war Anjola DIE Ananas-Limo schlechthin. Nur, die Zeiten haben sich geändert und Ananas alleine holt niemand hinterm Ofen hervor. Ananas wurde Limette an die Seite gestellt und mit IngwerZitrone ein neues Limo-Schwesterchen auf den Markt gebracht. Bio, fair und ausgesprochen erfrischend. Und aus gutem Hause: Fritz. www.anjola.de

2 // Klosterkitchen, IngwerTRINK Die ersten Chargen vom IngwerTRINK entstanden in hemdsärmeliger Handarbeit. In den großen Töpfen kleiner Küchen wurden mit scharfen Messern große Dinge vollbracht. Gefühlte Tonnen von Ingwerknollen wurden geschält und in Stücke geschnitten. Diese Stücke sind das Herz des Drinks. Der Biss und die Kraft des Ingwertrinks stecken darin. Mixen oder Pur. Egal. Aber trinken. Es wirkt! www.klosterkitchen.com

3 // Sonnentor, Ingwer Kurkuma Latte Kurkuma und Ingwer zu mischen liegt nahe, heißt doch das eine fast wie das andere. Schließlich wird Kurkuma auch gelber Ingwer genannt. Beide sind zentrale Bestandteile der indischen und chinesischen Medizin. Reinigend, vitalisierend. Gut für die Leber. Mithin der perfekte postösterliche Wadlvirerichter nach der Fastenzeit. Dann, wenn die Askese vorbei ist, der Wein wieder besonders gut schmeckt und die besagte Leber demnach besonders viel zu tun hat. Schmeckt übrigens über die Maßen köstlich, diese Latte. www.sonnentor.com

4 // Zwergenwiese, Ingwery Die Brotaufstriche von Zwergenwiese haben mir schon so manchen Messetag auf der BioFach gerettet. Es steht zwar Ingwer-Kokos-Curry drauf, ist aber fürs Brot. Wer will, kann sich natürlich auch ein Curry damit verfeinern. Wie viele Zwergenwiese-Gläser ist der Ingwery auch frei von vielem: Gluten, Lactose, Hefe. Und natürlich vegan. www.zwergenwiese.de

5 // Freshhunter, Bio-LemonIngwer-Salatdressing Auch vegan, auch glutenfrei, auch lactosefrei. Handmade und gentechnikfrei. Nachdem hier nur gerührt wurde, ist auch kräftig zu schütteln. Es könnte sein, dass sich aufgrund fehlender Emulgatoren, Stabilisatoren und Dieselmotoren die Zutaten in der Flasche wieder trennen und sich Trubstoffe absetzen. Die sind aber wichtig für den sensationell frisch-herben Geschmack und gehören vor Genuss durcheinandergewirbelt. Der Salat wird es danken. www.freshhunter.de

6 // Rapunzel, Organic Mints Ginger Sie gehören in jede Aktentasche oder in jeden Rucksack. In die Tasche vom Fahrradsattel oder ins Ablagefach vom Auto. Ins Handgepäck und in den Schultasche von Kindern, die gerade am Sprung ins Nichtmehrganzkindsein sind. Mints sind Essenz. Jetzt auch in Ingwer. Der Rohrzucker dafür kommt aus Paraguay und ist fair getradet. www.rapunzel.de

7 // Allos, Ingwer-Honig Ingwer mit Honig zu verbinden, ist eine Innovation. Allerdings ist der Grundgedanke mehr als schlüssig. Für viele ist der scharfe Ingwer mit seinem markanten Eigengeschmack einfach zu markant und zu scharf. Im Tanz mit Honig übernimmt der Honig das süße Kommando. Der Honig sorgt dafür, dass die Geschichte rund ist. Der Ingwer macht eigentlich ganz was anderes und gerade deshalb in der außergewöhnlichen Kombination keine üble Figur. www.allos.de

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Natürliche Reisebegleiter text

Sylvia Buchacher

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Erli Grünzweil

Auch wenn der Sommerurlaub noch etwas auf sich warten lässt, laden die verlängerten Frühlingswochenenden bereits zu entspannten Kurztrips ein. Mit diesen praktischen Reise-Sets kann sich auch die Haut so richtig erholen.

