5 minute read

Der Unterausschuss für Jagdliches Brauchtum: ”Das unterscheidet uns von der bloßen Fleischgewinnung!“

UNTERAUSSCHÜSSE DES OÖ LANDESJAGDVERBANDES

Ein Unterausschuss ist eine Gruppe von besonders interessierten Menschen, die zu einem speziellen Teilgebiet den Entscheidungsträgern Vorschläge, Details, Studien oder Tipps geben, damit diese fundiert richtungsweisende Entscheidungen treffen können. Der OÖ Landesjagdverband hat – beschlossen durch den Landesjagdausschuss – verschiedene Unterausschüsse eingerichtet und deren Mitglieder bestellt, damit diese sich mit der jeweiligen Thematik tiefer und professionell auseinandersetzen. Die Ergebnisse dienen der Entscheidungsfindung des obersten Gremiums des Landesjagdverbandes sowie dem Landesjägermeister.

DER UNTERAUSSCHUSS FÜR JAGDLICHES BRAUCHTUM ”DAS UNTERSCHEIDET UNS VON DER BLOSSEN FLEISCHGEWINNUNG!“

Welche Ziele verfolgt der Unterausschuss für das jagdliche Brauchtum, mit welchen Themen beschäftigt er sich aktuell? Der Vorsitzende, BJM Rudolf Kern, nimmt im Interview mit dem Oö Jäger dazu Stellung.

Du bist seit 15 Jahren Vorsitzender im Unterausschuss für jagdliches Brauchtum und seit sieben Jahren auch Landesobmann der oö. Jagdhornbläser. Da stellt sich – nicht nur aus Namensgründen – die Frage: Ist Jagdhornblasen für dich der Kern der Jagdkultur? Rudolf Kern: Jagdliches Brauchtum ist mehr als Jagdmusik, aber selbstverständlich ist das Jagdhornblasen ein ganz wesentlicher Teil dieses Brauchtums. Die mehr als 70 oö. Jagdhornbläsergruppen mit rund 1.000 Aktiven sind nicht nur unverzichtbare Träger der Tradition, sondern auch überzeugende Botschafter und Aushängeschilder der Jagdkultur in der nichtjagenden Bevölkerung. Gemeinsam mit Landeshornmeister Franz Kastenhuber sehe ich es als meine Aufgabe, dieses kulturelle Erbe bestmöglich zu fördern und weiterzutragen.

Foto: P. Mayr

BJM Rudolf Kern

Vorsitzender Unterausschuss für Jagdliches Brauchtum

Wie beurteilst du die musikalische Entwicklung der Jagdhornbläsergruppen? Viele Jagdhornbläserinnen und Jagdhornbläser sind heute dank der Landesmusikschulen besser ausgebildet. Ich begrüße es sehr, dass zahlreiche Gruppen auch Herausforderungen im konzertanten Bereich suchen und großartige Leistungen zeigen. Der ureigenste Kern des Jagdhornblasens ist und bleibt aber die Umrahmung des örtlichen jagdlichen Geschehens, alles andere ist Zugabe. Und ich möchte betonen: Nicht das musikalische Niveau hält eine Gruppe zusammen, sondern die Kameradschaft. Daher sollten die jeweiligen Verantwortlichen auch darauf schauen, die Entwicklung so zu gestalten, dass alle Beteiligten mithalten können.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs bei den Jagdhornbläsergruppen aus? Junge Leute haben heute ein breites Freizeitangebot. Oft sind sie in mehreren Bereichen engagiert und haben Bedenken, ob sie genügend Zeit für das Jagdhornblasen aufbringen können. Jene Gruppen, die sich gut präsentieren, tun sich auf jeden Fall leichter, neue Mitglieder zu finden. Das Interesse am Jagdhornblasen ist auch regional durchaus unterschiedlich, das sind gewachsene Strukturen. So haben wir zum Beispiel allein im Raum Steyr 16 Gruppen. Junge Jagdhornbläser müssen übrigens noch keine Jäger sein, das ginge aus Altersgründen oft auch gar nicht. Sie sollten aber nach spätestens drei Jahren die Jagdprüfung ablegen.

Brauchtum steht – nicht nur in der Jagd – oft im Spannungsfeld zwischen der überlieferten Tradition und neuen Entwicklungen. Wie sollen Jägerinnen und Jäger damit umgehen? Brauchtum darf sich verändern. Manches, was früher gegolten hat, ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Ein Beispiel: Natürlich kremple ich heute die Hemdsärmel auf, wenn ich ein Stück Wild aufbreche. Auch hinsichtlich der Wildbrethygiene ist manche Regel von einst längst überholt. Das heißt aber nicht, Neuerungen auf Biegen und Brechen zu übernehmen, weil man glaubt, damit modern zu sein. Traditionen sind ein einigendes Band zwischen den Generationen, und manche sind für die Jagd existenziell wichtig, um nicht zu sagen ein Dogma. Eine Erlegung bestimmter Wildarten ohne Beutebruch und Letzten Bissen, eine Gesellschaftsjagd ohne ordentliche Streckenlegung, und zwar unabhängig von der Stückzahl – das ist für mich undenkbar. Dieses jagdliche Brauchtum unterscheidet uns von der bloßen Fleischgewinnung. Es ist Ausdruck der Ehrfurcht vor der Kreatur und zeigt, dass sich der Jäger bewusst ist, der Natur ein Leben entnommen zu haben.

