Universitäres Tierspital – Jahresbericht 2019

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2019

Jahresbericht Universitäres Tierspital



Inhalt

Aus der Geschäftsleitung 2019 – ein Jahr des Wandels zum Wohl unserer Patienten

Departement Klinische 8

Diagnostik und Services Interview mit der Departementsleiterin 47

Auf einen Blick Zahlen und Fakten

4-7

48

Die Spitalapotheke

50

Antibiotika-Allergie 52

Forschung

Unser Thema des Jahres Blick in den neuen Notfall

Rätsel um ein Kaninchen

Epilepsie bei Hunden 11

60

Schweine und Antibiotika

62

Überraschende Pferdestudie

64

Kampf gegen Leukämie

66

Forschungsprojekte | Forschungspreise 68

Aus den Departementen

Lehre und Weiterbildung

Departement Kleintiere Interview mit dem Departementsleiter 18 20

Studieren am Tierspital

Athleten auf vier Pfoten

22

Weiterbildungsprogramme 72

Unterstützung für Archies Herz

24

Ein Wildvogel fliegt wieder

26

Gemeinsam gegen Krebs

Departement Nutztiere

71

Organisation

Interview mit dem Departementsleiter 29

Geschäftsleitung 78

Bedrohte Ziegenrassen

Organigramm 80

30

VIP-Behandlung 32 Haileys Welpen

34

Der Kälbergesundheitsdienst

36

Öffentlichkeitsarbeit

Departement Pferde

Medienspiegel 83

Interview mit dem Departementsleiter 39

Öffentlichkeitsarbeit 85

Sehnenverletzungen verhindern

40

Einzigartige Augenoperation

42

Gesunder Pferderücken

44

Elektroschock ins Herz

44

Impressum 86


Zahlen und Fakten

Über uns Das Universitäre Tierspital Zürich umfasst alle klinischen Bereiche der Vetsuisse-Fakultät und ist Teil der Universität Zürich. Das Tierspital steht für umfassende Veterinärmedizin, veterinärmedizinische Forschung und die klinische Ausbildung von Studierenden der Veterinärmedizin.

Das Tierspital repräsentiert in seinem Einzugsgebiet die höchste veterinärmedizinische Versorgungsstufe. Mit mehr als 400 Mitarbeitenden werden die Patienten an 365 Tagen rund um die Uhr versorgt. Für Notfälle und Patienten, die eine 24/7-Betreuung benötigen, steht die neue Abteilung für Notfall- und Intensivmedizin zur Verfügung.

Anzahl Patienten im Jahr 2019 Tierarten

Zoo-, Heim- und Wildtiere

Katzen

5%

Pferde

25%

14% Rinder

8%

übrige Nutztiere

21 824

Hunde

46%

Total Patienten

geplante Termine

62%

4

Tierspital  Jahresbericht 2019

Notfälle

38%

2%


Zahlen und Fakten

Anzahl Kunden nach Geographie im Jahr 2019

43%

Kanton Zürich ohne Stadt Zürich Restliche Schweiz ohne Stadt und Kanton Zürich

19% Stadt Zürich

33%

5%

Ausland

13 730

DE 67%

Total Kunden

AT 8%

FR 10% IT 8%

Übrige Länder 7%

Tierspital  Jahresbericht 2019

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Zahlen und Fakten

Finanzen

Anzahl Studierende und Abschlüsse

Ertrag nach Herkunft

Anzahl Studierende

8%

18%

Sonstige Dienstleistungen

Drittmittel*

74%

Bachelor

Master

Doktorat

37%

25%

38%

736

Anzahl Studierende nach Geschlecht

Medizinische Dienstleistungen

*Drittmittel von Bundesstellen, ETH, Wirtschaft und Privaten

85%

15%

623 Frauen

736

113 Männer

Ertrag aus medizinschen Dienstleistungen

9%

Tierhaltung Diverses

Anzahl Abschlüsse

22%

Röntgen Computertomographie Labor

45%

Behandlungen Operationen Anästhesien

24%

Medikamente med. Material

Betriebskosten nach Kostengruppen*

12%

10%

Übriger Aufwand

Betriebsmaterial Medizinisches Material Medikamente

78%

Personalaufwand *Ohne Finanz- und Infrastrukturkosten

6

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Eidg. Tierarztdiplom Bachelor

Master

23%

24%

Doktorat

21%

32%

231


Zahlen und Fakten

Anzahl Mitarbeitende per 31.12.2019* Total 403

Angebotene medizinische Fachrichtungen

4%

41%

Professuren

Admin. und technisches Personal

55% Wissenschaftliche Mitarbeitende

Nicht enthalten sind 9 Lernende und 5 Praktikantinnen und Praktikanten

Frauen

46%

52%

2% 285

Männer

31%

60%

9% 118

Departement für Kleintiere

8%

85%

7% 104

Departement für Nutztiere

15%

79%

6%

71

Departement für Pferde

20%

74%

6%

49

Departement für Klinische Diagnostik und Services

44%

52%

4%

73

Stab & Pflege

106 Administratives und technisches Personal

Wissenschaftliche Mitarbeitende

Kleintiere • Allgemeine Innere Medizin • Gastroenterologie • Endokrinologie • Nephrologie / Urologie • Kardiologie • Dermatologie • Notfall- und Intensivmedizin • Zahnheilkunde • Chirurgie (Orthopädie, Weichteilchirurgie, Neurochirurgie) • Neurologie • Radio-Onkologie • Ophthalmologie • Kleintierreproduktion • Physiotherapie • Infektionskrankheiten • Verhaltensmedizin Nutztiere • Medizin • Chirurgie • Grosstierreproduktion • Andrologie und assistierte Reproduktion • Schweinemedizin • Ambulanz und Bestandesmedizin • Ophthalmologie Pferde • Medizin • Chirurgie • Sportmedizin • Ophthalmologie Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere • Ambulante und stationäre Behandlungen von Reptilien, Vögel und Kleinsäuger • Edoskopie, Chirurgie, Zahnbehandlungen • Betreuung der Tierbestände am Zoo Zürich, Wildnispark Zürich und Wildpark Bruderhaus Klinische Diagnostik und Services • Bildgebende Diagnostik • Veterinärmedizinisches Labor • Anästhesiologie • Apotheke

Professuren

*nach Köpfen

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Bericht der Finanzdirektorin und des ärztlichen Direktors als Vorsitzende der Geschäftsleitung

2019 – ein Jahr des Wandels zum Wohl unserer Patienten Nachdem im Jahr 2018 die neue Organisationsstruktur des Tierspitals eingeführt wurde und wir zahlreiche Projekte angestossen haben, war 2019 das Jahr der Umsetzung, des Wandels und des Aufbruchs. Dazu haben alle Mitarbeitenden des Tierspitals mit vollem Einsatz und enormem Engagement beigetragen. Die Weiterentwicklung unseres Dienstleistungsangebotes ist ein ständiger strategischer Schwerpunkt und eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres war die Eröffnung des neuen Notfalls Kleintiere am 1. Juli 2019. Die Abteilung wurde mit einer eigenen Leitungsperson mit grosser Erfahrung in der Notfall- und Intensivmedizin verstärkt. Zudem haben wir neue Räumlichkeiten eingerichtet und sowohl die Angebotspalette wie auch die Prozesse des Notfallbetriebes komplett überarbeitet. Mit diesem neuen Service erweitern sich auch die Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Assistenzärztinnen und -ärzte. Das Ansehen des Tierspitals ist zentral für unseren Erfolg, der auf langjähriger Erfahrung und Innovationskraft in allen Bereichen von Dienstleistung, Forschung und

Lehre beruht. Es ist unser Ziel, die erbrachten Leistungen stetig weiterzuentwickeln und die unterliegenden Prozesse zu optimieren. Dieser Herausforderung hat sich das Universitäre Tierspital im vergangenen Jahr besonders intensiv gestellt. Mehrere Arbeitsgruppen haben sich der Verbesserung sowohl der klinischen wie auch der administrativen Prozesse angenommen. Im Fokus waren unter anderem die Verkürzung der Wartezeiten zwischen verschiedenen Untersuchungen, die Verkürzung der Hospitalisationsdauer, die Steigerung der Qualität sowie eine verbesserte Kostentransparenz für die Tierbesitzer. Ausserdem sollte bei planbaren Behandlungen und Eingriffen schneller ein Termin angeboten werden. Im vergangenen Jahr konnten wir in all diesen Bereichen deutliche Fortschritte erzielen. Vision und gelebte Kultur Im Zentrum unserer Vision und gelebten Kultur steht der Patient: Jederzeit auf höchstem Niveau und mit Leidenschaft für das Tier.

Der ärztliche Direktor Patrick Kircher und die Finanzdirektorin Beatrice Gasser.

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Tierspital  Jahresbericht 2019


Bericht der Finanzdirektorin und des ärztlichen Direktors als Vorsitzende der Geschäftsleitung

Das Tierspital bietet Exzellenz und Innovation in der veterinärmedizinischen Diagnostik, Therapie, Patientenbetreuung, Forschung und Lehre. Wir betreiben Tiermedizin nach den neusten Erkenntnissen der Wissenschaft und bieten unseren Kunden ein umfassendes Angebot für sämtliche veterinärmedizinische Anliegen bei allen Tierarten. Das Wohlergehen unserer Patienten steht für uns im Mittelpunkt. Hohe Integrität, persönlicher Kundenkontakt, optimale Patientenbetreuung und herausragende Qualität bilden den Kern unserer Unternehmenskultur sowie die Basis für unseren Erfolg und für die Gesundheit unserer Patienten. Strategische Erfolgsfaktoren Das Tierspital zeichnet sich dadurch aus, dass neben der breiten Ausrichtung auf alle Tiere eine umfassende Tiefe des Fachwissens und eine moderne Infrastruktur in allen medizinischen Fachrichtungen angeboten werden kann. Dank diesen technischen Möglichkeiten und dem gebündelten Fachwissen können unsere Spezialisten auch Tiere mit sehr schweren Verletzungen und Krankheiten oder mit seltenen Erkrankungen behandeln. Laufend überprüfen und erweitern wir die medizinischen Leistungen für unsere Patienten und optimieren die spitalinternen Prozesse. Und wir wollen weiter auf unseren Stärken aufbauen. Es ist unser Ziel, die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Kliniken und Abteilungen zu verstärken und die Umsetzung von neuen Erkenntnissen aus der Forschung im klinischen Betrieb noch mehr zu vereinfachen. Unser Beitrag für Tierbesitzer Mehr als 13 000 Tierbesitzerinnen und -besitzer schenkten uns im Jahr 2019 ihr Vertrauen und haben ihr Tier ins Universitäre Tierspital zur Behandlung gebracht. Der Dienstleistungsbetrieb bietet unseren ambulanten und stationären Patienten das ganze Spektrum der medizinischen Versorgung aus einer Hand. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus abgedeckt – von Geburtsvorbereitung, Geburt und Wachstum über den Erhalt der Leistungsfähigkeit, die Prävention und Behandlung bei Unfällen und Krankheiten bis hin zum Lebensende. Einfühlsam betreuen wir auch schwerstkranke Patienten und beraten deren Besitzer. Das Tierspital steht sowohl Direktkunden wie auch überweisenden Tierärzten zur Verfügung. Ein wichtiger Bestandteil der Genesung ist die einfühlsame und ganzheitliche Pflege durch qualifiziertes Personal, für welches das Wohlbefinden der Patienten im Mittelpunkt steht. Die positiven Rückmeldungen der Kunden zeigen uns, dass wir mit dem eingeschlagenen Weg die Bedürfnisse der Tierbesitzerinnen und -besitzer ernst nehmen und mit der Weiterentwicklung der Angebote richtig liegen. Unser Beitrag für die Gesellschaft Als Teil der Vetsuisse-Fakultät und der Universität Zürich steht das Tierspital auch für innovative und gesellschafts-

relevante Forschung in der Veterinärmedizin. Die Forschung ist eine der Kernaufgaben des Tierspitals. Neue Erkenntnisse kommen direkt unseren Patienten und deren Behandlung zu Gute und fliessen in verschiedene medizinische Weiter- und Neuentwicklungen zum Wohle von Tier und Mensch ein. Eine hohe Priorität hat zudem die weitere Verstärkung der fachlichen Exzellenz in der klinischen Veterinärmedizin, um darin auch in Zukunft eine führende Rolle wahrzunehmen. Das Tierspital setzt sich ausserdem in weiteren Bereichen ein, in denen das grosse Fachwissen zum Tragen kommt. So werden auch Findeltiere und Wildtiere behandelt, Gesundheitsdienste angeboten oder Organisationen wie das Swiss Agility Team im Hundesport unterstützt. Unser Beitrag für Studierende Ein wichtiger Bestandteil des Studiums der Veterinärmedizin ist die klinische Ausbildung. Hier wird den Studierenden die Möglichkeit geboten, erste Einblicke in den klinischen Betrieb der einzelnen Fachgebiete zu gewinnen. Während mehreren Rotationen erwerben die zukünftigen Tierärztinnen und Tierärzte so wertvolle Erkenntnisse, um ihre weitere Zukunft zu planen. Die Nähe zwischen der Vetsuisse-Fakultät und dem Universitären Tierspital sorgt ausserdem dafür, dass Studierende auch Praktika absolvieren können, wie zum Beispiel als Unterstützung im Besuchsdienst oder beim Empfang der Patienten. Sie werden auf ihrem Weg von einer Professorenschaft, Assistenzärztinnen und Assistenzärzten sowie von allen übrigen Mitarbeitenden des Tierspitals unterstützt und gefördert. Unser Beitrag für Mitarbeitende Um unsere Ziele zu erreichen, sind wir auf bestens qualifizierte Mitarbeitende auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Dienstleistung, Forschung und Lehre angewiesen. Darum möchte das Tierspital Mitarbeitenden sowohl im medizinischen wie auch im pflegerischen oder administrativen Bereich die Möglichkeit bieten, ihr Potential zu entfalten und ihre Fähigkeiten zu entwickeln und zu stärken. Unsere Mitarbeitenden sind einer unserer wichtigsten Erfolgsfaktoren und das Universitäre Tierspital stellt höchste Ansprüche an die Kompetenz seiner Mitarbeitenden. Es bietet Arbeitsplätze und Weiterbildungsmöglichkeiten auf allen Stufen an, sowohl für Berufseinsteiger wie auch für hochqualifizierte Mitarbeitende. In die Zukunft Auch im Jahr 2020 werden wir die Weiterentwicklung des Tierspitals vorantreiben und wichtige Vorhaben umsetzen. Unter anderem werden wir die Infrastruktur im Departement Pferde anpassen, einen neuen Absonderungsstall eröffnen, um infizierte Nutztiere getrennt unterbringen zu können, und im Bereich Kleintiere mit der Dialyse eine neue Behandlungsmöglichkeit einführen – zum Wohl unserer Patienten.

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Kater Travis lässt sich auch mit Gummihandschuhen gerne kraulen. Er wurde in den Notfall gebracht, weil er ein Plastikteil verschluckt hat und seither nicht mehr fressen kann.


Unser Thema des Jahres

Hier wird Tieren rasch geholfen: Blick in den neuen Notfall Seit Sommer 2019 ist am Tierspital ein neuer hochprofessioneller Notfalldienst für die Patienten da. Hier muss es manchmal sehr schnell gehen, wenn Tiere lebensbedrohlich krank oder verletzt ankommen. Dennoch ist viel Mitgefühl für die Tiere und ihre Besitzer spürbar. Der Leiter Notfall, Alessio Vigani, nimmt uns einen Nachmittag lang mit.

Im neuen Notfall des Tierspitals begrüsst einen an diesem Samstagnachmittag im Dezember als Erstes ein lautstarkes Miauen von Travis. Der junge, getigerte Kater kauert in einem geräumigen Käfig und beklagt sich, weil er seinen Halskragen nicht mag. «Den muss der kleine Racker aber tragen, sonst kaut er an seinem Venenkatheter herum», erklärt Alessio Vigani, der Leiter der neuen Abteilung Notfall- und Intensivmedizin am Tierspital. Und gerade Travis sollte keine Plastikteilchen verschlucken – er hat ohnehin schon Probleme im Verdauungstrakt, darum brachten seine Besitzer ihn am Vormittag in den Notfall. Vor einigen Tagen, so erzählten sie, habe der Kater beim Spielen eine Weihnachtfigur zerkaut. Seither musste er häufig erbrechen und konnte fast kein Futter behalten. «Gerade die Weihnachtszeit ist ein Albtraum, was Fremdkörper angeht, dann häufen sich bei Katzen solche Fälle», sagt Vigani. Denn die Stubentiger lieben es, mit den bunten Figuren und Bändern zu spielen und verschlucken diese manchmal. Das kann gefährlich werden: Fremdkörper können den Darm verschliessen, Bänder können von innen die Darmwand verletzen. Darum war bei Travis die erste Anordnung ein Röntgenbild. Inzwischen wird der Kater über einen Venenzugang am Vorderpfötchen mit einer Elektrolytlösung versorgt, denn er war bei seiner Ankunft schon ziemlich dehydriert. Zudem hat er Schmerzmittel sowie ein Medikament gegen Übelkeit bekommen. Vigani schaut sich das Röntgenbild an. «Es ist kein Fremdkörper zu sehen», lautet sein Befund. «Nun warten wir erst mal ab, gut möglich, dass sich das Problem von selbst erledigt.» Sollten die Symptome aber nicht innerhalb von 24 Stunden abklingen, steht als nächstes ein Ultraschall an, der ein genaueres Bild des Verdauungstrakts zeigt, und danach womöglich eine Operation. Die neue Notfallklinik des Tierspitals, in der Travis behandelt wird, ist seit dem 1. Juli 2019 in Betrieb. Zwar waren schon zuvor jeweils abends und am Wochenende Tiermediziner im Einsatz, um sich um neueintreffende Patienten zu kümmern. Doch mit der Neueröffnung wurde der Notfalldienst aufgestockt und noch mehr professionalisiert. «Wir stellen sicher, dass Tiere auch ausserhalb der normalen Öffnungszeiten des Tierspitals die bestmögliche Versorgung bekommen», sagt Abteilungschef Vigani. Jeden Werktag ab vier Uhr nachmittags bis am nächsten Tag um sieben Uhr sowie am Wochenende durchgehend während 24 Stunden ist das Notfall-Team im Einsatz. Denn die Rettung eines kritisch kranken oder verunfallten Tieres hängt

oft davon ab, wie schnell und wie umfassend Hilfe verfügbar ist. Darum kümmern sich in der Notfallabteilung mit Alessio Vigani und Claudia Iannucci zwei auf Notfall- und Intensivmedizin spezialisierte Oberärzte um die Patienten, ausserdem 13 Assistenzärztinnen und -ärzte, sechs Tiermedizinische Praxisassistentinnen und -assistenten und einige Studierende in Ausbildung. Zudem arbeiten die Notfallmediziner eng mit spezialisierten Fachtierärzten, beispielsweise aus der Chirurgie, Inneren Medizin, Kardiologie, Anästhesie oder Dermatologie, zusammen. So können sie alle Arten von Notfällen sofort und professionell behandeln.

«Wir stellen sicher, dass Tiere auch ausserhalb der normalen Öffnungszeiten des Tierspitals die bestmögliche Versorgung bekommen.» Alessio Vigani, Leiter der Abteilung Notfall- und Intensivmedizin

Gerade noch rechtzeitig Der nächste Patient ist Cayo, ein 2-jähriger schwarzer Retriever-Mischling, der eben hereingebracht wurde. Auch Cayo hat es mit dem Magen, wie Assistenzärztin Andrea Faure Beaulieu nun Vigani berichtet. Der Rüde hat erbrochen, ausserdem hat er Fieber und leidet wohl unter Bauchschmerzen. «Hi, hi Cayo», murmelt Vigani und kniet neben dem Hund nieder, um dessen Bauch abzutasten. Dabei achtet der Tiermediziner auf feinste Reaktionen des Tiers: Wenn er etwa leicht auf eine bestimmte Stelle am Bauch drückt, hält der Hund den Atem an. Und dessen Ohren bewegen sich dann kaum sichtbar. «Daran erkenne ich, dass es ihm an dieser Stelle wehtut», erklärt Vigani. Er steht wieder auf und lobt den Hund, der während der Untersuchung ganz brav war. «Eine Form von Gastritis», ist er sich sicher. Also eine Magenentzündung, die allerdings unterschiedlich schlimm ausfallen kann. Um mehr zu erfahren, verordnet Vigani einen Magen-Darm-Ultraschall. Inzwischen bekommt auch Cayo einen Venenkatheter, um ihn damit mit Flüssigkeit und einem Schmerzmedikament versorgen zu können. Aber der Rüde wirkt nicht schwer krank – er ist aufgeweckt und schaut dem Treiben im Notfallraum neugierig zu. Hier läuft vieles parallel, denn am Vormittag sind neben Travis und Cayo schon etliche weitere Tiere gebracht worden. Unter anderem eine Katze mit einer ansteckenden

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Unser Thema des Jahres

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Infektion, die in einem gesonderten Raum behandelt wird, oder ein älterer, herzkranker Chihuahua, der bei seiner Ankunft unter schwerer Atemnot litt. Der kleine Hund hat Beruhigungsmittel bekommen und ein Medikament, das die Herztätigkeit unterstützt. Inzwischen schläft er in einer Sauerstoffbox. «Wir hoffen, dass sich sein Zustand mit den Medikamenten und der erhöhten Sauerstoffzufuhr stabilisiert», sagt Vigani. Der Chihuahua wurde gerade noch rechtzeitig in den Notfall gebracht – nur kurze Zeit später, und er wäre gestorben. Umso wichtiger ist es, dass das Notfall-Team in solchen Fällen rasch reagiert. Darum dauert es nach einer neuen Anmeldung am Empfang stets nur 30 Sekunden, bis ein Tiermediziner beim Patienten ist, um eine Triage durchzuführen – das ist eine erste kurze Untersuchung, um einzuschätzen, wie dringend der Notfall ist. Bei ganz dringenden Fällen helfen indessen bereits die Mitarbeitenden des Empfangs mit: Sie läuten die Notfallklingel nicht wie gewohnt einmal, sondern zweimal, wenn sie erkennen, dass ein Tier blutet, bewusstlos ist, Atemnot hat oder neurologische Probleme aufweist – etwa, wenn es stark zittert. «Das sind Dinge, die man auch ohne medizinische Ausbildung sofort sieht», sagt Vigani. In solchen Fällen macht sich umgehend ein ganzes Ärzteteam für die Versorgung des Tiers bereit. Die erste Priorität ist jeweils die Untersuchung und Sicherstellung der wichtigsten lebenserhaltenden Funktionen: Atemapparat, Herz-Kreislauf und die neurologischen Prozesse. «Wenn bei diesen Funktionen etwas nicht stimmt, wird es sehr schnell lebensbedrohlich», erklärt Vigani. Dann ist es das erste Ziel, den Patienten zu stabilisieren. Das kann etwas Einfaches sein, wie ein Tier mit Atemnot in die Sauerstoffbox zu überführen oder eine blutende Wunde mit einem ersten Druckverband zu versorgen. «Das Entscheidende ist, den Grund für die lebensbedrohliche Instabilität zu finden und diesen zu beseitigen», sagt Vigani. Danach folgen weitere abklärende Untersuchungen.

weisungen von externen Tierarztpraxen kommen häufig vor, vielfach, weil es in den Praxen bestimmte Diagnosegeräte oder die Infrastruktur zur Intensivpflege nicht gibt oder schlicht die Erfahrung fehlt, um dem Tier unmittelbar zu helfen. Die Hündin kommt sofort unter Viganis Fittiche. Als erstes schaut der Notfallmediziner Simba ins Maul und kontrolliert die Farbe des Zahnfleisches. Dieses ist nicht rot, wie es sein sollte, sondern sehr bleich, fast weiss. Mit dem Stethoskop hört er danach die Herztöne ab. Viganis Stirn ist gefurcht, er macht sich Sorgen. «Sie ist sehr anämisch», erklärt er. Das bedeutet, dass das Blut eine zu geringe Menge an roten Blutkörperchen enthält. Die Blutkörperchen, genauer, das darin enthaltene Hämoglobin, sind für den Sauerstofftransport zuständig. Bei einer Anämie ist die Versorgung mit Sauerstoff entsprechend vermindert. Darauf reagiert der Körper mit einer erhöhten Herzfrequenz – betroffene Tiere werden müde, weniger leistungsfähig, bekommen unter Umständen Atemnot. Die Ursache dafür ist bei Simba noch unklar. Eine Möglichkeit ist ein Blutverlust durch eine innere Blutung. Das will Vigani als erstes ausschliessen. Er ruft nach dem Ultraschallgerät. Beruhigt von der Assistenzärztin legt sich Simba auf die Seite und lässt sich mit dem Gerät den Bauch durchleuchten. «Nein, hier gut, hier auch, nein», murmelt Vigani für sich, während er verschiedene Bauchregionen untersucht und sich die zugehörigen Bilder auf dem Monitor anschaut. Die Analyse findet keine innere Blutung. Also muss die Anämie eine andere Ursache haben, eine Infektion oder womöglich eine Autoimmunerkrankung. Im letzteren Fall zerstören Antikörper des Immunsystems fälschlicherweise die eigenen roten Blutkörperchen. Dann müssten die Besitzer von Simba, ein junges Pärchen, ihr fortan regelmässig Medikamente, sogenannte Immunsuppressiva, verabreichen. Zuerst kommt die Hündin nun aber auf die Intensivstation, denn sie ist sehr schwach und braucht sofort eine Bluttransfusion mit neuen, gesunden Blutkörperchen.