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ir alle kennen das Problem: der nächste Urlaub steht vor der Tür und man ist beim Packen bereits so gestresst, dass man wichtige Dinge oft zuhause vergisst. Doch um die Haut auch in den Ferien optimal zu pflegen, sollte man auf alle Fälle die richtigen Beauty-Produkte mitnehmen. Gerade während langer Flüge oder bei extremen Klimaveränderungen leidet unsere Haut ganz besonders und benötigt noch mehr Aufmerksamkeit als sonst. Ein gut abgestimmtes, intensives Pflegeritual bringt sie wieder ins Gleichgewicht und schützt gleichzeitig vor zunehmenden Umweltbelastungen. Zum Glück ermöglicht die immer größer werdende Auswahl an Naturkosmetik in Reisegrößen auch im Urlaub, nicht auf seine Lieblingsprodukte verzichten zu müssen. Mit diesen kompakten Reise-Sets kann man die freien Tage schön und entspannt genießen.

1 // KLARE LINIE Feuchtigkeit pur verspricht das Travel Kit Face Moisturizing von Susanne Kaufmann. Die sechs enthaltenen Produkte haben insgesamt nicht mehr als 95 ml Fassungsvermögen und können, dank des durchsichtigen Flugbeutels, gleich direkt auf das Förderband gelegt werden. Tipp: Während eines Langstreckenflugs die Feuchtigkeitsmaske auftragen. www.susannekaufmann.com

2 // HOLIDAY HAUT Mit den Travel Basics von Kahina Giving Beauty kommt man mindestens drei Wochen aus und muss sich im Urlaub keine Gedanken über Nachschub machen. Die Hautpflege-Serie auf Arganöl-Basis kann in kalten und warmen Klimazonen verwendet werden. Ecocert-zertifiziert. www.amazingy.com

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3 // AFRICAN BEAUTY Die südafrikanische Naturkosmetikmarke Esse bietet je nach Hautbedürfnis zwei verschiedene Reise-Sets. Im Oily / Combination Trial Pack befinden sich zwei verschiedene Cleanser, ein Toner, ein Peeling und ein Moisturiser. Ecocert-zertifiziert. www.esseskincare.com

4 // GUTES GEFÜHL Die Produkte von Stop The Water While Using Me! pflegen auf sanfte Weise und fordern gleichzeitig zum Wassersparen auf. Das Travel Kit enthält Shampoo, Conditioner, Body Lotion, Shower Gel und einen Handcreme. www.stop-the-water-while-using-me.com

5 // GLOW TO GO Wenn man sich die luxuriöse, aber gleichzeitig minimalistische Verpackung des Grown Alchemist Travel Kit anschaut, versteht man, warum die Marke im vergangenen Jahr den Wallpaper Design Award gewonnen hat. www.niche-beauty.com

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elternalltag / Ursel Nendzig

Das Klo wurde im Lauf der Zeit ein Bestandteil unseres Alltags, ein offener Ort, an dem alle jederzeit willkommen sind. Das hatte Folgen, große.

illustration Katharina Hüttler / agentazur.com

Die GröSSte

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»Natürlich kommen die Söhne auch manchmal zu mir aufs Klo, weil sie einfach dabei zuschauen wollen.«

