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Die Zukunft der Schlechtwetterentschädigung

Die Arbeitslosenversicherung kennt im Wesentlichen vier Formen von Leistungen: die Arbeitslosenentschädigung, die Kurzarbeitsentschädigung, die Schlechtwetterentschädigung und die Insolvenzentschädigung. Verlieren Erwerbstätige die Möglichkeit, gegen Lohn zu arbeiten, erhalten sie eine dieser Unterstützungsleistungen. Die mit grossem Abstand wichtigste materielle Hilfe sind die Taggelder der Arbeitslosenentschädigung. 2021 beliefen sich diese Leistungen auf einen Betrag von 6,3 Milliarden Schweizer Franken. Doch unerwartete Ereignisse können die anderen Unterstützungsleistungen in den Vordergrund rücken. So erreichte während der Pandemie die Kurzarbeitsentschädigung grosse Bedeutung. 2021 wurden dafür weitere 5,6 Milliarden Schweizer Franken an Arbeitskräfte ausbezahlt, die nicht mehr zum angestammten Beschäftigungsgrad erwerbstätig sein konnten. Mit dem raschen Ausbau dieses Instrumentes konnten viele Haushalte vor der Verarmung geschützt werden. Hingegen fristet bis heute die Schlechtwetterentschädigung mit Ausgaben von gerade mal 24 Millionen im Jahr 2021 ein absolutes Mauerblümchendasein. Doch das könnte sich in der von Jahr zu Jahr sich verschärfenden Klimakrise bald ändern.

«Die Schlechtwetterentschädigung leistet einen angemessenen Lohnersatz für wetterbedingte Arbeitsausfälle für Arbeitnehmende in bestimmten Erwerbszweigen», ist auf der Webseite des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO zu lesen.

Doch was heisst «angemessen», was «wetterbedingt», und welche Erwerbszweige sind gemeint? Die Schlechtwetterentschädigung deckt nach einer kurzen Karenzfrist 80 Prozent des entgangenen Lohns ab. Eine Kürzung auf 70 Prozent für Personen ohne Unterhaltspflichten, wie dies bei der Arbeitslosenentschädigung der Fall ist, gibt es hier nicht. Dabei ist ein Arbeitsausfall dann wetterbedingt, wenn infolge der schlechten Witterung die Fortführung der Arbeit trotz genügender Schutzvorkehrungen technisch unmöglich ist, wirtschaftlich unvertretbar ist oder den Arbeitnehmenden nicht zugemutet werden kann. Anträge auf Schlechtwetterentschädigung können zum Beispiel Firmen aus dem Hoch­ und Tiefbau, dem Geleise­ und Freileitungsbau, dem Landschaftsgartenbau oder der Berufsfischerei stellen.

Mit Blick auf die Klimakrise wird es eine Reform der Schlechtwetterentschädigung brauchen. Schlechtwetter heisst dann nicht mehr nur starker Niederschlag oder Kälte, sondern wird auch Wetterlagen mit starker Hitze abdecken müssen. Angemessen kann sich dann nicht mehr nur auf die 80 Prozent des entgangenen Lohns beziehen, sondern muss, wie das bei der Kurzarbeitsentschädigung geschehen ist, eine Untergrenze festlegen, um ein Absinken unter die Armutsgrenze und einen zusätzlichen Bezug von Sozialhilfe zu vermeiden. Schliesslich muss der Bundesrat die Liste der Erwerbszweige ergänzen. Es gibt weitere Berufsgruppen, die «draussen» arbeiten. Zu denken ist etwa an weite Teile der Gastronomie, an die Strassenreinigung oder Landwirtschaft.

PROF. DR. CARLO KNÖPFEL ist Dozent am Institut Sozialplanung, Organisationaler Wandel und Stadtentwicklung der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz.

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