Rasche Hilfe für Simba Inzwischen ist es drei Uhr nachmittags. Cayo darf soeben mit einer Assistenzärztin mit in den Stall, wo er in einem geräumigen Käfig untergebracht und weiter betreut wird, als die Notfallklingel abermals läutet. Eine Ärztin geht in den Empfangsbereich, um den Neuzugang ein erstes Mal zu untersuchen. Auch Alessio Vigani geht aus dem Notfallraum hinaus, um durch die Glastür, welche den Notfall und die Behandlungsräume vom Empfang abtrennt, zuzuschauen. Der neue Patient ist ein mittelgrosser, ockerfarbener Labradormischling. «Oh, dem geht’s nicht gut», sagt Vigani, das erkennt er schon aus der Distanz an dem hängenden Kopf des Tiers, und weil es zu ruhig ist. Er klopft an die Scheibe und winkt der Assistenzärztin: «Sofort hereinholen.» Simba, so heisst die 7-jährige Labradorhündin, wurde vom Haustierarzt ans Tierspital überwiesen. Solche Über-

Simba kommt wieder zu Kräften Nicht ganz jede Untersuchung läuft so ruhig ab wie die von Simba oder zuvor Cayo. So wurde Vigani auch schon einige Male von einem Hund gebissen. «Das waren immer Jack Russell-Terriers», sagt er und lächelt nun über das ganze Gesicht, «die haben einen starken Charakter und man muss sie erst um Erlaubnis fragen, bevor man sie berühren darf.» Vigani muss es wissen, er besitzt selbst drei Hunde, einer davon ist ein Jack Russel-Terrier. Die Tage des Abteilungsleiters sind lang: Ab acht Uhr morgens kümmert er sich um die Administration und das Mentoring der Assistenzärztinnen und -ärzte. Ab vier Uhr nachmittags bis Mitternacht – die geschäftigste Zeit im Notfall – beaufsichtigt und unterstützt er im Wechsel mit der zweiten Notfallspezialistin Claudia Iannucci die Assistenzärzte, die die Tiere behandeln. Die Einsatzschichten der restlichen Teammitglieder sind überlappend. So kön-

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Alessio Vigani und sein Team kümmern sich um Simba. Die Hündin leidet unter Blutarmut und benötigt rasch Hilfe.

nen die Assistenzärzte nach dem zweiten dritten Drittel ihrer Schicht, wenn sie langsam müde werden, an ihren Berichten arbeiten, währendem sich ein ausgeruhtes Team um die neuen Zugänge kümmert. An Werktagen kommen durchschnittlich 10 bis 15 Patienten pro Tag in den Notfall, an den Wochenenden 25 bis 35. Der Nachmittag neigt sich dem Ende zu. Der kleine Chihuahua in der Sauerstoffbox schläft immer noch. Allerdings scheint ihm nichts wirklich zu helfen. «Hier sind wir mit der Prognose vorsichtig», sagt Vigani. «Ich befürchte, dass wir auf lange Sicht nicht mehr viel für ihn tun können.» Er trägt der zuständigen Assistenzärztin auf, die Besitzer des Hundes darauf vorzubereiten, dass Einschläfern vielleicht die beste Möglichkeit ist. «Das sind die schwierigsten Fälle», sagt Vigani. «Aber ich sehe das auch als eine Chance, das Richtige für das Tier zu tun und ihm Leiden zu ersparen.» Besser geht es dem Kater Travis. Er hat sich längst beruhigt und döst nun in Katzenmanier vor sich hin. Und auch bei Simba schaut es gut aus. Drei Tage später ist die Hündin noch in der Intensivstation, wirkt aber schon viel aufgeweckter. Sie hat weitere Bluttransfusionen erhalten, die ihr geholfen haben. Dass sich die Besitzer für die aufwendige Behandlung entschieden haben, sei nicht selbstverständlich, sagt Vigani. Denn die Bluttransfusionen und die tagelange 24-Stunden-Intensivüberwachung – das kostet

mehrere Tausend Franken, dazu kommen künftig weitere Abklärungen und Therapien. Aber er beobachtet immer wieder, dass Tierbesitzer bereit sind, viel in das Wohlbefinden ihrer Schützlinge zu investieren. Bei Simba hat es sich mehr als nur gelohnt: Am nächsten Tag darf sie wieder nach Hause. Würde Vigani für die Behandlung seines eigenen Jack Russell-Terriers auch so viel ausgeben? «Klar, sofort!»

Alessio Vigani Bevor er als Leiter der Notfall- und Intensivmedizin ans Universitäre Tierspital Zürich kam, studierte Alessio Vigani an der Universität von Mailand und arbeitete danach 13 Jahre in den USA, wo er sich unter anderem auf Notfallmedizin und Anästhesie spezialisierte. Er wollte schon immer Tierarzt werden. In seinem ersten veterinärmedizinischen Ausbildungsjahr wurde dann sein Hund bei einem Jagdunfall verletzt und starb daran. Von da an wurde die Notfallmedizin zu Viganis Leidenschaft und Mission, wie er selbst sagt. «Die erste Intervention ist häufig die einzige Überlebenschance eines kranken oder verletzten Tiers – das ist eine grosse Verantwortung, derer ich mir ständig bewusst bin.»

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KatzenfÜtus um den 45. Tag der Trächtigkeit | 10 cm Kleintierreproduktion


Zahnabdrücke von Tapiren 12–15 cm Zoo-, Heim- und Wildtiere


3D-Print Fesselbeingelenk, Pferd | 5 cm x 7 cm


Fraktur am FlĂźgel eines Bussards | 35 cm Zoo-, Heim- und Wildtiere


Departement Kleintiere

«Wir wollen noch besser kommunizieren, was wir hier leisten können» Rund 65 Prozent aller am Tierspital behandelten Patienten sind Hunde und Katzen – Tendenz steigend. Ihnen helfen an der Kleintierklinik spezialisierte Tierärzteteams mit Routinetherapien, aber auch mit Spitzenmedizin. Was dazu nötig ist und wie sich die Kleintierklinik jüngst weiterentwickelt hat, sagt der Leiter des Departements Antonio Pozzi.

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Antonio Pozzi, Sie sind Orthopäde und Chirurg und auf Sportmedizin spezialisiert. Gibt es denn bei Hunden und Katzen viele Sportverletzungen? Durchaus. Weniger bei Katzen, da sehen wir vor allem viele Verletzungen von Zusammenstössen mit Autos. Aber bei Hunden schon, denn gerade hier in der Schweiz sind eigentlich die meisten Hunde Sportler. Viele Halterinnen und Halter sind selbst sehr aktiv und nehmen die Hunde mit zum Joggen, Velofahren oder auf Wanderungen in die Berge. Darum haben auch die Tiere ein höheres Verletzungsrisiko: Genau wie Menschen können sie sich Frakturen zuziehen, Bänder oder Muskeln zerren. Viele leichte Verletzungen lassen sich gut mit nicht-invasiven Methoden wie Physiotherapie oder einer osteopathischen Therapie behandeln. Wichtig ist allerdings, dass man sie frühzeitig und präzise diagnostiziert, sonst können sie chronisch und damit zu einem viel grösseren Problem werden.

ders wichtig, weil ich als Chirurg dem Patienten nicht nur eine Heilung, sondern auch wieder Topleistungen ermöglichen möchte. Ein Beispiel dafür ist Speed, ein Sibirischer Husky, den ich operiert habe. Er tritt als Schlittenhund bei Rennen an und hatte sich eine komplizierte Fraktur am Bein zugezogen. Die Rehabilitation dauerte lange und beinhaltete unter anderem mehrere Operationen, um temporär nötige Implantate wieder zu entfernen. Doch schliesslich konnte Speed wieder an Rennen teilnehmen. Er hat kürzlich sogar eines gewonnen.

Was braucht es denn für solche präzise Diagnosen? Zum einen moderne bildgebende Diagnosetechnologien, wie sie uns hier zur Verfügung stehen, Magnetresonanztomographie und Computertomographie zum Beispiel. Zum anderen braucht es spezialisierte Fachleute. Wir haben an der Kleintierklinik ein exzellentes Neurologieteam, Kardiologen, Radiologen, Anästhesisten, Spezialisten für Spitalhygiene, Physiotherapeuten oder Ernährungsspezialisten. Oder Chirurgen, die wie ich auf minimal-invasive Eingriffe spezialisiert sind. Gerade in der Sportmedizin sind schonende Eingriffe beson-

Das klingt fast so, als ob es kaum mehr einen Unterschied zu einem Spital für Menschen gibt. Ja, gerade bei uns in der Kleintiermedizin sind die Möglichkeiten durchaus damit zu vergleichen. Genau wie in der Humanmedizin haben unsere Ärzte über viele Jahre hinweg in ihrem Spezialgebiet Erfahrungen gesammelt. Und wir entwickeln uns laufend weiter.

Tierspital  Jahresbericht 2019

Sie behandeln häufig auch Berufshunde. Ja, beispielsweise Spürhunde oder Rettungshunde, die bei der Polizei, der Feuerwehr, dem Grenzschutz oder dem Militär wichtige Aufgaben wahrnehmen. Das sind aufwendig und bestens trainierte Tiere und es ist uns ein grosses Anliegen, die Hunde wieder fit für ihre berufliche Aufgaben zu machen.

Wie zum Beispiel? 2019 haben wir für krebskranke Tiere ein neues Onkologieteam aufgebaut, mit Spezialisten in Radio-Onkologie, medizinischer Onkologie und einer

Chirurgin, die auf Operationen an weichem Gewebe spezialisiert ist. Zudem haben wir den Fokus auf die Spitalhygiene verstärkt. So haben wir angefangen, zu überprüfen, wie wir in der Kleintierklinik Antibiotika verschreiben. Denn genau wie bei Menschen kann auch in der Tiermedizin eine zu häufige Verabreichung von Antibiotika neue Resistenzen hervorrufen. Und diese können sich wiederum auf Krankheitserreger für Menschen übertragen. Wo können Sie in Zukunft noch besser werden? Wir wissen, dass die Tierbesitzer äusserst zufrieden sind mit unserem Service, das zeigt das Kundenfeedback. Seit letztem Jahr können die Kunden beim Eingang der Kleintierklinik auf einer Feedback-Station eine Bewertung abgeben. Wir bekommen in über 90 Prozent der Fälle die bestmögliche Wertung. Das ist bemerkenswert, weil wir vergleichsweise viele komplizierte Fälle behandeln, bei denen Diagnose und Therapie schwieriger sind und das Risiko, den Patienten zu verlieren, höher ist. Allerdings könnten wir bei der Vermarktung besser werden. Denn die Konkurrenz steigt. Auch bei uns in der Schweiz werden private Tierarztpraxen von Firmen übernommen und an Klinikkonsortien mit aufwendigem Marketing angeschlossen. Die Haustiermedizin ist lukrativ und die Anzahl der Haustiere wird zusammen mit dem Bevölkerungswachstum weiter steigen – und damit auch die Anzahl Patienten. Umso wichtiger ist es, dass wir klar nach aussen kommunizieren, was wir hier alles leisten können.


Ist etwas gezerrt oder gar gebrochen? Chirurg Antonio Pozzi (rechts unten) behandelt zusammen mit seinem Team viele Sportverletzungen.


Departement Kleintiere – Interdisziplinäres Onkologieteam

Gemeinsam gegen Krebs Seit Anfang 2019 kümmern sich am Tierspital Mitarbeitende der Onkologie und der Chirurgie gemeinsam um Tiere mit Krebserkrankungen. Nach einem Jahr Aufbauarbeit funktioniert die fachübergreifende Zusammenarbeit bereits bestens.

Auf den ersten Blick geschieht hier nichts Ungewöhnliches: Im relativ grossen und hohen Raum, der mit einer Art Tresen, zwei Arbeitsplätzen, einem Vierertisch für Besprechungen, einem Untersuchungstisch sowie einem Anästhesiearbeitsplatz möbliert ist, sitzen und stehen elf Männer und Frauen in weissen Kitteln. Einer davon stellt am Computerbildschirm Patienten vor, eine andere zeigt an einem weiteren Screen die zughörigen Computertomographie-Bilder. In routiniertem Fachbegriff-Staccato geht es um Bestrahlungsdosen, Schnittränder, Rekonstruktion, Metastasen, Rezidive. Eine Menge medizinisches Griechisch und Latein schwirrt durch die Luft. Dazwischen auch Allgemeinverständliches wie: «Das ist ein ganz cooler Hund.» Oder: «Der Hund ist ein Muskelpaket. Der ist super drauf.» Dass sich hier eine besondere Gruppe trifft, lassen erst Fragen, wie «Könnt ihr das so machen?»; oder «Wollt ihr Euch das mal anschauen?», erahnen. Tatsächlich tauschen sich hier Mitarbeitende zweier eigentlich getrennt arbeitenden Gruppen über Fachgrenzen hinweg aus: Medizinische Onkologinnen und Radio-Onkologen mit spezialisierten Onko-Chirurgen und -Chirurginnen. Denn am Universitären Tierspital Zürich arbeiten Chirurgen und Onkologen enger zusammen als das in Europa sonst üblich ist. Die Idee hinter der seit Anfang 2019 laufenden intensiven Kooperation ist, Tieren mit Krebserkrankungen die bestmöglichen Therapieoptionen zu bieten – und zwar über Fachgrenzen hinweg. Das ambitionierte Ziel: «Wir wollen am Tierspital Zürich den besten interdisziplinären Onkologie-Service Europas aufbauen», sagt Carla Rohrer Bley, Leiterin der Onkologieabteilung. Für das Partnerteam, die neu geschaffene Onko- und Weichteilchirurgie, ist Oberärztin Mirja Nolff verantwortlich. Die interdisziplinäre Onkologiegruppe forscht auch an verbesserten Krebsbehandlungen und bildet tiermedizinischen Nachwuchs aus. Deshalb sind bei den Treffen auch regelmässig Assistenzärzte und Studierende dabei. Alle können sich ein Bild vom Patienten machen Jeweils dienstags und donnerstags trifft sich die interdisziplinäre Gruppe für eine halbe Stunde. In diesen «Rounds» besprechen die Spezialistinnen und Spezialisten rund vier bis sechs gemeinsame Fälle: Sie diskutieren Diagnosen, planen Therapien, berichten, was seit dem letzten Treffen gelaufen ist und bestimmen, wer welche Aufgaben und nächsten Schritte übernehmen soll. Zwischen den Treffen allerdings arbeiten Chirurgen und Onkologen in eigenen Bereichen auf unterschiedlichen Stockwerken der Kleintierklinik. «Wir sind eine Art virtuelle Gruppe»,

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Tierspital  Jahresbericht 2019

erklärt Nolff. Im Spitalalltag sind Onkologen und Chirurgen allerdings trotzdem häufig in Kontakt. Bei Konsultationen der Chirurgen zum Beispiel ist bei Bedarf zusätzlich jemand aus der Onkologie dabei – und umgekehrt. So können sich sowohl Onkologen als auch Chirurgen bereits vorgängig ein Bild von den Tieren und Tumoren machen, die sie voraussichtlich später mit- oder weiterbehandeln werden. Die gemeinsamen Patienten sind vor allem Hunde und Katzen. Sie erkranken, wie Menschen auch, an ganz

«Wir wollen am Tierspital Zürich den besten interdisziplinären OnkologieService Europas aufbauen.» Carla Rohrer Bley, Leiterin der Abteilung Onkologie

verschiedenen Krebsarten. «Hirntumore, Nasentumore, Weichteilsarkome, Organtumore, Blutkrebs», zählt Rohrer Bley spontan auf. Je nachdem um welchen Krebs es sich handelt, unterscheiden sich auch bei Tieren Prognosen, Heilungschancen und Behandlungsmethoden. Die Therapien sind weitgehend dieselben wie beim Menschen. So kann ein Tumor operativ entfernt, mittels Bestrahlung abgetötet oder zurückgedrängt oder durch Chemotherapie mit Medikamenten zum Absterben gebracht werden. Die besten Chancen mit kombinierten Therapien Den grössten Erfolg beim Kampf gegen die meisten Tumorarten versprechen kombinierte Therapien. «Bei manchen Tumoren kann es sinnvoll sein, nur einen Teil zu entfernen und den Rest zu bestrahlen», erklärt Rohrer Bley. «Zum Beispiel wenn von vornherein klar ist, dass der Tumor zu gross ist, um ihn mitsamt einer ausreichenden breiten Schicht umgebenden Gewebes vollständig zu entfernen», ergänzt Nolff. Hier kommt die grosse Stärke der engen Zusammenarbeit zum Tragen: Dadurch, dass Onkologen und Chirurgen am Tierspital direkt miteinander kommunizieren, gemeinsam CT-Bilder studieren, ihre jeweiligen Blickwinkel einfliessen lassen und die Behandlungen gemeinsam planen, ist sichergestellt, dass die Tiermediziner alles Wichtige berücksichtigen, um die bestmögliche Lösung für den Patienten zu finden. Wissen, wie die Kollegin tickt Initiiert wurde die interdisziplinäre Onkologiegruppe von Antonio Pozzi. Dem Leiter der Kleintierchirurgie ging es darum, die Onkologie zu stärken und durch das Spezialgebiet Onko- und Weichteilchirurgie zu ergänzen. Nun,


Die Teams der Chirurgie und Onkologie besprechen in der neuen interdisziplinären Onkologiegruppe Therapien für krebskranke Tiere.

nach einem Jahr Zusammenarbeit sind Onkologen und Chirurgen ein eingespieltes Team: «Wir wissen unterdessen, wie die Chirurgen ticken», sagt Rohrer Bley. «Und wir wissen, worauf es in der Onkologie ankommt», sagt Nolff. Beide betonen, dass es entscheidend ist, sich auf den Blickwinkel des jeweils anderen Fachgebietes einzulassen und zu verstehen, was bei der Behandlung berücksichtigt werden muss und wo die besonderen Schwierigkeiten liegen. Ein Beispiel sind Rekonstruktionen nach der Entfernung grosser Tumore. Dabei werden die entstandenen Hohlräume mit Gewebe von anderen Stellen des Körpers aufgefüllt. Damit die Onkologen danach aber das Restgewebe rund um die ursprüngliche Wunde herum bestrahlen können, müssen sie wissen, wo es sich nach der Operation genau befindet. Die Chirurgen wiederum müssen wissen, welche Krebsarten sich überhaupt rein operativ entfernen lassen. Denn sollte eine Nachbestrahlung eines Tumors nötig sein, muss schon die Operation entsprechend geplant werden. Nolff ist überzeugt: «Ohne die Gruppe würde ich anders operieren.» Wägen die Tiermediziner Behandlungsoptionen gegeneinander ab, streben sie stets nach maximalem Nutzen und minimalem Risiko. Sie versuchen dem erkrankten Tier möglichst viel Lebensqualität zu erhalten oder zurückzugeben. Doch welche Behandlung ein Tier bekommt, entscheiden letztlich dessen Besitzer. «Viele hängen sehr an

ihrem Haustier. Eine Krebsdiagnose ist daher zuerst einmal ein riesiger Schock», sagt Rohrer Bley. Die Tiermedizinerinnen und -mediziner erklären den Haltern dann auf verständliche Weise die Diagnose, die Therapieoptionen aus Chirurgie und Onkologie und die sich daraus ergebenden Heilungschancen. «Uns ist wichtig, dass die Besitzer eine informierte Entscheidung treffen können», sagt Nolff. Derart aufgeklärt wird für diese auch nachvollziehbar, wieso eine Operation allein unter Umständen nicht ausreicht, sondern anschliessend noch eine Bestrahlung notwendig werden kann. Rohrer Bley stellt immer wieder fest: «Diese Beratung schätzen die Besitzer und Besitzerinnen sehr.»

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Departement Kleintiere – Chirurgie, Sportmedizin

Unterstützung für Spitzenathleten auf vier Pfoten Agility, der Geschicklichkeitssport für Mensch-Hund-Teams, wird immer populärer. Die Parcours verlangen den vierbeinigen Athleten einiges ab. Darum hat die Abteilung Sportmedizin und Rehabilitation das Schweizer Nationalteam bei der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft 2019 unterstützt.

Kraftvoll fliegt Tesla über das erste Hindernis, dann über das zweite. Die Hündin rennt über die Wippe und zum nächsten Sprung, den sie schräg zur Ideallinie nimmt, dann in den Slalom hinein. Aber hoppla! Tesla nimmt erst das zweite Tor. Ihre menschliche Partnerin Alice Laforge klatscht in die Hände, die Border-Collie-Hündin bricht sofort ab und startet auf einen Wink neu in den Slalom, diesmal regelkonform. Flink wedelt sie durch die Slalomstangen. Den Rest des Parcours absolviert Tesla konzentriert und pfeilschnell. Doch der verpatzte Slalom hat Zeit und eine Fehlerwertung gekostet. Zusammen mit dem brillanten Resultat im ersten Durchgang – Tesla war elfte geworden – erreicht das Mensch-Hund-Team für die Schweiz den 23. Schlussrang in der Startgruppe «Large» der Agility Weltmeisterschaft in Turku. Ebenfalls prima abgeschnitten haben Mirjam Ehrat und ihr Shetland Sheepdog Flynn, die in der Kategorie «Medium» den 33. Platz eroberten. «Das Schweizer Team hat viele tolle Läufe gezeigt, ich war unglaublich stolz», erinnert sich Nadine Gass. Die Assistenztierärztin am Universitären Tierspital Zürich hatte das Team im September 2019 zur WM begleitet und die Hunde und ihre Besitzerinnen und Besitzer während der Wettbewerbe betreut. Unter anderem hat sie laufend den Gesundheitszustand der Tiere überprüft, sie zwischen den Wettbewerben physiotherapeutisch behandelt sowie Hunde und Halter beim Warm-up vor den Läufen begleitet. Ebenso wichtig: die richtige Vorbereitung Inzwischen ist Gass zurück im Tierspital und schaut sich zusammen mit Kollegen der Abteilung Sportmedizin und Rehabilitation die Läufe des Schweizer Teams auf Video an. Anhand der Bilder wird klar, warum die enge Betreuung der Hunde nötig war: «Die Sprünge und engen Kurven, welche die Hunde in den Parcours in höchster Geschwindigkeit absolvieren, beanspruchen den Bewegungsapparat stark», erklärt Sportmediziner Antonio Pozzi, der das Department Kleintiere leitet. Ähnlich wie bei Stopand-go-Sportarten von Menschen sind auch beim Agility die Muskeln, Bänder und Gelenke der Hundesportler stärker belastet als sonst. Fast wichtiger aber als die Betreuung beim Wettbewerb ist die richtige Vorbereitung. «Schon Monate vor der WM haben wir die Hunde getroffen und beim Training beobachtet», erzählt Pozzi. «So stellten wir sicher, dass wir leichte Verletzungen frühzeitig entdecken und Folgeverletzungen wie Muskelzerrungen, Stauchungen oder Frakturen verhindern.»

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Diese Partnerschaft mit der Agility-Nationalmannschaft sei für die Kleintierklinik wichtig, sagt Pozzi, weil sie die Möglichkeit bietet die Community der Hundesportler kennenzulernen. Denn auch als Breitensport wird Agility immer beliebter, weil er Spass macht und die harmonische Zusammenarbeit zwischen Mensch und Hund fördert. «Wir sind längst nicht nur fürs Nationalteam da, sondern für alle Agility-Begeisterten», sagt Pozzi. Aufmerksame Halterinnen und Halter Besonders eng arbeitet die Veterinärosteopathin Céline Manera Pfammatter mit Agility-Hunden und ihren Besitzern zusammen. Vielfach kämen diese selbst auf die Fachleute des Tierspitals zu, erzählt sie. «Gerade Halter von Agility-Hunden sind meist sehr aufmerksam.» Sie bemerken, wenn ihre Schützlinge im Training plötzlich eine Bewegung leicht anders ausführen und wenden sich an die Sportmediziner, um herauszufinden, was dahintersteckt. Ein Phänomen, das die Tierärzte häufig sehen, ist das sogenannte Taxieren. Dabei machen die Hunde mehrere kurze Zwischenschritte vor dem Absprung – eine unökonomische Bewegung, die Tempo und Sprungkraft kostet. «Das ist ein Symptom und kann auf verschiedene Probleme hindeuten», erklärt Pfammatter. Manchmal ist es ein Anzeichen für eine leichte Verletzung des Wadenmuskels, einer Sehne oder eines Gelenks. Hinter dem zögerlichen Springen können aber auch Probleme mit den Augen stecken. «Manchmal können sich die Hunde beim Springen auch nicht richtig strecken», sagt Pfammatter. Damit das klappt, müssen neben dem Bewegungsapparat auch das Zwerchfell und die inneren Organe beweglich genug sein. Das können etwa Muskel- oder Bänderverkürzungen verhindern, die sich aber mittels einer osteopathischen Behandlung beheben lassen. Zudem tauchen mit zunehmendem Alter der Hunde Probleme auf, etwa Arthrose oder Verletzungen von früher, die sich nun stärker melden. «Hund und Halter haben aber häufig noch viel Spass an ihrem Hobby und möchten gerne weiterhin antreten», sagt Chirurg Pozzi. «Das möchten wir ihnen ermöglichen.» Wie beispielsweise Orio, der 11-jährige Border Collie und Agility-Veteran des Nationalteamtrainers Sascha Grunder. Bei Orio waren milde Arthrose und eine Sehnenentzündung diagnostiziert worden, die Pozzi und sein Team behandelt haben. Inzwischen ist Orio wieder fit und nimmt erneut an internationalen Wettkämpfen teil.


Agility-Athletin Tesla zu Hause in ihrem Fitness-Studio: Die Border-Collie-HĂźndin trainiert hier spielerisch Beweglichkeit und Koordination.


Departement Kleintiere – Kardiologie

Dank Viagra schlägt Archies Herz wieder normal Die Kardiologen der Kleintierklinik kümmern sich täglich um schwache Katzenoder Hundeherzen. Einen Chihuahua mit einem seltenen Herzfehler erleben sie aber nicht alle Tage. Bei Schosshund Archie glückte der Eingriff.

Kardiologe Toni Glaus beim komplexen Eingriff, der einen angeborenen Herzfehler behebt.