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eit der große Sohn zur Welt gekommen ist, ist die Klotür offen. Ausnahmen gibt es, wenn Besuch da ist zum Beispiel oder wenn ich heimlich auf meinem Smartphone herumsurfen möchte. Ansonsten ist das Klo inzwischen vom versteckten Örtchen zum, ich möchte fast sagen, gesellschaftlichen Mittelpunkt unserer Wohnung aufgestiegen. Erst war da dieses Baby, das ich immer was fehlt. Ich konnte ihn zwar etwas beim Blick haben wollte und deshalb die Türe (daruhigen, als ich ihm klarmachte, dass er mals nur einen Spalt) offenließ, um seine Vitalzeimir nicht ins Klo gefallen wäre und wir chen zu überwachen. Vollkommen sinnlos, denn sofort danach suchen müssten, musste aber trotzdem feststellen, dass er mich das Geschrei, sobald ich den Raum verließ, ließ keinen Zweifel daran, dass es noch lebte. Später seither mit anderen Augen betrachtete. Je länger ich darüber nachdenke, desto klarer schrie er nicht mehr, sondern krabbelte gleich wird mir, was da plötzlich so anders war in hinterher. Und mittlerweile ist es so, als würde seinem Blick: es war Mitleid. ich mich nicht aufs Klo zurückziehen, sondern eher so, als würde ich mich statt auf das Sofa Mitleid, weil ich nur eine Scheide habe, eben auf ein anderes Sitzmöbel setzen. Eines, wohingegen er, sein Bruder, sein Vater, seine Cousins und alle anderen Kinder, die er bisher das zufällig ein Loch in der Mitte hat. Nur beim Pinkeln beobachtet hatte, stolze Besitzer weil ich aufs Klo gehe, ist das für die Söhne noch lange kein Grund, ein Gespräch zu eines Pimmel sind. Nun war da also dieses unterbrechen oder nicht zu zeigen, wie das Mitleid, das zwischen uns stand und mit jedem Mal, das ich betonte, wie froh ich doch darüber Legomännchen die Schaufel hält, nicht den sei, eine Scheide zu haben, zog es mich tiefer in Bruder zu verpetzen oder mich nicht aufzufordern, einen Knoten zu lösen, Tixo den Sumpf der Rechtfertigung und wurde nur mit abzureißen, einen Kaugummi vorzukaunoch mehr Mitleid übergossen. Dieses Mitleid en oder eine Verletzung zu begutachten. gipfelte an einem Abend darin, dass ich das KomNatürlich kommen die Söhne auch pliment meines Lebens bekommen habe, direkt aus manchmal zu mir aufs Klo, weil sie dem Mund meines großen Sohnes. Beim Abendeseinfach dabei zuschauen wollen. Hose sen ging es wie üblich darum, wer einen Pimmel runter, hinsetzen, abwischen, mit der hat, wer nicht (Ich! Ich! Ich!) und welcher länger ist. Mein Schweigen dazu wurde wohl als Trauer missinBürste nacharbeiten, finden sie alterpretiert. Denn dann kam es direkt aus ihm heraus, les wahnsinnig spannend. Dauerte natürlich nicht lange, bis der große aus Mitgefühl geboren und auf einer aufmunternden Sohn entsetzt und, wie ich sagen Welle des Bedauerns schwimmend: »Mama, du hast die muss, bedauernd feststellte, dass größte Scheide der Welt!« Oh. Ich danke dir, du Pimich keinen Pimmel habe. Dass mir melchen.

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die welt, die wir uns wünschen

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von wolfgang smejkal

EINE SCHWEINISCH GUTE IDEE nachdem eine eu-verordnung tierische lebensmittelabfälle im schweinefutter untersagt, ist der anbau von genmanipulierten futtermitteln massiv gestiegen. das möchten tristram stuart und seine mitstreiter von »the pig idea« rückgängig machen. Seit Jahrtausenden fressen Schweine die Speisereste, die der Mensch übrig lässt. Sie enthalten Eiweiß und Energie sowie weitere wertvolle Inhaltsstoffe und werden mit anderen Nebenprodukten vermischt verfüttert. Seit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche 2001 in Großbritannien verbieten einschlägige EU-Verordnungen die Fütterung von Schweinen mit allem Tierischen. Auch tierische Fette oder synthetisch hergestellte Öle dürfen nicht mehr verfüttert werden. Nun haben Forscher an der University of Cambridge untersucht, was geschehen würde, wenn die EU das Verbot aufheben würde und man wieder Speisereste verfüttern würde, die mithilfe neuer Technologien hitzebehandelt