Jagdliches Brauchtum ist also zu Recht auch heute noch ein Prüfungsfach der Jagdprüfung? Auf jeden Fall. Es regelt im Zusammenspiel mit der Weidgerechtigkeit unser Verhalten gegenüber dem Wild, und es prägt unser Verhältnis zum Mitjäger. Das darf uns nicht abhandenkommen. Auch die Bevölkerung sieht sehr genau, wie wir das handhaben. Wichtig ist dieses Wissen außerdem, um zu verhindern, dass Bräuche, die bei uns nicht üblich sind, „eingeschleppt“ werden. Das Umdrehen des Standesbruchs, das bei Begräbnissen immer wieder festzustellen ist, ist so ein Beispiel. Nicht zuletzt ist auch die Jägersprache ein wertvolles Erbe und mit ihren bildhaften Ausdrücken ein Fundament, auf dem wir Jägerinnen und Jäger uns optimal verständigen können. Das heißt aber nicht, sie mit Gewalt in das Alltagsleben zu übernehmen, da ist sie nicht angebracht.

Wie vertragen sich Brauchtum und neue Technik bei Waffen und Optik? Moderne Technik eröffnet neue Möglichkeiten, die in bestimmten Situationen sinnvoll und nützlich sein können. Sie birgt aber auch die Gefahr, dass die weidgerechten Jäger weniger werden – und die Schießer mehr. Jagdleiter und Lehrprinzen haben deshalb eine noch größere Verantwortung, Jungjägern zu verdeutlichen: Es stimmt nicht immer, dass ein Jäger umso besser ist, je mehr Beute er macht. Letztlich ist Jagd ohnehin Charaktersache, sie bringt das wahre Wesen eines Menschen an den Tag.

Am Thema Tarnanzug oder Loden, Kappe oder Hut kommen wir in einem Interview über Brauchtum auch nicht vorbei. Manche Jagdarten können ein bestimmtes Outfit erfordern, wenn ich etwa an die Krähenjagd denke. Da geht’s ums Nicht-Gesehen-Werden. Aber grundsätzlich sollten wir uns schon fragen, wie wir gesehen werden wollen, und zwar von der Gesellschaft. Klar ist für mich: Als alpenländische Jäger sollten wir einen Hut tragen – jeder und jede findet einen zum Gesicht passenden. Und Blue Jeans sind bei jagdlichen Veranstaltungen absolut unpassend, ein echtes No-Go. An so etwas dürfen wir uns nicht gewöhnen. Verbieten oder durch Richtlinien regeln lässt sich das natürlich nicht. Machen wir lieber positiv Stimmung für das richtige „Jagagwand“.

Wir haben eingangs vom hohen Stellenwert des Jagdhornblasens gesprochen. Das jagdliche Singen scheint dagegen ein wenig in Vergessenheit zu geraten, wenn man sich bei jagdlichen Anlässen so umhört. Ich komme selbst aus einem Jägerhaus, in dem seit jeher viel gesungen wurde. Umso bedauerlicher finde ich es, dass es bei vielen jungen Jägerinnen und Jägern nicht mehr der Fall ist. Deshalb hat unser Unterausschuss ein Gesangsbuch gestaltet, in dem neben traditionellen Jägerliedern auch neueres Jagdliedgut für ganz Oberösterreich zu finden ist. Wichtig ist auch, die regionalen Jagdlieder zu erhalten. Deshalb überlegen wir, über die Jagdhornbläser-Schiene und natürlich in Abstimmung mit den betreffenden Bezirksjägermeistern in den Bezirken oder Landesvierteln offene Singen für alle Interessierten zu veranstalten und so diese Traditionen wieder aufzufrischen.

Wie siehst Du die Zukunft des jagdlichen Brauchtums in Oberösterreich? Wir haben in unserem Bundesland und im gesamten alpenländischen Raum zum Glück eine reichhaltige Jagdkultur, die lange zurückreicht. Auf diese Wurzeln sollten wir nicht vergessen, sondern sie pflegen und zeitgemäß in die Zukunft weitertragen.

Mitglieder im Ausschuss für das jagdliche Brauchtum: (in alphabetischer Reihenfolge)

BJM Rudolf Kern Ferdinand Binder Christoph Eder BJM Anton Helmberger Ing. Franz Kastenhuber Dr. Wolfgang Kronsteiner Walter Landl Ludwig Ortmaier Gertraud Pernkopf

OÖ LJV AUF INSTAGRAM

instagram.com/ ooe_landesjagdverband