Der fünf Monate alte Chihuahua Archie ist in einem katastrophalen Zustand, als er im Herbst 2019 auf dem Arm seines Besitzers in den Notfall der Kleintierklinik getragen wird. Die Schleimhäute von Mund und Augen sind blass, der Puls schwach, die Atmung angestrengt. Sein Kreislauf ist kollabiert, der Bauch des 1,6 Kilogramm leichten Hundes hat sich mit Wasser gefüllt. «Wir mussten davon ausgehen, dass er die Nacht nicht überlebt», erinnert sich Tony Glaus, Leiter der Abteilung Kardiologie an der Kleintierklinik. Eine Untersuchung mit dem Herzultraschall zeigt, warum es so weit gekommen ist: Der Druck in den Lungenarterien des jungen Chihuahuas ist zu gross geworden, sodass der Blutkreislauf zwischen Herz und Lunge aus der Balance geraten ist. Als Folge davon ist die rechte Herzkammer überlastet. Archie bekommt viel zu wenig Sauerstoff. Zwar ist Lungenhochdruck in der Veterinärmedizin ein häufiges Problem. Glaus und seine Kollegen behandeln wöchentlich mehrere Tiere, wobei vor allem Hunde betroffen sind. Meistens sind Lungenparasiten die Ursache. Archie aber ist ein Sonderfall. Es zeigt sich nämlich, dass die Ursache für seinen Kreislaufkollaps ein seltener, angeborener Herzfehler ist – ein sogenannter persistierender Ductus arteriosus Botalli. Dabei handelt es sich um

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einen embryonalen Gefässkanal, der sich nach der Geburt fälschlicherweise nicht verschlossen hat. Als Potenzmittel bekannt, aber fürs Herz entwickelt Archie muss nun erst einmal wieder auf die Beine kommen. Dazu verabreicht Glaus dem Schosshund Sauerstoff sowie eine hohe Dosis Viagra. «Viagra ist vor allem als Potenzmittel bekannt, ursprünglich wurde es aber als HerzKreislauf-Medikament entwickelt», erklärt Glaus. Am nächsten Tag geht es Archie massiv besser. Das Viagra hat gewirkt. Der Lungenkreislauf hat sich über Nacht stabilisiert und die beiden Herzseiten sind ungefähr wieder gleich gut ausgelastet. Doch nun muss der Herzfehler behoben werden – ein komplexer Eingriff. Eine zusätzliche Herausforderung ist die kleine Grösse des Chihuahuas. Doch die Operation gelingt: Über einen Katheter füllt Glaus die problematische Stelle zwischen Hauptschlagader und Lungenschlagader mit einer Metallspirale. Darin wird sich ein Gerinnsel bilden, das den Gefässkanal verschliesst. «Es war ein Eingriff mit vielen Unsicherheiten», sagt Glaus im Rückblick. «Aber es war das Risiko wert. Archie sollte nun ein ganz normales, langes Hundeleben vor sich haben.» Die Besitzer waren gleicher Meinung – zum Glück für den kleinen Chihuahua.


Bei Hunden haben die meisten Herzfehler eine genetische Ursache. Vielfach kann ihnen geholfen werden, sodass sie ein normales und langes Leben fĂźhren kĂśnnen.


Departement Kleintiere – Wildtiere

Wenn sich ein Falke den Flügel bricht Wildtiere haben keine Besitzer. Wenn sie verunfallen oder erkranken, entscheiden Tierärzte über ihr Schicksal. Die Möglichkeiten der Behandlung werden dabei immer besser – wie letztes Jahr das Beispiel eines Turmfalken zeigte.

Der Turmfalke, der am 9. Juli 2019 in Diessenhofen im Kanton Thurgau aufgelesen wird, ist schwer verletzt. Was genau passiert ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Womöglich ist er in eine Scheibe geprallt oder mit einem Auto kollidiert. Der linke Flügel ist auf jeden Fall so stark verletzt, dass er nicht mehr weiterfliegen kann. Er wird an der Greifvogelstation Berg am Irchel abgeliefert, von dort gelangt er zur Abklärung ans Universitäre Tierspital. Die zentrale Frage für die Ärzte ist nun: Kann der Falke je wieder in die Freiheit entlassen werden? Beantworten sie diese Frage mit Ja, wird das Tier behandelt. Bei einem Nein wird es eingeschläfert. «In Freiheit muss der Turmfalke jeden Tag Beute jagen», begründet Jean-Michel Hatt, Direktor der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere am Tierspital. «Schafft er das wegen einer Verletzung nicht, hat er keine Überlebenschancen.» Eine Behandlung macht darum nur dann Sinn, wenn die Verletzung vollständig verheilen kann. Mehr Behandlungen, bessere Betreuung Greifvögel faszinieren mit ihrem stechenden Blick, ihren scharfen Schnäbeln und Krallen sowie ihren fliegerischen Kunststücken. Entsprechend haben viele Menschen das Bedürfnis zu helfen, wenn sie ein verletztes Tier finden. Sie bringen es zum Tierarzt. Im Gegensatz zu einer Katze, einem Pferd oder einem Zootiger haben Wildtiere allerdings keinen Besitzer. Also müssen die Tierärzte über das Schicksal der Tiere entscheiden. Und dies möglichst effizient. «Wildtiere sollten möglichst kurz in Gefangenschaft gehalten werden», sagt Hatt, «denn das bedeutet für sie grosser Stress.» Rund 100 Greifvögel werden jedes Jahr am Tierspital behandelt – doppelt so viele wie vor 30 Jahren. Das hat vor allem damit zu tun, dass in der Schweiz immer mehr Turmfalken, Mäusebussarde und Rotmilane leben. Die meisten Greifvögel sind wegen Brüchen in Behandlung. Im Winter werden auch häufig schwache Tiere aufgelesen, die zu wenig Nahrung finden. Eine Untersuchung von Hatt und seinen Kollegen am Tierspital zeigt, dass mehr als jeder zweite tierische Patient eingeschläfert werden muss. Allerdings zeigt die Studie auch Erfreuliches: Die Zahl der erfolgreich behandelten und ausgewilderten Greifvögel hat sich in den letzten drei Jahrzehnten von 30 auf 42 Prozent erhöht. «Die medizinische und pflegerische Betreuung ist also besser geworden», sagt Hatt. Davon profitiert auch der Turmfalke, der im Juli 2019 ans Tierspital kommt. Die Ärzte diagnostizieren eine Oberarmfraktur am linken Flügel. Brüche am Flügel sind die mit Abstand häufigsten Verletzungen bei Greifvögeln

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und gehören auch zu denjenigen mit den geringsten Erfolgsaussichten: Nur in jedem vierten Fall kann das Tier wieder ausgewildert werden.

Rund 100 Greifvögel werden jedes Jahr am Tierspital behandelt. Trotzdem wagen Hatt und seine Kollegen die Operation. Sie narkotisieren den Falken, zupfen ihm die Federn, desinfizieren die Stelle und stabilisieren den Flügel mit einer Schiene. Sie müssen sehr behutsam vorgehen, da sie dafür kleine Nägel in die feinen Knochen einführen müssen. Rund zwei Stunden dauert der Eingriff. Wenig später wird der Falke zurück in die Greifvogelstation gebracht, wo er auf das Leben in Freiheit vorbereitet wird. Anfangs bewegen Pfleger dessen Gelenke manuell. Später animieren sie den Vogel dazu, den operierten Flügel von sich aus einzusetzen: Sie bringen ihn in immer grösseren Käfigen unter und stellen das Futter so hin, dass der Falke zur Bewegung gezwungen wird. Die Nägel werden nach und nach entfernt, bis am Schluss die ganze Schiene entfernt werden kann, und nach rund drei Wochen Physiotherapie ist der Falke wieder voll flugfähig. Anfang August kann er schliesslich in Freiheit entlassen werden. Gesellschaftlich relevante Forschung An Behandlungen wie jener des Turmfalken verdient das Tierspital nichts. «Es ist ein Dienst für die Allgemeinheit», sagt Hatt. «Wir profitieren aber natürlich von den Erfahrungen, die wir für Lehre und Forschung nutzen.» Wissenschaftlich gearbeitet wird nicht nur bei Wild-, sondern auch bei Zoo- und Heimtieren. Dabei kann die veterinärmedizinische Forschung zu gesellschaftlich relevanten Fragen wie dem Tierschutz beitragen. Ein aktuelles Beispiel sind privat gehaltene Schildkröten. Bei männlichen Tieren entscheiden sich immer mehr Besitzer für eine Kastration. «Schildkröten sind sexuell sehr aktiv, paaren sich intensiv», erklärt Hatt. Am Tierspital wurden alleine im letzten Jahr 60 Eingriffe vorgenommen – Tendenz steigend. Manche Tierschützer kritisieren die Eingriffe. Hatt zeigte aber in einer Studie, dass das übersteigerte Paarungsverhalten nicht unbedingt natürlich ist. Viel eher könnte es damit zu tun haben, dass die Schildkröten auf zu engem Raum gehalten werden. «Das ist leider eine Realität», sagt Hatt. Eine Kastration sollte zwar auf keinen Fall eingesetzt werden, um eine nicht artgerechte Haltung zu kompensieren. Sie sollte aber eben auch nicht von Vornherein abgelehnt werden.


Heute behandelt das Tierspital doppelt so viele Greifvögel wie vor 30 Jahren – wie diesen Turmfalken, der sich am Flügel verletzt hat.


Vorsichtig entnimmt der Leiter des Departements Nutztiere Heiner Bollwein, zusammen mit einem Assistenzarzt, einer Kuh Eizellen, um diese später im Labor zu befruchten.


Departement Nutztiere

«Jedes Jahr ein Kalb – das macht Milchkühe krank» Die mit Abstand grösste Patientengruppe am Departement Nutztiere sind Milchkühe. Am häufigsten benötigen sie aufgrund von Produktionskrankheiten tierärztliche Hilfe. Das sind Krankheiten, die massgeblich mit der Haltung, Fütterung und Züchtung der Nutztiere zusammenhängen. Bei der Diagnostik und Prävention solcher Krankheiten erzielte das Tierspital 2019 einige wichtige Fortschritte.

Herr Bollwein, Sie leiten am Tierspital das Departement Nutztiere. War 2019 ein gutes Jahr für das inoffizielle Wappentier der Schweiz? Für die Milchkuh verlief das vergangene Jahr zumindest nicht schlechter als die Jahre zuvor. Bis vor wenigen Jahren züchtete man Kühe vor allem auf möglichst hohe Milchleistungen. Dadurch werden sie aber anfälliger für Krankheiten: Gibt eine Kuh viel Milch, braucht sie insbesondere in den ersten Wochen nach der Kalbung mehr Energie als sie mit Futter aufnehmen kann. Energiemangel und damit einhergehend ein geschwächtes Immunsystem sind die Folge. Heute legt die Tierzucht zwar mehr und mehr Wert auf die Tiergesundheit... ...aber? Eine typische Hochleistungskuh produziert heute bis zu 15 000 Liter Milch pro Jahr, früher waren es noch rund 5000 Liter. Sind die Bedingungen nicht optimal, kann eine Kuh diese Leistung nicht erbringen – und wird krank. Tatsache ist, dass enorm viele hochleistende Milchkühe mit sogenannten Produktionskrankheiten zu kämpfen haben: Stoffwechselstörungen, Euterentzündungen, Lahmheit. Oder sie erkranken an einer Überlastung ihrer Klauen, also der Zehen. Unter dieser Krankheit, der Klauenüberlastung, leidet in der Schweiz jede dritte Milchkuh! Wie entsteht diese häufige Krankheit? Mein Kollege Karl Nuss aus der Abteilung Wiederkäuerchirurgie hat sich damit intensiv beschäftigt. Bislang galt der Konsens unter Züchtern, dass die Krankheitsentstehung mit der Anatomie der Gliedmassen zusammenhängt. Deshalb versuchte man Milchkühe mit möglichst gera-

den Beinen zu züchten. Aber Studien, in denen mit speziellen Geräten die Druckverteilung der Klauen gemessen wurde, zeigen, dass die Form der Beine absolut keine Rolle spielt. Krumme Beine sind also nicht die Ursache – was dann? Entscheidend ist, wie die Kühe gehalten werden. Leben sie vor allem auf Betonböden, führt das zu ungleicher Belastung der Klauen, wodurch Entzündungen entstehen. Immerhin lastet auf den Klauen einer Kuh eine halbe Tonne Gewicht! Abhilfe schaffen weiche Böden. Deshalb sollten Kühe so oft wie möglich Weidegang erhalten und die Ställe sollten nachgiebige Böden haben. Das lässt sich zum Beispiel durch Einstreu oder Gummimatten erreichen. Was kann der Landwirt sonst noch tun, um die Gesundheit seiner Milchkühe zu verbessern? Es gibt viele Aspekte zu beachten. Nur ein Beispiel: Jahrzehntelang galt in der Milchviehhaltung die Regel: «Jedes Jahr ein Kalb». Entsprechend sollte eine Milchkuh bei einer Trächtigkeitsdauer von etwas über neun Monaten innerhalb von weniger als drei Monaten nach der Geburt wieder erfolgreich besamt werden. Andernfalls, so die weitläufige Meinung, würde die Milchleistung zu stark abnehmen. In einer Studie wiesen mein Kollege Martin Kaske und ich nun nach, dass diese Annahme nicht stimmt. Besamt man die Milchkühe später, so geben sie sogar mehr Milch. Und: Kühe mit weniger Geburten leiden seltener an Produktionskrankheiten als solche, die jedes Jahr ein Kalb bekommen.

Sieht man einer trächtigen Kuh an, ob sie nach der Geburt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben wird? Das ist schwierig. Aber mein Kollege von der Abteilung für Wiederkäuermedizin Christian Gerspach forscht intensiv an Bluttests, die als Frühwarnsysteme dienen sollen. Zum Beispiel identifizierte er im Blut verschiedene Biomarker – etwa bestimmte Proteine –, die auf eine Störung des Calciumhaushalts oder eine Leberverfettung hindeuten. Erkennt der Landwirt das früh genug, kann er beispielsweise die Fütterung anpassen. Um gegen Produktionskrankheiten resistente Kühe zu züchten, treiben Sie auch die Forschung an Embryonen voran? Ja, denn durch genetische Untersuchungen an Embryonen kann man sehr früh die Eigenschaften des Rindes prüfen, das sich später daraus entwickelt. Zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, dass es an Euterentzündungen erkranken wird. Überträgt man nun gezielt möglichst gesunde Embryonen, lässt sich verglichen mit herkömmlichen Züchtungen schnell eine leistungsfähige und gesunde Herde aufbauen. Deshalb denke ich, dass diese Methode in Zukunft eine sehr wichtige Rolle in der Nutztierhaltung spielen wird.

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Departement Nutztiere – Arterhaltung

Eine Genbank für bedrohte Schweizer Ziegenrassen Mehr als die Hälfte aller Schweizer Ziegenrassen ist gefährdet. Nun hat das Tierspital dabei geholfen, eine Genbank aufzubauen, um den Fortbestand der Rassen zu sichern.

Die Ausbeute des letzten Jahres liegt in einem Stickstoffcontainer des Alten Strickhofs beim Irchelpark in Zürich. Im grauen Behälter lagern bei minus 196 Grad Celsius die insgesamt 738 Samendosen von Cadrin, Walo, Dario, Parpan und Ohio. Das sind die fünf Ziegenböcke, die im vergangenen Herbst für drei Wochen in der Andrologie des Tierspitals untergebracht waren. Der Bock Cadrin und seine Artgenossen gehören zu jenen Schweizer Ziegenrassen, die vom Aussterben bedroht sind: Die Appenzellerziege, die Bündner Strahlenziege, die Nera Verzascaziege, die Pfauenziege, die Walliser Schwarzhalsziege, die Capra Grigia und die Stiefelgeiss. Nun hilft ein gemeinsames Projekt der Klinik für Reproduktionsmedizin des Tierspitals, des Schweizerischen Ziegenzuchtverbands (SZZV) und des Bundesamts für Landwirtschaft. «Unser Ziel ist es, einen Genpool von Geissböcken der gefährdeten Schweizer Ziegenrassen anzulegen», erklärt der Tiermediziner Fredi Janett, Abteilungsleiter Andrologie und Assistierte Reproduktion am Tierspital. Das Projekt mit dem vollständigen Namen «SpermaProjekt – Erweiterung Genpool für die Ziegenrassen Appenzellerziege, Bündner Strahlenziege, Nera Verzascaziege, Walliser Schwarzhalsziege und Pfauenziege sowie Capra Grigia und Stiefelgeissen» startete im Jahr 2017. In einem ersten Schritt ging es darum, geeignete Böcke für das Projekt zu finden. Das glich einer Detektivjagd: Unter anderem mussten die Ziegenböcke nachweislich reinrassig sein, einen tiefen Inzuchtgrad und eine geringe Verwandtschaft mit der weiblichen Population aufweisen. Ebenso wichtig war, dass die Böcke gesund waren. Deshalb entnahmen Mitarbeitende des SZZV allen ausgewählten Tieren Blutproben, um deren Gesundheitsstatus zu überprüfen. Unter anderen bestanden der Capra-Grigia-Bock Cadrin und die Walliser Schwarzhalsziege Dario den Check und wurden daraufhin ins Tierspital geholt, wo sie ihre Spermien spenden sollten. Tiefgefrorene Samenreserven erlauben, dass jederzeit frisches Genmaterial in schrumpfende Populationen eingebracht werden kann. Gerade kleine Populationen sind bei drohenden Seuchen besonders gefährdet. Ausserdem steigt bei einem grossen Genpool die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei schwierigen Bedingungen – etwa einem Klimawechsel oder anderen Umweltveränderungen – vorteilhafte Genvarianten finden lassen, die den Fortbestand einer Rasse sichern. «Das Einfrieren von Spermien dient sozusagen als Sicherungskopie für die gefährdeten Rassen», sagt Janett. Wie Studien zeigen, bleiben die in Stickstoff eingefrorenen Samendosen über Jahrzehnte intakt.

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Die Rassenbereinigung von 1938 In der Schweiz lebten bis ins 20. Jahrhundert hinein fast vierzig Ziegenrassen. Denn praktisch jedes Bergtal züchtete seine eigene Ziegenrasse, die sich im Laufe der Zeit perfekt an ihre Heimatregionen angepasst haben. So macht Gebirgskälte der Nera Verzascaziege und der Walliser Schwarzhalsziege nichts aus, die Carpa Grigia gilt als besonders trittsicher und der Stiefelgeiss erleichterten kleine Euter, sich durch Busch- und Astwerk zu bewegen.

«Projekte wie das unsere sind momentan die einzige Möglichkeit, um Genmaterial von seltenen Schweizer Ziegenrassen zu konservieren.» Fredi Janett, Abteilungsleiter Andrologie und Assistierte Reproduktion

Doch mit dem Fortschreiten der Industrialisierung und Mechanisierung der Landwirtschaft wuchs der Wunsch nach systematischer Tierzucht. Deshalb beschloss der Bund im Jahr 1938 eine grosse Rassenbereinigung. Besonders hart traf es die Ziegen: Alle vorhandenen Ziegen wurden zehn bestimmten Ziegenrassen zugeteilt und man fasste ähnliche lokale Rassen zu Hauptrassen zusammen. Das führte dazu, dass von den ursprünglich 39 Ziegenrassen bis heute gerade einmal 13 überlebten. 26 Rassen starben aus. Der einstige, vielfältige Genpool wurde mit einem Schlag dezimiert. Und die Zucht auf einige wenige Hochleistungsrassen schreitet weiter voran. 1992 verabschiedete die Internationale Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) ein Regelwerk, das den Schutz und die Erhaltung von Nutztierrassen forderte. Auch die Schweiz unterzeichnete das Abkommen – und bekannte sich somit zum Erhalt der heimischen Ziegenrassen. Insgesamt 3000 Samendosen konserviert Darum hielten sich im Laufe der Jahre 2017 bis 2019 insgesamt 25 Ziegenböcke im Stall des Alten Strickhofs auf. Ausserdem holte der Reproduktionsexperte Fredi Janett auch jeweils drei Geissen in den Stall, denn: «Ziegenböcke geben ihr Ejakulat nicht einfach freiwillig ab, sondern müssen dazu animiert werden», erklärt Janett lachend. Und, was es zusätzlich komplizierter macht: Gewisse Böcken riechen, ob die Ziege selbst auch brünstig ist und lassen sich nur dann zur Samengewinnung bringen. «Das


Dieser prächtige Bock gehört einer Bauernfamilie, die alte Ziegenrassen züchtet. Doch nach wie vor sind die Walliser Schwarzhalsziegen vom Aussterben bedroht.

macht die Samenproduktion der kleinen Wiederkäuer enorm aufwändig», erklärt Janett. Passte aber der Zeitpunkt, besprang ein Bock die brünstige Ziege, worauf die Mitarbeitenden der Andrologie des Tierspitals die Spermien sammeln konnten, indem sie eine künstliche Vagina zwischen Bock und Ziege hielten. Mit der Ausbeute des Projekts ist Janett jedenfalls zufrieden: Nun lagern mit den neuen Samendosen von 2019 insgesamt fast 3000 Proben im Tierspital Zürich.

Von den ursprünglich 39 Ziegenrassen überlebten gerade einmal 13 Rassen. «Projekte wie das unsere sind momentan die einzige Möglichkeit, um Genmaterial von seltenen Schweizer Ziegenrassen zu konservieren», sagt Janett. Denn anders als etwa in Frankreich oder Deutschland existiert in der Schweiz keine Absamungsstation für kleine Wiederkäuer wie Schafe und Ziegen. Und selbst wenn es welche gäbe, würde sich die Samengewinnung der seltenen Ziegenrassen wirtschaftlich nicht lohnen. «Hierzulande ist die künstliche Besamung von Ziegen nicht üblich», erklärt Silvia Zahnd, Mitarbeiterin beim SZZV.

Überleben ausserhalb von Genbanken Die Genbank im Tierspital soll quasi als Notfallreserve für die Zukunft dienen. Tatsache aber ist: Will man seltene Rassen ausserhalb von Genbanken in der Landwirtschaft erhalten, müssen sich auch Landwirtinnen und Landwirte für sie interessieren. «Die Nachfrage ist definitiv da, allerdings eher bei kleinen Betrieben», sagt Silvia Zahnd. «Für Rassen, die nicht durch Leistungspotenzial punkten, können sich in der heutigen wirtschaftlichen Ausrichtung nur wenige Landwirtschaftsbetriebe begeistern.» Umso mehr müssten deshalb kulturelle und traditionelle Aspekte genutzt werden, um die Tiere zu erhalten. Der Trend zu mehr Regionalität dürfte dem vielleicht entgegenkommen. Das würde auch Fredi Janett gefallen, dem gebürtigen Bündner und bekennenden Geissen-Fan: «Der Fortbestand der seltenen, schönen Ziegenrassen liegt mir persönlich sehr am Herzen.»

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Departement Nutztiere – Grosstierreproduktion

Die glückliche Branda: eine VIP-Behandlung am Tierspital Verletzen sich Schafe oder kommt es bei Geburten zu Komplikationen, schöpfen viele Halterinnen und Halter aus wirtschaftlichen Gründen nicht alle Behandlungsmöglichkeiten aus. Anders die Besitzerfamilie des Schafs Branda, die ihm am Tierspital sogar eine Physiotherapie ermöglichte.

Die 3-jährige Branda ist eines der Lieblingsschafe der Familie Hämmig. Umso grösser war die Aufregung, als das hochträchtige Schaf diesen Sommer zum zweiten Mal in Folge auf dem Bauch festliegend aufgefunden wurde. Unverzüglich lud die Familie ihr Schaf daraufhin in einen Transporter und brachte es in die Abteilung für Grosstierreproduktion des Tierspitals Zürich. «Bei hochträchtigen Schafen ist Festliegen keine Seltenheit», sagt Doreen Zoller, Oberärztin an der Klinik für Reproduktionsmedizin und behandelnde Ärztin von Branda. Festliegen bedeutet, dass auf dem Boden liegende Schafe nicht mehr aus eigener Kraft aufstehen können. Versuchen sie es trotzdem, fallen sie wieder hin, was zu Stress und manchmal zu Verletzungen führt. Ursache des Festliegens ist meistens ein Energiemangel, wie er bei trächtigen Schafen häufig vorkommt. Denn die Föten brauchen im Endstadium der Trächtigkeit viel Kohlenhydrate, sodass das Mutterschaf eigentlich dauernd fressen müsste. Doch weil die Gebärmutter gedehnt ist, hat der Pansen der kleinen Wiederkäuer nur wenig Platz. Die Nahrungsaufnahme ist deshalb begrenzt und es kommt zum Energiemangel. Häufig entsteht auch ein Kalziummangel, weil die ungeborenen Lämmer für den Knochenaufbau grosse Mengen dieses Minerals benötigen. «Bei Branda kam hinzu, dass sie ein ziemlich dickes Schaf ist», sagt Doreen Zoller. «Das erschwerte ihr ein Hochhieven aus eigener Kraft zusätzlich.» Vom Hausarzt ins Tierspital Knapp zwei Tage vor der Einlieferung ins Tierspital hatte Branda bereits Behandlungen vom Haustierarzt erhalten. Der Hausarzt verabreichte Branda energiereiche Infusionen und leitete später notfallmässig die Geburt ein. Letzteres wird häufig gemacht, um den Mehrbedarf an Energie und Elektrolyten zu verringern und das Gewicht des Muttertieres zu verkleinern. Doch nur ein paar Stunden später fand die Besitzerin Sabrina Hämmig das trächtige Schaf abermals festliegend am Boden – und der Tierarzt verwies sie ans Tierspital. «Offensichtlich war Branda noch immer zu schwach», sagt Zoller. Beim übereilten Aufstehversuch riss sich Branda zu allem Übel auch noch einen Muskel an den Hintergliedmassen. Weil der Fötus von Branda enorm gross und sie bereits geschwächt war, führten die Tierärzte am Tierspital einen Kaiserschnitt durch: Ein Schnitt in die linke Bauchflanke währenddem das Schaf auf der Seite liegt, Bauchhöhle öffnen, Gebärmutter nach aussen verlagern

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und öffnen, Fötus herausnehmen, Gebärmutter verschliessen, Gebärmutter zurücklegen, Bauchhöhle verschliessen und zunähen – eine Routineoperatoin für Doreen Zoller. Pro Jahr führen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen am Tierspital über 300 Kaiserschnitte durch, den Grossteil allerdings an Kühen, nur etwa zwanzig an Schafen. In ihren 17 Jahren als Tierärztin habe sie aber schon viele hundert Schafkaiserschnitte durchgeführt, sagt Zoller. Auch das Lämmchen von Branda, das die Familie Geronimo taufte, kam heil und ohne weitere Komplikationen zur Welt. Physiotherapie im Wasserbad Nach der Geburt erholte sich Branda rasch wieder, doch wegen ihres Muskelrisses konnte sie ihre Hintergliedmassen noch nicht belasten. Deshalb schickten ihre Besitzer das Schaf zusätzlich in die Physiotherapie. Dort montierten ihm die Tierärzte Schienen an beiden betroffenen Beinen, Schutzverbände an den anderen Beinen und hoben es mehrmals in einem Spezialnetz hängend mit einem Flaschenzug in ein Wasserbad. Das Wasser reduziert das Eigengewicht des Schafs und erlaubt so, die Muskeln langsam zu trainieren. Funktioniert hat diese Methode auch deshalb, weil Branda Menschen vertraut. «Ein normales Schaf hätte im Wasserbad wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen», sagt Zoller lachend. Zwischen den Wasserbadeinheiten liessen die Tierärzte Branda und Geronimo bei schönem Wetter auf eine Weide, wo sich das Mutterschaf langsam wieder an das selbstständige Aufstehen herantastete. Dass ein Schaf eine derart umfangreiche Behandlung erhält, ist eigentlich nicht üblich. «Für uns war es tatsächlich ein Highlight», sagt Zoller. Anders als Haustiere zählt bei Nutztieren nämlich meistens nur die Wirtschaftlichkeit. Die Therapiekosten für Branda betrugen etwa 1100 Franken. Verglichen mit einer ähnlichen Behandlung für Hunde oder Katzen, die etwa 5000 Franken kosten würde, ist das wenig, doch im Vergleich mit dem wirtschaftlichen Wert eines Schafs – 200 Franken – zu viel. «Viele Besitzer entscheiden sich bei Geburtskomplikationen dennoch für einen Kaiserschnitt. Kommen aber weitere Schwierigkeiten hinzu, etwa wie bei Branda ein Muskelfaserriss, bleibt oftmals nichts anderes übrig, als das Schaf einzuschläfern», sagt Zoller. Branda hatte zweifellos Glück im Unglück. Nach gut einer Woche durften sie und Geronimo zurück nach Hause.