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wurden. Das Ergebnis: 90 Mio. Tonnen überschüssiges Essen könnten verfüttert, 20.000 km² Anbaufläche anderweitig genutzt und die Kosten für die Fütterung halbiert werden. Tristram Stuart, Buchautor und engagierter Aktivist gegen die Lebensmittelverschwendung, hat mit »The Pig Idea« eine Kampagne gegründet, die sich nichts weniger als die europaweite Wiedereinführung der Verfütterung von Speiseresten an Schweine auf ihre Fahnen geschrieben hat. Wie er dazu gekommen ist, hat er biorama persönlich erklärt. biorama: Worauf möchte die Kampagne »The Pig Idea« aufmerksam machen? tristram stuart: Schweine sind seit Tausenden von Jahren effiziente Recycler an der Seite des Menschen – in einem ganzheitlichen und nachhaltigen Kreislauf. Durch die Aufhebung des Fütterungsverbots könnten zwei Millionen Hektar Ackerland, welches derzeit für die Produktion von Getreide und Soja als Schweinefut-

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ter genutzt wird, wieder der Produktion von menschlicher Nahrung zugeführt werden. Gleichzeitig ließen sich Millionen Tonnen Lebensmittelreste über den Schweinemagen nachhaltig verwerten, die derzeit im Müll landen. Wenn sich die EU-Verordnung auch nicht so schnell ändern läßt – gibt es Lebensmittelüberschüsse, die man heute schon legal verfüttern darf? Ja, und wir praktizieren das auch schon. Die Bedingung dafür ist, dass die überschüssigen Lebensmittel nicht mit tierischen Produkten in Berührung gekommen sind. Einige Hersteller bieten bereits die Lieferung derartiger Chargen an die Tierzüchter an, aber es ist auch Teil unserer Kampagne, dass das zur Norm für die gesamte Lebensmittelindustrie wird. Für tierische Speisereste aus der Gastronomie und den Großküchen ist ein zusätzlicher Erhitzungsprozess auf über 80 Grad notwendig, um den Schutz vor möglichen Seuchen zu gewährleisten. Seit der EU-Verordnung 2001 sind die Sojamehl-

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Importe nach Europa drastisch gestiegen und viele kleinere Schweinemast-Betriebe mussten aufgrund der höheren Kosten zusperren. Welche Auswirkungen hätte eine Freigabe der Überschuss-Fütterung auf diesen Markt? Die überwiegende Mehrheit der weltweiten Soja-Produktion wird inzwischen von wenigen multinationalen Konzernen kontrolliert. Auch wenn ihre Geschäftsmodelle häufig resistent gegen lokale Gesetze scheinen, so sind sie doch sehr empfindlich für öffentliche Kritik an ihren Verstößen gegen den Umweltschutz und die Menschenrechte. Wir hoffen, dass die umweltfeindlichen und unsozialen Praktiken dieser Industrie ans Tageslicht kommen, wenn das Thema mehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt.

Das vollständige Interview gibt es unter www.biorama.eu/the-pig-idea

Bild The Pig Idea, Karolina Webb

Schweine sind seit Tausenden von Jahren effiziente Recycler an der Seite des Menschen – in einem ganzheitlichen Tristram Stuart, »The Pig Idea« und nachhaltigen Kreislauf.