Innige Beziehung: Die Familie Hämmig – im Bild ist Sandra Hämmig – ermöglicht ihren Schafen eine grosszügige und fürsorgliche Geburtshilfe.


Departement Nutztiere – Kleintierreproduktion

Die Rettung von Haileys Welpen Geburtskomplikationen können schnell tödlich enden – für die Mutter und ihre Welpen. Umso wichtiger ist es, dass Besitzerinnen und Besitzer bei Alarmzeichen schnell reagieren – wie im Fall von Beagle-Hündin Hailey.

15:34 Uhr: Das Notfalltelefon in der Kleintierklinik des Universitären Tierspitals klingelt. Carla Berger* berichtet, dass bei ihrer Beagle-Hündin Hailey seit zwanzig Minuten ein Teil einer Fruchtblase zu sehen sei, aber trotz offensichtlichen Presswehen noch kein Welpe geboren worden sei. Auf ein Geburtsproblem deuten unterschiedliche Anzeichen hin. So sollte der erste Welpe spätestens eine halbe Stunde nachdem die Presswehen eingesetzt haben, auf der Welt sein. Zu Verzögerungen kann es kommen, weil die Welpen aufgrund einer Fehlstellung nicht durch das Gebärmutterbecken passen, zu gross sind oder sich zwei Geschwister um den Ausgang streiten. «Auch stark blutiger, dunkelgrüner oder übelriechender Ausfluss vor der Geburt des ersten Welpen sind nicht normal», sagt Iris Reichler, Abteilungsleiterin für Kleintierreproduktion am Tierspital. Diese Abteilung gehört zur Klinik für Reproduktionsmedizin und damit zum Nutztierdepartement. Ein grün gefärbter Scheidenausfluss entsteht, wenn sich die Plazenta löst, welche die Föten umgibt und sie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Ohne diese sterben die ungeborenen Welpen. 16:05 Uhr: Die 5-jährige Hailey trifft in der Kleintierklinik ein und wird von Oberärztin Stefanie Keller aus der Kleintierreproduktion untersucht. Assistentinnen legen einen Venenzugang und entnehmen Blut. Hailey geht es gut. Und ihren Welpen? Häufige Komplikationen bei Rassenhunden Bei Nicht-Risikopatientinnen wie Hailey sind Geburtskomplikationen kaum vorhersehbar. Anders etwa bei älteren Hündinnen, die oft schwere Geburten erleiden. Zum einen, weil sie normalerweise weniger, dafür grössere Föten in sich tragen. Zum anderen sind die Wehen bei ihnen zu schwach. Und bei manchen Rassenhunden wie Schottenterriern oder Englischen und Französischen Bulldoggen haben Menschen die Anatomie derart «verzüchtet», dass die Welpen kaum mehr durch einen Geburtskanal passen. 16:20 Uhr: Eine ausführliche gynäkologische Untersuchung sowie ein Ultraschall ergeben, dass die ungeborenen Welpen von Hailey geburtsreif sind. Allerdings zeigt die Herzfrequenz des hintersten Welpen, dass er gestresst ist. Wieso, entdecken die Ärzte, als sie den Geburtskanal von Hailey abtasten: Der gestresste Welpe hat die Vorderbeine nicht entlang seines Köpfchens nach vorne in den Geburtskanal gestreckt. Das macht es ihm fast unmöglich, durchs Mutterbecken zu passen. Zusammen mit der Besitzerin entscheidet sich die Tierärztin für einen Notfall-Kaiserschnitt.

Eigentlich ist Reproduktionsspezialistin Reichler kein Fan von Kaiserschnitten: «Ein solcher Eingriff sollte nur durchgeführt werden, wenn es medizinisch unumgänglich ist.» Zwar betragen die Überlebenschancen für Mutter und Welpen bei geplanten Kaiserschnitten beinahe hundert Prozent. Dennoch ist ein Kaiserschnitt mit Risiken verbunden. Hinzu kommt, dass die Schmerzmittel für die Mutter nach der Operation über die Muttermilch zu den Welpen gelangen. Deren Organe sind noch unreif und empfindlich. Ausserdem erkennen gerade erstgebärende Mutterhündinnen nach einem Kaiserschnitt ihren eigenen Nachwuchs häufig nicht. 16:40 Uhr: Die Anästhesistin legt Hailey in Narkose. Iris Reichler und eine Kollegin ziehen ihre Operationskleidung über. Pflegerinnen und Pfleger waschen das Operationsfeld und richten die Empfangsstation für die Welpen her. Geburtszimmer für Risikopatientinnen Mitte 2019 richtete das Tierspital ein Geburtszimmer ein. Dort dürfen hochträchtige Hündinnen zusammen mit ihrem Herrchen oder Frauchen kurz vor dem Geburtstermin einziehen – falls medizinische Anzeichen für eine schwere Geburt vorliegen, also etwa bei Hündinnen mit grossen oder fehlgebildeten Föten. Das Angebot wurde bereits genutzt und in allen Fällen mussten die Hündinnen dann tatsächlich notfallmässig via Kaiserschnitt entbunden werden, erzählt Reichler. 16:55 Uhr: Iris Reichler öffnet erst den Bauch von Hailey und dann die Gebärmutter. Sie befreit den Welpen, der schon lange vor dem Beckenkanal bereit lag. Er atmet. Auch die anderen vier Welpen holt sie innerhalb weniger Minuten aus der Gebärmutter heraus – alle zeigen Lebenszeichen. Danach wird jeder Welpe von einer Betreuungsperson trockengerubbelt und gewärmt. Bei grösseren Hunden ist eine Geburt mit zehn Welpen keine Seltenheit. Deshalb braucht es jeweils ein grosses Helferteam, da die Welpen direkt nach der Geburt nicht allein überlebensfähig sind. Schläft die Mutter nach der Operation noch, müssen sie von Menschen umsorgt werden. Manchmal sogar von Polizisten: «Während eines Notfall-Kaiserschnitts mit 14 Welpen an Silvester waren wir zu wenig Leute. Zum Glück waren per Zufall zwei Stadtpolizisten bei uns im Haus und halfen, die Welpen trockenzurubbeln», erinnert sich Reichler lachend. 19:15 Uhr: Hailey ist wach, hat gefressen und draussen ihr Geschäft verrichtet. Und alle Welpen haben bei ihr von der überaus wichtigen, mit vielen Antikörpern angereicherten Erstmilch getrunken. So darf die Hündin mit ihren fünf gesunden Welpen bereits wieder nach Hause gehen. *Name geändert, dem Tierspital bekannt

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Sechs neugeborene Welpen und alle gesund und munter – die Tierärzte der Abteilung fĂźr Kleintierreproduktion helfen bei Geburtskomplikationen.


Departement Nutztiere – Kälbergesundheitsdienst

Mit Detektivarbeit Krankheitsursachen auf der Spur Dank Prävention sollen Kälber auf Schweizer Betrieben gesünder werden – so lautet das Ziel des Kälbergesundheitsdienstes, dessen Geschäftsstelle sich am Tierspital befindet. Damit soll sich der Verbrauch von Antibiotika drastisch reduzieren.

Tierarzt Martin Kaske erhielt vor kurzem einen Anruf eines Landwirts aus der Nähe von Schaffhausen: Auf dessen Mutterkuhbetrieb leide jedes dritte Kalb an schwerem Durchfall und Apathie. Eines der Kälber sei bereits verendet. Daraufhin liess Kaske eines der kranken Kälber ins Tierspital einliefern, wo erste Untersuchungen auf eine massive Leberschädigung hinwiesen. Woher diese aber kommt, weiss der Tierarzt noch nicht. Deshalb steht er nun mit einem handlichen Arztkoffer und einigen Dokumenten auf dem Betrieb. «Was jetzt folgt, ist Detektivarbeit», sagt Kaske. Gemeinsam mit dem Landwirt und dem Hoftierarzt schaut er sich den Hof an: Den Abkalbebereich, wo die Tiere zur Welt kommen, den Stall sowie den Weideauslauf. Systematisch notiert sich Kaske jedes Detail zu Haltung, Fütterung und Hygiene auf dem Betrieb. So will er herausfinden, ob die gehäuften Erkrankungen der Kälber damit zusammenhängen, dass im Stall auf zu kleinem Raum zu viele Tiere leben, die Kälber zu wenig Spurenelemente aufnehmen oder die Mutterkühe vor dem Gebären zu wenig oder falsches Futter erhalten. Zuletzt entnimmt Kaske Kot- und Blutproben von den Kälbern und begutachtet die Futtermengen. Schweizweit unterwegs Der Betriebsbesuch in Schaffhausen ist nur einer von mehr als 75, die Martin Kaske gemeinsam mit seinem Team des Kälbergesundheitsdiensts (KGD) im Jahr 2019 schweizweit getätigt hat. Gegründet wurde der KGD 2017 aufgrund einer Initiative des Verbands der Schweizer Kälbermäster und der Vereinigung der Schweizer Rindfleischproduzenten Swiss Beef. «Wir ersetzen keinesfalls den Hoftierarzt, sondern wollen ihn unterstützen», betont Kaske. So entwickelt und optimiert der KGD Präventionsprogramme mit dem Ziel, dass Kälber auf Milchvieh-, Mast- und Mutterkuhbetrieben erst gar nicht erkranken – und so der Einsatz von Antibiotika minimiert wird.

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Zwar lauern Viren, Bakterien, Parasiten und andere Krankheitserreger in jeder Ecke – und Neugeborene sind besonders gefährdet. «Die Erreger sind jedoch nicht das entscheidende Problem», sagt Kaske. Meist erkranken Kälber erst dann, wenn zu den gefährlichen Keimen auch Mängel bei Fütterung, Lüftung oder Sauberkeit hinzukommen. Auf dem Schaffhauser Betrieb neigt sich der Rundgang dem Ende zu. Martin Kaske wird nun die Kot- und Blutproben ins Labor schicken. Die Ergebnisse fliessen dann gemeinsam mit seinen Eindrücken in einen Bericht. «Darin werde ich spezifische Massnahmen empfehlen, um die Kälber des Bauern langfristig wieder gesund und munter zu machen.»


Auf Mission für gesunde Kälber: Tierarzt Martin Kaske besucht in der ganzen Schweiz Mastbetriebe, um vor Ort zu klären, weshalb Jungtiere krank werden.


Unter der Anleitung von Departementsleiter Colin Schwarzwald Ăźbt eine Studentin, am Kopf des Pferdes den Puls zu ertasten.


Departement Pferde

«Durch die Oberarztsprechstunde sind wir effizienter, sodass wir mehr Patienten helfen können» Die Pferdeklinik des Tierspitals gehört europaweit zu den führenden Kliniken. Rund um die Uhr kümmern sich Spezialisten um das Wohl der Patienten. Ihre Erfahrung geben sie unter anderem in Beratungsdiensten weiter, erzählt Departementsleiter Colin Schwarzwald. Und sie helfen mit, neue Diagnosemöglichkeiten und Therapieansätze zu entwickeln.

Herr Schwarzwald, früher war ein Knochenbruch am Bein meist das Todesurteil für ein Pferd. Ist das heute anders? Ja, das ist schon lange nicht mehr so. Grundsätzlich sind Frakturen am Bein schwieriger zu behandeln, wenn sie weiter oben am Bein liegen. Wenn es dazu ein komplizierter Bruch an einem Gelenk oder gar ein offener Bruch ist, wird es heikel. Aber viele Beinbrüche lassen sich heute chirurgisch gut behandeln. Und bildgebende Verfahren helfen uns, Operationen besser als früher zu planen. Mit einem Computertomographen (CT) beispielsweise lässt sich ein dreidimensionales Bild des Knochens rekonstruieren, das dem Chirurgen die Situation genau zeigt. So kann er Implantate präzise setzen. Seit Januar 2019 können wir gewisse CT-Untersuchungen am Kopf sogar am stehenden Pferd durchführen. Was ist der Vorteil, wenn das Pferd während der Untersuchungen steht? Die Untersuchung ist schneller, weniger aufwendig und man muss die Tiere dafür nicht narkotisieren. Innert weniger Minuten lässt sich alles sichtbar machen, was am und im Kopf des Pferdes liegt, etwa Verletzungen, Knochenbrüche, Tumore, Atemwegs-, Zahn- und Kieferprobleme. Wie zieht sich denn ein Pferd eine Verletzung am Kopf zu? Leider gibt es dafür viele Möglichkeiten. Ein Hufschlag von einem anderen Pferd, ein Zusammenstoss mit einem Auto, das Pferd rennt in Panik gegen ein Hindernis, ... Huch. Ja. Umso wichtiger ist unsere 24-Stunden-Notfall- und Intensivbetreuung.

Wir sind rund um die Uhr mit einem Team von Ärzten und Pflegenden vor Ort. Weitere Spezialisten stehen auf Abruf bereit. Es gibt Nächte, da kommen drei, vier Notfallpatienten rein. Nicht nur Verletzungen, oft zum Beispiel auch Pferde mit Koliken oder kranke Fohlen. Sie sind Grosstier-Kardiologe und die Klinik für Pferdemedizin ist eine der wenigen in Europa, die auf Herzerkrankungen spezialisiert ist. Was heisst das für ihre Patienten? Wir sind führend was die Diagnostik und Therapie angeht. So können wir seit kurzem neben herkömmlichen auch dreidimensionale Herzultraschalluntersuchungen durchführen. Oder Langzeit-EKGs, mit welchen sich die Herzfunktionen kabellos über 24 Stunden oder länger beobachten lassen. Für die Auswertung dieser Daten haben wir eigens neue Analysemethoden entwickelt. Denn zuvor konnte man mit den grossen Datenmengen, wie sie bei einem 24-Stunden-EKG entstehen, kaum umgehen. Jetzt können wir damit Rhythmusstörungen und Muster erkennen, die auf einem Kurzzeit-EGK nicht sichtbar sind. So können wir Herzkrankheiten präziser diagnostizieren und besser behandeln. Diese Erfahrung geben wir auch weiter. Wie das? Wir bilden regelmässig andere Tierärzte an Weiterbildungsveranstaltungen aus. Ausserdem haben wir 2019 einen Beratungsservice gestartet. Tierärzte können uns EKG- und Ultraschalluntersuchungen zuschicken. Diese analysieren wir und schicken eine Beurteilung der Befunde zurück. Diesen Service nehmen nicht nur

Schweizer Tierärzte in Anspruch – auch solche aus Deutschland, den USA oder Australien. Die Auswertung solcher Messdaten ist eines unserer Hauptforschungsgebiete. Dafür pflegen wir auch einen engen Kontakt zur Humankardiologie. Zurzeit testen wir beispielsweise ein Gerät aus der Humanmedizin, das EKG und Herztöne aufnehmen und automatisch analysieren kann. Diese Technologie möchten wir künftig für Tierärzte anwendbar machen, die in der Kardiologie weniger erfahren sind. Auch in der Sportmedizin sind solche Untersuchungen wichtig, beispielsweise bei Belastungstests mit EGK-Messungen auf dem Laufband. Die Abteilung Sportmedizin bietet zudem viele weitere diagnostische Möglichkeiten für Sportpferde an, darunter Ganganalysen und Satteldruckmessungen. Ein weiteres Spezialgebiet des Departements ist die Ophthalmologie. Richtig. Die Ophthalmologie gehört zwar zu unserem Departement, betreut aber alle Tierarten, vom Hamster bis zum Elefanten. Hier haben wir kürzlich etwas Neues eingeführt, die Oberarztsprechstunde. Dabei werden die Patienten direkt von einem Oberarzt betreut. Dadurch sind wir effizienter, sodass wir letztlich mehr Patienten helfen können. Denn gerade die Ophthalmologie erhält viele Überweisungen von externen Tierärzten, darum gab es zuvor eine lange Warteliste, auch für Operationen. Das hat sich durch die Oberarztsprechstunde entschärft.

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Departement Pferde – Chirurgie

Endlich eine wirksame Therapie bei Sehnenverletzungen An der Klinik für Pferdechirurgie des Tierspitals Zürich läuft derzeit eine klinische Studie. Deren Ziel: Sehnenverletzungen optimal heilen und Rückfällen wirkungsvoll vorbeugen. Die bisherigen Resultate sind vielversprechend.

Eigentlich war die Karriere von Uza Josselyn zu Ende: Das Trabrennpferd hatte sich 2017 zum zweiten Mal dieselbe Sehne verletzt. Die Aussichten, dass die Stute erfolgreich in den Spitzensport zurückkehren würde, standen schlecht. Doch die neuerliche Verletzung, die sonst höchstwahrscheinlich das Aus bedeutet hätte, wurde zu Uza Josselyns grosser Chance: Das Vollblut nahm an einer damals gerade anlaufenden klinischen Studie am Tierspital teil. Im Mittelpunkt der Studie steht der Wirkstoff Genipin. Tierärzte am Tierspital untersuchen, ob sich damit verletzte Pferdesehnen verstärken lassen, sodass das Gewebe später nicht wieder reisst. Mit dem Wirkstoff, einem sogenannten Cross-linker, der aus der Gardenia-Pflanze stammt, lassen sich Biomoleküle wie Proteine oder Kollagen durch zusätzliche Bindungen fester machen. Dass das auch bei Sehnen – diese bestehen zur Hauptsache aus Kollagen – funktioniert, konnten unlängst Forschende der Universitätsklinik Balgrist zeigen. Sie behandelten im Labor Pferdesehnen, die sie in Nährlösung künstlich am Leben erhielten, mit Genipin. Und sie konnten zeigen, dass diese im Vergleich mit unbehandeltem Sehnengewebe mehr Zugspannung aushielten. Ob sich der Effekt aus dem Labor ebenfalls in Sehnen lebender Pferde einstellen würde, war zu Beginn der Studie noch unklar. «Deshalb begannen wir mit Fällen, deren Heilungschancen eher gering waren», erklärt Pferdechirurg Corsin Heim, der die Studie am Tierspital zusammen mit dem Professor für Pferdechirurgie, Anton Fürst, betreut. Neue Verletzungen verhindern Uza Josselyn wurde Probandin Nummer eins. Sie und 21 weitere Pferde erhielten Genipin ins gesunde Sehnengewebe gespritzt, das an die Verletzung angrenzt. «Die Idee ist, die Sehne um die beschädigte Stelle herum zu verstärken», erklärt Heim. Denn Narbengewebe ist relativ hart, der unversehrte Sehnenteil dagegen elastisch. Und am abrupten Übergang dazwischen reisst die geschwächte Sehne häufig erneut. «Indem wir das gesunde Gewebe direkt neben dem Narbengewebe verstärken, schaffen wir einen graduellen Übergang zwischen starrem Narbengewebe und elastischer Sehne», erklärt der Tiermediziner. Der sanftere Wechsel von hart zu weich soll einer erneuten Verletzung vorbeugen. Soweit die Theorie. Was Genipin in der Praxis bewirkt, überprüften die Tierärzte mittels Ultraschall-Elastographie. Anhand der farbigen Bilder, die dieses Verfahren liefert, lassen sich

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mechanische Eigenschaften von Geweben bestimmen. Nun wurde die Methode erstmals im Zusammenhang mit Pferdesehnen eingesetzt. Und tatsächlich: Aufnahmen von behandelten Sehnen deuten darauf hin, dass diese durch die Behandlung wirklich verstärkt wurden. Bei einem Pferd, das nach der Genipin-Injektion ausnahmsweise bis zum nächsten Tag im Tierspital blieb, legen die Aufnahmen sogar nahe, dass die Sehne durch die Behandlung buchstäblich über Nacht stärker geworden war. «Uns sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen», erinnert sich Heim. Entsprechend gross ist die Hoffnung der Tierärzte, dass sie endlich ein Mittel gefunden haben, mit dem sie Sehnenverletzungen zuverlässig behandeln können. Denn Sehnenverletzungen sind die häufigsten Verletzungen im Reitsport, deutlich häufiger als zum Beispiel Knochenbrüche. Wie auch bei Uza Josselyn entstehen sie meist nicht durch Unfälle, sondern sind das Resultat wiederkehrender Mikroverletzungen. Zu diesen kommt es, wenn eine Sehne wiederholt überbelastet wird. «Irgendwann gibt die Sehne nach», sagt der Pferdechirurg. Je nach Pferdesportart sind unterschiedliche Sehnen betroffen. Für Pferd und Besitzer bedeutet eine solche Verletzung oft eine lange Durststrecke: Zuerst darf sich das Pferd praktisch nicht bewegen, danach nur kontrolliert. Es folgt ein intensives Wiederaufbautraining. Und trotz alledem bleibt fraglich, ob das Pferd sein vorheriges Niveau wieder erreichen und ob die geschwächte Sehne halten wird. «Wir wären wirklich froh, wenn wir endlich eine Therapie hätten, die zuverlässig wirkt», sagt Heim. Von den 22 mit Genipin behandelten Tieren hat sich bisher keines wieder verletzt. «Wir versprechen uns wirklich viel von Genipin», sagt er. Doch um zu beweisen, dass die Substanz tatsächlich wirkt und um die Behandlung später auf den Markt bringen zu können, fehlen weitere Daten. Das Problem: «Meist sind unterschiedliche Sehnen betroffen und die Verletzungen sind unterschiedlich gross», sagt Heim. Daher ist es schwierig, allgemeingültige Aussagen zu machen. Um die klinische Studie abzuschliessen, brauchen die Forschenden daher möglichst viele weitere Probanden. Für Uza Josselyn und ihre Besitzer war die Studienteilnahme ein voller Erfolg: Die Stute schaffte dank Genipin ihr Comeback. Sie ist bei internationalen Trabrennen regelmässig ganz vorne dabei und gilt heute als eines der besten Trabrennpferde Europas.


Die Pferdechirurgen Corsin Heim (links) und Anton Fßrst bereiten eine Injektion mit Genipin vor. Damit wollen sie den häufigsten Verletzungen im Reitsport vorbeugen.


Departement Pferde –Ophthalmologie

Wieder sehen dank einer einzigartigen Netzhautoperation Hunden und Katzen, die aufgrund einer Netzhautablösung erblinden, kann am Tierspital Zürich neuerdings geholfen werden: Tieraugenärztin Katrin Voelter gibt ihnen mit einem chirurgischen Eingriff ihr Sehvermögen zurück.

Die Jalousien sind geschlossen, die Operationslampen aus. Der Operationssaal liegt im Dämmerlicht. Bis auf ein regelmässiges Piepsen ist es sehr still. Gesprochen wird nur leise. Auf einem Tischchen ist ein Gerät mit diversen Schläuchen erkennbar, auf einem anderen liegt Operationsbesteck bereit. In der Mitte steht der Operationstisch. Auf dessen oberem Ende liegt der Patient, unter den Tüchern lugt nur eine kleine hellbraune Pfote mit Infusionsschläuchen hervor. Eine Anästhesistin überwacht Atmung und Lebenszeichen des Hundes. Im ganzen Raum ist nur ein einziger Punkt hell beleuchtet. In diesem Lichtfleck operiert Katrin Voelter. Seit gut einem Jahr führt die Tieraugenchirurgin am Universitären Tierspital Zürich eine Operation durch, die weltweit nur rund ein Dutzend Fachkollegen und Fachkolleginnen beherrschen. Das Ziel: Die abgelöste Netzhaut wieder an den Augenhintergrund anlegen und dort befestigen. Die Netzhaut, das ist jener Teil des Auges, der den Augapfel innen auskleidet. Hier liegen die Sehzellen, die hell und dunkel sowie Farben unterscheiden können. Diese Informationen leiten die Zellen via Sehnerv ans Gehirn weiter, wo sie zu Bildern verarbeitet werden. Damit das funktioniert, muss die Netzhaut schön glatt an der dahinterliegenden Aderhaut anliegen. Nur so entsteht im Gehirn ein scharfes Bild. Und nur so wird die Netzhaut von den Blutgefässen der Aderhaut mit ausreichend Sauerstoff versorgt. Voelter sitzt eingehüllt in Operationskleidung, Haube und Mundschutz kerzengerade am Kopfende der Liege. Eine zweite Ärztin, die ihr assistiert, sitzt übereck. Beide schauen konzentriert durch Okulare eines grossen Mikroskops, das an einem massiven Schwenkarm befestigt vor ihnen schwebt. Direkt darunter leuchtet das hell angestrahlte Auge des Patienten: Die Pupille ist maximal geöffnet; ein Lidspreizer hält das Auge offen. Zwei Monitore zeigen, was dort passiert: Zunächst legt Voelter im weissen Bereich des Augapfels drei winzige metallene Zugänge ins Innere des Auges. Durch diese führt sie feine Instrumente hinein. Der Platz ist knapp, die Sicht beschränkt. Zuvor blinde Tiere können wieder sehen «Zuerst zerschneide ich mit einer Art Mini-Guillotine den Glaskörper und sauge ihn ab», erklärt die Tierchirurgin nach der Operation. Damit das Auge währenddessen seine Form behält, ersetzt sie die gelatineartige Masse laufend durch Salzlösung. In einem zweiten Schritt tauscht sie

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diese gegen sogenannte «schwere Flüssigkeit» aus. Deren Funktion: Sie drückt die Netzhaut – die man sich laut Voelter wie eine sehr dünne Frischhaltefolie vorstellen kann – wieder schön glatt an den Augenhintergrund an. Ist das geschafft, befestigt die Chirurgin in einem dritten Schritt die Netzhaut mittels Laser wieder an der Aderhaut. Zuletzt tauscht sie die schwere Flüssigkeit gegen Silikonöl aus: Dieses hält die Netzhaut in Position und bleibt statt des Glaskörpers dauerhaft im Auge. Anderthalb bis vier Stunden dauert so eine Netzhautoperation. Und sie macht vorher blinde und orientierungslose Tiere wieder sehend.

Schon jetzt kommen Anfragen aus der ganzen Schweiz und aus dem europäischen Ausland. Das hat bei diesem Hund, einem sechs Jahre alten Havaneser-Weibchen, nicht gleich geklappt. Die Chirurgin musste die Operation beim ersten Versuch wegen einer Blutung im Auge abbrechen und konnte sie erst einige Tage später erfolgreich zu Ende führen. Auf Anhieb gelungen ist der Eingriff zum Beispiel bei Nini, einer Hündin der Rasse Italienisches Windspiel. Diese Windhunde haben züchtungsbedingt häufig degenerierte Glaskörper, die dazu neigen, sich bereits in jungen Hunde-Jahren zu verflüssigen. Das zieht wiederum oft Netzhautablösungen nach sich. Dass mit Nini etwas nicht stimmte, merkten die Westschweizer Besitzer, als die Hündin plötzlich nichts mehr sah. Ihre Tierärztin stellte in einem Auge eine bereits ältere, nicht mehr operierbare, und im anderen eine frische Netzhautablösung fest. Sie kontaktierte das Tierspital Zürich, wo Voelter das erst 6-jährige Tier umgehend operierte. Erfolgreich: Nini sieht heute wieder. Wenn es schnell gehen muss «Solche Fälle kommen immer als Notfall herein», sagt Voelter. Denn anders als beim Menschen, wo schwarze Flecken im Sehfeld meist rasch bemerkt und behandelt werden, ändert sich das Verhalten betroffener Tiere kaum, solange nur ein Auge betroffen ist. Daher bemerken Besitzer und Besitzerinnen die Netzhautablösungen meist erst, wenn das zweite Auge erblindet. Dann muss es schnell gehen. Denn vergeht zu viel Zeit, bis das Auge operativ versorgt werden kann, wird die abgelöste Netzhaut nicht mehr ausreichend durchblutet und stirbt ab. Trotz des Zeitdrucks: Bevor die Tieraugenärztin operiert, berät sie Besitzerinnen und Besitzer ausführlich über


Katrin Voelter führt am Tierspital einen Eingriff durch, den weltweit nur wenige Tieraugenärzte beherrschen – und der blinde Tiere wieder sehend macht.

den Eingriff. Ganz wichtig ist, dass die Halter zu einer intensiven Nachsorge bereit sein müssen, und dass das Tier entsprechend kooperativ ist. Auch die hohen Kosten der Operation von rund 4500 Schweizer Franken werden thematisiert. «Besitzerinnen oder Besitzer müssen hundertprozentig davon überzeugt sein, dass sie die Operation für ihr Tier wollen», sagt Voelter. Für sie steht allerdings bei jedem Eingriff das Tier im Mittelpunkt. «Ich will vor allem dem Tier etwas Gutes tun und nicht um jeden Preis die Wünsche seiner Besitzer erfüllen», sagt sie. Konsequenterweise operiert sie nur dann, wenn die Operation die Lebensqualität eines Tieres verbessern kann. Dass dies bei dieser Netzhautoperation so klar der Fall ist, motivierte Voelter dazu, sich gerade diese Operationstechnik anzueignen.

«In Fällen wie dem von Nini bietet die Operation die einzige Chance, dass ein betroffenes Tier wieder sehen kann.» Katrin Voelter, Tieraugenchirurgin am Universitären Tierspital Zürich

«Wie fast alles in der Tiermedizin wurde auch diese Operation ursprünglich für den Menschen entwickelt und wird in der Humanmedizin schon lange angewendet», berichtet die Tiermedizinerin. Seit rund zehn Jahren pro-

fitieren auch Tiere davon. Dass nur so wenige Tierkliniken in Europa und in Nordamerika diese Operation anbieten, erklärt sich die Tierärztin mit den teuren Geräten, die dafür notwendig sind, der Komplexität des Eingriffes, und auch mit den eher geringen Fallzahlen. Denn der Eingriff kann nicht bei allen Netzhautablösungen angewendet werden. Sind etwa Bluthochdruck, Entzündungen oder Tumore die Ursache dafür, ist die Operationsmethode nicht geeignet. «In Fällen wie dem von Nini», sagt Voelter, «bietet sie allerdings die einzige Chance, dass ein betroffenes Tier wieder sehen kann.» Anfragen auch aus dem Ausland Um sich die Methode anzueignen, machte die Tiermedizinerin zunächst ein Praktikum in den USA, lernte von einem Kollegen in Kanada und sah bei Netzhautoperationen am Menschen zu. In der Schweiz absolvierte sie dann mehrere Trainings bei den Herstellern der genutzten Operationsgeräte, übte an Schweineaugen und am virtuellen Auge des OP-Simulators am Universitätsspital Zürich. Seitdem Voelter den Eingriff beherrscht, hat sie diesen am Tierspital mehrmals durchgeführt. «Nun muss sich noch weiter herumsprechen, dass wir diese Operation hier am Tierspital anbieten», sagt Voelter. Schon jetzt kommen Anfragen aus der ganzen Schweiz und aus dem europäischen Ausland.

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Departement Pferde – Sportmedizin

Departement Pferde – Kardiologie

Druck auf den Pferderücken

Elektroschock direkt ins Herz

Beim Reiten wirken auf den Pferderücken starke Kräfte. Darum haben sich die Pferdemediziner des Tierspitals darauf spezialisiert, Rückenbeschwerden von Reitpferden zu erkennen und nachhaltig zu behandeln.

Am Tierspital führt der Grosstier-Kardiologe Colin Schwarzwald einen Eingriff durch, den weltweit nur wenige Tierärzte beherrschen: Er befreit Pferde mittels Elektroschocks von Herzrhythmusstörungen.

Munter trabt die 7-jährige Araberstute um den kreisförmigen Platz herum. Auf dem Rücken trägt sie nicht nur ihren gewohnten Reiter, sondern unter Sattel und Satteldecke zusätzlich ein schlaues Gadget: eine elektronische Satteldruck-Messmatte. Diese enthält gesamthaft 256 Sensoren, die die Kraft messen, mit welcher der Sattel auf die Matte drückt. Über Bluetooth werden die Messdaten an einen Laptop übermittelt. Vor diesem sitzt Tierärztin Selma Latif. Sie schaut sich live an, welchem Druck der Pferderücken gerade ausgesetzt ist. Die Pferdemediziner des Tierspitals wurden konsultiert, weil die Stute nach einem längeren Ritt neben dem Widerrist plötzlich weisse Haare bekommen hatte. «Das ist ein Anzeichen einer Druckstelle durch den Sattel», erklärt Latif. Hier hatte das Pferd wohl Schmerzen, vielleicht auch länger anhaltende. Mithilfe der heutigen Messung will Latif herausfinden, wie man die Situation verbessern könnte. Das Bild auf dem Laptop macht das Problem sichtbar. Vor allem auf der linken Seite leuchten die höchsten Messwerte in gelb und rot: Der Druck auf den Pferderücken ist asymmetrisch und zu hoch. «So kann ich das Pferd nicht für längere Ritte freigeben», sagt Latif. Sie empfiehlt dem Besitzer, den Sattel als Übergangslösung anpassen zu lassen. Langfristig aber brauche es für die Stute wohl einen neuen, massgefertigten Sattel, der das Reitergewicht besser verteile.

«Alle zurücktreten, Schock erfolgt!» Nach dem Warnruf tritt Colin Schwarzwald selbst einen Schritt zurück. Der Defibrillator, den der Kardiologe vor sich stehen hat, zeigt mit einem Warnton an, dass er sich auflädt – dann löst Schwarzwald die Entladung aus: 100 Joule jagen durch zwei Katheter hindurch direkt ins Herz des Patienten, ein 6-jähriger Holsteiner-Wallach. Der Pferdekörper zuckt und kommt wieder zur Ruhe. Auf dem Herzmonitor kontrolliert Schwarzwald die EGK-Kurve des narkotisierten Pferdes: Das Vorhofflimmern ist noch zu sehen. Nach einer Pause von zwei Minuten und dem Okay der Anästhesisten löst der Kardiologe einen weiteren Stromstoss aus. Nach dem dritten zeigt die EGK-Kurve einen normalen, regelmässigen Herzrhythmus.

Für einen nachhaltig gesunden Rücken Die Satteldruckmessung ist nur eines der Verfahren, mit denen die Pferdemediziner des Tierspitals die Rückengesundheit von Pferden untersuchen und verbessern. Denn der Rücken – dessen Haltung und Muskulatur – ist bei den Reittieren besonders wichtig. Wenn ein Pferd nicht richtig trainiert wird oder bereits Schmerzen im Rücken hat, entwickelt es Fehlhaltungen und als Folge falsche muskuläre Spannungen: Es legt etwa am Unterhals an Muskulatur zu, verliert aber wichtige Rückenmuskeln. Solche Probleme gehen die Pferdemediziner unter anderem mit Bewegungsanalysen auf dem Laufband, mit verschiedenen manuellen Therapien oder mit Akupunktur an. «Unser Ziel ist es, mehr zu tun, als nur die Symptome zu bekämpfen», sagt Latif. Darum kommen zur Therapie idealerweise eine Gangschulung des Pferds und eine Trainingsberatung hinzu. Das Pferd soll seinen Reiter schliesslich langfristig mit Wohlbefinden tragen können.

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Einzigartiger Eingriff Nur wenige Tierärzte weltweit beherrschen den eben erfolgten Eingriff, die elektrische Kardioversion, mit dem sich Pferde von Vorhofflimmern befreien lassen. Diese Herzrhythmusstörung entsteht, wenn die für jeden Herzschlag nötige elektrische Erregung in den Herzvorhöfen durcheinandergerät. Die Erkrankung ist nicht tödlich, doch betroffene Tiere leiden häufig unter einem Leistungseinbruch. Wie auch der Holsteiner-Wallach, der nun bald aus seiner Narkose aufwachen wird. Er war in der Springstunde plötzlich stehengeblieben, wollte sich kaum mehr bewegen. Im Tierspital untersuchten die Pferdemediziner dann die Herzstrukturen und -funktionen des Tiers und entdeckten das Vorhofflimmern. Zusätzlich diagnostizierten sie einen Defekt der Herzklappen. «Dass zusammen mit dem Vorhofflimmern weitere, gefährlichere Rhythmusstörungen auftreten, kommt häufig vor», erklärt Kardiologe Schwarzwald. Darum ist eine Behandlung bei Sportpferden, die viel leisten müssen, unumgänglich. Dafür nötig sind präzise im Herzen positionierte Elektroden, eine in der linken Lungenarterie, eine im rechten Herzvorhof. Sie werden in einer stundenlangen Prozedur über einen kleinen Schnitt im Hals durch die Halsvene des Pferdes eingeführt. Unter anderem helfen Ultraschallund Röntgenbilder bei der exakten Positionierung. Ebenfalls entscheidend ist das Timing der Elektroschocks: Erfolgen sie im falschen Augenblick, kann das Pferd sterben. Doch im richtigen Moment ausgelöst, bringen sie die elektrischen Vorgänge im Herzen wieder ins Lot. Wie beim heutigen Patienten. Der Wallach wird nun noch drei Tage zur Beobachtung in der Klinik bleiben, danach darf er mit normalem Herzrhythmus nach Hause.


Hier ist Teamwork gefragt: Kardiologe Colin Schwarzwald (links) kßmmert sich gemeinsam mit einer Tierärztin, einer Studentin sowie einem Pfleger um den herzkranken Wallach.


Das sechs Monate alte Kalb wird operiert, um einen Darmverschluss zu beheben. Die Anästhesistin Regula Bettschart und eine Assistenzärztin überwachen die Narkose.


Departement Klinische Diagnostik und Services

«Wir sind kein reiner Servicebetrieb» Das Departement für Klinische Diagnostik und Services leiste mehr als sein Name verrät, sagt die interimistische Departementsleiterin Regula Bettschart. Zum Beispiel würden hier Daten gesammelt, die für Säuglinge überlebenswichtig sein können.

Frau Bettschart, das Departement für Klinische Diagnostik und Services existiert erst seit gut zwei Jahren. Hat sich die neue Struktur bewährt? Alle unsere Abteilungen arbeiten mit Patienten, die ihnen von den anderen Departementen zugewiesen werden. Insofern war es ein logischer und richtiger Schritt, sie zusammenzuführen. Es dauert natürlich, bis alles eingespielt ist und sich eine eigene Identität entwickelt hat. Wie meinen Sie das? Früher waren die einzelnen Abteilungen anderen Departementen angegliedert. Das Veterinärmedizinische Labor war bei den Nutztieren, die Anästhesiologie bei den Pferden, die Bildgebende Diagnostik bei den Kleintieren. Nun sind alle diese unterschiedlichen Disziplinen vereint, obwohl sie nicht sehr viel miteinander zu tun haben. Die enge Zusammenarbeit von Anästhesiologie und Diagnostik bei Magnetresonanztomographien ist dabei die Ausnahme. Das heisst: Was alle Abteilungen gemeinsam haben ist, dass sie für alle Kliniken arbeiten und für diese auch Dienstleistungen erbringen. Sie analysieren Gewebe- oder Blutproben, machen Röntgenaufnahmen und Computertomographien oder versetzen Tiere in Narkose. Der Name des Departements ist darum sicher richtig gewählt, jedoch merken wir auch, dass er zu Missverständnissen führt. Wir sind kein reiner Servicebetrieb. Die klinische Forschung und die universitäre Ausbildung sind für uns sehr wichtig. Können Sie ein Beispiel geben? Unsere Anästhesistinnen und Anästhesisten arbeiten seit zehn Jahren mit dem Kinderspital Zürich zusammen. Was wir an jungen Schweinen erforschen, ist für die Humanmedi-

zin äusserst wertvoll. So testen wir etwa, was passiert, wenn wir Ferkel unterschiedlich stark beatmen. Oder wir erforschen die ideale Zusammensetzung der Elektrolyt-Flüssigkeit, die man Neugeborenen gibt, die mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen sind. Für das Menschenbaby ist das überlebenswichtig, denn sonst besteht die Gefahr, dass es zu wenig Natrium im Blut hat. Dieser Wert lässt sich bei einem Neugeborenen nicht regelmässig überprüfen. Denn die kleinen Wesen haben schlicht zu wenig Blut, als dass man alle 30 Minuten eine Probe nehmen könnte. Sie erwähnten auch die Wichtigkeit der Ausbildung im Departement. Richtig. Gemeinsam mit anderen Abteilungen des Tierspitals bauen wir derzeit ein Skills Lab auf. Dieses soll Studierende einerseits besser auf die Praxis vorbereiten. Andererseits erhöht es die Sicherheit unserer Patienten. Denn im Skills Lab lernen die Studierenden nicht an lebenden Tieren, sondern anhand von Modellen, wie sie richtig intubieren, einen Katheter legen oder ein Tier reanimieren. Bei den Modellen handelt es sich zum Beispiel um den Kopf einer Katze oder den hinteren Teil eines Hundes. Auch ein Pferd in Lebensgrösse haben wir seit kurzem. Diese Modelle fühlen sich so an wie richtige Tiere und vor allem sind sie auch innen realitätsgetreu nachgebaut. Wenn Sie zum Beispiel der Katze in den Mund schauen, können Sie nach dem Kehlkopf und der Speiseröhre tasten.

dem ein kleines, voll ausgestattetes Labor eröffnen können, das Notfallärzte und Pflegefachleute selbständig benutzen können. Welche Herausforderungen erlebten Sie im vergangenen Jahr im klinischen Alltag? Wir haben immer mehr polymorbide, also mehrfach kranke Patienten. Unter anderem dadurch benötigen wir immer mehr Blut. Jedoch stösst die Blutbank des Tierspitals, für welche die Abteilung Anästhesiologie seit 20 Jahren zuständig ist, an ihre Grenzen. Deswegen müssen wir seit kurzem auch Blut aus dem Ausland importieren. Es wäre natürlich toll, wenn wir wieder mehr Blutspenden bekommen würden. Womöglich lesen Tierhalter mit: Nach was für Blutspendern suchen Sie? Einerseits nach grossen, über 25 Kilogramm schweren Hunden, die mindestens ein Jahr alt, gesund und ruhig sind. Auch Blutspenden von ein- bis zehnjährigen gesunden Katzen können wir sehr gut gebrauchen. Da Katzen für die Blutspende eine Anästhesie brauchen, ist es bei ihnen umso wichtiger, dass ihre Besitzer in der Nähe wohnen und relativ kurzfristig vorbeikommen können. Den Besitzern geben wir als Dankeschön einen Sack Futter mit.

Am Tierspital gibt es seit 2019 einen neuen Notfall. Hat dieser sich auf Ihren Alltag ausgewirkt? Ja. Die Abteilungen Anästhesiologie und Diagnostik haben auf durchgehenden Betrieb mit Pikettdienst umgestellt. Anfang 2020 haben wir zu-

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Departement Klinische Diagnostik und Services – Bildgebende Diagnostik

Wer hat das Kaninchen geköpft? Ein kopfloses Kaninchen gibt Rätsel auf: Handelt es sich um einen Fall von Tierquälerei? Experten vom Universitären Tierspital Zürich begaben sich auf Spurensuche – und überführten den Übeltäter.

Ob es an diesem Dezembermorgen im Jahr 2017 neblig war, ob eine Krähe krächzend einen unheimlichen Kommentar abgab oder weinende Kinder getröstet und weggebracht werden mussten – all das ist nicht überliefert. Tatsache ist, dass in einem scheinbar verschlossenen Aussengehege nur noch ein unversehrtes Zwergkaninchen sass. Das zweite, ein gut gepflegtes, wohlgenährtes schwarzes Weibchen, lag tot im Garten. Sein Kopf fehlte. Da es so aussah, als sei der Kopf durch einen mehr oder weniger sauberen Schnitt vom Körper getrennt worden, riefen die Besitzer die Polizei. Diese stellte den kopflosen Körper sicher. Der Verdacht: Tierquälerei. Hatten Menschen die Kaninchendame so zugerichtet? Solches ist zum Beispiel in Zusammenhang mit einem Nachbarschaftsstreit oder okkulten Ritualen denkbar. Oder hatte sich doch ein tierischer Räuber über das Haustier hergemacht? «Früher wurden in solchen Fällen nur selten Experten zugezogen», sagt Patrick Kircher, Leiter der Klinik für Bildgebende Diagnostik. Doch heutzutage, wo sich Berichte über Tierquälerei – speziell via soziale Medien – rasend schnell verbreiten, ist die Öffentlichkeit stärker für das Thema sensibilisiert. Deshalb werden Verdachtsfälle unterdessen sorgfältig abgeklärt. So auch in diesem Fall: Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein und beauftragte das Universitäre Tierspital Zürich, den Körper des Kaninchens zu begutachten. Wie in der Gerichtsmedizin Ein Spezialisten-Team aus Tiermedizinern der Abteilung für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten und der Klinik für Bildgebende Diagnostik untersuchte mit Unterstützung von Forensikern des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich das tote Kaninchenweibchen nach Hinweisen zu Tathergang und Täterschaft: Dessen sterbliche Überreste durchliefen eine veritable gerichtsmedizinische Untersuchung. Den Anfang machte eine sogenannte Virtopsie. «Dabei handelt es sich um eine Art virtuelle Autopsie», erklärt Matthias Dennler, Oberarzt an der Klinik für Bildgebende Diagnostik. Konkret scannte der Bild-Spezialist den Kaninchenkörper zunächst mit einem Computertomografen. Dabei bleibt der Körper eines lebenden oder wie in diesem Fall eines toten Tieres unangetastet. In seinem sonstigen klinischen Alltag nutzt der Radiologe Computertomographien für Diagnosen, um vor einer Operation die genaue Lage und Form einer Struktur – beispielsweise eines Tumors – darzustellen oder um Chirurgen zur optimalen Schnittführung zu beraten. Bei der virtuellen Autopsie

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dient die Methode dazu, den Originalzustand des toten Körpers festzuhalten, bevor Proben entnommen werden oder dieser bei der eigentlichen Autopsie geöffnet wird. Ausserdem können CT-Aufnahmen Details enthüllen, die von aussen oder bei einer herkömmlichen Autopsie nicht oder nur ungenügend sichtbar sind.

Heutzutage, wo sich Berichte über Tierquälerei – speziell via soziale Medien – rasend schnell verbreiten, ist die Öffentlichkeit stärker sensibilisiert. Deshalb werden Verdachtsfälle sorgfältig abgeklärt. «Besonders unvollständige Knochenbrüche oder feine Knochenrisse sind auf CT-Bildern sehr genau erkennbar», erklärt Dennler. Und solche Frakturen sind in Fällen, in denen die Todesursache unklar ist, besonders wichtig. Die charakteristische Art, wie die Knochen geborsten sind, kann darauf hindeuten, was und letztlich auch wer die tödlichen Verletzungen verursacht hat. Auch in den Körper eingedrungene und dort steckengebliebene Projektile aus Schusswaffen lassen sich damit lokalisieren. Neben den Knochen sind auf den CT-Bildern auch das weiche Gewebe eines Körpers und deren krankhafte oder durch Gewalteinwirkung entstandene Veränderungen erkennbar. Im dreidimensionalen Gesamtbild können die entscheidenden Merkmale aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt und auch herangezoomt werden – wodurch Verletzungen sehr genau analysierbar sind. Auf Tätersuche «Beim geköpften Kaninchen haben wir an Schulterblättern und Oberarmknochen zahlreiche Trümmerbrüche, also mehrfach gebrochene Knochen, gefunden. Auch die Muskulatur war dort stark zerrissen und zerquetscht. Die Vorderbeine hingen nur noch lose am Körper», berichtet Dennler. Am Hals fanden sich zudem Spuren einer zweiseitigen massiven Gewalteinwirkung. Der Rest des Kaninchenkörpers war weitgehend unverletzt. Diese Befunde bestätigte auch die nachfolgende Autopsie, die Tiermediziner der Abteilung für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten am Tierspital gemeinsam mit Forensikern der Universität durchführten. «Diese Zusammenarbeit mit den Rechtsmedizinern ist für das Tierspital sehr wertvoll»,


Oberarzt Matthias Dennler bei der Detektivarbeit: Er inspiziert die dreidimensionale Rekonstruktion der Oberkörperknochen des getöteten Kaninchens.

sagt Dennler. Denn Tiermediziner verfügen zwar über Expertenwissen in Anatomie, Physiologie, Pathologie und Biologie. Vergleiche mit Befunden aus der forensischen Humanmedizin können indessen helfen, Verletzungen an einem Tierkörper mit stumpfer oder spitzer Gewalteinwirkung besser zu beurteilen. Für Tierquälerei – zumindest durch Menschen – konnten die Forschenden mit den gesammelten Untersuchungsresultaten glücklicherweise keine Hinweise finden. Für eine tierische Täterschaft hingegen schon: Nur schon das Verletzungsmuster legt nahe, dass das Haustier am Hals gepackt wurde. Erst nach dem Tod wurde der Kopf abgetrennt. Die gezackten Schnittkanten, die auf den ersten Blick denen eines Messers glichen, stammten vom messerscharfen Gebiss eines Räubers. «Wäre der Kopf des Opfers noch mit dem Körper verbunden gewesen, hätte man das anhand der von den Zähnen verursachten Löcher und der zweiseitigen Bissabdrücke viel schneller gesehen», erklärt Kircher. Um den Fall auch anderen Gutachtern zugänglich zu machen, publizierten die Beteiligten ihre Arbeit in einer Fachpublikation. Doch wer war nun der Kaninchen-Mörder? Als Verdächtige kamen grundsätzlich verschiedene Tiere wie Fuchs, Marder, Wolf, Hund oder Uhu infrage. Da das Rissbild von Marder, Wolf und Hund aber nicht mit den Ver-

letzungen des Kaninchens übereinstimmten, und Uhus im Umkreis des Tatortes gar nicht vorkommen, blieb nur noch ein Räuber übrig, der in das Täterprofil passte. Nicht nur erlegt er seine Beutetiere mit einem gezielten Biss, er nimmt auch gerne deren Köpfe mit – mutmasslich als einfach zu transportierende, fettreiche Mahlzeit. Ausserdem stehen Haustiere gemäss verschiedenen Mageninhaltsanalysen explizit auf seinem Speiseplan. Und das sprichwörtlich schlaue Tier kann sich durch enge Lücken und Ritzen eines Geheges schieben, ohne Spuren zu hinterlassen. Der Täter war also höchstwahrscheinlich: ein Fuchs.

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Departement Klinische Diagnostik und Services – Spitalapotheke

Die etwas andere Apotheke Wo Pferde, Kühe, Schweine, Hunde, Katzen, Meerschweinchen oder Schildkröten Medikamente erhalten, müssen diese in passender Dosierung und Form verabreicht werden. Diese Herausforderung beflügelt das Team der Spitalapotheke.