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GREGORIANISCHE MORAL / Diana Gregor

Routine zeichnet sich durch Alltagshandlungen aus, die so selbstverständlich scheinen, dass sie keinerlei Hinterfragens bedürfen. Was passiert jedoch, wenn wir den Monotonieladen ein bisschen aufmischen?

illustration Katharina Hüttler / agentazur.com

Murmeltier im Hamsterrad

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etztlich sind wir alle gleichermaßen simpel gestrickt. Was wir kennen, das gibt uns Sicherheit. Was wir positiv konnotieren, das gilt als erstrebenswert. Und was Leistung erfordert, das muss Anerkennung ernten. Schnell ist geil; flexibel heisst Trumpf; ungebunden statt verpflichtet; kurzfristig, nicht vorausschauend; Stillstand – das meint Exitus. Die Rechnung ist tatsächlich so einfach. Denn das Leben war noch nie so schnell wie in diesem Augenblick: Wir klicken und bekommen ökologisch korrekt flugs ein glutenfreies Abendessen geliefert, wir swipen und werden blitzartig mit unserem Traumpartner Ausprägung – hat ihren Preis. Und der gematched, wir scrollen und »er-fahren« auf wungeht oft an die Grenzen unserer Bedersame Weise das Weltgeschehen. Praktisch, qualastbarkeit und auf Kosten der menschdratisch, das tut gut. Problematisch lediglich, dass lichen Psyche. Die Anforderungen an wir das alles nie wirklich in Frage stellen. ununterbrochene Erreichbarkeit und beUnd so kam es auch, dass Mobilität per se dingungslose Flexibilität im Berufsalltag mittlerweile wünschenswert und beispiellos ist. haben zur Folge, dass wir rastlos geworden sind. Und insgesamt eine Zumutung. Und zwar vor allem als Persönlichkeitsmerkmal, Sklaven des eigenen Stolperschritts. Kurznicht etwa als Accessoire. Mobilsein steht für fristige Bindungen im Beruflichen wie im geistige Beweglichkeit, Rhythmus und DynaPrivaten sind die wohl negativsten Effekte mik. Für Einsatzbereitschaft und Engagement. von Veränderungsdrang auf Basis morbid Alles Eigenschaften, die man am besten in gearteter Mobilität. Wer heute fünf Jahre in ein Bewerbungsschreiben packt, um den einem Betrieb arbeitet, muss sich rechtfertiJob letztlich an Land zu ziehen. Mobilität, die eierlegende Wollmilchsau. Das Gegengen, weshalb er sich nicht bewegt hat. Wie vieteil dessen – nämlich Immobilität – wirkt le Beziehungen kennen wir, die dem Druck des Berufslebens trotzen und dauerhaft Bestand haüberholt, altbacken,unzeitgemäss und unben? Ausgeprägte Mobilitätsbereitschaft fördert sexy. Wer also privat und beruflich Erfolge einheimsen will, der muss Flexibilität und die Karriere. Gleichzeitig verhindert eine hohe Umtriebigkeit an den Tag legen. Trägheit Intensität an beruflicher Mobilität die Gründung nämlich bleibt auf der Strecke. Und sieiner Familie. Dilemma deluxe. gnalisiert, dass man den sozialen und Was also tun, um in diesem bestehenden System professionellen Wettkampf nicht für zu bestehen? Zauberformel gibt es keine. Hilfreich sich entscheiden konnte. Machst du und wichtig ist jedoch mit Sicherheit, sowohl im keinen auf mobil, bist Du automatisch Alltag als auch im Alter, mobil in der Marille zu bleiVerlierer. ben. Denn nur wer den Geist stetig schärft und für Diese Schlussfolgerung mag zwar etwaige Zeichen der Überforderung und Überreizung polemisch klingen, ist aber nahe wachsam bleibt, kann einen gesunden Weg zu Mobian unserer Realität dran und dalitätsanforderungen und anderen modernen Gesellmit nicht ganz ungefährlich. Denn schaftsentwicklungen finden. Schliesslich meinte schon Mobilität – in ihrer gegenwärtigen Aristoteles: »Das Leben besteht in der Bewegung.«

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