Hier läuft alles ein bisschen anders als anderswo. Das liegt vor allem an den Patienten: Wo öffentliche Apotheken schlicht für Menschen da sind, versorgt die Spitalapotheke verschiedenste Tiere – Hunde, Katzen, Esel, Kühe, Ziegen, Frettchen, Hamster, Schildkröten oder Wellensittiche, die in den Kliniken des Tierspitals behandelt werden. Dementsprechend gibt es oft kein Standardprogramm, wieviel ein Tier von einem Medikament erhält und wie. Für die fünf Mitarbeiterinnen der Spitalapotheke heisst das, dass sie stets nach der besten Lösung für jedes einzelne Tier suchen müssen – oder dürfen. Denn ihnen gefällt das stete Optimieren. Das gilt insbesondere für Sina Büel, die seit August 2019 die Spitalapotheke leitet. Die Pharmazeutin war vorher Geschäftsführerin in einer öffentlichen Apotheke mit 15 Angestellten. Mit dem Wunsch, weiterhin in einer Apotheke zu arbeiten, aber trotzdem «noch einmal etwas ganz anderes zu machen», war sie auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Diese hat sie im Tierspital gefunden: «Die Arbeit in der Spitalapotheke des Tierspitals ist extrem vielseitig», schwärmt sie. Sichtbar wird dies zum Beispiel dann, wenn verschriebene Medikamente nicht einfach schachtelweise abgegeben, sondern für jedes einzelne Tier «gerüstet» werden. Das heisst, dass die Halterinnen oder Halter der Spitalpatienten nur genau jene Menge eines Medikamentes bekommen, die ihre Lieblinge tatsächlich benötigen. Häufig sind das einzelne Blister, die die Mitarbeiterinnen der Spitalapotheke in etikettierte weisse Briefchen verpacken. Das schont das Portemonnaie der Tierbesitzer. Denn: «Kaum jemand verfügt über eine Tierkrankenversicherung», sagt Büel. Humanmedikamente angepasst für Tiere Doch genau abgezählte Tabletten oder individuell abgepacktes Pulver – beispielsweise für Chemotherapien – sind noch lange nicht alles. Besondere Schwierigkeiten gilt es zu überwinden, wenn Tiere Medikamente erhalten sollen, die eigentlich für Menschen gedacht sind. Das ist in etwa einem Drittel der Fälle notwendig – dann, wenn es kein registriertes Tier-Medikament gibt. Häufig eingesetzt werden humane Schmerzmittel, leichte Abführmittel oder Ballaststoffe. Doch viele Tiere lehnen Tabletten ab, weil sie ihnen nicht schmecken. Oder ein Wirkstoff ist darin für das Körpergewicht der Patienten viel zu hoch dosiert. «Eine Tablette für eine Katze in Sechzehntel zu zerteilen, ist ziemlich schwierig», veranschaulicht Büel. Zu hoch dosierte Wirkstoffe arbeiten die Apothekerinnen darum in Kapseln ein, um sie zu verdünnen. Manchmal müssen sie auch eine Möglichkeit finden, wie etwa eine Schlange ein Schmerzmittel erhalten kann. Lösungsansätze sind etwa,

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Wirkstoffe, die im Handel nur in Tablettenform erhältlich sind, stattdessen in Tropfenform herzustellen, sie in Kapseln zu verpacken oder in Salben einzuarbeiten. Die Schlange erhielt ihr Medikament schliesslich gespritzt. Ausserdem kommt es öfters vor, dass Ärzte oder Ärztinnen des Tierspitals neue Ideen für Medikamente aus wissenschaftlichen Publikationen umsetzen wollen. «Wir tüfteln dann, bis wir eine geeignete, stabile und einfach zu verabreichende Form gefunden haben», erklärt Büel. Das sei manchmal gar nicht so einfach. Sie persönlich mag

«An neuen Medikamenten zu tüfteln, ist etwas vom Spannendsten, das es in unserem Beruf gibt.» Sina Büel, Leiterin der Spitalapotheke

diese Aufgaben sehr: «Das ist etwas vom Spannendsten in unserem Beruf!», strahlt sie. So hat ihre Vorgängerin beispielsweise eine Salbe entwickelt, die bei Katzen gegen Appetitlosigkeit hilft. Diese wird an der Innenseite der Ohren aufgetragen. «Dort ist die Haut haarlos und die Katzen können die Salbe nicht einfach ablecken», erklärt Büel. Findigkeit ist gefragt Natürlich muss das Team der Spitalapotheke auch zahlreiche handelsübliche Medikamente besorgen. Was vergleichsweise simpel klingt, ist am Tierspital wiederum variantenreicher: Neben in der Schweiz erhältlichen Human- und Tierarzneimitteln kommen auch Medikamente aus dem Europäischen Ausland zum Einsatz. Die mit dem Einkauf betraute Apothekerin muss deshalb die gewünschten Produkte oder Inhaltsstoffe in mehreren verschiedenen Datenbanken von Grossisten und Herstellern suchen. Bei Versorgungsengpässen, die laut Büel heute so häufig sind wie noch nie, ist Findigkeit gefragt. Und schliesslich lagert die Spitalapotheke Medikamente – vorab solche, die im Tierspital regelmässig benötigt werden. Dazu gehört seit Sommer 2019 auch die bereits erwähnte Ohrensalbe. Sie liegt abgefüllt in Einwegspritzen in einer der zahlreichen gelben Schubladen in der Klinik-Apotheke für Kleintiere. Medikamente für Kühe, Schweine und Pferde stehen dagegen in der Klinik-Apotheke für Grosstiere bereit. Zusätzlich beliefert die Spitalapotheke jene Institute am Tierspital, die eigene Arzneimittelvorräte haben. Dort ist stets griffbereit, was die Tiermediziner und Tiermedizinerinnen tagtäglich oder bei Notfällen ausserhalb der Öffnungszeiten der Spitalapotheke brauchen.


Sina BĂźel leitet die Apotheke des Tierspitals. Hier gibt es herkĂśmmliche kommerzielle Medikamente, aber auch selbst hergestellte und neuentwickelte Mittel.


Departement Klinische Diagnostik und Services – Anästhesiologie

Notfall noch vor dem Eingriff Ein allergischer Schock kann beim Menschen zum Tod führen. Nun zeigen Anästhesisten des Tierspitals, dass das Phänomen auch in der Veterinärmedizin beachtet werden sollte – vor allem wenn gewisse Antibiotika verabreicht werden.

Es ist ein Routineeingriff für die Ärzte am Tierspital: Eine 6-jährige Hovawart-Hündin soll kastriert werden. Doch noch während der Vorbereitung für die Operation erleidet sie einen anaphylaktischen Schock. Das ist die schwerstmögliche Form einer allergischen Reaktion. Beim Menschen weiss man um die grosse Gefahr, die davon ausgeht: Innerhalb kurzer Zeit kann ein Herz-Kreislauf-Stillstand eintreten. Vier bis zehn Prozent aller Betroffenen sterben. Eine häufige Ursache für einen allergischen Schock sind Antibiotika. «Wir vermuten, dass auch Tiere häufig allergisch auf Antibiotika reagieren», sagt Simone Ringer, Oberärztin in der Abteilung für Anästhesiologie am Tierspital. Jedoch ist das Phänomen in der Veterinärmedizin bis anhin noch wenig erforscht. «Es braucht aber eine Sensibilisierung, damit die behandelnden Ärzte in einer solchen Notfallsituation schnell und richtig handeln», sagt Ringer. Aus diesem Grund schrieben Ringer und ihre Assistentin Fabiola Jörger den Fall der Hovawart-Hündin jüngst in einer noch unveröffentlichten Fallstudie nieder. Dabei geht es um die Gefahr, die von einem spezifischen Medikament ausgeht: dem Antibiotikum Cefazolin. Doch von vorne: Zu Beginn läuft bei der Hündin, die für eine Kastration ans Tierspital gebracht worden ist, alles nach Plan. Die Ärzte, unter ihnen auch Ringer, verabreichen ihr Schmerzmedikamente und Narkosemittel. Anschliessend geben sie ihr Cefazolin. Das Antibiotikum verhindert, dass sich offene Wunden infizieren – schliesslich soll der Hündin für die Kastration mit einem Schnitt die Bauchdecke geöffnet werden. «Cefazolin ist ein gängiges Medikament, das fast bei jeder zweiten Operation eingesetzt wird», so Ringer. Noch währendem das Antibiotikum verabreicht wird, hebt die Hündin den Kopf. Die behandelnden Ärzte gehen davon aus, dass die Narkose nicht tief genug ist und verabreichen ihr eine weitere kleine Dosis des Betäubungsmittels. Praktisch gleichzeitig steigt die Herzfrequenz des Tiers jedoch von 70 auf 150 Herzschläge pro Minute an. Gleichzeitig ist der Blutdruck nicht mehr messbar. In diesem Moment erkennt Ringer den anaphylaktischen Schock. Während Narkose schwierig zu erkennen Erleidet ein Hund eine allergische Reaktion ist ihm das im Wachzustand relativ einfach anzusehen: Gesicht und Lippe schwellen an, er speichelt und es juckt ihn. Schwieriger wird es, wenn der Hund narkotisiert ist. Dann sind eine schnell steigende Herzfrequenz, ein sinkender Blutdruck sowie eine Verengung der Atemwege häufig die einzigen Anhaltspunkte. Diese können aber auch auf an-

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dere Ursachen zurückzuführen sein: dass die Narkose nicht tief genug ist – was den steigenden Puls erklärt – oder dass das Tier dehydriert ist – was mit einem sinkenden Blutdruck einhergeht. Ringer erkannte den Schock bei der Hündin nur darum rechtzeitig, weil sie einige Monate zuvor einen ähnlichen Fall erlebt hatte – damals mit tragischem Ende. Der 4-jährige Mischling, der wegen eines Geschwürs eingeliefert worden war, musste 24 Stunden nach dem erlittenen Schock eingeschläfert werden. «Wenn so etwas passiert, besprechen wir das später in der Abteilung. In diesem Fall war ein anaphylaktischer Schock die wahrscheinlichste Ursache.» Dass Ringer und ihr Team darauf kamen, ist nicht selbstverständlich. Denn in der veterinärmedizinischen Forschungsliteratur sind kaum vergleichbare Fälle zu finden. Das habe vermutlich damit zu tun, dass die allergische Reaktion oft nicht erkannt wird, sagt Ringer. «Zudem wird nur ungern über Fälle publiziert, bei denen etwas schiefgelaufen ist. Dabei lernt man daraus am meisten.» Dank Testdosis nicht in Lebensgefahr Die Hovawart-Hündin hat Glück, dass Ringer erneut im Dienst ist, als die Anaphylaxie eintritt. Die Oberärztin stoppt die Gabe von Cefazolin sofort und gibt der Hündin Infusionen und eine Dosis Adrenalin. Dieses sorgt dafür, dass sich der Zustand des Tiers stabilisiert. Die geplante Operation wird abgesagt und bis am nächsten Tag erholt sich die Hündin vollständig. Drei Wochen später wird sie erneut zur Kastration gebracht. Dieses Mal erfolgt der Eingriff ohne Cefazolin – und ohne Komplikationen. Heute gehen Ringer und ihr Team anders mit dem Antibiotikum um. Jedes Mal, wenn Cefazolin während einer Narkose zur Anwendung kommt, wird zunächst eine Testdosis verabreicht. Erst wenn sich nach fünf Minuten keine Auffälligkeiten zeigen, wird die volle Dosis zugeführt. «Auf diese Weise geraten Hunde nicht in Lebensgefahr, falls sie auf das Medikament allergisch sind», erklärt Ringer. Die genaue Vorgehensweise bei einer anaphylaktischen Reaktion haben die Anästhesisten in einem sogenannten SOP niedergeschrieben – einem schriftlich fest gelegten Standardverfahren. Dieses ist heute am Tierspital Routine und hat sich bewährt. Mit der Fallstudie soll das Verfahren nun auch anderen Tierarztkliniken zugänglich gemacht werden.


Überwachung während der Operation eines Hundes: Die Anästhesistin Simone Ringer achtet auf Vitalparameter wie Puls oder Blutdruck..


Präparat eines Pferdevorderbeins mit Bändern und Sehnen | 40 cm


Zahn eines Zebras | 5 cm Länge Zoo-, Heim- und Wildtiere


Antibiotikaresistente Bakterienkulturen | Schale 9 cm


Schwungfeder eines Papageis Gelbstirnamazonas | 14 cm


Mittelfussknochen eines Rinds Zu sehen ist eine Erkrankung der Wachstumsfuge / 25 x 7 x 5 cm


Blutgefässe eines Pferdehufs 10 x 10 x 7 cm


Forschung Kleintiere

Mit bildgebenden Verfahren Hunde von Epilepsie befreien Nicht nur Menschen, auch Hunde können unter Epilepsie leiden. Vielfach helfen Medikamente. Aber es gibt auch Fälle, bei denen keines wirkt. Nach Möglichkeiten, diese Hunde zu therapieren, sucht die Neurologin Katrin Beckmann am Tierspital.

Bellini, ein 5-jähriger Schweizer Sennenhund, ist an diesem Wintervormittag mit seiner Besitzerin Susanne Meier vom deutschen Freiburg an die Kleintierklinik des Tierspitals gereist. Die Neurologin Katrin Beckmann möchte nämlich das Gehirn des Rüden durchleuchten. Zum einen um den Herd für seine Epilepsieanfälle zu lokalisieren, zum anderen um allfällige Funktionsstörungen in seinem Gehirn und damit die Ursache der Epilepsie sichtbar zu machen. «Mitten in der Nacht im vergangenen September erlitt Bellini seinen ersten epileptischen Anfall», erzählt Susanne Meier der Ärztin Beckmann während der Anamnese. Damals sei sie von einem lauten Knall aus dem Schlaf gerissen worden und fand ihren Hund auf der Seite liegend im Wohnzimmer. Sein Körper hatte sich versteift, der Kopf war nach hinten gefallen, der Kiefer klapperte, vor seinem Mund hatte sich Speichelschaum gebildet. Er ruderte mit den Beinen und setzte unkontrolliert Urin ab. «Das Ganze dauerte etwa zwei Minuten», präzisiert Meier. «Und es verging ein ganzer Tag, bis Bellini nicht mehr vewirrt und wieder der Alte war.» Der Rüde erhielt ein erstes Medikament. Nachdem Bellini aber unter Nebenwirkungen und sechs weiteren Anfällen gelitten hatte, verschrieb Katrin Beckmann ihm ein neues Medikament, seither blieben Anfälle aus. Doch: «Eine Garantie, dass wir die Epilepsie bei Bellini nun im Griff haben, ist das nicht», sagt Beckmann. Studienzahlen zeigen nämlich, dass etwa ein Drittel aller Hunde nicht oder nicht ausreichend auf Medikamente ansprechen. Zwar lassen sich Anfälle mitunter auch mit spezieller, fettreicher Ernährung und Verhaltenstherapien mindern, doch das ersetzt eine medikamentöse Therapie nicht. Studie mit sechzig Epileptikern Auch Menschen sprechen nicht immer auf Epilepsiemedikamente an. In solchen Fällen ist es unter Umständen möglich, den Herd der Epilepsie – ein krankhaft veränderter, erbsengrosser Teil in der Grosshirnrinde – mit einer Magnetresonanztomographie (MRT) und einem Elektroenzephalogramm zu identifizieren und anschliessend operativ zu entfernen. Nach einem solchen Eingriff bleiben bei den meisten Patienten die Anfälle aus. Bei Hunden gibt es diese Behandlungsoption allerdings nicht. «Bisher gelang es noch niemandem, die richtigen MRT-Einstellungen zu identifizieren, die den Epilepsieherd beim Hund sichtbar machen würden», sagt Beck-

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mann, die über dieses bildgebende Diagnoseverfahren ihre Doktorarbeit schreibt. Deshalb startete sie gemeinsam mit dem Team der Abteilung Neurologie sowie den Abteilungen Anästhesie und Bildgebung des Tierspitals ein Forschungsprojekt: Darin sollen 60 Epileptiker sowie 20 Kontrolltiere während einer zweistündigen Narkose einer MRT-Untersuchung mit verschiedenen Einstellungen unterzogen werden.

Weiss man einmal wo sich der Herd der Epilepsie befindet, lassen sich angrenzende Hirnareale bei einem chirurgischen Eingriff besser schonen. Kitzelige Pfoten Bei einer MRT-Untersuchung lassen sich mit verschiedenen Einstellungen unterschiedliche Vorgänge im Gehirn abbilden. Etwa die Morphologie des Gehirns, womit sich Tumore, Entzündungen oder Fehlbildungen detektieren lassen. Es lässt sich auch darstellen, wo wie viel Blut im Gehirn fliesst, wo die Nervenfasern verlaufen und wie die Gehirnzellen miteinander vernetzt sind. All diese Vorgänge untersucht Katrin Beckmann an Bellini und den anderen Hunden, die an der Studie teilnehmen. Das Ziel: Weiss man einmal wo sich der Herd der Epilepsie befindet, lassen sich angrenzende Hirnareale bei einem chirurgischen Eingriff besser schonen. Und die gesunde Grosshirnrinde würde den entfernten und ohnehin erkrankten Teil des Gehirns problemlos kompensieren. Heute ist Studienpatient Bellini an der Reihe. Bevor ihn die Anästhesistin Manuela Wieser in den Schlaf befördert, prüft Katrin Beckmann die Reflexe des Hundes, mit einem sanften Hammerschlag aufs Knie und einem Taschenlampen-Blitzer in die Augen. «Alles in Ordnung mit ihm, der Junge ist nur etwas kitzelig an den Pfoten», sagt sie lachend. Dann rasiert Wieser dem Rüden das linke Bein, tupft die Stelle mit einem Desinfizierungsmittel ab, steckt eine Kanüle und injiziert ein Beruhigungsmittel in seine Venen. Anschliessend kommt Bellini in das MRT-Zimmer, wo er ein Schlafmittel erhält und bald darauf wegdämmert. Jetzt hieven Beckmann, die Anästhesistin und die Assistentin Jessica Blumer den sechzig Kilogramm schweren Rüden auf einen Holzwagen und schieben ihn kopfvoran in die MRT-Röhre. Darin herrscht ein starkes Magnetfeld,


Die Technikerin Claudia di Giovanna schaut sich die MTR-Bilder von Bellinis Gehirn an. Sie hofft, den Herd der Epilepsie des Schweizer Sennenhundes zu finden.

mit dessen Hilfe in den nächsten zwei Stunden tausende Bilder von Bellinis Gehirn gewonnen werden. Kein Todesurteil Ein Epilepsieanfall ist selten die direkte Ursache für einen Todesfall, obwohl es Ausnahmen gibt: «Ende 2019 starb bei uns in der Klinik ein Hund nach einem schlimmen epileptischen Anfall an Überhitzung», erzählt Katrin Beckmann. Epileptiker haben aber aufgrund der vielen Anfälle und der schweren Nebenwirkungen der Medikamente eine tiefere Lebenserwartung als gesunde Hunde. Hinzu kommt, dass die Epilepsie die Lebensqualität mindert – bei Hund und Besitzer. Erleidet ein Hund einen Anfall, können Hirnzellen absterben oder er kann sich während des Anfalls bei einem Sturz verletzen. Häufen sich die Anfälle, erholt sich der Hund kaum mehr dazwischen. Auch für die Besitzer ist die Erkrankung des Haustiers eine Belastung: Die Unberechenbarkeit, wann ein Anfall ansteht und die Hilflosigkeit währenddessen fordern die Psyche. Muss der Hund aufgrund seiner Krankheit häufiger zum Tierarzt, kann das auch zu einer finanziellen Herausforderung werden. «Aufgrund all dieser Faktoren entscheiden sich einige Besitzer schweren Herzens und nach einer langen Leidensgeschichte manchmal eben doch dafür, den Hund einzuschläfern», sagt Beckmann.

Aufwendige Nachbearbeitung der Bilder Nach zwei Stunden hat Bellini die MRT-Untersuchung hinter sich und wird auf dem Holzwagen zurück ins Behandlungszimmer geschoben. Hier darf er nun in Ruhe aufwachen. Währenddessen zeigt Beckmann der Besitzerin Susanne Meier die ersten Bilder von Bellinis Gehirn: Diese zeigen, dass ein Tumor, eine Entzündung oder eine Missbildung als Ursache der Epilepsie ausgeschlossen werden kann. Beckmann wird nun die Bilder von Bellini zusammen mit jenen der anderen Hunde – der kranken und gesunden – genau studieren. Dafür nutzt sie ausgeklügelte Computerprogramme und diskutiert die Resultate mit erfahrenen Radiologinnen und Radiologen. So soll sich, hoffen die Spezialisten, in den nächsten Jahren ein definitives, allgemeines Protokoll für das Auffinden eines Epilepsieherdes bei Sennenhunden etablieren – was auch anderen Tierärzten eine neue Behandlungsmethode gegen die Krankheiten eröffnen würde.

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Forschung Nutztiere

Der Einsatz von Antibiotika in Schweinebetrieben geht zurück Antibiotikaresistenzen entstehen, wenn Antibiotika zu häufig in zu grossen oder zu kleinen Mengen eingesetzt werden. Zahlen des Tierspitals zeigen aber, dass in der Schweinezucht ein Umdenken hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Antibiotika stattgefunden hat.

In der Schweiz sterben laut dem Schweizerischen Zentrum für Antibiotikaresistenzen (Anreis) jedes Jahr 300 Menschen an Infekten mit resistenten Bakterien. Ein vorsichtiger und zielgerichteter Einsatz von Antibiotika sowohl bei Menschen als auch bei Tieren ist darum unerlässlich, um die Entwicklung von Resistenzen zu vermindern (siehe Kasten). «Wir alle stehen in der Pflicht, etwas zu unternehmen», sagt Xaver Sidler, Abteilungsleiter der Schweinemedizin am Tierspital. Denn die eingesetzten Wirkstoffe sind in der Human- und Tiermedizin dieselben. Und: Resistente Bakterien können beispielsweise durch kontaminiertes Fleisch von Tieren auf Menschen übergehen. Sidler und sein Team zielen deshalb darauf ab, den Antibiotikaeinsatz in Schweinebeständen zu reduzieren. Um das zu erreichen, braucht es aber zuerst Basisdaten, also verlässliche Zahlen zum Antibiotikaeinsatz in der Schweinehaltung. Verkaufte Mengen sind wenig aussagekräftig Was den Verkauf von Antibiotika für Tiere in der Schweiz angeht, sieht es gut aus: Die verkaufte Menge ging zwischen 2008 und 2017 um mehr als die Hälfte zurück – von 70 Tonnen pro Jahr auf 30 Tonnen. Das geht aus einem Bericht des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen hervor. Nur: «Die verkauften Mengen sagen noch wenig über die Anzahl der Behandlungen aus», sagt Dolf Kümmerlen, Tierarzt in der Abteilung Schweinemedizin. Denn die Dosierungen – also die verabreichten Mengen – sind je nach Antibiotikum extrem unterschiedlich. Das zeigt folgendes Beispiel: Für die Behandlung eines Ferkels mit dem herkömmlichen Antibiotikum Penicillin braucht man 80 Mal mehr Arznei als mit Fluorchinolon. Letzteres ist eines der sogenannten «Highest Priority Critically Important Antibiotics», kurz HPCIA. Zu dieser Gruppe gehören Wirkstoffe, die gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO für bestimmte Krankheiten die einzige Therapiemöglichkeit darstellen. Sie sind nur für den äussersten Notfall vorgesehen. Hohe Bereitschaft der Schweinehalter Obwohl Daten über die tatsächlich verabreichten Antibiotika für die gesamthafte Tiermedizin existieren, haben Zahlen konkret für die Schweinemedizin bisher gefehlt. Das ändert sich nun dank eines Projekts des Tierspitals, in dem das Schweinemedizin-Team die eingesetzten Antibiotikamengen in Schweizer Betrieben erfasst. Konkret registrieren sie die verabreichten Tagesdosen, also die Anzahl verabreichter Tabletten pro Schwein. Voraussetzung dafür

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ist, dass die Schweinehalterinnen und -halter alles minutiös dokumentieren: Welchem Schwein haben sie wann wie viel von welchem Antibiotikum gegeben und gegen welche Krankheit? Nahmen im Jahr 2014 erst 40 Betriebe teil, erhielten die Tierärzte 2019 die Zahlen von rund 1200 Schweinebetrieben und damit Informationen zu 800 000 Antibiotikabehandlungen. «Das ist bemerkenswert», sagt Thomas Echtermann, Tierarzt und Mitbeteiligter am Projekt. Denn die Betriebe nahmen trotz des Dokumentationsaufwands freiwillig und seit 2018 mit geringer finanzieller Entschädigung teil. «Das zeigt, dass ein Umdenken stattgefunden hat und viele Betriebe ihre Praxis anpassen möchten.» Die Resultate zeigen: Insgesamt wurden im Jahr 2019 in den Betrieben 610 Kilogramm oder knapp 900 000 Standarddosen Antibiotika eingesetzt. Besonders erfreulich: Der Anteil der HPCIAs am Gesamtverbrauch war bei Muttersauen, Saugferkeln und Mastschweinen mit rund drei Prozent gering. «Im Vergleich zu anderen westlichen Ländern schneidet die Schweiz in dieser Hinsicht gut ab», sagt Echtermann. Massentierhaltung fördert Resistenzen Seit 2016 ist es in der Schweiz denn auch verboten, landwirtschaftliche Nutztiere vorsorglich mit kritischen Antibiotika zu behandeln. Dass sich Resistenzen innerhalb und zwischen Betrieben ausbreiten ist dennoch nicht ausgeschlossen. Denn resistente Bakterien können sich in Schweinebeständen auch unabhängig vom Antibiotikaeinsatz verbreiten. Das zeigte Dolf Kümmerlen 2018 in einer Studie. Er fand Bakterien mit Resistenzgenen nicht nur in der Darmflora von Schweinen, die zuvor mit Antibiotika behandelt worden waren, sondern im ganzen Bestand. «Die Resistenzgene verteilen sich möglicherweise über gemeinsame Futterstationen oder Darmausscheidungen», erklärt Kümmerlen. Tiertransporte als Überträger von Resistenzen Von einem Betrieb zum nächsten können die Resistenzen durch Transporte von einem Ferkel- zu einem Mastbetrieb gelangen. Aber: «Bislang wurde der gesamten Tiertransportbranche in Bezug auf die Übertragung von Krankheitserregern oder Antibiotikaresistenzen zu wenig Beachtung geschenkt», sagt Abteilungsleiter Xaver Sidler. Deshalb überprüften er und sein Team in einer weiteren Studie unangekündigt 101 Schweinetransporte. Es zeigte sich, dass die zuständigen Vermarktungs- und Tiertrans-


Aufgeweckte Ferkel – wie viel Antibiotika in Schweizer Betrieben verabreicht wird, um die Tiere gesund zu halten, untersuchten Tierärzte in einer Studie.

Die Studie zeigt, dass wenige Betriebe mehr als die Hälfte der gesamten Tagesdosen verabreichen. portorganisationen zwar die gesetzlichen Vorschriften einhalten, doch darüber hinaus reichende Hygiene-Empfehlungen kaum berücksichtigen. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Transportfahrzeuge zwischen zwei Fahrten gereinigt und desinfiziert werden sollten – eben auch, um resistente Bakterien nicht hin und her zu schleppen. Hinzu kommt, dass auch kranke Tiere transportiert wurden. «Dabei gingen die Chauffeure mit den Tieren durchwegs rücksichtsvoll um», sagt Sidler. «Das heisst, die Bereitschaft die Lage zu verbessern, besteht durchaus.» Diese Chance sollte genutzt werden, um mit Ausbildung und fachlicher Unterstützung die Transportbedingungen zu verbessern. «Unsere Studie zeigt, dass Hygienemassnahmen bei Transporten eine viel höhere Priorität haben sollten.» Gesellschaftliches Umdenken nötig Die Zahlen der Studie zeigen auch, dass wenige Betriebe mehr als die Hälfte der gesamten Tagesdosen verabreichen. Konkret: Zehn Prozent der Betriebe mit Muttersauen waren für 53 Prozent des Gesamtverbrauchs verantwortlich. Diese Vielverbraucher sollen dieses Jahr nun gezielt kontaktiert und beraten werden – denn häufig überneh-

men junge Landwirte einfach die Praxis, die in ihrem Familienbetrieb schon immer geherrscht hat. Vermeiden möchten die Tierärzte, dass sich ein Vorgehen verbreitet, das ganz auf Antibiotika verzichtet. Denn kranke Tiere sollen behandelt werden. Um den Antibiotikaverbrauch zu verringern, braucht es folglich gesunde Tiere. «Die Lösung hin zu weniger Antibiotika ist verblüffend einfach», sagt Xaver Sidler. «Artgerecht gehaltene und gefütterte Tiere werden seltener krank.» Doch dafür brauche es ein Umdenken in der Gesellschaft: Ein Schweinskotelett kostet dann nämlich nicht mehr zwischen drei bis fünf Franken, sondern vielleicht doppelt so viel.

Wie Antibiotikaresistenzen entstehen Es existieren überall krankheitserregende Bakterien, die gegen gewisse Wirkstoffe eines Antibiotikums resistent sind. Bei einer Behandlung mit Antibiotika findet nun eine Selektion statt: Die nichtresistenten Bakterien werden im Körper eliminiert, die resistenten überleben und vermehren sich. Wandern letztere zu einem neuen Tier oder Menschen, helfen dem Erkrankten antibiotische Wirkstoffe nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr – weil die Ansteckung durch einen resistenten Erreger erfolgte.

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Forschung Pferde

Vielen Pferden geht es schlechter, als deren Besitzer annehmen In der Schweiz leben rund 80 000 Pferde und die meisten von ihnen werden als Reitpferde genutzt. Doch bisher weiss man nur wenig darüber, was Reiter beachten müssen, um Rückenprobleme bei ihrem Pferd zu vermeiden. Nun zeigt eine Studie des Tierspitals, dass überraschend viele Pferde an Rückenschmerzen leiden.

Das Pferd hat in unserer Gesellschaft eine besondere Stellung: Für manche ist es ein Nutztier, für manche ein Haustier, für manche irgendwas dazwischen. Klar ist aber, dass Reiterinnen und Reiter meist eine enge emotionale Bindung zu ihrem Freizeit- oder Sportkumpan haben und wollen, dass es ihm gut geht. Allerdings ist erschreckend wenig darüber bekannt, wie das Reiten überhaupt zur Gesundheit, respektive zu Erkrankungen eines Pferdes beiträgt – beispielsweise zu Rückenschmerzen. Wie also steht es um die Rückengesundheit der Schweizer Reitpferde? Und wie trägt der Reiter zu Gesundheitsproblemen eines Pferdes bei? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, haben die Tierärzte der Abteilung Sportmedizin Pferd eine umfangreiche Studie durchgeführt. Sie untersuchten 237 Reiter-Pferd-Paare, die aus einem Pool von über 400 interessierten Pferdebesitzern ausgewählt worden waren. Das Alter und die sportliche Aktivität der Studienpferde sollten repräsentativ für die gesamte Pferdepopulation in der Schweiz sein. Entsprechend waren etwa die Hälfte der teilnehmenden Tiere reine Freizeitpferde, die andere Hälfe bestand aus Pferd-Reiterpaaren, die gelegentlich oder regelmässig an Spring- oder Dressurwettkämpfen teilnehmen. Tier und Mensch genau durchleuchtet Als Teil der Studie füllten die Besitzer als erstes einen umfangreichen Fragebogen aus. Darin gaben sie Auskunft über die Haltung, Fütterung und Gesundheit ihrer Tiere, ebenso zum Training, zum Verhalten des Pferdes und zur Ausrüstung – etwa Sattel und Hufbeschlag. Ausserdem gaben sie eine Selbsteinschätzung ihrer reiterlichen Fähigkeiten ab. Als nächstes folgte der Teil, der die Studie so besonders macht: Es wurde nicht nur die Gesundheit der Pferde erhoben, sondern gleichzeitig auch jene der Reiter. Dafür organisierten die Pferdemediziner an verschiedenen Orten in der Schweiz Treffen, bei denen die Tierärzte jeweils eine Gruppe Pferde orthopädisch und chiropraktisch untersuchten: Sie erfassten deren Körperhaltung und -beweglichkeit, die Gesundheit der Muskulatur, Anzeichen von Lahmheiten und ob der Sattel gut passt. Parallel dazu durchleuchteten Physiotherapeuten der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW die Reiterinnen und Reiter in Sachen Beweglichkeit, Koordination, Ausdauer, Kraft und Reaktionsgeschwindigkeit. Anschliessend wurden Ross und Reiter mit Bewegungssensoren

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ausgerüstet und beim Reiten gefilmt. Daraus konnten die Tierärzte Bewegungsprofile der Pferd-Reiterpaare erstellen: Wie synchron bewegt sich der Reiter mit dem Pferd? Wie gut können sich die Reiter auf dem Pferderücken stabilisieren? Sitzen sie symmetrisch oder nicht? Schliesslich schätzen Dressurrichter anhand der Videos die Qualität der Reiterei ein. 70 Studien-Pferde wurden in einem zweiten Studienteil am Tierspital nochmals genauer angeschaut. So untersuchten die Tierärzte die Wirbelsäule der Pferde mittels Röntgen und Ultraschall. «Auf den Bildern werden die Folgen einer Fehlbelastung sichtbar», erklärt Michael Weishaupt, Leiter der Abteilung Sportmedizin Pferd. Denn wo eine Überbelastung stattfindet, reagiert der Körper: Gelenkknochen entzünden und verbreitern sich, Bänder werden gedehnt oder verkalken. Auf dem Hochgeschwindigkeitslaufband Zudem absolvierten die Pferde auf dem Laufband des Leistungszentrums eine sogenannte Ganganalyse. Der Clou dabei: Unter dem Laufband sind Kraftsensoren montiert, die die Hufaufschläge des Pferdes registrieren. Daraus lässt sich erkennen, ob das Pferd ein Bein weniger belastet als die anderen – ob es also lahmt. «So lassen sich auch Lahmheiten diagnostizieren, die von blossem Auge nicht sichtbar sind», sagt Weishaupt. Zusätzlich orten hochauflösende Kameras die Bewegungen des Pferdekörpers. Koppelt man diese Daten, lässt sich daraus ein detailliertes Bewegungsprofil des untersuchten Tiers rekonstruieren. Zukünftig dürften solche Bewegungsprofile mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen zu einer neuen diagnostischen Methode werden, sagt Sportmediziner Weishaupt. «Idealerweise würden wir dann aus dem Bewegungsmuster direkt erkennen, wo das Problem liegt – im linken Knie, im rechten Fesselgelenk oder am Rücken. Das wäre in der Lahmheitsdiagnostik eine ähnliche Revolution wie es das Röntgenbild war.» Den Pferden geht es schlechter als gedacht Die ersten Ergebnisse der Studie sind auffällig. So gibt es grosse Diskrepanzen zwischen der Wahrnehmung der Reiterinnen und Reiter und der realen Situation der Pferde: Ein Drittel der Tiere, die von ihren Besitzern im Fragebogen allesamt als gesund eingestuft worden waren, hatten bei der manuellen Untersuchung mittel- bis hochgradige Rücken-


Assistenzärztin Selma Latif untersucht, wie gut der Sattel passt. Die Studie, bei der sie mitarbeitet, zeigt: Ein Drittel der untersuchten Reitpferde hat Rückenschmerzen.

schmerzen. Bei ebenso vielen Pferden waren auf den Röntgen- und Ultraschallbildern entsprechende Veränderungen zu sehen. Noch dramatischer war die Situation bei den Lahmheiten: Nur etwa ein Viertel der untersuchten Pferde waren absolut lahmheitsfrei. Und auch was die Sättel angeht, besteht viel Verbesserungsbedarf: Ganze 60 Prozent der Sättel hatten Mängel in der Passform – und dies, obschon fast alle Besitzer die Passform ihres Sattels als gut beurteilt hatten. Die meisten schätzten ausserdem ihre reiterlichen Fähigkeiten höher ein, als ihnen die Sportrichterinnen bescheinigten. Diese grossen Unterschiede zwischen den Beurteilungen der Besitzer und dem realen Befinden der Pferde kamen für die Pferdemediziner allerdings nicht überraschend. «Das sehen wir täglich in der klinischen Arbeit», sagt Weishaupt. Es komme relativ häufig vor, dass ein Pferd aufgrund eines bestimmten Symptoms ans Tierspital kommt, einer Lahmheit etwa, und sich dann bei der näheren Untersuchung noch ganz andere Befunde offenbaren. Nach wie vor sind aber noch viele Fragen offen, die das Team mit der weiteren Datenauswertung beantworten möchte. Zum Beispiel inwiefern vor allem in Trab und Galopp nicht synchrone Bewegungen der Reiter mit Rückenproblemen der Pferde in Verbindung stehen. Oder wie stark sich eine schlechte Balance und eine asymmetrische Sitzhaltung des Reiters auswirken. «Um diese Zusammenhänge untersuchen zu können, müssen wir erst einen Weg

finden, die Reitqualität quantitativ auszudrücken», erklärt Weishaupt. Unterstützung für die Besitzer Für die Pferdebesitzer indessen kamen die Befunde tatsächlich überraschend. Das merkten die Tierärzte bei Abschlussgesprächen, die sie nach jedem Untersuchungstag mit den Besitzern geführt hatten. «Man muss die Reiter auch etwas in Schutz nehmen», sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Marie Dittmann, die den Grossteil der Datenauswertungen vornimmt. Den wenigsten sei bewusst, dass sie den Rücken ihres Pferds am besten jeden Tag kurz begutachten sollten. «Viele Pferde sind zudem sehr tolerant und kompensieren Beschwerden, sodass sie trotz Schmerzen nicht offenkundig in ihrer Leistung eingeschränkt sind», ergänzt Dittmann. Und leichtere Anzeichen, etwa eine Scheu vor dem Aufsteigen würden häufig mit dem Charakter des Pferdes erklärt, obschon auch Beschwerden dahinterstecken könnten. Deshalb habe sich das Team zum Ziel gesetzt, die Besitzerinnen und Besitzer besser für die Thematik zu sensibilisieren, unter anderem produzieren sie dazu – mit Unterstützung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV – Videoclips. Als nächstes ist einer geplant, der aufzeigt, wie Reiter erkennen können, ob ihr Pferd Rückenschmerzen hat.

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Forschung Klinische Diagnostik und Services

Der Kampf gegen das Leukämievirus lohnt sich Infizieren sich Katzen mit dem Leukämievirus, sterben sie häufig daran. Doch so weit muss es nicht kommen, denn das gefährliche Virus kann eliminiert werden. Das zeigt eine europaweite Studie, die im Veterinärmedizinischen Labor des Tierspitals durchgeführt wurde.

Eigentlich ist der Kampf gegen die Katzenleukämie eine Erfolgsgeschichte: Erkrankte Mitte der 90er-Jahre noch eine von acht Katzen in der Schweiz am gefährlichen Virus, war es zehn Jahre später nur noch eine von 50. «Heute sind Tierärztinnen und Tierärzte sensibilisierter auf die Erkrankung, zudem sind die Möglichkeiten bei der Diagnose viel besser geworden», erklärt Barbara Riond, stellvertretende Leiterin des Veterinärmedizinischen Labors am Tierspital. «Und natürlich gibt es heute im Gegensatz zu früher wirksame Impfungen.» So war man zunächst auf gutem Weg, das Virus ganz zu eliminieren. Doch in den letzten 10 bis 15 Jahren ging die Anzahl infizierter Katzen in der Schweiz nicht weiter zurück. In anderen europäischen Ländern war die Entwicklung ähnlich. Aus diesem Grund startete ein europäisches Expertengremium für Katzeninfektionen, das «Advisory Board on Cat Diseases», eine Studie, um herauszufinden, ob und wie der Kampf gegen das Virus endgültig gewonnen werden kann. Die Leitung übernahmen Forschende des Tierspitals Zürich. Die Studie zum felinen Leukämievirus in Europa erschien letztes Jahr und ist nur schon wegen ihrer schieren Grösse bemerkenswert: Sie umfasst Proben von über 6000 Katzen, die von 860 Tierärztinnen und Tierärzten in 30 Ländern genommen und im Veterinärmedizinischen Labor analysiert wurden. Übertragung meist durch Speichel Das wichtigste Ergebnis vorweg: Der Kampf gegen das gefährliche Virus kann gewonnen werden. Zu diesem Schluss kamen die Forschenden aus zwei Gründen. Erstens konnten sie mit ihren Daten erneut die Wirksamkeit von Impfungen als Vorbeugemassnahme aufzeigen. Denn von den mit dem Leukämievirus infizierten Katzen war praktisch keine geimpft gewesen. Zweitens konnten die Forschenden zahlreiche Risikofaktoren identifizieren. So sind junge, männliche und nicht kastrierte Katzen besonders gefährdet. Dasselbe gilt für Katzen mit Freigang sowie solchen, die in Gruppen gehalten werden. «Ein häufiger Grund für eine Ansteckung sind Bisse», erklärt Riond, «und all diese Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Kämpfen kommt.» Auch wenn die Resultate logisch erscheinen, wichtig sind sie dennoch. Denn je mehr man darüber weiss, welche Katzen besonders gefährdet sind, desto gezielter lassen sich vorbeugende Massnahmen ergreifen. Die Infektion wird durch ein Retrovirus ausgelöst, das hoch ansteckend ist und vor allem über den Speichel übertragen wird. Eine Impfung schützt zwar nicht vor der Infektion, verhindert aber, dass die Krankheit ausbricht.

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Infiziert sich eine Katze mit dem Virus, sind verschiedene Verlaufsformen möglich. Manchmal ist das Immunsystem stark genug, um das Virus vollständig zu eliminieren. In anderen Fällen erkrankt die Katze zwar und ist ansteckend, überwindet die Infektion in der Folge aber. Im besten Fall bleibt sie ein Leben lang gesund. Da das Virus aber im Körper bleibt und sich reaktivieren kann – ausgelöst etwa durch Stress – kann die Katze jederzeit erneut erkranken. In jedem dritten Fall breitet sich das Leukämievirus immer weiter im Körper der Katze aus, was innerhalb von Monaten oder wenigen Jahren zum Tod führt.

Proben von über 6000 Katzen aus 30 Ländern wurden im Veterinärmedizinischen Labor des Tierspitals analysiert. Handlungsbedarf auch in der Schweiz Besonders viele Katzen erkranken in den Ländern Südeuropas. So zeigt die europäische Studie, dass das Virus in Portugal, Ungarn und Italien am meisten verbreitet ist. Die Schweiz liegt mit einer Rate von rund zwei Prozent zwar im europäischen Schnitt. Jedoch schneidet sie im Vergleich mit anderen Ländern Westeuropas eher schlecht ab – und dies, obwohl die Impfrate hierzulande ausgesprochen hoch ist – in der Studie waren rund zwei Drittel aller Katzen geimpft. «Warum das so ist, ist nicht bekannt», sagt Riond. «Wir wissen aber aus eigenen, nationalen Studien, dass es lokal sehr grosse Unterschiede gibt.» So treten beispielsweise im Tessin und in der Innerschweiz mehr Probleme auf als in städtischen Gebieten. Insgesamt geht man davon aus, dass von den 1,5 Millionen Katzen, die in der Schweiz leben, rund 30 000 infiziert sind. Wie das Virus ganz eliminiert werden kann, zeigt das Beispiel Holland: Im Rahmen eines organisierten Programms wurden dort Katzen über Jahre hinweg gezielt getestet. Alle kranken, ansteckenden Tiere wurden daraufhin separiert, sodass es zu keinen weiteren Ansteckungen mehr kommen konnte. Der Erfolg dieser Massnahmen wird in der aktuellen Studie sichtbar: Die Forschenden fanden keine einzige positive Probe aus Holland. Und die Zahlen zeigen einen weiteren interessanten Zusammenhang: Ist die Infektion erst einmal besiegt, sinkt auch die Wichtigkeit der Impfung. So waren in Holland nur acht Prozent aller Katzen gegen das Virus geimpft.


Eine Katzenleukämie-Patientin wird am Tierspital behandelt. Die Tiermediziner arbeiten daran, das Leukämievirus ganz zu eliminieren.

Quantensprung in der Krebsdiagnose Bei der 12-jährigen Katze, die mit Verdacht auf eine Krebserkrankung auf die Station gebracht worden ist, sind sich die Tierärzte nicht sicher. Nach der Analyse von Gewebeproben kommen zwei Diagnosen infrage: Entweder geht der Tumor von der Lymphdrüse Thymus aus, oder aber er hat sich im Lymphgewebe gebildet. «Die exakte Bestimmung ist in diesem Fall schwierig, aber absolut entscheidend», sagt Barbara Riond vom Veterinärmedizinischen Labor am Tierspital. «Denn von der Diagnose hängt ab, welche Therapie die richtige ist.» Während ein sogenanntes Thymom operativ entfernt wird, muss ein Lymphom mittels Chemotherapie behandelt werden. Seit rund zwei Jahren steht dem Tierspital für solche Fälle eine neue Diagnosemethode zur Verfügung. Die sogenannte durchflusszytometrische Charakterisierung macht die exakte Bestimmung von Tumorerkrankungen des Lymphsystems sowie von Leukämien möglich. Mithilfe von Laserlicht werden einzelne Zellen analysiert, wobei auf Tumorzellen spezifische Oberflächenmoleküle oder Proteine erkannt werden. In der Humanmedizin wird das Verfahren schon seit längerem angewandt. Seit wenigen Jahren sind die für die Abklärung nötigen Antikörper auch für Kleintiere verfügbar. Bei der 12-jährigen Katze, die zur Abklärung ans Tierspital gekommen ist, sorgt die neue Diagnosemethode letztlich für eine vollständige Genesung. Denn dank der Zellanalyse ist schnell klar, dass es sich um einen Krebs im Thymus handelt. Folglich wird der Tumor chirurgisch vollständig entfernt. Metastasen finden die Ärzte keine. Als die Katze mit ihrem Besitzer das Spital verlässt, ist die Prognose gut.

«Das ist ein Quantensprung in der Diagnostik», sagt Riond. Schliesslich macht das neue Verfahren nicht nur eine exaktere Klassifizierung von Tumor oder Leukämie möglich. Auch ist die Methode für das Tier viel schonender und das Ergebnis der Analyse liegt bereits am Folgetag vor. Das Tierspital ist derzeit die schweizweit einzige Institution, welche die durchflusszytometrische Charakterisierung anbietet. Wie wichtig das neue Verfahren für die Veterinärmedizin ist, zeigt sich auch darin, dass die Zahl an Hunden und Katzen mit Tumorerkrankungen seit Jahren steigt. Heute erkranken annähernd so viele Hunde (213 Fälle pro 100 000 Tiere) und Katzen (264 pro 100 000) an Krebs wie Menschen (330 pro 100 000). Man geht davon aus, dass dies mit der gestiegenen Lebenserwartung der Tiere in der Obhut des Menschen zu tun hat.

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Forschung

Die wichtigsten Forschungsprojekte Am Tierspital wurden im Jahr 2019 über 100 verschiedene Forschungsprojekte betreut, darunter auch viele mit gesellschaftsrelevanten Themen wie Antibiotikaresistenzen oder Tierschutz. Hier eine Auswahl der wichtigsten Projekte pro Departement: Departement Pferde: 1. A histological evaluation of physiological facial suture line development in 6 horses aged 1 day to 9 years [Eine histologische Auswertung der physiologischen Knochennähte am Kopf bei 6 Pferden im Alter von 1 Tag bis 9 Jahren] 2. Comparison between MRI, CT arthrography and contrast radiography to identify artificially induced cartilage defects of equine cadaveric stifles [Vergleich zwischen MRI, CT-Arthrographie und Kontrastradiographie zur Identifizierung künstlich induzierter Knorpeldefekte an Sprunggelenken von Pferdekadavern] 3. Changes in the respiratory microbiome in horses with equine asthma [Veränderungen im Mikrobiom der Atemwege bei Pferden mit equinem Asthma] 4. Detectability in blood and urine of eye drops containing cortisone (doping in horses) [Nachweisbarkeit in Blut und Urin von kortisonhaltigen Augentropfen (Doping beim Pferd)] 5. Defining gait quality traits in horses in the era of objective gait analysis [Definition von Gangqualitätsmerkmalen bei Pferden im Zeitalter der objektiven Ganganalyse] Departement Nutztiere: 1. «Cumulomics» – A mass spectrometric approach for non-invasive assessment of oocyte developmental competence [«Cumulomics» – Ein massenspektrometrischer Ansatz zur nicht-invasiven Beurteilung der Entwicklungsfähigkeit von Eizellen] 2. Description of the microbiome of different segments of the gastrointestinal tract of healthy cows and comparison with cows with hemorrhagic bowel syndrome [Beschreibung des Mikrobioms in verschiedenen Segmenten des Gastrointestinaltrakts bei gesunden und Vergleich mit demjenigen von Kühen mit Hemorrhagic Bowel Syndrom] 3. Basic research of claw and limb diseases in cattle [Grundlagenforschung Klauen- und Gliedmassenerkrankungen beim Rind] 4. Investigation of new surgical and hormonal treatments to control worldwide feline overpopulation [Untersuchung neuer chirurgischer und hormoneller Behandlungsmöglichkeiten um weltweit die Katzenpopulation zu kontrollieren] 5. Epigenetic alterations of sperm, oocytes and embryos induced by stress and their impact on male and female fertility [Stressbedingte epigenetische Veränderungen an Spermien, Eizellen und Embryonen und deren Auswirkung auf die männliche und weibliche Fertilität] Departement Kleintiere: 1. Antibiotic use in Swiss cats before and after the introduction of an online decision tool for good antibiotic stewardship [Antibiotika-Verschreibung bei Katzen in der Schweiz vor und nach der Einführung einer Online-Entscheidungshilfe für den umsichtigen Einsatz von Antibiotika] 2. Gene expression analysis with next generation sequencing of peritoneal adipose tissue of healthy dogs before and after chronically increased cortisol levels [Genexpressionsanalysen mittels next Generation Sequencing von peritonealem Fettgewebe von gesunden Hunden vor und nach chronisch-erhöhtem Cortisol-Spiegel] 3. Dogs with spontaneous meniscal degeneration: a suitable model for translational medicine? [Spontane Meniskus-Degeneration bei Hunden: ein translationales Modell?] 4. Challenging traditional radiation dose homogeneity: using normal tissue tolerance for heterogeneous dose escalation and better tumor control [Abschied von traditionellen Konzepten homogener Bestrahlungsdosen: Ausnutzung der normalen Strahlungstoleranz des Gewebes für heterogene Bestrahlungsdosen und bessere Tumorkontrolle] 5. Causes, mechanisms and consequences of dental wear in mammalian herbivores [Ursachen, Mechanismen und Folgen von Zahnabrieb bei pflanzenfressenden Säugetieren]

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Forschung

Departement Klinische Diagnostik und Services: 1. Short- and long-term effect of Gadolinium-based contrast agents (GBCAs) – experimental approach to investigate current scientific questions about deposition and potentially associated side effects. [Kurz- und Langzeitwirkung von Gadolinium-basierten Kontrastmitteln (GBCAs) - experimenteller Ansatz zur Untersuchung aktueller wissenschaftlicher Fragen zu Ablagerungen und möglichen Nebenwirkungen.] 2. Artificial intelligence (AI) in Veterinary Imaging – reasonable for clinical application? [Künstliche Intelligenz (KI) in der Veterinärmedizinischen Bildgebung – sinnvoll für die klinische Anwendung?] 3. Identification of new safer anaesthesia methods for septical dogs. [Identifizierung neuer sicherer Anästhesiemethoden für septische Hunde] 4. Establishment of more human alternatives to CO2 unconsciousness in experimental animals and in animals before slaughtering. [Etablierung humanerer Alternativen zur CO2-Betäubung bei Versuchstieren und bei Tieren vor der Schlachtung.] 5. Environmental contamination and hygienic measures after feline calicivirus field strain infections of cats in a research facility. [Kontamination der Umwelt und Hygienemassnahmen nach der Infektionen von Katzen mit Calicivirus-Feldstämmen in einer Forschungseinrichtung]

Forschungspreise und Ernennungen Tierspital 2019 Das Universitäre Tierspital bietet Forschenden ein innovatives Umfeld für breite und relevante Forschung zum Wohl von Tier und Mensch. Dank exzellenter Arbeit gewannen Angehörige des Tierspitals 2019 folgende Preise:

Monat

Name, Vorname

Departement

Award/Preis

März

Wiederkehr Alexandra

Pferde

Beste Präsentation, anlässlich Spring congress der Association of Veterinary Anaesthesia (AVA)

April

Gunst Silja

Pferde

Wissenschaftspreis von der Pferdeforschung in Avenches

Mai

Lavaud Arnold

Pferde

Best Resident Presentation Preis, anlässlich des Jahreskongresses des ECVO (European College of Veterinary Ophthalmologists) in Belgien

Mai

Casola Christina

Pferde

Beste Posterpräsentation, anlässlich des Jahreskongresses des ECVO (European College of Veterinary Ophthalmologists) in Belgien

Juni

Reusch Claudia

Kleintiere

Ernennung zum Honorary Member of the Society for Comparative Endocrinology (USA)

September

Ibanescu Iulian

Nutztiere

Bayer Poster Price, Sektion «Clinics» 2019

Oktober

Penelas Alexandra

Kleintiere

3. Preis für die ACVS (American College of Veterinary Surgeons) Publikation

Oktober

Fischer Nina

Kleintiere

Dechra Award, anlässlich des Jahreskongresses des ESVD-ECVD (European Society of Veterinary Dermatology – European College of Veterinary Dermatology) in Liverpool

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Anschauungsunterricht: Das Universit채re Tierspital ist eines von zwei Schweizer Ausbildungszentren f체r Tier채rtzinnen und Tier채rzte.


Lehre

Studium am Tierspital: Schon früh in die Praxis Die Ausbildung angehender Tierärztinnen und Tierärzte ist eine der wichtigsten Aufgaben des Universitären Tierspitals. Hier lernen die Studierenden von Spezialisten in ihrem Fach und arbeiten schon ab dem zweiten Studienjahr praktisch am Tier.

Wenn am Universitären Tierspital Zürich Tiere untersucht und behandelt werden, sind meist auch Studierende mit dabei. Denn die Lehre ist eine der Kernaufgaben der Institution. Rund 460 Studierende der Veterinärmedizin sind an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich eingeschrieben und werden am Tierspital ausgebildet. Im ersten Studienjahr stehen für die angehenden Veterinärmedizinerinnen und Veterinärmediziner naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen auf dem Programm, etwa in Zell- und Molekularbiologie, Epidemiologie oder Anatomie. Ab dem zweiten Jahr wird der Stoff dann spezifischer: Die Studierenden lernen den Bewegungsapparat von Tieren kennen, deren Verdauung und Stoffwechsel, die Organe. Sie absolvieren Kurse in Bakteriologie und Virologie und lernen, welche Krankheiten es gibt und wie diese sich zeigen. Praktische Arbeit am Tier Dabei besuchen die Studierenden nicht nur Vorlesungen, sondern arbeiten schon ab dem zweiten Jahr mit Tieren. In Praktika lernen sie, wie man verschiedene Tiere korrekt untersucht: Wie klingen beispielsweise Atemgeräusche oder Herztöne bei einem Meerschweinchen, wie bei einem Hund? Wie sehen gesunde Schleimhäute bei Pferden aus? Wie ertastet man bei einer Katze die Nieren? «Es ist wichtig, dass man diese Untersuchungen immer wieder übt», sagt Oberärztin Natalie Hofer, die an der Kleintierklink unter anderem für die Ausbildung in der Inneren Medizin verantwortlich ist. «Darum wird im Studium schon früh Wert auf die praktische Ausbildung gelegt.» Im vierten Studienjahr entscheiden sich die Studierenden dann für einen Schwerpunkt: Kleintiere, Nutztiere oder Pferd. Oder sie wählen einen der nicht-klinischen Schwerpunkte Pathobiologie, Biomedizinische Forschung oder Veterinary Public Health. Im ihrem Schwerpunkt besuchen sie fortan mehr Vorlesungen und Praktika. Darin stehen vor allem viele klinische Übungen auf dem Programm, ebenso das Kennenlernen verschiedener Krankheitsfälle und das Üben von Differenzialdiagnosen. Unterrichtet werden die angehenden Tierärztinnen und Tierärzte von Spezialisten auf ihrem Gebiet, von Chirurgen, Anästhesisten, Sportmedizinern, Radiologen, Spezialisten für Innere Medizin, Notfall- und Intensivmedizinern und weiteren mehr. Nach wie vor werden aber alle Studierenden nicht nur in ihrem Schwerpunkt, sondern in allen Fachbereichen ausgebildet. Denn auch eine spätere Kleintierchirurgin muss etwa eine Kolik bei einem Pferd

diagnostizieren und behandeln können und umgekehrt sollte jeder Pferdemediziner in der Lage sein, einer Katze einen Wundverband anzulegen. Wichtiger Anschauungsunterricht Was die praktische Ausbildung angeht, habe der Fachbereich Kleintiere einen Vorteil, verrät Natalie Hofer. Denn viele Studierende haben selbst einen Hund, den sie zum Üben von nicht-invasiven Methoden ans Tierspital mitnehmen können. Das ist etwa im Fachbereich Pferd schwieriger, weil der Transport von Pferden aufwendiger ist. Darum stehen immer wieder Exkursionen zu den Pferden am Strickhof auf dem Programm. Der Strickhof ist ein Kompetenzzentrum für Bildung und Dienstleistungen in Land- und Ernährungswirtschaft in Lindau. «Das ist wichtig, denn Vieles kann man nur am Tier selbst lernen», sagt Angelika Schoster, Oberärztin und Privatdozentin im Fachbereich Pferd. Seit Kurzem steht den angehenden Tierärzten ausserdem ein Simulator eines Pferds zur Verfügung. Das ist eine Art Dummy, an dem die Studierenden beispielsweise trainieren können, Verbände anzulegen, Venenkatheter zu setzen oder Rektaluntersuchungen durchzuführen. Ähnliche Dummys besitzt das Tierspital bereits für das Simulieren von Geburtskomplikationen bei Rindern und für einige praktische Übungen an Kleintieren. «Zurzeit sind wir dabei, mit diesen und hoffentlich weiteren Simulatoren einen fachübergreifenden Skills-Park aufbauen», sagt Schoster. Darin können die Studierenden dann eine Vielzahl von Untersuchungen und Therapien üben. Bei den Patienten Im fünften und letzten Ausbildungsjahr schliesslich arbeiten die angehenden Tierärzte rotierend in den Abteilungen des Tierspitals und sind so direkt in die Behandlung der Patienten involviert. Auf den Abteilungen ist die Lehre denn auch allgegenwärtig. So komme es häufig vor, dass Oberärzte die Studierenden zusammenrufen, wenn sie einen neuen nicht ganz alltäglichen Fall vor sich haben, erzählt Natalie Hofer. Die meisten Patienten betreut die Kleintierklinik: rund 18 000 pro Jahr. Dementsprechend viele Krankheitsbilder und Behandlungsmethoden lernen die Studierenden hier kennen. Dasselbe gilt aber auch für die anderen Fachbereiche wie Nutztiere oder Pferd. So betreuen die Pferdemediziner am Tierspital pro Jahr mehr als 3000 Pferde – vom Wald- und Wiesenpony bis hin zu Spitzelsportlern, die bei Olympia starten.

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Weiterbildung

Ein fruchtbares Geben und Nehmen: Die Weiterbildungsprogramme für Tierärztinnen und Tierärzte Die Ausbildung von Tierärztinnen und Tierärzten ist nach dem Studium längst nicht abgeschlossen. Denn heutzutage ist für eine klinische Tätigkeit in der eigenen Praxis oder in einer Klinik zwingend eine mehrjährige Weiterbildung notwendig, die sehr hohe Ansprüche an die Auszubildenden, aber auch an die Ausbildner stellt. Das Universitäre Tierspital bietet daher eine Vielzahl verschiedener Weiterbildungsstellen für Tierärztinnen und Tierärzte an. Darunter Internship-Programme für Berufseinsteiger, von den Fachsektionen der Gesellschaft Schweizer Tierärzte anerkannte Fachtierarzt-Weiterbildungen sowie die international anerkannten Residency-Programme nach Vorgaben der europäischen oder amerikanischen Fachgesellschaften, der sogenannten «Colleges». Insgesamt bieten die Kliniken des Tierspitals 35 solche Programme an, davon 13 auf nationaler Ebene und 22 auf international anerkanntem Niveau. Damit nimmt das Universitäre Tierspital der Vetsuisse-Fakultät europaweit eine Spitzenposition ein. Bemerkenswert sind zum Beispiel die beiden Programme des American College of Veterinary Internal Medicine «Large Animal Internal Medicine (Equine)» und «Large Animal Internal Medicine (Food Animal)», welche die Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich weltweit als einzige veterinärmedizinische Fakultät ausserhalb des englischsprachigen Raums anbietet. Im Jahr 2019 waren insgesamt 81 Tierärztinnen und Tierärzte

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in einem entsprechenden Programm in Weiterbildung und 35 Kandidatinnen und Kandidaten schlossen es erfolgreich ab. Durch die Weiterbildungsprogramme ist es den Kliniken möglich, Exzellenz und Innovation in veterinärmedizinischer Diagnostik, Therapie, Patientenbetreuung, Forschung und Lehre tagtäglich zu leben und an die zukünftige Generation der Tierärztinnen und Tierärzte weiterzugeben. Die Motivation und Leidenschaft für eine moderne und empathische Tiermedizin, aber auch die Leistungsorientierung und der hohe Ausbildungsgrad der involvierten Mentorinnen und Mentoren und der Tierärztinnen und Tierärzte in Weiterbildung sind massgeblich für die herausragende Qualität der medizinischen Dienstleistungen am Tierspital mitverantwortlich. Zudem sind die Weiterbildungsprogramme wichtig für die internationale Reputation der Fakultät, für das weltweite Ranking der Fakultäten und für das internationale Networking. So ist die Verfügbarkeit solcher Weiterbildungsprogramme für die Akkreditierung der Fakultät durch die EAEVE («European Association of Establishments for Veterinary Education») zwingend vorgeschrieben. Diese Akkreditierung gilt als europäisches Gütesiegel für die tiermedizinische Ausbildung und zeichnet die führenden tiermedizinischen Fakultäten Europas aus.


Weiterbildung

Weiterbildungsprogramme 2019 Mit klinischer Exzellenz und breiter internationaler Vernetzung: Das Universitäre Tierspital Zürich bietet eine Vielfalt an Weiterbildungsprogrammen für Tierärztinnen und Tierärzte an.

Departement Kleintiere American College of Veterinary Internal Medicine (Small Animal Internal Medicine) (ACVIM-SAIM) American College of Veterinary Radiology – Radiation Oncology (ACVR-Radiation Oncology) American College of Zoological Medicine (ACZM) European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals (ECVIM-CA) European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals (Cardiology) (ECVIM-CA Cardiology) European College of Veterinary Dermatology (ECVD) European College of Veterinary Surgeons – Small Animal Surgery (ECVS-SAS) European College of Zoological Medicine – Avian (ECZM-Avian) Internship Innere Medizin Kleintiere Internship Chirurgie Kleintiere Internship Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere Internship Radio-Onkologie Internship Notfall/Intensivmedizin Departement Nutztiere American College of Veterinary Internal Medicine – Large Animal Internal Medicine, Food Animal (ACVIM-LAIM Food Animal) European College of Bovine Health Management (ECBHM) European College of Veterinary Surgeons – Large Animal Surgery (ECVS-LAS) European College of Animal Reproduction (ECAR) European College of Porcine Health Management (ECPHM) FVH Wiederkäuer Internship Nutztiere (rotierend) FVH Kleintiere (angeboten durch die Abt. Kleintierreproduktion) Internship Kleintiere (rotierend, angeboten durch die Abt. Kleintierreproduktion) Departement Pferde American College of Veterinary Internal Medicine – Large Animal Internal Medicine, Equine (ACVIM-LAIM Equine) American College of Veterinary Ophthalmologists (ACVO) American College of Veterinary Sports Medicine and Rehabilitation (ACVSMR) European College of Equine Internal Medicine (ECEIM) European College of Veterinary Surgeons (ECVS) European College of Veterinary Ophthalmologists (ECVO) FVH Pferde Internship Pferde (rotierend) Internship Ophthalmologie Departement KDS European College of Veterinary Anaesthesia and Analgesia (ECVAA) European College of Veterinary Diagnostic Imaging (ECVDI) European College for Veterinary Clinical Pathology (ECVCP) FVH Labormedizin

Tierspital  Jahresbericht 2019

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Mit Platten reparierte Fraktur eines Vorderbeins am Pferd | 35 cm Pferdechirurgie


Querschnitt durch den Backenzahn eines Pferds | 3 cm


Ein weiblicher und ein männlicher Fadenwurm – der weibliche ist grösser | 1,5-2 cm


3-D-Druck des Innenohrs einer Wachtel 600 Prozent vergrรถssert | 3cm Zoo-, Heim- und Wildtiere


Geschäftsleitung

Gemeinsam für das Tierspital

Die Mitglieder der Geschäftsleitung (von links nach rechts): Heiner Bollwein, Leiter Departement Nutztiere Patrick Kircher, Ärztlicher Direktor Hilke Johannsen, Leiterin Pflege Kleintiere Beatrice Gasser, Finanzdirektorin Antonio Pozzi, Leiter Departement Kleintiere Colin Schwarzwald, Leiter Departement Pferde Nicht im Bild: Regina Hofmann-Lehmann, Leiterin Departement Klinische Diagnostik und Services

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Tierspital  Jahresbericht 2019


Tierspital  Jahresbericht 2019

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Organisation per Ende 2019

Organisation des Universitären Tierspitales

Departement für Kleintiere Antonio Pozzi

Klinik für Kleintiermedizin Klinik für Kleintierchirurgie Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere Abteilung für Radio-Onkologie Abteilung für Notfall- und Intensivmedizin

Departement für Nutztiere Heiner Bollwein

Klinik für Wiederkäuer Klinik für Reproduktionsmedizin Abteilung Ambulanz und Bestandesmedizin Abteilung für Schweinemedizin

Departement für Pferde Colin Schwarzwald

Klinik für Pferdechirurgie Klinik für Pferdemedizin

Vorsitzende der Geschäftsleitung Beatrice Gasser & Patrick Kircher Finanzdirektorin Ärztlicher Direktor

Abteilung für Ophthalmologie Abteilung für Sportmedizin Pferd

Departement für Klinische Diagnostik & Services Regina Hofmann-Lehmann

Klinik für Bildgebende Diagnostik Veterinärmedizinisches Labor Abteilung für Anästhesiologie Apotheke

Stab Beatrice Gasser

Finanzen VetKIS Einkauf Empfang Pferde

Pflege Patrick Kircher

Pflege Grosstiere

Nutztiere Sterilisation Transportdienst

Pflege Kleintiere

Medizin Chirurgie Notfall Intensivpflegestation

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Tierspital  Jahresbericht 2019


Die Adresse fĂźr exzellente Tiermedizin in ZĂźrich. Routine- und Spitzenmedizin, Forschung und Lehre unter einem Dach.


Medienspiegel

Spannend? Ja, denn das Universitäre Tierspital war im Jahr 2019 kontinuierlich in den Medien präsent.


Medienspiegel

Medienspiegel Was berichten Medien und Presse mit Bezug auf das Universitäre Tierspital? Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Berichte aus dem Jahr 2019. Die insgesamt 87 Beiträge haben etwa 92,1 Millionen potentielle Leserinnen und Leser erreicht.

Datum

Quelle

Titel

20.12.19

Zürcher Unterländer

Grosszügiges Spenden für neue Pferde

19.12.19

Tierwelt

Diverse Artikel

17.12.19

Züriost

«Er konnte seinen Kopf kaum gerade halten und ist herumgetorkelt»

08.12.19

Radio SRF 2 / Regiojournal ZH/SH

Geschichten aus dem Zürcher Zoo

07.12.19

Tages-Anzeiger

Wie operiert man eigentlich einen Zitteraal – oder einen Leguan?

07.12.19

Tagesanzeiger.ch

Ein Braunbär wird kastriert, der zweite scharrt an der Metalltür

04.12.19

Tagesanzeiger.ch

Führte nur ein Missverständnis zum Tod der Hündin?

03.12.19

Neue Zürcher Zeitung

Eine trächtige französische Bulldogge verendet qualvoll – doch ist die Halterin eine Tierquälerin?

03.12.19

Zürcher Unterländer

Coras Tod war keine Tierquälerei

03.12.19

Bluewin

Tierquälerei-Prozess: Halterin lässt Bulldogge bei Geburt sterben

02.12.19

Schweizerbauer.ch

Der Weg zum perfekten Fleisch

30.11.19

Schweizerbauer.ch

Giftstoffe in Pferdefutter

28.11.19

Zürisee Nachrichten

Das Tierspital Zürich behandelt immer mehr Haustiere mit Symptomen einer Drogen-Überdosis

25.11.19

Top Online

Winterthurer Tierarztpraxen schaffen Notfalldienst in der Nacht ab

14.11.19

Tierwelt

Psychopharmaka für den Hund

14.11.19

Zofinger Tagblatt

Kaisten: Tierdrama auf Pferdehof– sieben Pferde tot, vier kämpfen ums Überleben

14.11.19

Solothurner Zeitung, Grenchner Tagblatt, Limmattaler Zeitung

Tierdrama auf Pferdehof: Grosse Betroffenheit bei Betreibern – vier Tiere kämpfen ums Überleben

14.11.19

Aargauer Zeitung

Betroffenheit über Tierdrama ist bei Pferdehof-Betreibern gross

14.11.19

Aargauer Zeitung

Tierdrama auf Pferdehof: Grosse Betroffenheit bei Betreibern – vier Tiere kämpfen ums Überleben

16.10.19

20 Minuten

Hündin frisst Giftköder mit Nägeln und Schrauben

05.10.19

Blick.ch

Strafe für Hundehasser A. E.

02.10.19

Tagesanzeiger.ch

Lehm ist als Geschenk okay, Kadaver sind es weniger

16.09.19

Tierwelt

Kleiner Eingriff, viele Vorteile

13.09.19

Zürichsee-Zeitung / Bezirk Meilen

Die Tiere spüren: Wenn der Arzt kommt, ist etwas nicht gut

26.08.19

20 Minuten

Hier wird ein Pferd gepflegt, dann eskaliert es

18.08.19

Nau

Tierspitäler brauchen mehr Blutspende-Tiere

22.07.19

Tierwelt

Wundermittel für die Nerven

15.07.19

March-Anzeiger, Tele Züri

Zoo Zürich trauert um Joy

07.07.19

MSN Schweiz, 20 Minuten

So viele Rinder sterben schon vor der Schlachtung

07.07.19

Zürichsee-Zeitung, Tagesanzeiger.ch, Zürcher Unterländer

Zu krank für den Schlachthof

Tierspital  Jahresbericht 2019

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Medienspiegel

84

Datum

Quelle

Titel

07.07.19

X-mediasolutions in der SonntagsZeitung

Tiermedizin am Puls der Zeit

02.07.19

20 Minuten

Ausgesetzte Katzenbabys haben grosses Glück

01.07.19

Höfner Volksblatt, March-Anzeiger

Vier Büsis am Lauerzersee ausgesetzt

30.06.19

MSN Schweiz, 20 Minuten

Wer nur setzt neu geborene Büsis aus?

30.06.19

Bote

Vier kleine Büsi in der Hitze ausgesetzt

30.06.19

Top Online

Tiergflüschter: Das Übel steckt im Kopf

20.06.19

Schweizerbauer.ch

Tödliche Gefahr für Kuh: Aludose

17.06.19

Zürcher Unterländer, Zürichsee-Zeitung

Angebot von Altissimo deckt Bedürfnisse der älteren Generation ab

14.06.19

Landwirtschaftlicher Informationsdienst

Sauerei auf Kuhweiden

22.05.19

Aargauer Zeitung

Ging der Kampfhund im Restaurant auf einen anderen Vierbeiner los?

22.05.19

Aargauer Zeitung

Kampfhund geht auf anderen Hund los – Beschuldigter wollte «Judith» ins Gericht bringen

21.05.19

Beobachter

Haustier

14.05.19

Tierwelt

Ein Platz für die Wilden

05.05.19

X-mediasolutions in der SonntagsZeitung

Medizinischer Fortschritt in der Pferdeklinik

05.05.19

X-mediasolutions in der SonntagsZeitung

Die neue Notfallklinik für Kleintiere am Tierspital Zürich

01.05.19

Telebasel.ch

«Wir sind nicht schuld an der Diagnose»

30.04.19

20 Minutes Online (FR)

Scandalisés par des futurs vétos qui grillent du porc

30.04.19

20 Minuten

Aktivisten empört, weil Tierärzte Säuli grillieren

27.04.19

Limmattaler Zeitung

Markus Kägi: «Ich wollte einen Kanton mit einem Gesicht, mit Lachfalten und Charakter»

21.04.19

Schweizerbauer.ch

Kühe geben ihre Milch wieder

18.04.19

Zürcher Unterländer, Zürichsee-Zeitung

Jetzt widmet er sich den Affen

17.04.19

Aargauer Zeitung

Die einzige Kleintierpraxis in der Stadt ist in neuen Händen

14.04.19

Top Online

Tiergflüschter: Patella Luxation und Damenwahl

08.04.19

Tagesanzeiger.ch

Von ihr fehlt seit über zwei Wochen jede Spur

27.03.19

Neue Zürcher Zeitung

Im Schweizer Dressurreiten herrscht Aufruhr

26.03.19

Zürichsee-Zeitung

Rätselhafte Vergiftungsfälle bei Hunden in Stäfa

26.03.19

MSN Schweiz, 20 Minuten

«Wir machen uns grosse Sorgen um Sarah»

26.03.19

Blick.ch

Sarah Pfister vermisst: «Suchen fieberhaft nach ihr»

21.03.19

watson

Diese Aargauerin nimmt mit Bluthunden den Kampf gegen Wilderer auf

20.03.19

Zofinger Tagblatt, Limmattaler Zeitung, Solothurner Zeitung, Aargauer Zeitung, Grenchner Tagblatt, Basellandschaftliche Zeitung

Aargauerin bildet Bluthunde für den Kampf gegen Wilderer aus – nun gibts einen Film über sie

20.03.19

Aargauer Zeitung

Rockstar unter den Hundeausbildnern: Die Frau mit den Bluthunden

18.03.19

Schweiz Magazin

Zürich: Mann bei Raubüberfall durch Stichwaffe verletzt

17.03.19

Schweizerbauer.ch

Abgetrennte Zitze bleibt Rätsel

Tierspital  Jahresbericht 2019


Medienspiegel

Datum

Quelle

Titel

17.03.19

20 Minuten

Kuh mit abgetrennter Zitze kann in den Stall zurück

17.03.19

Nau

Mann bei Raubüberfall durch Stichwaffe verletzt

17.03.19

Tagesanzeiger.ch

Unbekannte verletzten Mann mit Stichwaffe beim Tierspital

17.03.19

Blick.ch

Neues Buch des BLICK-Gerichtsreporters Viktor Dammann – Blick

15.03.19

Schweizerbauer.ch

Zitze abgetrennt – Tierquälerei?

15.03.19

Bauernzeitung

Mögliche Tierquälerei: Kuh fehlt Zitze

14.03.19

20 Minuten

Hat ein Tierquäler Zitze einer Kuh abgeschnitten?

13.03.19

20 Minuten

Ohne Operation hat Hazel bald nur noch drei Beine

05.03.19

Le Cavalier Romand

Table Ronde: comment continuer dans le dressage? S'amuser ne peut pas suffire!

02.03.19

Le Cavalier Romand

Table ronde sur l’avenir du dressage en Suisse, sans la FSSE, méfiante

01.03.19

watson

Über 50 Tiere für ganz, ganz, ganz (ganz) viel gute Laune

26.02.19

Zürcher Unterländer, Zürichsee-Zeitung

Hundehasser benutzte Rattengift

22.02.19

Zürcher Unterländer

Polizei untersucht möglichen Giftköder

20.02.19

Tio

Gatto «grigliato» al centro veterinario

20.02.19

Tages-Anzeiger

Tierspital «grilliert» kranke Katze

20.02.19

Tele Züri

Hat ein defektes Spital-Heizkissen Katze «Fränzi» getötet?

19.02.19

Zürichsee-Zeitung, Zürcher Unterländer

Wärme treibt Igel zu früh aus dem Winterschlaf

19.02.19

20 Minuten

Frau wirft Spital vor, ihre Katze «grilliert» zu haben

19.02.19

Blick.ch

Büsi Fränzi (†11) im Tierspital mit Heizmatte «gegrillt» - Blick

14.02.19

Bote, Luzerner Zeitung

Top-Absolventin aus Küssnacht über die Arbeit als Tierärztin: «Nur Freude an Tieren reicht nicht»

10.02.19

Blick.ch

Herzkranker Hund Neil aus dem Horror-Haus hat ein neues Heim – Blick

28.01.19

Schweizerbauer.ch

Sie retten Nutztiere in Not

23.01.19

Zofinger Tagblatt

Chirurgie XXL in der Pferdeklinik Dalchenhof: «Es basiert viel auf Vertrauen»

17.01.19

Tierwelt

Ein Ziehvater für Greifvögel

Öffentlichkeitsarbeit und soziale Medien Das Universitäre Tierspital führt für interessierte Guppen regelmässige Führungen durch. Im 2019 durften wir über 50 Gruppen unsere Einrichtungen zeigen und unseren Besuchern interessante Fakten aus dem Alltag des Tierspitals aufzeigen. Aktuelle Infos, Bilder und spannende Updates zum Tierspital finden Sie regelmässig auf dem Internet und in den folgenden sozialen Medien:

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https://www.tierspital.uzh.ch/de Facebook: https://www.facebook.com/utz.vet/ Instagramm: @uzh_vetsuissefaculty YouTube: laufend diverse Videos, Interviews, und weitere spannende Beiträge aus dem Klinikalltag Twitter: @ClinicZoo

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Impressum Herausgeberin Universitäres Tierspital, Winterthurerstrasse 260, 8057 Zürich Konzept, Gestaltung und technische Umsetzung Beatrice Gasser, Finanzdirektorin Jeanne Peter, Leitung Vetcom, Wissenschaftliche Illustration Serafina Fratto, Grafik Design Bilder Michelle Aimée Oesch, Wissenschaftliche Fotografin Léa Girardin, Fotografin Redaktionsleitung Santina Russo, Wissenschaftsjournalistin Redaktion Stephanie Schnydrig, freie Wissenschaftsjournalistin Maja Schaffner, freie Wissenschaftsjournalistin/ Wissenschaftskommunikatorin Andres Eberhard, Wissenschaftsjournalist Korrektorat Nathalie Huber, UZH Kommunikation Marita Fuchs, UZH Kommunikation Druck pmc, Eichbüelstrasse 27, 8618 Oetwil am See Auflage 600 Website www.tierspital.uzh.ch

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Tierspital  Jahresbericht 2019

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